Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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kopf, m.

kopf, m.
poculum, calix, ahd. choph, einzeln chuph Graff 4, 371, mhd. kopf wb. 1, 860ᵇ, ags. cupp, cuppa und copp, altn. koppr, schwed. kopp (kappe), dän. kop, nl. nrh. nd. kop, engl. cup. von der verwandtschaft s. am ende.
1)
als trinkgefäsz, nach Schmeller 2, 319 'kugel- oder halbkugelförmig', mit fusz, vom becher unterschieden, also wie die heutigen römer. aber auch mit henkeln, griffen: kopf mit ainem or, otha, potatorium ventrosum, mit zwaien oren, diotha, plecta. voc. inc. teut. n iiijᵃ.
a)
kopf überhaupt, mhd. oft, z. b.:
den dûhten becher gar enwiht,
er wolde näpf noch kophe niht,
er tranc ûʒ grôʒen kannen.
weinschwelg im eingang,
ich hieʒ in (den rittern) schenken über al,
in kopfe, in napfe, in silberschal.
Lichtenstein 188, 22;
ich hain ducke (oft, s. dicke 2, 1077) horen sagen,
vollen kopp sal men even dragen.
Hagen köln. reimchr. 3741;
köpf und gleser (der bauern) waren krüg.
ring 34ᶜ, 32.
In vocab. des 15. jahrh. chopf, kopf, koph, nd. kop, cyathus, scyphus. Dief. 116ᶜ. 518ᶜ (nicht unter cupa), bei Maaler 249ᵇ ein kopf darausz man trinkt, cupa, diatretum, calix, scaphium, obba, capis, cratera; die voranstellung von cupa deutet schon die heute geltende ableitung an, wie Frisius unter cupa kopf voranstellte, während noch Dasyp. unter cuppa nicht an das deutsche wort dachte. Es war noch im 16. jh. und länger in voller geltung: kopf mit heiszem wein. Steinhöwel 89 (1555); 2 köpfe des besten alten weins. Hohberg 1, 241ᵇ; s. weiter unter b. noch Schönsl. f 6ᵈ gibt kopf, trinkgeschirr, culullus, irrdin kräuslin, trulla, trinkkopf; das letzte auch noch bei Stieler 1012, Rädlein, nicht mehr bei Kirsch, Ludwig, Steinbach, aber noch beim Schweizer Denzler 2, 175ᵃ kopf, cupa, auch bei Aler 1224ᵇ.
b)
besonders oft ist früher von goldenen u. dgl. köpfen, oder kopfen wie der pl. urspr. war, die rede, die zu den kleinoden des hauses gehörten:
wenn (denn) ausz einem krug wer mir dein (des weines) lieber ein süeszer tropf,
denn ein ganzer eimer wassers ausz einem guldein kopf.
weingrusz, altd. bl. 1, 405;
Joseph liesz ein guldinen kopf in seinen sack stoszen und verknüpfen. Keisersberg sünd. d. m. 16ᵃ; da ist ein hafen, da ist ein güldin kopf, edler dann der hafen. der kopf ist usz gold gemacht und der hafen usz einem leimen clotzen. post. 160; ein guldin kopf mit edlen steinen besetzt. Frank chron. 283ᵃ. Die goldene bulle schrieb vor für abhaltung eines kaiserl. hofes: darnach kompt der könig von Böheim, der erzschenk, auf seinem pferd, und soll fuͤren in seiner hand einen silberin kopf, der xij. mark silbers an gewicht hab, der gedeckt sei, und vol weins und wassers durch einander gemischt sei, und sol von dem pferd stehn und denselben kopf reichen einem keiser oder könig zu trinken. reichsordnungen Worms 1539 11ᵇ. sie dienten überhaupt in allen ehrenfällen, als ehrengaben u. dgl.; nach einer Münchner polizeiordn. von 1405 soll chain prawtgam chainer prawt chainen kopf geben der mer hab dan drei mark silbers. Westenrieder beitr. 6, 122, das hiesz der gemahelkopf (Schmid schwäb. wb. 321); er liesz den räten allen schenken 12 pfert und 26 bar vergulter kopf. Nürnb. chron. 1, 399, 24, kaiser Friedrich III. der deputation, die ihm die meldung seiner königswahl brachte; unsers herren kunigs rate ein vergulten kopf, wag 3 mark 4 lot. 3, 396, geschenk der Nürnberger; a. 1418 da rait hie ein kung Sigmund ... und die stat schankt im ain guldin kopf, gestuͦnd (kostete) hundert guldin, und tausent darinn. Augsb. chron. 1, 320, 8; a. 1431 kam küng Sigmund aber her und die stat schankt im ain kopf, gestuͦnd 184 guldin, und hundert guldin darinn. 322, 3; 79 guld. (ausgegeben) umb ainen vergülten silbrin kopf .. und die waupen (wâpen) daruf zuͦ machen und uszuberaiten. 2, 350 anm., dankgeschenk der stadt an einen herzog. Daher oft in schatzverzeichnissen, z. b.: nota minr frauwen von Cleve kleinad ... item 4 ubergult kopfe die nuwe sint, item ein ubergulten (s. sp. 1724) kopfe der alt ist ... item 2 silberin kophe .... item ein barillen kopfel, beslagen, item ein fledrin beslagen kopflin (fledrin von maserholz, s. flader ff.). Mones anz. 6, 248, v. j. 1399; ain silbrein chopf unvergolten, ain chopf mit (aus) ainem strauszenai, beschlagen mit silber innen und auszen und auch vergolt innen und auszen, und ain fladrein chopf, beschlagen mit zwain coron. mon. boica 3, 214, v. j. 1415, beide mal neben kannen, schalen, bechern. in dem brautschatze einer österr. princessin unter fürstl. geschenken (aus Siebenbürgen) 1543: vier vergült köpf sibenbürgerischer arbait. der gröszer hat künig Januschen wappen, die andern haben geschmelzte (in émail) rote erper (erdbeeren). font. rer. austr. I. 1, 357. 359; ain groszen kopf durchaus von getribner arbait, oben mit der Judith auf dem lid (deckel) 360.
c)
es gab sogar doppelköpfe (s. doppelbecher 2), deren fusz wieder einen becher darstellte: 143 guld. reinisch umb ainen zwifachen übergülten kopf (als ehrengabe). Augsb. chron. 2, 386, 25, v. j. 1442; dem von Wallsee ein zwifach vergült knorrat kopflein mit eim einfachen ör (nur einem henkel) ... dem österr. kanzler ein zwifach vergült köpflein on ör. Nürnb. chron. 3, 399, von 1444. das wird auch so ausgedrückt: zwen köpf ob einander vergült, zwen vergult kopf ob einander. 3, 347. 30. 34. 348, 4. 26; ein par vergulter köpf obeinander. 2, 10 anm. 5.
d)
aber auch von einfachen stoffen. besonders von holz, denn der drechsler machte welche, s. kopfdreher und: tornare, dreen, (z. b.) becher oder köpf. Brack voc. bei Dief. 588ᶜ (vgl. baumkanne sp. 165). dasz sich doch auch derer die kunst und prachtliebe bemächtigte, zeigen die fledrin köpfe unter b. nach Schönsleders worten unter a zuletzt müszte es aber auch irdene gegeben haben. gläserne (damals kostbar) werden schon ahd. erwähnt: fiola, clasechoph, glasecopf Graff 4, 371. Haupt 5, 569ᵃ, mnd. glasecop Dief. 232ᶜ. ein voc. des 15. jh. gibt anaglyphus, gemalt kopf Dief. 33ᵃ, Mones anz. 6, 218, von holz, nrh. gemailt cop, ambesi Teuth. 56ᵃ, von holz? form und stoff des trinkgefäszes sind nicht gleichgültig für ermittelung seiner herkunft.
e)
noch jetzt ist kopf nicht ganz erloschen. Rückert in den makamen nr. 26, 19 braucht es als 'schüssel, becher'. aus Schwaben gibt Birlinger Augsb. wb. 288ᵃ schenkkopf, groszer kupferner oder zinnerner schenkkrug, der z. b. bei hochzeiten in dienst kömmt; da weicht denn auch die form des gefäszes von der gewöhnlichen ab (vgl. u. 2, a). Sie stimmt aber noch zu Schmellers angabe u. 1 beim nordd. kopp von der obertasse (eben so schwed. kopp m., dän. nl. kop, engl. cup), die auch in dem dortigen hochdeutsch kopf heiszt, tassenkopf, theekopf u. ä. öfter doch mit demin. köppken, wie hd. köpfchen (s. d.), das auch im md. noch weithin gilt Aus Luxemburg gibt Gangler 249 sogar noch allgemein 'kopp f., pl. koppen, die kuppe, der becher, die trinkschale, la coupe'; aber das ist franz., wie schon das fem. zeigt (doch vgl. 4, b zuletzt).
2)
als masz aber, wie kanne und andere trinkgeschirre, gilt es bis jetzt.
a)
im 14. jh. war z. b. in Nürnberg ein kopf gleich zwei seidel (s. Lexer zu den Nürnb. chron. 2, 549ᵇ): dornach musz man idem menschen (im spital) daʒ mol (bei jedem der zwei hauptmahle) geben ein seidel pirs, macht des tags der person einen kopf vollen pirs. in Regensburg ward 1354 der eimer statt wie bisher in 60, in 64 chopf getheilt, s. Schmeller 2, 319, das. und 1, 633 weitere nachweisungen über das verhältnis des bair. kopfes vom 14.—17. jh. (als bier- und weinmasz) zu masz, vierteil, eimer, er ist ein wenig geringer als die masz. so noch schweiz. kopf, als 'eichenmasz (s. eichmasz) zu flüssigkeiten, d. i. metallener krug von zwei masz' Stalder 2, 122, also mit abgehen von der form, wie u. 1, e. s. auch köpflein, kopfkanne, viertelskopf. auch nl. noch kop, z. b. für milch. merkwürdig kommt schweiz. auch haupt so vor, nur durch umdeutung von kopf?
b)
auch als trockenmasz, so schweiz. kopf, nrh. kop für getreide, hannöv. kop der 16. theil eines scheffels Schambach 109ᵃ. auch nl. kop, z. b. für salz. hess. köpfchen eine achtelmetze Vilmar 218. Adelung nennt auch eine form köpf (sg.), aus Österreich, Regensburg.
c)
endlich selbst als gewicht, schweiz., von 7 pfund. Stalder. ähnlich ist holst. en kopp botter, ein stück von einem bestimmten gewichte, der name daher weil das stück mit einem napfartigen gefäsze, dem botterkopp, abgemessen und geformt wird (vgl. 4, d), s. Schütze 2, 322; ditm. heiszt beides köppken Richey 416.
3)
auch als gefäsz überhaupt, wenigstens wird in der Schlierser chronik von 1378 (Schmeller 2, 319) ein groszer kopf pei sechs maszen (6 masz haltend) erwähnt, den wir prauchen an dem antlasztag (gründonnerstag) zu der mandat, d. i. zur fuszwaschung, wol in form einer halbkugeligen schale. auch altn. koppari bötticher Fritzner 362ᵇ bezeugt die bed. holzgefäsz überhaupt, koppr m. ist dort als gefäsz (oder vertiefung) etwas zu sammeln oder zu bewahren angegeben, schwed. kópp bei Rietz 346ᵃ als holzfasz oder (metallenes) kochgeschirr, norw. kopp bei Aasen 232ᵃ als gefäsz von holz und kochgeschirr überhaupt.
4)
von ähnlichen dingen zu andern zwecken.
a)
so übersetzte Luther 2 Mos. 25, 31. 33. 34 zuerst, bei der schilderung des leuchters im tempel, daran sol der schaft mit röhren, kopfen (var. köpfen), kneufen und blumen sein, ein igliche röhre sol drei kopf (köpf) haben wie die mandelnusse u. s. w., wofür er später schalen setzte; die vulg. hat scyphos, die nd. übers. behielt köppen, köppe bei, und schon ahd. ward diesz scyphos der vulg. mit chophâ gegeben (Graff 4, 371).
b)
besonders aber schröpfkopf, bis heute, mhd. lâʒkopf, in vocab. des 15. 16. jh. bei Dief. 611ᵃ ventosa, laszkopf, schrepfkopf, badkopf, blutkopf, md. kop, ventosare, köpf (kopf) setzen, nd. koppe setten (daher dän. kopsätte, schröpfen); mnd. auch stuͦkop, stugecop (stube badstube) Dief. n. gl. 378ᵇ, nnd. kopp, auch koppglas Richey 134, Schütze 2, 322. undern kopfen sitzen, sich schröpfen lassen Eschenburgs denkm. 418. vgl. köpfeln, kopfen. ebenso engl. cup, nl. dän. kop. Hier tritt aber eine nebenform auf: nd. nrh. koppe ventosa Dief. 611ᵃ, auch hd. kopfe nach dem pl. 'kopfen im bade, damit man laszt' voc. inc. teut. n 4ᵃ; ist diesz koppe fem.? als luxemb. gibt Gangler kopp, pl. koppen f., schröpfkopf. auch schwed. koppa f., it. coppetta.
c)
hierher gehört auch der pfeifenkopf, nl. pijpekop, obwol er wirklich franz. tête de pipe, dän. pibehoved, schwed. piphufvud heiszt, wol aus misverständnis des nl. (vgl. das haupt u. 2, a a. e.):
gott grüsz euch, alter! — schmeckt das pfeifchen?
weist her! — ein blumentopf
von rothem thon, mit goldnen reifchen? —
was wollt ihr für den kopf?
Pfeffel 2, 101.
meerschaumkopf, porcellankopf, maserkopf, Ulmer kopf (von maser) u. a.
d)
auch napf als guszform. so im Teuth. für feines backwerk: cop van posteiden (pasteten) of vladen, arcopta 56ᵃ, posteyden of vladen cop 196ᵇ. ebenso oberhess. demin. köppel m., käsköppel käseform Vilmar 218, 'köppelkäs, ein viereckender käs, den man im köppel machet' Estor das.
5)
die herkunft.
a)
man sieht es als lehnwort an, als mutterwort lat. cūpa fasz, tonne (cuparius bötticher), oder vielmehr eine nebenform davon, cuppa (Diez wb. 1, 139), das schon in ahd. glossen und wieder im 16. jh. (s. 1, a) mit dem deutschen worte zusammengestellt wurde. nun lebte auch, wie Diez nachweist, das lat. wort in den rom. sprachen fort, cupa z. b. in span. cuba fasz, franz. cuve kufe (vgl. kübel), cuppa z. b. in ital. coppa, span. copa becher, frz. coupe trinkschale u. ä.; und da diese neue bed. sich auch bei der ersten form z. b. in sp. cubilete würfelbecher, pastetenmodell (vgl. 4, d), frz. gobelet trinkbecher zeigt, so machte auch die lücke zwischen den begriffen fasz und becher keine schwierigkeit, vergl. gr. κύπελλον becher mit lat. cupa fasz, wobei freilich die deminutive form wie bei cubilete den übergang begreiflicher macht. doch erscheint ja auch unser wort als fasz (3).
b)
für das deutsche wort ist aber die sache nicht so einfach. aus dem fem. cuppa konnte nicht ein masc. choph werden, nur ein fem. chupha, das in der bed. mütze ahd. vorliegt (mhd. gupfe) und nach Diez 1, 150 auf cuppa zurückgienge (doch vgl. sp. 782 unten). zwar gibt es auch ital. eine masc. form coppo krug (und augenhöhle, ganz wie das altn. koppr u. 3 auch, s. Fritzner 362ᵇ), ebenso port. copo m. trinkgefäsz, span. cubo m. kübel, wanne, die auf eine späte lat. nebenform cuppus, cupus hindeuten könnten (vgl. mlat. caupus krug). aber auch dann müszte das masc. bei uns nur als schwesterform, nicht als einzige erscheinen (das luxemb. fem. unter 1, e reicht nicht aus, zumal dort auch kopp caput fem. ist). nimmt man aber die frühe selbständige entwickelung des germ. wortes hinzu, wie sie sich ags. in starker und schwacher bildung nebeneinander zeigt (s. ebenso nd. unter 4, b), vielleicht in schwed. kapp m. becher neben kopp mit ablaut, und dasz altn. koppari böttcher (3) doch aus mlat. cuppa fasz schwerlich zu begreifen ist (aus hd. küfer, nd. küper doch wol auch nicht), so tritt die annahme eines heimischen wortes nahe, das freilich der berührung mit dem romanischen nicht entgehen konnte.
c)
überhaupt reicht das lat. wieder einmal nicht aus, alles vorhandene zu erklären (wie man aus jahrhunderte alter gewöhnung gern thut). Diefenbach goth. wb. 2, 257. 532 bringt kelt. wörter bei, die zum theil mehr eigen als lat. oder rom. aussehen, gael. cupa m., cupan, copan m. (letzteres auch grübchen), kymr. cwppan m., breton. kôp, gôp, skôp m., zu letzterm vergl. d. ferner südsl. kupa becher (sloven., kroat., serb.), wie alban. rumän. kupe̜, neugr. κοῦπα, vgl. Miklos. 322ᵇ; aber auch russ. kubok'' pokal, litt. kúpka becher Nesselm. 211ᵇ, vgl. ehstn. kup napf, ossetisch koppa becher.
d)
ferner läszt sich die häufige erscheinung von stämmen mit k- und sk- (p- und sp-, t und st-) nebeneinander hier wiederfinden, z. b. in gr. σκύφος becher neben κῦφος fasz, κύπελλον becher, und auch bei uns in schoppen trinkgefäsz neben kopf, ahd. sciphi phiale, schifelîn cimbia Graff 6, 457, mit ablaut mhd. schaf, ahd. scaph gefäsz. und wie in 'schiff und geschirr' die begriffe schiff und gefäsz zusammentreten (s. sp. 204), so kann hier schiff navis in die verwandtschaft kommen, und damit gr. σκάφος schiffsbauch und schiff, σκαφίς trog und kahn, ohne das s- nordhumbr. cuópel navicula, engl. coble fischerkahn, vgl. lat. caupulus, mlat. gaupolus ein schiff mit caupus gefäsz unter 5, b. da aber bei solchem schwankenden s- die verschiebung gern ausbleibt (s. sp. 1566), so tritt die möglichkeit vor, dasz unser kopf mit lat. cupa wie mit denen unter 5, c urverwandt wäre. und da das alles, schiff wie gefäsz, doch wol urspr. ein aus holz ausgehöhltes ist, so können auch gr. κύπη höhle (hütte), skr. kûpas grube, höhle (auch ölschlauch, vgl. Curtius etym. nr. 83ᵇ) herzutreten und die weitere aufklärung andeuten. s. übrigens das folg. kopf und kufe, kübel; auch koben hütte, kober, kiepe korb kommen in frage.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1868), Bd. V (1873), Sp. 1744, Z. 6.

