Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

Es wurden mehrere Einträge zu Ihrer Abfrage gefunden:

mutz, m.

mutz, m.
allgemein etwas kurzes, verschnittenes, verstümmeltes, wie motz sp. 2603.
1)
ein thier ohne schwanz: wie eim fränkischen oder schwäbischen rosz ein reuter den schwanz abgehauen, dadurch zum mutzen gemacht, auf dasz er jme ein starken hübschen hoffertigen rucken ziehe. Paracelsus chir. schriften 309 C; wann aber der sommer kompt, so hat dieser mutz nichts, damit er ihm der fliegen wehre. ebenda; schwäbisch mutz, pferd mit abgestumpftem schweife. Schmid 396 (mit beleg von 1525); als kosende bezeichnung eines rosses: sehet da meinen küheschwanz, mein muckelwadel, meinen mutzen, aha der kan stutzen. Garg. 134ᵃ; bair. mutz, thier, besonders pferd, rind, dem der schwanz abgehauen. Schm. 1, 1706 Fromm.; vom hammel: unter einer heerd schafe werden ja nicht lauter reutige und unbändige staarhammel oder faule mutzen .. sein. mägdelob 4; vom esel: wo der esel in den ersten zehen jahren keinen schwanz kriegt, bleibt er gewisz ein mutz. Frisch 1, 680ᵃ; im Aargau der muz, hund mit gestutztem schwanz. Hunziker 187; in Hessen ist mutz gewöhnlicher name der schäferhunde mit gestutztem schwanz; auch das schwanzlose huhn heiszt hier und da so. Vilmar 278; in Bern der bär wegen seines stumpfschwanzes (ein bärenmutzle, ursulus Maaler 49ᶜ), auch als wappenthier, und davon scherzweise auch die gesamtheit des bernischen volkes; die quabbe: barbocha, ein alquap, almutz. Alberus q 2ᵃ.
2)
schimpfwort für menschen: nassauisch ist motz, mutz, motzsack, motzkopf ein verdrieszlicher, miszlaunischer mensch. Kehrein 283; stilla mutz! Wickram rollw. 5, 4 Kurz;
ei stilla mutz, dw dropf und laur!
dein fraw hat denoch sorg auf dich.
H. Sachs fastn. sp. 1, 151, 152;
mutz wie dieb:
weil die mutzen diebsseck han.
Eyering 1, 691.
3)
von dingen, in verschiedener weise.
a)
mutz, stummel, abgebrochenes stück überhaupt. hessisch. Vilmar 278.
b)
mutz, ein kurzes kleidungsstück; bair. der mutz, mutzen, kurzes oberkleid, camisol, überjacke, besonders des weiblichen geschlechts auf dem lande. Schm. 1, 1706 Fromm.; in Oberhessen mutz, weiberjacke ohne ermel. Vilmar 272; schwäb. mutz und mutzen, bauernwamms und weibliche kleidung. Schmid 396; fränkisch der mutzen, kittel der frauen, rock der männer. Fromm. 6, 330, 391; schweiz. der muz oder muze, kurzgestutzter frack. Hunziker 187; von dieser stund an faszte ich die gedanken, dieser fremde herr im sammeten mutzen müsse ein heiliger mann sein. Simpl. 1, 125 Kurz. mutz auch weibliche kopfbedeckung. Stalder 2, 227.
c)
mutz, der putz, staat. Schm. 1, 1707 Fromm.:
wie wol man sagt und auch vil singt
von Fritzen Hanenfeder,
so weisz ich doch   dasz er mir noch
als pald sich nit mag gleichen;
ich pin der man   der weisz und kan
mich zuͦ dem mutz aufstreichen.
Uhland volksl. 645;
vergl. aufmutzen und mutzen.
d)
mutz, eine bier- oder schrotleiter, worauf man die fässer in den keller läszt. Jacobsson 3, 113ᵇ.
e)
mutz, plur. mutzen, eine art Ruhler messerklingen. ebenda 6, 616ᵇ.
f)
mutz, bei den gewehrschmiden eine eiserne schraube, welche anstatt der schwanzschraube eingeschraubt wird, und ein loch hat, durch welches man das pulver anzünden kann. Frisch 1, 680ᵇ.
4)
mutz, vulva, neben dem fem. mutze, s. d.: von geburt sind sy (die hundsköpfe, eine affenart) am männlichen glid beschnitten, das sy dann grosz haben: dem weib hanget sein mutz stätigs für den leib ausz. Forer thierb. 7ᵇ; als schimpfwort für die inhaberin desselben, in klunkermutz, femina sordida th. 5, 1298, verdunkelt aber ist die bedeutung gänzlich wenn im Aargau en guete muz ein gutes weibchen heiszt. Hunziker 187, ähnlich wie bei muschel 3, e, oben sp. 2732; in bösem sinne mutz, motz, scortum, erzmutz, proseda, prostibulum. Stieler 1315; die redensart: dummel dich mutz, du must daran. finkenritter B 6ᵇ; dummel dich, mutz! Schade sat. u. pasqu. 3, 287, 10; niederd. als ausruf beim würfelspiel: tummel die mutte! auch tummel di mutzki! was an nd. mutte, sau, zuchtschwein, angelehnt wird. Dähnert 317, wird eher zu 1, als hierher gehören.
5)
wenn mutz in seiner allgemeinen bedeutung, samt dem dazu gehörigen adjectiv mutz und verbum mutzen (s. unten), ital. mozzo, stumpf, verstümmelt, span. mocho, franz. mousse (Diez wb. d. rom. spr. 1, 283) zur seite hat, so sind wol diese fremden wörter, worauf ihre lautverhältnisse hinweisen, entlehnungen aus dem deutschen. unser wort, mit der nebenform motz (vergl. dasselbe mit motzen und motzig) kann nicht, wie th. 1, 694 unter aufmutzen angedeutet wird, mit dem sp. 2728 aufgeführten murz und seinen viel früher als mutz nachweisbaren verwandten zusammen hängen, da die so beliebte hochd. verbindung rz in einfaches z nicht übergeht, und neben formen wie kurz, wurz, schmerz, herz, schwarz solche mit ausgefallenem r unerhört wären. urverwandtschaft mit lat. mut-ilus ist gleichfalls ausgeschlossen. den einzigen anhalt in der dunkelheit der beziehungen gewährt ags. mot, splitter: brôđur, þafa þät ic ût adô þät mot of þînum eágan (sine ejiciam festucam de oculo tuo). Matth. 7, 4; attomos (d. i. ἄτομος), mot Wright gloss. 267, 14; atomo, mote 355, 24; niederl. mot, plur. motten, späne, abfall von zimmerholz, auf die grundbedeutung des abgehauenen und abgespalteten weisend; eine weitere sichere brücke zu andern wortreihen läszt sich aber nicht schlagen. zu mutz scheinen musche mit der nebenform mutsche, kuh und liederliches weib sp. 2730, und mosche mit der nebenform motsche sp. 2595 zu gehören, wenn sie verdunkelte weibliche adjectivbildungen aus mutzische, motzische sind.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 15 (1885), Bd. VI (1885), Sp. 2837, Z. 17.

