Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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klaube

klaube,
klaue, s. klauber klaue 2, a.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 5 (1867), Bd. V (1873), Sp. 1018, Z. 59.

klauben

klauben,
mit den fingern oder zähnen langsam, mühsam, sorgsam losmachen, herausmachen, aufnehmen, aussuchen, sammeln.
I.
Die form und verwandtschaft.
a)
mhd. klûben, aus ahd. zeit einmal in dem Merseburger zauberspruche über die fesseln eines gefangenen, clûbôn:
sumâ clûbôdun
umbi cuniowidî,
einige klaubten nach .., in md. form für rein hd. chlûbôtun. nd. klûven Richey 127, nl. kluiven (hier mit klieven klieben vermengt, s. c), in den andern germ. sprachen fehlend.
b)
mhd. bestand eine nebenform klouben kindh. Jesu 288 Feif. in zwei hss., vgl. kloubære unter kläubeln 5, es ist wie houf neben hûfe. ihr entspricht wahrsch. mnd. kloven ruptare (wol zupfen) Dief. 504ᵇ, und mit umlaut (wie käufen) nhd. kleuben (II, 2, d), gleuben Luther (s. ausklauben), nd. klöwen Schamb. im nhd. klauben sind ou oder û nicht mehr zu unterscheiden.
c)
klûben, klouben sind nebenformen schwacher bildung von dem starken chlioban, klieben spalten, gleich wie chûôn chouôn neben chiwan kauen (sp. 311), vgl. chisôn neben chiosan (Graff 4, 509), das freilich im wurzelvocal unklar ist. schon mhd. findet sich übrigens vermischung mit klieben, wie sie bei nl. kluiven vorliegt, s. u. kläubeln 5 und kloupte, klûbete spaltete Holtzmann Wolfdietr. 1247, 2. 2016, 3 var.; s. mehr davon unter klieben.
d)
aus den urverwandten sprachen zeigen sich lat. glûbere und gr. γλύφω den lauten nach unserm klûben (und klieben) entsprechend; nur in der stufe des auslauts nicht, in dem nach nd. klûven (alts. klioƀan, ags. cleófan) fürs hd. nicht p, sondern b der echte laut ist. doch findet sich auch 'chluipit findit' Graff 4, 547, und es zeigt sich eine bewegung im auslaute in der ganzen verwandtschaft, schon zwischen glubo und γλύφω, wie zwischen den weiter zurück verwandten scribo und γράφω. Auch in der bed. steht glubere schälen ganz nahe, es ist eine einzelne anwendung des grundbegriffs, die sich auch bei klauben selbst noch zeigt (II, 2, e). aber auch γλύφω ist in der bed. nicht fremd, einschneiden, ausschnitzen ist gleichsam ein künstliches klauben mit werkzeug (s. e), und das nächstverwandte γλάφω, schnitzen, höhlen zeigt bei Hesiod scut. 431, vom löwen der die erde scharrt, auch noch die klaue als werkzeug.
e)
grundbegriff der ganzen verwandtschaft scheint das arbeiten mit den klauen, nägeln, fingern, zähnen, die im naturzustande die nächsten werkzeuge sind und gewiss die ersten waren (vergl. kafeln, kampf sp. 139). gerade unser klauben läszt das besonders deutlich sehen, mehr als die gr. lat. wörter; da reicht einmal das jüngere wort über die älteren hinweg in die denkbar älteste zeit zurück. bei uns erscheint auch das naturwerkzeug selbst von diesem stamme benannt, s. klauber klaue.
f)
wie aber die wurzel vielfach den anlaut in der form sk- zeigt (s. sp. 406), lat. in scalpo gleich γλάφω, sculpo gleich γλύφω (die deutlich zugleich jene bewegung in den lautstufen zeigen), bei uns in nd. scharven gleich karven u. a. (s. kerben 4, e), so vielleicht auch hier. denn wie klauben, glubere noch schälen bedeuten und wie in käfe, kiefe, kaff die schale, schote vom abnagen benannt ist womit man den kern gewinnt, so findet hd. schelfe, nd. schulpe schale hier sein natürliches unterkommen, mit der umstellung des l wie in sculpo; aber auch ohne diese mhd. sloufe schote wenn es nicht zu sliefen gehört (wegen des sl- s. klatzen 4, c) und nhd. schlaube schale, schlauben schälen (froschm. F 8ᵇ. Ll 6ᵃ), wenn das b nicht blosz aus nd. w in sluw (hor. belg. 7, 34ᵃ, gewöhnlich doch slûe) geworden ist. aber auch das nd. slûe selbst kommt vielleicht in frage, da alte stämme nebenformen mit einfacherem auslaut haben, s. sp. 6, vgl. klaue.
g)
auch der übertritt von kl- in kn- (s. klatzen 4, b) liegt vermutlich hier vor in knaupeln (kneipen).