kopf, m.

kopf, m.
caput, haupt.
I.
Ursprung und verbreitung.
a)
es ist erst seit der mhd. zeit allmälich in gebrauch gekommen, und zwar ohne zweifel aus dem vorigen kopf entwickelt, hat aber dann das alte wort dafür, haupt, immer mehr zurückgedrängt und behauptet im eigentlichen sinne nun so gut wie allein den platz. es ist übrigens auszer dem hd. nur noch nd. und nl., kop, während in schwed. hufvud, dän. hoved, engl. head der alte ausdruck den platz behielt (doch vgl. e).
b)
zuerst fand es sich bis jetzt unter glossen des 12. oder noch 11. jh., occiput chopf (neben sinciput nel, testa gebil, cervella hirnirebe) Mones anz. 7, 589, also vom hinterkopfe, wie noch ital. coppa (s. e), d. h. von dem theile des schädels oder hauptes der einem kopf im vorigen sinne ähnelt. man denkt dabei an die alte sitte, die schädel erschlagner feinde oder auch geliebter todter, selbst heiliger als becher zu gebrauchen, mit gold und silber beschlagen, mit edelsteinen besetzt; heiligenschädel waren noch im 16. jh. so gebraucht (s. gesch. d. d. spr. 143 ff.). ob das freilich bei kopf noch mitgewirkt habe, ist sehr fraglich, auch werden überhaupt körpertheile gern nach hausgerät benannt, vgl. kasten als brustkasten und 'verstandskasten', pfanne, becken, besonders bottech leib (engl. body) mit bottich? vergl. kober 1, b als bauch.
c)
den übergang vom vorigen kopf in dieses zeigt vielleicht folg.; in des Strickers Karl 7103 haben drei hss.
dô blies der edele Ruolant,
daʒ im der hirnkoph zespielt,
die andern hirnrebe (eig. rippe), hirnschale; also hirnkoph das gehirngefäsz, wie von einem anatomen benannt (eigen hirngupfe schädel Neidh. 229, 70, MSH. 3, 266ᵇ). so noch im 15. jh. nd. hirnekop vertex, cerebellum Dief. 614ᵇ. 114ᵇ, auch hd. einmal hirnkopf cranium nov. gl. 117ᵇ. ebenso altfries. breinkop Richth. 667ᵇ, mnd. bregencop (bregen gehirn) cranium Dief. 155ᵃ, das. auch hirnepanne, herenbecken, auch hd. 15. jh. hirnbecken 91ᶜ, ags. das. heafodpanne (engl. headpan, vgl. altfries. breinpanne, hd. kopfpfanne so), sonst auch heafodbolla schädel, bolla aber ist wieder scyphus, cyathus, trinkbecher Dief. 518ᶜ. 116ᶜ, auch ahd. hirnipolla schädel, vgl. hirnschale mit schale, trinkschale.
d)
wie nahe der vorzeit diese so zu sagen anatomische auffassung lag, scheint nicht unwert näher zu zeigen. bei Shakespear tw. night 5, 1 heiszt der kopf einmal case, d. i. eigentlich gehäuse. frz. tête kopf, it. span. testa sind entstanden aus lat. testa gefäsz, topf, scherbe, mlat. testa capitis hirnschale. ferner it. coccia kopf (coccio scherbe), altspan. coca, sard. conca, dazu span. cogote hinterkopf, aus lat. concha muschel, schale, wie gr. κόγχη selbst oder κόγχος auch die hirnschale bezeichnet (Diez 1, 131); span. casco ist zugleich scherbe und schädel (das. 2, 110), span. colodrillo hinterkopf aus colodra weinkrug, melkkübel (115), pescuezo hinterkopf eig. 'hinterkübel' von cuezo kübel (161). ebenso ist gr. σκυφίον, hirnschale bei ärzten, einfach demin. von σκύφος becher. ja κεφαλή und caput selbst, demnach auch unser haupt, haben zuletzt denselben ursprung, denn das entsprechende skr. kapâlas bedeutete schädel und schale, scherbe.
e)
wenn übrigens kopf zwar nur hd. nd. nl. wirklich entwickelt worden ist, so zeigt sich doch auch fürs engl. eine spur davon in altengl. cop kopf, s. Wright polit. sonys 70, rel. antiquae 1, 144, man schwur bi is cop Wolf lays, sequ. u. leiche 457 (13. jh.), es soll sogar schon ags. copp dasein, das sonst als becher und gipfel angegeben wird. merkwürdig ist auch jenes ital. coppa hinterkopf, und altprovenz. cobs 'testa capitis' Diez 1, 139; hätte das doch schon altgerm. veranlassung?
II.
Gebrauch und bedeutung.
A.
kopf im eigentlichen sinne.
1)
Suchen wir zuerst das herankommen des worts zu fassen.
a)
fürs mhd. bietet Ben. 1, 861ᵃ nur zwei stellen, Helbl. 1, 264, wo von einer modetracht des haars und hutes die rede, und Lohengr. 2166, wo es, wie gebel kurz vorher, gebraucht ist gleich dem hirnkopf vorhin, schädel, der von schwertschlägen erschellet wird. es kam deutlich zuerst in gang als kraftwort, wie noch schädel für kopf und wie es auch im Helbling zürnend gemeint ist. der erste, der es brauchte, mag es als bitteres witzwort gemeint haben, in bezug auf ein zerbrechen des 'schädels' oder 'gehirnkastens' im streite, mit hieben. denn nach I, c musz es gekürzt sein aus hirnkopf und diesz zuerst geherscht haben; so kommt schale (houbetschal) kurz für hirnschale vor Herbort 7632, und auch schedelkopf das. 8795 ist gewiss nichts anderes.
b)
es ist aber schon mhd. ziemlich häufig.
α)
im folg. ist dabei noch vorwiegend an den schädel selbst gedacht:
daʒ im müeʒe misselingen
sô daʒ hundert swert ûf sînem kophe lûte erklingen (conj.).
Neidhart 54, 30 II., deutlich der harte schädel;
slach die stahelbîʒen (eisenfresser) nâ,
daʒ die Kolmârhüete (helme) ûf kopfe erhellen.
das. ⅩⅩⅤ, 24, am schädel wiederklingen;
sie wecketen manegen der dâ slief (mit schwertschlägen),
daʒ im der kopf zebrochen wart.
livl. chr. 674;
het daʒ swert niut abgelift,
im wær der kopf zerteilet.
Reinfr. v. Br: 46 Göd.;
sie sluogen durch die kopfe (: hopfe)
und durch die helme lieht.
Rabenschlacht str. 852,
wie 825 durch helm und durch hirneschal (dagegen 830 houbet ab geschrôten). der pl. kopfe ohne umlaut ist eig. der richtige: da obirfûr Nickel Torboum die knochenhouwere med gar forebel (s. 4, 174) worten unde sprach, man solde die knochenhouwere dorch die kopphe houwe. Förstemann d. alt. ges. d. st. Nordhausen s. 185. auch noch nhd. einzeln, z. b. Luther sp. 1766 (c), wie beim vorigen kopf sp. 1746 (4, a).
β)
doch muszte bald der begriff des bekleideten, so zu sagen des lebendigen schädels in den vordergrund treten (hiesz doch auch die bekleidung selbst, der haarschopf mhd. schon kopf, s. B, 1, a):
si machten vollenclîchen dâ (im kampfe)
den heiden ire köpfe blâ.
livl. chron. 4273,
von beulen und blauen flecken (s. unter blau 1);
nâch der scheitel gegen dem schopfe
rehte enmitten ûf dem kopfe
daʒ lün mit vogelen was bezogen.
Helmbrecht 34;
sîn ougen im von grimme
sprungen ûʒ dem kopfe dô.
Konrad Silvester 4831, von einem ochsen;
er spielt im den ganzen helm
und sluoc diu zwei (backen u. ohr) besunder
im abe dem kopfe drunder.
troj. kr. 33710;
von sîme kophe ein krône
erlûhte.
33826;
'ich unrein (kratze?) dir den kopf enzwei!'
spricht er vil ketzerlîchen (unchristlich, wild).
Helbling 2, 1258,
in einer schilderung rohen streites; das es rehte was anezuͦsehende (wie sie herabstürzten), also ebbe si an den kof werent geschlagen. Merswin 9 felsen 98, kof nach rhein. art wie knoff für knopf u. a. wie es vom begriff hirnschale zu schädel überhaupt erweitert worden war, zeigt z. b. folg. (auch schädel ist zweierlei, die hirnschale und das knochengerüst des ganzen hauptes):
er sluoc in ûf daʒ nasebant
des helmes mit der klingen,
daʒ im entwerhes dringen
daʒ swert begunde dur den kopf.
diu stirne wart im und der schopf
sô gar verschrôten über al (gänzlich),
daʒ helmes boden und (damit) diu schal
des hirnes vielen ûf daʒ gras.
Konrad troj. kr. 36575.
auch schon mehr innerlich, bei kopfweh:
eʒ lac ein esel under schopfe (schuppen),
dem was vil wê an sînem kopfe.
fabel bei Haupt 7, 364.
γ)
besonders zu beachten sind stellen, wo kopf und houbet beisammen erscheinen:
und stach den herren lobesam
alsô geswinde an sînen kropf,
daʒ im daʒ houbet und der kopf
geneiget wurden hinder sich.
Konrad troj. kr. 35976;
Jâson sluoc im (dem drachen) daʒ houbet abe ...
dar nâch sô gienc er schiere dar
und sluoc im ûʒ dem kopfe
die zene mit dem knopfe (des schwerts).
9959,
das erste vom ganzen 'kopfe' wie es jetzt heiszt, das zweite vom schädel. ebenso in einer mnd. stelle:
sîn (des riesen) hôvet was eislîk (schrecklich) unde grôt,
de kop was em vore al blôt.
Namelos u. Valentin 1793,
der schädel vorn ganz kahl, im schwed. texte hans hofud war ... flinskallut 39, 28 (flint hirnschale, zu skallut s. kol 3, d).
c)
nhd. gab es also in der hauptsache nicht viel mehr zu entwickeln.
α)
die hauptfrage ist da das verhältnis zu dem zurückweichenden haupt, das genauer zu zeichnen leider nicht stoff genug vorliegt. der voc. inc. teut. z. b. stellt nebeneinander kopf vel haubt, caput n 4ᵃ (totenkopf gg 1ᵃ), in den bei Diefenbach ausgezognen hd. vocc. des 15. jh. aber ist bei caput noch nur haubt zu finden, blosz in einem nd. cop (aber auch nd. hôvet). Dasypodius führt es im deutschen theile zwar auf, aber im lat. unter caput doch noch blosz haupt und sonst nur eigenköpfig capitosus, zweiköpfig biceps (nicht zweihäuptig), jenes im schlimmen sinne, diesz von thieren, misgeburten. Luther noch hat in der bibel viel häufiger haupt als kopf. man brauchte auch beide in gleicher bed. beisammen, zu gröszerm nachdruck: die mauren, flecken und stett .. must man wider auf bauwen .. in eil, über haupt und kopf. Aventin 273ᵃ (s. 2, c). aber im lauf der zeit hat haupt das gebiet der eigentlichen bed. so gut wie ganz an kopf abtreten müssen und nur die uneigentlichen bed., zum theil auch den höheren stil behauptet.
β)
in der bed. lebt das ursprüngliche noch lange nach:
ich wil dich nu slan umb den kop,
dasz du wirst werden top (taub, betäubt).
leseb. 1022, 7, schlesisch 15. jh.;
sweig oder ich gib dir eins zum kopf.
fastn. sp. 538, 14;
P. gibt ihm eins zum kopf. J. Ayrer 403ᵃ, eine kopfnusz; mir mit seinem säbel eins über den kopf geben. Schuppius 90; wir müssen doch vorhero (uns) die köpf brechen, alsdann werden wir wol hausen. Abele gerichtsh. 1684 2, 85, ein junger ehmann zu seiner frau, 'uns prügeln', um die herschaft kämpfen;
das klagt Augustus tag und nacht,
sein kopf vor leid stiesz an die wand.
Wolffs hist. volksl. 91;
die gräfin wär drüber wie närrisch worden, wollt immer mit dem kopf wider die wand. Hahn aufruhr zu Pisa 131; misvergnügte bauern ... die musz man auf den kopf schieszen. Göthe 15, 43; so noch in kopfhieb, der den schädel trifft, kopfrose u. a. vom schädel schlechthin: deren etlich machen auch von irer feind kopf trinkgeschirr. S. Brant bei Steinhöwel 172ᵇ.
γ)
vom ganzen haupte:
vil gant gar stolz in schuben (schauben) har
und werfent den kopf har und dar.
Brant narr. 9, 2;
und da .. mein herr von Prüm den kopf schütten oder los geben würd, soll der vogt kein fragens darnach haben. weisth. 2, 544, vgl. kopfschütteln; dasz er (der kleine Gargantua) den kopf umbwarf wie ein tauber vor dem schlag. Garg. 112ᵃ;
vollkommen so warf Wolf sogar den kopf.
Lessing 2, 254, d. h. stolz;
alles hob die köpfe auf (von der arbeit, neugierig), als das unerwartete wageli daher kam. Gotthelf 2, 327; er hob fröhlich den kopf in die höhe; kopf hoch!
δ)
natürlich auch von thieren, wie schon mhd. b, β: man sagt von einer katzen mit zwaien köpfen. Steinhöwel 110 (1487); der löw ward unwürsch .. und schutlet den kopf. 31 (1555); der priester sol .. im (dem vogel) den kopf abkneipen. 3 Mos. 1, 15; das fell des farren .. sampt dem kopf. 4, 11;
der rotkropf (rotkehlchen) mit seinem kopf
der wär auch geren drinnen.
Uhland volksl. 36.
ε)
es liegt in der sache, dasz oft das gewicht auf das kopfhaar fällt (das selbst auch kurz kopf hiesz, s. B, 1, a): der reiszt sich die haare aus dem kopfe, wenn er es hört. Lessing 2, 406;
und seiner sünd als (so) ledig wirt
als ein grintiger kopf vol leus.
fastn. sp. 384, 12;
zierete ihren kopf dergestalt mit dergleichen geschmuck. Simpl. 2, 102; aber der student kratzte sich in dem kopf. Jucundiss. 183; schämt euch solcher rede mit eurem grauen kopfe!; böser kopf, grindiger. Schönsleder f 6ᵈ. Oft aber ist die genauere beziehung schwankend, z. b. in der redensart vom kopf bis zum fusze, zu den sohlen, zur zehe, von oben bis unten, ganz und gar.
2)
Die manigfaltigkeit der verwendung wächst aber nhd.
a)
kopf steht auch für die stirne (nd. genauer förkop, nl. voorhoofd, engl. forehead), während zuerst der hinterkopf bes. kopf hiesz (I, b):
den andern wirds auch so ergehn (mit strafe),
der kopf steht (ihnen) schon in falten.
Soltau 2, 403, 17. jh.;
küsseten uns darauf kopf und angesicht. Olearius pers. ros. 5, 16 am ende; vgl. sich vor den kopf schlagen, schieszen: dasz auch (sogar) ihre diener, wann sie zusammen kommen, einander für die köpf schieszen. Schuppius 270; paff! schosz ihn einer vorn kopf. Göthe 8, 137; ich wollt sie stünden und ich hätt eine kugel vorm kopf. 8, 98; oft zur zeit, wo ich mir eine kugel vor den kopf schieszen möchte. 16, 55; dasz .. er eine kugel vor den kopf bekäme. Schiller 1089ᵇ.
b)
malerisch sagt man z. b. gern er zündet dir noch das haus über dem kopfe an, während du drin bist; wenn mir das haus über dem kopf zu brennen anfängt. Göthe 17, 320; jetzt willst du deiner guten frau das haus überm kopfe zusammen reiszen. 11, 275, als bild der gröszten rücksichtslosigkeit; ich erlebe noch dasz den leuten das haus über dem kopf zusammenfällt. kinderm. nr. 178.
c)
über hals über kopf u. ä., aufs eiligste, eig. vom fallen, stürzen mit dem kopfe vorweg, sodasz man wie über seinen eignen kopf hinwegfällt: über ars und kopf bürzelen. Fischart bien. 1588 94ᵃ (noch z. b. luxemb. iwer kopp an (und) âsch, eilig Gangler 249); (der feind) gezwungen sich über hals und über kopf theils nach Heidelberg theils nach Heilbronn zu retiriren. Happel kriegsroman 1, 519, wobei zu bedenken, dasz fallen auch hastig herunter springen, dann eilen, rennen hiesz (wie noch einen anfallen, überfallen, einfallen ins land, stürzen, von allergröszter eile); ins dorf mit dem dummen dorfteufel über hals über kopf! Schiller 635ᵃ; deren bräutigam so über hals über kopf sich aus der welt trollen müssen. Lessing 2, 170. auch kürzer einen 'hals über kopf' die treppe herab stoszen, etwas hals über kopf verrichten Ludwig 1055, und blosz über kopf, den kopf voran 1056. vgl. über haupt und kopf unter 1, c, α (Aventin). ebenso lat. praeceps (kopf voran) und praecipitare beeilen. diesem praeceps entsprechend heiszt es:
wie auf dem Prager schlosz
des kaisers räthe, Martinitz, Slawata,
kopf unter sich herabgestürzet werden.
