Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (WDG)

WDG, 2. Band, 1967

Form, die

WDG, 2. Band, 1967
Form, die; -, -en
1. vorgeformtes Modell, das dazu dient, einer Masse, einem Stoff die gewünschte Gestalt zu geben: eine runde, viereckige, eiserne F.; eine F. herstellen, ein-, zusammensetzen
a) Backform: eine F. für Torten; die F. fetten; den Teig in die F. füllen; sie buk den Stollen in einer langen F.; Plätzchen mit Formen aus dem Teig ausstechen;
b) Gußform: etw. in eine F. gießen; nach dem Guß wurde die F. zerschlagen; Fest gemauert in der Erden / Steht die Form, aus Lehm gebrannt Schiller Glocke
c) Hutform: einen Hut über die F. spannen; auf F. gezogene Hüte;
d) Leisten: eine F. für Schuhe;
e) Druckform: die F. schließen;
2. sichtbare Art der äußeren Gestaltung, Erscheinungsart: die äußere, alte, neue F.; eine gleiche, verschiedene, unregelmäßige, passende, abweichende, längliche, runde, eckige, geschwungene, ausladende F.; charakteristische, ausgeprägte, auffällige, seltsame, bizarre Formen; die Vase hat eine schöne, hübsche, schlanke, zierliche, grobe, plumpe, häßliche F.; die F. eines Berges, Dreiecks; die Erde hat die F. einer Kugel; die F. (Körperbau) des menschlichen Körpers die edle F. ihres Halses; die durchgeistigten Formen (Züge) seines Kopfes; ihre anmutigen Formen kommen in dem leichten Kostüm gut zur Geltung; Ihre üppigen Formen waren in ein Kleid von greller, blauer Farbe gezwängt Polenz 1,34 (Büttnerbauer) ; die losen Formen eines Gewandes; das Kostüm hat seine ursprüngliche F. behalten; einem Hut (wieder) F. geben; der Regenmantel hat seine F. verloren; Möbel von geschmackvollen Formen; der Konstrukteur gab der Rakete eine aerodynamische F.; aus der F. geraten, kommen; etw. in die richtige, gehörige F. bringen; Wäschestücke in F. ziehen; ein in F. (Figur) und Maß vollkommenes Geschöpf das Kleid wirkt in F. und Farbe vornehm; ein Ornament in F. einer Blume (wie eine Blume gestaltet) in F. von in Gestalt von, als: Früchte in F. von Beeren; Niederschläge in F. von Schnee;
3. die äußere Gestaltung, Erscheinungsart, die der inhaltlichen Struktur des Stoffes gemäß ist
a) Kunst die äußere, sinnlich wahrnehmbare Erscheinung eines Kunstwerkes im Gegensatz zum Inhalt, Dichtungsform: eine metrische, lyrische F.; eine umgearbeitete, überholte, veraltete F.; eine freie, bestimmte, strenge, hohe F.; die äußere F. (metrische und stilistische Darstellungsart) die innere F. (das dem Stoff innewohnende Formgesetz) vermittelt die Anschauung vom Wesenskern der Dinge und Menschen; die große F. des Epos; die kleine F. der Anekdote; der Roman, die klassische F. der Erzählung; die Gebundenheit der F.; die Kunstdiskussion berührte auch Fragen der F.; die Verschmelzung von F. und Inhalt; in einem guten Kunstwerk bilden F. und Stoff eine harmonische Einheit; die Formen des entstehenden Werkes zeichnen sich immer bestimmter ab; Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt / Geprägte Form, die lebend sich entwickelt Goethe Urworte; etw. nimmt (feste) Formen an etw. nimmt (feste) Gestalt an: die Idee des Dichters nahm feste Formen an; /übertr./ die Auseinandersetzung nimmt scharfe, peinliche Formen an (gestaltet sich scharf, peinlich) neue Formen entwickeln; der Dichter ersann in seinem Geist eine andere F.; einem Plan F. geben; die eine Hauptgestalt … die erst in den späteren Kapiteln [eines Romans] Form und Umriß gewinnen soll St. Zweig Balzac 264; die Poesie hat verschiedene Formen; die eigenwillige Sprache des Dichters sprengt die F.; die F. der Novelle wählen; dieser Stoff eignet sich mehr für die epische als für die dramatische F.; etw. in eine gemäße F. bringen, (ein)kleiden der Schriftsteller goß sein Werk in eine andere F.; den Stoff in umgearbeiteter F. darbieten, darstellen, vorlegen; mit überkommenen Formen brechen der Inhalt befindet sich in Übereinstimmung, steht im Widerspruch mit der F.; diese Dichtung ist nach Inhalt und F. gleich vollendet der Künstler schuf ein nach F. und Gestaltung vollendetes Werk; man darf über der F. den Inhalt nicht vernachlässigen; Goethe war bis ins hohe Alter um eine reife, künstlerische F. bemüht
