Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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knospe, f.

knospe, f.
nodus, tuber, gemma, urspr. auch masc., s. 4. 5, auch in der 3. bed. bei Ludwig der knospe, bei Frisch frz. wb. (1719) 1, 1141 ein knospe; vergl. knospel. die annahme einer umstellung aus einem angenommenen knopse (J. Grimm gramm. 3, 413, schon Wachter 861. 674) wird unnötig durch den zusammenhang von stammverwandten in dem es auftritt, und unmöglich, weil es dazu nd. sein müszte, während es sich als gut hd. (und md.), nicht nd. ausweist; nicht das s ist darin das bildende, sondern das p, es gehört mit knospel, knaspel, knispel, knüspel, alles gut hd. wörtern, zu dem unter knascheln besprochnen stamme knas, der in knischen, knuschen denselben ablaut zeigt, vergl. besonders knospel 2. knospe, knaspel, knospel verhalten sich zu diesem kn-s genau wie knorpel (s. d.) zu knorre, knarren u. s. w., der begriffskern ist wie da das harte das beim bearbeiten knarrt, knirrt, knistert u. dgl., s. knorre, vgl. knospern, knuspern. freilich kommt knopse doch wirklich vor, im sog. Grützlande an der sächs. Elbe spricht man von rosenknopsen. aber das musz erst aus knospe umgestellt sein, wie das gleichbed. brospe (s. d.) als bropse vorkommt, geschr. probse, bei Megenberg (s. unter knögerlein); es ist aber von brosz gebildet, und heiszt auch broste:
so er (der feigenbaum) prosten gwint und plätlein,
wirt es nit fer vom summer sein.
Schmelzl aussend. 13ᵇ,
ganz wie knospel und knostel neben einander stehn. unsicher ist mir das ps in mnl. onderknopsel ascella, internodium Mones anz. 6, 444, d. i. knöchel, vgl. unter knospel 1. s. auch knops.
1)
knospe, knorre, diese urbedeutung erscheint einmal mhd. myst. 1, 319, 32 in der hs. G, die statt des knurren im texte knospen hat, knorren an einem steine (s. die stelle u. knorre 2), wol knospe m. daher erklärt sich bergmännisch knospe, knorriges stück, eig. wol knorriger auswuchs (s. unter knospicht), in den wbb. bis jetzt fehlend: spricht gott sein segen fürs ort und sprenget schöne glaserz knospen oder rotgüldige euglein in sein gang .. Mathesius Sarepta 209ᵇ (1562 296ᵃ, 15. pred.); gott .. wird sein milte hand aufthun und euch knospen glaserz in ewer genge triefen .. lassen. 20ᵇ; reichen segen von knospen glaserz. 6ᵇ. s. auch knüspel 1, nodulus.
2)
knorriger auswuchs am körper, wie knorre 7 (vgl. knaus 2. 3): dasz etlich durities werden .. an inwendigen gliedern, auch etlich auswendig entspringen, knospen, ubergewechs. Paracelsus 1, 1025ᶜ. ähnlich in einem sprichwort: hüte dich vor den knospen an der stirn, die in der ehe aufbrechen. Simrock 5791. s. dazu knospenraupe, knospel 2. nach letzterem darf man auch knospe als knorpel vermuten.
3)
an pflanzen, wie knopf 5, schon in mhd. zeit in dem mitteld. knospechin knöspchen, s. fundgr. 1, 379ᵇ. es ist seit dem 18. jh. das herschende wort, woneben die früher geltenden, brosz, bolle, butze (2, 591), knopf, knoten, auge, zurückgetreten sind in mundartlichen gebrauch; knospe scheint von mitteld. rede aus so in gang gekommen zu sein, nd. heiszt es knobbe.
a)
die eig. bed. ist auch hier, wie bei knopf (s. sp. 1473 mitte), härtliches rundes ding, knoten, auswuchs (vergl. knospengras), daher vom blumenkelch (im strengen sinne), calyx Kirsch 2, 195ᵇ. Frisch 1, 529ᵇ.
b)
blütenknospe, blattknospe am baum und strauch, blumenknospe, trageknospe Brockes 2, 39. 40:
ohn knospen, zweig und bletterlein,
wie kan so ein baum fruchtbar sein?