II.
Bedeutung und gebrauch.
1)
Der grundbegriff, mit spitzen fingern knaupeln, knaupelnd arbeiten, ist in der folg. häufigsten bed. noch deutlich zu sehen; auch nägel, zähne sind als klaubende werkzeuge schon dabei noch eingeschlossen, deutlicher unter 2, besonders 2, d. e.
a)
carpere, pflücken, pflückend sammeln; so das alte clûbôn unter I, a, mhd. ist klûben schlechthin früchte pflücken (vgl.carpere mit καρπός frucht, s. Curtius gr. et. 1, 229, sie sind weiter rückwärts selbst verwandt):
so sicht man die weintrauben
selten von dornen clauben.
Hätzl. 114ᵇ, 136;
der herbst ihm bringt sein obs und trauben,
dasz ers mit unzahl mag abklauben.
Fischart landlust (kloster 10, 1040), wie abe chlûben Maria 3110;
epfel, birn, pflaumen, kirsen klauben.
froschm. Gg 5ᵇ (2ᵃ);
sie streckt die finger lüstern hin,
die schöne frucht zu sich zu ziehn,
pflückt ab und ritzt den arm im klauben.
J. N. Götz auf den Burgunderwein, in den oden Anakreons u. s. w. 1746 s. 74 (in den ged. 2, 70 nach Ramlers änderung, s. sp. 725);
dein herbst giebt trauben seltner art,
hier kanst du pressen oder klauben.
keltern oder einzeln pflücken, im groszen oder kleinen genieszen (bildlich von liebesgenusz); will er etwa hier poperenzen (pomeranzen) klauben, dasz er mir das schöne gras so zertrampelt? Eichendorf taugenichts (1842) 38. von kräutern u. ä.: so klaub pfefferkraut, dewmenten (krauseminze, s. daumenthe 2, 853, deiment Hätzl. 237ᵇ. 234ᵇ, d. i. thymiama Dief. 583ᶜ), mangolt, ampfer, streif die stil dorausz. küchenmeist. c viijᵃ;
wer von dem frommen stein
nur moos klaubt ...
Klopstock 2, 13 (der denkstein).
so noch oberbair. z. b. blüemeln, hopfen klaubn, tirol. blätter, obst, kärnt. kerschn klaubn u. s. w.
b)
lesen, auflesen, besonders von kleinen dingen, mit spitzen fingern einzeln aufnehmen: klauben, aufklawben, auflesen, zusammenlesen, zusammensamnen. voc. th. 1482 q 7ᵃ; noch samne auf die weinber in deinem weingarten, noch die körner die da abfallen, sunder lasz sie klauben die armen (vulg. carpenda dimittes). 3 Mos. 19, 10 in der Nürnberger bibel von 1483 bl. 61ᵃ (Luther auflesen); brosamen klauben nach Fischarts frachmentaklaubend hündlein Garg. 162ᵇ (301). von vögeln, pickend auflesen, futter suchen (vgl. kläubeln 1):
's worn amol drai tauve
ouf am wiesle klauve.
Meinert volksl. des Kuhländchens 282 (vgl. 404);
(täublein) das da kielt und lernt im nest
an der alten schnabel klauben.
Dan. v. Czepko Coridon (handschr.).
sprichw. wann der baum felt, so klaubt iederman holz, arbore dejecta quivis colligit ligna. Frank spr. 2, 37ᵇ (doch vgl. 38ᵃ bricht iederman holz davon), Simrock 860. Es scheint noch allgemein oberd., z. b. bair. aichel, holz klauben vom boden (s. klaubholz), eher klauben ähren lesen, halmklauber ährenleser, das eierklauben ein volksthümliches wettspiel Schm. 2, 349, tirol. gras, laub klauben, auch kärnt., östr., südböhm. (Frommann 6, 510), schwäb., vorarlb. (klûben). aus Ostfriesland gibt Stürenburg 114ᵇ kluven ähren lesen, vgl. klaubzehend.