Schiller 353ᵃ,
eig. den kopf unter sich (d. h. nach unten), es ist aber einer von den fällen, wo noch nhd. das wort auch ohne den bestimmten art. bestimmt ist. vollständiger malt das stürzen, den wechsel des unten und oben dabei: kopf über kopf unter das rad in die tiefe zu rollen. Forster 3, 112 (ans. v. Niederrhein 1, 319), deutlicher wäre uns jetzt kopf oben kopf unten; vgl. kopfüber, kopfunter. die wendung musz alt sein und bedürfte genauerer beobachtung. bildlich auch über kopf, verkehrt: wir aber dächten ungemein unordentlich, und unsere gedanken kämen alle über kopf zu papier. Liscow 552. ganz sinnlich noch tirol. über kopf austrinken, mit einem zuge und ganz und gar Schöpf 334, d. i. mit rückgebeugtem kopfe, um zur neige zu kommen.
d)
menschenlänge wird oft nach dem kopfe gemessen: er ist um einen kopf gröszer als du; sie ist nur einen halben kopf kleiner. vgl. kopflänge.
e)
reich sind die wendungen vom kopfabschlagen.
α)
in einfacher wendung: alles würde ruhen, wenn man (erst) einige köpfe abgeschlagen hätte. Schiller 820ᵃ, ein paar todesstrafen vollzogen;
man fürt sie in das grüne gras,
do thet man in die köpf abfällen.
Soltau 2, 44;
kopf ab! kurz für abhauen u. dgl., vgl. kopfab. Besonders aber sind oder waren dafür eine menge verblümter wendungen im schwange, meist höchst witzig (wie fürs hängen, vgl. galgenhumor). so namentlich
β)
einen kopfs kürzer oder kleiner machen, mit recht alterthümlichem gen.: ein Croat .. welcher mit seinem .. säbel manchen Franzosen kopfs kurzer machte. Happel kriegsroman Stockh. 1681 1, 519; er wuste wol, dasz der .. kopfs kleiner gemacht werden muste. wisbadisch wisenbr. 1, 103. jetzt mit um: den Bourgognino lass ich um einen kopf kürzer machen. Schiller 176ᵇ. früher aber sonderbar mit um neben dem gen.: so würde ich .. um eines kopfs kürzer zu machen sein. Simpl. 3, 127 Kurz, von todesstrafe, als amtlicher ausdruck wie es scheint; deswegen hätte Lucius Brutus seine eigene söhne ... um des kopfes kürzer machen lassen. Lohenstein Arm. 1, 73, oder ist das durch vielen gebrauch gekürzt aus um eines kopfes länge? Es ist übrigens ein fürchterlicher scherz, als wäre der geköpfte ohnehin um einen kopf zu lang geboren, s. 2, d, hätte einen kopf zu viel wie auch vorkommt.
könig Carl in Engeland
ward der krone quit erkant.
dasz er dürfe keiner krone,
machten sie ihn kopfes ohne.
Logau 2, 5, 53.
solches fürchterlichen scherzes, meist aus dem hasz und hohn der parteikämpfe entsprungen, gab es aber mehr.
γ)
noch unsere zeit kennt 'den kopf über die klinge springen lassen', s. unter klinge sp. 1173 (e). vgl. bei Luther 3, 142ᵃ: da muszt man inen (den aufrührischen bauern) die ohren aufkneufeln mit büchsensteinen, das die köpfe in der luft sprungen; kurz vorher eine gleichbed. redensart, er warnt geheime freunde des aufruhrs, das sie es nicht versehen und ein mal auch hinder dem kopfe hinweg gehen, den kopf wie aus versehen stehen lassen (auf der richtstätte), 'um den kopf (herum) kommen', s. sp. 1677; und wäre der wegelagerer (beinahe) hinder dem kopf weggangen, wo nicht ... Birlinger Augsb. wb. 288ᵃ aus einer Augsb. chronik. ähnlich und mit noch fürchterlicherer malerei um den kopf herum springen, reum esse capitis, decollari Aler 1224ᵇ. und welcher hohn liegt nicht auch in der noch uns geläufigen wendung einem den kopf vor die füsze legen lassen.
δ)
der witz gesteigert:
wer dar in tom anderen over will,
de moit dri koppe im busem dragen.
Soltau 2, 26,
musz, um durchzukommen, noch drei köpfe in bereitschaft halten, wolverwahrt mitnehmen, in der hd. übers. der muesz den kopf in dem ermel tragen, denn oben ist er nicht sicher (ärmel und busen waren früher als tasche gebraucht); doch ist da nur vom verlieren des kopfes im kampfe durch geschützkugeln die rede.
ε)
oft wird das köpfen als eine thätigkeit des baders dargestellt, als ein balbieren (Soltau 2, 44) oder scheren, besonders als trocken scheren (ohne wasser und seife), als obs nur ein ungeschickter bader thäte. daher singt z. b. der dichter eines bair. liedes gegen die Schweden, er wäre glücklich dem feinde entronnen,
man hett ihm sonst geschoren
die blatten under (statt auf) dem kopf.
Körners hist. volksl. 334, v. j. 1632,
wie es scheint von einem geistlichen, daher die blatte.
ζ)
noch jetzt lebt manche wendung, die darauf zurückgeht: man wagt ehe kopf und bart daran .. Fischart bien. 1588 93ᵇ, es ist auch an den bader gedacht, auch kopf und kragen (hals) werden so verbunden, z. b. kopf und kragen dran setzen;
der kopf, den Saladin mir schenkte, wär
mein alter? ist ein neuer u. s. w.
Lessing 2, 285;
und dasz, so lieb sein kopf ihm ist,
die hosen keine falten werfen!
Göthe 12, 111;
denn fehlst du ihn, so ist dein kopf verloren.
Schiller 536ᵇ, Geszler zu Tell;
ein preis von 5000 gulden stand auf seinem kopfe, weil der kaiser auf ihn zürnte. 1079ᵇ; 'ew. majestät lege ich willig meinen kopf zu füszen, wenn ich gefehlt haben sollte'. York bei Droysen 1, 421, vgl. dazu 2, 213 das.; so sprecht nur, es wird ja den kopf nicht kosten! Göthe 25, 279, noch häufig im leben, aber nur noch harmlos gleich 'was kann euch denn darum grosz übles widerfahren?' oder 'die strafe wird ja nicht so schlimm sein!', sie können mir doch nicht den kopf abreiszen! so macht sich einer mut zu einem gewagten unternehmen; 'ich verwette meinen kopf dafür!' kräftige betheuerung; ja, ich lasse mir den kopf abhauen, wenn er jemals einen elephanten .. gesehen hat. Lessing 2, 448. aber auch von zorn, wut: ich möchte mir gleich den kopf abreiszen! facinus 'capitale', das den kopf gilt. Schönsleder f 6ᶜ.
η)
daher mit starker kürzung (die allein den überaus häufigen gebrauch beweist) darauf steht der kopf, die strafe des köpfens: der kopf, oder wenigstens ewige gefangenschaft bei wasser und brod ... müszte im ganzen heil. röm. reiche darauf stehen, wenn .. Lessing 10, 185. beim kopfe verbieten, gebieten, bei todesstrafe:
man geboit
by all mans cop ind up den doit.
Wierstraat Neusz 297, nrh.
daher auch: etwas auf seinen kopf thun, 'auf eigne gefahr'; meinem verwalter .. dem wir nicht die macht gegeben hatten, auf seinen kopf neue sachen einzuführen. Immermann Münchh. 1, 16 (28).
f)
die köpfe zusammen stecken, früher stoszen (Maaler 247ᵇ, Rädlein 556ᵃ), von leuten die sich zu geheimer unterredung zusammenthun:
zusammen stecken sie die köpf.
Dedekind christl. ritt. 1590 92ᵇ;
man steckt die köpfe zusammen, rottiert sich zu hauf ... durch ganz Genua herscht eine dumpfige schwüle. Schiller 154ᵇ; sie durch flüstern, köpfezusammenstecken irre gemacht und aufgeregt hätte. Göthe 17, 266; schweiz. d'chöpf zämestosze, consultare inter se. Frommann 2, 482ᵃ. die köpf zusammen halten, consentire, concordare Denzler 2, 175ᵃ, Aler 1224ᵇ, was doch schon mehr nach 4 gemeint ist, vgl. H. Sachs 1, 519ᵃ sp. 1763. osnabr. wenn de herren de köppe to hôp holt (zusammen halten), is dat volk verlaren, s. Strodtm. 110.
g)
vielfach in sprichwörtern und redensarten, z. b.:
wem der kopf bleibt, der scher den bart.
Wolffs hist. volksl. 91;
und wem der kopf wird auf der fart,
der hat macht zu scheren den part.
Ayrer 361ᵇ;
wem der kopf wird, der schere darnach den bart. Ayrer proc. 1, 12. der kopf musz oben, die füsze unten sein Simrock 5866, man hört unter den leuten auf die frage wie es gehe antworten: immer noch frisch, den kopf oben, die füsze unten, vgl. 3, n. ich will den kopf nicht sanft legen, nicht eher ruhen, bis nicht ... Schönsleder f 7ᵇ, Aler 1224ᵃ. überm kopfe wollen spöne hauen Schottel 1118ᵃ, von verkehrtem thun, wol 'den kopf als hackeklotz brauchen wollen', wie man sagt du thust doch als ob wir holz auf dir hackten, dich misbrauchten, mishandelten. andere s. im folg.
h)
der kopf für den ganzen menschen (vgl. bildlich unter 5).
α)
nach köpfen wird oft eine menschenzahl angegeben, wie lat., vgl. haupt so: das ganze fuszvolk, ungefähr neuntausend köpfe stark. Schiller 855ᵃ; belief sich die armee .. auf nicht weniger als vierzigtausend köpfe. 954ᵃ. daher kopf für kopf, mann für mann: ihr bezahlt kopf für kopf einen groschen. es kommen drei thaler auf den kopf, auf den mann, bei einer vertheilung. vgl. kopfgeld, kopfsteuer, kopftheil.
β)
ähnlich in dem sprichworte so viel köpfe so viel sinne, z. b. bei Fischart bien. 1588 90ᵇ (nl. aber so menich hooft, so menighe sin Marnix 81ᵇ), vergl. viel köpf regieren nichts guts Paracelsus op. chir. 151. man brauchte auch kopf bildlich für die ganze person, ehe dieser lateinische, uns in seinem bilde dunkle ausdruck durchdrang (wie früher mhd. lîp, sonst seele):
dei êrste kop so gôt als de leste,
dat capittel unde de prelaten.
Theophilus 213 Hoffm.,
einer wie der andere, allesamt. der kopf ist ja am menschen das 'hauptstück', daher auch die hübsche, feinwitzige redensart seinen kopf in der welt herumtragen, wandern:
wer seinen kopf hat in der welt
fein weit herumgetragen ...
altes wanderlied, weim. jahrb. 4, 305.
γ)
aber auch von thieren: drei jahre hatte ich so meine herde (ziegen) gehütet. sie ward immer gröszer, zuletzt über hundert köpf. der arme mann im Tock. 25. osnabr. he heft eene styge köppe im stalle, 20 stück pferde und kühe. Strodtmann 110.
i)
eigen von höchster eile: liefen so behend und eilend von dannen, als wann ihnen der kopf brennete. wisb. wisenbr. 2, 7. 1, 179; da eilte ich, als wann mir der kopf brennte. Simpl. 2, 272 Kz., noch jetzt gebräuchlich, es musz urspr. ganz ernst gemeint sein (vgl. unter 4, a dasselbe innerlich).
k)
eigen pluralisch zu köpfen: der fensterladen, der mir zu köpfen war (im bette). Tieck nov. 5, 93, wol nach 'zu häupten'; tirol. z'kopfetn, zu häupten Schöpf 334. bair. gar 'die kopfhaupten' pl., kopfende, kopfküssen Schm. 2, 319.
l)
von einem kopf im bilde: der kopf der münze der Berenice. Winkelmann 4, 84; vgl. kopfstück als münze. im kinderspiele beim aufwerfen von münzen: kopf oder münz, elsäss., wie bei den Römern caput aut navis, s. Frommann 4, 8 (vergl. kreuz, gerade); es gab münzen mit namen kopken Lacomblet arch. 1, 199. 207. in der kunst, studienkopf, Christuskopf, madonnenkopf, marmorkopf u. a.
m)
zusammensetzungen endlos, wie todtenkopf, Türkenkopf, kahlkopf, dickkopf, groszkopf, pferdekopf, schweinskopf, löwenkopf, schlangenkopf, häringskopf, fliegenkopf u. s. w.
3)
Viele redensarten mit kopf gehn von einem sinnlichen vorgange aus ins unsinnliche über.
a)
von der haltung des kopfs, die die stimmung anzeigt.
α)
den kopf hängen, kleinmütig, demütig, auch tief sinnend: derselbe schalk kan den kopf hengen und ernst sehen, und ist doch eitel betrug. Sirach 19, 23; rufen musztu lernen (gott, beim beten), und nicht da sitzen bei dir selbs, oder ligen auf der bank, den kopf hengen und schütteln, und mit deinen gedanken dich beiszen und fressen. Luther 5, 50ᵃ, auch das kopf schütteln ist hier zweifelnd, still verzweifelnd (andre male erstaunend, sich wundernd, am häufigsten verneinend, s. kopfschütteln);
und (will) nun fuͤrn ain gaistlich leben
und den kopf nider inn stul (kirchenstuhl?) senken ...
und vor der werlt machen ain schein.
fastn. sp. 621, 25;
da sei gott vor, dasz du so ohne ursache den kopf hängst .... dasz ein mädel den kopf hängt, die auf erlösung hofft. Göthe 57, 104. jetzt gewöhnlich er läszt den kopf hängen, ist mutlos, hoffnungslos. dagegen er trägt den kopf hoch, ist stolz, mutig. auch hängender kopf, duckmäuser, wie sonst kopfhänger:
nur halte von hängenden köpfen dich fern.
Göthe 1, 138.
β)
den kopf heben, aufrichten u. ä., extollere caput, stolz, zuversichtlich, trotzig: sihe, deine feinde toben, und die dich hassen, richten (var. heben) den kopf auf. ps. 83, 3, trotzig; wir mädchen sind doch eine wunderliche nation: kaum heben wir den kopf nur ein wenig wieder (wenn ein hoffnungsschimmer, lebenslust wiederkehrt), so ist gleich putz und band was uns beschäftigt. Göthe 10, 109; wo einem gedrückten und niedergebeugten volk luft gemacht werden soll, den kopf wieder aufzuheben. Claudius 6, 30. dazu bei Aler 1224ᵇ einem den kopf noch darzu heben, alicui facem ad scelera praeferre, aperire fenestram, also zu einer unthat mut und gelegenheit machen.
γ)
und so denn auch von unsinnlichen dingen: und als der brauch wider den kopf aufrichtet, hab in Zacharias gar aufgehebt. Frank weltb. 34ᵇ, wieder 'sich erhob', 'auf oder empor kam', wie wir ja auch noch sagen, freilich ohne noch an den eig. sinn zu denken.
