Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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fern, ferne

fern, ferne,
dem ferr, ferre zur seite. die liquide gemination rr scheint immer erst aus verbindung des r mit einem andern laut hervorgegangen, und auf ähnliche weise verhält es sich mit ll, mm, nn. rr entsprang zumal aus rn, rs, ri, von welchen hier blosz rr aus rn in betracht steht. das goth. stairnô, ahd. stërno, nhd. stern ist also alterthümlicher als das ags. steorra und die ahd. nebenform stërro; das goth. gairns, ahd. kërn, ags. gëorn, altn. giarn setzen einen stamm gairan voraus, wie das altn. biörn, ags. beorn auf bairan weisen, aus welchem ahd. përo entsprang, neben goth. ara, ahd. aro, altn. ari steht ags. earn, altn. örn. in diesen drei letzten wortreihen hat sich kein rr gezeigt, man müste es denn in orrusta = ërnust, eornest (sp. 924) zugeben. also stände auch goth. fairra, ahd. fërro, mhd. vërre, altn. fiarr, ags. feorr unserm nhd. fern nach, das seine ursprüngliche gestalt treuer bewahrt hätte. ahd. fërno bei Graff ist unsicher. mhd. blickt vërne kaum auf, es steht gr. Rudolf Fᵇ, 9: gërne, die stelle Heinrichs von Morunge MS. 1, 53 (MSF. 135) wurde schon gramm. 1, 390 angeführt, und der vf. des mhd. wb. 3, 301ᵃ hat kein anderes beispiel hinzugefügt, hier ist stërne : vërne : gërne gereimt, die beiden ersten lieszen sich in stërre : vërre ändern, wenn es nicht gërne untersagte, das niemand mit einem unerhörten gërre vertauschen wird, und wo käme für dorn korn horn hirn harn mhd. irgend ein dorr korr horr hirr harr zum vorschein? zwar Stalder (landesspr. der Schweiz s. 68) berichtet uns, dasz heute an einigen orten chorre, horre, gerre u. a. m. gesprochen werde für korn, horn, gern. ferre und ferne sind gleichberechtigt. ja, neben goth. fairra procul begegnet auch rn in dem offenbar verwandten fairnis vetus, welchem ahd. mhd. sein i verblieb, das aber nhd. bald firn, bald fern lautet und von dem hernach besonders zu handeln ist (sp. 1535). fairra und vërro stehn aber zunächst dem lat. porro, gr. πόῤῥω, deren rr aus πόρσω, πρόσω assimiliert wurde, während unser deutsches rr aus rn erwuchs. wie verträgt sich diese abweichung? ich werde unter ferre darauf zurück kommen. fern geht, wie lang, als adv. und adj., beides auf raum und zeit, während weit mehr auf den raum eingeschränkt ist.
I)
adverb, procul, longe, prov. long, it. lungi, lontano, sp lejos, fr. loin.
1)
allein stehend neben dem verbum: einen schweren stein kann man nicht ferne werfen. Henisch 1070, 70; es ist bös fern springen ohne stab; lauft ein esel fern, er ist drumb nicht desto gelehrter; wo der vogel singt, da ist das nest nicht fern. 1072; so schickt er botschaft, wenn jener noch ferne ist, und bittet umb friede, ἔτι αὐτοῦ πόρρω ὄντος, vulg. adhuc illo longe agente, goth. nauhþanuh imma fairra visandin. Luc. 14, 32; da sie das höreten, sprachen sie, das sei ferne, μὴ γένοιτο, vulg. absit, goth. nissjai = nih sijai. 20, 16; denn ewer und ewer kinder ist die verheiszung, und aller die ferne sind, welche gott erzu rufen wird. apostelg. 2, 39; das sei ferne, μὴ γένοιτο, vulg. absit. Röm. 3, 4; 3, 31; 6, 2; 6, 15; 11, 1. 11, goth. nissjai; 1 Cor. 6, 15; Gal. 2, 17, goth. nissjai. noch heute: das ist fern, das soll nicht geschehen, das sei fern, das geschehe nicht. bleib fern! komm nicht näher; o lasz mich fern! Gotter 3, 492;
tretet mir nicht nah,
bleibt ferne stehen.
Schiller 550ᵇ;
da ist nah und fern
kein busen, der ihm freundlich schutz gewährte!
539ᵇ;
und sie sieht mich schmetterling.