Wellers lieder des 30 jähr. kr. 70;
G. H. Schreiber, neu ausgeschlagene liebes und frühlingsknospen. Frkf. 1664 (Gödeke grundr. 466);
(rose) die in der grünen knospen brust
vor diesem lag verborgen.
Hoffmannswaldau getr. schäfer 26;
ein baum voller knospen, arbor gemmans. Stieler 998 (der wie alle wbb. es blosz in dieser bed. kennt); knospe, aug am weinstock. Rädlein 552ᵃ;
verspricht uns rosen aller tugend,
die itzo noch in knospen sind.
Günther 177, aber knöpfe 176;
ein birnbaum von sehr früher art
zeigt' allbereits im merz die knospen seiner blühte.
Brockes 1, 8 (1728);
die andern (rosen) die in gröszrer zahl ...
durch noch geschloszne knospen funkeln.
93, knopf 95;
viel tausend knospen öffnen sich.
4, 37;
gestern waret ihr (blumen) knospen, jetzt stehet ihr offen da. S. Geszner;
diesz röschen, in der knospe noch verhüllt.
Gotter 1, 182;
im wunderschönen monat mai,
als alle knospen sprangen.
H. Heine b. d. l. 106.
dazu denn rosenknospe, nelkenknospe u. s. w.
c)
dasselbe oft bildlich, wie schon vorhin Günther, gleich keim: ich, der keim, die knospe eines menschen (jüngling). Lessing 2, 98, Philotas 4. auftr. (vgl. unter knösplein);
diese kleinen leichenhügel decken
kinder. eh die knospe
ihrer kindheit sich entfaltet, wurden
sie des grabes beute.
Hölty (1858) 224, Schmidts anth. 3, 203;
endlich kam es, sie holte tief athem ... so bricht die knospe der liebe in ihrer gröszten schönheit und bescheidenheit auf! Göthe 16, 208;
dein lenz ist da, es ist die zeit der hoffnung,
entfaltet ist die blume deines leibes.
doch stets vergebens harr ich, dasz die blume
der zarten lieb' aus ihrer knospe breche
und freudig reife zu der goldnen frucht!
Schiller 449ᵃ;
o eine saat unendlicher unaussprechlicher freuden schien in dem augenblicke wie in der knospe zu liegen. 212ᵃ;
wie grosz war diese welt gestaltet,
so lang die knospe sie noch barg.
48ᵇ;
mit linder macht der menschheit knosp' entfaltend
fährt gottes geist, umbildend und gestaltend.
Voss 5, 72;
wie sollte nicht talent, das in der knospe lag,
sich durch beharrlichkeit entfalten?
Gotter 1, 273;
in der knospe sank hier meine wonne
und mein stolz hinab (ein kind).
1, 215;
aus den knospen der kinderjahre. J. Paul Fibel 168; die üppig berstende knospe seines geistes. ders.;
und Preuszens blüthe die knospe sprengt.
flieg. blatt von 1813.
rein dichterisch, nach der rosenknospe: wenn sie ... die knospe der rosenlippen halb von einander schlösse. J. Paul uns. loge 2, 94; mit zärtlicher sehnsucht öffnete sich die knospe des schönen mundes. Schlegel Lucinde 131. vgl. knospen.
4)
knospe, als masc. (s. b), von menschen, schon mhd., da es im 14. jh. als name erscheint, z. b. ein Henko Knosp in einer lat. urk. von 1374 bei Behrend die Magdeb. fragen s. xiii, vgl. bei Wolkenstein 33 knospot leut, klotzige, plumpe. es ist nichts als die bed. 1, angewandt wie knorre 10, knolle 9, knopf 13. vielleicht aber gieng wie bei knorre eine bed. knorriges holzstück, klotz voraus, da sich unter 5 anwendung auf holz verrät. s. auch knüspel in gleicher bed., kolpenknospe.
a)
als schelte, kraftwort: ruckt zusamen, ir knospen, ich gehör auch an den pfosten, sagt der dib .. zu eim gespickten galgen. Garg. 97ᵇ (Sch. 171), hier wie ein titel den sich schelme unter einander geben;
komm her, du dölpel, knosp und filz.
Hellbach grobian 34.
es ist noch schles., wie es scheint nach Weinh. 45ᵃ, klotz, grobian.
b)