δ)
für den kopf ducken (sich ducken) auch den kopf zwischen die ohren nehmen, in übertreibendem scherze: derowegen nahm ich meinen kopf zwischen die ohren, und trat gleich den andern tag wieder auf frischem fusz zu obgedachtem pfarrer (demütig). Simpl. 1, 327, 29 Kz., wie ein hund.
b)
einem den kopf bieten, d. h. kampfbereit entgegenstrecken, trotz bieten, faire tête à qu. (beispiele schon oben 2, 5): ob ihm (dem feinde) fusz zu halten und der kopf zu bieten (sei). Kirchhof mil. disc. 149, vielleicht hiesz die sog. spitze (der schlachtordnung, im 16. jh.) auch kopf? so frz. tête, vgl. c zuletzt; und schlug abermahls einige alemannische truppen (haufen), die ihm daselbst den kopf boten, aus dem felde. Mascou 1, 245; das sie bei ihrem könige getreulich halten und dessen widerspenstigen den kopf bieten. Butschky Patm. 903; das heiszt recht dem teufel trotzen und dem unglück den kopf bieten, wenn mans ansieht als ein glück und dafür dankt. H. Müller geistl. erquickst. 439; solch trotzen und kopfbieten steht dir nicht an. 117; die unerlaubte vergröszerung des Lohensteins und Hofmannswaldaus, von denen er (Thomasius) ... urtheilet, dasz sie sechs Virgiliis den kopf bieten können. Hagedorn 1, 113 anm. wie jenes faire la tête, auch kurz (den) kopf machen (auch blosz kopfen), schmollen, trotzen Schöpf tirol. id. 334: er gieng in sich und dachte 'kopf machen ist nie fein gewesen'. Zingerle kinder- u. hausm. aus Südd. 31; (dienstboten) welche köpfe machen und alles besser wissen wollen. Gotthelf 3, 53; du wirst ihn unrecht verstanden haben. da hat er den kopf gemacht, und du hast ihn gemacht. 3, 60 u. o.; vgl. übrigens den kopf aufsetzen 4, f, η.
c)
kopf galt überhaupt so zur bezeichnung kriegerischer bewegungen im felde: in diser nacht seind unsere pferd 1500 .. über die Thonaw gezogen .. zebesichtigen (recognoscieren), wa die Turken den kopf hinaus strecken. Schertlin briefe s. 11; wer guet, das e. f. guete kundschaft daruf legt, wo sie (die entwickenen knechte) den kopf hinaus strecken wolten. 86; die reuter in dem closter Staingaden wöllen warten, wa ich den kopf hinaus wenden wölle. 87; dieweil man noch zweifelich, ob der kaiser den kopf hinab oder hinauf (ins unter- oder oberland) stregken werde. 188. doch ist damit eig. die truppe gemeint, die bei einer veränderten bewegung des ganzen die führung übernimmt; die ganze masse des heeres aber ist damit als éin lebendiger körper gedacht (vgl. sp. 147. 141 2, b). so frz. z. b. l'armée montra une tête de ce côté-là, schien sich dorthin wenden zu wollen; ce régiment a la tête, bildet die 'spitze' der marschrichtung (s. unter b).
d)
ähnlich mit dem kopf hindurch, hinaus wollen, trotzig, zornig, wütend, sinnlos gegen einen widerstand losgehen, auf etwas bestehen (vgl. auf seinem kopf bestehen sp. 1763 ε): (der pöbel) wil solche freiheit mit der faust ausrichten und mit dem kopf hindurch. Luther 2, 80ᵃ (1555); summa, wenn er (herz. Georg) mit dem kopf hinaus wil, so muͤszet ir stehen (stand halten, 'widerstehen') ... 4, 314ᵃ (336ᵇ), wenn ers mit gewalt durchsetzen will; wenn .. sie .. wollen mit dem kopf hindurch faren und stracks wider das wort fechten, sollen wir auch den kopf aufrichten und inen zu wider thun. 2, 456ᵇ (1555); also höret ich in Welschemlande zu Senis (Siena) von keiser Fridrich sagen, 'wir haben von ewrem keiser gelernet viel sprüch, sonderlich diesen, qui nescit dissimulare, nescit imperare', wer nicht ubersehen oder uberhören kan, der kan nicht regirn. denn sie hetten gerne gesehen, das er mit dem kopf hindurch gefaren were. 6, 139ᵃ; der gottlose feret mit dem kopf hin durch. sprüche Sal. 21, 29, vulg. procaciter obfirmat vultum suum; wil nur mit dem kopfe hindurch, und sol (in einer rechtssache) thätlichkeit der richter sein. Schottel 1232. ähnlich mit oben aus (daher der name Obenaus): strudelköpfe, die mit dem kopf oben ausz wollen und an alle wände stoszen. Philander 1650 2, 181, darin liegt zugleich das 'hochfahrende'. jetzt gilt dabei diesz bild von der wand, z. b.: wir sind doch entsetzlich hartnäckig und wollen immer mit dem kopfe durch die wand. Seumes leben 83, häufig von einem der kein hindernis gelten lassen will; ich kan nicht mit dem kopfe wider die wand laufen. Stieler 1012.
e)
daher sich den kopf einstoszen, zerstoszen u. ä., von dem der jene redensart wahr macht: wer aber solchs nicht wil (auf gott trauen), sondern stracks mit dem kopf zum rechtstuel leufet (auf sein recht pocht), der wirds auch finden und den kopf weidlich zustoszen. Luther 6, 42ᵃ; er sieht nicht und hört nicht in seinem blinden eifer, er wird sich noch den kopf einrennen, sich unglücklich machen. ähnlich sich verbrennen u. a. kriegerisch:
so mögen wir im mondenlangen kampf
an Sigeths mauern uns den kopf zerbrechen.
Körner Zriny 1, 4.
f)
vor den kopf stoszen, schlagen, verdutzt, ängstlich machen, abschrecken, auch beleidigen u. a.: denn es stöszet gar seer für den kopf, wenn man (in bezug auf den tod) die vernunft leszet mit iren gedanken den augen nachhengen .. denn da kan einer nichts denn eitel todesgedanken haben u. s. w. Luther 6, 80ᵃ; (Paulus) wil sie damit für den kopf stoszen und schlieszen u. s. w. 6, 223ᵇ, will sie mit diesem schlusz über ihre eigne behauptung verdutzt machen; das sie mit unbescheidenheit .. fremde leut .. nit für den kopf stoszen oder abschew machen. Mathesius Sar. 132ᵇ; dasz i. f. gnaden etwas vor den kopf stiesze. Schweinichen 1, 370; dann fürs erst würden die ketzer mit dem concili zu Mantua ... sie gröblich für den kopf schlagen. Fischart bien. (1588) 44ᵃ, mit anführung des dort ergangnen gebots (alle durch simonie zum amte gelangten geistlichen abzusetzen) wie mit einem gutgeführten gegenhiebe;
die völker stunden gleich als vor den kopf geschlagen.
Gryphius 1, 598, verdutzt, 'betroffen';
da schach .. Dolka ... niemand vor den kopf stoszen wollte. Wieland 6, 12; denn Augusti war sein hausfreund ... und Albano war nicht gut vor den kopf zu stoszen. J. Paul Titan 2, 5, durfte nicht beleidigt werden. ohne bild mit als (s. schon Merswin sp. 1748 unten):
er geht dahin, das mag ich sagn,
als wer er an den kopf geschlagn (ein lebenssatter).
Ringwald laut. w. 4;
stand er etwa da, als wenn er vor den kopf geschlagen wäre? Lessing 1, 229, wie für den augenblick der besinnung beraubt.
g)
auf den kopf gefallen, volksmäsziges kraftwort für geistig beschränkt, dumm, gewöhnlich nur noch mit nicht: man habe ihm bisher immer behauptet, schöne geister und leute von genie müszten klein und hager, kränklich und vermüfft aussehen ... das habe ihn immer verdrossen, denn er glaube doch auch nicht auf den kopf gefallen zu sein, dabei aber gesund und stark. Göthe 30, 331; er wundre sich höchlich, wie ich, doch sonst nicht auf den kopf gefallen, nicht einsehen wollte ... 48, 183; er ist nicht auf den kopf gefallen, der bursch! Schiller 630ᵃ. scherzhaft umgekehrt: genug, er war auf den kopf gefallen und dadurch zu verstande gekommen. Immermann Münchh. 4, 161 (298).
h)
einen beim kopfe nehmen, ihn packen, fest nehmen, der kopf erscheint dabei wie in mehrern redensarten als der wichtigste leibestheil, gleichsam als eigentlicher sitz der persönlichkeit, vergl. einen beim schopfe, beim halse, beim kragen nehmen u. a.
α)
in feindlichem sinne: so soltestu wol sehen .. das man dich bald beim kopf nemen und wider deine lumpen (kleider) voll schlahen .. würde. Luther 6, 281ᵃ, dich dagegen durchhauen, von amts wegen; bitten sie (die schuldner) mich beim kopfe zu nehmen, zu bestricken oder mich ins gefängnis zu legen. Schweinichen 1, 274 (auch Simpl. 3, 127 Kz.); i. f. g. wollten mich hinwieder in mein väterlich gut setzen und herzog Friederichen selbst beim kopf nehmen. 1, 294; wenn wir nun aber unterdessen, bis der prozess eingeleitet ist, das gewisse spielten und ihn kurz und gut beim kopfe nähmen? Göthe 10, 107; kaum durfte einer von den legionnaires sich regen, so wurde er bei dem kopf genommen. Schiller 1099.
β)
früher auch von dingen: also musztu im thun, wiltu das gesetz recht treffen und beim kopf ergreifen ... das du habest die liebe. Luther 6, 35ᵇ, sicher für dich ergreifen, dir sichern; muste ich bedacht sein, die schlüssel darzu (zum schatzgewölbe) beim kopf zu kriegen. Simpl. Kz. 4, 91. 3, 293; ich habe den gelegten thaler selbst beim kopf kriegt. 3, 385. daher beim kopfe haben, sicher erfaszt, 'bei allen vier zipfeln' haben: und bilden sich immer in vorrath ein, ob hätten sie den schatz oben beim kopfe. rockenphilos. 3, 39.
γ)
übrigens hat das erste in ganz eigentlicher bed. auch einen andern zweck: ich hätte ihn gern beim kopfe genommen und geküsst. Göthe 16, 55, gemütlich derber ausbruch des entzückens; dasz er .. sie nicht beim kopf nehmen und weidlich abschmatzen darf. 33, 42; dasz ich Lehnen dafür beim kopf kriegte und ihr auf ihr böses maul einen herzlichen schmatz gab. Bettine briefe 2, 10.
i)
einem den kopf waschen, eig. vom bader, ihn reinigen, daher das sprichwort wer nicht (selbst) kommt dem wird der kopf nicht gewaschen, d. i. 'selbst ist der mann'; dann auch einem mit schlägen, worten oder sonst eine derbe lection geben, wie frz. laver la tête à qu. (auch ital.):
dir wart dein kopf nie tag mit laugen
gewaschen als dein zung mit wein.
Folz in den fastnachtsp. 1211, vgl. kopflauge;
wie diesem tapfern mann der kopf mit so mancher scharfen laug gewaschen sei. Schuppius 262; ich aber hatte mir fest vorgesetzt, dem sergeanten bei erster bequemer gelegenheit den kopf zu waschen. Felsenb. 1, 56; sie haben sich die köpfe in den Niederlanden wacker gewaschen. Lessing; dem setzte aber die alte den kopf zurecht und wusch ihm denselben mit scharfer lauge. Gotthelf Uli 2, 177.
k)
einem den kopf zertreten, zerschmeiszen u. dgl., ihn völlig vernichten, kopf als sitz des lebens, vergl. von der schlange der selb (der mensch) sol dir den kopf zutretten 1 Mos. 3, 15: aber gott wird den kopf seiner feinde zuschmeiszen sampt irem harscheddel. ps. 68, 22 (zuerst übersetzte er wirt das heubt seiner feinde zurknirsen und die schweiz. bibel hat noch haupt); das er must der rechte einige gott sein, der sie auf den kopf tritt und iren hof stürmet, sie uberwindet. Luther 6, 541ᵃ, sie übermächtig niedertritt; denn dis (das wort) ists, das dem teufel den kopf zutritt, das ist sein reich und alle gewalt zustöret. 6, 187ᵃ; wird im (dem teufel) darüber der kopf zutretten .., so darf er .. für spot nicht sorgen. 6, 331ᵃ, nach 1 Mos. 3, 15 (332ᵃ aber das heubt zutretten); wo man dén trost .. von der müncherei wegnimpt, also (nämlich) das man dadurch nícht gerecht werde noch gnade verdiene, so ist ir der kopf abgehawen und ist aus mit ir. 6, 27ᵇ, dann ist sie sicher todt; die schmarotzer .. die der scham und schand den kopf gar abgebissen haben. Kirchhof wendunm. 212ᵃ;
gott wird der feinde kopf vorwar,
den schedel mit dem stolzen haar
unfehlbar dem zerschmeiszen,
dem sünd und laster stets behagt.
Opitz ps. s. 126;
wenn ihr eure sprache lieb habt, so tretet dem schlendrian auf den kopf und richtet euch nach den regeln der vernunft und einfachen schönheit! Bürger vorr. zu den ged. 1778 s. xix; mit dem bloszen bekämpfen der unsitte ists nicht gethan wenn man ihr nicht den kopf zertritt, wird sie immer wieder aufleben.
l)
'auf den kopf' kommt allerlei, wie ein schlag.
α)
vergeltung, strafe: alles ubel der menner Sichem vergalt inen gott auf iren kopf. richter 9, 57, an ihrer eignen person und zwar am sitz des lebens, empfindlich, ebenso im hebr. texte, in der vulg. nur Sichimitis retributum est; der herr hat dem Nabal das ubel auf seinen kopf vergolten. 1 Sam. 25, 39, vulg. reddidit in caput ejus; und der herr im bezale sein blut auf seinen kopf. 1 kön. 2, 32; es (das blut) falle aber auf den kopf Joab. 2 Sam. 3, 29; kere ire schmach auf iren kopf. Nehem. 4, 4; lügen haben wir (mit unserm mönchsgelübde) gelobt und gotteslesterung, oder wie die Deudschen reden, den teufel und das hellische fewer auf unsern kopf haben wir gelobt (durch das gelübde herbeigezogen). Luther 6, 26ᵃ; er (Christus) wird euch euren starrsinn auf den kopf vergelten. Stilling jünglingsj. (1778) 209. ähnlich droht einer, er wolle einem das und das (eine beleidigung u. dgl.) auf den kopf geben, sich dafür empfindlich rächen. daher auch etwas auf seinen kopf nehmen (vergl. sp. 1751 unten): ich nehme die verantwortung auf meinen kopf. Wieland (1857) 22, 138.
β)
anders und doch ähnlich einem etwas auf den kopf zusagen u. dgl., sodasz es ihn gleichsam betäubend trifft wie ein hieb, ihn 'vor den kopf schlägt', dann gleich geradezu, gerade ins gesicht, keck und mit aller bestimmtheit: wenn si (die bösen gedanken) dir mer einfallen, so sprich 'teufel auf dein kopf, die gedanken seind nit mein, si seind dein'. Keisersb. geistl. spinn. (granatapfel 1511) N iijᵇ, 'auf deinen kopf sag ich dirs'; du läugst auf deinen kopf! Abele gerichtsh. 1684 1, 207 cas. 41, eig. 'du lügst, das sage ich dir auf deinen kopf', die kürzung verrät aber dasz die wendung viel gebraucht und schon damals alt sein muszte; jedermann würde es uns auf den kopf zusagen (des verbrechens uns zeihen). Lessing 2, 161, Em. Gal. 4, 1; mein ungenannter hat .. nirgends ihnen den gehalt derselben gerade auf den kopf zugesagt. 10, 193; die ihn (den glauben) einführen wollen, brauchen nur den leuten auf den kopf zuzusagen, ihre väter hätten schon gewuszt. Niebuhr 1, 211; ich will dir nicht auf den kopf widersprechen. Niebuhrs leben 1, 376; aber er (wollte) nichts mit mir, sagte er mir gleich an den kopf heraus. Gotthelf 3, 99.
m)
einem über den kopf kommen, feindlich, überraschend oder mit übermacht: Trier und Pfalz vermuthen eher des himmels einfall, als dasz ich ihnen übern kopf kommen werde. Göthe 8, 126. 42, 164. 402; der antrag kam mir zu schnell übern kopf, ich konnte mich nicht besinnen ebenso übern hals. ähnlich von netz, schlinge: wann sie ihnen (sich) einmahl das netz uber den kopf ziehen lieszen. Fischart bien. 1588 43ᵃ; dagegen den kopf aus der schlinge ziehen, sich rechtzeitig retten (Frisch 1, 536ᶜ): den adel, der sich zuͦ Franzen von Sickingen .. verpflicht, ... aber .. den kopf wider ausz der schlingen zogen hat und sich der füchserei gar nit mer wil annemen. Schades sat. u. pasqu. 2, 60.
n)
auf dem kopfe stehn, gehn u. dgl.
α)
von toll betrunkenen gibt ein witzwort an, sie könnten das: ist einer voll wie ein schwein, dasz er auf dem kopf zu bet gehet. Kirchhof wendunm. 51ᵃ;
der, dem du (Bacchus) steckst im kopfe,
vergiszt der liebespflicht,
er gehet auf dem kopfe
und kennt sich selber nicht.
Opitz 3, 80.
β)
auch höchstes erstaunen wird mit dem witzworte bezeichnet, schweiz. i ha müesze ufm chopf sta Fromm. 2, 482ᵃ, weiter ausgeführt am Mittelrhein, in der Wetterau er stellt sich auf den kopf und verwundert sich mit den beinen (wie sonst mit den armen). daher bei Göthe von einer äuszerung die höchstes erstaunen hervorruft: du stellst uns auf den kopf! 14, 111 (vögel), uns ist es als wären wir auf den kopf gestellt (so verkehrt erscheint uns auf einmal alles).
γ)
ähnlich ist ein im volke beliebter trumpf: und wenn du dich auf den kopf stellst, das thu ich dir nicht zu gefallen; du kannst dich meintwegen auf den kopf stellen, da wird nichts draus; und wenn ihr euch auf den kopf setztet, sollt ihr sie nicht sehen. Weisze; und wenn sich die eltern auch auf den kopf setzten. Dyks kom. theat. 8, 15. sogar auf dem kopfe tanzen, von höchster verkehrtheit oder auszerordentlichster kunst ( Campe), luxemb. op der kopp danzen (kopp ist dort fem., vergl. sp. 1745 e zuletzt) Gangler 249. von dr. Eck heiszt es höhnend, er habe seine niederlage zu Leipzig in Neuburg wieder gut gemacht, do er die groszen kunst fand, dasz er die heuser da selbs mit dem klafter abmessen wolt und understuͦnd sich zuͦ lernen (d. i. lehren) auf dem kopf zuͦ gon. Schades sat. u. pasqu. 2, 153. kloster 10, 318.
