Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Etymologisches Wörterbuch des Deutschen

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Ger, …

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Ger m. ‘Wurfspeer der Germanen’, ahd. gēr (9. Jh.), mhd. gēr, asächs. afries. mnd. gēr, mnl. geer, aengl. gār, anord. geirr, vgl. auch Radagaisus (Name eines gotischen Heerführers). Das zuerst als Bestandteil von Personennamen (seit dem 3. Jh.; heute noch Gerhard, Gertrud, Rüdiger u. ä.) sowie in langobard. gairethinx ‘Rechtshandlung, für deren Gültigkeit der Speer Symbolwert hat’ (7. Jh.) bezeugte germ. *gaiza- (wozu auch die Ableitung Geißel, s. d.) steht neben air. gae ‘Speer’ und (aus dem Gall. stammendem) lat. gaesum ‘schwerer eiserner Wurfspieß’, griech. gá͞ison, gá͞isos (γαῖσον, γαῖσος) ‘leichter Wurfspieß’, eigentlich ‘Wurfspieß der Gallier’ (zur umstrittenen Frage möglicher Lehnbeziehungen zwischen dem Kelt. und dem Germ. vgl. Walde/Hofmann ³1, 576 und de Vries Nl. 156). Verwandt ist wohl griech. chá͞ios (χαῖος) ‘Hirtenstab’, so daß sich ie. *ghaiso- ‘Stecken, Wurfspieß’ als Etymon ergibt oder ie. *g̑haiso-, sofern auch aind. hḗsaḥ ‘Waffe’ hierher gehört. Man hat darüber hinaus alle genannten Formen mit aind. hiaṓti ‘treibt an, schleudert’, hētíḥ ‘Geschoß, Waffe’, langobard. gaida ‘(Pfeil)spitze’, aengl. gād ‘(Speer-, Pfeil)spitze’ unter der Wurzel ie. *g̑hē̌i- ‘antreiben, lebhaft bewegen, bewegt sein, schleudern, (geschleudertes) Geschoß’ vereinigt. Das Etymon für Ger und seine engeren Verwandten wäre dann ie. *g̑həiso-. In seiner ursprünglichen Bedeutung kommt Ger (bis auf vereinzelte frühnhd. Zeugnisse) bereits im Mhd. außer Gebrauch (dafür mhd. sper, s. Speer), um 1800 werden aber Versuche einer Neubelebung unternommen (besonders in der Turnersprache seit Jahn, 1816). Schon im Ahd. belegter übertragener Gebrauch für spitzzulaufende Dinge (namentlich ‘Landspitze’ und ‘keilförmiges Stoffstück, Falte, Saum’, daher auch ‘Kleiderschoß’), der sich vor allem an die schwach flektierte Form heftet (ahd. gēro, 10. Jh., mhd. gēre, nhd. Gehre f. auch Gehren m. ), ist dagegen noch im älteren Nhd. verbreitet und setzt sich fachsprachlich bis in jüngere Zeit fort; hierzu Gehrung f. ‘Zuschnitt zweier Teile, der deren Verbindung unter einem bestimmten Winkel ermöglicht’ (18. Jh.).
Zitationshilfe
„Ger“, in: Wolfgang Pfeifer et al., Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/etymwb/Ger>.

Weitere Informationen zum Zitieren …

Wortinformationsseiten im DWDS

Im Etymologischen Wörterbuch stöbern

a ä b c d e é f g h i
j k l m n o ö p q r
s t u ü v w x y z -