Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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darhaben

darhaben,
wie im mhd. für halten. das angesicht ohn alles widersprechen den streichen oder scheltworten darhaben os tacitum praebere Maaler 87.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1856), Bd. II (1860), Sp. 775, Z. 75.

haben, verb.

haben, verb.
habere.
A.
Verwandtschaft und form. goth. haban, in den frühesten oberdeutschen denkmälern hapên, habên (habeen Kero), in jüngern, namentlich fränkischen, haban, haben, habin mit übergang in eine andere classe der schwachen conjugationsform, während namentlich die handschriften Willirams auch die form habon zeigen, die nach den lautverhältnissen dieses denkmals für älteres habôn steht. altsächs. hebbian und habbian, mnd. mnl. nnl. hebben, fries. habba und hebba, ags. habban und häbban, altengl. habbe, neuengl. have. altnord. hafa, schwed. hafva, dän. have. Zur ermittelung der grundbedeutung dieses vielgebrauchten wortes werden wir zunächst nicht zu übersehen haben, wie nahe es sich mit dem verbum heben berührt. dieses heben, goth. hafjan, ahd. heffan hevan, altsächs. hebbian, ags. hebban, häbban, fries. heva, altnord. hefja leitet wie haben, zu der deutschen wurzel hab, wobei rücksichtlich der bestimmung des auslauts der letztern zu beachten ist, wie häufig an dieser stelle b und f mit einander tauschen. sehen wir das althochdeutsche im präsens von heffan den reibelaut begünstigen, so erscheint im präteritum wieder die media b (huob, huobun), während das altsächsische umgekehrt von hebbian zu hôf, wie das angelsächsische von hebban zu hôf, hôfun sich wendet, und nach den friesischen lautgesetzen das f, welches im inlaute dem dem b nähern v weicht, im auslaute wieder hervortritt, es heiszt dort heva heben, hôvun wir huben, geheven gehoben, aber hôf er hub, wie hefth er hebt. so ist auch die media in unserm verbum haben nicht ohne schwanken geblieben, zwar hat sie sich im gothischen unter dem einflusz ihrer stellung zwischen zwei vocalen durchaus erhalten, wodurch haban und hafjan streng geschieden erscheint; aber wie sich im ahd. neben habêt, hapêt, hebit er hat, doch auch die form hevit findet (Graff 4, 725), so zeigen die altniederfränkischen psalmenfragmente neben dem inf. hebon haben auch hevit er hat, und die altsächsische handschrift des Heliand, der Monacensis, gewährt neben der gebräuchlichen präteritalform habda hatte, habdun hatten, auch einmal hafdun (5055); im angelsächsischen hat sich für die präteritalformen durchaus f ergeben (häfde, häfdon), ein laut, der in den altnordischen formen durchaus waltet: hafa, prät. hafđi. — Die wurzel hab (über sie ist bereits beiläufig in etwas anderer weise 3, 1236 gehandelt worden) läszt sich mit sicherheit nur bis ins lateinische und griechische verfolgen, aber die hier zu vergleichenden worte werfen genügendes licht auf ihre ursprüngliche sinnliche bedeutung: hafja, heffu, hebe ist genau das latein. capio, das sich mit seinen verwanten cap-ulum heft, cap-is henkelbecher, cap-ax fassend, cap-essere halten, wieder zu griech. κώπ-η stellt. die sinnliche grundbedeutung der wurzel ist demnach fassen, greifen; aber ihre weiterentwickelung ist in haben und heben ihre eigenen wege gegangen, wenn auch berührungen beider begriffe statt finden, wie in den compositis behaben und beheben (vergl. 1, 1316), die wie im mhd. das einfache haben und heben mit einander vertauscht werden (Ben. 1, 643ᵃ), in den bildungen habe (vergl. oben sp. 42. 43), haft und heft, und wenn auch einzelne formen von haben und heben, wie wir nachher sehen werden, in einander verlaufen. die wurzel hab hat sich in dem starken heben aus der allgemeinern bedeutung fassen, greifen, zu der eingeschränktern aufnehmen, in die höhe nehmen, gewendet; was haben, goth. haban betrifft, so ist daran zu erinnern, dasz verben dieser schwachen conjugationsclasse im gothischen und althochdeutschen meist den verbalbegriff als eine thätigkeit mit zurückbeziehung auf das subject hinstellen. es begreift sich demnach leicht, wie haban den begriff fassen zu dem mehr medialen halten, besitzen, haben ausbildet. Bei der heranziehung der lateinischen verwanten zur ermittelung des eigentlichen sinnes von haben ist das lat. habere vorläufig auszer betracht gelassen worden, welches, wie es im sinne mit haben übereinkommt, auch in der conjugationsart sich ebenso mit goth. haban berührt, wie tacere und þahan, silere und silan, dolere und þulan, videre und vitan. bei der vollständigen formellen gleichheit der lateinischen und deutschen stammform würde die erstere mit der letztern doch nur zu vermitteln sein, wenn hab in hab-ere eine nach lateinischen lautgesetzen mögliche veränderung der wurzel cap in cap-ere u. s. w. wäre. die wahrscheinlichkeit dieser annahme ist bereits erörtert (Kuhn zeitschr. 11, 203), und darauf aufmerksam gemacht worden, dasz, wie sich materiell die begriffe haben und nehmen berühren (altslav. imą nehme, imamĭ habe), formell h in habere aus c sich ebensogut gebildet haben kann wie hi(c) aus ci, und dasz, den auslaut der wurzel betreffend, in der italischen familie groszes schwanken herscht, da sich neben der lateinischen form mit b das oskische hipid habeat und hafiest habebit, sonach mit p und f, finden. Haben wir bisher die ursprüngliche bedeutung von haben sowie seine sichere verwantschaft mit latein. und griech. wortfamilien besprochen, so bleibt vor eingehen auf die formen des verbums nur die bemerkung übrig, dasz die bedeutung des greifens und fassens, die die wurzel hat, in voller schärfe noch in manchen ableitungen erscheint, so in habe 1 und 2 (sp. 42), ebenso wie im subst. haft, mhd. haft und hefte (Ben. 1, 605); der heftel am kleide ist das fassende, haltende instrument, das wort wechselt mit haken, mit dem es sich hier dem begriffe nach berührt; nicht weniger ist das adj. haft, ags. häft, altn. hapt-r, als passive participialbildung in der bedeutung gefaszt, ergriffen, gefangen zu nehmen, wie wiederum habicht, ahd. hab-uh, mhd. habech nur als der ergreifer zu deuten ist, worüber unter diesem worte mehr. das französische hat aus dem deutschen entlehnt in diesem sinne haver an sich ziehen, havet hacken. Diez altrom. gloss. 53. Die formen von haben sind durch theilweise contraction und assimilation manigfaltig geworden.
1)
für die 1. sing. praes. ind. galt ahd. hapêm, geschwächt habên, woneben sich aber auch mit abwerfung des personalsuffixes und übertritt in eine andere conjugationsclasse die formen habu, habo, habe bei Tatian, Willeram und Notker finden. in andern quellen hat sich, seltener, habên unter verlust des labials zu hân zusammengezogen. diese form überwiegt im mhd., ohne dasz habe ungebräuchlich erschiene. es gilt die regel, dasz die contrahierte form namentlich steht, wo haben hilfszeitwort ist, die nicht contrahierte wo ihm die bedeutung halten innewohnt; doch nicht ohne ausnahme: wan ich habe ein wîp ... mir erkorn MSF. 134, 26, ich hab verlorn daʒ leben mîn edelstein 49, 74. mitteldeutsche quellen bevorzugen die form ich habe (Bartsch md. ged. 12, 409. 13, 426. 54, 502. 62, 783, gegen ich hân 7, 220. 94, 363), was näher an den gebrauch rein niederdeutscher denkmäler reicht, die nach dem altsächs. hebbiu, der ersten schwachen conjugation folgend, nur ik hebbe bilden. die form habe dringt im 15. jahrh. weiter vor, und es begegnen denkmäler die hân und habe abwechselnd brauchen, und zwar hân in dem falle, wenn das pronomen ich unmittelbar darauf folgt, habe ohne diesen fall, z. b.:
des han ich mich nu vil gerümt
und habs mit worten nit verplümt.
fastn. sp. 260, 4;
da ich die jungen voraus hab genumen.
260, 16;
nu han ich nie umbsunst gelaurt.
261, 28;
dan ich grad hab iezund vernumen.
862, 23;
den namen han ich lang gehaben.
863, 9,
ein gebrauch, der sich bei Hebel noch zeigt:
dört chunnt sie scho, was hani gseit,
in ihre stille herlichkeit.
alem. ged. (1808) s. 37;
se, do hesch e messer! i ha's am Blotzemer mert g'chauft!
s. 49.
Nach mitteldeutschem brauche sagt Luther nur ich hab oder habe, und diese form verdrängt im 16. jahrh. nach und nach das landschaftliche han, so zwar, dasz wenn wir z. b. im jahre 1573 noch antreffen
den liebsten bulen, den ich han,
der ist mit reifen bunden
Uhland 584 (Münchner druck),
Fischart mit verletzung des reims dafür gewährt:
den lieben bulen, den ich hab,
der ligt beim wirt im keller,
er hat ein höltzins röcklein an
und heiszt der muscateller.
Garg. 85ᵇ.
Jetzt hat sich hân nur mundartlich in Oberdeutschland erhalten, so schweizerisch hân (Frommann 3, 207), oberösterr. hân (3, 45. 5, 393), tirolisch hâ ̃, haͦn (4, 281. 5, 104), rheinfränkisch han (5, 279); auch in der siebenbürgisch-sächsischen mundart hun (4, 281); in Schwaben gilt hann und hau ̃ (2, 112).
2)
für die formen der 2. und 3. sg. hapês, habêst und hapêt zeigt sich schon im ahd. die verkürzung hâs, hâst, und hât, eine verkürzung die im mhd. die uncontrahierten formen sehr zurückdrängt, nur dann wieder nicht, wo das verbum die concrete bedeutung halten hat, in welchem falle meist die formen habest, habet angewendet werden, die noch heute im bairischen du habst, er habt dauern (Schmeller 2, 134); doch findet sich auch in der stellung eines hilfsverbums noch spät:
habst du ichtes vernomen
das mir zu schaden möcht komen.
Hätzlerin 2, 3, 21 (p. 123ᵃ);
habstu dalame klappert gnuog?
Joh. der täufer, trag. (Bern 1549) Rvj.
Das niederdeutsche ist einer formenverkürzung abgeneigt: wie sich im altsächs. stets haƀes, haƀed, im niederfränkischen haƀis, haƀit oder hevit halten, so gewährt auch das mnd. hefst, heft, das mnl. heves und hevet, welche letztere form in dem nnl. heeft noch dauert. das fries. des 13. 14. jahrh. hat zwar für die 2. nur hâst und hêst, für die 3. aber neben dem gebräuchlichern hêth, hêt, hât das seltenere ungekürzte hevet (Richthofen 801ᵇ). jenem fries. hêst, hêt entsprechend läuft auch im mhd. neben hâst, hât hêst und hest, hêt und het, diese formen erklären sich als umgelautet aus den ahd. nebenformen habis hebis habit hebit, und wenn auch mhd. heit er hat gefunden wird (Ben. 1, 595ᵃ), so steht diesz nur durch unterdrückung des labials von ahd. habit hebit ab. seit dem 15. jahrh. befestigt sich hast, hat, sicher in der ersten zeit noch mit langem vocal, der jedoch bald verkürzt worden sein musz. gegenüber diesen formen haben sich solche, in denen der vocal e lebt, in die oberdeutschen mundarten zurückgezogen: was hest z' mache? J. Gotthelf erzähl. 4, 167; was het da das tschüppeli für auge gemacht s. 145;
hesch gmeint, de seisch elleinig do?
Hebel alem. ged. 34;
wer christli lebt het frohe muth.
s. 35.
3)
eine nur hochdeutsche erscheinung sind die contrahierten formen des plurals. bereits im ahd. finden sich neben habêt ihr habt, habênt sie haben auch hât, hânt (Graff 4, 725), und da vorzüglich alemannische quellen ihrem sprachgebrauche gemäsz für habêt ihr habt, habênt, habint, also die form der 3. plur. verwenden, so gilt hier die contraction hânt auch für die 2. plur. im mhd. hat die contrahierte form auch für die 1. plur. platz gegriffen, und es heiszt wir hân, ir hât (oder nach der heimat der denkmäler ir hânt), sie hânt. wieder nicht durchgängig; neben ihnen laufen in häufiger verwendung für jede bedeutung des verbums uncontrahierte wir haben, ir habet oder habent, sie habent. beide formen gehen noch in der ersten hälfte des 16. jahrh. neben einander, oft in einem und demselben sprachdenkmale verwant, bis sich der sieg der letzteren in der 2. hälfte des 16. jahrh. ergibt, vielleicht in folge des beispiels Luthers, der nur diese braucht; doch finden sich die contrahierten formen, die in den meisten ober- und mitteldeutschen volksmundarten fast uneingeschränkt fortleben, auch vereinzelt in der schriftsprache bis auf unsere zeit herab: kleider ausz, kleider an, eszen, trinken, schlafen gahn, das ist die arbeit, welche die lutherische thumherren han. Schuppius schriften 2; auf dasz wir ja nicht zweifeln dran, was wir anitz gehöret han. 195;
die euch, auf ihren weiten reisen,
so groszen nutzen han gethan.
Canitz 217;
was für ein streich, ihr gnaden!
nun han wirs auszubaden.
Bürger 22ᵇ.
Findet sich in schweizerischen quellen des 16. jahrh. hent für hant, hânt, so ist diesz durch umlaut entstanden und erklärt sich durch das überschwanken des verbums aus der 2. in die 1. schwache conjugation: sie hend mir geburstet. N. Manuel faszn. 345; was hend sie uz unserm gelt gmacht. 397.
4)
während der conj. präs. im nhd. nur unzusammengezogene formen habe, habest, haben leidet (im mhd. begegnen dagegenfür habe, hân für haben Ben. 1, 595ᵃ), wird der infinitiv in derselben weise zu hân contrahiert, wie wir hân und wir haben neben einander laufen. für alle niederdeutsche quellen ist diese kürzung ungebräuchlich; und zeigen sie auch mitteldeutsche denkmäler bis zum 16. jahrh. ziemlich häufig, so siegt in diesem dennoch für die schriftsprache die form haben, die Luther wieder ausschlieszlich verwendet. doch stirbt die form hân in der schriftsprache nicht aus, sie ist namentlich in der 1. hälfte des 16. jahrhunderts noch sehr gebräuchlich (H. Sachs hat hân gewöhnlich im reime auf an, stan, lan, gan; hon : gon 2, 4, 75ᵃ, haben auszerhalb des reimes), und wird von dichtern, die einen volksmäszigen ton anschlagen, bis auf die neuzeit verwant:
noch kömmt ihr gärtner lobesan,
den sie zu han geruhn.
Claudius 3, 31;
die weiber sollen abzug han
mit ihren besten schätzen.
Bürger 26ᵃ.
5)
weitere betrachtung verdienen die präteritalformen. das ahd. verwendete neben hapêta auch nach der ersten schwachen conjugation habita, mit umlaut hebita, wie das letztere wenigstens die vorkommenden formen hebitôs du hattest und hebiton sie hatten lehren. mhd. findet sich habete, dem ahd. hapêta entsprechend, in älteren denkmälern; gewöhnlich bleiben die präteritalformen, wenn das wort nicht sinnliches halten, festhalten ausdrückt (er habt im dâ bî zoume Nib. 406 Holzm.), nicht in dieser vollen gestalt. ihre veränderung erfolgt auf zweierlei weise: durch ausfall des wurzelhaften b und verlängerung des a, oder durch assimilation des b und t unter ausfall des ableitungsvocals zu tt. die erstere weise ist die mhd., die schon in den letzten zeiten der ahd. periode platz greift (Graff 4, 726). neben hâte geht hæte, hête her, das sich zu ersterem verhält wie hâst, hât zu hêst, hêt, und das oft verkürzung zu hete het erleidet. solche alte formen scheinen noch spät nachzuklingen:
die ohren, die ich hat, herr, dein gebot zu hören.
hät (conj.) dein gerechter grim der sündern nicht verschonet.
330,
wo vermutlich noch langer stammvocal vorliegt, da der dichter sonst die gemination des consonanten um vorhergehende vocalkürze anzuzeigen, häufig anwendet. neben hâte, hête geht ein seltneres hiete, bei Neidhart z. b. als conjunctive form dem indicativen het entgegengesetzt (65, 18. 20. 81, 11. 13 gegen 11, 5. 17, 6); im Helbling als indicative form:
du hiet dâ niht wol gespeht.
1, 1165,
für beide modus z. b. stets von Wittenweiler verwant:
do die red sich hiet verdrapt,
der an Cholman sich gehabt
hiet, der warf sich wieder umb.
ring 21ᵈ, 20;
sagt, was hiet ir in dem sinn.
20ᶜ, 24.
conj. und täten mir die zend nicht we,
ich hiet euch wol geantwurt e.
20ᵇ, 40;
Hagen stuond verpunden
sam in die wolf geschunden
hieten.
4ᵈ, 38.
Die andere weise, die assimilation in den präteritalformen, ist eine niederdeutsche. während im altsächsischen des Heliand sich noch uneingeschränkt findet haƀda ich hatte, haƀdi ich hätte, wie im ags. häfde, steht in der altsächsischen beichte und in der übersetzung der homilie Bedas die form hadda, und die altniederfränkischen psalmen gewähren neben habda ic habui, habedon obtinuerunt auch eben so häufig hattôs erexisti, hatta tenuit, hatton obtinuerunt. demgemäsz setzte sich im mnl. überall hadde fest, das noch im mnl. had gekürzt dauert. einen ähnlichen gang geht das ags.: im halbsächsischen des Lajamon taucht zuerst auf hedde neben häfde, noch im altenglischen schwanken hafde und hadde, bis sich im mittelenglischen durchgängig hadde, neuengl. had ergibt. das friesische zeigt spaltung: westfriesische mundarten schlieszen sich mit ihrem hadde dem mnl. an, ostfriesische kommen durch ihr hêde mit hochdeutscher weise überein (Richthofen 801. 802), gerade wie sich zu letzterer das schwedische hâde, gegen dän. havde, stellt. vorzugsweise die mitteldeutschen quellen müssen wir auch wiederum als wenn nicht ausschlieszliche, so doch vorwiegende vertreter der form hatte hinstellen, von hier aus verbreitet sie sich nach Süden, das alte hâte verdrängend, und wie sich neben diesem durch die form hête hindurch ein hete, het, gebildet hat, so steht neben hatte seit dem 15. jahrh. bis auf die neuzeit ein hette hätte (bei H. Sachs immer hett): dann wiewol er all sein tag ain grosze begirde gehapt hette, die hailigen stett und land zuo suochen. Ehingen 11 und immer; sein pferde wurden wol gestellet, und hetten baren und rauffen, die schon in den gezelten gemacht waren. buch der liebe 265, 4; da man nun gessen und getrunken hett, da hub sich ein schönes gestech. 266, 1 u. öfter; in dieser höle hätte sie den knaben .. ernehret. pers. rosenth. 7, 20 s. 93; offenbahret ihren betrug, den sie ausz armuth bewogen gebrauchet hetten. Schuppius schr. 347; wo wolt ich ein brod in der wüsten nehmen? ich hätte mangel aller sachen. s. 738; o wan mir Jupiter wider geben thät die jahr so ich gelebet hätt. s. 760;
zwen grosz stifel er an hett.