c)
mit präpositionen zur näheren bestimmung:
als nun darnach der kunig kam,
fant die stück (des zerhackten knaben), da klaubt ers zusam.
meisterlieder Berl. hs. f. 23 no. 233;
ich wolt sie (die teufel) zu stucken schroten,
dasz man sie in ein blachen (tuch) müst klauben.
osterspiel bei Pichler drama des mitt. in Tirol s. 47,
in der groszsprecherischen rede eines der grabwächter, der zug ist eine beliebte kraftwendung jener zeit (aus der ausartung der heldendichtung), s. ebendaher unter kegel sp. 385, aus den fastnachtsp. unter aufklauben. ferner abklauben, einklauben (aus klauben in vorhin), aufklauben (auch wie auflesen von dingen die sich ungesucht anhängen, z. b. läuse, eine krankheit Schmeller), ausklauben, herausklauben u. a.
2)
Der grundbegriff tritt noch klarer hervor in folg.
a)
knaupelnd abbrechen, von, an etwas klauben:
zuletzt trug man für ein weintrauben (als nachtisch),
davon solt auch der junker klauben.
Rollenhagen froschm. G 1ᵃ;
deme zufolgen wir an dem trauben zu klauben anfiengen. Lazarillo de Tormes 25, wie zum nachtisch etwas zu knaupeln vorgesetzt wird. das fressen der ziegen heiszt klauben (sächs.):
die ziegen klauben an den blättern.
b)
knaupelnd ablesen: scabere, grint klawben, clubin Dief. 515ᵃ. die vögel klauben sich (putzen sich mit dem schnabel). Ludwig teutsch-engl. wb. einem die federn klauben, von schmarotzern, schmeichlern, im 15. 16. jh. oft erwähnt, auch kurz für schmeicheln selbst, schon im voc. 1482 m 7ᵃ federklawben (s. federklauben, besonders federlesen 2):
der ein klubt fädern, der stricht kriden,
der liebkost, der runt in die oren.
Brant narr. 100, 8;
mit irem schmeicheln, feder klauben.
H. Sachs 3, 1, 198ᵈ;
vgl. noch im 18. jh. schwäb.: sie suchte sein ganzes kleid durch, klaubte alle fäserchen ab. Miller Siegwart 2, 272. bei Murner anders gewendet, vom schmeichelnden berupfen, ausbeuten eines liebesnarren durch die buhlerin:
gold und silber musz er schwitzen,
röck und mantel, belz und schuben,
dem gouch kan sy die fedren kluben.
geuchm. h iiij (kloster 8, 944).
eine ironische anwendung davon mag sein bair. einen abklauben abprügeln (aber eine abklauben obscön, subigere. Schm. 2, 350, vgl. mlat. deflorare).
c)
knaupelnd, grübelnd auslesen. so im bergbaue das erz klauben, aus dem gewonnenen gestein das gute heraussuchen (s.klaubebühne): erfarne bergleut, so sie das erz hauen, bald (d. i. gleich) in schächten und stollen klauben sie das erz und was köstlich ist thun sie in die trög, was aber gering in die fäszlein. Bechius Agricola bergwerk übers. (1557) 214. Ebenso im hauswesen das unreine aus den erbsen, aus den samenkörnern (heraus) klauben Adelung. dann mit geändertem object, wie bei auslesen, aussuchen und sonst, die erbsen klauben klaubend reinigen, den salat, die wolle klauben, lesen Adelung; ärbeisz, traid, waiz klauben Schmeller, das ausklaubet das ausgelesene und auserlesene, erklauben das.
d)
knaupelnd herausarbeiten, losmachen, gewinnen:
ich werf ihm eins wol in den bart,
das er habe zu klauben draus.
Bresnicer christl. ritterschaft 1553 C 7ᵃ;
aus perlenmuscheln kann man keinen agtstein klauben.
Günther 1072;
die rosinen aus dem kuchen klauben, das wird in Sachsen hie und da den kindern verboten; die groszen steine daraus (aus dem lehm) klauben. Jucundiss. 4; da die Greifswaldischen grosze feldsteine aus den hügeln kleuben und abschlichten lieszen. Micrälius Pommern 2, 200 (s. I, b). s. auch 3, a aus Uhlands volksl. göttingisch in der næse (nase) klöwen Schamb. 104ᵃ. bair. heiszt die hebamme scherzweise die klauberin.
