Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

Es wurden mehrere Einträge zu Ihrer Abfrage gefunden:

subject, adj.

subject, adj.,
nach lat. subiectus, vgl. frz. sujet, adj.; 'unterworffen, unterthan, z. e. einem subject seyn' Wächtler comm. manual (1703) 301; für das 17. jh. bei Fischer schwäb. 5, 1944 nachgewiesen.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 6 (1936), Bd. X,IV (1942), Sp. 811, Z. 58.

subject, n.

subject, n.
das wort geht auf lat. subiectum zurück, das den philosophischen, grammatikalisch-logischen begriff von griech. ὑποκείμενον wiedergibt, s. Eisler hwb. d. philos. (1922) 636, woselbst über die bedeutung des scholastischen subiectum und die jüngere entwicklung gehandelt ist. das deutsche versuchte eine ähnliche lehnübersetzung wie das lateinische seit der mystik: Tauler überträgt das scholastische subiectum (= substantia) mit understant pred. 58 Vetter; auch die fruchtbringende gesellschaft schlägt diese verdeutschung vor, s. Campe wb. d. fremd. ausdr. 2, 626ᵃ; aber sie setzte sich so wenig durch wie undersacz, underseczung, underligunge, -legunge, underlege, glossierungen des lat. wortes im 15. jh., s. bei Diefenbach 560ᵃ, oder Eckeharts understôz, underschôz, s. zs. f. d. ph. 16, 35 f. geläufiger erscheint underwurf seit dem 14. jh., s. bei Pfeiffer myst. 2, 368; Diefenbach a. a. o.; Er. Francisci alleredelste veränd. (1671) 81; Mattheson d. vollk. capellmeister (1739) 9; s. auch teil 11, 3, 1913 unter unterwurf d. über gegenwurf die sonst für objectum übliche verdeutschung, in glossaren des 15. jh. bei Diefenbach 560ᵃ und bei Roth dict. (1572) p 6ᵇ, s. teil 4, 1, 2, 2303; Roth hat daneben noch einwurff für subject ebda. die aufnahme des wortes bei Roth und die form subject erweisen die allgemeine eindeutschung im 16. jh.in der regel gilt die starke flexion; schwache findet sich bei Paracelsus und bei Butschky (s. u.). der ton liegt, nach jüngerem sprachbrauch wenigstens, in der bedeutung 6 auf der zweiten silbe, sonst vielfach auch auf der ersten, vgl. Weigand-Hirt 2, 1003.
1)
in der bedeutung 'substanz, stoff' schlieszt sich subject am engsten an die aristotelisch-scholastische verwendung von subiectum an; bei Paracelsus als etwas, das andern einflüssen unterliegt: (wenn das alles beherrschende gestirn auf das corpus wirken soll,) so mag es nit sein ohne mittel; das mittel ... ist auch ein astrum und ligt in den, in den das ober wircket. ... jedoch aber so ist das gestirn in acht theil getheilt: eins ist gewaltig (das höchste gestirn), sechs seind subjecten (das sind die mittel: die gestirne des menschen, der tiere und der vier elemente), das acht ist auch gewaltig (das in der imagination des menschen wirkende) opera (1616) 2, 504 Huser; (den leib) zu bewahren, sind die räth, das ... dasselbig subject hindan genommen werde, in welchem die pestilentz ihren gewalt brauchet als des bluts zuviel hitzigkeit und alle krankheit, so im leib verborgen ligen ebda 1, 359. am längsten erhält sich diese bedeutung im sinne von 'material der künste' bis ins 18. jh.: ein jeder also, der etwas nachahmen will, musz vor allen dingen sich ein solches subject suchen, darinnen er etwas nachahmen könne. so suchet sich der bildhauer einen stein aus, aus dem er sein bild hauen kann, der maler suchet sich eine tafel J. E. Schlegel w. 3, 119; verse sind das subject der nachahmung bei einem poeten ebda 121; vgl.: indem der klang der einzige unterwurf (subjectum) der music bleibet Mattheson d. vollk. capellmeister (1739) 9. vereinzelt in concreter vorstellung als 'unterlage': obgleich vielerlei zierfarben in der welt zu finden, fügen sich doch nicht alle allemal auf einen jedweden unterwurf oder subject Er. Francisci alleredelste veränd. (1671) 81.