δ)
auf den kopf stellen, umkehren, das unterste zu oberst kehren: der consul riskiere, hiesz es, dasz jener wüthende despot ihn und die ganze nation auf den kopf stelle. Göthe 28, 216, vor wut, die unsinnigste rache ausübe, es lehnt sich noch an das vorige an. von dingen: wenn man einerseits in bildlichen träumereien jenseits des grabes sich verlor und darüber den gebrauch dieses lebens vergasz ... man setzte den kegel auf den kopf und wollte ernten statt dasz man säen sollte. Herder zerstr. blätter 6, 228; die meisten groszen stellen noch jetzt die dinge auf den kopf. Klopstock 12, 100;
und so wäre denn die liebe welt
geognostisch auch auf den kopf gestellt.
Göthe 4, 383;
dasz man sogar das abgeleitete phänomen wieder auf den kopf stellte. 52, 85; er stellt immer alles auf den kopf.
alles mag rund um
kopf unten oder oben gehn.
Bürger 4ᵃ.
o)
über den kopf (herauf) kommt uns, was uns beherscht.
α)
einem übern kopf wachsen u. ä., ihn überwachsen, eigentlich und bildlich: mein sohn ist mir schon über den kopf gewachsen (gestiegen), höher gew. als ich, es kann aber auch bedeuten 'mächtiger geworden als ich', hat mehr gewalt über mich als ich über ihn;
und nun sind die gewächse (unsre kinder)
fast all uns übern kopf.
Göthe 1, 127;
wenn wir nicht für so viele leute arbeiteten, wären wir so viel leuten nicht über den kopf gewachsen. 10, 55, geistig; in der schwäche einer überfüllten ruhe erzeugen sich begierden, die ihrer mutter leicht über den kopf wachsen. 8, 13. 42, 13; sie sind die rebellen, die ... täglich ihro majestät nach dem kopf wachsen. 42, 157, ihr über den k. zu w. drohen, auch zu kopfe wachsen Adelung; die schwierigkeiten der lage wachsen ihm nachgerade über den kopf.
β)
ähnlich ist das bild vom wasser: die wellen des unglücks, der angst schlugen ihm über den kopf zusammen, stiegen ihm über den kopf, und du muszt den kopf über wasser halten, dich nicht überwältigen, 'unterkriegen' lassen, halt nur den kopf hübsch oben.
p)
einem etwas über den kopf nehmen, ohne seinem willen etwas thun was ihn nahe berührt, wozu er seinen willen geben müszte, eig. von hinten über seinen kopf weg ihm wegnehmen: aber fähnchen wurden doch dran bevestiget, das nahm er den bauren über den kopf. Siegfr. v. Lindenb. 1790 1, 402 (1784 338); so war die erlaubnis zur reise der sorglichen mutter über den kopf weggenommen. Arnim kronenw. 1, 187; da Lucullus den krieg der regierung über den kopf nehmen wollte. Mommsen röm. gesch. 3, 58; wie jetzt Cato und die seinen, hatten auch Sulla und Lucullus jeden im rechten interesse der regierung gefaszten energischen entschlusz derselben über den kopf nehmen müssen. 3, 337. heimisch ist es im nd.: he hett mi dat övern kopp namen, gegen mein verbot gethan. Dähnert 249ᵇ.
q)
einem etwas oder sich an den kopf werfen, kraftwort für unverlangt anbieten, hingeben (wie franz.):
in dieser gärung schlich mir Daja nach
und warf mir ihr geheimniss an den kopf.
Lessing 2, 339;
ein sächsisches verlaufenes fräulein, das sich ihm an den kopf geworfen. 1, 593; mich solchen leuten wieder an den kopf zu werfen würde mir ganz unmöglich sein. 12, 484; einen Dion, der sich .. einem misvergnügten pöbel an den kopf wirft. Wieland 2, 321 (Agath. 10, 7);
was war das, fräulein nichte? fi! ihr werft euch
ihm an den kopf!
Schiller 349ᵇ.
r)
merkwürdig kopf haben mit einem: wenn ich eins herrn knecht were, und sehe das ein feind auf in liefe mit bloszem schwert, und kund das wehren, stünde aber stille ... würden sie nicht billich sagen, ich were ein .. verrehter und muͤszte gewislich kopf und teil mit dem feinde haben? Luther 3, 148ᵃ, mit ihm verschworen sein; hiezu bedarf ich eines helers, der kop und theil mit mir habe. Mathesius post. 2, 218ᵃ. nach dieser verbindung kopf und theil war vielleicht das bild dahinter schon damals verwischt. vgl. knopf sp. 1477 mitte.
4)
Der kopf in seinem innern leben.
a)
leiblich.
α)
besonders von kranken zuständen allerlei wendungen: sie (die zweifel) machen wol unsern meistern von Löven den kopf krank und sein oft ursach, dʒ sie ein kannen weins mehr müssen trinken .. ja dʒ sie biszweiln einander dʒ haar vom kopf disputiren. Fischart bien. 1588 95ᵇ es stank von tabac dasz einem der kopf dürmelte. Philander 1650 2, 230; der kopf schwindelt, wirbelt, brummt, summt, glüht, brennt mir (zu dem brennen vgl. sp. 1752 unten und das rauchen 1759 unter γ);
nacht wirds vor mir, mir geht der kopf herum.
Göthe 11, 166, wie gr. περιφέρεται;
nun fängt mir an fast selbst der kopf zu schwanken.
12, 125,
Mephisto auf Fausts worte weh mir! ich werde schier verrückt;
mir wird von alle dem so dumm (im kopfe),
als gieng mir ein mühlrad im kopf herum.
12, 96;
der kopf ist mir wüste vom vielen schreiben, treiben und denken. 29, 280; wenn er sein geld ver- und einen sturmen kopf ertrunken. Gotthelf ges. schr. 2, 36.
β)
einen guten kopf dagegen hat z. b., wer frei von schwindel ist: etliche jäger trinken die röht und feiszt (blut und fett, der gemsen) von wegen des guͦten kopfs für den schwindel. Sebitz 570; wie die maurer und zimmerleut, welche auf den brucken (baugerüsten) der hohen gebäw gehen, einen guten kopf haben müssen, damit sie nicht hinunder fallen ... also müssen die jenigen, so den weg der ehren dieser welt wanderen, einen guten kopf und ein gesundes hirn haben .. damit sie nicht hinab zur höllen fallen. Albertinus narrenhatz 124; sein kopf ist gut, rief der gemsjäger David, er schwankt nicht. Schmeller 2, 319, es gilt noch in den Alpen.
γ)
ähnlich von einem schlemmer:
ich bin die nacht heint schier erdürst (von dem gewürz),
und wo nicht end nemen die würst,
die fasnacht sambt den rotsecken,
wird mir mein kopf int (in d') leng nit klecken.
H. Sachs 3, 40ᵇ (1588),
hält m. k. nicht aus, so viel musz ich trinken. nach dem rausche aber glaubt einer sogar zwei köpfe zu haben:
wann er dann (nach ausgeschlaf. rausch) nötigs auf soll stehn,
so dünkt in, seiner köpf sein zwen,
hat sein sinn weder ganz noch halb.
H. Sachs 1, 159 Götz.
b)
ähnlich wirken gedanken und gemütsbewegungen auf den kopf.
α)
er steht dann nicht recht, ist verdreht u. ä.: da dem könig der könig der kopf nicht recht stunde. Olearius pers. ros. 1, 15; ja sie gieng, wenn ihr der kopf nicht recht stand, wol so weit, ihr das arme bischen unterhalt vorzuwerfen. Siegfr. v. Lindenb. 4, 224, wenn sie übler laune war, wo einem 'der kopf verdreht ist'; Cotta, dem der kopf etwas unrecht stehen musz, hat mir .. sieben exemplare weniger eingepackt. Schiller an Göthe 8. dec. 1795; die plötzliche freude hat ihm den kopf verdreht;
kurz sie hat mir den kopf verdreht (mit verliebtheit).
Kotzebue dram. sp. 3, 212;
in frühern zeiten würde ein solches verhältniss mich sehr verwirrt, ja mir vielleicht den kopf verrückt haben. Göthe 19, 308; bilden sie sich ein .. dasz sie einem ganzen hofe mit einer komödie die köpfe umdrehen wollen? Lenz 1, 246;
Gretchen! wo steht dein kopf?
Göthe 12, 199;
die hundertfältigen sachen, die ich gesehen, gehört — ich weisz nicht wo mir der kopf steht. 57, 11, ganz gewöhnlich gesagt, wenn man von etwas 'verwirrt' ist, wie von plötzlicher freude, von angst und sorge, von überhäuften geschäften (Rädlein 557ᵃ); dasz er (vor leidenschaft) zuletzt nicht gewuszt was er thue, nicht, wie er sich ausdrückte, wo er mit dem kopfe hingesollt. Göthe 16, 118. auch lasz mich gehn mit deinen neckereien, mir steht heute der kopf nicht darnach (d. h. dem entsprechend, dazu passend), ich bin nicht dazu aufgelegt.
β)
wie man nun oft von seinem kopfe nicht weisz 'wo er steht', kann man ihn sogar für den augenblick 'verlieren', 'ohne kopf sein', wenn jene eindrücke übermächtig werden (vgl.kopflos): ich wuszte nicht was ich that, ich hatte den kopf verloren, vor schreck, bestürzung u. a.; das ist ohne kopf gehandelt;
Klärchen zuletzt, die jeden so verführt,
dasz er den kopf wie Belgiens held verliert.
Göthe 47, 169;
habt ihr den kopf verloren, nichte?
Schiller 349ᵃ,
hast du deiner und der verhältnisse ganz vergessen, bist du närrisch?; wer wird denn gleich den kopf verlieren!
γ)
der 'verdrehte, verrückte' kopf aber wird, im bilde bleibend, zurecht gesetzt, gerückt: der das gleis verfahren hat und wil sich nicht wieder drein bringen lassen, der ist ein letzkopf (letz schief), dem musz man zuvor den kopf zurecht setzen. Lehmann floril. 1, 101, durch derbe belehrung, schelten, strafen; in vier wochen soll er mir rechnung ablegen, da will ich ihm den kopf schon zu rechte rücken. Gellert (1784) 3, 295, ihn seine beschränktheit, seinen hochmut fühlen lassen; ich wünsche euch mit einander ein paar weiber, die euch die köpfe zurecht setzen. Möser 9, 123; ich will euch die köpfe zurecht setzen! wofür bin ich kaiser? Göthe 42, 99. vgl. das gehn auf dem kopfe 3, n. von einem aber, dessen ansichten und urtheil gesund und tüchtig sind, sagt man im gleichen bilde er hat den kopf auf der rechten stelle.
c)
für wirklichen wahnsinn, der ja in redensarten überhaupt eine grosze rolle spielt, gelten meist dieselben ausdrücke: die liebe hat ihm den kopf verdreht;
nun ist er gar im kopf verrückt!
Schiller 605ᵇ,
daraus gekürzt verrückt, aber verrückt im kopfe ist unter den leuten noch viel gebraucht; bist du nicht gescheidt im kopf? Lenz 1, 91;
hat sich dir was im kopf verschoben?
dich kleidets, wie ein rasender zu toben.
Göthe 12, 144;
bei dem ists im kopfe (im 'oberstübchen') nicht richtig; er hat einen sparren zu viel im kopfe u. a., mit mancherlei abstufungen der höhe der verrücktheit; ich fürchte, mein kopf hält das nicht aus; nervenschwache vermeiden tollhäuser zu besuchen, weil sie für ihren kopf fürchten. Kant 10, 186.
d)
von gedankenarbeit.
α)
man arbeitet mit dem kopfe (vgl. kopfarbeit): der elendeste, der mit seinem kopfe arbeiten soll, auch wenn er sich keines kopfes bewuszt ist. Lessing 12, 300, d. h. den kopf eben nicht hat, vor erschöpfung. dazu viele kraftwendungen.
β)
besonders den kopf brechen oder zerbrechen (vgl. kopfbrechen und den kopf brechen durch schläge 1, c, β): und das man daselbs (in einer guten haushaltung) den kopf, wie man sagt, wol zerprechen musz mit fürsorg und versehung nicht geringer ding. Fischart chr. 527 Sch.; o prediger, zerbrich andern leuten nicht ihre köpf durch lange predigen. Albertinus narrenh. 120; vertragt euch mit einander (gleicht euch aus) wie ihr könt, ich wil mir den kopf nicht darüber zerbrechen. A. Gryphius 1, 888;
was willst du dir den kopf zerbrechen?
Gellert (1784) 1, 128, über etwas unbegreifliches;
es gibt menschen, die .. das wahre fühlen, das gute thun, ohne sich den kopf darüber zu zerbrechen, warum es wahr und gut ist. Wieland 8, 127;
sie brechen sich den kopf? es ist vergebne müh.
Göthe 7, 86;
ohne mir den kopf zu brechen
weisz ich deutlich wie du bist.
56, 99;
was sagt sie uns für unsinn vor?
es wird mir gleich der kopf zerbrechen.
12, 131,
lebendig wird die melodie, über deren todte buchstaben wir uns sonst den kopf zerbrochen haben. 27, 133; nachdem er lange sich den kopf zerbrochen, wie er ... eintheilen ... wollte. 18, 247. früher auch kurz sich brechen so (2, 350). auch zerreiszen: dasz sie mit stetigen sawrsänftigen gedanken den kopf zerrissen und ihr eigene henker solten werden. Lehmann flor. 1, 178.
γ)
ein andres kraftwort läszt den kopf rauchen: ich studierte auf einen (jetzt auf den) doctor los, dasz mir der kopf hätte mögen rauchen. jugend eines reuigen studenten A 4ᵇ;
es lernte Jost ohn unterlasz
dasz ihm der kopf fast rauchte.
Hagedorn 3, 113;
und nun lernen die jungens latein, dasz ihnen der kopf raucht. Lessing 10, 185; mir rauchte der kopf, und ich meinte in der trunknen begeistrung ... Bettine 1, 107. es ist eine ausführung des bildes vom brennenden kopfe (a, α).
δ)
so wird der kopf warm von gedanken, sorgen: mein nachbar hat mir oft den kopf warm genug gemacht. Sturz 1, 248; was mir mein sohn den kopf warm macht (durch sorgen um ihn)! Lessing 1, 363; ich kann euch nicht helfen, macht mir den kopf nicht warm! Hermes Soph. r. 6, 457; macht mir den kopf nicht warm mit eurer erzählung. Göthe 11, 54. auch von aufsteigendem zorne.
ε)
ähnlich toll, kraus u. a.: schon so oft hast du mir den kopf so toll gemacht (mit vorwürfen). Göthe 11, 9; wir haben uns schon die köpfe kraus gedacht. Gotthelf Uli 2, 73 u. ö.
ζ)
beim angestrengten lernen geht es über den kopf, musz der kopf herhalten; daher den kopf dran strecken, tüchtig studieren Steinb. 1, 914: die ihre kindheit und ersten jahre in schulen zubringen und den kopf statlich dran strecken müssen. Schosch studentenl. A 5ᵃ, wie sonst geld u. a.
e)
der kopf wird in der sprache als ein raum behandelt, in dem die wirkenden dinge 'stecken', sich bewegen, aus- und eingehn, 'herumgehn' u. a.
α)
so z. b. wein u. dgl.:
der, dem du (Bacchus) steckst im kopfe.
Opitz 3, 80;
doch wenn das letzte glas zu kopf zu gehn begonnte ...
Wieland Oberon 2, 24,
er soll sich leicht und angenehm wegtrinken, aber doch, ehe man sichs versieht, zu kopfe steigen. Göthe 43, 273; der wein kommt mir leicht in den kopf, oder steigt in den kopf; er hat etwas im kopfe, ein räuschchen (Lichtenberg 3, 73). wöchnerinnen steigt die milch zu kopfe, beim milchfieber.
β)
ebenso dann vorstellungen, gedanken, und gemütsbewegungen die sich an gedanken knüpfen, mit mancherlei wendungen: wenn dir ettwan ain anmuͤtiger gedank einfelt, so laufest du im nach (wie einem schmetterling) ... und machest dir es zuͦ tausent malen hüpscher im kopf dann es an im selbs ist .... sichstu, wenn du es lang also im kopf darafter hast gezogen, so entwüst dir der selb gedank. Keisersberg geistl. spinn. (granatapf.) N 4ᶜ; die geschrift lert dich es nit, du muͦst die kunst im kopf haben. bilg. 127ᵈ; das ein iglicher wil wehnen, es sticke das natürliche recht in seinem kopfe. Luther 6, 141ᵇ, die kenntnis davon; Joannes de Lovanio ... welcher die weisheit von Löven allein in seinem kopf so lang hat bewart, bisz dasz ihm der kopf krank und sinnlos ward. Fischart bienenk. 1588 93ᵃ; ich habe schon meinen brief im kopfe zusammengestellt. Göthe 17, 119; etwas im kopfe ausrechnen, vgl. kopfrechnen. Vorstellungen, die man nicht wieder los wird, stecken im kopfe (sind wie festgesteckt drin): (es) stak im auch noch in dem kopf, daʒ er in het zuͦm prophei (abtritt, dort zu essen) gewisen. Eulensp. hist. 40 s. 60 Lapp., wurde den gedanken und den ärger darüber nicht los; wie so tiefsinnig, herr Damis? was steckt ihnen wieder im kopfe? Lessing 1, 289; Niklas. sie (die bedienten) habens recht bequem, gut essen und trinken und eine aussicht auf ihre alten tage. vater. das stickt dir gewaltig im kopfe. Göthe 11, 102; die einbildung sitzt zu fest in seinem kopfe, die kann niemand herausbringen. auch mit liegen: ain person hat mir ainen widerdriesz (verdrusz) gethon, es liget mir im kopf und kropf. Keisersberg pred. 1508 123ᵇ. mehr verwischt mit haben: du hast doch nichts im kopfe als deine liebe. Göthe 8, 232; und wenn ich was im kopfe habe (was mich quält) ... 16, 30. von wissen: er hat nichts im kopfe, er musz alles aus büchern holen; ein volksm. scherzwort sagt: er hat (nur) bis an den hals studiert, aber in den kopf ist nichts gekommen.