e)
knaupelnd schälen: klauben, glubere, decorticare Schottel 1345, Stieler 972, Rädlein 541ᵃ, vgl. I, d. dazu wol folg.: der pöbel der nüsse kauft und erbsen klaubt. Ramler dichtkunst des Horaz (v. 249) s. 84, doch wol 'knaupelnd iszt', aus der schale macht; er klaubte manche harte nusz. Simrock 1, 244.
f)
knaupelnd nagen, essen, mit fingern und zähnen: an einem bein klauben, weil man satt ist, oder aus naschhaftigkeit. Frisch 1, 520ᵃ, auch trans. ein bein klauben und abnagen Rädlein 541ᵇ; während ich an dem bein eines haselhuhns klaubte. Thümmel 6, 189;
es näm vil zeit und lange weil,
wann du die krebs nach ordnung woltst
anatomieren wie du soltst
und sitzen da lang dran zu klauben.
Scheit grob. R 1ᵇ.
Daher von wähligem essen, gewöhnlich verkleinert kläubeln (s. d.):
ob dem (über) tisch du nie essen mochst,
du klaubst als seist du immer krank.
H. Sachs 1, 513ᵈ;
er iszt nicht, er klaubt nur, dente superbo escas tangit. Steinbach 1, 864; er klaubt daran herum.
3)
Klauben, rauben, stehlen, ergreifen.
a)
so von raubrittern, buschkleppern:
die im lande prennen und rauben
und auf der straszen unrecht (adv.) clauben.
Rosenplüt in den fastn. sp. 1129.
es war wol ihr eigner ausdruck, ironisch beschönigend, eig. auflesen, aufheben was sie auf der strasze finden (sie nannten es auch ritterlich abenteuren, reiten). in einem andern höhnischen bilde, aber eben aus ihrer sprache in folg.; ein ritterlicher sänger fordert seine genossen auf, den übermütigen kaufleuten ihre pelzkappen zu nehmen, die nur den edeln zukämen:
man sol sie auszher klauben
aus iren füchsin schauben
mit prennen und mit rauben.
Uhland volksl. 366;
man sol sie auszer klauben
ausz iren mardren schauben.
369.
Noch im 17. jh. war der ausdruck bekannt:
Mars darf (bedarf) keinen advocaten ...
keinem hat er nichts gestohlen,
dann er nam es unverholen ...
was er von der strasze klaubet,
ist gefunden, nicht geraubet.
Logau 1, 5, 15,
die soldaten des 30 jähr. krieges brauchten vielfach noch die ritterlichen wörter der vorigen zeit von sich; glauben ist etwa (einst) das beste gewesen, itzt ists das klauben. Simpl. 1684 3, 783; redt der herr von stehlen, da spricht der schmeichler (es überbietend) vom klauben. Abr. a S. Clara lauberhütt. Fischart mag es im sinne haben, vom ablasz redend:
dann da vil steht zu klauben, da ist glauben.
Garg. 280ᵇ (528 Sch.).
b)
ähnlich vom raubvagel:
da hatt ein weih ein groszen neid (hasz),
ein groszen zorn auf alle tauben
und fuhr im land umbher zu klauben.
Alberus Es. 52.
c)
ähnlich klaubt der tod im lande, als person gedacht:
wer davon iszt ... in rechtem glauben,
den wird der Tod nicht klauben.
B. Ringwald ev. X 2ᵇ.
Rist Parnass 110 nennt ihn den fleischaufklauber; vgl. klaubauf und aufklauben, wie aufgreifen, aufheben: könig Nodmer wolt fliehen, ward erkant und aufgeklaubt. Aventinus chron.
d)
auch für stehlen, scherzhaft, stibitzen, gleichsam zufällig gefundenes aufheben:
leer in wie er söll heimlich kluben
sir muͦter geld, gürtel und ring.
Gengenbach gouchmat 357 (sir aus sînr, s. sp. 491 unter d);
sie essen hüner und dauben,
gen in der taschen (geldtasche des manns?) klauben,
die pfening müeszn daraus.
lied von der narrenkappe, Zarnckes Brant ⅭⅩⅩⅩⅠⅠⅠᵇ,
von genuszsüchtigen jungen frauen. so noch bair. Schm. 2, 350. bei Stieler 972 clam surripere, auferre, auch hinwegklauben, er hat das beste davon hinweggeklaubet furtim detraxit.
4)
Übertragen, in mancherlei verwendung.
a)
mühsam arbeiten, wie bei kleiner fingerarbeit, kein andres wort drückt das so gut aus:
aber wann gott selbst uns verkündt
was er sei und wie man im dient,
so dörft (bedürfte) es nicht vil klauben, schrauben,
man müszt im von im selbst je (doch) glauben.