Hätzlerin 260ᵇ, 86;
und ich behaglich unterdessen
hätt einen hahnen aufgefressen.
Göthe 2, 283;
er hätt ein auge treu und klug.
13, 125 und oft in diesem gedichte;
sie kamen bald zu jener stätt,
wo Roland jüngst gestritten hätt,
der riese lag im blute.
Uhland ged. 395.
indicativ und conjunctiv des prät. sind also in solchen fällen formell nicht geschieden. seltener ist es, dasz die präteritalformen das geminierte t ganz ausstoszen, wie
hestu ein arzt zehen pfunt geben
die wern alle verlorn.
fastn. sp. 362, 17,
für hettestu.
6)
das part. prät. lautet gehabt, ahd. kihabêt, mhd. gehabet neben gehebet gehebt (Ben. 1, 595ᵃ): als das gold das edlest ertz und das costlichest lieb gehebt ist von aller menglich, manuale curatorum 48, 2, und gehât. die assimilierte form gehatt, die nach hatte in voller berechtigung war und im niederdeutschen schon sehr früh begegnet (bihadd Heliand 3694 Cott., nl. had, altengl. neben haved yhad), auch im mitteldeutschen bevorzugt ist (gehat Rothe chron. immer, Stolle p. 107 u. öfter, gegen gehabt s. 67), bricht sich in der nhd. schriftsprache dennoch nicht bahn, obschon sie bei einzelnen schriftstellern des 16. jahrh. verwendet wird (gehat : spat Ringwald laut. wahrh. 312), hält sich aber in den mitteldeutschen mundarten fast durchaus; auch in Schwaben gehett Fromm. 2, 112. Besondere beachtung verdient, dasz das particip vorzüglich in Schweizer und elsassischen quellen starkformig gehaben lautet: o herr mein gott .. der mich mee lieb hast weder ie kein leiblicher vatter seinen liebsten sun lieb hat gehaben. Keisersberg Eschenprödel (Straszburg 4°) b 6ᵃ; von eim priester der uff die buͦlschaft gangen wʒ (= was), und mit einer eefrawen ze schaffen hat gehaben in eim dorff in Franckrych. Marie himelfart 17ᵃ; gott der allmechtig, der hat alle creaturen von ewigkeit empfangen, ein anschlag von inen gehaben unn hat sie all bedacht unn geeret im selben. 9ᵃ;
o Oesterrych, was hand wir dir than?
hett herzog Sigmund s läben ghan,
deren keins wär uns beschähen.
Liliencron volksl. 2, 406;
ich heisz Elszly Tragdenknaben,
den nammen han ich lang gehaben.
fastn. sp. 863, 9;
ich heisz Uoly Rechenzan,
den nammen hat min vatter ghan.
863, 15;
wer sich ein wyb musz lernen lan
der hat ein scharpffen meister ghan.
Murner geuchmatt bei Scheible 8, 966;
das ich hab bebstlich würd gehan.
ibid. 986.
noch heute schweizerisch gehân Fromm. 3, 207, gehäbe(n), gehâ 6, 399; d'frau heig (hat) d's monetgeld noh nit gha vom herr, und e krüzer, syg e krüzer, wo si noh gha heig. J. Gotthelf erzähl. 4, 145. es ist diesz particip formell das von heben, und die vermischung einer solchen form des letztern wortes mit dem verbum haben gibt ein argument ab für die noch spät gefühlte gleiche abstammung und begriffliche berührung beider wörter. umgekehrt findet es sich, dasz formen von heben schwach gebildet sind, gleich als ob sie von haben entstammten, z. b. ich hab auch kain ting mit im gemacht und angehebt mess zu lesen am sant Martinstag 53. Ruland handlungsbuch 20, 58, wie altfries. neben dem part. heven auch hevet steht. Richthofen 813ᵃ. s. weiteres unter heben.
B.
Bedeutung. Die vielfach schillernden bedeutungen dieses wortes lassen sich gleichwol unter zwei hauptgesichtspunkte ordnen, wobei wir nach dem zur etymologie entwickelten billig die gruppe voranstellen, die die sinnliche grundbedeutung halten, umschlieszen mehr oder weniger deutlich bewahrt hat.
I.
Halten, fassen, umfassen.
1)
sinnliches halten, festhalten, früher in weiterem und häufigerm gebrauch (mhd. Ben. 1, 598ᵃ f.), und es wird die begriffliche zusammengehörigkeit von haben und halten durch eine enge allitterierende verbindung betont, die weit verbreitet ist: gehept und gehalten. weisth. 1, 20; alle die recht .. stette ze habene und ze behaltenne. 30; fries. biadat ûs tô hebbane and tô haldane alle riuchtlîke thing. Richthofen 343ᵇ, 16. ags.
hafa nu and geheald hûsa sêlest.
Beov. 658;
heóld mec and häfde Hrêđel cyning.
2430.
Zumal die ältere periode des nhd. gewährt belege für jene sinnliche bedeutung des wortes: fulcio, ich habs, i. halts, dasz nit fall Alb. p. 2, bairisch noch heute habs fest halte es fest Schm. 2, 134; der dieb wird mit habender hand ergriffen Haltaus 767, d. h. während seine hand das gestohlene gut eben hält, wir sagen jetzt auf frischer that, ags. hiesz es auch ät häbbendre handa;
wer mac sich an den himel haben?
ring 5ᵃ, 13;
wiltu dasz er werd pald gesunt,
so hab im ain rossdreck für den munt,
und für die nasen einen mist,
so stet er auf in kurzer frist.
fastn. sp. 686, 22;
der welcher keine müh
gespahret, des reiches recht und freiheit zu haben.
dann er gedachte ewig an mir zu haben (festzuhalten). Simpl. 1, 182 Kurz. übertragen vom gemeinschaftlichen festhalten unter einander:
nun habt zusammen als die man.
fastn. sp. 491, 1.
mit dem allgemeinen es verbunden, es mit jemand haben, an einem festhalten, hangen: mit eim haben oder halten, subscribere alicujus sententiae Dasyp.; sonst sind .. die vorsteher und gemeinde gemeiniglich einig und habens mit einander, wie die buben die vogelnester. baurenst. lasterpr. 12; sobald wir ihm das mädchen verdächtig machen .. dasz sie es noch mit einem andern habe. Schiller 197;
die mädchen hattens unter sich
und projectirten meisterlich.
Overbeck ged. 135.
so bezeichnet in mundarten noch das intransitive haben ganz sinnlich das fest- oder zusammenhalten: de eern habt net, si reist. Schm. 2, 134; der stecke hab nicht, hält nicht, ist nicht stark. Lexer 129; das züg hed guet, das zeug ist von guter dauer. Stalder 2, 4. so braucht man dieses haben auch von dem anhalten oder stillhalten eines reiters oder rosses: mhd.
dô sach si bî der mûre zetal
einen schœnen fîter haben,
der was geriten an den graben.
Wigalois 12, 1.
nhd. und sichst du dört den voln
an der hefte haben?
der sol mich, mein allerliebstes lieb,
aus groszen nöten tragen.
Uhland 189, 5.
noch Göthe fühlt die transitive bedeutung halten, in gewahrsam halten in haben, wenn er sagt:
und er besitzt dich nicht, er hat dich nur.
13, 148,
was schwerlich ein schriftsteller der jetztzeit wagen würde; uns ist der begriff halten nur noch in ganz bestimmten fügungen gegenwärtig: ein buch, eine zeitung in der hand haben; er hatte sein liebchen auf dem schosz;
alle neun, sie winkten mir oft, ich meine die musen;
doch ich achtet' es nicht, hatte das mädchen im schoos.
Göthe 1, 354;
die katze hatte die maus in den krallen, er hat das ross am zügel; er hatte ihn fest beim kopfe; oftmals auch lassen diejenigen so die hand an der thür haben, einen der nicht ires munds und sinnes ist, nit gern in den garten (bildlich, zu einem amte). Kirchhof wendunm. 452; doppelsinnig sagt Abraham a S. Clara: diesem fisch (in dem Petrus die münze fand) seind nicht ungleich alle geitzige, dann was haben diese anderst im maul als nur das geld. merks Wien 71. Auf jener bedeutung halten, festhalten fuszt die redensart etwas oder jemand in händen haben, gewissermaszen so fest halten, dasz man volle verfügung darüber hat: alle menschen hat er (gott) in der hand, als verschlossen, das die leute lernen, was er thun kann. Hiob 37, 7. ich habe den menschen, die sache ganz in meiner hand; stark ist gefallen in allen das glück des vornehmen und angenehmen hofministers Amman, welcher den könig allezeit in händen gehabt. merks Wien 9; wenn ich nicht schon vorschläge, anträge in händen gehabt hätte. Göthe 10, 95. für diese wendung braucht Ayrer vor sich haben:
eur keiserlich majestat
die sach recht und gut vor sich hat
im vatterland fried anzustellen.
stift Bamberg, 130ᵇ.
2)
der sinnliche begriff des haltens kann dauer gewinnen und geht alsdann in den begriff des führens, tragens über. so haben wir gegenstände, die lange zeit oder für immer mit uns verbunden sind, gegenstände z. b. der kleidung, die unser körper längere zeit trägt, körpertheile selbst; so sagt man: wie hast du deinen rock? ziehe den kragen herunter; wie hast du heute das haar? ordne es besser; nu es aber übel steht, das ein weib verschnitten har habe. 1 Cor. 11, 6; er hüte sich vor dem thier, das zöpfe hat. Simpl. 1, 326 Kurz; sie fürcht ires hauses nicht für dem schnee, denn ir ganzes haus hat zwifache kleider. proverb. 31, 21; wenn du die Cananiter vertreibst, die eisern wagen haben (im gebrauch haben, führen). Jos. 17, 18. am häufigsten wird durch eine präposition der ort, an dem sich das getragene befindet, bestimmt: schuhe an den füszen haben, einen rock auf dem leibe haben, er hatte einen hut auf dem kopfe, ein tuch um den hals, eine kostbare nadel am hemd und ringe an den fingern; die armen leute haben oft kein hemd auf dem leibe; er hat vor den augen eine brille; das mädchen hat kluge augen im kopfe; er hat lange beine unter dem leibe, einen starken bart am munde. der hatte eine güldene krone auf dem heubt und in seiner hand eine scharfe sichel. offenb. 14, 14; Moses .. hatte zwo tafeln des zeugnis in seiner hand. 2 Mos. 32, 15; der priester soll in seiner hand bitter verflucht wasser haben. 4 Mos. 5, 18; hatte ein blos schwert in seiner hand. Jos. 5, 13; hatte doch gar nichts in seiner hand. richter 14, 16; die mich on ursach hassen, der ist mehr denn ich haar auf dem heubt habe. ps. 69, 5; da stund ein mann in linwad, und hatte einen gülden gürtel umb seine lenden. Dan. 10, 5; das auch die priester in secken giengen und asschen auf dem heubt hatten. Jud. 4, 14; ich hab ein vierteil eins silbern seckels bei mir. 1 Sam. 9, 8, wie gewöhnlich gesagt wird ich habe kein geld bei mir, er hatte nichts (= kein geld) bei sich; las den wein von dir komen, den du bei dir hast. 1 Sam. 1, 14; der .. ein fell auf dem auge hat. 3 Mos. 21, 20; du solt dem herrn deinem gott kein ochsen oder schaf opfern, das einen feil oder irgend etwas böses an im hat. 5 Mos. 17, 1;
hätt auf dem haupt einen kornähr-kranz.
Göthe 13, 126.
die anwendung des verbums in diesem sinne ist eine freiere, wenn eigenschaften, absichten oder personen als objecte des tragens oder führens bezeichnet werden: durch die so in gleisnerei lügenredner sind und brandmal in irem gewissen haben. 1 Tim. 4, 2; darumb das ich euch in meinem herzen habe. Phil. 1, 7; dein lebenlang hab gott fur augen und im herzen. Tob. 4, 6; ir mund ist gletter denn butter, und haben doch krieg im sinn. ps. 55, 22; wollet solche truchsessin in augen haben. Luther br. 5, 625; ich lis von einem loquebar, eim klappermann oder ein schwetzer, der viel wort in im hett. Pauli schimpf u. ernst (1583) 88; die narren haben ir herz im maul, aber die weisen haben iren mund im herzen. Sir. 21, 28; alles was du in deinem herzen hast, das thu. 2 Sam. 7, 3; der keine widerrede in seinem munde hat. ps. 38, 15; was aber jene zwo verklerung in sich haben (welchen sinn sie in sich führen, was sie bedeuten) ist gnug gesagt. Luther 6, 179ᵇ; dasz wir es in uns haben, jene macht (der sünde) zu schwächen. Lessing 10, 15; alles übrige, was er an und um sich hat, fähigkeit, talent, reichthum, alles scheinen nur zugaben zu sein. Göthe 19, 152; so bald etwas geschieht, das nicht ein sonderliches alterthumb an sich hat, ist es ganz und gar nicht angenehm. Schuppius 775; leuth welche mehr als pedantische weiszheit bei sich haben. 795; die frömmigkeit auf den lippen, nicht aber im herzen haben; ein yeder hab übelthat auf im, was er wöll, so hat er diese zeit sicherheit. Frank weltb. 203ᵃ. hieran schlieszen sich noch andere wendungen: ein gespräch, eine unterredung mit jemand haben, wofür eben so oft gebraucht wird ein gespräch mit jemand halten oder führen; hab ich in der wahrheit in vielen worten nit anders erfunden, die wir den abend von e. f. g. hätten. Luther br. 1, 77; eine sache im schwange oder im schwunge haben, sie gewissermaszen fortdauernd in bewegung oder auf dem laufenden halten (s. schwang, schwung): die Türken haben ir regiment .. im schwang. Luther 4, 483ᵇ. zur bezeichnung einer andauernden begleitung: jemand um sich haben, gesellschaft um sich, bei sich haben; sie hat zwei mägde hinder ir her gleichwie eine ander fromme fraw. Katziporus d 6; wenn ich nur das mädchen in meinem hause haben dürfte. Gellert 3, 289; sie lebt mit ihren leuten, hat die kinder des orts alle an sich. Göthe 10, 139. So ferner: eine sache hat etwas, hat nichts auf sich, es wird an ein etwas, das eine sache mit sich führt, gedacht, aber das mit sich führen geschieht in äuszerlicher weise, durch auf, im gegensatz zu in, ausgedrückt, ist also nur begleitender umstand, nicht gerade notwendige folge: vergl. die münich und nunnen meinen, wenn man inen disz wort zuͦ legt, dʒ man sprech ein münich oder ein nun, man thuͤ es inen ausz verachtung. nain, es ist kain verachtung, das wort hat es auf im .. darumb das es in verachtung komen ist, darumb ist es nitt ain verachter nam. has im pf. (granatapfel 1511) a 4ᵈ; wilt du dich, weil gott dir keine kinder gegeben, darüber beschweren, dasz er dich mit einer so theuren beilage, die so viel auf sich hat, nicht beschweret? Scriver seelensch. 2, 285; weil solche wohlthaten gottes gemein sind, meinen wir, sie haben nicht grosz auf sich. 1, 641;
ich weisz nicht, was ein kuss, ihr jungfern, auf sich hätte?
o, wer aufs küssen kümmt, der kümmt auch gern ins bette.
Logau 1, 90, 74;
wie wenn er allen grimm der marter überwünde?
und steif und unverzagt auf trotzem schweigen stünde?
denkt was das auf sich hab!
A. Gryphius (1663) 27, 317 (1698 1 s. 33);
der weisen Römer volk das lern hinfort verstehn,
was ihre (der christen) sabbathtag und merlin auf sich haben.
212, 31 (1698 1 s. 501).
vergl. auch aufhaben 1, 659. Anstatt der localen präpositionen steht zu oder als bei haben, und es wird nun statt des ortes der zweck des tragens hervorgehoben: er hatte seinen mantel zur decke oder als decke; zum spazierstock (als spazierstock) hatte er einen jungen baum, den er sich im walde gebrochen hatte; der müsse sich gewöhnen, dasz er schmal und übel esse, und zwischen regen und wind auf der erden schlafe, die grüne heide zuweilen zum unterbett, und den himmel zur oberdecke habe. Schuppius schriften (1701) s. 544.
3)
auch in folgenden, weniger sinnlichen fügungen geht haben vom begriffe des längeren haltens und führens aus: darzu sol auch ein ieder richter in disen groszen sachen vor der peinlichen frag .. sich erkundigen und fleiszig nachfragens haben, ob die missethat .. auch beschehen sei oder nit. Carolina art. 6; so sol man erfahrung haben (nachforschung halten) nach den nachfolgenden und dergleichen argwönigen umbständen. art. 25; wenn man geding hat (ein gericht abhält). weisth. 1, 662;
hettind (hieltet) ir hus wie die alten.
rychstag bei Scheible 8, 846.
acht haben: schow und heb acht. N. Manuel fastn. 397; wer nu die epistel liset der mus darauf achtung haben. Luther 4, 169ᵇ, weitere beispiele 1, 165. 171. rath haben: hab rath vor der that. Agric. spr. (1560) 362ᵇ. ruhe haben: wollt ihr ruh haben. Göthe 8, 7. 42, 240. eine bitte haben; ich habe kein gebet mehr als an sie. Göthe 16, 79. eine beschwerde haben, unbestimmter etwas haben gegen einen: das dein bruder etwas wider dich habe. Matth. 5, 23; aber ich habe ein kleines wider dich. apoc. 2, 14. mit ausgelassenem object: ich habe wider dich, das du die erste lieb verlessest. 2, 4. ich habe nichts dagegen ist eine häufig gehörte redensart:
ich habe gar nichts gegen die menge.
Göthe 3, 265.
schuld haben: doch ich will an unnöthiger verlängerung unserer streitigkeit nicht schuld haben. Lessing 10, 241, gleich häufig ist schuld tragen; einen streit haben, wofür man auch sagt einen streit führen:
der kuckuk und der esel
die hatten einen streit;
hierher auch: ein auge auf jemand oder etwas haben, gleichsam das auge fortdauernd darauf gerichtet halten: das Heva und auch Adam ein auge auf den ersten son gehabt haben. Luther 4, 33ᵃ; die auf die andern ein aug sollen haben. Mathesius 126ᵃ; dero herr sohn haben ein aug auf meine tochter. Schiller 182ᵃ; habs auge aufs geld. Klinger 1, 130. s. auge 1, 796.
4)
haben heiszt dann weiter enthalten, in sich fassen oder schlieszen: eine stadt hat einwohner, ein flusz hat fische; der speicher hat viel mäuse; ein pfund hat dreiszig loth, ein eimer sechzig quart; ein bataillon hat tausend soldaten; der mund hat zähne, zunge und gaumen; der menschliche kopf hat mehr gehirnmasse als der eines elephanten; gottes brünlein hat wassers die fülle. ps. 65, 10; die halle .. hatte stuffen, da man hinauf gieng. Hes. 40, 49; er mas den raum im tempel, der hatte vierzig ellen in die lenge. 41, 2; ein seckel soll zwenzig gera haben. 45, 12; London hat mehr als eine meile umfang, das enthalten des raumes ist hier wie beim kreise vom mittelpunkt aus gedacht; dafür sagt S. Frank: die insel Corfun, die bei hundert und achtzig meil umb sich hat (umfang hat). weltb. 17ᵇ; es hat dieser see umb sich 110 rossleüff. 181ᵃ; dise statt hat sehr weit umb sich, machet das (= dasz es) vil gärten darin hat. 333ᵇ. etwas anders bei Luther: ein igliche dieser stedte hatte ire vorstad umb sich. her. Jos. 21, 42.
