Deutsches Fremdwörterbuch
Gavotte
F. (-; -n), Anfang 17. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. gavotte (< provenzal. gavo(t)to, Name eines Volkstanzes der Gavots, Bewohner der provenzalischen Alpen).
Historische Bezeichnung für einen aus Frankreich stammenden, zunächst bei Hofe gepflegten, im 19. Jh. zum Gesellschafts- und Modetanz erhobenen, lebhaft-munteren, in kreisförmigen Reihen getanzten Paartanz in gerader Taktart (Zweizweitel oder Vierviertel), mit Zweiviertelauftakt und zwei aus je acht Takten bestehenden Reprisen, auch (seit J.-B. Lully) für das entsprechende, zum Tanzen gemachte Tonstück von fröhlich-beschwingtem Charakter, das in freier behandelter Form in Sonaten, Suiten u. Ä. eingeführt wurde und auch in Ballette und Opern einging (s. Belege 1739, 1754, 1792, 1886, 1932, 1985, 1991; vgl. Allemand, Courant, Gigue, Menuett, Rondeau, Sarabande), vereinzelt übertragen (s. Beleg 1989; vgl. Reigen), in Wendungen wie eine hüpfende, muntere, beschwingte, spritzige Gavotte, sie tanzte eine französische Gavotte, er sucht in der Gavotte seinesgleichen, die Gavotte wird wieder in moderne Suiten eingeführt und Zss. wie Gavottepaar, -rhythmus, -satz, -schritt, -zirkel; Ascot-, Kontrabass-, Stefanie-Gavotte, Prinzengavotte.

Belege

zu Gavotte (25)
Praetorius 1612 Terpsichore X
eine Gavotte . . Gavotte: Ist ein Landt darinnen eitel Bawren wohnen/ von welchen dieser Dantz erst herkommen (JONES);
1677 Machiavell. Hocuspocus 605
Da uns ein neu courant brandel oder Gavotchen so viel Mühe und Geld kostet;
Beer 1683 Sommer-Täge (Winter-Nächte 629)
Mancher tanzet heut auf einer lustigen Hochzeit hüpfende Gavotten, und morgen sitzet er traurig hinter dem Ofen, hält den Kopf in die Hand und kalmeusert mit sich selbst, daß er gestern so viel Geld ad patres gejaget hat (DiBi 125);
Thomasius 1701 Kl. Schr. 83
was für Unterscheid sey zwischen dem Tantzen zu der rechten und lincken Hand; was eine brandel, eine gavotte, eine Courante simple . . für Dinger wären;
Sperander 1727 A la Mode-Sprach 275
Gavotte, eine gewisse Art eines Tantzes, welcher im Kreisse geschiehet;
Mattheson 1739 Capellmeister 208
bey einer Gavotte [geht der Zweck] auf jauchzende oder ausgelassene Freude;
Gottsched 1754 Auszug a. Batteux Schöne Künste 200
nach dem sich die Componisten zu schämen angefangen, daß ihre sogenannten Suiten, nichts als Tänze, d. i. Sarabanden, Bourreen, Gavotten, Allemanden . . bedeuteten;
Sulzer 1792 Theorie II 309a
Gavotte . . Ein kleines zum Tanzen gemachtes Tonstük von mäßig munterm und angenehmen Charakter;
E. T. A. Hoffmann 1822 Kater Murr (Poet. W. V 445)
Wäre es nicht für einen ehrsamen Benediktiner unanständig, sich in Hasensprüngen zu erlustieren, ich tanzte sogleich hier auf der Stelle vor Ew. Hochehrwürden Augen einen Matelot oder eine Gavotte oder einen Hopswalzer aus purer Freude, die mich ganz übernimmt, wenn ich nur an Braut und Hochzeit denke (DiBi 125);
Heine 1843 Atta Troll (W. u. Br. I 358)