γ)
es werden auch ausdrücklich die dinge selbst genannt statt der vorstellungen oder bilder davon: ein schuhmacher der künd keinen schuh machen, wann er den schuh nit het vor im kopfe stecken. Keisersberg ev. 1517 203ᵃ; er hatte immer fester einen neubau (des hauses) im kopfe. Gotthelf 3, 441; ihnen, meine beste, den kopf noch wüster zu machen mit dingen die ich selbst gerne aus dem kopfe hätte. Lessing 12, 424; wie fest ihr schon das heirathen im kopfe stecken musz. 2, 396. daher auch: schlag dir die heirat aus dem kopfe oder die grille u. dgl. Auch diese grillen sind urspr. als wirklich im kopfe steckend gedacht: grillen, würmer, mucken, hummeln im kopf haben, haver ghiribizzi, mosche in testa, non esser in humore. Rädlein 557ᵃ; er konnte die unselige grille nicht aus dem kopfe kriegen. Wieland 30, 316; beständig war mein kopf voller grillen. Göthe 19, 283. daher vielleicht abgekürzt: lasz ihn jetzt gehn, er hat den kopf voll, voll von grillen, gedanken, sorgen, geschäften, mehr als der raum des kopfes fassen kann, schon bei Keisersberg, s. unter f, ι sp. 1764;
warum ist er so still?
man sieht, ihm ist der kopf so voll.
Göthe 4, 132.
einen leeren kopf aber hat der, der nichts weisz (oder dem der k. wüst ist), der volkswitz jedoch läszt einen solchen stroh, häckerling o. dgl. drin haben, den klugen aber grütze.
δ)
eigen ist es will ihm nicht in kopf (Aler 1224) oder zu kopfe (zu sinne), er sträubt sich es zu glauben, gelten zu lassen, diesz sträuben und der wille ist aber aus dem menschen in das ding verlegt: dem guten herren wolte die rede (erzählung, behauptung) nicht in den kopf. Weise erznarren 90; anziehung (der körper) als grundkraft will uns schwer in den kopf. Kant 8, 496; der leser soll von etwas unwahrem überzeugt werden, das ihm nicht zu kopfe will. Göthe 60, 68; es will mir nicht zu kopfe, milady, dasz eine dame von so viel schönheit und geist ... sich an einen fürsten sollte wegwerfen können. Schiller 190ᵃ. Wenn man sich aber nicht sträubt, sondern das neue (vergeblich) zu fassen sich bemüht, heiszt es: da er allerlei siehet, wie man handelt im paradis ... dessen er nicht verstehen noch in seinen kopf bringen kan. Hayneccius Hans Pfriem A iijᵃ, da wehrt sich gleichsam der kopf selbst dagegen.
ε)
die dinge selbst aber kommen uns in den kopf, d. h. von selber, das bild malt plötzliche einfälle: er (der pabst) mag new gottesdienst und religionen anstellen, bestättigen und bündig machen, wie es ihm in kopf kommet. Fischart bien. 1588 132ᵇ, wies ihm 'einfällt' oder 'einkommt'; ich möchte gar zu gern recht vertraulich, kindisch und selbst ungereimt an sie schreiben dürfen, wie mirs in den kopf käme. Bettine briefe 1, 125 (wie in den sinn). auch von empfindungen: das kam mir in den kopf, dasz er mich so wegjagte wie einen hund oder bettler. Gotthelf 3, 99, 'fuhr mir in die nase', reizte mich; das war denn nun dem groszsultan nicht wenig vor den kopf gefahren. Münchhausens reisen 100 (98), vor für das zu erwartende in nach einer vermischung mit 3, f, äuszerer mit innerer auffassung; er ward bald karminroth, bald leichenblasz, je nachdem ihm das schöne vermächtniss oder die häszliche bedingung zu kopfe trat. Thümmel 6, 71, wie vorhin der wein (e, α).
ζ)
recht sinnlich noch ist das herumgehn im kopfe, fahren durch den k.: es war ihm im kopfe herum gegangen, dasz er sich von seiner untreuen gemahlin solte finden und anschauen lassen. Weise kl. leute 174, man sagt es von gedanken die uns quälend lange heimsuchen, nicht blosz drin 'steckend', sondern sogar arbeitend, rumorend; die einbusze seiner güter, und zwar auf eine so ungerechte art, gieng ihm oft im kopfe herum. Riemer pol. stockf. 238; manchmal geht mir der aufwand wol im kopfe herum. Gellert (1784) 3, 245; ich .. grübelte so über die sache nach. mir ists lang im kopf herumgegangen. Göthe 8, 177. Ebenso gehn oder fahren einem dinge durch den kopf: wenn ich alles gestehen wollte, was mir an diesem schönen tage durch den kopf gieng. Göthe 27, 175; wenn mir ihr unglück nicht manchmal durch den kopf führe .. 10, 54, von gedanken die uns plötzlich kommen, andere gedankenreihen kreuzend. Von willkürlichem überlegen heiszt es daher: vor allen musz er den casum, worüber ein gutdünken (gutachten) begehret wird .. wol einnehmen (erkunden), die rationes dubitandi wol im kopfe herum gehen lassen u. s. w. Hübners zeitungslex. 1727 2, 1389; das werf ich immer im kopf herum, und sorge und denke für dich. Göthe 11, 5
η)
Wie ein gedanke im kopfe fest sitzt (eine idea fixa wie es die philosophie nannte) sagt man '(sich) etwas in den kopf setzen', doch nur von launenhaften unberechtigten gedanken (wünschen, vorsätzen, plänen u. a.), die man eigensinnig festhält: weil man sich (nun einmal) in den kopf gesetzt hat ... Kant 6, 77; was ihm auch beide weiber in den kopf gesetzt haben, wird er es wagen zu äuszern? Lessing 2, 177, falsches eingeredet;
wer war so grausam denn, dir selbst, dir selbst
dergleichen in den kopf zu setzen?
2, 352;
sie setzte sich also in den kopf, an ihrem theil auch die grausame zu machen. Wieland 3, 101; seinen sinnen und dem menschenverstande zu trotz sich ungereimtes zeug in den kopf zu setzen. 8, 79; wo Julie ... sich in den kopf gesetzt hatte, müllerin zu werden. Göthe 21, 141; ich wollte, der pfaffe müszte verstummen und verblinden, der dir solches zeug in den kopf gesetzt hat. 20, 111. Und auch hier wird das ding selbst genannt, wie unter γ sp. 1760:
doch heute hat sie sich das eine bauerweib
so fest in kopf gesetzt.
Göthe 11, 307;
er hat sich das grosze losz in kopf gesetzt, 'glaubt fest, er müsse es bekommen', oder auch 'will es durchaus haben'. milder mit nehmen: freilich hätte eine zeit lang Uli ihr Elisi (ihre tochter) in den kopf genommen. Gotthelf 2, 328, daran gedacht sie zu freien. Früher übrigens auch ohne die nebenbed. des eigensinns, vom reinen denken: man setze sich auch im denken kein ander bild in den kopf, als die sache selbst, davon die rede ist (nicht die reden andrer darüber). Gottsched ausf. redekunst 1759 s. 363, wie es vorher heiszt: aber wenn man die feder ansetzet, dann musz man alle andere bücher der guten stilisten bei seite legen, und alles aus seinem kopfe schreiben. 361, aus eigner erfindung, vgl. unter g (sp. 1674).
θ)
man nimmt nämlich auch dinge aus dem kopfe, aus dem gedankenvorrate oder der gedankenquelle darin: den einfall hast du nicht aus deinem kopfe (auch er kommt nicht aus deinem kopfe); ich möchte wol hören, was sie aus ihrem kopfe antworten würden, wenn man sie fragte u. s. w. Lessing 7, 337, aus ihren begriffen; wenn die leute .. das nicht aus ihrem kopfe erfinden. Immerm. Münchh. 4, 146; daher ausm kopf wissen Ludwig 1056, 'auswendig', man nimmts ja aus dem kopfe (vgl. unter g).
aus ihrem heiszen kopfe nimmt sie (die jugend) keck
der dinge masz, die nur sich selber richten.
Schiller 368ᵃ.
ι)
die dichter führen diese bildlichkeit noch weiter aus, z. b.:
ich liesz euch bis zu ende reden. anders,
begreif ich wol, als sonst in menschenköpfen,
malt sich in diesem kopf die welt.
Schiller 280ᵃ;
er schaut, studiert und kann nicht ruhn,
bis es im kopfe reift.
Göthe 4, 133.
f)
in vielen redensarten gilt daher kopf, wie sonst sinn, als das ganze der gedanken, ansichten, gesinnung, bestrebungen, neigungen, willensrichtungen eines menschen, 'kopf sinn, meinung, humör' (d. h. stimmung) Rädlein 556ᵇ. vgl. so viel köpfe so viel sinne sp. 1752 (β).
α)
früher auch in gutem oder gleichgültigem sinne: du bist mit dem leib im closter, und steckest mit dem kopf in der welt. Keisersberg has im pf. a 3ᵈ (vorher stoszest den kopf härausz in die welt und an weltliche ding); der seinem kopf nachgat, homo sui arbitrii. Maaler 249ᵃ; suͦcht im (sich) anderswo guͦt gsellschaft, so seines gefallens und kopfs waren. Wickram rollw. 95, 3 (Uhland volksl. 620), von seiner denkweise, lebensanschauung; er hat seines vaters kopf, ingenium patris habet. Steinbach 1, 914; er hat meinen kopf, he is a man of my humour. Ludwig 1056;
drumb huͤt dich, komm in kein geschrei (gerede),
die köpf die sind gar mancherlei.
Scheit grob. M 2ᵃ;
vgl. das sprichwort es ist schwer viele köpfe unter einen hut zu bringen; wer wil alle köpf under einen hut bringen? Aler 1223ᵃ, indem kopf plötzlich wieder ganz sinnlich, äuszerlich genommen wird, wie franz. deux têtes dans un bonnet, zwei leute die ganz einig sind.
ihr knechte (kriegskn.), die ihr wol gerüst
den obristen gehorsam müst
und eüch von ihnen in der fahn (regiment)
nach ihrem kopf regieren lahn.
Philander 1650 2, 786.
gleich darauf heiszt es dagegen:
ein ungehorsam tropf,
der alles thut nach seinem kopf.
β)
besonders von diesem eignen kopf u. ä. ist viel die rede, eigensinn u. ä.: wer gottes gebot helt, der folget seinem eigen kopf nicht. Sirach 21, 12;
wer eignes kopfs sich bruchen will,
der selb zertrennen understat (unternimmt)
den rock gar oft, der do ist on nat (machts verkehrt).
Brant 36, 26;
ach guter narr, was zeichstu (tadelst) gott,
dasz er de m kopf nach wittern sott (wetter machen sollte).
ders. s. 155ᵇ;
ist das nu nicht ein mutwilliger frevel ... das jemand thar sagen .... und thut das on grund der schrift, aus eignem kopf? Luther 3, 70ᵇ; er sagt ein blosz nackt ammechtig wort daher aus seinem kopf on allen grund. 82ᵇ; ist es nicht ein grosze vermessenheit von inen, das sie so thurstig (dreist) einherfaren und alles mit dem kopf hinaus wollen füren, gleich als solt inen gott weichen? 2, 407ᵇ, bemerkenswert bloszes kopf so; er (gott) hat darumb disz volk mit seinem gesatz geeert, das si nit nach irem fleischlichen kopf fuͤren. Frank weltb. 179ᵇ; wenn die geschäftsleute in ansehung der ... gegebenen verordnung für ihren kopf änderungen machen wollten. Kant 1, 231; es ist nicht gut wenn man sich gewöhnt alles nach seinem kopfe erzwingen zu wollen. Gotthelf 3, 61; wenn die andern auch ihr recht haben, ihrem kopf nachfahren oder anderer leute räthen. das. (wie vorhin nach seinem k. faren), hier doch noch ohne üblen sinn, wie bei Maaler u. α der seinem kopf nachgat.
γ)
daher seines (eignen) kopfs sein, sich nur nach seinen ansichten oder wünschen richten: jedoch wolte er in dieser groszwichtigen sach nicht gern seines kopfs sein, sondern were begierig anderer meinung auch zuͦ hören. Lauterbeck, übers. v. Melanchth. orat. von h. Friderichen (Frkf. a. M. 1563) 18; es war vor zeiten ein fuhrmann Hans Pfriem genant, ein seltzam alter kunde, der seines kopfs war, meinte jederman müste sich nach im richten, er sich aber nach niemand. Hayneccius Hans Pfriem (1582) vorr. A ijᵇ. jetzt heiszt das er hat seinen eignen kopf oder gewöhnlich seinen kopf für sich: in ansehung des angenehmen läszt man jeglichen seinen kopf für sich haben. Kant 7, 56. auch ganz kurz kopf (das übrige wird durch betonung ergänzt): graf. nicht alle charakter schicken sich zusammen. baronin. ich kann mich in die ganze welt schicken. graf. wenn sie wollen! aber sie haben einen kopf, cousinchen, einen kopf! baronin. o, sie haben den ihrigen so gut als ich. Gotter Jeannette 1, 4. doch wirklich auch kurzweg er hat einen kopf (der sein gehört wird auch hinzugesetzt) Schm. 2, 318, wie nd. he heft enen kop, frz. il a de la tête; vgl. köpfchen so. s. auch den kopf machen sp. 1753 unten.
δ)
daher wieder mancherlei wendungen: er will nur immer seinen kopf durchsetzen; was denn? hast du schon wieder deinen kopf geändert? Lenz 1, 138; es ist hohe zeit, dasz dem buben der kopf gebrochen wird! Wieland 15, 160, sein trotz gebeugt, die redensart schon bei Schönsleder f 7ᵃ, animum vincere, flectere judicium; einer der ein böses weib hat, und kennt sie, weisz sich in iren kopf zu richten. Fischart ehz. 564 Sch.;
wo man jung leut zusam thut gnoszen (vereinen),
müssens die hörner wol abstoszen,
eh sich eins richt ins andern kopf,
so tröstet eine mutter ihre tochter in unglücklicher ehe, diese aber
sprach 'er ist der seltzamst tropf,
ich kan mich nach seim kopf nit richten'.
H. Sachs 1, 444ᵇ (333ᶜ 1590),
nicht in seine art finden, mit ihm überein kommen; das bezeichnet derselbe auch so, ganz sinnlich gefaszt, von jungen eheleuten, die nach den flitterwochen
einander in dem haus umbjagen,
bisz sie die hörner wol abstoszen
und sie ainig zusamb genoszen
und baid köpf richten (1590 stoszen) in einander,
friedlich zu leben baide sander.
H. Sachs 1, 519ᵃ (1590 388ᵈ).
ε)
wer aber von seinem kopf nicht abzubringen ist, von dem heiszt es: es half keine vermanung .. er blib auf seinem kopf verharrend. Frank chronica 1536 202ᵇ; du seiest ein fromer man, weil du nicht auf deinem kopf stehest (stehn bleibest) ... sondern bekerest dich zur liebe. Luther 6, 38ᵇ; der hartneckig bleibt auf seinem kopf. Lehman flor. 1, 103; Arius und seine philosophen blieben auf ihren köpfen, und nur zwei der letztern wurden für die orthodoxie gewonnen. Lessing 10, 250; alles zureden und vorstellen half nichts, ihn von seinem thörichten vorsatz abzubringen, er bestand auf seinem kopfe. auch so: ihren kopf läszt sie sich nicht nehmen. Gotter die erbschleicher 220.
ζ)
diesem entspricht denn auf seinen kopf kommen, auf seinen eigensinn oder auf eine fixe idee verfallen, trotzig werden: wenn er einmal auf seinen kopf kommt, ist nichts mit ihm zu machen;
komm ich auf meinen kopf, ich kenne meinen sinn,
so treib ich wie Damoet auf andre fluren hin.
Rost vers. von schäferged. 1744 s. 87.
da stellt sich denn aber die vorstellung ein, dasz dieser kopf etwas für sich, vom menschen getrennt sei, da er ihn doch nicht immer auf hat.