5)
von der persönlichen haltung, der persönlichen lage wird haben gebraucht, in den alten dialecten einfach intransitiv, so goth. þai ubilaba habandans, οἱ κακῶς ἔχοντες Marc. 2, 17; jah manvuba habandans du fraveitan all ufarhauseinô, καὶ ἐν ἑτοόμω ἔχοντες ἐκδικῆσαι πᾶσαν παρακοήν. 2 Cor. 10, 6; althochdeutsch stillo habên, wola habên, wirs habên Graff 4, 722. auch im nhd. noch: ich mus haben, als hette mich ein hund gebissen. Luther 3, 381ᵇ; gewöhnlich aber hier reflexiv, und wie das mhd. haben im sinne von halten, behandeln, mit persönlichem acc. und adverb zusammenfügt:
swer daʒ verdienen kunde,
daʒ er zer taveln von rehte saʒ,
den het man iemer deste baʒ.
Wigalois 9ᵃ, 22;
habt ir mich ihtes deste wirs,
ich var doch ûf der mâʒe pfat.
Parz. 369, 15,
so steht das reflexive sich haben zunächst im sinne von sich verhalten, sich betragen: mhd.
gein ir gruoʒe ich dicke neic
und het mich dô als einen man,
dem ein wîp ir hulde gan.
Hartmann büchl. 1, 101.
nhd. wie man sich darinne (im leben des neuen menschen) haben sol. Luther 3, 22; der junge hatte sich so züchtig, artig und mädchenhaft, dasz er stundenlang unerkannt blieb, wie ich ihn denn nachher als knabe für ein verkleidetes mädchen hielt. Zelter an Göthe 432; künftig werde ich allein (den almanach) herausgeben, und mich bei zeiten so haben, als einer, der allein 14 bogen mit guten gedichten voll schaffen musz. Voss br. 3, 2, 125;
darumb so schwigen, hand euch still.
Daniel (1545) M 4ᵇ;
solt dich gesitsam haben.
Ringwald laut. wahrh. 148;
darinnen er sich wol gehat.
312;
aber seh ich, wie im alltagskreise,
frei und fröhlich, doch nach sitt' und weise,
sie so mädchenhaft sich haben kann.
Bürger 5ᵃ.
im prägnanten sinne, ohne begleitendes adverb, steht es in dem sinne sich gegen die gewöhnliche weise, auffallend gebärden: habe dich doch nicht, gebärde dich nicht auffallend, ziere dich nicht;
begegnet mir da in der stadt ein hengst,
in vollen sprüngen, mächtig wie ein berg,
schwarz wie die nacht, und hat sich, dreht sich, schnaubt.
Tieck 1, 206.
Neben der persönlichen haltung wird durch haben, in nur leiser nüance des sinnes, das befinden bezeichnet, und diesz rührt schon oft an die unten II, 3, c aufzuführende bedeutung des worts: ich hab mich übel gehabt, und hab mich nidergekrümmet. Luther 1, 26ᵃ; es hat dem h. geist beliebet, die geschicht von einem kranken kinde, wie sich dasselbe gehabt, in die bibel setzen zu lassen. Scriver seelensch. 1, 820; Herder ist erstaunlich höflich, man hat sich wohl in seiner gegenwart. Schiller an Körner ...; hierbei schien er sich sehr wohl zu haben. ibid.; wunschformel ist hab dich wohl:
wer gott zum freunde hat,
und hat ein eignes feld, fragt wenig nach der stat,
der vortelhaften stat, da nahrung zu gewinnen
fast jeder musz auf list, auf tück, auf ränke sinnen.
drum hab dich wol, o stat!
Logau 1, 51.
in unpersönlichem gebrauche es hat sich = es verhält sich: Joab antwortet und sprach, das sei ferne, das sei ferne von mir, das ich verschlingen und verderben solt; es hat sich nicht also. 2 Sam. 20, 20; wir wissen, dasz diejenige krankheiten des leibs zum allermeisten gefährlich sein, welche aus den verstopfungen erwachsen. es hat sich die sach nicht anderst in den krankheiten der seelen. Schuppius schriften 755;
lustiger freilich mag sichs haben,
über anderer köpf' wegtraben.
6)
haben, halten in geistiger bedeutung, für etwas halten, als etwas auffassen, meist in verbindung mit der präp. für, wie mhd.:
dô er in daʒ sagete, dô heten eʒ vür lüge sumelîche.
Gudr. 1339, 4;
diz hân ich vür ein wunder grôʒ,
daʒ du gêst vür mich sô blôʒ.
Barlaam 19, 3;
swer für guot hât swaʒ er tuot.
Walther 107, 9;
ich wil eʒ dafür haben,
swer lebt ân alleʒ hoffen,
daʒ er baʒ wær begraben.
Laber jagd 482.
vergl. altsächs.
ef thu wilt hnîgan te mi,
fallan te mînun fôtun endi mi for frôhon haƀas.
Heliand 1103;
lât thu thena man faran,
haƀa ina than far hêđinan.
3239.
ags. me man sägde, þät þu for sunu volde
here-rinc habban.
Beovulf 1175.
nhd. alle reichthumb, ehre und gewalt der werlt verschmehete sie alles und hat es vor nicht umb die liebe gottes. chronik des Clarenklosters zu Weiszenfels in den neuen mittheil. des thür.-sächs. altertumsvereins 11, 384; nu haben wir alle gelobt, das wir in wöllen für einen gott haben, laut seines gebots, da er spricht ich bin der herr dein gott. Luther 6, 124ᵇ; was er (der papst) hat wöllen für sünde haben, das hat müssen sünde heiszen und sein, was er hat wöllen heilig haben, das hat müssen heilig sein. 5, 287ᵃ; sie .. haben den fur einen grewel, der heilsam leret. Amos 5, 10; beim velten, herr! wenn sie sie nicht für einen narren hat, so will ich gelogen haben. Wieland 11, 188;
nun schwygend alle, wyb und man!
man würd üch sunst für narren han.
fastn. sp. 862, 19;
in aller hailgen leben buch
nit mer dann ainen jäger such,
zu rechter zeit stelt er das ab,
sölchs dir für ain exempel hab.
das haben dann die alten gar
für gschickligkeit an kindern zwar.
Wickram pilger 50;
etlich haben Mentz, etlich Würzburg für die hauptstatt des lants. Frank weltb. 52ᵃ; (die Samoiden die) ihr elendes land und leben vor das lustigste und beste in der gantzen welt haben. Rist Parn. 78; alles was das menschliche geschlecht für unsträfflich und lieb hat. Schuppius 772; solch mein kurtz eilend schreiben wöllet dismal vor gut haben. Luther 6, 1ᵇ; e. f. g. wollt mirs zu gnaden vor gute haben. briefe 1, 207; aber das ich nicht ein feuer auf der andern seiten anzünde bei meinen guten freunden, bitte ich, sie wolten solchen widerspruch mir nicht für übel haben. werke 1, 394ᵇ; ist es hinfort den armen menschen nit fur ubel zu haben. briefe 2, 62; hat Solyman diese grosse schmach treffenlich für ubel gehabt. Fronsperger kriegsb. 3, 158ᵇ; es sol auch keiner dem andern was für ubel haben. Reuter v. Speir kriegsordn. 67;
herr, ir solt mir nicht für ubel han,
das ich ewern rechten titel nicht geben kan.
ein lustig gesprech der teuffel (1542) b 1ᵇ.
mhd. steht an stelle von für auch eine andere partikel:
si heten Benjamin sâm ir hêrren.
Joseph in Aeg. ed. Diemer 774;
von wie getâner ordenunge
sold er ze einem hêrren werden gehabt,
für daʒ er der werlt hât widersagt
der vor des ein armmensch was?
H. von Melk gehügde 231;
alle mîne recken sulen in in haben z'einem herren.
Gudrun 188, 4.
ohne die präp. für: mhd.
sô ist bî ir daʒ herze mîn,
daʒ man mich vil ofte sinnelôsen hât.
nhd. was er hat wöllen heilig haben. Luther 5, 287ᵃ, vergl. die ganze stelle weiter oben;
wenn man eine zeitlang musz hacken und graben,
wird man die ruh erst willkommen haben.
Göthe 13, 148;
jeden andern zu schicken ist besser, da ich so klein bin.
......... o habt mich entschuldigt.
40, 33,
welche fügungen schon nahe zu den unten II, 4, a zu nennenden stehen. Diese bedeutung des auffassens, haltens im gemüt durchzieht nun auch andere redeweisen: daher befiehlet er euch sie in zwiefältiger eren zu haben. Luther br. 5, 739;
seit das man was die alten recht verkeren
und die priesterschaft nimmer hat in eren.
Keller schwänke s. 44 no. 35;
o mein geliebter, habe mich nicht im verdacht, ich bin unschuldig. Göthe 15, 65; denn ich habe in gewohnheit, die leute wo möglich warten zu lassen. J. E. Schlegel 3, 416; wir habens in der art, wenn wir eine hübsche melodie finden, singen wir sie meist todt, dasz sie kein mensch mehr hören mag. Göthe 14, 25; ... sind saubere kunden diese leute, haben es mit ihren grundsätzen, wie hanswurst mit seiner kutte, er hat immer die gleiche kutte, aber er kann sie drehen und wenden wie es ihm kommod ist. J. Gotthelf 11, 221; ich habe es mit allen thieren so, mit den hühnern und katzen auch. erzähl. 4, 262;
nun sag, wie hast du's mit der religion?
Göthe 12, 179.
formelhaft ist: wie habe ich es mit dir? gleichsam wie fasse ich das verhältnis zu dir auf? das unbestimmte es bezeichnet, wie in den vorhergehenden beispielen, nur einen allgemeinen bezug auf personen oder sachen: Konrad, Konrad, wie habe ich es mit euch? Elisab. von Toggenburg s. 8;
dich macht die zeit nur gewisser,
wie du es habest mit ihm, und wie die freundschaft bestehe.
Göthe 40, 297.
einen zum besten haben, als ein spottziel ansehen und behandeln, vgl. beste 13; 1, 1662. Die ältere sprache sagt etwas von einer sache haben, etwas davon halten, darüber denken, verschieden von etwas davon haben, einen theil an etwas haben oder erlangen, was unten II, 1 zu erwähnen ist; auch hats ihm gedunkt, als fressen die vögel aus diesem brodkorb; Joseph, was hast du davon? Abraham a S. Clara Judas 1, 6. ähnlich was er darauf hat (hält), weisen wol die obberuhrten artikel. Luther briefe 3, 63.
II.
Der begriff unseres wortes geht von seiner ersten bedeutung halten zu dem begriffe haben, besitzen, in manigfachen abstufungen und schattierungen über.
1)
noch nahe zu dem vorigen abschnitte steht die folgende bedeutung von haben, die man etwa mit erlangen, erhalten, nehmen, umschreiben kann; nur ist zwischen dem erstern und den letztern wörtern der unterschied des begriffes immerhin nicht zu verwischen. bei erhalten, nehmen fällt der accent auf den moment des erfassens, bei haben hinter denselben; haben legt gewicht auf die dauer des festhaltens, den besitz, so dasz die präteritale bedeutung erlangt haben an einigen stellen mehr, an andern weniger deutlich hervor scheint, deutlich namentlich, wenn ursprung und früherer besitz bezeichnet wird: woher hast du die notiz? wo hast du das geld her? daraus er (der sulphur) nun sein donner, schlahen und klapf hat. Parac. 1, 154ᵇ; wo könntest du dieses doch her haben? Fichte sittenl. 288; ich habe es von sicherer hand, dasz er sich hier aufhält; ferner in folgenden beispielen: ich mahnte ihn und die stunde darauf hatte ich mein geld; heute noch wird er sein geld haben; es soll nicht wieder mitternacht werden und ihr sollt wieder haben alles, was euch gebührt. Göthe 15, 26; endlich hab ich nun den Ochsenkopf (in Franken, das ziel einer reise). J. Paul uns. loge vorr. 20. andere fügungen betonen weniger das erhalten haben, als das erhalten: endlich werde ich doch ruhe haben; man solle nicht lang nüchtern bleiben, brod mit salz essen, und wo mans haben kann, butterbrod mit knoblauch. Böckler kriegssch. 889; wolte gern, wann er von der wacht kombt, taback, bier und brantewein haben. Schuppius 8; mit dem besten weine, der in der stadt zu haben ist. Göthe 20, 274; indem ich sahe, dasz meiner würthin töchter so guten zuschlag hatten, wurde mir das maul allgemach nach neuer speise wässerig. Simpl. 3, 28 Kurz; Ulenspiegel sagt 'der wein ist zuͦ deuer, ich hab nit dan 6 pfenning, mag ich ihn dafür haben?' Eulenspiegel bei Lappenberg s. 83; gute wäschen hatten 1 thlr. auf den stein mehr (erlangten einen solchen preis) in wollmarktsberichten; auf dem strosack, da die meid das kind het und es die kelnerin mit dem bad ausz schüt. lasztafel des doctor Grillen A 2ᵇ; lieben brüder, mir kompt ein ehrlicher gast ausz Schottlandt ... dem solt ir alle zucht und reuerenz erbieten, das wil ich von euch gehabt haben. Galmy 293; gott hab imer lob, das er die gottlosen so hat weggericht. 2 Macc. 1, 17; fr. Damon: ein zufriedenes herz ist mehr als die ganze welt. hr. Dam.: ja ich will eben das zufriedene herz haben, und darum sollen sie gehen und mir das loos schaffen. Gellert 3, 323. so sagt man ferner: du wirst schaden haben, wenn du dich nicht vorsiehst; ich vermeinte er wolle zum fenster hinaus springen, deswegen rief ich ihm zu, er solte zurücke bleiben, er möchte schaden haben. unwürd. doctor 366, sonst auch schaden nehmen; eben so er will zu einer reise urlaub haben; er hätte denn meines gnedigsten herrn erlaubung. Luther 4, 374ᵃ. die überreichung eines gegenstandes begleitet man mit den worten da hast du es; da hast du deinen hut, nun kannst du gehen, so viel wie nimm ihn hin, empfange ihn; hier hast du den schlüssel zu meinem schreibtische. Gellert 4, 439;
da! hast du gefreit um den thron von Burgund,
da hast du die mitgift! da hast du sie, hund!
mit persönlichem object: es hiesz der see müsse alle jahre ein unschuldiges kind haben. Göthe 20, 274; manches mädchen vergieszt ein thränchen, weil sie den geliebten nicht haben soll. Kotzebue dram. werke 2, 232;
mich will er haben? mich? das kann nicht sein,
sie irren sich im namen. und was will
er denn von mir?
wir sind soldaten der Fortuna, wer
das meiste bietet, hat uns.
396;
hier, hier find ich die gesellen;
haben wir die schelmen nun?
Göthe 10, 281;
zu haben bin ich, wie der alte Fritz
auf pfeifenköpfen und tassen.
47, 93;
nur drei töchter sind da; sie theilen allein das vermögen.
schon ist die ältste bestimmt, ich weisz es, aber die zweite,
wie die dritte sind noch, und vielleicht nicht lange, zu haben.
40, 253.
Dieser bedeutung von haben fallen ferner einige formelhafte redensarten zu: so statt haben: eine bitte, ein gesuch, ein begehren hat statt, gleichsam es erlangt raum, wird erfüllt, wie mhd. gesagt wird
ir bete vant neheine stat.
Albr. 45ᵃ.
nach stattgehabter untersuchung hat das gericht den angeschuldigten frei gesprochen; ähnlich ist gebildet anwendung haben: das gesetz hat (findet) auf diesen fall keine anwendung; dank haben; habe dank drückt aus nimm dank an, empfange dank, sei bedankt (vergl. dank 7; 2, 730);
er huͦb selbs uf und trank,
der preutgam sprach : hab dank.
Hätzlerin 261ᵇ, 179;
des hab dank herzog Sigmund
dasz ers hat richten lassen.
Liliencron volksl. 2, 27ᵃ.
verschieden davon ist einem dank haben, wo sowol dank wie haben in anderer bedeutung stehen (vergl. unten 3, b). der wunschformel habe dank stehen verwünschende zur seite: das donnerwetter sollst du auf den hals haben! das mädchen will er? den teufel soll er haben!
ei das er hab sant Quirins busz!
H. Sachs 3, 3, 70ᵈ.
etwas davon haben, nutzen, vortheil von etwas erlangen: was soll ich mich um ihn kümmern? ich habe nichts davon; was hat man davon? cui usui Frisch 2, 406ᶜ. ich habe nichts vom kästchen noch vom schlüssel, rief er aus, dein herz wünscht' ich zu öffnen. Göthe 23, 231; wann gleich ein so liederlicher schlingel .. durch den sommer davon komt, so hat man nichts anders von ihm, als dasz man ihn auf den winter mit groszen kosten wieder mondiren musz. Simpl. 1, 408 Kurz. ähnlich ist etwas dran haben, nutzen an einer sache finden, ein kaufmann sagt wenn ich diese waare auch noch so schnell verkaufe, so habe ich doch nichts daran, erlange daran keinen profit; bei Logau in anderm sinne:
was gott recht rechnet ausz, was gott wol misset abe,
steht nie so recht und wol, das tadel nichts dran habe
(nichts daran auszusetzen finde).
1, 202, 34.
dieses Logausche dran haben stimmt zu anhaben 2, vgl. th. 1, 364. ist nun aber haben = erhalten, so steht dazu mehrfach die präp. an im sinne unseres von, ein vorzugsweise in den niederdeutschen dialecten herschender brauch, wo zu verben des nehmens, erhaltens, erlangens präp. wie an, ags. on, ät treten, die das dasein eines zu nehmenden gegenstandes an einem orte oder einer person hervorheben, während unser von mehr auf den act der wegnahme selbst geht; vgl. ags.
ic väs syfan-vintre, þâ mec sinca baldor,
freá-vine folca, ät mînum fäder genam.
Beov. 2430;
up gitôh
fisk an flôde.
Heliand 3213;
thuo nâmun sia an thêm liudon filo
diuria mêđmôs.
5890;
ähnlich ist ahd.
ioh lesent thâr in lante gold in irô sante.
Otfrid 1, 1, 72,
lesen aus dem sande gold; nhd. etlich von den lanzknechten kamen im auch nach, zu versuchen, ob si was an im haben möchten (von ihm erlangen, sie wollten nämlich sold erpressen). Wilw. v. Schaumburg 196; ein sterbender graf von Henneberg läszt sich einen spiesz geben und schreit wie im kampfe, und nach solichem geschrai redet er vast ernstlich: du boser veint, du hast nichts an mir, und will dich mit disem sper überwinden. 56; der gott der mich hat zum fürsten gemacht, der hat auch meine unterthanen gemacht, das ich nichts mehr noch bessers an im habe, weder der geringste bawer auf dem lande. Luther 8, 201ᵇ. Unselten ist die fügung dieses haben mit dem reflexiven persönlichen dativ (gramm. 4, 705) gleich dem lat. sibi habere; mhd. davon lobet die schrift die frouwen alze schône, diu ir selber ir ougen ûs brach und si irme minner brâchte und sprach: habe dû dir das dir an mir behaget und lâs mir ruowe in der lûterkeit mînes herzen. Haupt 8, 254;
er sluog im ûf der gîgen abe die zeswen hant:
daʒ habe dir ze botschefte in der Burgonden lant.
