Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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kamm, m.

kamm, m.
pecten, crista, ahd. champ und champo (kamb, kambo), mhd. kamp (gen. kambes) und kambe, also in starker und schwacher form nebeneinander, wie oft; alts. camb, ags. camb comb, altn. kambr; nl. kam (und kamme Kil.); dän. schw. kam, engl. comb (dial. kaam, kame), schott. kaim; entlehnt lett. kemme, finn. kampa (gen. kamman) haarkamm. es ist also in der nhd. gestalt ein labialer auslaut verloren gegangen, indem mb zu mm ward, wie in lamm, schwamm, dumm, krumm, mhd. lamp, swamp, tump, krump; doch mundartlich, z. b. bair. lebt noch kamb, kämpel, tir. kärnt. kamp, kampel, auch in md. mundarten, z. b. sächsisch beim landvolk kamp (aber pl. kemme), wie schwed. dial. und norw. noch kamb; aber schon mhd. auch kamme für kambe und kemmen kämmen. im 15. 16. jh. heiszt es nebeneinander kamp (kamb) und kam. für ersteres auch einzeln kampf Dief. 418ᶜ, Mones anz. 8, 318 (hahnenkamm), schon mhd. Wigal. 131, 31 in C, ja ahd. champf Graff 4, 403, vgl. unter 4, f. g mhd. kempfe und kampf Luther, auch u. 4, g, unter 6 und u. kammrad; noch heute mundartlich kampf, z. b. im sächs. Erzgebirge (Kirchberg), es scheint also mehr als blosz entartung; auch kampt (vgl. u. kammrad, kämpwein die gleiche form), nrh. kaem Dief. 418ᶜ. auch die doppelheit des starken und schwachen kamp und kambe, kamm und kamme setzt sich vielfach ins nhd. fort, mehrfach mit unterscheidung der bed., s. 2, a. c. 3, a. 4, d. 5, a, für den haarkamm scheint aber die starke form ausschlieszlich gebraucht. Die abstammung ist unsicher. Grimm (zu Andr. u. Elene s. 92) stellte es mit ags. cumbol, altn. kumbl helmzeichen zusammen (vgl. gramm. 2, 59), indem er helmkamm, hahnenkamm als erste bedeutung nahm, s. dazu 3, d; myth. 1201 wird noch an mnl. (14. jh.) kimben comere Diul. 2, 207ᵃ erinnert, das freilich nichts als entstelltes kemben kämmen sein wird, wie kimpe für kempe kämpe. Kuhn in der zeitschr. 1, 131 zieht es als 'gezahntes werkzeug' zu der indogerm. wurzel gaf, gamf, wovon skr. ǵambhâ fangzahn, ǵambhja schneidezahn, gr. γόμφος backzahn (s. 128) u. a., wozu denn auch kafeln nagen, keifen, reden sp. 18 (schon skr. ǵap reden, murmeln Kuhn 1, 140) und seine verwandtschaft gehören könnte, zumal da kauen auch engl. champ, dial. chamble heiszt, und camble, camp schwatzen, wie kafeln 3. zu bedenken wäre auch, wie nahe krämpel wollkamm, kralle, hacke liegt, dessen herkunft klar vorliegt als kratzendes werkzeug mit krummer spitze; sollte die wurzel kr-mp vor alters eine nebenform k-mp gehabt haben? (vgl. kackezen). s. auch das ablautende kimme.
1)
Haarkamm, zur reinigung wie zur ordnung des haupthaars, bei den frauen auch zum zusammenhalten des haars und als schmuck:
ich (preist ein krämer den frauen) han gut schnur in das unterhemd,
auch hab ich nadeln, pursten und kem (l. kemb),
fingerhuot, taschen und nestel vil.