Fischart ehzuchtb. 24 (Sch. 429), zugleich zu b, von schriftauslegung;
kan ich nur in büchern klauben
und da gute künste rauben,
ach so leb ich, wie ich will,
fein gemachsamb und fein still.
Morhof ged. 444.
so schon Vintler im 15. jh. in dem berichte von seiner sammelarbeit:
noch seind der meister vil und mer,
die ich nit alle nennen kan ...
doch han ich sie all durch klaupt
und jeglichen ein weng beraubt.
Haupt 9, 112, mit anklang an 3, a, vgl. 4, b.
an oder über etwas zu klauben haben Campe, mühsam zu arbeiten, ostfries. dâr hett he wat an to kluven, das wird ihm zu schaffen machen Stürenburg 114ᵃ.
b)
mit aus, mühsam gewinnen aus etwas, nach 2, d, eig. heraus knaupeln; so sagt Vintler von seinem buche, er habe
die red klaubt ausz mangen buͦchen,
und die (verstärktes relat.) ich alle muͦst durchsuͦchen.
Haupt 9, 110, zugleich nach c.
mit mancherlei nebenbeziehungen, die die sache mit sich bringt, von künstlichem herauslocken einer mittheilung, gewaltsamer auslegung u. a. dgl. mühsamem 'herausbringen': mag ich auch heut die wahrheit aus dir klauben. Bolz Terenz 67ᵇ; der legat (Cajetan) sol itzt lassen d. Martini deudsche predigt vom ablas in das latein transferiren. was er daraus wil klauben (verdächtiges künstlich herausfinden), wird man vieleicht auch erfaren. Luther 1, 113ᵇ; sie bekommen hier das schreiben des herrn Diderot ... ein kurzsichtiger dogmaticus .. wird eine menge irrthümer aus demselben zu klauben wissen. Lessing 3, 328. was gutes aus dem bösen aus klauben Steinbach 1, 865 u. ä.:
wer nu die (comedi) will machen zu nutz,
der kan ihm (sich) was draus klauben guts.
J. Ayrer 102ᵇ (517, 11), zugleich auslesen nach c;
der schaw in disz gedicht geschwind,
ob er was (einen kunstgriff) könte klauben drausz,
darmit er ehrlich kom zuhaus.
Grob ausreden der schützen, Haupt 3, 264.
Daher herausklauben elicere, extorquere, exprimere Stieler, scrutando investigare Frisch: das sie die incommoda herausklauben. Luther tischr. 308ᵃ. 330ᵃ; er hat gleichwol das herausgeklaubet, herausgebracht. Stieler; bair. aus einer rede nichts rechtes rausklauben können, keinen verstand darin finden. Schm. 2, 350. gewinn ziehen: er wird noch einen guten nutzen herausklauben (auch abklauben). Stieler. dann mit auffrischung des urspr. bildes (vgl. 2, e): den .. kern mag er lieber entbehren, als ihn aus so vieler nach und nach darum gehüllten unnatur gutmüthig herausklauben. Göthe 60, 266, vgl. kern und schale bildlich, die genau damit zusammentreffen.
c)
mit aus auch auslesen, auswählen, herausgreifen u. ä., nach 2, c, doch mit dem vorigen leicht verflieszend: aus diesen fruchten und werken des glaubens klauben die widersacher nur éin stück, nemlich die liebe. J. Jonas bei Luther 6, 398ᵃ, greifen willkürlich heraus;
lasz stelen, mörden, rauben,
die ketzer auszer klauben.
Soltau 2, 296,
ausmerzen, etwa wie ungeziefer (vgl. 2, b), in einem liede von 1601, das von östr. verhältnissen handelt. gewöhnlich ausklauben (s. d.), in gutem sinne, z. b.:
nun wais ich khein aus zuͦ klauben
der zuͦ solcher rais ietz basz döcht.
Teuerd. 114, 24, herausfinden.
daher ausgeklaubt gleich auserlesen, ausgesucht, 'exquisit': ausgeklaubte krieger. Aventin 252ᵃ; a. rott, auserlesene schar. ders.; ausklaubte büberei. Paracelsus 1, 545ᶜ; ausgeklaubte waare, sowol das ausgewählte beste (wieder auch kern genannt), als der dadurch bleibende rest. Frisch 1, 520ᵃ, vgl. klauberich.
d)
zusammen klauben, zusammensuchen, mühsam zusammenbringen.
