Deutsches Fremdwörterbuch | |
Skribent |
1. Aufl.
Band 4 (Kirkness u. a. 1978)
M. (-en; -en), im frühen 16. Jh. aufgekommen, zurückgehend auf (flekt.
Form von) lat. scribens (Part. Präs. von scribere ‘schreiben, verfassen; ab-, niederschreiben’), im 16./17. Jh. auch in den Schreibungen Schribent, Schrybent und den Nebenformen
Skriber und Skribist; zunächst in der Bed. ‘Schriftsteller, Autor, Verfasser’, vor allem
auf die Dichter, Geschichtsschreiber der Antike und die Kirchenschriftsteller bezogen,
dann auch allgemeiner verwendet, daneben vom 16.–19. Jh. vereinzelt auch für ‘Schreiber, Schreibgehilfe’; seit Mitte 18. Jh. zunehmend abwertend gebraucht in der heute
zentralen Bed. ‘Vielschreiber, Schreiberling’, gleichbed. mit seit dem 19. Jh. seltenem,
latinisierendem, scherzhaft-ironisch verwendetem Skribifax M. (-(es); -e) (aus lat.
scribere und facere ‘machen, tun’).
Daneben im 18./19. Jh. das unter Einwirkung von gleichbed. engl. scribbler aufgekommene Subst. Skribler ‘schlechter Schriftsteller, Sudler, Schreiberling’, mit den dazugehörigen verbalen Ableitungen skribeln und skriblerisieren ‘schreibeln’ und der
subst. Gelegenheitsableitung Skribelei ‘Geschreibe, Schreibelei’, durchweg pejorativ
und ironisch verwendet.
Belege
Luther 1518 Auszug (W. XVIII 213)
der ungelehrten Scribenten Römisches Stuhls
gefangen;
1524 Gespr. zw. e. Christen u. Juden
(Flugschr. Reformation I 415)
Scribent odder
schreyber;
1525 glaubwirdiger bericht b 2a
daz ich
siben gantze jar lang ... die biecher, schrifften
vnd schribenten durchlesen [habe];
Wircel 1535
Vom Beten mm 3a
des zuͦ merer sicherung, wöllen
wir von den schrybenten vnserer kirchen zeügnüs
lesen;
Paracelsus 1536 Wundartzney I a 6b
daz mir
mer nutz erschiess vnd bring, dann auss den
Scribenten der alten;
Schertlin 1538 Künstlich
trincken D 4a
Toxaris, Lucianicus, Atheneus, vnd
Companus, Auch ander glert scribenten mehr
Griechischer vnd Latinischer leer;
1544 (Urkunden
Tübingen 235)
Scribenten oder Authores;
Rivius
Vitruv. 63b
Scribent vnd Geschicht schreiber;
Spangenberg 1561 Jagteuffel M 3a
die heilige Schrifft,
wie auch sonst andere Scribenten;
ders. 1567
Gegenbericht a 4b
dieser Geselle, vnd newe Scribent;
ebd. G 4a
Was ich auss etslichen Vätern vnd Schulscribenten kürtzlich für Loca annotirt;
Federmann
1578 Petrarca b 7b
Petrarcha der fürtrefflich hochberümpt Scribent vnnd tewrer Poet;
Hansonius
1588 Warnung 45
alle Patres vnd Kirchenscribenten;
Schwartzkopf 1593 Herodot (Übers.) Vorr. 2a
etliche Griechische oder Lateinische Scribenten,
vnd sonderlich Historienschreiber;
Scherer 1595
Wundsegen A IIb
die schöne Exempel vnd Historien, die ich auss H. Schrifft vnnd andern bewerten
Scribenten einführen wil;
Rollenhagen 1603 Ind.
Reisen 64
als ich diese hendel in den scribenten
fand, kont ich mit jhnen, der lügen halben, nicht
sonderlich zürnen (DWB);
1619 Von der Bonorum
Cession Vorr. A 3b
aussführlich tractir, Mit wenig
Worten viel, glaub mir, Das ist ein recht Scribenten Kunst, Vnd bringt jhm bey dem Leser Gunst;
Grammann 1621 Wildschützen-Latein 56
aller Scribenten vnd hochgelarter Männer bücher Platonis,
Socratis;
Doverinus 1623 Propheceyung 37
dass, wann
Diener vnd junge scribenten so die Geheimnussen
abschreiben müssen, mit Eyden so hoch nicht beladen werden;
Servius 1640 Waffensalbe 39
was die
bewehrtesten Scribenten und erfahrenste Weinhändler von dem Wein berichten;
Harsdöffer 1644
Frauenzimmer Gesprechspiele ... Aus Italiänischen
Frantzösischen und Spanischen Scribenten angewiesen
(Titel);
Schilling 1677 Predigten Vorr. 3b
Scribenten,
und Geschicht=Schreiber;
Fischbach 1689 Tractätlein Von den schön. Wiss. 20
was ist einem ...
Scribenten anständiger als eine schöne Hand;
Prambhofer 1712 Traum-Ges. 264
Etliche Scribenten vergleichen die Schmeichler mit dem Thier
Chamaeleon;
Paullini 1719 Bauren-Physik 5
Johann
Baptista von Helmont ... ein sonst kein unebener
scharffsinniger Scribent;
Liscow 1739 Schr. 473
die
vortreflichkeit, und nothwendigkeit der elenden
scribenten gründlich erwiesen (DWB);
Gellert
1746 Fabeln I 44
Diess ist die Art lobgieriger Scribenten, Wenn sie um unsern Beyfall flehn;
ders.
