Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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halse, f.

halse, f.
1)
das halsband des leithundes, woran er auf der jagd geführt wird, mhd. halse wb. 1, 618ᵃ: (der jäger musz haben) eine starke halse und ein gutes hängeseil, auf das er den hund daran führen, regieren und zwingen könne. Heppe leithund 472.
2)
in oberdeutschen gegenden führt das kummet des zugviehes den namen halse: ein halsen, daran die rosz oder rinder zeuhend, heltium Maaler 208ᵃ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1869), Bd. IV,II (1877), Sp. 259, Z. 41.

halsen, hälsen, verb.

halsen, hälsen, verb.
brachia injicere collo. Das ahd. braucht, so viel zu übersehen, nur die schwache form des verbums nach allen drei conjugationsarten, als halsjan, halsên und halsôn (Graff 4, 928), von denen die letztere sich formell zu ags. healsian flehentlich bitten, stellt. das mhd. zeigt neben dem aus halsjan entstandenen schwachen helsen ein starkes halsen mit dem praet. hiels, und dieses praet. erscheint nach Birlinger schwäb.-augsb. wb. 217ᵃ noch im 15. jahrh. in bairischen quellen; ein particip gehalsen ist neben gehalst mundartlich noch jetzt in Kärnthen üblich, Lexer 132. sonst sind dem nhd. nur noch schwache formen des verbums gerecht, das öfter vorkommende halsen geht auf ahd. halsôn, halsên, das seltenere hälsen, helsen auf ahd. halsjan zurück. eine form helschen für helsen (vgl. unten no. 4) zeigt vergröberung des inlautenden s. das wort verschwindet, wenigstens in seiner einfachen form, seit dem 18. jahrh. aus der schriftsprache, lebt aber noch mundartlich fort, so auszer in Kärnthen in Franken und Oberhessen, hälsen Kehrein 183, halsen Vilmar 146, schwäb. hälsen Schmid 258, bair. halsen und halsnen Schm. 2, 183, auch niederd. sik hälsen sich umarmen Dähnert 166ᵇ. halsen steht in verschiedenem sinne.
1)
die eigentliche bedeutung beim halse fassen tritt nhd. noch manchmal hervor:
halsen will mich eine kette,
soll ich denn gefangen sein?
v. Birken ostl. lorberhain 358;
disz ist das eppichkraut, das den zu boden wirft,
den es umbarmt und halszt.
Lohenstein Ibrah. 37, 272;
der ephew soll umbfangen nichts so sehr
als ewre arm euch halsen beide.
anm. weish. lustg. 649.
2)
das letzte beispiel leitet über zu der bedeutung sich kosend umarmen, liebkosen: und zu ihm gienge und in hälset. Bocc. (1580) 1, 79ᵃ; halse und umbfahe din Lucretia. Wyle transl. 51, 38 Keller; es wer dann daz ich dich ouch möcht halsen und mit minen armen umbfahen. 45, 38; hals mich doch, mein freund, ha so umbfang du mich für meinen segen. Garg. 240ᵃ; er dankt im fleiszigklich und halst ine durch grosze lieb. Aimon bog. x 1; sie halset die fürsten. daselbst; gleichwie zwei creaturen, die in groszer liebe sich mit einander halsen oder würgen. J. Böhme Aurora (Stuttgart 1835) s. 150; ich küsse dich, wie Simeon, ich halse dich, wie Maria. Otho 1312;
mit derer ich schätzchen und herzchen mich heisze, ...
mit der ich mich halse, mit der ich mich paare.
Logau 2, 126, 34;
reit' weiter? und ich hab ihn nicht gehalst,
gedrückt, geküszt, vor liebe aufgefressen?
Tieck Octavian 2, 2. act, schlusz.
Das halsen auch ausdruck der bewillkommnung: und da er sie kommen sahe, er stundt auf und reicht in die handt und sprach zu Reinharten: habent kein verwunderung darumb das ich euch nit helsen, dann mir ist fast we. Aimon bog. m iiij; da stundt Magis von im (dem pferd) ab und hälset Reinharten gar freundtlichen. bog. o; und ging zu inen, sie von liebe freundtlich halsent. bog. o j; ward er seiner höchlich erfrewet und halset Reinharten zuͦ vil malen. bog. s ij. Formelhaft sind oft verbunden halsen und küssen u. ähnl.: auf stunde, zuͦ im ging, in halset und an sein wang küsset. Steinhöwel 100, 26 Keller; einander zu küssen und hälsen. kriegsbüchl. d. frides 71; halsen und küssen. wegkürzer 33ᵇ; so wil ich dich nit für die lang weil halsen und abschmatzen, dasz ein art hat. Schwabe tintenf. 62;
und halset und kusset in an ain packen,
und ward in in den hindern zwacken.
fastn. sp. 325, 4;
ich habs oft selber gehalst und gekust.
733, 27;
umb den verwunden herrn er arm und hände schlug,
und ihn bisz an den rand gedachten brunnens trug,
er batt und fängt ihn an zu halsen und zu küssen,
er werde ja nunmehr von keinem zorne wissen?
D. v. d. Werder Ariost 23, 171, 5;
kommt tretet näher her, das schöne kind zu grüszen,
zu tragen auf der hand, zu hälsen und zu küssen.
Opitz 3, 199.
3)
dasz halsen auch eine obscöne bedeutung erlangt, liegt nahe: halsen, mit einem weib gfätterlen, coire, fovere aliquam Maaler 208ᵃ; so auch schwäbisch hälsen Schmid 258; auch die folgenden stellen der fastnachtsspiele werden hierher fallen:
ain lippenlapp, der niht kan besinnen,
das frauen lieber helsen, dan spinnen.
316, 23;
niemant sol si helsen,
wann ich, die lieben Elsen.
397, 28;
ich mein ir seit gewest pei edelleuten,
die wol künnen halsen und treuten.
569, 17.
4)
vielleicht hat hälsen auch einen allgemeinern sinn angenommen, sich zuwenden, anhängen: will ein weib haben, das ihr mann ein kind mehr liebe dann das ander, so geb sie ihm zu essen beide zypflin von den ohren seines hunds, die ein helschet [ihm?] und die andere helschet dem kind, so sollen sie sich so lieb haben, das der ein von dem andern nicht soll bleiben können. des spinnrockens evangelia 1568 G 1ᵇ.
5)
die mundartlich schwäbische bedeutung von hälsen, jemand zum geburtstage glück wünschen (Schmid 258) fuszt wol auf der sitte des um den hals fallens und steht somit zu oben 2 in verbindung.
6)
fern dem bisherigen liegt halsen, ein schiff durch die halsen vor den wind bringen (vgl. hals II, 4 sp. 256): es wurde möglich, das schiff westwärts zu halsen. Weserzeitung; daher bildlich: in einigen (wörtern) der art, wie in der partikel als, wird es sogar wenigen gelingen, eine kürze herauszuhalsen. F. A. Wolf Horat. 1. satire (1813) 19.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1869), Bd. IV,II (1877), Sp. 260, Z. 31.