Nib. 1900, 4;
wir geben dir ze dîner var
unt ze dîner lîpnar
zwô marc von rôtem golde:
diu habe dir von Isolde.
Tristan 207ᵃ, 20.
nhd. hab dirs, nimms für dich hin, habe tibi Maaler 203ᵇ; wer gewunnen oder verloren het, must ime das haben (bei einem friedensschlusz, auf grundlage des 'uti possidetis'). Wilw. v. Schaumb. 46; werden sie aber auch drüber geschlagen, so haben sie es inen. Luther 4, 445ᵇ; findet (er) alsdenn, das in verdreusst, so hab ers im und ein gut jahr dazu. 537ᵇ; Juda sprach, sie habs ir, sie kan uns ja doch nicht schande nachsagen. 1 Mos. 38, 23; also wer sich selbs bewar oder verwarloszt, des schuld sei sein, der hab ims. Frank weltb. 135ᵃ; lecker was hastu mich zu lehren? lehre deine kinder, und hab dir das fallübel umb dein angesicht. Alberus p. 13; wer die stelle anders auslegt, mag sichs haben. Göthe an Zelter 707;
sê narr, sprach sie, hab dir die feigen (schläge).
H. Folz bei Haupt 8, 515;
(ich will geben) ein altz spinnredlain,
Hilla das hab dir allain.
fastn. sp. 576, 6;
auf huͦb er da sein weisze hand,
schluͦg sich selber an sein wang;
'se hin mein maul und hab dir das
dasz du doch nichts verschweigen magst'.
Uhland 248;
funfzig ducaten hab dir zur schenk.
H. Sachs 3, 2, 41ᵈ;
geh von mir, hab dir drüsz und peulen.
3, 3, 13;
sehe, hab dir das, denk ir dabei.
B. Waldis 2, 80, 33;
er ward schellig und nams beim har
und sprach: hab dir ein böses jar.
4, 60, 94;
der wolf gedacht, hab dir die drüsz.
desz hab dir mit gebottner hand
mein ehlich pflicht und treu zu pfand.
Ayrer 195ᵇ;
hab dir die streich, fahr hin zum teüfel.
417ᵃ;
wer schult dran hat, der mag ims haben.
98ᵃ;
die unruh wir uns haben müszn
und geht euch wenig daran ab.
142ᵇ;
so erstreckt sich mein begehren
weiter als auf treue nicht.
ihre wahrheit kan gewehren,
was mir ihre gunst verspricht.
hab ich sie, so hab ich mir
aller schätze schätz' an ihr.
Fleming 515;
auf rasch vergnügte,
schnellen strichs!
der barsch besiegte
habe sichs!
Göthe 40, 418;
unkluger komm! so magst du's dir denn haben!
Tieck 1, 261.
bei neueren wird der persönliche dativ auch unterdrückt: wer sich irgend einen solchen drang muthwillig schafft, der habe es. Lessing 10, 31; das trotzige ding dünkt sich hier oben so sicher! wenn einer auch einmal ungezogen würde, müszte sie's haben. Göthe 11, 18; mag sie's für meinen sohn haben, der um ihrentwillen aus dem lande gelaufen ist. 23;
wenn ich nun im holden haine
unter meinen freunden wandle,
mögens meine feinde haben
die als kegel ich behandle.
47, 266.
2)
einer solchen sinnlichen bedeutung von haben steht nun die folgende zur seite, die sich auf das geistige erlangt haben, eingenommen haben bezieht. zunächst ist hier anzuführen das unpersönliche mich hat wunder, gleichsam wunder hat mich ergriffen (gramm. 4, 246), wofür jetzt gewöhnlich das ganz präsential gedachte mich nimmt wunder gilt:
den künic hete wunder und sîne man alsam
umbe solhiu mære als er hie vernam.
Nib. 110, 1.
muͤsent dise menschen in das fegefür, das het mich gros wnder. Merswin 106, ähnlich 138; dasz er so .. sanft entschlafen ist .. das uns alle wunder hat. Luther br. 4, 362. daneben auch andere freiere fassungen: wie het mich diz eine so frömede rede. Merswin 31. 54; das het mich gar eine fremmede redde. 93; diese redde het mich gar eine wnderliche fremmede redde. 55. 138; daʒ hat uns frömde und unbillich. Königshoven 970; ritter und knecht hâte eʒ unbillich. Ettmüllers jahrb. 56, 1; den ritter het frembd, da er sah sein wesen. Weiszritter 10ᶜ. die redensart wunder haben steht auch in persönlicher fügung, namentlich im 15. und in der ersten hälfte des 16. jahrh., beispiele dafür sind gramm. 4, 247 gesammelt, z. b.
all landt syndt yetz voll heylger geschrift,
und was der selen heyl antrifft,
bibel, der heylgen vätter ler
und ander der glich buͦcher mer,
in masz das ich ser wunder hab,
das nyemant bessert sich dar ab.
narrenschiff 2ᵃ, 5 Zarncke.
wie wunder haben ist auch hehl haben gebraucht und verlaufen, unpersönlich steht es mhd.:
wie si ze Rîne sæʒe, si gedâhte ane daʒ,
bî ir edelem manne; ir ougen wurden naʒ.
si hetes vaste hæle, daʒ eʒ nieman kunde sehen.
Nib. 1311 Lachm.
nhd. das habe ich gern nachgelassen und hat mich kein hehl. das ein fürst und regent sei eine weltliche person. Luther tischr. 393ᵇ; und unser gebet sol uns nicht heel haben, wollens anzeigen offentlich. werke 5, 276ᵃ; fur einen frembden thu nicht das dich heel hat (ἐνώπιον ἀλλοτρίου μὴ ποιήσης κρυπτόν). Sir. 8, 21; ir wesen hat sie kein heel (διότι νῦν ἐταπεινώθη ἡ δόξα αὐτῶν). Jes. 3, 9. jetzt ist das persönliche hehl haben gewöhnlich; die geheim gehaltene sache steht im genitiv: ich habe meiner reue keinen hehl. Gotter 3, 407; die laster die ihrer gar nicht hehl haben. Kant 6, 194. zweifelhaft ist der genitiv in: Klärchen hatte es kein hehl, dasz sie den kniegürtel der jungfrau schon als ein stück ihrer toilette betrachtete. Thümmel reise 3, 282; für ihn tritt der accusativ ein, als nachklang an die frühere gleiche unpersönliche fügung: ich .. werde unsre freundschaft nie hehl haben. Niebuhr leben 2, 21. Hierher müssen wir ferner ziehen, wenn haben eine zu fassende oder erlangte vorstellung oder kenntnis ausdrückt:
denkt euch ein mädchen, das jetzt hold,
jetzt finster sich gestaltet,
und ob es lacht und ob es schmollt,
stets neuen reiz entfaltet;
ein mädchen, meister im talent
die herzen anzuketten,
und schalkhaft wie ihr wenig kennt,
so habt ihr Henrietten.
Gotter 1, 89.
ähnlich denkt euch das ross, das keiner peitsche klang
noch schreckte, kein gebisz noch zwang,
.... denkts euch, so habt ihr ihn.
1, 322;
der h. Augustinus berichtet, dasz er von einer glaubwürdigen person habe, dasz sie gesehen wie der magnet das eisen beweget und umgeführet habe, obschon eine silberne platte dazwischen war. Scriver seelensch. 2, 377; denn sie hattens aus vielfältiger erfahrung, dasz sie .. nichts ausrichteten. Wieland 15, 163; und doch hatte sie aus der erfahrung, dasz solche personen durchs leben .. eine sehr angenehme und liebenswürdige reife erlangen können. Göthe 17, 264. Auch die verbindung haben wollen gehört hierher, wenn sie sich auf das erlangen einer beabsichtigten wirkung, einer absicht überhaupt bezieht: erst frage ich sie: was hat L. wohl mit seinen furien haben wollen? was anders, als dasz es eine art von wilden spröden giebt, die nichts weniger als liebenswürdige muster der weiblichen zucht genennt zu werden verdienen? Lessing 6, 273; er konnte gar nicht fassen, was der schauspieldirector dieser todtengräberscene eigentlich mit allem haben wollen. J. Paul Titan 1, 75. diese fügung ist häufig und manigfach: thu wie ich gesagt, ich will es so haben; mein junker wolte es also haben. Schuppius (1701) s. 447; der minister wollte haben, dasz sich seine beamten der politischen reden enthielten; die solten hinten usz ziehen und solten min hern von Wertheim fornen inlassen zihen oder sin gewalt, ob mins herrn von Wertheim gewalt das gehabt wolt han. weisth. 3, 563. nicht haben wollen, nicht zugeben, nicht leiden, nicht haben wollen, nehmlich das man es thue, prohibere Frisch 1, 389ᵇ; der gläubiger wollte nicht haben, dasz der schuldner sich aus der stadt entferne.
3)
am meisten steht haben in der bedeutung zu eigen haben, im besitze haben; bei der ungemein häufigen anwendung des wortes hebt sich die bedeutung bald mehr, bald weniger scharf hervor. das einfache object ist in den accusativ gesetzt, seltner in den theilungsgenitiv, es wird auch in gangbaren und sprichwörtlichen redensarten als leicht zu supplieren, ganz ausgelassen:
ich habe gehabt, ist ein armes wort,
ich hätte gern, ist thörig,
ich werde haben, ist auch kein hort,
ich habe, das klingt gehörig.
drum was du hast, das nimm für viel,
bei hoffen und wünschen gibts kein ziel.
Gellert in ein stammbuch 1746.
hab ich ist besser als hätt ich sagt das sprichwort, was in weiterer fassung in ein wortspiel zwischen hab ich und dem vogel habich verläuft, vergl. unter habicht; einer der ob dem andern hat (nämlich feld). weisth. 3, 591; wo zwen bei einander haben (nämlich eigentum) auf dem felde an der gemein, und wolt der eine das syn befriden, sol er thun an (ohne) des andern schaden. 3, 589; auf der mülin haben (nämlich korn). 4, 50;
doch, wer der wald nur eines herrn,
man würd die bauern anders lehrn.
weil aber viel herrn haben dran (sc. theil).
a)
eine sache oder eine person haben: der mann hat geld; er hat ein groszes haus in der residenz; der mann war arm, aber die frau hatte ein hübsches vermögen; ich hatte aber nicht mehr als die vier groschen die du mir gegeben hattest. Gellert 3, 243; schöne kleider haben; der mensch hat kopf, leib und glieder; der vogel hat federn, der fisch hat schuppen; habt augen und sehet nicht, und habt ohren und höret nicht. Marc. 8, 18; ihre gelehrten .. stehen im heiszen sande immer auf einem fusz um den andern, und haben an jedem acht zehe. Rollenhagen ind. reisen 77; wer mein wort höret und gleubet dem der mich gesand hat, der hat das ewige leben. Joh. 5, 24; er hat ein sanftes ende .. ich wollte gleich mit ihm sterben. Gellert 4, 439; die städte .. haben ihre besondern ordnungen. Möser patr. phant. 1, 176 u. s. w. in unzähligen verbindungen; darumb haben unsere herren wieszen und äcker hie, davon sie es nehmen sollent. weisth. 5, 577;
darauf ihm (dem diebe) antwort gab der hund,
gestoln fleisch ist mir ungesund,
du hasts gewislich nicht mit ehrn.
E. Alberus 146ᵇ;
habt ihr nichts an euer schätzchen,
habt ihr nichts für euer kind?
Göthe 1, 193;
was haben wir neues, Marinelli? Lessing 2, 122; sieh sohn, da ist ein hübsches, stilles, sittsames mädchen, braver ehrlicher eltern kind, das wird zwar nur wenig haben, wird vielleicht nichts haben, aber es ist in gottesfurcht und in einfalt erzogen. Engel 12, 59. so bezeichnet das hinzugesetzte unbestimmte object es geradezu das vermögen, die mittel: er hats, er kann sich schon was zu gute thun; denn was brauchen wir die kosten zu sparen, wir habens ja dazu. Klopstock 12, 354 (gelehrtenrepubl.); im mhd. findet sich eine ähnliche, nicht völlig gleiche fügung:
hât sîe eʒ an dem lîbe, sie ist ein dienstwîp;
hât sie eʒ an dem adel, sô ist ir swarz der lîp.
Wolfdietrich 18, 1 Holzm.,
d. h. hat sie persönliche vorzüge, hat sie vorzüge des standes.Verwünschend wird gesagt: nun hats der henker Göthe 15, 15, d. h. das vermögen, die mittel sind fort, s. henker. Mit persönlichem object: freunde, feinde, gegner, gönner, wohlthäter haben; diese alte jungfer hatte viele anbeter gehabt, aber zu einem manne war sie nicht gekommen; eine familie die sechs kinder hat; endlich hat dich mein herz, du gute. J. Paul Hesp. 2, 112; das studium des menschlichen körpers hat mich nun ganz. Göthe 29, 212; ich habe dich wieder! 10, 156; sie haben keinen vater mehr? 10, 141; die leute die keine religion haben, haben keinen gott. 10, 135;
das werd in ewige demanten eingegraben,
was wir für einen gott an unsern gotte haben.
welch ein mädchen ich wünsche zu haben? ihr fragt mich, ich hab sie
wie ich sie wünsche, das heiszt, dünkt mich, mit wenigem viel.
Göthe 1, 355;
er sieht dasz du gehorchst, drum liebt dich der tyrann,
damit er jemand hat, dem er befehlen kann.
7, 4;
denn wir können die kinder nach unserm sinne nicht formen;
so wie gott sie uns gab, so musz man sie haben und lieben.
40, 260.
oft gebraucht von dem besitze des ehegatten, der geliebten: was geht uns die liebe an? sie haben ihren mann und ich meine frau. Gellert 3, 291; sie sagen: als mann und frau hätte man sich nicht mehr so lieb wie vorher. es ist nicht wahr, Röse. wie lange haben wir uns schon? Göthe 14, 254;
du hast sy genommen und muost sy han,
und solt dir die seel vom lyb usz gan.
fastn. sp. 2, 865;
allda mich deucht, ich hätt
die mir macht ein verlangen.
Hoffmann gesellsch. lieder 8;
Michelein will mich kurzum hon.
p. 159;
ich thäte selbst, wenn ich Cytheren hätte,
was Phöbus thut, er geht mit ihr zu bette.
soll ich sie haben?
Göthe 11, 34 (s. 31 ist dieselbe frage ausgedrückt: soll ich sie besitzen?).
dazu stellt sich das mhd.
eʒ hât mir an dem herzen vil dicke wê getân
daʒ mich des geluste des ich niht mohte hân
noch niemer mac gewinnen. daʒ ist schedelîch.
jon mein ich golt noch silber: eʒ ist den liuten gelîch.
minnes. frühl. 8, 25.
mit den zweck bestimmendem zusatze: diese frau hat einen ausländer zum manne; der mann hatte eine geborne N. zur frau;
Betz, du bist ain grad man.
wilt du Metzen zu der ee han?
er sprach: ja, will sie mich.
Nodung sprach: Metza, gich,
wilt du Betzen han zu der ee?
Hätzlerin 260ᵃ, 30.
aber ohne diesen zusatz wird das verbum auch in obscönem sinne gebraucht, ein frauenzimmer haben, sie beschlafen: wüst ich nicht ganz gewiss, dasz du die Humbrechtin gehabt hast, so dächt ich .. H. L. Wagner kindermörderin 42;
chain man sich nun benügen latt
der nit drei oder vier hat.
Hätzlerin 190ᵃ, 180.
umgekehrt von einem weibe in bezug auf männer:
hab ir doch zwei auf dise nacht
helfen haben in einem haus.
H. Sachs 3, 1, 19.
wenn eine sache, eine person dem besitzer verloren gegangen ist, so spottet man: nun hast du sie doch gehabt! das lass ich wohl bleiben. es könnte mir wie dir mit Petern gehen. nu hast du ihn doch gehabt. Weisze kom. opern (1777) 3, 227.
b)
eigenschaften, geistige gaben, alter, gründe, recht, pflicht u. s. w. haben: ich zweifele nicht daran, die trauben werden eine beszere art haben, als der alte Kratzenberger zu Renns. Schuppius 98; die gesinnungen ihrer schwester zeigten sich schon anders; sie hatte vieles von der mutter. Göthe 19, 358; eine ihr ganzes wesen habende rührung. J. Paul Hesp. 3, 66; das ist die wahre liebe, und die habe und hege ich im herzen zu dir, mein Oswald, wie sie nur ein mädchen haben und hegen kann .. und habe sie gehabt und gehegt immerdar. Immermann Münchh. 4, 80;
wohl schleicht ein seufzend volk liebhaber um mich her;
doch du nur hast mein herz, und sag, was willst du mehr?
Göthe 7, 22.
anders ist: habe einmal das herz (den mut). Lessing 1, 247; auf das sie in inen haben meine freude volkomen. Joh. 17, 13; wer aber weichen wird, an dem wird meine seele kein gefallen haben. Hebr. 10, 38; deswegen hat das incognito der fürsten und die daraus entspringenden abenteuer immer etwas höchst angenehmes. Göthe 25, 344; damals hatte alles den reiz der neuheit für mich. 10, 130;
ich hab an meinen leiden lust.
Fleming 494;
hab ich doch meine freude dran.
Göthe 12, 185;
hatten so rechte herzensfreud
an dieser erde lieblichkeit.
auch sie haben verstand, und es kostet mich ein wort, so haben sie keinen. Lessing 2, 173; du willst mein mann werden und einen willen für dich haben? 1, 247; närrisches weib, sagte dieser. 'hab ich denn launen?' o du hast, hast! Engel 12, 77; daher habt ihr euren argwohn. Göthe 14, 256. mistrauen haben; ein arg oder ein arges gegen jemand haben, s. arg 1, 547; ein geschöpf das mich versteht! das mitleiden mit mir haben kann. Göthe 10, 146; sie haben doch auch viel beschwerlichkeit weniger. 10, 151;
selbst die glücklichste der ehen,
tochter, hat ihr ungemach.
Gotter 1, 85;
du hast's (dessen, gen.) auch ursache gehabt. 14, 255; wollten sie nicht ein biszchen ruhen? sie habens noth. 10, 136; auf dem lande braut und schenkt, wer lust und mittel dazu hat. Möser patr. phant. 1, 176; hoffnung haben, gewisheit haben; ich habe keine hoffnung mehr dasz er genese; und habe die hoffnung zu gott, auf welche auch sie selbs warten, nämlich das zukünftig sei die auferstehung der todten. apost. gesch. 24, 15;
auch will ich trostlich hoffen han,
eure wort bleiben unverchert.
Hätzlerin 199ᵇ, 212,
u. s. w. in vielen wendungen; vom alter: ehe er noch 14 völlige jahre hatte. (Bodmer) neue crit. briefe 4; wie viel jahre hast du? Göthe 18, 153; der älteste sohn mochte einige jahre mehr haben als ich. 25, 175; er hatte fünf jahre mehr als ich. 301. von der zeit überhaupt: ich habe keine zeit; ich habe zu der arbeit keine musze; jetzt wird er vielleicht in drei wochen nicht ankommen und der graf von Mesgau hat gute zeit sich in Luxemburg festzusetzen. Schiller 1100; M. wo willst du hin, Sora? S. in den garten, Mana. M. hast du so viel zeit? Göthe 14, 3; unser eins hat so wenig zeit zu weinen, als leider zu beten. 10, 132; ich hab keine eil. 10, 128; sein zorn über die gottlosen hat kein aufhören. Sir. 5, 7;
das gesetz ist aus. das köpfen hat ein ende.