2)
auf den 'gegenstand einer kunst' beschränkt erscheint subject im deutschen des 18. jh. in entsprechung zu antikmittelalterlichem subiectum, das in weiterem sinne 'object einer tätigkeit' überhaupt, z. b. einer wissenschaft, bedeuten kann. es hat sich in diesem sinne nicht lange gehalten und wurde in den bildenden künsten im 19. jh. durch frz. sujet verdrängt. in der malerei 'vorwurf eines bildes': gemälde zu liefern ohne subject, blos des künstlich angelegten und so wohl unterhaltnen gesichtspunkts, kompositionsgeistes, colorits ... wegen Herder 5, 205 S.; in der dichtung: der poet soll entweder zwölf ritter ohne einen Arthur oder einen Arthur ohne zwölf ritter zum subject genommen haben Gerstenberg schlesw. litbr. 4, 34 lit.-denkm.; es müszte, däucht mich, der politische held in eben dem grade kein subject für die bühne seyn Schiller 3, 6 G.; Forster sämtl. schr. 3, 42. als musiktechnischer terminus wie frz. sujet 'thema einer fuge' H. J. Moser musikal. wb. 118ᵇ; die partite ... fürs clavier, die corrente und gige für die violin, die sogenannten subjecte für die beingeige J. Mattheson d. vollk. capellmeister (1739) 204; Chomel 8, 1785.
3)
subject im sinne von persönlicher träger bestimmter zustände, die der eigentliche gegenstand einer wissenschaftlichen betrachtung sind, schlieszt sich in besonderer weise der unter 2 genannten lateinischen bedeutung an; bes. in der medizin, vgl. frz. sujet 'körper, leiche, patient', s. Littré 2, 2, 2079ᵃ: in absicht auf den schmerz ist es also erwiesen, dasz er auf den tod des subjects abzielt Schiller 1, 174 G.; umstände, die bey der anwendung (medizinischer regeln) in betracht zu ziehen sind: die verschiedene constitution des subjects in absicht auf die einfachen bestandtheile und fasern Hufeland kunst d. menschl. leben zu verl. (1797) 324; Sömmerring menschl. körper 5, 30; dann auch in der historie: es bleibt eine lücke zwischen dem historischen subjekt und dem leser Schiller 4, 62 G.; man sah das subject sich verändern, gegen das gefehlt zu haben als hochverrath betrachtet wurde: bisher war es der könig gewesen, jetzt wurde es das ganze des parlamentarischen staates Ranke w.² 16, 25; K. L. v. Haller restauration 1, xlix.
4)
im grammatikalisch-logischen sinn als grundwort eines satzes oder grundbegriff eines urteils. die grammatik braucht das ursprünglich logische kunstwort subiectum seit Schottel, häufiger aber erst seit der mitte des 18. jh., vgl. Jellinek gesch. d. nhd. gramm. 2, 469, seitdem auch als eingedeutscht nachweisbar: was ist denn hier unnatürliches? etwa dieses, dasz das subject hinter seinem zeitworte steht? Lessing 8, 49 L.-M.; diese auffassung in urtheilen mit subject und prädicat niederzulegen Lange gesch. d. materialism. 247.
5)
seit Kant wird subject im psychologisch-erkenntnistheoretischen verstande gebraucht, im neueren sinne bedeutet es dann auch das erlebende, vorstellende, erkennende, fühlende, wollende wesen im gegensatz zu den objecten des erlebens, erkennens, handelns, s. Eisler hwb. d. philos. (1922) 636; im deutschen seit dem 18. jh.: die regeln des einverständnisses (über musik und sprache) liegen ... sowohl im material der kunst als im subject der diese künste genieszenden, immer nur menschlichen empfindung Herder 23, 75 S.; es ist etwas unbekanntes gesetzliches im object, welches dem unbekannten gesetzlichen im subject entspricht Göthe I 48, 204 W.; der schritt vom object zum denkenden subject Lange gesch. d. materialism. 14; mit den vollkommensten mustern selbst hat der dichter keinen andern zweck, als uns zu ergötzen. nichts thut dies, als was unser subject verbessert Gervinus gesch. d. dt. dicht. (1853) 5, 382.