halsen, hälsen, n.

halsen, hälsen, n.
der substantivisch gesetzte infinitiv des vorigen, gewöhnlich in der bedeutung 2: sölich süsz küssen und halsen. Wyle transl. 52, 6 Keller; als aber sy zwüschen halsen und küsen iren Euriolum recht erkant, redt sy. 49, 2; da ist ein liebliches und heiliges halsen, küssen, schmecken, fühlen, hören, sehen und riechen J. Böhme Aurora (Stuttg. 1835) s. 159; dasz sie ihn mit ihrem liebkosen, guten worten, halsen, herzen, doch fälschlich betrogen habe. anm. weiszheit lustg. 649; diese macht nachmals dem herrn schultheisen durch küssen und hälsen eine solche opinion, dasz der henkermäszige vor einen Agamemnon und tapfer officierer gehalten wird. Schuppius 531 (1701 1, 501);
denn was kan doch sie nicht, mit lachen, schimpfen, scherzen,
mit ihrer freundlichkeit, mit halsen, küssen, herzen
erlangen?
Rottmann lust. poet. 77.
Auch in obscöner bedeutung: das halsen, fleischliche gespillschaft mit einem weib, coitus venereus Maaler 208ᵃ. In Schwaben heiszt hälsen auch ein zum geburtstage gegebenes geschenk (Schmid 258) nach der oben 5 gegebenen bedeutung des verbums.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1869), Bd. IV,II (1877), Sp. 261, Z. 49.

verhalsen, verb.

verhalsen, verb.
ein schiff vor dem winde wenden Bobrik 326. 726; vgl. halsen theil 4², 261, 6.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1889), Bd. XII,I (1956), Sp. 507, Z. 49.

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„halse“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/halse>.

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