Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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kund

kund,
notus.
I.
Allgemeines.
a)
goth. kunþs, ahd. chund, chunt Graff 4, 414, mhd. kunt; alts. in den ps. cund, im Hel. aber cûđ, wie altfries. kûth, kûd (noch saterl. cut Hettema 233), ags. cûđ, engl. nur noch in uncouth (ags. uncûđ); mnl. dagegen cont mit rückkehr des n, nnl. kond (nur noch in kond doen), auch mnd. kund, kunt, nrh. kont (II, 3, b). altn. kunnr, altschwed. kunder Rietz 365ᵃ, neunord. erloschen, nur dänisch durch entlehnung kundgjöre kund thun, bekannt machen, schwed. kungöra; älter dän. aber auch kundt und merkwürdig kynd Molbech dansk gl. 1, 460. 462. Es ist ein particip ältester prägung, von goth. kunnan, ahd. chunnan wissen, kennen, heute können, s. d. I, c, J. Grimm gramm. 4, 167. ags. selbst forcûđ pravus Ettm. 377 zu forcunnan verachten, noch völlig participisch.
b)
im gebrauche zeigt es nhd. die eigene beschränkung, dasz es nur als praedicat erscheint, nie unmittelbar als adj. eines subst., daher nie mit endung, nur in der gefrorenen form kund, während mhd. und ahd. eine solche beschränkung fremd war. merkwürdig alem. im 15. jh.: ich besorg ein kunt dieb. Mone sch. d. m. 2, 392, fastn. 832, 27, einen dieb der bekannt ist im hause.
c)
mhd. gab es übrigens eine nebenform mit urspr. -i, künde, kunde (wie küene und kuon neben einander), welche schon damals nicht häufig, nhd. nicht mehr erscheint, während ihr das dän. kynd unter a entspricht; doch steckt es wol noch in konde prudens (mrh 15. jh.) Dief. 469ᵃ. mit diesem -i trat das alte part. eigentlich erst rein in die adjectivische natur über. vergl. kunde m.
II.
Bedeutung und gebrauch.
1,
a)
selten activisch, gleich kennend, wissend:
selig ist der tag und auch die stund,
da du feines lieb mein wurdest kund.
Ambr. lb. 68, 27,
mich kennen lerntest, der gen. wie noch bei kundig;
da sieht er abentheur, die jener nur erfindet,
und ist des staates kund, den bien und ameis gründet.
Lessing 1, 176;
ihr seid der wilden gegend trefflich kund.
Uhland ged. (1847) 199;
sieh! der wahnsinn ist des räzels kunder (als die weisheit).
Schiller anthol. 138 (krit. ausg. 1, 280).
b)
die bed., die auch notus hatte in der vorclassischen zeit, scheint erst später eingeschlichen (im 15. jh. s. unter I, c), herbeigeführt wol durch bekant, mit dem kunt schon im mhd. sprachgefühle völlig hand in hand gieng und das die activische bed. auch erst später entwickelte (s. sp. 546 mitte). daher begreift sich auch bekunt für bekant, nd. im 16. jh. (s. ebenso bekundschaft unter kundschaft I, c):
van daer lep he in den Vemersunt,
dar was he gans wol bekunt.
Soltau 2, 132, Liliencron 3, 536ᵃ.
c)
umgekehrt mag so auch das kant sp. 535 unten, das völlig gleich kunt steht, von diesem verflieszen beeinfluszt sein, wie denn auch kennen und können lange in gleichem wechselverhältnis standen (sp. 1722). so gehören schon ahd. zusammen inkennan, alts. antkennian cognoscere (sp. 532 unten) und antchundi gnarus, expertus Graff 4, 418. s. auch unter kundbar.
2)
kund, bekannt, gekannt.
a)
in schärfster bedeutung gleich 'notorisch', offenkundig, auszer allem möglichen zweifel, 'kund, kundbar, manifestus, exploratus' Schönsleder h 4ᵇ:
durch zweier zeugen mund
wird allerwegs die wahrheit kund.
Göthe 12, 156;