α)
von menschen und dingen, oft verächtlich:
wer seind wir Römer anfangs gewesn? ...
ein volk allenthalb zusammen klaubt.
J. Ayrer 36ᶜ (197, 15);
ich hab ein auserwehlte pursch von zeugen .. zusammen klaubt. Ayrer proc. 2, 6; zusammen geklaubtes gesind, gesindel. Frisch; konte ein und andere risse aus diesen und jenen kupferstichen zusammenklauben. Felsenb. 2, 121;
es klaubt sein unverstand zur nahrung neidscher flammen
hier einen weiberspruch, dort einen reim zusammen.
Günther 492. 748;
man lasse jenen (den alterthumskrämer) noch siebzig und sieben solcher kunstgerippe aus seinem schutte zusammenklauben ... Lessing 8, 244.
β)
man brauchte es hübsch für compilieren wie es jetzt heiszt (vgl. schon Vintler unter b. c): Veit Arnbeck, der bei herzog Georgen zeiten fünf bücher von dem herkommen der Baiern zusammengeklaubt hat. Aventin chr.; ein schön büchlein .. darin .. wunderschöne und tröstliche sprüche zusammen geklaubet waren. Mathesius Sar. 24ᵃ. ähnlich folg.:
wie zu Nicea ist geschehn,
da man den rechtn christenglaubn
widrumb thet rein zusammen klaubn.
postreuter 1591 D iiijᵇ.
γ)
sich zusammen klauben, in mehrfachem sinne: so bald der (geschlagene) könig Ovo erfuhr, dasz der kaiser wider ausz Hungarn .. gezogen war, klaubet er sich wider zusammen. Aventin 395ᵃ, sammelte sich (sein heer), zuerst vielleicht von einem überwundenen der seine 'zerschlagenen' glieder gleichsam wieder zusammen sucht (im anschlusz an die kraftwendung u. 1, c). noch bair. sich zusammen klauben sich von einem unfall, einer krankheit erholen (wie lat. se recolligere, franz. se recueillir), auch sich 'zusammennehmen' zu einer schweren aufgabe Schm. 2, 350. östr. der kranke klaubt sich wieder zusammen, auch ich bin heut nicht recht zusammengeklaubt, etwas unpäszlich Höfer 2, 138. schles. aber sich klauben sich fort machen Holtei schles. ged., wie sich packen (zusammenpacken)?
e)
dem entgegen voneinander klauben u. ä., verwirrtes, dichtes u. a. knaupelnd abwickeln, auseinander und ins reine bringen: von einander klauben, segregare. diction. von dreien spr. Prag 1700 1, 95ᵃ; das handwerk solle .. die begeben heit ihrem vorgesetzten verwalter anzeigen, der wird schon die sach voneinander klauben, oder .. durch einen rechtsgelehrten von einander klauben lassen. Abele unordn. 2, 87; ich habe nichts zu thun als die verworrenheiten unserer Diegos auseinanderzuklauben. Göthe an frau v. Stein 1, 350; es liegt noch alles wie kraut und ruben im kopf untereinander, ich musz's erst ein wenig auseinander klaubn. briefe eines Eipeldauers 7, 16. Göthe klagt in den zahmen xenien über die philosophen oder ästhetiker wie es scheint (s. dazu das folg.):
was wir dichter ins enge bringen,
wird von ihnen ins weite geklaubt (s. weiter sp. 1000).
47, 254.
f)
am meisten abstract von gewissem denken, das kleinlich und peinlich an den dingen gleichsam knaupelt; die gedankenarbeit ist da als fingerarbeit vorgestellt, wie in grübeln, und das ist alt und volksmäszig, schon bei Waldis 3, 22, 8 eine sache beklauben, gründlich überlegen: lange über etwas klauben Adelung; eine an bloszen begriffen klaubende vernunftelei. Kant 8, 489; formelklauben von dogmatisierender theologie Voss (1825) 4, 68. s. unter a herausklauben von denkarbeit, unter e Göthe 47, 254 und Eipeld. auch nd. klûven grübeln, ûtklûven aussinnen Richey 127. mit rückkehr zum ursprünglichen bilde haarklauber grillenfänger, vgl. klauber 2.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 5 (1867), Bd. V (1873), Sp. 1019, Z. 25.

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Zitationshilfe
„klaube“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/klaube>.

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