b) Philos. begriffliche Ordnung der Bestandteile eines Gegenstandes zu einer in sich gegliederten Einheit oder Ganzheit, Denkform: die Formen der Erkenntnis, des Denkens; die reinen Formen des Verstandes (Kategorien), die Formen der reinen Anschauungen (Raum und Zeit) /nach Kant/; dial. Mat. Organisation, Struktur der äußeren Gestalt der Dinge der objektiven Realität, die eine bestimmte Art der Wechselwirkung ihrer inneren Prozesse untereinander und mit den äußeren Bedingungen gewährleistet: das Primat des Inhalts gegenüber der F.; die Wechselwirkung von Inhalt und F.; F. und Inhalt sind von den Dingen nicht zu trennen; Die ganze organische Natur ein ununterbrochener Beweis der Identität oder Untrennbarkeit von Form und Inhalt Engels Dialektik d. Natur 325
c) die der Struktur der menschlichen Gesellschaft gemäße äußere Einrichtung, Gesellschaftsform: die Formen der menschlichen Gesellschaft, des sozialen Zusammenlebens; die republikanische, monarchistische, absolutistische F. eines Staates; [das deutsche Volk] das erst so kurze Zeit eine staatliche Form gefunden hatte A. Zweig Erziehung 243 in den letzten Jahrzehnten wurden alte kirchliche Formen preisgegeben; unsere Teilnahme am öffentlichen Leben vollzieht sich in demokratischen Formen;
d) der der Struktur der Natur gemäße äußere Erscheinungstyp: lebende, ausgestorbene Formen; die vielfältigen Formen der Pflanzen- und Tierwelt; alte Formen sterben ab; neue Formen entwickeln sich; Insekten treten in vielerlei Formen auf; das Eiweiß ging durch Abspaltung in eine andere F. über;
e) die der Struktur der Sprache gemäße äußere Wortgestalt, Sprachform: die starke, schwache F. des Verbs; die einzelnen Formen des Substantivs; läuft und lief sind zwei Formen des Wortes laufen;
4. äußere Art und Weise
a) der Formulierung, Darstellungsform: die F. eines Vertrags, einer Klage, des Eides; die übliche, hergebrachte, vorgeschriebene F. einhalten; die äußere F. des Aufsatzes ist gut; die gesetzliche F. beachten, verletzen; eine Bitte in eine angemessene F. kleiden; in herkömmlicher, gebührender, bester, bestimmter, bindender, feierlicher F.; etw. in allgemeingültiger F. aussprechen; Fragen in aufgelockerter, konzentrierter F. diskutieren; Während der Lagermeister diese Regeln in ansprechender Form entwickelte Kasack Stadt 413; der Redner trug seine Gedanken in leichtverständlicher, gedrängter F. vor; der Dichter hat an der Urschrift in der F. manches geändert und geglättet in aller F. unter Beachtung aller Vorschriften, förmlich: etw. in aller F. erklären; er hat in aller F. um ihre Hand angehalten; sich in aller F. entschuldigen; Formalität: etw. ist eine bloße, leere F.; etw. tun, nur um der F. zu genügen; rein äußerlich an der F. haften, kleben; etw. der F. halber tun; jmdn. nur der F. wegen besuchen;
b) des wechselseitigen Benehmens, Umgangsform: gebräuchliche, feine, gebildete, würdige, strenge, übertriebene Formen; die täglichen Formen des Umgangs; ein Mensch ohne jede F. (Lebensart) die äußeren Formen des Anstands beachten, wahren; Zwar beherrschte er die Form nicht völlig und verbeugte sich zu früh Th. Mann 7,26 (Königl. Hoheit) ; gute, sichere, keine Formen haben; die F. (nicht, gröblich) verletzen, außer Acht lassen; er hält viel auf hergebrachte Formen; etw. in anständiger, höflicher F. tun; jmdn. in scharfer, schroffer F. ab-, zurecht-, zurückweisen; man kann sich nicht über gesellschaftliche Formen hinwegsetzen; er verbarg seine Güte unter rauhen Formen;
5. /ohne Pl./ umg. körperliche und geistige Verfassung, sportliche Leistungsfähigkeit: ganz, hoch, glänzend in F. sein; Höfgen war blendend in Form K. Mann Mephisto 52; in guter, großer, hervorragender, schlechter F. sein; wir blieben, befanden uns in bester F. (Verfassung) seine sportliche F. halten, verbessern; der Spieler konnte seine einstige F. (nicht) wieder erreichen; die Mannschaft war nach der langen Spielpause völlig außer F. gekommen; unser Torwart war in der gewohnten F.; sich in eine bessere, ausgezeichnete F. steigern; der rechte Verteidiger spielte gestern weit unter seiner sonstigen F.; wieder zur alten F. zurückfinden;

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„Form“, in: Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (1964–1977), kuratiert und bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/wdg/Form>.

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