fastn. sp. 477, 25;
nackenkamm, seitenkamm, schleifenkamm, frisierkamm, aufsteckekamm (zum aufstecken des zopfes), staubkamm, taschenkämmchen u. a.; nach dem stoffe knochen- oder beinkamm, hornkamm, holzkamm, messingkamm, elfenbeinkamm, buchsbaumkamm (dient als staubkamm), schildkrottkamm, büffelhornkamm u. s. w., aber auch läusekamm, niszkamm, und bartkamm. nach dem abstand der zähne oder zinken unterscheidet man weite, enge kämme. auch rosskamp strigilis Dief. 556ᵇ. Oberd. heiszt übrigens der haarkamm jetzt nur kämpel, kampel m. (s. d.); kamm (kammen) Stalder 2, 83, Tobler 94ᵇ gilt volksm. nur vom hahnenkamm, weberkamm u. dgl.; auch bei Maaler 240ᵇ ist kamm weberkamm u. dgl., nur unter sträl 391ᵈ (dem alem. wort für haarkamm) erwähnt er kamp, den haarkamm mit, während er den hahnenkamm kamb nennt; bei Dasypodius dagegen ist kam allgemein.
a)
über den kamm scheren, attondere per pectinem. 'teutsche sprichw. 293ᵇ' bei Frisch 1, 497ᶜ. 2, 168ᵃ, 'einen mit schmeicheln betrügen, scheren oder vexieren, dasz er nicht empfindet dasz er geschoren wird und haar lassen musz' (der kamm dient dazu dasz der schnitt beim scheren gleich werde und nicht raufe); bei Stieler 924, Steinbach vexare überhaupt: nun ist der alte in der barbierstube, das messer ist schon angesetzt ... ob er ihn aber glatt oder über den kamm scheren wird, weisz ich noch nicht, wenn er aber gescheid ist, so wird er ihn rechtschaffen zerkratzen. Lessing 3, 41, nach Plautus capt. 2, 2 strictimne ... an per pectinem.
b)
alle über éinen kamm scheren, vexare omnes uno eodemque modo. Schottel 1112ᵃ, Frisch 1, 497ᶜ (der über einem k. schreibt) stammt gleichfalls aus den alten badestuben wie so manche redensart; das vexare liegt übrigens nicht notwendig darin, es heiszt auch ohne rücksicht alle gleich behandeln (wie ein bader der für alle kunden kurzweg denselben kamm nahm), freilich besonders strafend, vgl. kämmen 3; auch schwed. skära alla öfver en kam, und dän., nl. Fischart, von den summen sprechend die tributweise nach Rom flieszen: und überschlagt dann ferners was für eine grausame summa alle andere länder in der christenheit zusammen machen, welchen allen (dat. wie bei kämmen 3) zugleich über einen kamm geschoren würd (d. i. wird). bienenk. 1588 248ᵃ, bei Marnix die ... over eenen cam geschoren worden 243ᵃ; mit der newen sincerirkunst scheert man weise und narren über einen kamb, und wirft ihnen das seil an die hörner. Lehmann flor. 1, 108. ebenso butzen: dasz dieser ungeistliche geistliche ... alle leute über einen kamm zu butzen gewohnet. Riemer pol. maulaffe 202 (1679 207).
c)
auf dem kamm blasen Frisch, ein kinderspiel, durch den sträl schalmeien Garg. 168ᵇ (309ᵇ Sch.).
d)
ein böhmischer kamm, vgl. 2, 224: ohne zweifel wird sie dir mit einem böhmischen kamme, d. i. mit vier fingern und einem daumen deinen bart gekämmt haben. Ol. Variscus ethnogr. mundi 2, 13. der fünfgezackte kamm (in des mädchens locken wühlend). Göthe 5, 52 im divan.
2)
Ähnliche werkzeuge zu ähnlichen zwecken, z. b. beim getreidemähen kamm an der sense (sächs.), der die geschnittenen ähren faszt, sonst gerüste; bei bürstenmachern ein bret mit zinken zum kämmen der borsten; beim dachdecker zum kämmen des dachstrohs; ein hölzerner kamm zum abkämmen der heidelbeeren vom kraute; mhd. îserîne kammen als marterwerkzeug myst. 64, 25, nrh. kemme Fromm. 2, 442, vgl. kräuel. besonders
a)
kamm der wollkämmer, wollkamm, carmen. Frisch 1, 498ᵃ, brech- oder reiszkamm, kratzkamm, kämmelkamm, stechkamm, auch krämpel. als pl. gilt nach Frisch, Adelung in diesem sinn kamme ohne umlaut, eigentlich aber wol schwachf. kammen, vgl.'tradula wollichambe' Mones anz. 7, 591ᵇ; noch im 15. jh. kamme: und sol der meister ime (dem wollknappen) kein kammen darlegen (dazu liefern). Mone zeitschr. 9, 150 v. j. 1486, s. unter kämmkamm. ahd. wollakampun pl., aber auch stark wollachamp Diefenb. 591ᵇ, mhd. ebenfalls beides.