Und vom Boden springt er plötzlich,/ Stellt sich auf die Hintertatzen,/ Und wie eh’mals tanzt er wieder/ Seinen Leibtanz, die Gavotte./ Stumm, mit aufgesperrten Schnauzen,/ Schauen zu die Bärenjungen,/ Wie der Vater hin und her springt/ Wunderbar im Mondenscheine (DiBi 125);
1846 Urania 6
ich . . tanzte . . Gavotte, schwang meinen Shawl um Haupt und Schultern und wiegte mich graziös bald rechts bald links;
Böhme 1886 Gesch. d. Tanzes I 130
Beispiele der alten Gavotte sind zu finden bei Händel . . Gluck . . In jüngster Zeit ist die Gavotte wieder in moderne Suiten eingeführt und als Salon-Tanzstück, sogar als Konzertstück beliebt geworden;
Diringer 1889 Tanzkunst 20
Zu den Tänzen, welche ihren Ursprung aus den französischen Departements herleiten, gehört auch die Gavotte und das Menuett, das sich bis Anfang unseres Jahrhunderts erhalten [hat] und erst durch den Contretanz und die Quadrille à la cour verdrängt wurde;
Kerr 1895 Br. a. d. Reichshauptstadt 10
Man tanzte also zwei Menuetten in jeder Gesellschaft . . Dann, im vorigen Winter, kamen Bandour und Gavotte auf . . Mit einem nahezu religiösen Eifer wurden diese Tänze gepflegt, und es tat der Begeisterung keinen Abbruch, daß die Gavotte ausschließlich in rein-arischen Gesellschaften getanzt ward, während der Bandour mehr in gemischt-konfessionellen Kreisen Bewunderung weckte;
Thurau 1901 Refrain 402 Anm. 
aber die Gavotte . . verlangte nicht nur den Kuss, sondern auch die Blumengabe;
Reibnitz 1928 Gestalten 181
Gavotte und Menuett, von der Hoftanzlehrerin Frau Wolden einstudiert, begannen hier ihren Siegeslauf;
Gebauer 1932 Kulturgesch. 146
Alte und neue Tanzweisen, Allemanden, Couranten, Gigues, Gavotten, Menuette und Polonaisen wurden zu einheitlichen Klavierstücken vereinigt;
Welt 14. 7. 1949
von Gavotte bis Samba – rätselhafte Tanzstunde;
Manstein 1958 Soldatenleben 30
Den hübschesten Anblick aber boten zweifellos die . . Prinzengavotte, eine Quadrille oder Française. Sie waren für die Hofgesellschaft in sogenannten Gavottezirkeln . . einstudiert und vor dem ersten Hofball auch im weißen Saal durchgeübt worden;
Mannh. Morgen 22. 1. 1985
Dessen [Johann Sebastian Bachs] Gavotte, ein sehr bekanntes Stück, erklang mit klarem Profil;
ebd. 7. 12. 1989
Gavotte der Gespenster (Überschr.) „Panic Beach“, mit seinen schrägen, schlitternden Harmonien, schildert die gespenstische Gavotte gescheiterter Existenzen;
taz 17. 6. 1991
So fügt sich alles, Amor hat gesiegt, das begeisterte Ensemble tanzt Gavotten, Rondeaus und Rigaudons. Rameau hat Les Boreades 1764 geschrieben, in seinem letzten Lebensjahr;
Salzb. Nachr. 21. 11. 1991
Gavotten, Choräle, Arien, Duette, Couplets – die ganze Tradition der Opernmusik wird zu einem buntscheckigen Ganzen vereint;
Mannh. Morgen 25. 9. 2000
Zwischen der Folge Prelude, Allemande, Courante, Sarabante und der abschließenden Gique [!], sind immer ein Paar leichter, beschwingter Tanzsätze, wie bei der fünften Suite ein Gavotten-Paar, eingeschoben;
FAZ 20. 1. 2005
Der burlesken Gavotte folgten im letzten Satz brillant die nur so dahinjagenden Figuren der Violinen und Holzbläser.