Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (WDG)

WDG, 2. Band, 1967

Freiheit, die

WDG, 2. Band, 1967
Freiheit, die; -, -en
1. /Pl. ungebräuchl./ Unabhängigkeit: /politisch, im Hinblick auf Staat und Gesellschaft/ Unabhängigkeit von äußerer, innerer Unterdrückung: die politische F.; die nationale F.; für die F. eines Landes kämpfen; dies Volk verteidigt seine F., rang um seine F.; die unterdrückten Völker streben nach F.; sein Leben für die F. einsetzen; einem Volk F. gewähren; die F. erringen; die F. dieses Volkes ist bedroht; die F. eines Volkes beschränken, geh. beschneiden; geh. der F. eine Gasse bahnen; das Volk dürstete nach F.; Brüder, zur Sonne, zur Freiheit Arbeiterl.; Es hebt die Freiheit siegend ihre Fahne Schiller Tell IV 2; dicht. das Morgenrot der F.; F., Gleichheit, Brüderlichkeit /Losung der Französischen Revolution von 1789/ in diesem Land herrscht F. (genießen die Bewohner demokratische Rechte) in diesem Staat gibt es F. nur für die Besitzenden; die demokratische F. wiederherstellen; Es gilt, das Prinzip der akademischen Freiheit neu zu durchdenken und ihr jede Fessel zu nehmen Butenandt 50 Jahre 16; die menschliche F.; Philos. Für ihn [Hegel] ist die Freiheit die Einsicht in die Notwendigkeit Engels Anti-Dühring 138; dial. Mat. Freiheit besteht also in der auf Erkenntnis der Naturnotwendigkeiten gegründeten Herrschaft über uns selbst und über die äußere Natur Engels Anti-Dühring 138; /persönlich, im Hinblick auf das Individuum/ die Beschränkung der persönlichen F.; sie [die alte Ordnung] nahm ihm die persönliche Freiheit Tucholsky Ganz anders 152; die individuelle, innere F.; die F. der Person; dem Individuum ein Höchstmaß an F. sichern; er wollte seine F. nicht aufgeben; im Urlaub genoß er seine F.; ein junger Mann müsse unbeschränkt die goldne Freiheit genießen F. Huch Pitt 188; [er] atmete im Wald den mahnenden Duft der Freiheit und des Vagantenlebens Hesse 5,299 (Narziß) ; umg. scherzh. die Kinder wuchsen in F. dressiert (frei) auf geistige Unabhängigkeit, Unabhängigkeit von Regel, Vorschrift, Gesetz: die geistige, künstlerische F.; man muß den Übersetzern eine gewisse dichterische F. zugestehen; die Frage nach Freiheit und Zwang in der semantischen Entwicklung Forsch. u. Fortschr. 1956; Bestehen für den Ablauf der Ereignisse in der Natur und im Geistesleben ganz bestimmte Gesetze, oder herrscht bei ihnen … Zufall, Willkür, Freiheit, oder wie man das nennen will? Planck Determinismus 4; Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, / Der täglich sie erobern muß Goethe Faust II 11575; Freiheit, die ich meine Volksl.
2. /steht der Bedeutung 1 nahe/ Möglichkeit, Recht, etw. ungehindert tun zu können, sich ungehindert entfalten, betätigen zu können: die F. der Entscheidung; er wollte sich die Freiheit seines Handelns vorbehalten Storm 7,262 (Schimmelr.) ; du hast die F., dich hier so oder so zu entscheiden; sie nahm für sich die F. in Anspruch …; ich habe mir die Freiheit, in den Tag hinein zu schlafen, jederzeit salviert Th. Mann 7,417 (Lotte) ; gespreizt ich nehme mir die F. (ich erlaube mir), dich daran zu erinnern ich lasse dir hierin volle F.; seine Gedanken wurden durch den Statthalter ihrer Freiheit beraubt Musil Mann 724; F. des Willens heißt daher nichts andres als die Fähigkeit, mit Sachkenntnis entscheiden zu können Engels Anti-Dühring 138; die F. der Meinungsäußerung, des Denkens, der Rede; Wir wollen Freiheit der Presse, der Gewerbe, des Handels Th. Mann 1,139 (Buddenbr.) ; die religiöse F.; die demokratischen, politischen, sozialen Freiheiten (Rechte)
3. /meist im Pl./ Vorrecht: seit einigen Wochen genießt er gegenüber seinen Mitschülern gewisse Freiheiten; Darf sich das Talent die Freiheiten nehmen, die sich das Genie nimmt? R. Schumann Schriften 1,32; hierbei handelt es sich um eine dichterische F. (freie Schöpfung, die man dem Dichter zugesteht) in diesem Roman findet man viele dichterische Freiheiten; hist. die verbrieften Freiheiten (Privilegien) des Adels Ungehörigkeit: die Schüler nahmen sich Freiheiten gegen den Lehrer heraus; du erlaubst dir zu viele Freiheiten;
4. /ohne Pl.; entsprechend der Bedeutung 3 von frei / F. für einen Inhaftierten fordern; die F. wiedererlangen; ich bin verhaftet, du kannst mich aber augenblicklich in Freiheit setzen E. T. A. Hoffm. 6,84; einem Gefangenen zur F. verhelfen; endlich war er wieder in F.; jmdn. seiner F. berauben; der Förster setzte das Reh wieder in F.;
5. /ohne Pl.; entsprechend der Bedeutung 12 von frei / Chem. Phys. Durch Erhitzen auf über 1000°C oder Auflösen in Säuren wird es [Helium] in Freiheit (in ungebundenen Zustand) gesetzt Wissensch. u. Fortschr. 1956; bei der Kristallisation wird Wärme in F. gesetzt;
6. Jur. die F. der Meere /das Prinzip, daß das Meer außerhalb der Küstengewässer keinem Staat gehört und im Gemeingebrauch aller Staaten steht/

Im WDG stöbern

a b c d e f g h i j
k l m n o p q r s t
u v w x y z - ' & µ
Fließwasser Freiheitstrieb
Zitationshilfe
„Freiheit“, in: Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (1964–1977), kuratiert und bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/wdg/Freiheit>.

Weitere Informationen zum Zitieren …


Weitere Informationen zum Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (WDG)