b)
mehrfach bei der behandlung des flachses: riffelkamm zum 'abriffeln' der samenköpfe ( Adelung); hechelkamm, die hechel; auch bei der vorbereitung des werchs fürs spinnen, es wird mit zwei spinnekämmen gekämmt, man heiszt das kämmchen machen, weil das so abgekämmte gleichfalls einem kamme ähnelt (so in Sachsen). daher kämpen, kämmeln, hecheln, vgl. abkamm, und schon ags. cembe stupa, auch mit bedeutsamen ablaut âcumba Ettm. 382, vgl. Schm. 2, 301.
c)
bei den webern, 15. jh. weberkamp radius Dief. 483ᵃ, richtkamp texale 582ᵃ, nd. wevekam liciatorium 327ᶜ, eine vorrichtung am webstuhl, ein rahmen mit stäben von rohr oder stahl, welche die fäden des aufzugs wie kämmend aus einander halten, scheidekamm, rohrkamm, auch blatt (2, 76), schon lat. pecten, gr. κτείς kamm; auch wo ausgespannte schnüre dafür dienen, ist der name beibehalten (vgl. fitze): läszt man die gänge des zettels nach der ordnung durch einen groszen kamm laufen. Göthe 23, 62. mhd. kamme, s. wb. 1, 783ᵇ, 44. Auch die vorragenden fädenreste, die nach fertigung des stücks nebst einem streifen des zeugs abgeschnitten werden, heiszen von der sprechenden ähnlichkeit kamm, wie ebenfalls vicze licium Dief. 328ᵇ, auch troddel, drahm, drohm, drohmt; kämme, die trümmer, daran die weber das garn knüpfen Rädlein 523ᵃ, bei Schottel 1342 als fem., kamme, licium.
3)
Manche andere ähnliche werkstücke, die nicht als selbstständige werkzeuge auftreten. besonders
a)
im maschinenbau mehrfach vorrichtungen, maschinentheile die einem kamm mit seinen zinken ähneln, namentlich die zähne eines rades, daher kammrad:
ihr instrumente freilich spottet mein,
mit rad und kämmen, walz und bügel.
Göthe 12, 41.
so in der mühle, schon mhd. kamben pl. MS. 2, 249ᵃ (Lessing 11, 626), kammen in rota molari dentes tympani Stieler 924. das kammrad in der mühle heiszt sogar bair. tirol. selbst kamp Schm. 2, 309, wol schon mhd. Reinh. fuchs s. 376, s. Haupt minn. frühl. 239, und auch nd. nach kamkûle die radstube in der mühle Schamb. 96ᵃ: geschnittene dicke bolen zu kammen oder kopfrädern (es ist von mühlen die rede). Kirchhof discipl. mil. 25.
b)
beim zimmermann der zapfenförmige ausschnitt, zapfen durch den ein balken mit einem andern, der einen entsprechenden einschnitt hat (kammsassen), zusammengefügt wird, vgl. einkamm; auch böhm. kamp.
c)
der bart des schlüssels. Steinbach, vgl. Frisch 1, 498ᵃ.
d)
helmkamm, conus galeae Wachter 808:
ist nicht der helm mit kamm und busch geschmückt?
Göthe 41, 270,
der aufsatz, leiste auf dem helm worin der busch ruht. schon im 16. jh.: vom hanenkamm wird noch der kampf genant, auch führt man noch auf den beckelhauben den helmkamm, und darum sagt man 'den kamm streuszen, eim abkämmen, einem den kamm erlausen und ersträlen'. Fischart Garg. 195ᵃ (361 Sch.), doch kann das auch der helmbusch selbst sein oder das helmzeichen, zimierde, vgl. kämmen 2, f. diese ableitung vom hahnenkamm (vgl. kammbeiszer) hat viel für sich, zumal dieser auch sonst im 16. jh. mit dem helmkamm gleiche benennung hat (s. das erste kreide 4) wie im lat. crista (franz. crête, engl. crest), vgl. gr. λόφος hahnenkamm und helmbusch. schon ags. in den gloss. Älfr. 63 crista helmes camb, sodasz Grimms zusammenstellung mit ags. cumbol helmzeichen an wahrscheinlichkeit gewinnt, zumal es auch cambol heiszt (Grein 1, 155. 2, 35); vgl. mhd. zeichen zugleich helmzeichen ('kleinod, kreide'), feldzeichen, fahne, und parole, losung (ahd. chumpal 'signum, tessera militaris' Grimm zu Andr. u. El. 92), auch sternbild, wie alts. cumbal.