zitternd vor des freunds verlangen
springt sie auf, da flieg ich ferne (procul avolo).
Göthe 1, 57;
ferne bleib, o jüngling, bleibe stehen!
1, 244;
und nicht fern mehr lagen die gartenumgebenen häuser.
40, 284;
über diese darauf ein groszes bewundertes grabmal
schütteten wir das heilige heer kampffroher Argeier
am vorlaufenden strande des breiten Hellespontos,
dasz es fern erschiene den meerdurchschiffenden männern,
allen die jetzt mitleben und spät aufblühn in der zukunft.
Od. 24, 83;
auch zwo mächtige lanzen gespitzt mit der schärfe des erzes
faszte der held, dasz ferne das erz zum erhabenen himmel
stralt.
Il. 11, 44;
in fern nachahmenden zügen erreicht unsre seele zuweilen die spielende natur. Schiller 315ᵇ. dies fern nahm sonst oft den abstracteren sinn von sehr, multum, valde an, wie er auch mit weit oder dem lat. longe verbunden wird: so nu die geistliche gewalt ewige güter der seel anbeut und allein durchs wort und sacrament geübet wird, ist sie fern unterschieden von weltlicher gewalt. Augsb. conf. bei Luther 6, 375ᵃ = corp. doctr. chr. 36; Moirette heiszt sie, aber ihr geschlechte ist ferne bekandt. polit. stockf. 63;
wer der natur laterne
geht nach, irrt selten ferne.
Logau 3, 140, 18.
in folgenden redensarten haftet der sinn von procul: was man ferne holt ist süsz; willst du was finden, suchs nicht fern.
2)
mit darauf folgenden praepositionen,
a)
von: wenn jemand ferne von euch uber feld ist. 4 Mos. 9, 10; das sei ferne von dir, das du das thust. 1 Mos. 18, 25; das sei ferne von mir. 1 Mos. 44, 17; ist aber die stet fern von dir. 5 Mos. 12, 21; da stund das wasser seer ferne von den leuten. Jos. 3, 16; er ist nicht ferne von einem iglichen unter uns. apostelg. 17, 27; als sie etwas ferne von dem schlosz angekommen. pers. rosenth. 3, 1; er wohnt fern von uns; ich bin fern von dir.
b)
vor: es ist noch fern vor tag, nacht; er steht fern vor dir;
merk auf, feins lieb, was ich sag,
es ist noch fern vor jenem tag.
Ambr. lb. s. 56;
Moses aber nam die hütten und schlug sie auf, auszen ferne fur dem lager. 2 Mos. 33, 7.
c)
über: zoch ferne uber land. Luc. 15, 13, goth. aflaiþ in land fairra visandô;
es ist fern über mitternacht.
Gryphius 1, 58.
3)
steht ein dat. dabei, so bleibt zweifelhaft, ob fern adv. oder adj. und man kann beides annehmen: die unter den völkern umb euch her sind, sie seien dir nahe oder ferne, vulg. in circuitu gentium quae juxta vel procul sunt. 5 Mos. 13, 7; er steht mir und meinen gedanken fern;
o mein stern,
soll ich fern
deinen sänftigenden stralen schreiten?
Rückert ges. ged. 1, 226.
4)
von ferne, de longe, fr. de loin: du verstehest meine gedanken von ferne. ps. 139, 2, vulg. intellexisti cogitationes meas de longe; da nun David hinüber komen war, trat er auf des berges spitzen von ferne, das ein weiter raum war zwischen inen. 1 Sam. 26, 13;
wer von ferne samlet ein,
kan von nahem lustig sein.
Logau 1, 77, 10,
wo auch von nahe stehn sollte; ich sehe dich von ferne. freilich ziehen wir heute das adj. vor: von fernem, von nahem, von weitem, doch haftet das adv. am liebsten bei ferne:
von ferne stehend.
Gotter 3, 534;
herbei geströmt von fern und nah.
Schiller 58ᵃ;
und es saust und dröhnt von ferne.
60ᵃ;
alle die von dieser religion dazu getreten waren, verlieszen jetzt den bund, der die ausschweifungen der bilderstürmer, wenn auch nicht absichtlich angestiftet und befördert, doch unstreitig von ferne veranlaszt hatte. 838ᵃ; auch seine vernunft hatte schon von fern angefangen, sich zu entfalten. 1008ᵃ.
5)
