Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Etymologisches Wörterbuch des Deutschen

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

-haftig, …

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
-haft Das Kompositionssuffix, mit dessen Hilfe Adjektive zu Substantiven, seltener zu Verben gebildet sind, geht hervor aus dem gemeingerm., noch in den älteren dt. Sprachstufen lebendigen selbständigen Verbaladjektiv ahd. (9. Jh.), mhd. haft, asächs. haft, haht ‘gebunden, gefangen’, mit Genitiv ‘schwanger’ (mhd., vereinzelt noch frühnhd. auch ‘eingenommen, besetzt’, mit Dativ ‘verbunden, verpflichtet’), aengl. hæft ‘gefangen’, got. hafts ‘behaftet’ (vgl. anord. haptr ‘Gefangener, Leibeigener’). Germ. *hafta- stimmt überein mit lat. captus ‘ergriffen, gefangen’ (Part. Perf. von lat. capere ‘nehmen, fassen, ergreifen’), air. cacht ‘Sklavin’ und gehört wie 1Haft, 1Heft, haben und heben (s. d.) zur Wurzel ie. *kap- ‘fassen’. In Zusammensetzungen nimmt das Adjektiv schon früh Suffixcharakter an, vgl. got. audahafts ‘mit Glück behaftet, beglückt’, qiþuhaftō f. ‘Schwangere’ und ahd. Bildungen (seit dem 8./9. Jh.) wie ēohaft (s. echt), lībhaft (s. leibhaftig), namahaft (s. namhaft), sunthaft (s. sündhaft). Seit mhd. Zeit lassen sich vor allem zwei bis in die Gegenwart reich bezeugte Typen denominativer Ableitungen deutlich unterscheiden, durch die entweder das Vorhandensein des vom zugrundeliegenden Substantiv Bezeichneten (‘versehen mit’, z. B. tugend-, prunk-, schamhaft) oder eine diesem entsprechende Beschaffenheit (‘in der Art von’, z. B. bruchstück-, katzen-, märchen-, sprunghaft, verbreitet und bis heute produktiv in Verbindung mit Personenbezeichnungen, z. B. greisen-, helden-, onkel-, tölpelhaft) ausgedrückt wird. Daneben steht eine begrenzte Zahl von Deverbativa, die in der Regel erst dem Nhd. entstammen (z. B. flatter-, nasch-, schwatzhaft, vgl. aber bereits mhd. stelehaft ‘gestohlen’, s. stehlen, auch wonhaft, s. wohnhaft, letzteres vielleicht vom Substantiv mhd. wone ‘Aufenthalt, Wohnung’). Scheinbar an Adjektive anzuschließende Ableitungen wie krankhaft, wahrhaft können historisch meist ebensogut auf Substantive zurückgeführt werden (vgl. mhd. kranc m. ‘Schwäche, Mangel, Schaden’, wār n. ‘Wahrheit, Recht’). Zum Suffix -haft entwickelt sich in Angleichung an die gängige Adjektivendung -ig (mhd. -ec, -ic, ahd. -ag, -īg) die besonders seit dem Spätmhd. vordringende erweiterte Nebenform -haftig, mhd. -haftic, ahd. -haftīg (so z. B. schon ahd. houbithaftīg ‘ans Leben gehend’, līhhamhaftīg ‘körperlich’, meʒhaftīg ‘gemäßigt’, namahaftīg ‘berühmt’). Sie setzt sich bei Abstraktbildungen auf -keit allgemein durch, so daß in neuerer Zeit auch zu ernsthaft, glaubhaft usw. nur die Substantive Ernsthaftigkeit, Glaubhaftigkeit üblich sind.
Zitationshilfe
„-haftig“, in: Wolfgang Pfeifer et al., Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/etymwb/-haftig>.

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