e)
dachrücken, dachfirst, deutschungr. Schröer 67ᵃ; vgl. die zierkemmen der häuser Closener 113 (mhd. wb. 1, 784ᵃ), die ein sturm abwarf, schwed. kamb, kyrkkamb dachfirst der kirche, altschwed. kamber Rietz 305ᵃ. vgl. nl. kam schiffsschnabel.
4)
Ähnliche erscheinungen in der natur, besonders
a)
der überaus ähnliche kamm des hahns, zum theil der hühner und mancher andrer vögel, z. b. der wiedehopf hât ainen vedreinen kamp auf dem haupt Megenb. 228, 3: der vögel hauptkam crista (gekammet wie ein vogel cristatus) Dasyp. 360ᵈ, die krone der vögel Steinbach. der hahnenkamm hat die volkssprache mit manchen redensarten bereichert, denn an ihm zeigt sich die gemütsstimmung des hahns, der mit menschen so viel verglichen wird, bei zorn und begier schwillt er auf und gewinnt an röte (s. kammrotblutig), in der ruhe liegt er meist darnieder, bei krankheit wird er schlaff und blasz, dem kapaun wird er ganz abgenommen. sprichwörtlich: man sieht zeitig am kamme, was ein hahn werden will. Simrock spr. 5389; was zum hahn werden soll, röthet bald den kamm. 4221;
beim kam kent man die hüner.
G. Forster frische liedl. (1552) 3, 45;
hoppaho henecken,
der han ist noch nicht tod,
man hört in krähen nächten spat,
ist umb den kamm noch rot.
volkslied, Garg. 87ᵃ (149).
b)
von menschen (thieren): der kamm wird ihm rot, von zorn, oder 'er hat gesoffen dasz er roth wird'. Frisch 1, 497ᶜ. den kamm streuszen, aufsträuben Garg. 195ᵃ (s. 3, d), aufstreüszen Dasyp. 360ᵈ, schon mhd.:
daʒ er sich gein im hiuʒit
und dicke tôrlich striuʒit
gein sînem herren sînen kamp,
als gein dem wolve tuot ein lamp.
Martina 2, 76;
dadurch gieng ihnen der kamm empor, sie wurden verwegen. Wurstisen Baseler chron. 2, 2, lat. crista surgit; dieweil der wein den gästen zeitlich den kamm erhitzt, dasz sie den mägden nachlaufen und einen burzelsalat begehren (obsc.). Simplic. Nürnb. 1713 3, 584;
(er) wird angehört, belacht, ihm wächst der kamm,
nun wagt er gar ein epigramm.
Gotter 1, 379;
heb, ruft er, deinen kamm
noch nicht so hoch, der preis ist nicht so leicht zu erlangen.
Wieland 5, 86;
die furcht ist weg, der respect, die scheu,
da schwillt dem bauer der kamm aufs neu.
Schiller 327ᵃ;
der stolzen frau
färb braun und blau
den kamm, der adlich ihr schwillet.
Hölty 218;
als Apollonia mit in das spiel hineingezogen wurde, so wuchs ihm gar der kamm. Arnim kronenw. 1, 71; damals war es noch nicht mode, dasz man gegen seine obern gleich den kamm stellte. Gotthelf 5, 111. bair. der kamp, das kämplein steigt im, lauft im an, er wird zornig. Schm. 2, 300. schweiz. der kammen, das rote angesicht eines betrunkenen oder zornigen. Stalder 2, 83, en rota chama hâ Tobler 94ᵃ, en blächa chama hâ, blasz, kränklich sein. franz. lever la crête, baisser la crête, engl. crestfallen mutlos, gedemütigt.