η)
daher ganz sinnlich 'seinen kopf (sp. 1762 fin.) aufsetzen': wenn er einmal seinen kopf aufsetzt, ist alles zureden umsonst. dasz das ganz ernstlich so vorgestellt wurde (im humor des zornes), zeigt deutlich: einen andern kopf aufsetzen, changer d'humeur Rädlein 557ᵃ; ich müste den kopf kurz aufgesetzt haben, wen ich bös solte werden (über eine kleinigkeit). Elis. Ch. v. Orleans briefe 1867 s. 461, kurz, d. i. zu kurz, so dasz die gute stimmung nicht weit reicht. die vorstellung wird noch älter sein als das 16. jh.: wir haben gottes gebot von der freiheit, darumb welcher uns dieselbe wehren oder nemen wil, wider den müssen wir den kopf aufsetzen, denn diese sind nicht bruͤder, sondern widersacher. Luther 2, 461ᵇ (1555 457ᵃ), das greift aber zugleich über in den gebrauch 3, d und b, mit dem sich dieser überhaupt berührt, kopf als mittel des angriffs, es ist wie den helm aufsetzen (der ja den kopf vertrat); weil herzog Georg seinen kopf aufsetzt, ist mein sorge, er thue wie diabolus incarnatus. 4, 315ᵃ (1556 337ᵃ); haben den kopf aufgesetzt, wollens nicht leiden, und mit den hörnern wider disen herrn laufen. 8, 266ᵇ, deutlich als gehörnter kopf gedacht, zum angriff, wie ein bock; (eine fromme frau) die iren kopf nimmer aufsez. Fischart ehz. 543 Sch.; man findet aber verkehrte weiber und männer (in der ehe), die .. iren kopf aufsetzen, inen ir weise allein lassen gefallen. 550; wenn mich euer gnaden für einen solchen schwätzer ansieht, erwiederte Pedrillo, so hätte ich gute lust, dasz ich meinen kopf auch setzte (so) und ihnen ... nichts sagte. Wieland 12, 333, Sylvio v. Ros. 1772 2, 392.
θ)
ein solcher trotziger hat einen harten kopf (schädel): die kinder, zu welchen ich dich sende, haben harte köpfe und verstockte herzen. Ezech. 2, 4, in der vulg. anders, dura facie et indomabili corde sunt;
doch hat er einen harten kopf,
der widerwärtge sauertopf.
Göthe 41, 160.
ebenso er hat einen dicken kopf oder einen von eisen, auf den kein einflusz zu üben ist, der nicht nachgibt; s. auch das blosze kopf so sp. 1763. einen dicken kopf hat aber auch der dumme, der stolze, einbildische, zornige (vgl. dickkopf). dazu hartkopf, dickkopf, eisenkopf u. a., vgl. auch 5.
ι)
auch groszer kopf gilt ähnlich: er (der zornige) wirt zum andern entschickt (entstellt), dʒ er anfacht innwendig ain bläen und geschwollenhait enpfinden, dʒ im der kopf darvon grosz würt, also dʒ er gedenkt und hat den kopf vol in vil weg, wie er sich rechen müg. Keisersberg siben schwerter (granatapf.). f 5ᵇ, wie herz und brust schwellen von empfindungen, das bild ist aufs feinste der wirklichen körperlichen empfindung abgelauscht;
so macht si gar ain groszen kopf (ist und thut stolz),
als hab si nun ains maiers hof.
Uhland volksl. 706;
dem narren den kopf grosz machen, fatuum magis infatuare. Denzler 1, 261ᵃ; so machte er Uli den kopf grosz (durch rühmen seiner trefflichkeit). Gotthelf ges. schr. 2, 45; wurde .. dem Uli der kopf alle tage gröszer gemacht. das.; fast allemal wenn ein dienstbote fortgeht (aus dem dienste), so kommt er mit einem groszen kopfe heim, sie machen sich die köpfe gegenseitig grosz wie backöfen. 2, 76.
g)
zu e ist zu bemerken, dasz besonders fürs gedächtnis kopf gesetzt wird: ich habe die namen im kopfe, du brauchst mir sie nicht aufzuschreiben; was man nicht im kopfe hat, musz man in den beinen haben. Simrock spr. 5853, wer viel vergiszt (aufträge u. dgl.) musz es mit laufen wieder gut machen; derhalben haltet in ehren solchen Xerxischen kopf, der alle seine kriegsleut im ganzen heer von 100000 wuszt mit iren besonderen namen zunennen. Garg. 63ᵃ (Sch. 104); mein kopf wird schwach, ich kann keine namen mehr merken; etwas aus dem kopfe hersagen, auswendig; aus dem kopfe wissen, können; er hat den kopf voll anecdoten; hernach lebte .. in Italien ein pedant, der hatte den kopf von den trauerspielen der Griechen und seiner landesleute des sechszehnten seculi voll. Lessing 7, 145. auch aus dem kopfe zeichnen, ohne vorlage. Adelung.
h)
endlich vom verhältnis von kopf und herz.
α)
sehr beachtenswert ist, wie im vorigen vielfach auch gemütsbewegungen und zustände, besonders die von kummer, zorn, trotz, stolz, in den kopf verlegt werden, ganz wie gedanken, denken in der sprache des lebens hundertfach vielmehr gemütsvorgänge bezeichnen. ebenso ward früher umgekehrt auch das blosze denken in das herz verlegt, wie noch auswendig wissen engl. heiszt to know by heart, frz. par coeur, ahd. herzlîcho (s. 1, 1015). wenn vorhin Ez. 2, 4 harte köpfe und verstockte herzen beisammen steht, so meinte Luther damit keine genaue scheidung, beides ist ihm eigentlich eins.
β)
zwar wird natürlich kopf auch früher schon vom bloszen denken gebraucht, wie herz vom gemüt. ein kluger hat einen klugen, scharfen, geschwinden, anschlägigen, feinen, schlauen kopf u. dgl.:
sie hond subtile köpf und sinn
und haben seltzam händel drin.
Scheit grob. H 2ᵇ;
hunger macht scharpfe köpf. Frank spr. 2, 192ᵇ; man nennet diese gabe sonst einen hurtigen und fähigen, auch wol einen aufgeweckten und muntern kopf. Gottsched redek. 1759 s. 95; guter kopf zum lernen. Schönsl. f 6ᵈ, böser kopf, in den nichts hinein kan f 7ᵃ, der knabe hat einen offnen oder guten kopf, lernt gut, oder auch denkt gut; er zeichnet sich durch einen klaren kopf aus. die aufklärungsperiode wird von zeitgenossen so bezeichnet: es webt und regt sich jetzt mehr in allen menschlichen köpfen als sonst. Engel philosoph f. d. w. (1775) 1, 23, mit denken; allgemeine gährung der köpfe, kampf der vorurtheile mit der vernunft. Schiller 761ᵃ.
γ)
es heiszt auch kurz er hat kopf, selbst viel kopf u. ä.:
Capito hat kopfs genug, wenig aber hat er sinnen,
wie ein monkopf lauter schlaf, sonsten hat er nichts darinnen.
Logau 2, 10, 11,
das spielt mit der leiblichen und geistigen bed., lat. capito ein groszkopf; Peter Squenz. ei nein! mons. Pickelhering musz ein hauptperson agiren. Pickelh. habe ich denn kopf genug zu einer hauptperson? A. Gryphius P. Squenz 1663 s. 4, grütze, witz genug; einer unsrer lauen mitbürger, aber der weder macht noch kopfs genug hat, ein Mäcen zu sein. Klopstock 12, 54; ich würde es weiter gebracht haben (im zeichnen), wenn mein meister (lehrer, franz.) kopf und kenntnisse gehabt hätte, er hatte aber nur hände und übung. Göthe 19, 270; wohlan! ich will kopf für euch alle haben! Gotter die erbschleicher 188; oder überhaupt einen kopf (in so fern witz darein gehört) oder irgend ein talent zu haben. Wieland 13, 10; hexereien? braucht keiner hexereien — kopf muszt du haben! Schiller 118ᵃ, geist, talent;
nachzuahmen
erniedrigt einen mann von kopf.
Schiller 278ᵃ, homme d'esprit.
δ)
aber die scharfe scheidung von kopf und herz, wie geist und herz, die uns jetzt geläufig ist, stammt erst aus dem 18. jh., und auch wo beide nicht beisammen sind, steht kopf häufig unter dem einflusz dieser scheidung: seit ich die kraft der worte στηθος und πραπιδες fühle (aus Pindar, Homer), ist mir in mir selbst eine neue welt aufgegangen. armer (moderner) mensch, an dem der kopf alles ist! Göthe, aus Herders nachlasz 1, 37, vom juli 1772 (er hatte es wol eben von Herder), 'alles ist', d. h. auch in das gemütsleben sich mischt, auch die empfindungen mit besorgen musz oder soll. um dieselbe zeit kommen denn, dieser entdeckung entsprechend, herz, brust, busen fleiszig in gang (besonders eben bei Göthe): was sie (mad. Hensel) sagt, hat sie nicht gelernt, es kömmt aus ihrem eignen kopfe, aus ihrem eignen herzen. Lessing 7, 90; läuft der kopf mit dem herzen fort. Wieland 22, 79; das herz geht ihm leicht mit dem kopfe durch, die empfindung reiszt ihn fort, indem sie das urtheil unterdrückt;
ha, bravo! du trägst ...
das herz wie den kopf auf der richtigsten stelle.
Bürger 67ᵇ;
bringt er (Jacobi) ... betrachtungen bei als die früchte seines forschens nach wahrheit, voll kopf und herz. Claudius 5, 176, voll klarheit und wärme; es freut mich jedesmahl in die seele, wenn ich von einem menschen höre, der bei einer leidenschaft (liebe) den kopf immer noch oben behält und braut und bräutigam für etwas bessers vergessen kann. 3, 65, zugleich nach dem sprichw. aus Simrock unter 2, g (sp. 1752);
weisz dieser kopf, was dieses herz beschwert?
Schiller 261ᵇ;
er verbindet einen gesunden kopf mit einem vortrefflichen herzen. 640ᵇ; auf welchem andern strich der erde hat der kopf die herzen in gluth gesetzt und die wahrheit den arm der tapfern bewaffnet (als im 16. jh., in den reformationskämpfen). 1032ᵃ; nicht genug also, dasz alle aufklärung des verstandes nur insofern achtung verdient, als sie auf den charakter zurückflieszt. sie geht auch gewissermaszen von dem charakter aus, weil der weg zu dem kopf durch das herz musz geöffnet werden. 1158ᵃ. es erschien damals eine zeitschrift Urania für kopf und herz, her. v. J. L. Ewald, Hann. 1794—96. Dazu dann kalter, warmer kopf u. a.:
ihr finsterling', im herzen
eiskalt, im kopfe warm!
Voss (1825) 4, 66, die anschwärzer;
mylord Seymour .. dessen kalter kopf jeder art von täuschung unzugänglich war. Schiller 735ᵃ; der eine frevelhafte oder gute handlung mit gleich kaltem sinn ausführt ... der, um durch nichts gestört zu werden, immer nur aus dem kopfe handelt! Klinger 11, 206.
5)
Endlich kopf vom ganzen menschen, gewöhnlich mit adjectiven; da ist der haupttheil für das ganze gesetzt (vgl. das zählen nach köpfen 2, h), wie ähnlich maul, herz, seele, geist, doch ausgedehnter als diese. ebenso früher schädel, z. b. mhd. ein alter schedel, ein alter kerl Berth. 413, 36. 416, 34. 486, 26.
a)
weniger leiblich. wer z. b. einen dicken kopf hat, heiszt selbst ein dickkopf, wie plattfusz u. dgl.; ebenso groszkopf, spitzkopf, kahlkopf, graukopf, weiszkopf, schwarzkopf, lockenkopf, wollkopf.
b)
bildlich, von rang und stellung, die groszen köpfe, wie jetzt 'häupter', von den oberen des klerus:
merk, dweil beichthören ist ein bschwerd,
mit kleinem lon, eins pfennigs wert,
hand dgroszen köpf die von sich gschalten (gestoszen).
Schades sat. u. pasqu. 2, 218;
kein groszen kopf nie hast gesehen,
den man dér masz hab umb gefuͤrt.
228, vornehmen herrn;
und so das grosz köpf thuͦnd, so volgen die andern mindern pfaffen all hernach. 3, 65.
c)
öfter von gemüt und sinnesart: du stolzer kopf. Scheit grob. B 2; wie denn newlich der grobe kopf von Leipzig .. auch gethan hat. Luther 4, 319ᵇ; lieber gott, wil denn der tolle kopf (herz. Georg) nicht einmal aufhören? 4, 337ᵃ (1556); wie man denn wilde kopfe findet, die aus lauter bosheit nicht können etwas gemeines oder gleichs tragen, sondern ungleich und eigensinnig sein ist ir herz und leben. 343ᵃ (man bemerke kopf: herz, und den pl. ohne umlaut); das Christus unser herr keinen stolzen eigensinnigen kopf in seinem reich leiden wil. 6, 108ᵇ; die weltkinder und geschwinde köpfe, die ir datum allein auf disz zeitlich leben gesetzet. Mathesius Sar. 8ᵇ; dieser veränderliche kopf, der bischof von Münster. Happel kriegsroman 1, 500; die sach an sich selbst .. könne leicht beigelegt werden, wann nur die beide harte köpf könten zur sanftmuth bewogen werden. Schuppius 270; eiserne köpf, welche etwas ausstehen, vertragen und das jenige, was sie gefasset haben, behalten können. 597 (zugleich zu d); die Engellander seind falsche und wunderliche köpfe. Elis. Ch. v. Orl. (1867) 282; gezwungene köpf thun selten gut. Aler 1224ᵇ; er ist ein hitziger kopf (jetzt hitzkopf). Ludwig 1054, ein herrschsüchtiger kopf 1055; ein lustiger kopf, festivum caput, ein schelmischer, sceleratus homo, unruhiger, turbulentus. Frisch 1, 537ᵃ;
ob ich, mein fürst, ob dieser heisze kopf (Tasso)
den streit zuerst begonnen?
Göthe 9, 161;
auch scheint mein bruder
ein harter kopf zu sein.
10, 214;
hatte ich endlich diese stadt von den schlimmsten köpfen gereinigt. Schiller 850ᵃ, aufrührerische.
d)
von geist und denkkraft: dise wolthat, dasz .. vil künstliche (erfinderische) köpf dem bergwerk mit irer erfindung .. dienen. Math. Sar. 145ᵃ; vil hend machen leichte werk (arbeit) sagt man, aber feine köpf machen auch leichte werk. 145ᵇ; stellt alle dise kluge köpf zusammen, und secht wer der feinste unter ihnen ist. Fischart bienenk. 1588 92ᵇ; Albrecht Durer, ein hoher kopf .. hat sich viel bekümmert mit der versehung, predestination, wie die scharpfen köpfe dann pflegen. Agricola sprichw. nr. 379 auslegung; so lange das spiel währet, musz einer der kein thor oder unrichtiger kopf heiszen will, nichts reden als was das spiel betrift. natürl. zauberbuch Nürnb. 1763 s. 233; es gehören gelehrte, geschickte und ganz besondere köpfe zu den chiromantischen wissenschaften. Gellert (1784) 3, 400; der welcher nicht selbst denken, wenngleich viel lernen kann, wird ein beschränkter kopf genannt. Kant 10, 135; die forschenden köpfe. 6, 16; so ein groszer kopf (wie Newton) auch erforderlich war, dergleichen zu erfinden. 7, 170; so denkt .. der freie offene kopf, der die schranken der menschheit .. ein wenig näher kennt. Lessing 10, 52; es war ein selbstdenkender kopf. 217; ein philosophischer kopf ist ja noch lange kein philosoph, ein philosophischer kopf gehört zu einem philosophen. 11, 462; da er einer der besten köpfe seiner zeit war. Wieland 3, 18; so bescheiden als ob er kein groszer kopf wäre. 19, 298; die denkenden köpfe. Göthe 33, 13; er war nichts mehr als ein bel esprit, ein brauchbarer kopf. 12; der junge mensch war ein guter kopf. 24, 285; da ich das glück habe, dasz die besten köpfe in Spanien mit mir zusammenhängen. 10, 66; den grafen C. ... einen weiten groszen kopf und der deswegen nicht kalt ist, weil er viel übersieht. 16, 93; gute, tüchtige, kühne köpfe putzen durch wahrscheinlichkeiten sich eine solche meinung heraus. 51, 183; bald sah er sich mit den hellsten köpfen ... in verbindung. Schiller 734ᵃ; dasz ihr herr zum groszen kopfe geworden war. 735ᵇ;
wenn solche köpfe feiern (wie Posa),
wie viel verlust für meinen staat!
277ᵇ.
e)
einzeln selbst kopf schlechthin für talent, genie: man nennt den, der diese vermögen (des verstandes) in vorzüglichem grade besitzt, einen kopf. Kant 10, 134; herr Firmin .. ist ein mann, wie man sich ihn für das bureau eigentlich wünscht, wenn auch eben kein kopf, doch ein geschickter arbeiter. Schiller 633ᵇ; vgl. halbkopf, unkopf (Zimmerm. eins. 3, 276), schweiz. ein hauptkopf, genie; bair. aber ein kopf, trotzkopf, starrkopf.
f)
dazu dickkopf (nach c. d), dummkopf, schwachkopf, schlaukopf, hohlkopf, flachkopf, starrkopf, tollkopf, hitzkopf, brausekopf, strudelkopf, rappelkopf, schwindelkopf, querkopf, streitkopf, trotzkopf, wirrkopf, windkopf, ferner narrenkopf, kindskopf, kalbskopf, gänsekopf, schafkopf, büffelskopf (Stieler 1012), rabenkopf, mauskopf, strohkopf, distelkopf, knoblauchskopf, kabiszkopf, steinkopf (Abele gerichtsh. 2, 137), dalkenkopf (Abele unordn. 2, 61. gerichtsh. 2, 90) u. s. w., besonders reichlich unterm volke.
B.
In übertragner bedeutung.
1)
kopf für kopfhaar, schopf u. ä.
a)
so mhd., in den Mariengrüszen:
diu (dîn?) wâre minne ûʒ dînem kopfe
drîe strenen gegen uns vlihtet,
der stric uns ze himel ribtet.