Schiller Turandot 2. a. 4. sc.
von gewalt, macht, ansehen, verdienst, verbindlichkeit u. s. w.: ir wisset, das die weltliche fürsten herschen, und die mechtigen unter inen haben gewalt. Marc. 10, 42; jederman sei unterthan der oberkeit, die gewalt uber in hat. Röm. 13, 1; wo ich aufhören musz, sittlich zu sein, habe ich keine gewalt mehr. Göthe 23, 257; ich hette mit gottes hülfe wol so viel macht, das ich euch künd ubels thun. 1 Mos. 31, 28; ein mensch hat nicht macht uber den geist, dem geist zu wehren, und hat nicht macht, zur zeit des sterbens. pred. 8, 8; hat nicht ein töpfer macht aus einem klumpen zu machen ein fas zu ehren und das ander zu unehren? Röm. 9, 21; warum hast du nicht auch kraft, dir das geschehene zu verzeihen? Göthe 10, 163; ich hatte nicht den muth, ihn darum zu fragen; ein weiser hat bei seinen leuten ein gros ansehen. Sir. 37, 29;
noch viel verdienst ist übrig. auf, hab es nur,
die welt wirds kennen.
Klopstock 1, 114;
beide haben das verdienst,
dasz sie ... die menge theilen, die ich finden mag.
Göthe 11, 244;
du wolltest dein verderben. hab es nun.
Schiller Turandot 2, 4.
Einige hierhergehörige fügungen sind mehr oder weniger formelhaft; wir sagen täglich haben sie die güte, die freundlichkeit, die gnade, diesz zu thun; haben sie die gutheit und erlauben sie mir das lotterieloos noch auf eine minute. Gellert 3, 319; dasz ich die ehre haben will, ihre jungfer muhme nach hause zu begleiten. 337; haben sie nur die gefälligkeit ein wenig lauter zu reden und ich werde sie hören. Engel 12, 216. ruf haben: er hat als arzt ruf; er hat den ruf eines einsichtigen mannes, eines gelehrten, eines streitsüchtigen, eines trinkers; ähnlich wir deudschen haben das geschrei davon (von der trunkenheit) in andern lendern. Luther 4, 61ᵇ. erbarmen haben, der bettler ruft habt erbarmen!
mutter erde, hab erbarmen!
freundlich öffne sich mir armen
liebesmärtyrer dein schoos!
Gotter 1, 260.
der imperativ wird in dringlicher rede auch unterdrückt:
erbarmen, lieber herr, erbarmen!
verschont den sauern schweisz des armen!
Bürger der wilde jäger, und noch öfter in diesem gedichte.
recht haben, das rechte in bezug auf ansicht und meinung zu eigen haben, recht ist das substantivisch gesetzte neutrum des adjectivs, vergl. unten 3, c kalt haben, warm haben (verschieden ist ein recht haben, eine befugnis besitzen): du hast recht, sie hat recht, kurz, wir haben alle mit einander recht. doch wenn du es lieber siehst, so sollst du allein recht haben. Gellert 3, 231. dafür sagte man im mhd. und bis ins 16. jahrh. wâr haben:
sî sprâchen, tochter, du hâst wâr.
arm. Heinr. 499;
sie sprach, mein herr fuchs, du hast war.
H. Sachs 2, 4, 38ᵃ;
und wöllens doch nicht haben war,
betreibens gleichwol immerdar.
Ringwald g. E. 108ᵇ;
dein wort man läszt nicht haben war.
Luther 8, 346ᵃ.
hierher auch es (gen. einer sache, vergl. 3, 1129 no. 18ᵃ) nicht wort haben wollen, einen ausspruch oder zusage nicht als eigen oder verpflichtend anerkennen: so sind sie alle, nur wollen sie es nicht wort haben. Göthe 18, 155; Mariane dagegen wollte nicht wort haben, dasz sie ihn so lange nicht bemerkt hätte. 94.
c)
krankheit, übel, ein körperliches bedürfnis u. ähnl. haben: da das geschach, kamen auch die andern in der insulen erzu, die krankheit hatten, und lieszen sich gesund machen. apost. gesch. 28, 9; denn sie sagten, er hat einen unsaubern geist (goth. ahman unhrainjana habaiþ). Marc. 3, 30; viel unter inen sprachen, er hat den teufel und ist unsinnig (goth. unhulþôn habaiþ jah dvalmôþ). Joh. 10, 21; und da war ein weib, das hatte den blutgang zwelf jahr gehabt (goth. quinônô suma visandei in runa blôþis jêra tvalif). Marc. 5, 25; wann jemand vom wein oder sonsten trunken, dasz er davon gar groszes kopfweh hat. Böckler kriegssch. 888; nicht wahr, sie hat grosze hitze, und schon phantasiert, seit dem ich sie verlassen habe? Gellert 3, 417;
wer prechen an den augen het
und dem sein gesicht wee tet.
fastn. sp. 752, 6;
was habt ir am leib für beschwerden,
habt ir etwann ein offnen schaden.
H. Sachs 5, 340ᵇ.
hunger haben; durst haben; kalt haben, warm haben, heisz haben, wo diese adjective in substantivischer geltung stehen, mehrfach aber zu adjectivischer zurück kehren, wie ein gleich folgendes beispiel lehrt; vergl. auch das neutr. kalt 5, 85:
zwô zungen habent kalt und warm, die ligent in sîme rachen.
Walther 29, 11;
bald sich ein ander zu her stalt,
der wil erfrieren, hat zu kalt.
Grobs ausreden 102 (Haupt 3, 253);
ich habe kalt, mich friert, vergl. Gotthelf 2, 250. ferner eine last haben: ich habe meine last, sagt der arme mann, fünf kinder zu ernähren und kein verdienst, hier steht last bildlich als drückendes, beschwernis, eine sache hat ihre last (gewicht), die kiste hat eine last von fünf centnern würde in die vorige reihe zu stellen sein; seine noth haben: darüber hatte ich nun immer meine noth mit dem abbé. Göthe 20, 214; man hatte noth Friedrichs scherze in schranken zu halten. 20, 248. Mit dem unbestimmten object es, welches ein übel im allgemeinen andeutet, verbindet sich dieses haben: es auf der brust haben, es im hals haben, brust-, halsweh haben, ähnlich es im kopfe, in den armen, in den beinen haben; ich habe es in allen gliedern, nämlich übles befinden; nach dieser construction wird freier und neuer gebildet ich habe die ganze sache im magen, gleichsam sie haftet an mir wie ein magenübel; und mit persönlichem object einen im magen haben, ich habe den kerl im magen. So fragt man bei üblem oder nur ungewöhnlichem verhalten was hast du?
was hast? was kneipt dich denn so sehr?
Göthe 12, 144;
was ist dir? was hast du? — ach, in dem spiegel steht der domherr. 14, 202; was hast du, Hippias, sagte sie zu ihm, dasz du eine tiefsinnige miene mitbringst? Wieland 1, 181;
du siehst mich lächelnd an, Eleonore,
und siehst dich selber an, und lächelst wieder.
was hast du? lasz es eine freundin wissen.
Göthe 9, 101;
was haben die zusammen? wie vertraut!
10, 270;
ich sitze hier und weine,
weisz selbst nicht, was ich habe.
Gotter 1, 363.
ist ein übel, ein unglück, etwas befürchtetes über uns herein gebrochen, so heiszt es: da haben wirs; da haben wir das unglück, die bescherung; lasz doch sehen! ha, da haben wirs! Wieland 19, 210; da haben sie es nun! rief die alte, ... danken sie dem himmel, dasz ... ihnen noch ein so vortreffliches kind übrig bleibt. Göthe 20, 88; nun da haben sie's. wir hätten am ende doch wohl zusammen gepasst. 21, 171; G. was bringt ihr? S. schlechte nachrichten. da verlieszen wir uns auf des kaisers geheime gunst, von der man uns so manches vorschmeichelte. nun haben wir die bescherung. 42, 332. Dieses es haben nimmt auch eine noch prägnantere bedeutung an: der hats, er steht nicht wider auf, d. h. er ist tot; der hirsch hats, er ist erlegt. weidw. 1, 5ᵃ;
bald dann ein kegel namb ein schaden,
das er thet auf dem platz auszpaden,
das war den frauen nur ein glechter,
sprachen ei, ei, das ist ein rechter,
er ist schabab, er hats, er hats,
taug nit mehr auf den kegelplatz.
H. Sachs 1, 517ᵈ.
diesem persönlichen er hat es steht ein unpersönliches es hat ihn gegenüber:
den mann hats! so nennt der sprachbrauch
dortlands jenen zustand, wo der
liebe zauber uns gepackt hat;
denn der mensch nicht hat die liebe,
nein, er ist von ihr besessen.
Scheffel trompeter 62.
es hat mi, ich bin in der klemme Fromm. 5, 444 aus Tyrol.
d)
zu dem objecte im accusativ tritt bei fällen unter 3, b in ungewöhnlicherer weise ein persönlicher, nicht reflexiver dativ: bei der verbindlichkeit die er ihr hatte. Wieland 1, 230; um mich der verbindlichkeiten, die ich ihm habe, zu entledigen. Merck briefs. 2, 146; mein etat über den ich halten musz, wenn ich am ende des jahres nicht selbst anderen verbindlichkeiten haben will. Göthe bei Schöll 186; er hab euch eine wichtige zeitung. Schiller 115; wir lösen häufiger diesen dativ durch präpositionen auf: verbindlichkeiten gegen einen, zeitung oder nachricht für einen haben.
e)
das object steht bei den fällen 3, a bis c statt im accusativ im theilungsgenitiv; zwar seltener, aber weit durch die deutschen dialecte reichend, so goth.: ei ustaúhi silba sis vulþaga aikklêsjôn, ni habandein vammê aiþþau mailê aiþþau hva svaleikaizê. Eph. 5, 27; fravaurpanai svê lamba ni habandôna hairdeis. Matth. 9, 36; ags. nu häbbe ic his her on handa. Cädmons Genesis 678, und noch mittelenglisch, obschon hier der genitiv auf die üblich gewordene weise durch die präp. of umschrieben wird: of smale houndes hadde she. Chaucer 146; mhd.
wand ich noch einer salben hân.
Iwein 131;
habent si grôʒer rîterschaft.
pf. Konr. 206, 25;
ain man der rechter minne hât.
Haupt 4, 398.
nhd. wenn ich mit menschen und mit engel zungen redet und hette der liebe nicht (gegen das goth. iþ friaþva ni habau, griech. ἀγάπην δὲ μὴ ἔχω). 1 Cor. 13, 1. 2. 3; so lang sie des selben melwes von Egipten hatten, also lang gab inen got kein himmelbrot. Keisersberg bilger 43; ich hab auch des krauts rausch wider rausch. Garg. 94ᵃ. ungewöhnlicher ist diese construction der neuern sprache geworden, obwol sich gegen einen satz wie ich habe noch des geldes das sprachgefühl nicht sträubt; dasz sich etwas schlimmeres dahinter (hinter der krankheit) versteckt halten sollte, will ich nicht hoffen. indessen hat man der fälle. Engel Lorenz Stark (schriften 12) 156. häufiger umschreibt man den theilungsgenitiv durch die präp. von: hast du noch von dem alten weine? der kaufmann hatte noch von dem zeuge, das ich kaufen wollte.
4)
die fälle sind nunmehr besonders zu betrachten, wo das object von haben durch ein adjectiv, particip, adverb oder verbum noch näher bestimmt oder hervorgehoben wird. die bedeutung von haben wird hier oft unbestimmter, der begriff des besitzes tritt nicht mehr scharf hervor, er verliert sich mehr in den des vorhandenseins für das subject überhaupt, den wir jedoch völliger erst in den folgenden fügungen (no. 5) walten sehen.
a)
das object wird durch ein prädicatives adjectiv näher bestimmt. das letztere ward im mhd. oft noch in übereinstimmung mit seinem substantiv flectiert:
den (tod) wânten sie gewissen hân.
Ernst 3599;
den lîp ich noch gesunden hân.
Sigenot 28.
oft aber auch unflectiert:
die boume die dô stuonden grîs
die habent alle ir niuweʒ rîs
vogele vol.
Nidhart 4, 36;
daʒ si im der maget gunde, wan er die frouwen guot
hête vor in allen.
Gudr. 762, 1.
das letztere ist im nhd. immer brauch: der gastwirt hat seine zimmer voll; ihr habt die gläser schon wieder leer; die frau war geschmackvoll gekleidet, sie hatte kleid und mantel reich besetzt und den hut sehr klein; hierauf erlustigte sich ein jeder entweder mit tanzen oder mit singen, auszgenommen Levion, welcher den mund stäts voll hatte (= dessen mund stets voll war). Happel acad. rom. 42; wer zu herschen gewohnt ist, wers hergebracht hat, dasz jeden tag das schicksal von tausenden in seiner hand liegt, steigt vom throne wie ins grab. Göthe 8, 231; sie tragen blaue mit gold verbrämte mäntel .. und haben das haupt bedeckt. 24, 34. eine sache nötig haben:
herr kaiser, grosz hab ich so eben nichts nöthig.
Bürger 67ᵇ,
woneben indes auch der theilungsgenitiv steht: ich habe dessen nicht nötig, oder das object wird durch einen satz umschrieben: wir haben nie nöthiger gehabt, uns genauer zu kennen. Göthe 20, 195. eine waare feil haben: und fand im tempel sitzen, die da ochsen, schaaf und tauben feil hatten; es stehe seltzam und bärenhäuterisch, wenn die comoedianten auf der bühne stehen, selber zu sehen, und affen feil haben wollen. A. Gryphius absurda comica 32, s. feil 3, 1447;
drum sind sie auszer noth
wenn eine grosze flut sie gar wil haben todt (= will, dasz sie tot seien).
Hierher auch die fügung mit dem unbestimmten es: ich habe es gut, ich habe es schlecht = meine ganze lage ist gut oder schlecht;
kein verliebter hab es besser.
Göthe 1, 50;
betrachten wir das alles genauer, so hätten wir es kürzer, bequemer und vielleicht gründlicher, wenn wir eingestünden ... 50, 63. In den folgenden stellen zielt haben auf das vorhandensein in der vorstellung oder im gemüte, hier rührt es an die bedeutung des geistigen haltens und auffassens, die I, 6 (sp. 54. 55) erörtert wurde, ohne ihr doch genau zuzufallen; denn ich habe einen lieb sagt mehr als ich halte oder fasse ihn als einen mir lieben auf, es heiszt er ist für mich eine geliebte person, indem das verbum den antheil des subjects am objecte hervorhebt: sie hat mich auch recht lieb. Göthe 10, 133; im mhd. sagte man ebenso hold haben:
sîn lîp der ist sô schœne, man sol in holden hân.
Nib. 102, 3;
ich minne zwô Isolde
und hân die beide holde.
Trist. 481ᵃ, 2 (Maszm.)
oder wert haben:
lîp, lâ die minne diu dich lât
und habe die stæten minne wert.
Walther 67, 39.
im mnl. findet sich auch lêt hebben Huyd op St. 3, 41. nhd. dauern manche solcher verbindungen, auszer lieb haben auch hold haben: das glück und die weiber haben die narren hold. Agricola sprichw. 59ᵇ; gern haben, wo gern noch adjectiv ist: ich habe die kinder gern; wie manches zuckerbrod oder biscuit oder macrone ich euch hab zugeschoben, hab euch immer am gernsten gehabt. Schiller 131ᵃ. mit sehr gedrängtem ausdruck:
ich habe meine feinde gern so stolz.
Körner 2, 165
= ich habe es gern, wenn meine feinde so stolz sind; satt haben: ich habe den menschen, diese ganze sache satt; ich habe das gerede recht satt. Göthe 11, 118;
ich hab sein rasen satt.
7, 41.
eigen haben:
der mensch hat nichts so eigen,
so wohl steht ihm nichts an,
als dasz er trew erzeigen
und freundschaft halten kan.
S. Dach bei Gödeke 1, 333ᵇ.
hierher auch die formel gott habe ihn selig; ferner: als ihm in seinem todtbett der priester das höchste altargeheimnus nach christlichem brauch in das haus brachte, sagte mit freventlicher zungen, herr pfarrer, was in dem kelch ist, verlang ich nicht, dafern ihr aber begehrt, dasz ich sol auf dero gulden kelch geld leihen, habt ihr mich urbietig. merks Wien s. 71. In der redensart: die kinder haben frei, ist das erste object ausgelassen, zu verstehen ist die schule:
die schüler gehn, sie haben frei.
Stoppe Parnass 35.
bildlich:
habt frei, je hört ihrs nicht? ihr arbeitsamen sorgen!
vor euch ist heute nichts zu thun!
ibid. 88.
b)
in der älteren sprache tritt zu dem object ein part. praes., den zustand oder die thätigkeit des ersteren hervorhebend, im gegensatze zu den fällen unter a, die nur eine eigenschaft bezeichnen:
wan eʒ hete diu vil süeʒe
ir lieben herren füeʒe
stânde in ir schôʒen.
arm. Heinrich 461;
Rustevil was van groteme love
ein timmerman unde hadde in sinem hove
liggende eine ecke.
Reinecke fuchs 614.
het er anderswa vih stande. weisth. 1, 330. dieses part. praes. ersetzt in jüngeren quellen ein infinitiv. beispiele für das 16. jahrh. hat Meusebach in der gramm. 4, 628 reichlich geliefert; auch Luther schreibt: wo ihr anders recht glaubt und Christum wahrhaftig in euch habt leben und regieren. br. 2, 575. heutzutage sehr gewöhnlich: ich habe geld im kasten liegen, er hat drei pferde im stalle stehn, der meister hat sechs gesellen sitzen u. s. w.; die fetten kapphähne, die ich auf dem hofe herumlaufen habe. Weisze kom. opern (1777) 3, 140. gramm. 4, 628 ward vermutet, dasz dieser infinitiv aus jenem participium praes. vielleicht entstellt worden sei; indessen ist auf eine gleiche fügung von sein aufmerksam zu machen, wo auch statt des part. der inf. sich bereits sehr früh findet; so ags.:
þâ väs sûđ þanon Sôdôma folc
gûđspell vegan.
Genesis 2097, bei Grein 1, 55.
in quellen des 15. 16. jahrh.:
seit das man was die alten recht verkeren.
Keller schwänke s. 44;
herr gott wie weh ist einem mann
der ein schön junges weib ist han.
H. Sachs 4, 3, 8ᵇ, ähnlich öfter;
ebenso bei werden: sprang hinein und ward zittern. apost. gesch. 16, 29; bei tragen: dy meyde truge ore czopphe hinden nidder hangen. Stolle chron. 190; es ist hier durch den infinitiv folge und fortdauer eines zustandes hervorgehoben, wozu die accusativische natur dieser nominalbildung an sich tauglich ist, er war verkehren = er verkehrte immer. ganz so sind die bildungen mit haben zu beurtheilen: ich habe geld liegen = das liegen des geldes findet für mich längere zeit statt; eine stütze dieser auffassung gewährt, wenn man in Berlin hört: ich habe geld zu liegen, wir hatten ein groszes gefäsz in der küche zu stehen, hier hebt die praep. den zweck des längern zustandes noch besonders hervor. auch bei sein eine gleiche fügung: bisz zu ruhen (sei ruhig). Wickram rollw. 103, 3 Kurz.
c)
zu dem persönlichen oder sächlichen object tritt ein bewegung oder ziel ausdrückendes adverb in vertretung eines derartigen verbums, aber nicht so, dasz man fortfall eines solchen anzunehmen hätte: wahrlich ich sage euch, sie haben iren lon da hin (ἀπέχουσιν τὸν μισθὸν αὐτῶν). Matth. 6, 2. 5. 16. weitere beispiele unter dahin 2, 691.
die alte berentreiberin,
wo hat sie jetzt der teufel hin?