c)
einem auf den kamm treten, ihn gewaltsam ducken, dämpfen, beleidigen, doch s. dazu 5, b: denn einem ofters über zwerch (à travers) ein verleumbder auf den kamm treten und vil unruh machen kan. Butschky kanzl. 461; tirol. Schöpf 300. Fromm. 6, 37. einem über den kamm fahren, ihn demütigen, abfertigen: der könig sprach zum ritter 'wo ich solchen aufsatz (auflehnung) mehr von dir vernimb, du solt an ehr und gut gestraft werden, des wisz dich zu halten'. der ritter von der red des königs in groszen schrecken kam, Rosamunda aber in groszen freuden stund dasz ihm der könig also uber den kamb fahren thet. buch der liebe 239ᵃ; die mutter fuhr ihm wider umb den kamm (machte ihn herunter). Frey garteng. 2.
d)
'auf den kamm beiszen vom hahnen, subigere gallinam' Frisch 1, 497ᶜ, als ausdruck höchster begierde, vgl. das vierte kappen: warum der hahn auf die henne steige und sie in den kamm beisze. schelmhechel 68. auch diesz bildlich: er kam mit einem nöselsglase brandtewein angestochen, welchem wir aus desperation ziemlich auf den kam bissen, dasz wir halb berauscht endlich willigten. Riemer pol. maulaffe 125, gierig zusetzten. s. kammbeiszen, kammbeiszer.
e)
auch bei schlangen findet sich ein kamm der art:
alte schlange, krümme dich
mit zertretnem rothen kamme.
Schubart 1, 204;
hoch aus dem wasser steigt der kämme blutge gluth.
Schiller 30ᵇ;
in alten mauern liegt er dort (der drache)
mit seinem goldnen kamme.
Uhland ged. 463.
f)
bei den pferden, auch beim rindvieh, heiszt kamm der obertheil des halses, auf dem bei jenen die mähne wächst, bair. (kamp) Schm. 2, 300; weidm. ebenso bei der wildsau; sächs. aber (Leipz.) die kurze mähne selbst, wie tirol. kamp Fromm. 6, 289, und davon wol erst jenes; vgl. kammhaar. dann auch beim rind ein stück fleisch das zwischen nacken und bug ausgehauen wird, z. b. östr. Höfer 2, 109, Castelli 179, tirol. nimm ein stück fleisch vom ochsenkamp, kochbuch v. 1795 Schöpf 300, auch bei Adelung, vgl. kammbraten, kammfett, kammrippe. bei den weiszgerbern die entsprechende stelle am fell. so ist gr. λόφος, kopfbusch der vögel, hahnenkamm, auch der nacken der zugthiere. mhd. kamp auch die mähne des löwen:
(Ruolant) der dâ vor in lewen wîs
vor zorne (im kampfe) strûbte sînen kamp,
der wart nu senfte als ein lamp.
Strickers Karl 4963;
der (löwe) wart dô als ein lamp,
der vor zorne sînen camp
hâte vor geriuhet (rauh gemacht, gesträubt).
Martina 177, 58,
beide redensarten zugleich wie vom hahn, vgl. sp. 104 Martina 2, 76 vom lamme. 'lupi pecten' heiszt ein kraut, chamaelea, eberwurz, ags. vulfes comb, mhd. in einer gl. kemphe Mones anz. 8, 95. merkwürdig heiszt aber der kamm (kamp) des rinds auch kanz (s. d.), mit dem schein des auslautwandels (s. sp. 6); das erinnert zugleich an kante, wie denn kamm 5, b auch zu 'rand' wird, vgl. kanthaken gleich kammhaken.
g)
diesz wieder auch vom menschen, nacken, schopf (wie λόφος), mit den beispielen unter 4, c sich mischend: einen über den kamm hauen, hart anfahren. Adelung, eigentlich einen hieb über den nacken geben; darf mir niemand eine kappen kaufen noch den kamp bescheren. Luther br. 1, 457, an den adel A ijᵃ, in den werken 1, 288ᵃ den kampf b., gemeint ist mich als narren behandeln, denn dem narren wurde der kopf geschoren (s. kolbe 9); hierher auch einem den kamm erlausen Fischart u. 3, d, deutlich haarschopf; es ist schwerlich eine verwechselung mit 'über den kamm scheren' vexare, wie aus 'mit kolben lausen' misverständlich geworden sein soll die kolbe lausen. fragt ihn (den hirtenhund) ein fleischerhund, wie er disz gepelfer (der schoszhündchen) leiden könne, warumb er nicht einen beim kamm nehme. Schuppius 832, ganz wie kammhaken.