sehr oft gehen dem ferne zu, so voraus und dasz folgt im nachsatz: darumb das der ort dir zu ferne ist. 5 Mos. 14, 24;
das werk ist nun zu fern, wir können nicht zurücke.
Gryphius 1, 292;
weil der weg so ferne ist. 5 Mos. 19, 6; zu meiner rechten, das ist neben mir, also weit und fern zu regieren als ich selber. Luther 1, 90ᵃ; es ist gott lob so ferne komen, das man mein nicht sonderlich darf. 3, 59ᵇ; und wenn man das stück so fern ins volk gebracht hat, hat man es dafür gehalten, es were wol gepredigt. 3, 156ᵇ; ire verstockung ist so ferne in sie komen, das (dasz sie) gleich ir natur worden ist. 3, 311ᵇ; sondern ein iglicher sol selbs seinen glauben verteidingen und nicht auf eins andern, sondern auf sein eigen fahr gleuben oder nicht gleuben, wenns so fern kompt, das unser oberherr als der keiser an uns wil. 6, 306ᵇ; dann bald darnoch begab sichs, das er (Luther) widder den ablasz zu schreiben anfienge und die sach so fern bracht hat, das wir nun wissen was der recht ablasz ist und warumb wir christen heiszen. Alberus wider Witzel A 6ᵇ; warf sich auf für das obriste haupt der christenheit, so fern die welt were. Mathesius 92ᵃ; und so fern ist es, das er inen versamlungen gönnen solte, ... das er sie auch alzumal, da er sie nur betretten oder ertappen kan, vil eher verbrennet, ertrenket, köpfet und henket. bienenkorb 171ᵇ;
was glänzet da droben
so nah und so fern?
Göthe 1, 100;
steht nicht so fern!
Gotter 3, 492,
d. i. nicht so weit weg von mir;
dasz er es sei, kann sie nicht wol vermuten,
weil er so fern dem vorgen wesen steht,
Gries Ar. 29, 59,
so weit ab von seinem vorigen zustand. überhaupt zieht die neuere sprache meistentheils 'weit' dem 'fern' vor, doch kann sie damit nicht so leicht den dat. verbinden.
6)
hieraus erzeugen sich endlich conjunctionen, im sinne des lat. eatenus und quatenus, dummodo.
a)
so fern, quatenus, mhd. sô vër: so ferne das on schwermen geschehe. Luther 3, 38ᵇ; so fern und lang es gott leidet. 3, 533ᵇ; ja die statt selbst zu kaufen wer, so fern man ein kaufman finde, der sich kein geld dauren liesz. bienenk. 230ᵇ. mehr belege folgen unter sofern, da man heute zusammenschiebt.
b)
in so fern, gleicher bedeutung. man sehe insofern, insoweit, inwiefern.
c)
erst im 16 jh. erscheinen die verkehrt gebildeten, an sich sinnlosen partikeln dafern und wofern. tam longe und quam longe läszt sich denken, kein ubi longe, man faszte da und wo als 'si quando' und das bei so und wie eingeübte fern folgte nach. für sofern, wiefern gilt auch soweit, wieweit, niemand wird aber daweit, woweit sagen. ich weisz nicht, wer diese dafern, wofern zuerst verschuldet hat, Luther und Henisch wissen nichts davon, Stieler verzeichnet sie 470. sie lösen sich auch nicht in da fern, wo fern, welche niemand verstände, sondern fügen sich stets zusammen. dafern wurde schon 2, 673 vorgebracht und der früheste beleg aus Gryphius, der oft beide partikeln verwendet:
dis haus wird stehn, dafern des hauses feinde fallen.
1, 37,
der höchste blitzt nicht bald dafern ihn jemand flucht.
1, 38;
wofern durch letzten wundsch was zu erhalten ist.
1, 41;
wofern ihr mächtig angst und schrecken zu erregen.
1, 42;
wofern du wachen kanst.
1, 46;
wir wündschen uns den tod, dafern wir nicht gewacht.
1, 47;
dafern die flamme denn mich ganz verzehren will.
1, 56;
und sicher noch an vielen stellen. aus Opitz und Fleming entsinne ich mich keiner beispiele, sie setzen 'im fall'. aber der kanzleisprache waren dafern und wofern ohne zweifel willkommen und der pedantische sprachgebrauch behielt sie: dafern es ihnen gelegen. irrg. d. liebe 359; wofern es Elbensteins eigene angelegenheiten zugelassen hätten. 376.