H. Sachs 4, 3, 206;
die aller grösten sorg ich trag
der ander zauberer hab sie hin.
Ayrer 293ᵈ (1467 Keller);
vergl. mhd. hin haben Ben. 1, 597ᵃ; es haben nun e. k. f. g. die drei praebenden widderumb heim. Luther br. 2, 529; von dannen haben:
vil pald si im sein guͦt swert und seinen volen nam.
ee das er cham zu im selbr, da het si es von dann.
Wolfdietr. bei Haupt 4, 437, 311 cf. 312.
weg haben: der arbeiter sagt ich habe meinen verdienst schon weg; er hat seinen lohn vorweg, praecerpsit praemium Stieler 2456; den mund vorneweg haben für vorlaut sein; durch haben: ir habts nu hindurch und den sieg an dem alten drachen erobert. Luther 8, 189ᵇ; oft von dem buche gesagt, das ganz zu ende gelesen ist: Walt gab es ihm (zu lesen). als ers durch hatte, sagte er .. J. Paul flegelj. (1804) 1, 218.
d)
im gothischen drückte haban mit einem folgenden infinitiv ein vorhaben, absicht, willen, entschlusz aus, es übersetzte theils das griech. μέλλειν (silba vissa þatei habaida taujan αὐτὸς γὰρ ἤδει τὶ ἔμελλεν ποιεῖν. Joh. 6, 6), theils das griech. futurum geradezu: þaruh sa andbahts meins visan habaiþ ἐκεῖ ὁ διάκονος ὁ ἐμὸς ἔσται. Joh. 12, 26. þatei tauja jah taujan haba ὃ δὲ ποιῶ καὶ ποιήσω. 2 Cor. 11, 12. im nhd. findet sich eine gleiche fügung, nur dasz in ihr haben weniger ein vorhaben oder eine absicht, als das vorhandensein einer notwendigkeit oder des vermögens für das subject ausdrückt: denn ich auch nichts scheuen habe. Luther br. 2, 144; und als der krank fürst zu nacht schlafen solt, hette er auf nichts ligen. Wilw. v. Schaumb. 191. anders aber ist, wenn vor einen solchen infinitiv noch gut tritt, der inf. ist hier als substantiv gedacht, gut ist sein adjectiv, die bedeutung von haben aber ist dieselbe: denn e. f. gn. haben desz gut wissen. Luther br. 2, 541; er hat gut reich werden. Agric. no. 326; sie hat gut singen, sie hat keine schulden zu bezahlen. Simpl. 3, 426 Kurz; welcher des teufels bereits eigen ist, hat gut schwören. Pistorius 7 no. 36; der gyps hat gut reden, sagte Charlotte, der ist nun fertig. Göthe 17, 54; jüdische propheten hatten gut weissagen. Kant 1, 281, der auch wol unter einwirkung der unten folgenden beispiele sagt die einwohner .. hatten gut te deum laudamus zu singen. 9, 34;
die ersten hatten da gut wohnen.
Gökingk 1, 29.
e)
dem objecte folgt ebenfalls ein infinitiv, aber durch zu vermittelt, und den zweck hervorhebend. auch hier schwankende bedeutung von haben.
α)
in einzelnen fällen ist sie noch = besitzen, zu eigen haben: mhd.
daʒ er nien hiete wem ze geben.
welsch. gast 11527.
nhd. der buschof daer van hait des jairs wael zwei hondert ducaeten zo verzeren. Harf 72, 12. 13; wenn er heute nicht arbeitet, hat er morgen nichts zu leben;
o wehe, nun hab ich nichts aufzustehn,
so schluchzte sie nieder ins küssen.
Bürger 65ᵇ.
β)
in andern fällen bezeichnet haben nur das vorhandensein der notwendigkeit jener bezweckten handlung: ich habe etwas zu thun, für mich ist etwas zu thuendes vorhanden; was haben wir zu thun? ich will mit der sache nichts zu thun haben; was haben wir mit dir zu schaffen? Luc. 4, 34; wer wieder sagt dasz du eine närrin bist, der hat es mit mir zu thun. Lessing 2, 174. dieses 'zu thun' oder 'zu schaffen' musz in manchen sätzen nur verstanden werden: packe dich, du hast nichts mit uns, wir nichts mit dir (zu schaffen). Göthe 42, 412; die Schnotterbaum lag die nacht durch in wüthenden krämpfen, was uns weiter nichts angieng, denn wir hatten es nicht mit ihr, sondern mit ihrem miethsmanne (zu thun). Immermann Münchh. 2, 148;
nicht du bists, den ich hier gesucht. —
ich hab es nur mit ihr allein.
Schiller 383ᵃ;
wir haben es
mit einem kecken feind und sind geschlagen.
460.
zuweilen musz das object ergänzt werden: ich habe zu thun (eine arbeit); die alle zu schaffen hatten in der hütte des stifts. 4 Mos. 4, 37. Die unter β angegebene bedeutung von haben erläutern noch manche andere beispiele: des todten lichnams fründschaft, die in von angeborner sippschaft ze rechen haben. weisth. 4, 343; gnediger herre, ich habe mit uwern gnaden was zu reden. Ködiz 22, 3; alsdenn soltu eine gute anzahl teutscher und lateinischer tractätlein von meiner hand zu empfangen haben. Schuppius 127; da er sich wegen der in seinem handbrieflein gebrauchten kürze zu entschuldigen nicht gehabt. Butschky hd. kanzelley 65; oder wenn er wohl gar — was wir doch wirklich zu fürchten haben — sie ungütig aufnimmt? Engel 12, 188; der strausz, den ich noch mit ihnen auszufechten habe. Lessing 10, 131; der knabe wird indessen noch stärker werden und ich habe weniger für ihn zu fürchten. Klinger 5, 338; eine gewalt unter die wir uns zu beugen hätten. Kant 17, 304; an dem gärtner aber hatte sie zu trösten über manche .. lücke. Göthe 17, 304;
ich werf ihm eins wol in den bart
das er habe zu klauben draus.
Bresnicer christl. ritterschaft (1553) C 7ᵃ;
zum holen sind zwar oft die guten freunde da,
doch einen der was bringt, den hab ich noch zu sehen (den soll ich noch sehen).
Göthe 7, 49;
romantische gespenster kennt ihr nur allein,
ein ächt gespenst auch classisch hats zu sein.
41, 109;
ich habe
mich über dinge mit dir zu besprechen.
Schiller Iphigenie 5, 2.
γ)
haben betont weniger die notwendigkeit, als vermögen und fähigkeit zu einer bezweckten handlung: was hat das zu bedeuten (= was kann das bedeuten)? hat nichts zu sagen. Engel 12, 114; so wenig es einem verantwortlich, dasz er ein mörder an seinem eigenen leib würde, so wenig hätte er zu verantworten, dasz er seinen ehrlichen namen nicht rettete. Schuppius 622; was hat denn der hauptpastor in Hamburg dem bibliothekar in Wolfenbüttel zu befehlen? Lessing 10, 240; laszt mir das 'gnädige' weg, es wird sich bald nichts mehr zu gnädigen haben. Göthe 15, 51;
darneben mich zu trösten
mit gutem gwissen hab (kann mich mit einem guten gewissen trösten).
Hutten 'ich habs gewagt mit sinnen'.
in negativen sätzen auch mit verwehrendem sinne: dem vater hat niemand einzureden. Lessing 2, 181;
disz wisse nur gewiss, es hat nicht anzustehn,
der sonnen wagen wird nicht oft herumb ergehn,
du wirst noch eines selbst von deinen gliedern geben.
Opitz 1, 194;
sclave. du hast keine briefe zu
erbrechen, die ich trage. M. du hast keine
zu tragen, die ganz Griechenland verderben.
Schiller Iphigenie 2, 1.
Analog gebaute stellen, nur mit reflexiv verwandtem verbum, haben ironische bedeutung und weisen demnach die notwendigkeit zurück:
'er liebt mich, sagst du?' — o, das hat sich noch zu fragen!
er schwärmt vor lieb', er ist verrückt,
ist auszer sich ...
Wieland 21, 221.
oft aber auch nicht sowol die notwendigkeit als das vermögen (vgl. oben): frau. gott behüt uns in gnaden. Miller. es hat sich zu behüten. Schiller 181; wie sie nun weiter fortgangen, so treffen sie eine mutter an vor der hausthür, welche ihrem kind die haar auszkamplet, und weilen solches kleine bübel den kampel raufens halber weigerte, hat die mutter aus ungeduld aufgeschrien: halt du fratz, dasz dich der teufel hol! worauf der doctor mehrmalen den teufel angeredet: warumen er doch das kind nicht nemme? da hab er eine seel zum besten. hat sich wol nemmen, sagte darauf der saubere cammerad, disz ist nur ein gemeiner mutter fluch, es ist ihr bei weitem nicht also umbs herz. Judas d. erzsch. 1, 184; F. was seht ihr meinen vater so an? Tr. es hat sich da viel anzusehen; es ist doch beinahe stichdunkel. Brentano lust. mus. 29; ja es hat sich was zu schicken. Göthes mutter bei Dorow reminisc. 166; ei warum kamt ihr nicht alle so gedrittelt? 'hat sich was zu dritteln'! die wörterschau, possenspiel (Leipz. 1802) 74;
rath, majestät? hat sich da was zu rathen!
Dieses es hat sich ist nun als ironische redensart in weite verbreitung gekommen, der ihm folgende infinitiv wird kurzer hand unterdrückt und ist aus dem vorhergehenden satze zu ergänzen: wir sollen glauben, es sei um der religion willen. ja, es hat sich (nämlich zu glauben). Göthe 8, 175; N. bist du nicht vergnügt, die meine zu sein? D. es hat sich (vergnügt zu sein). 11, 115; menschlich gefühl? scham? hat sich was (zu schämen). Jacobi an Göthe 41; Cl. der kerl dürfte aber wohl denken, man steckte vor ihm zitterfedern auf. Edw. ach! es hat sich wohl. frau Schlampampe 130; wie meint er nun wohl, herr Till, dasz die leute den hieszen? 'wie? einen tiefsinnigen kopf'. ja, es hat sich wohl! einen narren. Engel philos. f. d. w. 16; er kommt in geschäften nach Paris, vetter? 'in geschäften! hat sich wol!' Schiller 634ᵇ; ist es (das getränk) ihm denn nicht zu stark? fragte Siegfrid. ach, hat sich wohl, versetzte die wirthin, ob er wohl kein säufer ist, so ist es ihm doch ein schlechtes .. ein zimlich glasz brandwein hinunter zu schlucken. unwürd. doct. 701. — In freierer stellung: als in gewisser begebenheit etliche über land ausgeweste musikanten sich dergestalt vollgesoffen, dasz sie sich nach haus zu gehen nicht getrauet, sich dessentwegen auf einen hochbeladenen wagen, in ermangelung einer andern gelegenheit gesetzet, und über eine zeit ist der schulmeister darvon herunter gefallen, der organist aber, als der noch am wenigsten betrunken, dem fuhrknecht befohlen von dem ross zu steigen und umzusehen, dann er glaube es sei ein caputrock herunter gefallen, dieser aber .. erkennet, dasz es der schulmeister seie, von welchem er das exaudi nos in denen processionen öfter wiederholen gehört, sagte er: es hat sich wohl caputrock, es ist ja der exaudi nos. fliegenwedel 7; heida! wo wollte ich in meinem vorigen hin? es hat sich wohl, dasz der herr hauptpastor den namen advocat in seiner eigentlichen bedeutung nehmen sollte. Lessing 10, 209; Kr. je nun, wenn ichs beim lichte besehe, so sind wir kaum dadurch auf ein paar tage länger dem stricke entgangen. St. ah, es hat sich was mit dem stricke. 1, 304. gar nicht ironisch, sondern rein einräumend hat Bürger diese redensart gefaszt: einem wolbeleibten dichter, der über schlechte zeiten klagt, wird entgegen gehalten, dasz wenn er so spreche, sein ganzes äuszere wider ihn zeuge:
das hat sich wohl! seufzt der poet geduldig.
doch gott gesegn' ihn, meinen bauch ...
bin ich dem speisewirth noch schuldig.
63ᵇ,
hier ist das hat sich wohl so viel wie das verhält sich freilich so, vgl. es hat sich I, 5 (sp. 54).
5)
der begriff des zu eigen seins, gehörens, besitzens, geht in einer anzahl von fügungen ganz unter, in denen haben nicht mehr als das blosze vorhandensein ausdrückt und das ganz in den vordergrund tretende object nur eine leise beziehung zu dem subjecte bietet: wir haben gutes wetter ist fast gleich mit es ist gutes wetter; wir haben regen; wir hatten grüne weihnachten und werden denn weisze ostern haben; dieses jahr haben wir spät pfingsten; in diesem sinne wird auch gesagt ich habe zeit, etwas zu thun, d. h. die zeit dazu ist da, ist vorhanden, also verschieden von jenem zeit haben, was oben 3, b (sp. 61) erwähnt ist: Eckarth sagte, er hatte zeit, dasz er geeilet hatte, wir hätten ihn sonst wollen willkommen heiszen. unwürd. doctor 341; Dschengis hatte, nach einem aufenthalte von etlichen monaten in Scheschian, hohe zeit, mit seinem untergebenen unsichtbar zu werden. Wieland 7, 154;
komm bruder, lasz uns eilen,
wir haben hohe zeit.
Fleming 214.
ähnlich ist: wir hatten kaum noch fünf minuten, so war die stadt erreicht; wir haben eine viertelstunde zum nächsten dorf, von unserer stelle aus ist die entfernung so weit; do im aber die warnung nach einander so eilunts kamen, stunt er auf, hört und sach selbst, das die veint daher zugen, kaum noch eine halbe meile zum dorf, darin er lag, hetten. Wilw. v. Schaumb. 114; wir haben nahe, wir haben weit zum thore, wo nahe, weit in substantivischer geltung stehen, vergl. kalt haben sp. 62. Das verbum steht in solcher bedeutung vielfach unpersönlich: ich sehe dasz es keine gefahr hat. Göthe 15, 8;
ich will gewiss der erste sein, wo's noth hat.
10, 45;
nein, hier hat es keine noth!
2, 287;
am ende muszte es doch geschieden sein, was seine noth hatte. Gotthelf erzähl. 4, 262; also hat es eine ganz ähnliche beschaffenheit mit unserm leben. merks Wien 14;
dergleichen reden hören freilich gut sich an;
doch hat es allerlei bedenkliches damit.
Göthe 11, 244;
frage auch fleiszig darnach .. wie es ein gelegenheit habe umb ewer schwacheit. Luther 8, 191ᵃ; aber das hat seinen bescheid, dasz nichts draus wird auf dieszmal. br. 3, 76; es hat seine richtigkeit. irrgarten 294; wenn es seine richtigkeit hat, dasz alle dinge in der welt in der genauesten beziehung auf einander stehen. Wieland 1, 28; gut, gut, ich bins selbst, das hat seine richtigkeit. 11, 254;
mein liebe fraw, es hat nit zeit,
auf diszmal mich euch hie zu nennen.
H. Sachs 5, 231ᵃ;
es hat gute wege, guten ungefährdeten fortgang:
wenn sonst
nur niemand um die sache weisz, so hat
es gute wege.
Lessing Nathan 4, 7.
auch in ironischer wendung: o damit hats gute wege, es ist weit aussehend, nicht nahe oder leicht erfüllbar: wegen der hauptsachen hat es gute wege, die lassen sich nicht erdichten. Claudius 7, 52. Dieses unpersönliche es hat steht auch in dem sinne des franz. il y a es gibt, ist vorhanden, in sehr häufiger anwendung, sowol in der schriftsprache, als auch in oberdeutschen mundarten, sowie in der schlesischen (Fromm. 4, 170): wenn ein wolf ain schaf gebeiszet, das selb fell hat alwegen leüs, man mach belz darausz oder was man wöll, so hatt es allwegen leüs darinn. Keisersb. has im pf. a 4ᵇ; matte darauf es vil mäder hat. schimpf u. ernst cap. 61; es hat dannoch schöne heuser hie (in Leipzig). Alberus widder Jörg Witzeln k 6ᵇ; in der Gastein hat es vermerte wildbäder. Mathes. Sar. 2ᵇ; zwischen Wolckenstein und s. Anneberg hat es auch ein wildbad. 3ᵃ; wie auch Cadmus der Tyrer sich in Beotien als ein bergkmann hat sehen lassen, weil es zumal disz orts vil grosze und hohe tawern und gebirge, auch vil goldbrünne und seifen hatte. 15ᵃ; es hat noch vil ameiszhaufen in diesem walde. 24ᵇ; sonderlich zu Mantua, allda es auch gar rösche barbaros hat. Leuter rossarznei (1599) s. 7;
dein sach setz nit auf zeitlich glück,
es hat bei im vil bäser tück.
was hats so vil der bösen zungen.
B. Ringwald g. l. 108ᵃ;
es hat auszerhalb der statt Memmingen ein badhausz. Thurneisser von wassern (1612) 117; in Schodwin hatte es einen alten vogt. Zinkgref apophth. 74, 9; es ist e. g. unverborgen, dasz es in des königs Perions gemach ein thüren gegen dem garten hinausz hat. Amadis 20; es hat in des königs Garinter pallast ein gewelbtes rondes gemach, von allen abgesöndert. 26; daher konte ich mir die rechnung leicht machen, dasz sie nicht oben durch den wald .. gehen, sondern sich im freien feld behelfen würden .. wiewol es daselbst einen bösen weg hatte. Simpl. 1, 270 Kurz; ingleichen hat es auch viel schädliche crocodille. Olearius beschreib. orient. insuln (1696) 147; in Persien hat es viel esel. pers. rosenth. 7, 20. s. 91, anm. i; hat es auch poeten in der höll? Philander 1, 20; als dan in der ersten kirchen geschehen ist, da es doch noch heilige leute gehabt hat, auch heilige priester. J. Böhme 40 fragen v. d. seelen urstand 24, 12 p. 111; wie viel hats doch zu thun, dasz man bei so mannigfaltigen schrecklichen ärgernis sich von der welt unbefleckt erhalte. Scriver seelensch. 2, 285;
es hat bei uns auch hier sehr gutes feistes land.
Opitz 2, 87;
viel helden hat es jetzt, so hats auch viel poeten.
Logau 1, 140, 5;
viel frevler hat es noch, und wenig rechte büszer.
2, 101, 8;
wo poeten durch entzücken
sich zu guten reimen schicken,
hat es allenthalben hasen,
hat es leute die da rasen,
hat auch demnach keine nöthen
an den reimen und poeten.
2, 108, 44;
reiche weiber hat es wenig.
3, 53, 80;
ein biedermann, ein biedermann, disz war ein alter tittel;
o derer, die bald schwarz bald weisz, hats noch in unserm mittel.