h)
kamm heiszt auch 'das gestiele der weintrauben, daran die beeren hangen' Steinbach 1, 823, in der gemma gemmar. racemus, die trappen oder kemme von den wintruben Dief. gl. 482ᵇ, wo auch kampf belegt ist; mhd. triubelkamp, ahd. champ racemus: in dem weinehren sal er (der erzbisch. kelner) bestellen das kemme vor den weingarten .. gereden (gesiebt) und auf die kelter bracht werden. Michelsen Mainzer hof in Erfurt s. 35, nachwein zu machen, s. kampwein; er sollt nur die beer abessen, und die kämm oder rappen am stock stehen lassen, damit sie über ein jar wider andere beer tragen köndten. ander th. der hasenjagt 36; den kamb wie mans pflegt zu nennen, an welchem die beere stehen und haften. Spangenberg lustg. 119. bei Denzler kamp, untersch. von kamm pecten. das heiszt auch rappe, trappe (ahd. drappo), nl. krappe, schweiz. ratte, mit merkwürdigstem lautwandel, und troll (s. droll 2).
i)
an den austern heiszt kamm der harte hervorstehende theil im innern der schale.
k)
beim mähen 'kämme, graskämme sicilimenta, so vom abgemehten grase stehen bleibt.' Schottel 1342, zwischen den gemähten strichen, wo die sense jedesmal absetzt.
5)
In der todten natur.
a)
der grat eines bergrückens oder die ungleiche höhe eines gebirges, wie ähnlich Romanen das gezahnte profil eines gebirges von der säge benannt haben, span. sierra: 'kamm, felsenkamm, eine verlängerte first mit sturzfällen zu beiden seiten, oder eine kuppe eines länglichen hochgebirges'. Stalder 2, 83; bair. kamp und kampen (= mhd. kambe m.) Schm. 2, 300, z. b. der Hochkampen beim Chiemsee; der Hahnenkamm zwischen Nürnberg und Augsburg, möglich dasz gerade die crista galli zu diesem gebrauch von bergzügen besonders mitwirkte; der Kammberg bei Kronach in Franken. für hohes alter zeugt wol folg.: engl. dial. comb a sharp ridge (ganz wie schweiz.), im -kleinen dasselbe a balk of land (zwischen den ackerfurchen) Halliwell, schott. kaim a low ridge, the 'crest' of a hill, a crooked hill Jamieson 1, 626ᵇ; norw. kamb unebner, gezackter bergrücken, altn. Fritzner 338ᵇ, adj. kömbôttr 381ᵇ. ähnlich wieder λόφος hügel. merkwürdig ist aber engl. comb auch das gegentheil, thal zwischen hügeln, schon ags. nach Lye (Grein 1, 155), womit Kuhn zeitschr. 1, 132 nd. kamp feld in verbindung bringt, vgl. fels : feld, welches letztere nordisch, z. b. dän. fjeld, eben fels, berg ist.
b)
norddeutsch die krone, der obere rand eines deiches (auch kappe), wie franz. crête ähnlich die aufgeworfene erde neben einem graben bezeichnet:
wilde fluth ... dasz sie mit unsers landes damm
und dessen sogenanntem kamm
bereits in gleicher lage flosz.
Brockes 6, 555. 7, 504.
auch ein kleiner wasserdamm, der im grunde eines püttwerkes stehn bleibt. Adelung. ebenso dann im festungswesen, die krone der erdwälle, die denn auch 'abgekämmt', gekämmt werden von den feindlichen kugeln.
c)
im forstwesen das niedergehauene unterholz, wenn es in eine lange reihe gelegt ist, mit gezacktem rücken, auch jahn, zahl. vgl. kammholz.
d)
kamm der wellen und wogen, wie beim gebirge:
bis plötzlich
nachtschwarz, bäumend den kamm, den gekerbten, die dritte (woge) daherfuhr.
Kosegarten Jucunde (1808) 139;
die wellen
wälzen meilenlang beschäumte kämme.