im 17. jh. rheinisch für schulfuchs: da hette ich eher vater und mutter in stich gesetzt als dasz ichs hier hette lassen anbrennen und mangeln, sonst were ich für einen knospen und schulfuchs, der das πρέπον bursale academicum nicht verstünde, gehalten worden. Philander Leiden 1647 6, 69.
c)
mit eigner bildung bair., knospes Schm. 2, 376, schon im 16. jh. auch in Meiszen bekannt, denn ein hr. v. Rüxleben war beschuldigt, den herz. Christian einen bengel oder einen knospes genannt zu haben (s. Opel Val. Weigel s. 25). Es ist wie knoppes unter knopf 13, a, knibes, knirbes unter knips, knirps, knolles unter knolle 9, krampampes unter krambambuli, wie am Rhein hospes alberner mensch, eckes unumgänglicher mensch, bolles untersetzter dicker mensch, u. a. (s. Kehrein), schlesisch gniskes knicker Weinhold 28ᵃ. nun erscheint bei Logau Gniscus als name eines geizhalses, bei Abr. a S. Clara knospus gleich knospe (s. 3, 1215 unter fabelhans), auch in Cnospinianus gelehrt scherzhaft ausgeprägt, wie bei Conlin narrnwelt 3, 114 ein unverständiger Knospinianus (vgl. Wackernagel Germ. 5, 327). danach scheint denn diesz -es urspr. lat. -us zu sein, auf lat. schulwitze beruhend, wie albertät, filzität, küelität (Schm. 2, 291) u. a., was auf maccaronisches latein zurückgeht; dasz dergleichen auch aus der schule unters volk kam, zeigt sich z. b. unter knibus. manche freilich, wie knirps, knips (kniebes), werden von rein heimischer bildung sein, und zu erwägen ist auch eine bildung mit -as, wie kargas neben karges geizhals, s. J. Grimm Germ. 12, 123.
5)
in den bair. alpen ist knospe (knospen) m. ein holzschuh, klotzschuh (it. cospo), s. Schm. 2, 376; tirol. knosp, auch knasp, pl. knospen, s. Fromm. 3, 458. 4, 78, Schöpf 330. es wird nach dem vor. doch auch hierher gehören, die form mit a stimmt zu knaspel neben knospel.
6)
schweiz. knospe f. typha latifolia, deren sich die bötticher bedienen um die fässer wasserdicht zu machen durch verstopfen der fugen damit (verknospen, knospen) Stalder 2, 116, knospen der küferen, papyrus, mariscus Denzler 2, 173ᵇ. es ist die rohrkolbe, sumpfkolbe, bei Alberus DD 1ᵃ, Junius nom. 106ᵃ liesknospen, narrenkolben; so könnte knospe einst auch 'kolbe', holzkeule bedeutet haben, zumal man zu keulen knorrige stücke nahm, s. dazu das ähnliche knospengras, kolpenknospe.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1868), Bd. V (1873), Sp. 1494, Z. 11.

knospen

knospen,
gemmare, knospen treiben, bei Stieler 998 nur in knospung gemmatio: der baum fängt an zu knospen. Schmotther 2, 388;
geheim knospet es dir,
tochter Eurynomas (wachsen die blumen für dich).
Klopstock 2, 97;
und wie dem walde gehts den blättern allen,
sie knospen, grünen, welken ab und fallen.
Göthe 3, 137;
zeuge diesz zepter! so wahr das nie mehr blätter und zweige
treiben noch knospen wird.
Bürger Iliade 1, 235;
voll schon knospet der busch, und die zeit bringt rosen.
Voss Luise 3, 2, 118;
im knospenden lenz.
ders., die büszenden jungfraun v. 61
die knospende schwellende erde. J. Paul Hesp. 3, 139;
da knospete der kranz.
Uhland ged. 238.
bildlich, vgl. unter knospe:
wer sturm verachtend, heiteres strals gewohnt,
hier weisheit knospet, schönheit und stärke reift.
Voss 3, 94.
vgl. aufknospen, beknospen, entknospen. auch dän. ist knospe für knoppes nicht unbekannt, nach dem hd.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1868), Bd. V (1873), Sp. 1496, Z. 65.

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Zitationshilfe
„knospe“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/knospe>.

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