mutz, m.

mutz, m.
der muck. schweizerisch: er thuet nid mutz, dkei mutz meh, rührt sich nicht. Stalder 2, 227. mutz steht für den brummton muchz (vergl. sp. 2604 unten) wie blitz für blikz, th. 2, 129. vergl. dazu mutzen für muchzen.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 15 (1885), Bd. VI (1885), Sp. 2838, Z. 36.

mutz, adj.

mutz, adj.
abgestutzt, verkürzt, kärglich. Stalder 2, 227; muz, gestutzt, er ist z'muz, seine kräfte reichen nicht aus. Hunziker 187; adverbial, übertragen: Hans Joggi läuft zu seinem agenten, kriegt kein geld, nur schnöde worte. er könne nicht hexen, sagt der agent .. man fertigt ihn mutz und puckt ab (kurz und bündig). J. Gotthelf schuldenb. 21.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 15 (1885), Bd. VI (1885), Sp. 2838, Z. 40.

mutzen, verb.

mutzen, verb.
1)
abschneiden, verstümmeln: dann sie jhrem keim den hon thun wolten, wie keiser Heinrich der vogler den hunischen Ungarn, das sie jhnen schäbige gemutzte und gestutzte hünd solten für tribut auferlegt haben. Garg. 215ᵃ; sein (des uhus) hinderteil aber ist stumpf und kurz, als ob er gemutzt wäre. Heuslin vogelb. 159ᵃ; auf eine zeit sahe er, dasz der junker seine rossz alle mutzen und jnen die schwänz abhauwen liesz. Kirchhof wendunm. 346ᵃ; wenn der fuchs den schwanz verlohren hat, so sagt er es sei ein last, und wolt, das andere jhre schwänz auch lieszen mutzen. Lehmann flor. 1, 248; das haar wechst wider ob man sie (die leute) schon blatt beschoren und gemutzt. 564. vgl. mutz 5. Kilian verzeichnet ein niederl. moetsen, mutsen, mutilare, truncare, detruncare, abscindere, amputare, secare, mit einem adj. moetse, mutilus, mutilatus, lacer, truncus, truncatus membro aliquo (proprie dicitur de canibus, equis et aliis animalibus cauda, auribus, aut juba truncis), offenbar eingedrungene bildungen.
2)
mutzen, umgelautet mützen (Maaler 295ᵃ) schmücken, putzen, ist unter aufmutzen th. 1, 694 aus dem vorigen mutzen hergeleitet, und wie es scheint, nicht ohne fug, wenn auch der übergang nur erraten werden kann. ein ähnlicher bedeutungsübergang von stutzen, kürzen, kürzer machen zu dem des herausputzens (vergl. aufstutzen th. 1, 755) wirft auch auf den von mutzen einiges licht; wir müsten glauben, es sei im späteren 14. und 15. jahrh., wo einerseits die sog. zatteltracht,
mit zotten und mit lappen
an rocken und an kappen.
meister Rennaus 9 Schönbach,
andererseits die kurzen, engen und ausgeschnittenen röcke üblich waren, ein ausdruck der schneider gewesen, der von dem sinne des modischen zuschneidens zu dem des modischen kleidens und des schmückens überhaupt sich gewendet habe; indes gibt nur das iterativ mützern (s. d.) eine stütze für diese vermutung. mutzen tritt uns seit dem späten 15. jahrh. in der allgemeinen bedeutung putzen, schmücken, entgegen (im 16. jahrh. auch ins nd. aufgenommen, Schiller-Lübben 3, 142ᵇ), und steht
a)
transitiv, einen mutzen: die weil so mutzet die jungfrau, und unterweiset sie, das sie geneigt sei zu der hochzeit. A. v. Eybe philogenia 112ᵇ; aber ehe sie sichs versahe, war die jungfer gebutzt und gemutzt. Simpl. 3, 295 Kurz; bisz das zusammen gemuzte staubigte döcklein hinein (in die kirche) käme. mägdelob 60;
so gehn wir (in der fastnacht) umb umschanzen,
prassen, rassen, danzen, ..
butzen, mutzen und larfiren,
den schnabelkönig führen.
Garg. 50ᵇ.
b)
