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Galosche |
F. (-; -n), meist Pl., bereits im
15./16. Jh. vereinzelt in der frnhd. Form cloczen Pl. (mit Diminutiv
calotzchen), seit Anfang 17. Jh. kontinuierlich nachgewiesene Entlehnung
aus mittelfrz. galoches ‘Bund- oder Schnallenschuhe mit Korksohle, Schuhe
aus Leder mit Holzsohlen; wetterfeste Überschuhe’ (vgl. bereits altfrz.
galochier ‘Hersteller, Verkäufer von Überschuhen’), wohl zurückgehend
(eventuell unter Einfluss von lautähnlichem caligula
‘Soldatenstiefelchen’) auf spätlat. gallicula, Diminutiv von lat.
gallica (solea) ‘(ursprünglich in Gallien übliche) ländliche
Männersandale, Schuh, Pantoffel’, vgl. auch ital. galoscia, span.
galocha, engl. galosh; anfangs auch in den Schreibformen
Kal(l)osche, Gallosche.
Zunächst in der Bed. ‘schützender,
pantoffelartiger Überschuh aus Leder, der über dem eigentlichen Schuhwerk
getragen wird als Schutz vor Beschädigung, Schmutz und Nässe’ (vgl.
Pantine, → Pantoffel, → Gamasche), nach Erfindung der Vulkanisierung des
Kautschuks 1839 als Bezeichnung für einen aus Gummi gefertigten Überschuh, bald
verdrängt durch Gummischuh, öfters in Wendungen wie die Galoschen
überziehen, anziehen, jmd. hatte unförmige Galoschen an den Füßen, als
Bestimmungswort in Zss. wie Gummi-, Plastik-, Filzgaloschen, heute nur
noch historisierend; daneben ugs. abwertend für ‘alter, ausgetretener
(Haus-)Schuh’ (s. Belege 1992, 2002; vgl. Latschen, Puschen,
Schlappen), z. B. abgelatschte Galoschen, bzw. ‘an der Ferse
offener, bequemer Schuh ohne Schnürung oder Reißverschluss’ (s. Belege 1985,
2003; vgl. Slipper), in Zss. wie Holz-, Ledergaloschen.
Belege
Voc. 15. Jh. (Diefenbach Gl. 156c)
cloczen vel
fußsolchin qui induuntur in hyeme;
Trochus 1517 Leipz. prompt. M 3a
crepida, tuscum calceamentum, solea, calotzchen (DWB);
Messerschmid 1615
Narrheit II 159
als dann legen sie Gammachen, oder zugeschnirrte wüllin
Strimpff darüber: dann die Gallochen, oder Pantoffel;
1628–29 Bilderbogen o.
S.
Galoschen auch bißweiln/ nach dem das Wetter steht (JONES);
Martin
1637 Parl. 385
Ich möchte auch gern ein paar stiffel sampt den galoschen
haben;
Harsdörffer 1642 Gesprechspiele II 153 f.
Jm Fall aber ich solte
teutschen Chapperon garçettes, galouches &c. mueste ich entweder diese Wort
noch zur Zeit behalten oder so beschreiben und umbschreiben (JONES);
Amaranthes 1715 Frauenzimmerlex. 600
Galloschen, Heissen in Franckreich
diejenigen höltzernen und angeschnallten Uberzüge und Schuhe, deren sich die
bedürfftigen und gemeinen Weibes-Bilder bey dem Ausgehen zu bedienen pflegen;
Sperander 1727 A la Mode-Sprach 273
Galloches, Galloschen, Holtz-Schuhe,
it. eine Gattung Uberschuhe, so man trägt um die Schuhe sauber zu behalten;
Sturz 1779 Schr. (I 220)
Freilich sind Sie uns, . ., mit Ihren Kaloschen,
auf unserm Parquet, . . willkommen;
1795 Journal d. Moden X 199
Über den
Gebrauch der Galloschen oder Überschuhe;
1799 Journal d. Moden XIV 612
Anm.