und ich achte, solchs sei bei jederman kund, der das newe testament lieset. Luther 3, 364ᵃ; es ist iederman kund, inter omnes constat. Stieler 951; und es (das wunder) ward kund durch ganz Joppen, und viel wurden gleubig an den herrn. apost. 9, 42. daher im urkundlichen stile: it si cunt alle den geinen u. s. w. Höfer urk. 97; es sei hiermit kund, notum sit omnibus Frisch 1, 555ᶜ; später verstärkt kund und zu wissen sei, vgl. unter 3, b; so sei es nu euch kund, lieben brüder, das euch verkündiget wird vergebung der sünde. apost. 13, 38, var. kündet, kundet, γνωστὸν ἔστω. verstärkt auch kund und offenbar Steinbach 1, 947: jederman sei kund und offenbar, das ... Simon u. s. w. 1 Macc. 14, 28. kund und offen (vgl. offenkundig):
doch auf dem Regensburger fürstentag,
da brach es auf! da lag es kund und offen,
aus welchem beutel ich gewirthschaft't hatte.
Schiller Wall. 1800 1, 143 (Piccol. 2, 7);
jetzt lag es kund und aufgethan,
wie Danaer auf treu und glauben halten.
32ᵃ, patescunt Aen. 2, 309.
schon ahd. ist chund manifestus, certus, für constat, liquet tritt chund ist ein Graff 4, 414. s. auch kundbar, kundlich.
b)
mit dat. (wie schon goth.), mir ist, wird kund, bekannt:
nu sage mir, meister Trougemunt,
zwei und sibenzig lant die sint dir kunt ...
Uhland volksl. 3;
der höchst, sprich ich, dem das herz wie der mund,
und dem das hirn wie die stirn klar und kund.
Weckherlin 42 (ps. 11, 5);
nur weg, du gelber koth (gold),
der alle welt befleckt, erwecket alle noth.
was beszres ist mir kund, was werthers ist zu finden u. s. w.
Logau 2, 2, 54;
um dem wirthe ... nicht kund werden zu lassen, dasz sie diese nacht an ihm einen schlafgesellen gehabt. Plesse 1, 157; die sache ist kund (ruchbar) worden. Rädlein 571ᵃ;
dir ist ja seine gutheit kund.
Hagedorn 2, 35;
sage getrost sie an, die weiszagung, wie sie dir kund ist.
Bürger Il. 1, 85;
kannst du hinunterschauen auf den grund,
dann wird dein wesen dir und meines kund.
Lenau Faust 196.
c)
selbst von dem, was vor die augen tritt, also sichtbar:
mir wart ein küler brunnen kunt,
klingender usz des velses grunt.
Conr. Öttinger bei Laszberg Fritz v. Zolre 37, 93,
ich 'entdeckte' ihn im walde. so gewiss schon mhd., es ist wie kennen, erkennen gleich sehen, erblicken (sp. 538 e). Ähnlich noch aus neuer zeit:
tausend fleiszge hände regen,
helfen sich im muntern bund,
und im feurigen bewegen
werden alle kräfte kund.
Schiller 79ᵇ, glocke,
'offenbaren sich' thätig, mit sichtbarer wirkung.
d)
gleichfalls wie bei kennen ein andrer nebenbegriff:
gleich wie an einer kugel rund
kein anfang und kein end ist kund.
Wackernagel leseb. 2, 301,
wie die kugel anfang und ende 'nicht kennt', nicht besitzt, s. u. kennen II, 7;
er ist stets wie er ist, ihm ist kein ende kund,
vergleicht sich mit der welt, von allen seiten rund.
Opitz 1, 24,
nach dem lat. caret undique fine;
denn dieses nasz (das meer) hat keinen grund,
ihm ist kein haft und hältnis kund.
Hoffmannswaldau sterb. Socr. 143.
e)
ähnlich mir wird kund u. ä., mir wird zu theile:
und wer mir sagt der warhait grundt,
mein ungenad di würt im kundt.
doch kann das zugleich enthalten: wird ihm fühlbar. so kund thun, zukommen lassen, thätlich beweisen:
sie sprach, Sewfrid vil werde,
thuͦ mir deiner hilfe kundt.
hörn. Seifr. 152, 6,
der gen. anders als unter 1, a, genit. partit. so mhd. sehr gewöhnlich mir wirt kunt und kunt tuon von dem, was einer erlebt, an sich erfährt, erhält, genieszt u. ä., wieder ganz gleich bekant werden und tuon, s. kennen II, 7, a.
3)
kund geben, thun, machen.
a)