3, 204, 78;
es wird schon tichter haben,
die ein erhitzter trieb zu diesem dienst bewegt.
Chr. Gryphius poet. wälder 1, 350;
Freiberg ist eine grosze bergstadt,
darinnen es gar sehr viele bergleute hat.
Hildebrand volksl. 399 (v. 1643).
doch beim dreischlatt hat es das herrlichste quellwasser. arme mann im Tockenb. 23; wo ein weiser und guter fürst herrscht, da hat es vortreffliche unterthanen. Lavater phys. fragm. 4. thl., 10. abschn., 2. fragm.; aber bei ihnen hat es eine ausnahme. Lessing 2, 400; o, da hats gute sache. 41; es hatte im dorf gut seine 4 fusz schnee, auf den bergen noch mehr. Felder Nümmamüllers 89;
im dorfe Leinach an der Leinach
hat es eine dorfgemeinde,
der da sagen ihre feinde
allerlei nach.
Rückert ged. 4, 399,
und mit theilungsgenitiv:
ha, das donatgeschmeisz!
kaum hört und siehts was neues,
so hat es gleich geschreies.
Bürger 21ᵃ.
III.
Die nachstehenden redensarten, in denen die 2. sg. des praes. hast erscheint, stehen von allem bisherigen ab. die bezeichnung einer schnellen und heftigen thätigkeit wird gegeben durch hast du nicht, siehst du nicht, so in der Altmark: hê löpt hast du nich, süst du nich; hê döscht (drischt, prügelt) hast du nich, süst du nich, up äm los. Danneil 75ᵇ; auch hast du nicht gesehen, so im Osterlande: haste nich gesehen ging es den berg nunter; was gibst du was hast du: da hätte er nun seine kleider geschwind zusammen gerafft und damit zum haus hinaus, was gibst du, was hastu. Simpl. 3, 412 Kurz; unsre magd ist krank gewesen und ist im stall gelegen, die hat mich fortlaufen heiszen, was gist do, was host. 1, 32; ich, mit erschrockener geängstigter seele, dachte gleichwol wie ich diesem mänschenfeind (dem tode) entrinnen mochte: thate deszwegen einen sprung zurück und davon, was gischte was hescht. Sittewald in Wackernagels leseb. 3, 1, 655. die form hast scheint in diesen phrasen doch nur äuszerlich an haben angelehnt, namentlich in den letzten verbindungen; im hintergrunde steht wol der gedanke an hast festinatio, hastig properans, hasten festinare, und in der im Osterlande und in Meiszen häufigen verbindung was haste was kannste = so eilig wie möglich, tritt dieser gedanke besonders deutlich hervor. die vermutung wird gestützt durch ein sprichwort bei Schottel 1138ᵃ er wil nicht hasten, mit der erklärung: hasten heist gleiten, weichen, fortgehen, was nun nicht fort wil und da kein glück bei ist, das kan nicht hasten, es stehet und wil nicht fort; wen wir was fürhaben, daran wir verzweifeln, sagen wir, es wil nicht hasten, wir wollen davon ablassen.
IV.
Haben als hilfszeitwort. hierüber ist gramm. 4, 146—176 in ausführlicher weise gehandelt; hier kann kurz nur theils dort gesagtes übersichtlich widerholt, theils einiges andere ausgeführt werden. Die ältesten deutschen dialecte bedienen sich zur hervorhebung jeder art der vergangenheit nur des einfachen praeteritums eines verbi, das ihnen sowol für imperfectum, perfectum, plusquamperfectum als aorist steht. für das gothische ist eine feinere eintheilung der vergangenheitsstufen durch hilfsverba unerhört, im ältern althochdeutsch bis zum 9. jahrhundert ist sie selten, von da ab aber findet sie sich häufiger in dieser dialectgruppe sowol wie im altniederdeutschen, angelsächsischen und nordischen, so jedoch, dasz die alte weise, jede art der vergangenheit durch das einfache praeteritum auszudrücken, nur nach und nach ausstirbt. Die umschreibung des praeteritums erfolgt im allgemeinen für transitive verben durch haben, für intransitive durch sein oder werden. über diese art unter letztern beiden wörtern. die erstere art hatte, worauf gramm. 4, 154 aufmerksam macht, in einzelnen fügungen der römischen sprache ihr vorbild: cognitum habeo, de Caesare satis dictum habeo, domitas habere libidines u. ähnl., wenn auch hier die verbindung nicht in der bloszen bedeutung der vergangenheit, sondern in der lebendigen praesentialen des besitzens, haltens steht. ganz gleich, wie in den romanischen sprachen dieses sinnliche habere zum bloszen hilfsverbum der vergangenheit herabsank, haben auch die deutschen dialecte mit diesem worte verfahren, nur aber so, dasz die sinnliche bedeutung des wortes in manchen fällen auch in der fügung mit dem part. praet. eines andern verbums bis auf jetzt herab dauert, z. b.:
versiegelt hab ichs und verbrieft, dasz er
mein guter engel ist.
Schiller 369ᵇ.
und wenn gesagt wird: ich habe es bei mir beschlossen, auszuharren, so ist diesz praesential gedacht gegen ich beschlosz es bei mir, auszuharren. Das part. praet., wenn es mit einer form von haben zur umschreibung einer vergangenheitszeit steht, ist der transitiven natur von haben entsprechend, notwendig in den acc. gesetzt: diesen acc. fühlt die alte sprache lebhaft und regelt daher die flexion in übereinstimmung mit dem objecte. amavit eum, eam, id, eos, eas wurde daher ahd. wiedergegeben durch habêt inan geminnôtan, sia geminnôta, ëʒ geminnôtaʒ, siê geminnôtê, siô geminnôtô ; da aber die fälle sehr häufig eintraten, wo kein casus obliquus im satze enthalten war, wo es galt den bloszen begriff er liebt unbezogen auf ein anderes subject ins praet. umzuschreiben, so wurde das particip in die unflectierte neutralform gesetzt und von dem überwiegen dieser fälle ist- der umstand herzuschreiben, dasz man bereits in der letzten ahd. zeit unempfindlich gegen die flexion des partic. praet. wurde und für alle fälle, in denen es stand, die unflectierte neutralform verwandte. Es ist oben gesagt, dasz die umschreibung des praet. mit haben für transitive, die mit sein oder werden für intransitive verba angewandt werde. das ist nicht ohne schwanken. eine anzahl verben der bewegung und des zustandes bilden ihr praet. mit beiden hilfszeitwörtern, mit haben dann, wenn die in der bewegung liegende oder im zustande latente thätigkeit zum ausdrucke gelangen soll, mit sein, wenn nicht sowol die thätigkeit, als der zustand an sich oder das ziel der bewegung ohne rücksicht auf die dabei unterlaufende thätigkeit des subjectes betont wird. solche verba sind: altern: er hat frühe gealtert und er ist frühe gealtert. aufbrechen (abreisen, s. 1, 628): man solt mir gehorchet und nicht von Creta aufgebrochen haben. ap. gesch. 27, 21; der fürst ist plötzlich von seiner residenz nach dem jagdschlosse aufgebrochen. begegnen: wisse dasz dir gott begegnet hat. Agric. spr. 9ᵃ; es hatten ihnen etliche soldaten begegnet. pers. reisebeschr. 1, 4; beide hatten einander auf der bahn des ruhms und am throne begegnet. Schiller 804; die gesellschaft hatte sich eben wieder begegnet. Göthe 20, 221;
nur éinem traurigen hab ich begegnet.
Schiller 469ᵃ;
was wiltu mit alle dem heere, dem ich begegnet bin? 1 Mos. 33, 8. in übertragenem sinne: Heinrich war ihnen auf dem italienischen feldzug sehr gebieterisch begegnet. Schiller 1043. beginnen: das theater, die vorstellung hat begonnen; der frühling hatte bereits begonnen;
die mailust ist begonnen,
der baum hat seine grüne,
die blätter schon gewonnen.
Tieck kaiser Octav., prolog.
beharren: ir aber seids die ir beharret habt bei mir in meinen anfechtungen. Luc. 22, 28; auf erfolgten vorhalt ist der inculpat bei seiner aussage beharrt. ebenso verharren. dringen: das wasser ist in die stadt gedrungen; der bittende ist bis zum fürsten gedrungen; aber
hat dieser heldenarm selbst durch den feind gedrungen.
Lohenstein Ibr. 20, v. 424.
ich bin in ihn gedrungen, mir sein geheimnis zu offenbaren, wogegen Göthe:
ich hab ihm zugeredet, ja gedrungen,
allein er geht von seinem sinn nicht ab.
9, 220.
eilen: hat mein fusz geeilet zum betrug? Hiob 31, 5; ich bin geeilt, die botschaft zu bringen. eintreffen: meine voraussage ist oder hat eingetroffen; so hat also doch unsere prophezeiung eingetroffen, dasz dieses band nicht lange dauern werde. Schiller an Göthe 398;
wie aber ach, wie hat der ausgang eingetroffen?
A. Gryphius (1663) s. 400, 114.
dagegen nur: der fürst ist (nicht hat) heute in seiner residenz eingetroffen, weil hier nur das ziel einer bewegung betont wird. entweichen: nhd. sagt man nur er ist entwichen, mhd. beides, er ist und hât entwichen:
in geschach diu geswîche
von grôʒer heimlîche:
heten si der entwichen,
sô wæren s' umbeswichen.
Gregor. 243;
Pelrapeire ich was entwichen
rehte umb den mitten morgen.
Parz. 491, 26.
dagegen steht ausweichen im nhd. mit beiden hilfsverben: ich bin dem trunkenen ausgewichen, ich habe der antwort auf seine frage ausgewichen. fahren: der kutscher hat und ist gut gefahren; hab ich mit meiner hand uber den waisen gefahren. Hiob 31, 21; aber ich bin an einen ort gefahren, gegen das mhd.
durch wes liebe die helden her gevarn hân.
Nib. 393, 4.
in abgezogenem sinne: ich hab mit euch gefaren, wie ein vater mit seinem kind. Luther 4, 489ᵇ; meinst du ich wisse nicht, wie du und deine gesellen mit mir gefahren habt? Ayrer proc. 1, 6 p. 124; ich bin freilich unter meinen geschwistern am besten dabei gefahren. Göthe 20, 168; bis endlich ihr mann .. den baron herausforderte und heute verwundete; doch ist der obrist, wie ich höre, noch schlimmer dabei gefahren. 20, 17. ebenso verfahren: ihr seid zu hart verfahren;
empfange
dein schwert zurück. man hat zu rasch verfahren.
Schiller don Carlos 5, 4.
mitfahren in der bedeutung una vehi wird mit sein, in der bedeutung tractare, behandeln mit haben verbunden: warumb hat der herr diesem lande und diesem hause also mitgefahren. 2 chron. 7, 21; also habt ir den töchtern Israel mit gefahren. Sus. 57. ebenso nimmt fortfahren je nach der bedeutung sein oder haben zu sich: ich bin fortgefahren (im wagen); ich habe fortgefahren zu schreiben; doch auch: ich bin in meiner rede fortgefahren. fliegen: die schwalben haben heute zum ersten mal geflogen, sagt man im frühling, vgl. mhd.
ir ieglîch wolde daʒ dâ baʒ
sîn habech geflogen hæte.
Erec 2061;
und im rehte wart erkant,
daʒ er eʒ was, her Tristant,
dô het er gerne geflogen.
Heinr. v. Freiberg Tristan 5587.
aber: die schwalben sind um den thurm geflogen, die vögel waren weit hin geflogen. fliehen: mhd.
von Karkassûn Trohazzabê
geflohen hete wenic ê.
Willeh. 432, 30.
nhd. er ist geflohen; si sprach ich bin von meiner frawen Sarai geflohen. 1 Mos. 16, 8. wenn es transitiv gebraucht wird, steht es natürlich mit haben:
mich hat Tydeus sohn bis zu den schiffen geflohen.
Stolberg 11, 261.
flieszen: meine trähnen hatten lange geflossen;
hier im bach hat menschenblut geflossen.
wie mhd. dâ aller heilekeite fluʒ
dikke ûʒ gefloʒʒen hâte.
Elisab. (Diutiska 1, 480).
aber: der Rhein ist in das meer geflossen, meine trähnen sind über die wange geflossen. folgen: ich habe einem gefolgt und ich bin einem gefolgt, worüber zahlreiche beispiele bereits 3, 1878. 1879 gegeben sind. gehen: wir haben eitel unrechte und schedliche wege gegangen. weish. Sal. 5, 7; das er in hagelsteinen bis schier an die knie gangen habe. Spalatin bei Luther 5, 35ᵃ, gegen: du bist auf dem wege deiner schwester gegangen. Hesek. 23, 31. für wie ist es dir gegangen fragt der volksmund auch wie hat es dir gegangen. gelangen: was sie selbs gesehen hatten und was an sie gelanget hatte. Esth. 9, 26; denn wir faren nicht zu weit, als hetten wir nicht gelanget bis an euch. 2 Cor. 10, 13; ich war bis zu dieser stadt gelangt; ich bin gelanget Steinbach 1, 974. gelingen: und es hat inen gelungen, das sie das gesetz erhielten. 1 Macc. 2, 47; durch hilfe gottes ist mir gelungen und stehe bis auf diesen tag. apost. gesch. 26, 22; wem ists je gelungen, der sich wider in gelegt hat? Hiob 9, 4; so ist uns alles übel gelungen. Schiller 1090ᵃ. gerathen: der wein ist diesz jahr gerathen; aber der osterländische bauer sagt mein getreide hat heuer nicht gerathen. glücken: es hat mir heute nichts geglückt; hätte es mir geglückt ihn anzutreffen; es ist mir im leben schon manches geglückt. irren: ich bin herumgeirrt, und ich habe lange herum geirrt. kehren: nu wêriʒ wol zît gewest, daʒ di edele frouwe hette wider gekârt. Ködiz 57, 11; sie aber seufzet und ist zurück gekeret. klagel. 1, 8. klettern:
ich habe gestern tag und nacht
auf dem gebirg herum geklettert.
Göthe 33, 255.
aber: er ist auf den baum geklettert; wir waren den berg hinan geklettert; die zwei ältesten knaben waren auf die kutsche geklettert. Göthe 16, 28. klingen: wie oft hat alles an mir gezittert und geklungen. Göthe 10, 148;
mit meinem saitenspiele
das schön geklungen hat.
Eichendorff ged. 27.
man sagt aber: die glocke ist bis zu uns geklungen und hat bis zu uns geklungen. kriechen: wir sind in dem alten gewölbe herum gekrochen; er hat gebettelt, ja gekrochen, ehe er seine bitte erfüllt bekam. landen: als er wieder boden erfaszt und so zu sagen gelandet hatte. Hebel 3, 361; die truppen sind gelandet. laufen: mhd.
der hacken hân ich manegen tac
geloufen nâch.
Hartmann lieder 10, 22.
nhd. als der ich nicht vergeblich gelaufen noch gearbeitet habe. Phil. 2, 16; ich habe heute schlittschuh gelaufen, gegen ich bin gelaufen, euch zu erreichen; der knabe ist mir nach gelaufen. liegen: ich hab gestern bei meinem vater gelegen. 1 Mos. 19, 34; unsere magd ist krank gewesen und ist im stall gelegen. Simpl. 1, 32 Kurz. reisen: ich hab oft gereiset. 2 Cor. 11, 26;
sehr viele reisten nur im geist,
und überredten sich, als hätten sie gereist.
Gellert 1, 46.
aber: ich bin lange im lande herum gereist; der vater ist nach Frankreich gereist. reiten: mhd.
dô er geriten hæte, als eʒ vürsten gezam.
Gudr. 45, 1.
nhd. bin ich nicht dein eselin darauf du geritten hast. 4 Mos. 22, 30; als wenn er auf einer brennenden rakete geritten wäre. Hebel 3, 146. scheinen: das liecht der gerechtigkeit hat uns nicht geschienen. weish. 5, 6. aber man sagt auch es ist mir geschienen, als ob die sache nicht richtig sei. schreiten: ich hatte .. schon zu einem recht langen briefe geschritten. Göthe briefw. v. Kestner 75. sonst ich war geschritten; er war zur ausführung seines vorhabens geschritten. schwimmen: er hat lange geschwommen, ehe er ans land gekommen ist. aber auch er ist lange im flusse herumgeschwommen. schwitzen: er hat bei der arbeit geschwitzt. aber blut ist aus ihm geschwitzt; das wasser ist durch den krug durchgeschwitzt. sein: niederdeutscher und nordischer brauch ist im allgemeinen, zu diesem verbum haben, hochdeutscher sein zu setzen (gramm. 4, 160—162). doch finden schwankungen statt; im mhd. bei Flecke 6322:
do wolte Clârîs sîn gewesen
die stunde und die wîle
dan über hundert mîle
liest die Berliner handschrift hân gewesen. in dem in Mitteldeutschland entstandenen, noch heute gesungenen volksliede 'ohn dich kann ich schon leben' heiszt es:
geh du nur immer hin
wo du gewesen hast,
und binde deinen gaul
an einen dürren ast.
Ein niederdeutscher bericht aus Zerbst von 1426 verwendet beide verben: wen he hadde lang van hus gewesen. neue mittheil. des thür.-sächs. alterthumsvereins 2, 74; des gantz unbesorgt vor ön gewest were. 73. so schwanken auch heutige niederdeutsche mundarten. sitzen: das ers war der umb das almosen gesessen hatte fur der schönen thür des tempels. apost. gesch. 3, 10; werdet ir finden ein füllen angebunden, auf welchem nie kein mensch gesessen ist. Marc. 11, 2;
ufm bergli bin i gesässe.
Göthe 1, 169.
springen: rufe das kind ins zimmer, es hat nun lange genug gesprungen; wir sind heute lange im garten herum gesprungen. in dem folgenden sinne wird es nur mit haben verbunden: die böcke haben gesprungen, capri coiverunt cum capellis. Stieler 2105. stehen: da hat vor alten zeiten ein schlosz gestanden. Curtze sagen 233; dasz hier Petrodava, welcher Ptolemæus erwehnet, gestanden sei, meinen etliche. Opitz 1, 144; wir haben gestern abend noch lange vor der thür gestanden;
in ä garte bin i gestande.
Göthe 1, 169.
steigen: ich habe lange gestiegen, ehe ich auf der spitze des berges angelangt bin; ich bin auf den berg gestiegen. das unpersönliche träumen verbindet sich im nhd. nur mit haben: hört, lieber, was mir doch getreumet hat. 1 Mos. 37, 6. im mhd. mit haben und sein:
mir hât getroumet michel tugent.
Iwein 3517;
mir ist getroumet hînte von engestlîcher nôt.