II)
adjectiv, longinquus, it. lontano: die fremden, die aus fernen landen komen. 5 Mos. 29, 22; deine knechte sind aus seer fernen landen komen. Jos. 9, 9; sondern hastu dem hause deines knechts noch von fernen zukünftigem geredt. 2 Sam. 7, 19; sie sind aus fernen landen zu mir komen von Babel. 2 kön. 20, 14; wenn auch ein frembder, der nicht deins volks Israel ist, kompt aus fernem lande. 1 kön. 8, 41; denn der mann ist nicht daheime, er ist einen fernen weg gezogen. spr. Sal. 7, 19; ein gut gerücht aus fernen landen ist wie kalt wasser einer dürstigen seele. 25, 25; die aus fernen landen komen vom ende des himels. Es. 13, 5. Jer. 4, 16. 6, 20;
tritt, Hesperus, tritt auf und stelle dich ins ferne.
Fleming 624;
von fernem bistu viel, von nahem meisten nichts.
Logau 1, 159, 79;
die elster sahs mit schelem blicke
und wollte von des sperlings glücke
nicht blosz ein ferner zeuge sein.
Gellert 1, 254;
hör kind, wie wenn der falsche mann
im fernen Ungarlande
sich seines glaubens abgethan
zum neuen ehebande?
Bürger 13ᵇ;
musz noch an deinem bande
durch fremde lande,
durch ferne thäler und wälder wallen!
Göthe 1, 107;
ist mir nichts von ihr geblieben,
nicht ein süsz erinnernd pfand,
dasz die fernen sich noch lieben?
Schiller 54ᵇ;
nicht länger wollen diese lieder leben,
als bis ihr klang ein fühlend herz erfreut,
zur fernen nachwelt wollen sie nicht schweben,
sie tönten, sie verhallen in der zeit.
101ᵇ;
mich fernen auch erfaszt die klage.
Lenau neue ged. 188.
man kann unschlüssig sein, ob fern neben dem verb. subst. und ähnlichen wörtern für das adj. oder adv. zu gelten habe, vgl. I, 3: ich bin fern davon zu glauben, wo auch ein fr. je suis loin und éloigné statthaft ist. s. unfern. in ferner, firner schnee, der vom vorigen winter liegen geblieben ist (Schm. 1, 564) steckt firn, vetus.
III)
steigerung gilt für adv. wie für adj.: prolabor, ich fall ferner ader für mich. Alberus, falle vor mich hin; dies land liegt ferner, liegt fernst; ir mögt nicht viel mores und höflichkeit wissen, dasz ihr mich one ferner mein erkanntnus also schmehen. Amadis 136; bisz sie auf ein schöne ebne matten kamen, welche von der landstrasz ein armbrostschusz ferner. 295; derwegen ich jetzo bedacht, damit ich ewer keinen ferner (amplius) verlüre. 376; auf dis antwortet im Angriota, als der ferner nichts vermocht. 203; hieruf zog Amadis ferner (longius). 205; ohn ferneren verzug. 347; es ist freilich alles zuvor schon gesungen und so herlich und tröstlich gegeben, das es meiner und meines gleichen ferners zuthuns nicht bedarf. Selneccer christl. psalmen 1587 vorr.; wenn sie ferner (weiter, fester) einnisteln solten. pers. rosenth. 1, 5; wiewol sie hieran noch nicht vergnüget gewesen, sondern ferner (weiter) gegangen sein und sich erkühnet. Aug. Buchners poet 1665 s. 4;
und merkt, dasz so sein nam je mehr je ferner geht.
Logau 3, 217;
wörter, die nicht ferner als irgend nur in einem platz des Teutschlands gäng und gäb sein, hab ich vermieden. Rompler s. 19; und so ferner (et sic porro). Göthe 8, 54 = und so weiter. 42, 67; ich sage ferner (weiter); ferner so sage ich. Stieler 470; ferner ist anzunehmen; fernere anmerkungen; in den fernsten ländern; die fernsten sterne;
dort, siehst du? dort in goldnem duft,
wo die sonne hinunter gieng,
und die fernern (sterne) in den höhen,
wie sie glänzen, wie sie wehen.
Kretschmanns werke 2, 115.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1861), Bd. III (1862), Sp. 1532, Z. 10.