reflexiv, sich mutzen: wie sie (die jungen frauen) sich uf den danz mutzen sollen und das zu der hoffart dient, das wissen sie wol. Keisersberg evang. 121ᵇ; alte hen (hähne) und hennen, geistlich und weltlich, und wenn sie sich lang mutzen, so seind sie ein wenig hübscher den sant Anstets futerfasz, das ist ein wenig hübscher dann der tüfel. brösaml. 1, 59ᵇ; so ylen sie, das sie sich mutzen und anlegen vor dem spiegel. 2, 29ᵃ; und weistu nit der weiber art? dieweil sie sich mutzen, ist ein jar hin. Bolz Terenz 89ᵃ (heautont. 2, 2: dum moliuntur, dum comuntur, annus est); diewil die sponz noch nit ganz entlediget ist, sunders teglich sich mutzt und zirt zuͦ der hochzit. Karsthans 177, 18; aber sonst muszt herhalten, was zartlichkeit und wundersamens war, darmit man sich mutzet und spiegelt. Garg. 138ᵇ; von der katzen, das sie sich streichelt, leckt, mutzt und butzt. Fischart ehz. 544;
darnach hebt man ein tanzen an,
do sich unser tochter und frauen
vor mutzen auf und lassen schauen,
in perlein, rocken, guldin kronen.
fastn. sp. 380, 12;
kein on den spiegel etwas duͦt:
ee sie sich schleigeren recht dar vor
und mutzen, gat wol usz ein jor (vgl. oben aus Terenz).
Brant narrensch. 60, 22;
wie man sich mutz, schmyer, nestel, brisz.
89, 7;
glich als ein narrin die sich mutzt
und spieglen duͦt der welt zu trutz.
92, 41;
sy mutzen sich und schmieren sich
und thuͦndt sich an so suberlich.
Murner geuchm. C 3ᵇ;
wie sich die wyber weschen mutzen,
also thuͦnt sich die man uff butzen.
n 1ᵇ;
des mansz gondt muͤszig durch myn radt
der sich selb uff gepflanzet hatt
und mutzt sich, wescht sich wie ein wyb
oder zieret sunst synen lyb.
o 2ᵃ;
ein manszbild sol sich nit aufbutzen,
als sich die jungen buͦler mutzen.
Grobian. A 3ᵃ (v. 156);
da sasz ain weis katz dort im haus,
und mutzt sich mit den pfoten glanz,
wie ein jungfreulin zu aim danz.
Fischart flöhhaz v. 2073;
umgelautet mützen: die weil sy sich mützt und rüst, dum se uxor comparat. Maaler 295ᵃ; sich mützen und zieren, colere se. ebenda; sich im angesicht mützen und hüpsch machen, vultus componere. ebenda;
ja er hat sich zur hochzeit gmützt.
Thurneiszer archid. 12.
3)
herfür mutzen, hervorstreichen, hervorheben, vergl. dazu aufmutzen 2, th. 1, 693 und herfür th. 4², 1095: solchs wird ich hernach basz herfür mutzen. Aventin. beschr. Beyerns XIII; da (in rechtshändeln) füret man erzu, und nimpt zu hülfe, was ein schein des rechten haben wil, mutzet und schmückts also erfür das das recht diesem zufallen mus. Luther 4, 407ᵃ; die ritterlichen thaten seiner vorfahren soll er (der hofmann) nicht herfür mutzen. Albertini hofschule (1610) 34ᵇ; sich herfür mutzen, sich hervor machen: weil ich sehe, das die sophisten .. sich erfür putzen, als hetten sie noch nie kein unthetlin begangen, der hoffnung, weil wir eine zeitlang daher gegen sie geschwiegen, und uns mit den rottengeistern geschlagen, sie wolten in des daher schleichen, und aus jrem schandloch erfür sich mutzen, das man all jr lesterlichs leren und wesen, vergessen solle. Luther 5, 161ᵃ.
4)
mutzen, als einfaches wort (und im gegensatz zu aufmutzen, vermutzen) für die schriftsprache veraltet, lebt noch in oberdeutschen mundarten: bair. mutzen, putzen Schm. 1, 1706 Fromm.; kärntn. mutzen, putzen, stutzen, abschneiden, si mutzen, aufmutzen, sich aufputzen, schmücken Lexer 191; schweiz. muze, transitiv und reflexiv, putzen, schmücken, schniegeln Seiler 215ᵇ; auch vom schönen des getreides: das korn war schlecht gemutzet, es waren noch eine menge halber ähren. J. Gotthelf Uli der knecht 138; im niederd. mit hochdeutscher lautstufe, mutzen, zieren, putzen. brem. wb. 3, 210.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 15 (1885), Bd. VI (1885), Sp. 2841, Z. 3.

