Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

starrig, starricht, adj.

starrig, starricht, adj.
von der eigenschaft des starrens, mhd. starric: starrig, starrisch, rigidus, ferreus, praefractus, austerus, pertinax. Stieler 2122; starricht, rigidus. Steinbach 2, 686; starrig, starricht, rigido, ritto, intirizzato. Kramer dict. 2 (1702), 911ᵇ; starrig ein im oberdeutschen für starr übliches wort. Adelung. eine weiterbildung starrechtig, tetanicus. Dasypodius. mundartlich s̹tarig (neben g's̹tarig) steif, starrend. Hunziker aarg. wb. 251. mit umlaut in süddeutschen dialekten: staͤrrig, steif, starr. Tobler appenz. sprachsch. 406. so in dem sprichwort: glauba macht sälig, sterba macht stärrig. ebenda. zugleich mit bedeutungsabgrenzung gegen störrig, störrisch: stärrig starr im physischen sinne, dagegen störrig im moralischen. Schmid schwäb. wb. 507. eine form stärrisch: es begiebet sich offte bey solchen personen, die den star überkommen sollen, das dieselbige starmateria so grob, dicke und stärrisch ist, das man sie durchaus nicht zerteilen noch verhindern kann. Bartisch augendienst (1583) 56.
1)
in eigentlicher bedeutung:
a)
erstarrt: starriger hals, starriger arm, starriges glied, collo, braccio, membro intirizzato, assiderato, incordato. Kramer dict. 2 (1702), 911ᵇ; starriger hals. Adelung. Campe; der saame mit öl vermischt ist gut wider den krampff, darvon der hals starrig wird. Tabernaemontanus 1222 C. stärrig von einem leichnam. Schmid schwäb. wb. 507; von einem mit der starrsucht befallenen kranken. ebenda.
b)
emporstarrend, in die höhe stehend: stärrig wird gebraucht von einem starr aufrecht stehenden, sich nicht bewegenden menschen; von dem steifen stengel einer pflanze. Schmid schwäb. wb. 507; starriges mannsglied, cazzo ritto, rigido, duro. Kramer dict. 2 (1702), 911ᵇ; er (der büffel) hat eine rauhe, doch breite stirn, daran oben bey den hörneren etwas krausen starrigen haars ist. Gesner-Forer thierbuch 31ᵃ.
c)
starr, stier blickend, vom auge; vgl. auch oben den beleg aus Bartisch augendienst; sehen starrecht, und jmer an ein ort. Uffenbach neues roszbuch 2 (1603), 8; er hat sie gar starricht angesehen. Witzenbürger 3, 53;
sondern mein augen starrig nieder
nach der erdt schlagen.
Glaser phasma Frischl. 4, 1.
2)
gewöhnlich aber in übertragenem sinne, anstatt des heute gebräuchlichen halsstarrig theil 4, 2, 267; als simpl. sonst heute ausschlieszlich störrig, störrisch (s. u.) gebraucht: hart, rauch, starrig, met. rigosus. Dasypodius; starrig, als halsstarrig, hartneckig, obstiné, opiniastre, ostinato, capriccioso. Hulsius (1616) 306ᵇ; starrig, köpffig, ostina, caparbio di sua testa, capriccioso. (1618) 238ᵃ; starrig, obstinatus, opiniastre. Schottel 1421; ein starriger kopf, ein starriger teufelskopf, testa incordata, ostinata, inflessibile, salda testa dura come quella del diavolo. Kramer dict. 2 (1702), 911ᵇ; auf seinem starrigen kopf bestehen. ebenda; starrichte köpfe, capita rigida. Steinbach 2, 686; starriger sinn. Adelung. Campe; noch im zusammenhang mit 1: nam vetus noster Adam ist ein starrig faul ding ut si einem ein bein star et corda kalt, schlefferig. Luther 23, 726, 10 Weim. ausg.; darüber sie so starrig, hart und verstockt werden, das man meinet, es sey unmüglich, einen Türcken zu bekeren. 4, 484ᵃ; also haben wyr hie, wie die sunde den menschen starrig, unempfindlich, schlecht gantz tod macht. 19, 210, 25 Weim. ausg.; wo der (Paulus) tzu starrigen juden kam. 10², 28, 20 Weim. ausg.; und sehe gerne, das jr dem teufel zwo kertzen antzündet, denn solchs bringet euch deste grössern glimpff, und dem starrigen kopff grössern unglimpff und unfall. 5, 508ᵇ; solchs will ich gesagt haben, wider die unbusfertigen, starrige feinde und verfolger des worts Christi. 4, 473ᵃ; ich hab mehr denn du in bulschafft erfahren, diese grawe haar, die du sihest, haben viel erlidten in solchen sachen, aber einen solchen starrigen, unbeweglichen, als du bist, habe ich nie befunden. buch der liebe 212ᵃ; wir können ihn nicht bereden, denn sie hat jhm viel ehr und gutes bewiesen, aber der starrige esel und narr schläget ihr alles ab, was sie an jhn begeret. 212ᶜ; dann, fasset si (die frau) ein mal was in den kopf, so bleibet si in ihrer hartnäkkigkeit so starricht, das jhr di gantze welt den wahn aus dem gehirne ... nicht bringen kan. Butschky hochd. kanzelley 561; was starrestu da, du starrichter teufel? quid adstas, obstupida? Stieler 2122; ein unbiegsamer, — ein zögling, ein unfügsamer, — ein schreibekiel, ein knarriger — und scharriger, — ein störriger bursch' und starriger, — starrsinniger, trotzköpfiger, hartnäckiger, halsstarriger. Rückert (1882) 11, 449 (30. mak.);
bey dieser tummen zeit hat seinen besten nutz
der bauern starrig grob, der krieger toller trotz.
Logau 1, 5 (105), 38 (genieszherren dieser zeit).
steigerung durch allitter. verbindung steif und starrig: die ketzer sind steyff und starrig auff yhrer lehre. Luther 19, 586, 2 Weim. ausg.; (es) kommet euch recht spöttisch für, weil sie (die zeitungsschreiber) auff erden in ihren handelungen so schlüpfferig und in jhrem sinn so steiff und starricht gewesen, sich jetzund auff tausenderley manieren müssen biegen und schmiegen, trucken und trillen lassen. Philander 1, 501.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 6 (1908), Bd. X,II,I (1919), Sp. 927, Z. 21.

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Zitationshilfe
„starrig“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/starrig>.

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