fern

fern,
anno praeterito, πέρυσι, lit. pérnay, lett. pehrn. mhd.
mirst mîn lôn gên dër vil süeʒen
hiure unnâher danne vërne ( : gërne).
MS. 2, 106ᵃ;
in den folgenden strophen vërn : enbërn, gërn stumpfreimig,
ich gehielt ouch die maget vërne ( : gërne).
Flore 3574,
genau unterschieden von vërre (procul) : hërre. 3541. nhd.
si tribend wunder hür und fern,
doch glichs und gliches gsellt sich gern.
fastn. 896, 10;
also bliben sie hür als fern. Keisersb. bilger 51ᵃ; sind gute gesellen, bleiben hewer wie fern. Luthers tischr. 221ᵇ;
die neue Baucis macht in eil die streu zurecht,
wirft quendel und orangenblüten
aus ihrem gärtchen drauf, trägt fette milch voll schaum
und saftge pfirschen auf, und feigen frisch vom baum,
beklagend, dasz ihr fern die mandeln nicht geriethen.
Oberon 4, 38,
in den ersten drucken, wo aber die späteren 'jüngst' setzen. 'fern' war schöner und besser, nur heute zweideutig geworden. das einfache fërn wurde alts. umschrieben fërnun jâra, d. i. im alten jahr. man könnte sich ein dem ahd. hiurû für hiujârû, hoc anno gleichlaufendes fërniurû für fërniujârû denken, woraus fërnerîg annotinus (Graff 3, 661) entspränge, kürzung des volleren fërniurîc, wie hiurîc, nhd. heurig. s. ferndrig.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1861), Bd. III (1862), Sp. 1535, Z. 41.

fernd

fernd,
anno praeterito, gleichviel mit fern, fernt und fert: die bawren werden in dem monat (august) ärger dann die juden sein, was sie fernd den äckern geliehen haben, das wöllen sie in diesem monat zweifaltig wieder haben. Fischart groszm. 114.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1861), Bd. III (1862), Sp. 1536, Z. 6.