mutzen, verb.

mutzen, verb.
mucken, brummen, vergl. das zweite masc. mutz sp. 2838: gab mir derowegen anfänglich wunder, dasz obengedachter elender schindhund .. wider sie mutzen dorfte; aber er machte sich mausiger, als ich ihm zugetraut. Simpl. 2, 133 Kurz; ohne weiter zu brummen und zu mutzen. der junge Göthe 3, 12. das hessische mutzen, anderswo motzen, vgl. oben sp. 2603, mit der bedeutung gesichter schneiden, maulen u. ä., gehört wol nicht hierher, sondern, da es offenbar an die verzerrung des gesichts anlehnt, zu mutz, truncus, oben sp. 2837. aus dem Waldeckschen verzeichnet mutzen eigensinnig sein Curtze 485ᵇ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 15 (1885), Bd. VI (1885), Sp. 2842, Z. 38.

mützen, verb.

mützen, verb.
die mahlmetze nehmen:
ja der dieb (der müller) hat zu vil gemützt.
ich hab das meel geknetten ietzt,
es gehn mir ja schir zwen läib ab!
J. Ayrer 433ᵇ (2177, 25 Keller);
und weil die müller mützen gern,
den baurn die seck zu gar weit lern,
so müssen sie jhr dieb auch sein.
435ᵃ (2186, 7).
es ist geschrieben für mitzen, wie die oberpfälzische und fränkische form neben metzen lautet; vergl. metzen sp. 2155.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 15 (1885), Bd. VI (1885), Sp. 2842, Z. 48.

Im ¹DWB stöbern

a b c d e f g h i
j k l m n o p q r
s t u v w x y z -
muttergemeinde mückenente
Zitationshilfe
„mutzen“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/m%C3%BCtzen>.

Weitere Informationen …


Weitere Informationen zum Deutschen Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)