Haupt 8, 279,
d. h. deine (der Maria) liebe flicht aus deinem haupthaar drei strähne zu uns hernieder, deren verstrickung (zum zopf) uns zum himmel den weg weist: der zopf als bild der festen verknüpfung und zugleich der dreieinigkeit, wie bei Konrad MS. 2, 199ᵇ (vgl. mhd. wb. 3, 947ᵃ, 30), s. W. Grimm gold. schmiede xxx, 10, Kolm. meist. 117, 20 (s. 476). Ebenso in mehrern vocab. des 15. jh. für cirrus kopph, mitteld. ein kop, krul (lockicht) coppe Dief. 123ᵇ, während andere das. zopf, harschopf geben.
b)
noch jetzt ist es ähnlich, wenn man rund geschnittenes haar einen Tituskopf nennt, ebenso Schwedenkopf: jene wunderbaren haargebilde (perücken), welche die welt längst über Schwedenkopf und naturscheitel vergessen zu haben schien. Immermann Münchh. 1, 25. so nannte man im 18. jh. den künstlichen aufsatz der damen auch kurz kopf, z. b. 'einer damen den kopf aufsetzen' Ludwig 1056, Rädlein 557ᵃ. der übergang liegt zu nahe (vgl. kol 2, c. d), er ist wie bei kinn (2, d) für kinnbart und umgekehrt bart für kinn (sp. 777). ebenso galt altfrz. chief auch für das kopfhaar (Haupt 10, 411, 1481), wie jetzt tête, z. b. il a une belle tête (chevelure), und umgekehrt mnl. top, eig. zopf (s. Dief. s. v. cirrus) für den kopf selbst:
Valentîn de nam den cop (becher)
unde slûch den ênen in den top,
dat he in dûsent stukken brak.
Namelos u. Valentin 1321.
findet sich doch selbst mhd. hirnschopf für hirnkopf hirnschale (s. I, c) in einer hs. von Strickers Karl 7103, ja schopf allein für kopf, schädel (vgl. wb. 3, 169ᵇ):
wer hât dir den schopf verhouwen ûf den zant (bis auf die zähne)?
MSH. 3, 266ᵇ.
c)
damit berührt sich dann kopf für baumgruppe u. ä.: bair. kopf, feldkopf, kleines waldort, einzelnes gebüsch, gehölz im freien felde, filzkopf, mooskopf ein strauch von nadelholz auf moorgrund (köpflein kleine insel im flusz, wol mit gebüsch, vgl. kaupe 4), s. Schm. 2, 318; das heiszt bair. gerade auch schopf und könnte so einfache übertragung vom vorigen sein. auch nd. kop baumgruppe, besonders wenn sie einen vorsprung bilden (vgl. 6), en kop wîen eine gruppe weiden Schambach 109ᵃ, wie aufgefaszt unter dem bilde eines 'haarbüschels, worin busch umgekehrt auf die kopfhaare übertragen ist (s. 2, 559). aus der Augsburger gegend gibt aber Birlinger 287ᵇ kopf als häufigen waldnamen, z. b. Ablaszkopf, Forrenkopf (forre föhre), Brunnenbachkopf, Kapuzinerkopf, was doch über Schmellers angabe hinaus geht.
d)
dasz aber das alles erst aus kopf haupt, schädel und damit aus kopf trinkschale entstanden sei, will doch nicht einleuchten, zumal das kopf gleich kopfhaar u. b dafür zu wenig ausgedehnt erscheint. es zeigt sich schon hier, wie unter dem folg., berührung mit koppe (kuppe), s. bes. koppe 2 und köpficht 3 von einer henne mit kopfbusch; engl. ist cop, cophead der federschopf auf dem kopfe von vögeln. merkwürdig ist aber auch der anklang von kopf und schopf, der immer einen tieferen grund haben könnte (vgl. das vorige kopf a. e.), während schopf wieder mit zopf ähnlichen anklang hat; der flachszopf, die flachskaute, wird auch als flachskopf angegeben.
2)
kopf von bergen.
a)
kopf, das obere von einem berg, vertex. Frisch 1, 537ᵃ: bald rund, bald spitz, bald bewachsen, bald nackt, sind die firsten der felsen, wo oft noch oben drüber ein einzelner kopf kahl und kühn herüber sieht. Göthe 16, 222, aus der Schweiz. auf dem Thüringer walde nennen die leute jede hervorragende bergkuppe einen kopf, man erhält oft die antwort 'ich weisz nicht was das für ein kopf ist'. daher eine menge bergnamen, wie in den bair.-östr. Alpen der Groszkopf, Hochkopf, Schwarzkopf, Angerkopf, Dreisesselkopf, Brunnenkopf, Adlerkopf, Hennenkopf, Rosskopf, Hirschkopf, Geierkopf, Biberkopf, Katzenkopf, Muttkopf, Mitterkopf; ebenso in mitteld. gebirgen, wie der Ochsenkopf auf dem Fichtelgebirge, der Schneekopf auf dem Thüringer walde, der Ederkopf im Rheinlande, der Osterkopf in Waldeck, im Elsasz bei Sulzmatt ein Sonnenköpfle oder Sonnenberg (Wolfs zeitschr. für myth. 1, 404). auch nd. kop bergkuppe oder vorsprung Schamb. 109ᵃ, selbst ags. copp, altengl. the coppis of hillis, sg. cop of the hille Stratm. 119.
b)
man versteht diesz kopf als berghaupt, wie der Ochsenkopf, Hennenkopf u. a. vorhin deutlich zeigen. so stimmen benennungen der bergtheile, der bodenbildung überhaupt vielfach mit denen von körpertheilen zusammen, z. b. in bergrücken, fusz des berges, scheitel, vgl.'thalsohle', ader, mhd. hals hügelrücken, vgl. lat. collum hals mit collis hügel, ferner mhd. tunne schläfe und hügel (RA. 801), westf. nüekel augenknochen und hügel (Kuhns zeitschr. 2, 98), ganz wie gr. ὀφρύς und lat. supercilium augbraue und anhöhe, ahd. nol scheitel und berg, und wenn eine solche übertragung von kopf am ersten sich darbot, so gilt schweiz. grind, kraftwort für kopf, ausdrücklich auch als bergname, s. Stald. 1, 481. das kann in seinem letzten grunde bis auf die älteste kindliche vermenschlichung der berge und der erde zurückreichen (vgl. rechtsalt. 541), das 'berghaupt' gehörte vielleicht urspr. dem gedachten bergriesen und trug denn auch haar im walde, wenn nicht der 'scheitel kahl' war.
c)
dennoch musz auch hier zweifel sein, ob gerade in kopf nichts als kopf haupt (und damit kopf trinkschale) vorliege. vor allem drängt sich koppe, kuppe auf, die die bed. caput nicht haben und zu andrer verwandtschaft neigen. im westl. md. sind formen in geltung, die förmlich eine brücke bilden von kopf m. zu kuppe f.: kurhess. küppel m., gesprochen kippel, kleiner feldhügel mit baum- und buschwerk bewachsen (letzteres an 1, c erinnernd), daher in namen wie Steinküppel, Geiszküppel, s. Vilmar 233; er weist aus dem 16. jh. dafür kopfel, aus dem 15. kuppel nach: den Wollenberg, Hauwalt .. Hollerberg und die umbliegende kopfel (also von bergen); kuppel, strüche, boume in beschreibung eines grundstückes. im Fuldaer gebiete sind höhennamen wie Henneköpfchen, Hühnerköppel oder -küppel, Küppelchen. in der Wetterau köppel, kegelartige erderhöhung, schon 16. jh.: einen köppel hinder dem Ramsperge, der hanenköppel genant. Solms-Laub. urk. v. 1561 (ungedr.), vgl. unter a Hennenkopf. am Mittelrhein küppel, köppel m. (gespr. kippel, keppel) kleiner hügel Kehrein 224, in Thüringen heiszt das köpfchen. auch in das benachbarte nd. übergreifend götting. küppel m., auch kübbel und kübel bergkopf, kegelförmiger berg Schamb. 116ᵇ. dieser kübel erinnert zugleich an das oberd. kobel berg, fels, das angegebene 'kegelförmige' aber lehnt sich an ein wort für heuhaufe an, östr. kuppe, luxemb. kop m. (auch kegelförmiger haufe überhaupt), das seinerseits weit ausgreift in raum und zeit, s. dazu kocke haufe 3, a, kappe 9, e, auch köpfel heuhaufe unter kaupe 3 am ende. selbst das oberd. kapf fels könnte in frage kommen, und kurz es ist klar, dasz auszer kopf caput noch andere, ältere wörter hinter dem allen liegen; auswärtige anklänge s. bei Diefenbach goth. wb. 2, 257.
3)
in der natur.
a)
kopf von bäumen, gipfel, wie lat. caput (vgl.coma laub): befahlen sie den botten, auf den baum zu steigen und den kopf oder dolden in das wasser trucken. Frey garteng. 13;
ich habe die bäum aus dem schlaf gerüttelt,
sie haben mitleidig die köpfe geschüttelt.
Heine buch d. l. 159.
auch die forstmänner brauchen kopf von der baumkrone, aber auch von dem dickern ende eines stamms. vgl. köpfen 2.
b)
mit eiuer entlehnung, die sich jedem neu aufdrängt, in mohnkopf u. ä., wie lat. caput papaveris, frz. tête de pavot, engl. poppy-head u. s. w.; ähnlich distelkopf, klettenkopf, auch für ähre, z. b. gerstenkopf (Nemnich wb.), und von den zapfen des hopfens (s. u. kopfe). ferner krautkopf, kohlkopf, salatkopf, wie auch haupt, lat. caput, vgl. kabisz; ein kopf salat, nl. een knop, krop salade. M. Kramer 1787. s. auch knoblauchskopf.
c)
früher auch rosenkopf, knospe:
wie der kecke rosenkopf
seinen jungen hals erhebet ...
Fleming 345 (268 Lapp.);
mnd. vlaskop adula Dief. 14ᶜ, flachsknotte. in beiden fällen gilt sonst knopf, das aber mehrfach mit kopf tauscht (vgl. unter f. g, 4 a, köpficht 2), ja schon ahd. erscheint 'nodum copf' Haupt 5, 202ᵇ, in der hs. G des Parz. steht 231, 13 chophelin für knöpfelîn, und knopf galt umgekehrt früher sogar vom menschenkopfe (sp. 1471)
d)
glans, der kopf oder kolb am schwanz, nl. het hooft der manlicheit, frz. la teste du galand, it. il capezzolo della coda, sp. la cabeça verguençada. Junius nomencl. 25ᵇ. Stieler 1012. mhd. viselhoubet wb. 3, 330ᵃ, Dief. 456ᵃ.
e)
die haarwurzel. in der anatomie das ende von knochen, auch von muskeln u. a., wie schlundkopf, luftröhrenkopf.
f)
kehlkopf, larynx, auch kehlknopf (s. c), jenes wol anatomischen ursprungs, von innen aus aufgefaszt, Junius nom. 22ᵇ z. b. erklärt schon λάρυγξ als 'caput et ostium arteriae asperae'. kann die glosse des 12. jh. 'chof, rumen in gutture' Mones anz. 7, 589 schon dieses sein? Diefenbach 503ᵇ stellt es vielmehr zu ahd. choͮwe faux (s. käu).
g)
knopfartige geschwulst: dasz man auf zweierlei art oder weise schrepfen oder köpfen mag, erstlich so man allein köpf (schröpfköpfe) aufsetzet ohne bicke oder öffnung der haut, zum andern wo diese köpf nachmals (nach abnehmung des schröpfkopfs) gebicket oder gehauen (mit dem messer geöffnet) werden. Ryff spieg. der gesundh. 190ᵃ, die anschwellungen die unter den schröpfköpfen entstehn. ein glossar des 15. jahrh. gibt 'tuber, inflatio pectoris, köpf'. Mones anz. 7, 168. nur druckf. für knöpf? schwed. heiszt koppa f., pl. koppor, sonst schröpfkopf, auch blattern, pocken.
h)
an der feder, die spitze, die schreibt: unser herr gott wird sein wort und sprach auf erden erhalten durch die schreibfeder. die theologen sind der kopf oder der kiel von der feder, die juristen aber der strumpf (stumpf). Luther tischr. 1, 62.
4)
mannigfach in handwerk und kunst.
a)
in der baukunst. proceres, balken- od. tromenköpfe Dasyp. (in der ausg. 1537 der tromen köpfe), die enden, köpf die in gebäwen für die maur auszgehen, proceres Schönsleder f 6ᵈ, M. Kramer 1787 (vgl. käpfer), mauerkopf, kragstein: die säulen trugen den hauptbalken, dieser wieder die köpfe der balken welche von innen heraus lagen. Göthe 38, 163; vgl. sparrenkopf. ferner säulenkopf, 'capitell', wieder auch knopf (s. 3, c): machte .. vier seulen von foernholz und .. ire köpfe von golde und gosz dazu vier silbern füsze. 2 Mos. 36, 36; funf seulen dazu mit iren köpfen. 38. kopf einer mauer: eine steile mauer mit einem oben überhängenden kopfe. Göthe 27, 145. brückenkopf, fensterkopf, sims, fensterbret Hermes Soph. reise 1, 289, schles. Weinhold 46ᵃ. an gewölbesteinen das starke obere ende.
b)
an werkzeugen und geräten aller art, wie kopf eines keils, das dicke obere ende: heiszet das nit wunderlich wol getroffen und dem keil auf den kopf geschlagen? Fischart bien. 1588 54ᵇ, bildlich wie den nagel auf den kopf treffen. wie der nagel, hat aber auch der hammer seinen kopf. ferner kopf der schraube, der stecknadel, des zirkels, des bolzens. ähnlich auch der kopf der buchstaben in der druckerei, zugleich der haupttheil. bei grenzsteinen der obere theil (Frisch), am flintenstein die hintere kante. im bergwesen am stempel das ins bühnloch zu liegen kommende ende, am blasebalg das holz am vordern ende woran die liese befestigt ist, balgkopf, an einem ungleicharmigen hebel der kürzere arm, als der haupttheil, an der mühlspindel der obere theil, bei windmühlen der vorderste theil der welle woran die flügel sitzen, am geigenbogen das ende worin die pferdehaare sitzen, bei röhrenleitungen das ende eines rohrs in das der 'schwanz' des nächsten gesteckt wird, bei böttichern die zarge des fasses (s. sp. 706, vgl. kopfband 3), an kanonen das vorderste ende (Frisch), am geschirr der vordre theil des sattelbaums, der obere theil des kummets, an der cigarre die spitze, u. s. w. auch am schiffe, kopf oder bug des schiffs selbst, des steuers, stevens, gangspills, der planken, u. a. bei chirurgen der nicht entrollte theil einer binde.
c)
in der gieszerei der abzuschlagende angusz (verlorner kopf), ähnlich in glashütten am tafelglas. kopf an einer tabelle, der obere für die rubriken bestimmte theil, als haupttheil, dem körper gegenüber, bei buchbindern das oberste feld auf dem 'rücken' des einbandes, am bogen die obere breite, der signatur entgegen.
d)
der kopf der musiknoten, ähnlich dem kopfe der kometen, bei beiden auch schweif oder schwanz.
e)
bei hutmachern natürlich der kopftheil des hutes, der krempe gegenüber.
5)
kopf und schwanz werden überhaupt oft zusammen gebraucht, auch blosz für anfang und ende, das ganze zu bezeichnen: darumb wird der herr abhawen von Israel beide kopf und schwanz, beide ast und strumpf (stumpf). Jesa. 9, 14; zu ihrer verthädigung kopf, strumpf (rumpf) und zagel daran wagen. Fischart bien. 1588 65ᵇ, alles; nachrichten .. wovon doch weder kopf noch schwanz wahr ist. Lessing 1, 474; er wird dir zeug schwatzen, das weder kopf noch schwanz hat. 3, 57, nach Plautus cap. 3, 4, 82 neque pes neque caput, vgl. kopf, mittel und fusz alles wissens. Zelter an Göthe 2, 37;
dasz nicht einschleiche fort und fort
kopf, körper und schwanz vom fremden wort.
Göthe 47, 228;
in rätseln wird diese verleiblichung von wörtern oft gebraucht, wol schon im 16. jh., wie nach folg. scheint: nennet in nicht schlecht Magog, welches der rechte ganze name ist, sondern bricht im den kopf ab, nimpt im den ersten buchstaben weg und nennet in Gog. Luther 5, 3ᵃ. einer reihe, einem zuge von menschen, wagen u. dgl. gibt man im sprechen einen kopf und schwanz (man sieht sie als eine schlange an, sie schlängeln sich); so heiszt es bei dem jäger von einem rudel wild das alte thier führt den kopf, zieht voraus, ebenso von hunden für vorauslaufen.
6)
nd. kop am acker, vorspringendes, abgesondertes stück. Schambach 109ᵃ; ebenso haupt weisth. 3, 332? ebenso wol hd., nach schwäb. flurnamen wie kopfacker, steinwiesenkopf zu urtheilen.
7)
kopf für kopfstück, münze mit kopf.
8)
kopf von fischen, so schwimmender kopf, tetrodon mola, mondfisch, sieht wie ein abgeschnittner kopf aus. kopf oder kroppen, capitatus, mit groszem kopf, wie kaulkopf, cottus gobio. vgl. koppe.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1868), Bd. V (1873), Sp. 1747, Z. 29.

kopfer, m.

kopfer, m.
schröpfer? so nd. md. kopper flebotomator Diefenbach 239ᵃ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1868), Bd. V (1873), Sp. 1773, Z. 66.

köpfer, m.

köpfer, m.
kopfabhauer. vgl. köpferplatz.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1868), Bd. V (1873), Sp. 1773, Z. 68.

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Zitationshilfe
„kopfer“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/k%C3%B6pfer>.

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