Deutsches Fremdwörterbuch
Kanone1
1. Aufl. Band 1 (Schulz 1913)
F. ‘Geschütz’ am Ende des 16. Jahrhs. (zunächst als Canon Mask.) auftretend zur Bezeichnung des schweren Geschützes: „Was vber 20. pfund scheust, nennet man alle Canoni“ Dambach 1609 Büchsenmeisterei S. 124. Die Bezeichnung Kanone verdrängte im 17. Jahrh. sowohl die vielen älteren Namen der verschiedenen Geschützarten (vgl. Helbling, ZfdW. XIV 26), als auch das italienische Synonymon Kartaune. Quelle: frz. canon (aus ital. cannone).
Belege: Ryff 1558 Büchsenmeisterei S. 33a ein Canon oder Karthaunen, so 20 pfund scheusset vnd 8 schuch lang ist (Weigand5). Fischart 1582 Gargantua S. 242 die Teuffelischen Bechtoldischen Büch­ssen, welche Canon heissen. Eyzinger 1591 Relat. IV 76 daß dem Graffen von Mont­bazon die zwey beyn hinweckh geschossen seindt worden mit einem Canon oder grossen Geschütz. Gebhardt 1597 Fürstl. Tischreden S. 193 vor einen gantzen Canon gehören, wanns gut Wetter, 25 Pferd. Dilich 1608 Kriegsbuch S. 87 so 100. pfund eisen geschossen, [hießen] Canon, Basilisc vnnd Nohtbüchsen – S. 90 Zu der Büchß, Canon genannt, Basilisc oder Nohtbüchß. 1634 Überlinger Belagerung S. 14 haben auch den Schwedischen Canonen so wol geantwortet. Ens 1636 Postreiter S. 29 Die von Schencken Schantz haben sich auch durch jhre Canonen tapffer hören lassen. Bürster 1643/7 Schwed. Krieg S. 69 die schwedische canonen. Gryphius 1663 Horribilicr. S. 38 mit allen seinen Feuerspeyenden Granaten und Donner­schwangeren Canonen. Ziegler 1689 Asiatische Banise S. 202 Auff diese ließ er achtzig canonen führen.
Kanonenfieber Goethe 1822 Belagerung von Mainz (33, 72) Ich hatte soviel vom K. gehört und wünschte zu wissen, wie es eigentlich damit beschaffen sei – (299) eine Anwandlung jenes K.-s.
Kanonenfutter geht zurück auf den Gebrauch von engl. food for powder in Shakespeares Heinrich IV 1. Teil (IV 2): die Übersetzungen von Wieland 1764 (V 252), Eschenburg 1779 (XVI 149), Schlegel=Tieck 1825 (I 218) bieten dafür Futter fürs Pulver und daher gilt diese Wendung zunächst auch in der Literatur, vgl. Lewald 1836 Aquarelle I 143 Das Fallstaff'sche „Futter für Pulver“ konnte ich nicht aus den Gedanken bringen. Auch Alexis, Vater­länd. Romane VIII 11/12. Kanonenfutter scheint dafür erst seit etwa 1840 feste Geltung errungen zu haben: z. B. Gurowsky 1845 Tour durch Belgien S. 176 Erbärmlich war die Hilfe, da die Masse dieses Kanonenfutters zu klein war, um militärisch einen Ausschlag geben zu können.
Kanonenschuß oft als Entfernungsmaß z. B. Schupp 1660 Corinna S. 30 als er kaum einen Canonenschus von der Stadt kommen. Die häufigere Form ist Canon­schuß z. B. Schildknecht 1652 Harmonia II 27. Hesse 1687 Ostind. Reisebeschr. S. 255; Krämer 1681 Leben d. Seehelden S. 486; Schweitzer 1688 Journal S. 39; 1715 See­hafen (Forts.) S. 44; Vischer 1720 Rob. Crusoe II 274; Barchewitz 1730 Ostind. Reisebeschr. S. 639.
Kanonade F. bei Wallhausen 1616 Kriegsmanual S. 203 Cannonades: Carthaunen Schuß. Ens 1631 Der Postreiter Nr. 18–1636 ebd. S. 53 Aus frz. canon­nade.
Kanonier M. bei Dilich 1608 Kriegsbuch S. 213 Zur ordinari Arckeley uff ein Regiment gehören 4 Canoniers oder Büchsenmeister. Wallhausen 1616 Kriegsmanual S. 203 Cannonier: Ein Büchsenmeister – ebd. S. 99 daß du jhm [sc. dem Feind] seine Stück abhebest, seine Canonirer erscheust. Aus frz. canonnier.
kanonieren Ztw. bei Wallhausen 1616 Kriegsmanual S. 203 Canonniren: Ein Ort mit Carthaunen beschiessen. Ens 1636 Postreiter S. 29 wegen Continuirlichen Ca­nonirens. Böckler 1665 Schola militaris S. 4 sprengen vnd stürmen, canoniren. Andersen 1669 Orient. Reisebeschr. S. 158. Francisci 1669 Trauersaal II 1033. Aus frz. canonner.