Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (WDG)

WDG, 6. Band, 1977

Welt, die

WDG, 6. Band, 1977
Welt, die; -, -en
1. /ohne Pl./ die Erde, Erdkugel
a) als Lebensraum der Menschen: die große, weite W.; die Neue W. (Amerika) die Alte W. (Europa) die W. ist (doch) ein Dorf! /erstaunter Ausruf, wenn man an einem entfernten Ort völlig unverhofft einen Bekannten trifft/ sie hat die W. gesehen (ist viel gereist), will die W. kennenlernen er wollte die ganze W. erobern, beherrschen; die Sowjetunion – das erste sozialistische Land der W.; die Kohlenvorräte der W.; Wir lassen ein Manifest ausgehen in alle vier Enden der Welt Schiller Räuber I 2; die Stätte des Gartens sei … Ägypten gewesen, denn dieses sei Mitte und Nabel der Welt Th. Mann 3,31 (Joseph) ; übertrieben scherzh. er wohnt (fast) am Ende der W. (sehr weit entfernt, sehr abgelegen) für jmdn., etw. bis ans Ende der W. (sehr weit) laufen diese Briefmarke gibt es nur zehnmal auf der W. sie hat niemanden, keinen Menschen auf der W., ist allein auf der W. (hat keine Angehörigen, Freunde) ; einen dauerhaften Frieden in der W. gewährleisten er ist weit in der W. herumgekommen; sein Name ist in der ganzen W. bekannt; der Betrieb ist mit seinen Erzeugnissen führend in der W.; sie lebten so abgeschieden, daß sie nicht wußten, was in der W. vorgeht; eine Reise um die W. sein Ruhm, Erfolg ging um die W.; er hat etwas von der W. gesehen in aller W. überall: seine Stücke werden heute in aller W. gespielt; umg. etw. in alle W. (überallhin) hinausposaunen ; aus aller W. von überallher: Nachrichten aus aller W.; er erhielt Glückwünsche aus aller W.; /bildl./ umg. hier ist die W. mit Brettern vernagelt (hier geht es nicht weiter; hier ist nichts los) /übertr./ salopp der sieht nicht aus, als könne er die W. einreißen (als leiste er sehr viel) umg. deswegen geht die W. nicht unter (das ist nicht so schlimm, tragisch)
b) im Hinblick auf die auf ihr herrschenden sozialen, ökonomischen, politischen Verhältnisse: die W. verändern helfen; eine neue, bessere W. aufbauen; er war Vorkämpfer einer neuen W.; die revolutionäre Veränderung der W.; die moderne W.; die W. von morgen /übertr./ die W. aus den Angeln heben (grundlegend ändern)
2. /ohne Pl./ Gesamtheit der Menschen
a) der W. den Frieden erhalten; mit sich und der W. zufrieden sein; das Ereignis, diese Nachricht ließ die W. aufhorchen; die W. vor den Gefahren eines Krieges schützen; /bildl./ [Lenin] rührte an den Schlaf der Welt (rüttelte die Menschheit auf) Becher 1,151; die W. hielt den Atem an; umg. so etw. hat die W. noch nicht gesehen, erlebt (so etw. gab es noch nie) /sprichw./ Undank ist der W. Lohn /wird resignierend gesagt, wenn jmd. Unfreundlichkeit statt Dank erntet/; umg. spött. nobel geht die W. zugrunde /Ausspruch bei großer Verschwendung/ ; /verstärkend/ die ganze W.: umg. ich könnte vor Freude die ganze W. umarmen; er hatte die ganze W. (alles) um sich herum vergessen die ganze W. blickte auf ihn, nahm Anteil am Schicksal dieses Volkes, war empört über diese Tat; umg. alle W. jedermann: alle W. spricht schon davon, weiß es; sie kennt alle W., fühlt sich von aller W. verlassen; er wird von aller W. gefeiert, so genannt; sie hatte ihn vor aller W. blamiert; die halbe W. sehr viele Menschen: die halbe W. hat inzwischen nach dir gefragt; die (urteilende) Öffentlichkeit: etw. vor der W. verbergen; Vor der Welt aber ist sie deine Frau Roda Roda in: Österr. Erzähler 1,65; in den Augen der W. (nach der Ansicht der Mitmenschen) war er ein Verbrecher auch Zebullas gutgemeinte Winke und Jakobs der Welt nie bekanntgewordene Hilfe erschöpften sich Marchwitza Jugend 65; da er mit seinem ersten wirklichen Buch vor die Welt tritt St. Zweig Balzac 143
b) /nur mit Adj./ Kreis von Menschen, die bestimmte Gemeinsamkeiten aufweisen: die gelehrte, wissenschaftliche, studentische, diplomatische W.; die weibliche W. (die Frauen) er nahm am Leben und Treiben der jungen W. (Jugend) noch regen Anteil die große, vornehme, reiche, elegante W. (die Angehörigen der Oberschicht in der bürgerl. Gesellschaft) war dort versammelt