Platen 331;
das bild des mondes zitterte auf dem kamm kleiner kreiswellen (auf dem teiche). Freytag soll u. haben 1, 287.
6)
Im bergbau heiszt kamm festes gestein, welches das weichere durchbricht, felsen auf die der bergmann stöszt, 'es schieszt ein kamm vor' heiszt es dann, die kämme verdrücken den gang, wenn mehrere solche steinlager den gang nicht durchsetzen lassen; lasset euch harte kemme und knawer, so vorschieszen, oder böse und trübe wetter, wasser und unglück nicht austreiben. Mathesius Sar. 62ᵃ. bair. im 16. jh. wieder auch kampf:
die stölln sein gar tief erpawen,
durch herte stein und kempf aufghawen.
landreim von Tyrol 1558, Hormayrs taschenbuch 1841 s. 11.
nach 5, a? man hat dabei an sl., böhm. kamen stein gedacht, aber der bergm. kamm heiszt böhm. selbst kamp, entlehnt. näher läge norw. schw. dän. kamp feldstein, norw. auch kampestein, und kamp berggipfel; vgl. isl. kampr uferrand und hügel.
7)
kamm in kühkamm, s. kamme.
8)
kammen pl. enge netze zum fang kleiner fische. Frisch 1, 498ᵇ aus der brandenb. fischerordn. 1574. 1690, bei Adelung sing. kamm m.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1864), Bd. V (1873), Sp. 101, Z. 65.

kämmen

kämmen,
pectere, carminare, ahd. champian, chempan, mhd. kemben, kemmen; altn. kemba, schwed. kamma, dän. kämme, kjämme, norw. kjemba; ags. cemban, engl. comb, schott. kaim; mnl. kemben, nnl. kammen, bei Kil. auch kemmen, wie mnd. Dief. 134ᶜ, aber auch kammen 15. jh. mitteld. 418ᶜ, das. auch hd. kempfen (wie kampf), und nd. keimen, wie im Teuthonista und noch westf. Fromm. 5, 419, nrh. Aach. mundart 103. bair. heiszt es noch kämpen, aber nicht vom haar, das heiszt kämpeln, auch schweiz.
1)
das haar, die haare kämmen, meist kurz sich kämmen; die mutter kämmt das kind; lasz dir die haare aus der stirn kämmen, zurück (hinter) kämmen; er setzt sich ungekämmt zum kaffee. sprichw. es ist übel kämmen da (wo) kein haar ist, wo nichts ist da hat der kaiser sein recht verloren. früher war das kämmen mit ein geschäft der bader in den badstuben, zumal am sonnabend:
ich sah reiben, lechzen, schwitzen,
nägel bschneiden, finger spitzen,
laszen, schröpfen, kämmen, zwagen,
scheren, abflehn, wasser tragen,
zähn ausbrechen, räudig (räudigen, dat.) salben.
Klein, tragicom. von wallfahrt in himmel und höll, Eszlingen 1570, bei Scheible schaltjahr 2, 78.
vgl. abkämmen, aufkämmen (Steinb. 1, 823), auskämmen, durchkämmen, erkämmen u. a. m. Auch rosse werden gekämmt an mähne und schweif, unterschieden von striegeln; eine rosshaut erzählt:
der strigelt und putzet mich auf,
er kempt mir har und schwanz zum kauf (verkauf).
H. Sachs 1 (1590), 375ᵇ;
doch auch gleich striegeln: strigilare, die pfert kemmen ader strigeln. voc. opt. Lpz. 1501, in der Cölner gemma 1507 den perden kemmen Dief. 556ᵃ: kämmen inen nicht. Seuter rossarznei 92, vgl. 3.
2)
anderes kämmen.
a)
wolle kämmen, carminare lanam Stieler 924: die tuchmacher mit diesen disteln ihre tücher karten und kämmen. Tabernaem. 1071; nach Frisch 1, 498ᵃ aber 'kammen von der wolle, nicht kämmen', vgl.kammeln unter kämmeln.
b)
bair. kämpen auch vom hecheln des flachses, wie schles. kammeln, vgl. abkamm (mit abkämmen heizen Schmid schwäb. wb. 304), hechelkamm, riffelkamm sp. 103.
c)
nach a von gewissen wolkenbildungen: auch hier schien es uns wieder so, als wenn die sonne die leisesten ausdünstungen ... gegen sich aufzöge und diese ganz feinen dünste von einer leichten luft wie eine schaumwolle durch die atmosphäre gekämmt würden. Göthe 16, 243; der obere theil dieser wolken, aufgezehrt und zu flocken gekämmt. 51, 206;
ein aufgehäuftes, flockig löst sichs auf (in der cirruswolke),
wie schäflein tripplend, leicht gekämmt zu hauf.