Die Benennung Galochen scheint mir doch etymologisch sehr richtig und
passend zu seyn, man muß dabey nur nicht an die Bedeutung von bloßen
Ueberschuhen denken, wie wir das Wort gewöhnlich brauchen;
Pückler-Muskau
1831 Br. e. Verstorbenen II 3
Auch mit meiner Toilette war ich brouillirt.
Die entwichene Gallosche war nicht wieder gefunden worden, und der Regenschirm
schon auf dem Hexenberge aus seinen Fugen gewichen (DiBi 125);
Poppe 1837
Erfindungen 253
Federharz-Ueberziehschuhe (Kaloschen) ohne Naht, aus einem
Stücke, . . welche die Füße sehr gegen Nässe bewahren und zugleich sehr
dauerhaft sind;
1856 Herrigs Archiv XIX 362
wie wir z. B. im Deutschen
eine große Anzahl von französisch klingenden Eindringlingen haben, . . cf.
blamiren, Parterre, Rouleau, Galosche;
Schlägel 1868 Soldat 265
Garderobezimmer, wo sie sich einhüllen, all die raschen, feurigen Tänzerinen [!]
in ihre Versicherungsmittel gegen die Schwindsucht, Capuchon’s, Paletots,
Shwales [!] und Galoschen;
Th. Mann 1899 Erz. (W. VIII 155)
er trug keine
Galoschen, aber seine Stiefel waren außerordentlich breit, fest, durabel;
Altenberg 1902 Tag 202
Die Eltern kauften dem zarten, edlen Geschöpfe
gute bequeme Sitze zu den Nachmittagsvorstellungen im Burgtheater und echte
russische Galloschen für Thauwetter (DiBi 125);
Franken 1913 Schneide 29
Die Leute auf der Straße sahen alle kümmerlich aus, wie sie in ihren Galoschen
durch den Matsch schlurften;
Sudermann 1922 Jugend 64
ein
galoschenschlürfender Pedant, der das Klassenbuch mit Tadeln füllte und seine
Gutherzigkeit im Zügel hielt (DiBi 125);
Lokal-Anz. 22. 7. 1934
In dicken
Filzgaloschen wandert man heute durch die einzelnen Gemächer;
Klein 1950 Lex.
d. Mode 155
Gelegentlich wird auch noch heute das Wort ‘Galosche’ statt
Gummischuh gebraucht;
Ruge 1961 Moskau 355
Als wir aus dem Waggon
sprangen, blieben uns die Galoschen im Morast stecken, das erinnere ich noch wie
heute;
Buck 1971 Welt o. S.
Alle vier Stunden erfolgt der Abstich. Vor
dem Abstichloch arbeiten drei Männer. Sie tragen feuerfeste Mäntel, Galoschen
und große Hüte mit einem Gesichtsschutz;
Zeit 26. 7. 1985
Sunny trug ein
grasgrünes Kleid ohne Ärmel, ihre bloßen Füße steckten in Holzgaloschen;
Hoernig 1992 Zwischen d. Fronten 85
Ich habe ihm die alten Schuhe
abgekauft. Die Ostzonalen kamen an mit ollen Galoschen, die haben sie
dagelassen;
Berl. Ztg. 23. 3. 2002
Adriano Sofri hat das Buch als „einen
der schönsten Texte“ Hamsuns bezeichnet, vermutlich waren es die Beschreibungen
stiller Begegnungen mit Nachbarn und Fremden, die Betrachtungen abgelatschter
Galoschen, die bewegenden Gedanken über die Lebenserwartungen einer kleinen
Tanne, die das ästhetische Urteil Sofris evozierten;
Schnaack 2003
Rettungsdienst 24
Offene Korksandalen und Galoschen gehören somit nicht an
die Füße eines RA/RS und vermitteln eher den Eindruck eines Freizeitretters als
den eines auf Sicherheit bedachten Profis;
Berl. Ztg. 14. 5. 2004
immerhin haben sie [Männer] einiges abgelegt, mit dem sie sich vor hundert
Jahren schmückten: Hut, Stock, Galoschen, Strumpfhalter, Uhrenketten,
Vatermörderkragen.