Nib. 1449, 3.
nach gramm. 4, 250 steht das erstere, wenn der gegenstand des traumes erzählt werden soll, das letztere, wenn blosz das ereignis des träumens gemeldet wird. treten: ich hab unter sie getreten, das alles damit sie zuvor mich übermochten, zerschmettert ist und zurspritzet. bibel von Bindseil 7, 521. aber: sie sind schnel von dem wege getreten, den ich inen geboten habe. 2 Mos. 32, 8. verglühen: das bügeleisen hat schon verglüht, ist schon aus dem glühen gekommen; die abendröte ist verglüht. verzagen: denn sie hatten schon verzagt, das sie nicht würde wider komen. Judith 13, 14; wir sind an unserm glücke verzagt. wachsen: also hat das evangelium am allerstärksten gewachsen, beide an der zahl der gleubigen und an wunderbarlicher kraft. Luther 8, 26ᵃ; allerlei kraut auf dem felde, das zuvor nie gewachsen war. 1 Mos. 2, 5. wandeln: durch allen weg, daher ir gewandelt habt. 5 Mos. 1, 31; habe ich gewandelt in eitelkeit? Hiob 31, 5; wir sind einen schönen weg gewandelt. wandern: wird wohl niemand läugnen, der auf dem felde der synonymik nur einiger maszen gewandert hat. Weigand wörterb. der syn. 2, v; wir sind eine grosze strecke zusammen gewandert. weichen: hat mein gang gewichen aus dem wege. Hiob 31, 7; die leviten die von mir gewichen sind. Hesek. 44, 10. wurzeln: die pflanze hat im boden gewurzelt; der abscheu davor ist in meinem herzen gewurzelt. ebenso einwurzeln: ich hab eingewurzelt bei einem geehreten volk, das gottes erbtheil ist. Sir. 24, 16; da alle seine kinder in diesem boden .. gleichsam eingewurzelt waren. Wieland 8, 463. Die verba praeterito-praesentia können, mögen, dürfen, müssen, sollen, wollen, die für das umschriebene praet. nur haben verwenden (ich habe gekonnt), wandeln in diesem falle ihr participium, wenn es nicht allein steht, sondern noch einen infinitiv bei sich hat, scheinbar ebenfalls in den infinitiv: ich habe es nicht thun können, für ich habe es nicht thun gekonnt; ich habe dich nicht hören wollen; das hast du nicht wissen sollen u. ähnl., und durchaus ungewöhnlich ist die von Tieck gebrauchte verbindung:
er stürzte auf sie ein mit wildem schrei,
dasz viele sterben unter ihm gemuszt (haben).
kaiser Octav. 2, 2.
nur scheinbar ist jene form der infinitiv, denn es ist gramm. 4, 167 f. auseinander gesetzt, dasz dieselbe eigentlich aus der starken form des part. praet. jener praeterito-praesentia hervorgegangen ist, welche mit der infinitivform formell gleich war, und dasz man sie nach dem vollständigen aussterben der starken participialform, die im mhd. schon selten genug ist, misverständlich für einen infinitiv gehalten hat. indes wurde später dieser misverstandene infinitiv noch auf einige andere fälle erstreckt, wo die formelle gleichheit mit dem particip nicht verführen konnte, nämlich auf die verba helfen, hören, lehren, lernen, fühlen: ich habe ihm arbeiten helfen für geholfen, ich habe ihn singen hören, mich hat die noth beten lehren, das kind hat erst spät sprechen lernen, bei solchen gelegenheiten hatte er auch die sämmtlichen angekommenen schauspieler kennen lernen. Göthe 19, 124; ich habe sein herz schlagen fühlen. doch sind die fügungen: mich hat die noth beten gelehrt, das kind hat erst spät sprechen gelernt, ich habe sein herz schlagen gefühlt wenigstens nicht ganz ungewöhnlich. anders bei lassen, pflegen: er hat mich leben lassen; die alten haben pflegen zu sagen. Wiedem. Jul. 64; denn hieraus haben diese völker ein geheimnusz zu machen pflegen. Bünau 1, 63, wo lassen, pflegen als wirkliche starkformige part. praet. ohne die vorsilbe ge- zu fassen sind. Die erzählende rede liebt statt des mit habe oder bin umschriebenen praeteritums vielmehr das einfache, dem für die längst vollendete vergangenheit das durch hatte oder war umschriebene praet. zur seite tritt. die aussage von der vergangenheit dagegen, die etwas gethanes oder geschehenes vergegenwärtigen will, wendet die umschreibung mit habe oder bin an. es ist ein anderes zu sagen ich that es oder ich habe es gethan; im ersteren falle erzählt man, im letztern legt man bestimmt dar. der volksmund, der eine kunstmäszige erzählung nicht kennt und stets so deutlich und anschaulich wie möglich referieren will, würde statt der satzverbindungen Göthes: die ersten ankommenden nahmen besitz von der gegend, ruhten im schatten aus, machten ein feuer an und erwarteten .. die gesellschaft, welche nach und nach herbeikam vielmehr sich ausdrücken haben besitz genommen, ausgeruht, ein feuer angemacht und die gesellschaft erwartet, die nach und nach herbei gekommen ist. dieses eindringliche, praesensartige des umschriebenen perfectums äuszert sich anders in andern fügungen, die eine prägnante bedeutung haben: das hat gegolten Schiller räuber 2, 3, was mehr ausdrückt als das galt, nämlich es galt in hohem grade; ähnlich
er hat
gelebt — der streich des todes ist gefallen.
Turandot 1, 2,
womit das nunmehrige entschwundensein des lebens hervorgehoben wird; besonders auch, wenn der inf. praet. in solcher umschreibung gegeben wird: ich möchte dich gebeten haben ist ausdrucksvoller als ich möchte dich bitten, man erwartet keine verneinung mehr; das will ich dir hiermit gesagt haben; das wil ich von euch gehabt haben. Galmy 293. Das nhd. gestattet, vorzüglich in der indirecten und relativen rede gern die ellipse des hilfsverbums haben, wenn es seinem particip unmittelbar folgt, nie wenn es ihm vorausgeht. dieser brauch reicht bis in das 15. jahrhundert hinein: das sein nester mag und freunt, den er auch wol zu zeiten an seines vaters statt gehalten (nämlich hatte), also elendiklichen lag. Wilw. v. Schaumb. 44; wiewol kaiser und könig die leut gern lenger behalten (nämlich hätten), wolt doch das reich .. nit lenger beleiben. s. 82; wie ihr hie oben verstanden. Garg. 103ᵇ; dasz einer auf eim halben pferd, welches ein fallender schuszgatter entzwei getheilet, noch etliche meilen sei geritten. 105ᵃ; Polyxena, dessen schwester denn ich für allen dingen auf der welt geliebet. Opitz 1, 280;
die jura, so du zuvorhin
gegn Mülheim allegieret,
streitn wider dich in rechtem sinn,
welchs dein unfug probieret.
Opel u. Cohn 313, 11.
der graf von der Wahl, unter dessen commando ich mich hiebevor in Westphalen bekant gemacht, war eben auch zu Wien. Simpl. 2, 17 Kurz;
und doch war ihm geneiget
der Sachsen unglücksstern, dasz er mein volk gebeuget
mit mehr als henkers hand.
Postel Wittekind 6, 434;
O. und wäre doch hier? und wäre doch auf meinen brief hier? M. nicht auf ihren brief. O. den er ja erhalten, sagen sie. M. erhalten, aber nicht gelesen. Lessing 2, 165; da wir nun so eben bei dem urtheil über schriftsteller alle vergleichung abgelehnt, so möchte man sich wundern. Göthe 6, 113; da nun aber, wie wir umständlich nachgewiesen, in einer solchen dicht- und schreibart das schickliche vom unschicklichen abzusondern unmöglich ist. s. 116; was aber durchaus in einem höhern sinne beschwichtigend, tröstend, beruhigend wird, ist dasz die personen, die so viel erduldet, den untergang mehr wie einmal vor augen gesehen, doch am ende noch selbst erzählen was überstanden und wie sie aus dem unerträglichsten elend zuletzt gerettet worden. aber nicht sowohl gerettet worden, als sich selbst gerettet. 45, 265;
und doch ist nichts in meinem laden,
dem keiner auf der erde gleicht,
das nicht einmal zum tüchtgen schaden
der menschen und der welt gereicht (hätte).
kein dolch ist hier, von dem nicht blut geflossen,
kein kelch, aus dem sich nicht in ganz gesunden leib
verzehrend heiszes gift ergossen,
kein schmuck, der nicht ein liebenswürdig weib
verführt, kein schwert das nicht den bund gebrochen,
nicht etwa hinterrücks den gegenmann durchstochen.
12, 214.
wie man sieht, bevorzugt Göthe diese construction, die sich sehr natürlich aus dem bedürfnis heraus entwickelt hat, das schleppende des umschriebenen praeteritums zu mildern. das mittelalter unserer sprache bedient sich ihrer noch nicht, es gestattet sich nur die auslassung des auxiliaren haben in dem falle, wo zwei gleichartige verba, durch partikeln verbunden, unmittelbar aufeinander folgen und vor dem ersten haben schon gesetzt ist (ich hân so vil gesprochen und gesungen MSF. 136, 17), nicht in dem falle, wo verben zusammen stehen, denen ungleichartiges auxiliare gebührt und der satzbau: da sei Nathan zu Bathseba, Salomonis mutter kommen und gesagt. J. B. Schuppius 12, dessen gleichen sich nur selten und auch nur etwa im 17. jahrh. findet, wäre mhd. unmöglich. Kühner ist es, wird haben in dem falle ausgelassen, wo es nicht hilfsverbum, sondern verbales vollwort ist, es findet sich diesz aber nicht ganz selten: die burger (des belagerten Gent) wurden auch so arm, dasz sie den wein nimmer zu kaufen. Wilw. v. Schaumb. 106; wann es dem herrn nit zuwider were oder er zu antworten nit bedenkens, so möcht ich gern wiszen, wo der herr daheimb. Isac Winkelfelder, Augsburg 1617, s. 185; er bete auch vielmal mit ihnen, wie er denn alle zeit ein gebetbüchlein deshalben bei sich. Adrian mitth. 302;
hat dir ein bauer etwas je geschenkt,
so denke dasz ers hier und dar gedenkt,
weil er sonst keinen ruhm, so sucht er diesen,
das wird das ganze dorfspiel wissen müssen.
lasterprob des baurenst. 165;
der stärkest muest under ligen
wider das gmain sprichwort,
mit wenig thet er sigen,
das lob er hie und dort.
Körner hist. volksl. 315 (17. jahrh.);
weil ihr lust zu vertreiben,
so treibt den Türken aus.
Soltau 2, 288.
V.
Zum schlusse noch einiges über die participia von haben. Dasz ein part. praes., obschon es einem transitiven verbo angehört, zuweilen passivisch stehen kann, ist gramm. 4, 64—67 ausführlich besprochen und mit fällen gestützt worden, hier sollen nur zahlreiche auf habend bezügliche beispiele beigebracht werden, die vom 16. jahrh. beginnend, in der neuern sprache des 18. jahrh. selten und ungebräuchlich werden, in der heutigen überhaupt nicht mehr vorkommen: und hat er bei habenden dingen nüt. S. Frank 2, 18ᵇ; der hette bei habenden dingen nit ein heller. guldin arch (1538) bl. 162ᵃ; dasz die leüt bei habenden dingen wolten verzagen. chronica 243ᵇ; weil ... sie arm mitten in der reichthumb seind und bei habenden dingen darben. Agric. spr. (1560) 151ᵃ; der muͦsz zuletzt bei habenden dingen ein armer bettler, die sprewer freszen und am hungertuͦch nagen. 274ᵃ; straf der munzfälscher, und auch derer so ohn habende freiheit münzen. Carolina art. 111; welcher aber der münz ire rechte schwere gefährlicher weisz benimmt, oder auch ohne habende freiheit münzet. ibid.; ihre habende freiheiten. Zinkgref apophth. 32, 11; er gebrauchte sich seiner zu solchem geschenke habenden freiheit. pers. rosenth. 1, 42; innhalts meines habenden befelchs. Fronsperger kriegsb. 1, xiiijᵃ; als und hierauf aus habenden befehl, von gott selbst empfangen, heischen und laden wir euch. Ayrer proc. ij, 2; mit seiner bei sich habenden armee. Micrälius altes Pommern 1, 86; mit ihren bei sich habenden knechten. ibid.; der könig sprach zu seinen bei sich habenden soldaten. pers. baumgarten 2, 17; wenn er seine bei sich habende edele ritter an tapferkeit nicht zu übertreffen bemühet war. Bünau 1, 59; mit den bei sich habenden völkern. 1, 125; die königin sagte zu ihren in der gutsche bei sich habenden leuten. polit. stockf. 19; es ist nicht nur um das geld zu thun, .. sondern umb deine liebe und treue, vornehmlich aber um dein zu mir habendes hohes vertrauen. Simpl. 2, 14 Kurz; aus meinem darzu habenden willen. Butschky hd. kanzelley s. 655; die habende reuung. s. 658; ihn mit vernünftigen gründen und habenden ursachen zu trösten. 675; ohne habende ursache. 861; damit hat er (Opitz) meines erachtens diesz wort poesie aus habender seiner macht einmal vor allemal vor teutsch erkläret. Leibnitz unvorgr. gedanken 305; ich werde das beste bei dieser sache nach meiner habenden autorität beizutragen wissen. das bärtigte frauenz. 97; Magnus konte nicht disponiret werden, seinem auf Sachsen habenden recht zu renuntiiren. Hahn histor. (1723) 3, 106; wegen der in Italien und mit dem papst habenden verdrüszlichkeiten konte man den Tartaren unmöglich recht steuern. 4, 211; ich möchte ihnen einige auf dem herzen habende wahrheiten vorhalten. Hippel br. 13, 8; wegen meines in händen habenden schlüssels. Lazarillo de Tormes 47; wenn ich die jetzt in händen habenden bücher etwas länger behalte. Leisewitz briefe 254. alle diese fügungen haben etwas formelhaftes an sich; sie drücken dasselbe für das praesens oder eine dauer aus, was durch das part. praet. gehabt für die vergangenheit bezeichnet wird: gehabter selbiger freundschaft halber. pers. rosenth. 5, 17; während zehn jahr in der cur gehabte kranke. Rüling beschr. von Nordhausen 11; die bei sich gehabten völker giengen freiwillig zu jenem über. Bünau 1, 125; Popponi wird die völlige beilegung der sonst gehabten streitigkeiten zugeschrieben. Hahn hist. (1721) 2, 255 not. r; das herz des alten war ein an sich so guter und jetzt durch die gehabten kleinen erschütterungen so trefflich aufgelockerter boden. Engel 12, 272. allen diesen knappen passivischen fügungen will die neuere sprache keinen rechten geschmack abgewinnen, sie umschreibt dieselben lieber, man wird z. b. kaum mehr hören ein zehn jahr in der cur gehabter kranker, vielmehr ein kranker, den man zehn jahr in der cur gehabt hat. hiermit hängt zusammen, dasz von haben, obwol es ein transitives verbum ist, das passivum nur selten vorkommt: wo aber solchs alles on geist und glaube gehabt wird. Luther 3, 232. Wo haben hilfszeitwort ist, werden die mit dem part. praet. desselben gebildeten umschriebenen formen nur ungern angewendet, man sagt weniger gern ich habe es ihm gesagt gehabt, ich hatte es ihm gesagt gehabt, als ich habe, ich hatte es ihm gesagt, wodurch freilich nicht das ausgedrückt wird, was die erstern formeln sagen; daher scheuen sich schriftsteller von feinem sprachgefühl vor der schwerfälligkeit, die in diesen formeln unläugbar liegt, nicht: hätte ich nicht alleine grosze zeit vieler monate, sondern auch viel tausend cronen ersparet gehabt. J. B. Schuppius 404; hat oftmals junge leute vocirt, so noch unter den praeceptoribus und lehrmeistern gewesen und wenig studirt gehabt haben. 643; Mignon hatte sich versteckt gehabt, hatte ihn angefaszt und ihn in den arm gebissen. Göthe 19, 213; heidnische tugenden? ich hätte sie gerne gestraft gehabt, wenns aber nicht anders ist, so wollen wir sie vergeben. 57, 277; Dionysius .. hatte während des kriegs begonnen gehabt, zum schutz seiner italischen provinz eine linie .. zu befestigen. Niebuhr 1, 108; Livius sagt, der tyrann habe die curie durch hinrichtungen verödet gehabt. 1, 584. die schwerfälligkeit wird gemindert, wenn die finite form ausgelassen und nur das particip gesetzt wird: welchs sie alles zuvor gebraucht gehabt. Garg. 103ᵇ; er sei nur um das schlosz herum gestreift .. um Philinen aufzusuchen, deren schlafzimmer er ausgekundschaftet gehabt. Göthe 18, 300; weder würde eine stadt, welche eine colonie ausgestoszen gehabt, begnadigt sein. Niebuhr 2, 661.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1868), Bd. IV,II (1877), Sp. 45, Z. 60.

haben, n.

haben, n.
meist in der bedeutung sich dem vorigen II, 3 (sp. 59) anschlieszend: wenn ein meitschi viel erbt oder geerbt hat, so weisz man doch noch nicht, hat man eine reiche frau oder nicht, denn dabei kommt es nicht blosz auf das haben an, sondern auf das brauchen. Gotthelf schuldenb. 16; eine der es nicht am haben und nicht am können fehle, dürfe schon etwas anständiges erwarten. Felder sonderl. 1, 52;
des habens hunger heftiger zu stacheln.
d. i. den hunger nach besitz. In der sprache des kaufmanns steht haben dem soll formelhaft gegenüber, ersteres das guthaben, letzteres die schuld eines dritten bezeichnend; die formel leitet jede abrechnung ein. ihr steht zur seite das lateinische und wol ältere debet und credit, was in kaufmännischen büchern auch heute noch dauert. debet wird schon frühe durch soll übertragen: ich Ott Ruland sol meinem würt Hanns Archaim 18 Pfd. Münchner dn. und 20 dn. Ruland p. 2., ähnl. oft; wie vil sol er, quantum debet? Maaler 376ᶜ; Johannes soll vor ein pfund oel, Johannes debet pro pondo olei Stieler 2055; credit gab man durch soll haben wieder: Johann Michael Lord soll .. thlr. 500; soll haben .. thlr. 500. Heyne generalinstruction des ital. buchhaltens (1725) s. 176; ähnl. öfter. der häufige gebrauch dieses soll und soll haben und das streben des kaufmännischen stils nach kürze liesz zunächst das zweite soll in wegfall kommen, Jacobsson technol. wörterb. (1794) 7, 367ᵃ kennt nicht mehr die abrechnungseinleitung soll und soll haben, sondern nur noch soll und haben. dann werden die worte als formel substantivisch empfunden, und machen sich auch auszerhalb der kaufmännischen kreise geltend, man sagt das soll entspricht dem haben keineswegs; ihr haben in ihrem contocurrent bei mir, so artig es sein mag, bedeutet für mich so gut wie gar nichts. Dingelstedt (üb. land und meer 1866, s. 75); wenn aber Frankreich jene verträge von 1814 und 1815 .. von neuem regulieren wollte, so darf ihm nicht verborgen bleiben, dasz dann alles soll auf seiner, alles haben auf unserer seite sein wird. Hallische zeitung 1867, no. 296. bekannt ist Freytags roman soll und haben. — Freier und doch mit anlehnung an den kaufmannsausdruck sagt Göthe: beim kamel ist es überhaupt eben dasselbe, nur dasz beim dromedar die art und weise des geschlechts nach seinem haben und sollen mehr bezeichnet ist. 55, 185.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1868), Bd. IV,II (1877), Sp. 77, Z. 16.

han, m.

han, m.
mitteldeutsche zusammengezogene form für hagen sp. 149, die sich in mehreren folgenden compositen findet, landschaftlich, wie in der Wetterau, auch selbständig begegnet. die länge des vocals hat auch die schreibung hahn ergeben, vgl. hahnbuche, hahnbutte sp. 165. 166.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1869), Bd. IV,II (1877), Sp. 324, Z. 3.

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Zitationshilfe
„han“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/han>.

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