6)
subject bezeichnet seit dem ende des 17. jh. eine person.
a)
nach kanzleisprachlichem brauch eine solche, um deren tauglichkeit bes. für ein amt es sich handelt; vgl.: ein tüchtig subjectum zum amte erwehlen Wächtler commodes manual (1705) 301: aber solcher subjecten (,die einem hohen politischen amt gewachsen sind,) ... vile zu finden, wird man wohl des Diogenis latern anzünden Butschky Pathmos (1677) 530; der graf ... brauche einen secretair, der stark im teutschen staatsrechte sey und fertig französisch schreibe. der grosze mann ward höflich gebeten, ein taugliches subject vorzuschlagen Fr. M. Klinger 9, 63; die wahlen ... setzen ... voraus, dasz die capitel in guter ordnung und mit tüchtigen subjecten versehen seyen M. I. Schmidt gesch. d. Deutschen 4, 559; insbesondere von pfarramtscandidaten im 18. jh. in der Schweiz: wegen starken nachwerbens hat der cardinal über alle 3 vorgeschlagenen subjecte das los gezogen, und ist dasselbe auf mich (den künftigen pfarrer) gefallen (1740) bei Staub-Tobler 7, 94.
b)
sodann von personen, die in einem abhängigkeitsverhältnis stehen wie diener, gehilfen, s. Chomel 8, 785: früher wurden die schreibergehülfen von ihren principalen ... subjecte genannt bei Staub-Tobler 7, 94; bes. ein gehilfe in einer apotheke Campe wb. z. erklär. u. verdeutschg. (1813) 572ᵃ: die herren apotheker ihre gehülfen subjecte nennen K. J. Weber Deutschland 1, 307; ich kann ein solches subject (einen kammerdiener) nicht mehr bezahlen Holtei erz. schr. 24, 54; ladendiener Lexer kärnt. 245; dass. veraltet J. Jacob Wiener dial. 188ᵃ.
c)
ohne eine dieser beiden bezogenheiten in allgemeinerer, neutraler bedeutung irgendeine person: nun kenn ich ... herrn Schwalbe als ein fideles subject Körner 4, 52 H.; vgl.: eine person, davon man redet, also wann man sagt, das ist ein fein subjectum, so bedeutet es einen feinen menschen Sperander à la mode-spr. 693ᵃ. in diesem allgemeineren gebrauch entwickelt sich, zunächst neben negativ wertenden attributen, ein verächtlicher beigeschmack, der heute umgangssprachlich gewöhnlich auch dem bloszen nomen anhaftet: jedes schlechte subject, das nur einmal die bretter öffentlich betreten hat, ist ihm mit einer gewissen glorie umgeben Tieck schr. 4, 51; Göthe I 33, 264 W.; vgl.: ein schlechtes subjectum Zinzendorf περὶ ἑαυτοῦ 18; er ... fing bald an, den gänzlich verkommenen subjecten zugezählt zu werden A. v. Droste-Hülshoff 2, 264; verdächtige subjecte Storm 2, 53; in der lebenden schweizer. mundart nur mit verächtlichem beigeschmack Staub-Tobler 7, 94, auch im schwäb. meist verächtlich Fischer 5, 1944; Pansner schimpfwb. 68ᵇ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 6 (1936), Bd. X,IV (1942), Sp. 811, Z. 62.

Im ¹DWB stöbern

a b c d e f g h i
j k l m n o p q r
s t u v w x y z -
stöcklein sudelbuch
Zitationshilfe
„subject“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/subject>.

Weitere Informationen …


Weitere Informationen zum Deutschen Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)