3. auf jmdn. oder etw. bezogener, in sich geschlossener (Lebens)bereich: die gelehrte, geistige, künstlerische, literarische, wissenschaftliche W.; die elegante W. der Haute Couture; die bunte W. des Zirkus; ein Buch für alle Freunde der gefiederten W. (Vogelwelt) die W. der Antike, Kunst; die W. des Sozialismus, der Arbeit, des Geistes; Hier trat ihm die Welt des herrschenden und voll entfalteten Kapitalismus entgegen Engels-Biographie 63; die W. des Kindes, der Erwachsenen, des Films, Theaters, Märchens; die W. der Technik, Chemie faszinierte ihn; die W. der Pflanzen, Tiere; etw. ist eine W. für sich, im kleinen; [die] Welt Rembrandtscher Radierungen Hamann Gesch. d. Kunst 2,403; hier stoßen, prallen zwei Welten aufeinander, stehen sich zwei Welten gegenüber; damit brach für sie, in ihr eine W. zusammen; eine völlig neue W. tat sich uns auf; sie war glücklich in ihrer W.; er lebt in einer ganz anderen W. als wir; sich in einer neuen, fremden W. zurechtfinden; Ich stehe zwischen zwei Welten, bin in keiner daheim Th. Mann 9,270 (Kröger) ; sich eine eigene, kleine W. aufbauen; statt mich in die abgeschiedene Welt meiner Studien zu vergraben Kasack Stadt 69 etw. ist jmds. W. etw. ist jmds. ein und alles, jmds. idealer Lebensinhalt: Bücher waren ihre W.; seine W. war die Musik, die Antike; Sphäre: er lebte in einer W. des Traums, der Phantasie, des Glücks; sie war mit ihren Gedanken in einer anderen W.;
4. /ohne Pl./ das Leben, Dasein (auf der Erde): das ist der Lauf der W.; im Strom, Getriebe der W.; sich in der W. zurechtfinden, aus der W. zurückziehen; geh. der W. entsagen (sich in die Einsamkeit zurückziehen) umg. so geht's in der W. zu; mit offenen Augen durch die W. gehen; er verstand die W. nicht mehr; das ist ja eine verkehrte W. (der normale Lauf der Dinge ist auf den Kopf gestellt) /in festen Verbindungen/ zur, auf die W. kommen, geh. das Licht der W. erblicken (geboren werden) ; ein Kind zur W. bringen (gebären), umg. Kinder in die W. setzen (zeugen, gebären) geh. verhüll. aus der W. gehen, scheiden (sterben) umg. das jüngste Kind war damals noch nicht auf der W. (lebte damals noch nicht) /bildl./ etw. mit auf die W. bringen (etw. von Geburt an haben) [Mozart] hat es mit zur Welt gebracht, dieses Talent Fritz-Eulau Zauberflöte 79; /übertr./ abwertend eine Lüge, Gerüchte in die W. setzen (in Umlauf bringen) umg. einen Streit aus der W. schaffen, räumen (bereinigen, beseitigen)
5. /abgeblaßt/
a) /ohne Pl.; dient der Verstärkung/ keine Macht der W. kann ihn von ihr trennen; Ich habe schon als Kind nichts auf der Welt so gehaßt wie Befehle H. M. Rauchfuss Schles. Himmelreich 112; salopp um alles in der W., nur das nicht!; du darfst jetzt um alles in der W. nicht aufgeregt sein; ich bitte darum um alles in der W.; um alles in der W., was sollen wir jetzt machen?; nichts in der W. schien ihm jetzt wichtiger; um nichts in der W., um keinen Preis der W. würde er sich von dem Bild trennen; das Dümmste von der W. tun; etw. ist das Selbstverständlichste von der W.; du bist doch der beste Mensch (von) der W.!
b) /ohne Pl.; in Fragesätzen/ Fragepron. + in aller W. /drückt Verwunderung, Beunruhigung, Unwillen aus/ umg. wer in aller W. hat das gesagt?; warum in aller W. hast du nichts davon erzählt?; was in aller W. willst du noch mehr?; wie in aller W. war das nur möglich?; wo in aller W. bist du so lange gewesen? /Ausruf der bewundernden Überraschung/ alle W., das hast du gut gemacht!
c) /dient als Maßstab/
α) /ohne Pl./ eine W. von etw. eine große Menge von etw.: er mußte gegen eine W. von Vorurteilen kämpfen, sah sich einer W. von Problemen gegenüber; eine ganze Welt von Zweiflern Werfel Bernadette 617
β) /ohne Pl.; bezeichnet einen sehr hohen Wert/ nicht um die W. (um keinen Preis) gebe ich das her das kann nicht die W. kosten (kann nicht sehr teuer sein) scherzh. was kostet die W.? (mich kann nichts zurückhalten) etw. bedeutet jmdm. eine ganze W. (sehr viel) die Bretter, die die W. bedeuten
γ) Welten liegen zwischen uns, trennen uns (wir sind völlig verschieden, haben völlig verschiedene Ansichten) vom Imperialismus trennt uns eine ganze Welt (ungeheuer viel) Tageszeitung DDR 1972
δ) umg. ein Mann von W. (Mann, der in seinem Auftreten und im Umgang mit Menschen sehr gewandt und geschickt ist, Weltmann)
6. Astron. Universum: Im Weltall seien viele bewohnte Welten möglich Urania 1973; Als ich ganz jung war, hielt ich die Mädchen für Wesen aus anderen Welten H. Mann 9,250

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Zitationshilfe
„Welt“, in: Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (1964–1977), kuratiert und bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/wdg/Welt>.

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