fernen

fernen,
mhd. vërren, s. ferren.
1)
intransitiv,
a)
fern sein: herzen und fernen von herzen hat seine zeit, vulg. tempus amplexandi et tempus longe fieri ab amplexibus. pred. Sal. 3, 3; aus der sanftern und fernenden (fernliegenden) erinnerung mag er dichten. Schiller 1234.
b)
in der ferne, aus der ferne erscheinen:
ich habe nichts gelernet,
das grosz von weiten steht und nur alleine fernet,
bin lichtem scheine feind.
Fleming 201;
mein sinn steht an der stirn, ich habe nichts gelernet,
das wol von weiten steht und nur alleine fernet,
mein weg ist schlecht und recht und gleich gerade zu.
225;
die jungfer fernet fein, satis venusta est haec puella eminus. Stieler 470; das mädchen, die frau fernet, sieht von ferne schön aus. s. feldschön; freunde und liebende. sie wurden durch kleine kinder vorgestellt, welche gar mahlerisch fernten. Göthe 45, 73. s. fernsen.
2)
tr. in die ferne schaffen, entfernen, fernhalten, mnd. vernen, gevernen, entfremden. Ssp. 1, 31, 2. 1, 52, 2, s. ferren sp. 1542.
und mit der linken ferne
netzendes salz von des knaben antlitz!
Stolberg 4, 272;
dasz er von uns den untergang ferne.
11, 7;
und ferne die pest vom heere der Griechen.
11, 29;
den untergang fernend.
11, 178;
der weltraum fernt mich weit von dir,
so fernt mich nicht die zeit.
Klopstock oden 1798 2, 290;
die stunde
die mich fernt von meinem freund.
Hölty 95;
fernt von ihm das todesverhängnis.
Bürger 212ᵇ;
wenn sie das vergehn auch von sich fernet,
so begleitets doch ihr blick mit gunst.
98ᵇ;
was noth! gewohnheitsposse nur
fernt euch von wahrheit und natur.
Göthe 13, 90
kannst du dann weinen und siehst sie durch thränen,
fernende thränen, als wäre sie fern.
40, 411;
da schlug die stunde. trennung fernte mich
und nur cypressen hört ich einsam rauschen.
3)
sich fernen, abire, sich entfernen: den armen hassen alle seine brüder, ja auch seine freunde fernen sich von im. pred. Sal. 19, 7; meine verfolger nahen sich zur missethat und haben sich gefernet von deinem gesetz. Luther 1, 525ᵇ; stachel und strick sind auf dem wege des verkereten, wer aber sich davon fernet, bewaret sein leben. 22, 5; er fernet sich von ihm, recedit ab eo. Stieler 470;
seiner ferse klang fernte sich hinab am gebirg,
bis er endlich in der düfte gewölk
unter dem hange des gebirgs verschwand.
Klopstock 1, 199;
wie nah war ihnen der webende heerzug,
welcher, immer gewendet, sich nun
schnell wie der wink herwirbelte, dann sich fernte.
2, 180;
jetzt wurden des ölbergs pfade
steiler, Salem fernte sich, und die gipfel des berges
ragten gröszer empor.
Messias 19, 987;
ach nachtigall! es fernte kaum
sich im beglückten morgentraum
mein jahrelanger kummer,
da scheuchtest du den schmeicheltraum
und meinen süszen schlummer.
Miller im Leipz. alm. 1773 s. 182, anders in den gedichten s. 49.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1861), Bd. III (1862), Sp. 1536, Z. 64.

fernen, adv.

fernen, adv.
liesze sich vielleicht aufs ahd. fërrana, a longe (Graff 3, 660) zurückführen, Amadis 297 liest man: welcher nicht ferrn von dannen wohnet (sp. 1543). gewöhnlich aber heiszt es 'von fernen': bis sie ihn von fernen gegen inen kommen gesehen. 381, und dafür auch 'von fernem' 249, aus welchem von fernen entstellt sein könnte, vgl. fern I, 4. hier noch belege:
wer mich von fernen gehn ersicht.
Ringwald geistl. lied. 72;
weg perlen, seide, gold, und was von fernen kömt.
Fleming 608;
weil er wunderthaten thut
löblich nah und auch von fernen.
von der erd bis an die sternen.
Mander bundeslieder 1680 s. 147.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1861), Bd. III (1862), Sp. 1537, Z. 44.

fernt

fernt,
anno praeterito, mhd. wb. 3, 302: kütz katz (l. kitz katz), vom zumpfen! du fraszest mir fernt auch einen. de fide concub. 134. häufig dem heuer entgegengesetzt:
was ich sol heur verzeren,
das hab ich fernt vertan.
Uhland 581;
vom selben doctor hab ich fernt
vil kostlicher decept gelernt.
Alberus Esop 133ᵇ;
sie järlich, sowol fernt als heur
sich leszt purgieren im fegfeur.
ganskönig E 4ᵇ;
ein markbuesz Stammer (Stammheimer) Merten von fernt her, hat ein jungen buchbaum abgehawen im buchwald als die nachbar zum ruegegericht waren, anno 1570. markbüchlein zu Rodenbach (i. d. Wetterau) beim j. 1571; daraus volgt, das der welt glaub, so in irem alten wesen und haut unversetzt bleibt, heur als fernt kein glaub ist. Frank paradoxa 133ᵃ (142). unrichtig: heut wie fernt. Lehmann 103. s. fert.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1861), Bd. III (1862), Sp. 1540, Z. 20.

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feinseulig ferngehört
Zitationshilfe
„fernen“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/fernen>.

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