kund geben, offenbaren: er will sich auf der reise nicht kund geben, he travels incognito. Ludwig 1085; um sich nun nicht zu verrathen und kund zu geben, dasz Aiax diese nacht bei derselben zugebracht ... Plesse 1, 157; seinen willen kund geben. Savigny system 4, 232; vgl. zu kennen geben sp. 537 (Logau). auch amtlich, 'publicieren', wie noch österr. bekannt geben, und so vielleicht zuerst. Jetzt besonders refl.: in Rumelien gibt sich eine starke aufregung kund. zeitung aus den 40er jahren; einem sich kund gebenden wunsche, bedürfnisse u. ä. entgegenkommen. s. auch kundgebung.
b)
kund thun intimare Dief. 305ᶜ, schon ahd. chund tuon, mhd. kunt tuon (wieder auch bekant tuon) ganz geläufig für offenbar machen, melden u. ä. altherkömmlich im urkundlichen stile, z. b.: ich Arnold .. ercebischof van Trieren don kont allen den, die disen brief horent ... Höfers ausw. der ält. urk. deutscher spr. s. 3, v. j. 1248, ebenso wir .. duͦn allen den kunt ... s. 18 und oft; ich Emmeriche ... duͦn kunt allin lüdin. 49, vgl. 54. später verstärkt, z. b.: ich ... dun kunt uffinberliche vor allin gudin ludin 68, v. j. 1304, wir .. don kunt inde ze wissene 338, v. j. 1340, immer wechselnd mit wir .. bekennen offenlichen u. ähnl., d. h. erklären, 'bekannt machen' (bekennen notificare Diefenb. 383ᵇ, s. sp. 535). auch auszerdem: wie wil uns nun der will gottes offenbar werden, weder durch sin kund thuͦn? Zwingli, Wack. les. 3¹, 243, 40; und ich habe inen deinen namen kund gethan. Luther Joh. 17, 26; wenn du ein prophet bist, so thue solches durch ein wunderzeichen kundt. Olearius pers. ros. 7, 20. und refl.:
wer that sich in dem wunder kund?
Bürger 1, 173.
Eigen zu kundt thun, nuntiare Fronsperger 3, 229ᵇ, vielleicht durch kund und zu wissen thun veranlaszt, doch vgl. das mhd. ze künde werden, berühmt werden Gudr. 18, 4. als éin wort:
man wirds euch morgen schon kundthun,
ob wir die heirat im dorf misbilligen.
Voss Luise 1795 s. 202 (3, 771).
c)
kund machen (mhd. Parz. 769, 23): prediget seinen namen, machet kund unter den völkern sein thun. Jes. 12, 4;
durch meiner oden süszigkeit
die torheit deren kund zu machen,
die mit schimpf und unsinnigkeit
die teutsche poesy verlachen.
Weckherlin 373 (od. 1, 7);
ach! herzlich hab ich dich geliebet,
weit mehr als ich dir kund gemacht.
Haller (1777) 224;
jemand seinen entschlusz kund machen. Klinger 2, 131;
umsonst, der schreckenbleiche mund
macht schnell den schuldbewuszten kund.
Schiller 59ᵃ;
und macht dem feinde eure schreckensnähe
durch lauten schlachtruf kund.
463ᵃ;
der grosze lärm und drang
macht einen krieger kund vom ersten rang.
580ᵇ;
die geschichte,
die er mit kurzen worten kund ihr machte.
Rückert ges. ged. 1, 175.
Auch amtlich, gleich bekannt machen: durch den trompetenschall kund machen, publier au son des trompettes. Rädlein 571ᵃ; ein gesetze kund machen, promulgare Steinbach 1, 947; was läszt mir der hochlöbliche magistrat durch sie kund machen? Schiller 122ᵃ; vgl. kundmachung.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 11 (1871), Bd. V (1873), Sp. 2617, Z. 1.

kunt

kunt,
s. unter kund, können, kommen (sp. 1629), kummet.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 12 (1873), Bd. V (1873), Sp. 2740, Z. 57.

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j k l m n o p q r
s t u v w x y z -
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Zitationshilfe
„kund“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/kund>.

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