3, 106.
d)
von anderm ähnlichem schlichten, glätten u. dgl.:
der hügel .. vom pfluge glatt gekämmt.
die plätze sind alle mit wasser verschlemmt,
und noch nicht peignirt —
'sag er doch gekämmt'.
Seckendorf bei Göthe 60, 236;
etwas unglaubliches, dasz sie wieder zur natur kehren. denn sonst pflegen sie immer das gekämmte zu frisieren, das frisierte zu kräuseln, und das gekräuselte am ende zu verwirren. 57, 185. mit feiner und treffender steigerung vom einfachen schlichten und ordnen zum künstlichen und verkünstelten.
e)
bei den zimmerleuten kämmen, bair. kämpen, zwei traghölzer durch einen kamm (3, b sp. 103) an einander befestigen; auch einkämmen, verkämmen, überkämmen. vergl. kimmen.
f)
kemmen, cristare, oder ziern. voc. theut. 1482 q 2ᵇ, cristatus gekemmet in hd. und nd. vocc. 15. jh. Dief. 158ᶜ, nach 'gezimêrt op dem helm' das. von kamm 3, d sp. 103, deutlich als helmzeichen, das engl. crest hiesz. vielleicht auch zu kamm 3, e.
3)
früher oft übertragen für hart zusetzen u. dgl.: (ich) ergreif ein treibeinigen stul, het er mich berürt, ich mein ich wolt im gekempt haben. Fischart bei Scheible 10, 622 (der dat. wie u. 1 a. e., wie bei ausreiben, auszwagen, ausputzen, ausschneuzen und vielen ähnlichen, elliptisch), nach einem nahe liegenden scherze, statt mit dem kamme mit dem stuhlbein; so bei Shakspeare taming of the shrew 1, 1 to comb your noddle with a threelegged stool, in der kunst über alle künste 9, 4 mit einem dreibeinichten melkstuhl auszukemmen. der scherz ist alt, im kampfe mit swerten kemmen Parz. 73, 6, lat. pugnis pectere Plaut., er ward genährt besonders durch die thätigkeit des baders (s. 1), dessen scheren, zwahen (waschen), reiben, ausreiben, putzen (2, 593. 3, 744), bürsten, strälen u. a. gleiche geltung gewannen; der scherz war bitter genug gerade dem feinde im kampfe gegenüber beliebt:
auch hat man ir (der belagerten) wider nicht gefelt,
das har zerzaust und wol gestrelt.
Wolffs hist. volksl. 120;
mit houwen und mit stechen (in der schlacht)
den grind (kopf) hand wir inen bürst.
Körners hist. volksl. 157.
Nachher auch gelinder, für züchtigen, strafen, abfertigen, tadeln u. a.: aber bald hernach wil ich im sein zartes büchlin weiter kemmen. Luther 5, 309ᵃ; der misbrauch wird gekämmt. Günther 519, ganz wie hecheln, durchhecheln, vielleicht nach 2, b; er wär wüst (garstig) gekämmt worden, hab so recht meine galle hinein gebracht. Fr. Müller 2, 45; die offensive kritik hat wirklich ihre kunstwörter im deutschen, einen herum nehmen, einem den bart waschen, einen versohlen, bürsten, kämmen u. s. w. Lichtenberg 1, 315; wer neuerlich gekämmt worden ist, wen man gebürstet, wem man das fell gegerbt hat. 5, 93.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1864), Bd. V (1873), Sp. 108, Z. 20.

verkämmen, verb.

verkämmen, verb.
mittels kammartiger einschnitte in einander einfügen. Mothes 4, 419; wir hatten 4 balken in einander verbunden und verkämmt, dasz man meinet, es wäre ein einiger. Pierot 2, 304.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1891), Bd. XII,I (1956), Sp. 616, Z. 12.

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Zitationshilfe
„kamm“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/kamm>.

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