1751 Br. IV 4
eine Stelle aus dem Cicero, Quintilian, oder aus einem neuern Scribenten;
Ramler
1758 Einl. IV 89
In allen guten Scribenten findet
man ein zusammenhangendes Gewebe natürlicher
Gedancken, die aus der gesunden Vernunft ...
hergenommen sind;
1781 Literar. Pamphlete 74
Ich musste ... mich nicht scheuen, diejenigen
öffentlich für elende Scribenten auszugeben, die
sich nicht gescheut hatten, elende Scribenten zu
werden;
Schubart 1791 Leben I 174
Luzian, Rabelais, Liskov, Piron, Rost und Heinse waren ...
seine Herzskribenten;
Horn 1822 Poesie I 31
vorlaute Scribenten;
Wit v. Dörring 1827 Lucubrationen
9
die Erbärmlichkeit, die Barbarei der deutschen
politischen Literatur, welche einem Haufen
revolutionärer und serviler Scribenten anheimgefallen zu sein scheint;
Ranke 1827 Briefwerk 117
so ein armer Exzerpierer, Dozent und Skribent
wie ich;
Immermann 1838–39 Münchhausen IV 117
‘herr scribent’, sagte er zu dem schreiber so gebietend (DWB);
Conradi 1884 briefl. (Liebesbeichte
19)
auch am hellen Tage, wenn breit und üppig
der Sonnenschein auf mir armen Skribenten liegt,
könnte ich Ihnen schreiben;
Suttner 1896 High-life
261
mit den Zeitungs- und Leinwandschmierern,
mit den „Skribenten und Komödianten“ und ihrem
Getriebe wird man sich doch überhaupt nicht
abgeben!;
Fontane 1898 Zwanzig 447
uns kleinen
Skribenten und Korrespondenten;
Voss 1901 Fra
Checco 46
ein Dichter war dieser Mensch nie. Nur
ein Skribent;
Berl. Illustr. Ztg. 1929 Nr. 41
Einen
schlechten Schriftsteller können wir also getrost
einen „Skribenten“ nennen. In solchen Fällen
hat das Fremdwort unter Umständen seinen
eigenen Reiz;
Lokal-Anz. 28. 1. 1933
nichts
bleibt ihm erspart, dem Kaiser Franz Joseph, nicht
einmal die Lächerlichmachung und Verzerrung
erfolgwütiger und bedenkenloser Skribenten;
Hübel 1940 Gipfelfahrten 84
einen armseligen Skribenten nennen.
Haug 1805 Epigrammen I 341
Mir ist,
wenn Scribifax sich bläht / Mit seines Ich Celebrität / Als hört’ ich einen dummen Knaben / Mit
Teufelslärm und Großgeprahl / Auf seinem
Steckenbucephal / zu Fuße traben;
Fontane 1889
Br. II 211
Solch’ Berliner Skribifax kann sich doch
nicht für unsere Schafställe interessieren.
Albertinus 1615 Gusman v. Alfarche 412
kein schand ists, dz ausz einem nobilisten ein
scribist oder scribent wirdt, dann ausz schreibern
werden grosse herren (DWB).
Merck 1773 Rhapsodie (Rein. Most 1909)
Wenn er nun Angst- und Lebens satt Bey zwanzig
Tag gescribelt hat;
Herder 1773 Knittelverse XXIX
528
auch darf ich nicht an Zäunen lesen was jeder
Dichtling gut gewesen im Skribeln, Hungern,
Betteln, Klagen;
Lichtenberg 1792 Br. III 64
Ich ...
bitte wegen meines unbändigen Skribbelns um
Vergebung (alle GANZ).
Kollonetz 1785 Verf. 17
vernunftlose
Skribeleyen;
Fink 1794 Ekto v. Ardelk und Elika
v. Bollershausen Vorw. o. S.
Und könnten manchem
Autorwicht Zu aller wahren Christen Freuden Ein
wenig die Skribeley verleiden (GANZ).
Lessing 1754 Neues a. d. Reiche d. Witzes
IV 412
Skribler hält eine Lobrede auf die prophetischen Träume (GANZ);
Riedel 1767 Theorie 10
verweisst ihn in das Land der Pedanten und
Barbaren, um dort mit den Occamen und Scriblern in unergiebigen Schachten für die Vergessenheit zu arbeiten;
Michaelis 1772 Poet. Werke 68
Wie
werden dann die jungen Scriblers wettern
(GANZ);
1784 Leben d. Eulenspiegel I 194
Empfindler, Liebler, Scribler, Dichterlinge, Frömmlinge, Critikaster und Leserlein;
Nicolai 1790
Anekdoten I 325 Anm.
Dieser verächtliche Scribles
hat die Niederträchtigkeit ... hinzuzufügen;
Lindenau 1790 Beleuchtung 4
aber wenn ein boshafter Skriebler sich verkappt, um als litterärischer
Popanz mit seiner Skrieblerpritsche einen Theil der
Publicums zusammen zu trommeln;
Laukhard
1796 Leben III 233
alle andern Skribler und Sudler;
Wit v. Dörring 1827 Lucubrationen 10
ein besoldeter
Scribler, oder ein hungeriger Taugenichts;
Frey
1844 Bilder a. Welt u. Zeit 73
Nicht einmal der
elendste Scribler, nicht einmal die Hefe des deutschen Gedanken-Pöbels machte das;
1846 Neue
Europa I 336
Unpatriotischer Kölner! oder fremder Scribler, der wieder einmal in die Welt schreibt,
was ihm einfällt;
Bruckbräu 1870 Heer 7
Ein miserabler Skriblerpack Sind solche feige Dichter, Die
fröhnen nur dem Zeitgeschmack;
Wuttke 1875
Zeitschriften 65
wüsten Geschrei windiger Skribler.