Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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kern, m.

kern, m.
keller, s. sp. 513.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1865), Bd. V (1873), Sp. 593, Z. 13.

kern, m.

kern, m.
nucleus, medulla, granum. es ist starkformig, gen. kernes, kerns, pl. kerne; ursprünglich aber bestanden, wie so oft, starke und schwache form nebeneinander: mhd. kërn, ahd. chërn (nach dem gen. pl. chëronô Graff 4, 494) stark, ahd. chërno, mhd. kërne schwach; die schwache form lebt aber mundartlich auch heute noch (s. bes. 2), als pl. gibt noch Stieler 120 kernen an. Mnd. kerne und carne Dief. 384ᵇ, nnd. karn Brem. wb., Dähnert, keirne f. westf. Fromm. 5, 166, 128; nnl. kern f., bei Kil. kerne und karne, bei Junius nom. 78ᵇ keern und merkw. karle, wie caerle bei Binnaert, jetzt kerrel, nordfries. kerel, ostfries. karrel, karrl, vgl. dazu unter 5, b und nl. korrel, korl korn. das merkwürdige a erscheint auch md. in karenhaus kernhaus Dief. 472ᵇ (wb. v. 1470 sp. 228), doch vgl. dazu unter kellnermeister. Altn. kiarni m., schwed. kärne m. und kärna f., dän. kjärne. ags. mit demin. endung cirnel, cyrnel nucleus, engl. kernel, aber auch das einfache wort war da nach dem dial. kern als verb, fruchtkerne ansetzen, altengl. z. b. to kerne as corne (wie getreide), s. Halliwell 492ᵃ und mehr unter 2, e; man sehe auch unter kernen 3, c. merkwürdig im anlaut engl. dial. 'quern corn' Halliwell 658ᵃ, schott. quairn körnchen, adj. quernie körnig, z. b. von honig; vgl. kenten am ende. jenes dem. erscheint übrigens auch mnd. in kernelschelle (s. kernschale). Urverwandt entspricht den consonanten nach lat. granum und altsl. zr''no n., auch zerno kern (z aus urspr. g), russ. slov. zerno, böhm. zrno, poln. ziarno, wend. zorno, die aber zum theil in der bed. mehr unserm korn gleichen, das aber selbst in der bed. mit kern sich mischt; vgl. litt. z̉irnis, lett. zirns m. erbse (erbsenkorn), die im vocal wieder zu kern stimmen. Kern und korn sind aus éinem stamm, durch ablaut i : u unterschieden, zu dem auch a träte, wenn es in der nebenform karne echt ist. der reine vocal bei kern war i, wie das mhd. adj. kirnîn, verbum kirnen, erkirnen enucleare, ahd. kirnjan zeigen, s. unter kernen. Die frühere schreibung keren ist nur eine beliebte zerdehnung, diesz e nach der tonsilbe, nur leise nachklingend, erscheint oft zwischen r und folgendem n, m; schon ahd. in cheronô gen. pl. und choron granum (o durch das andere o herbeigeführt). Ein pl. kerner (schon Garg. 103ᵇ quittenkerner) ist vielleicht mehr als vermischung mit korn, man sagt wol auch das kern. Sicher ächt und alt ist ein fem.: eine harte kern. Stieler 121, das also nach Thüringen gehören mag; auch Schottel, der s. 1344 kern als m. ansetzt, schreibt doch 508ᵃ aus der kern (s. kernbaum). ebenso ist fem. westf. keirne, götting. kere neben keren m.) und das nl. kern, und schon ahd. nuʒcherna neben nuʒcherno Graff 4, 494, wie schwed. kärna f. neben kärne m.
1)
Kern nucleus, est interior pars et medulla nucis, pomi. voc. inc. teut. n 2ᵃ, von früchten, beeren, nüssen. das wort umfaszt dinge die sachlich ziemlich verschieden sind, aber in einem begriffe übereinkommen als unscheinbarer träger der fortpflanzungskraft; beigemischt ist theils der begriff der festigkeit, härte, theils der des markartigen, weichen, verborgenen lebensvollen inneren: so spiegelt sich das wort in seinem vielfältigen übertragenen gebrauche wieder.
a)
'harte kern, ossa' Stieler 121 u. a., wie kirschkern, pflaumenkern, pfirsichkern, dattelkern u. a., daher auch stein, lat. os (knochen) genannt, im gegensatz zum fleische der frucht: schlug die harten kernen entzwei. Felsenb. 1, 230; kernen von pflaumen. froschm. F 8ᵇ; pfirsingkeren (pl.). fastn. sp. 478, 8. in weinbeeren: acinus, weinkern Mone anz. 6, 216 (wînkorn 211), traubenkern, weinpercheren oder -kernlein u. a. Dief. 9ᶜ. 636ᵇ.
b)
weiche kerne mit leichter schale, wie äpfelkern, birnenkern, quittenkern, kürbiskern u. a.; vgl. kernobst, kernhaus.
c)
im gegensatz zur schale und ohne sie, medulla, wie nuszkern, mandelkern, auch bei kastanien, eicheln: den kärnen aus den nussen nemmen. Maaler 239ᵈ;
sagt (die stadtmaus), die nüsz weren feister art (ihr zu fett),
kein kern davon verdawet ward.
froschm. F 8ᵇ;
von grüner frucht am baume hoff ich süszigkeit.
'aus harter schale sei der süsze kern für mich'.
Göthe 11, 250.
so wird schon im 12. jh. unterschieden: dâ (an der nusz) sint driu dinch ane, diu rinde, diu schale, der cherne. Wackernagels leseb. 192, 27 (1859 195, 32). natürlich nennt man aber auch den kern mitsamt der leichten schale wieder kern, und umgekehrt unterscheidet man z. b. auch am pflaumenkern wol wieder schale und kern, das eszbare innere. pfeffernüsse hieszen früher selbst pfifferlingkern fastn. sp. 369, 1.
d)
sprichw.: er hat eine harte kern aufzubeiszen, rem arduam in se suscepit. Stieler 121, wie eine harte nusz; wer den kern haben will, musz die nusz aufbeiszen. Frisch 1, 511ᵃ.
e)
was ist schwarzer kern? ein kinderspiel 'des schwarzen kerns spielen' Moscherosch exerc. acad. 370.
2)
Besondere betrachtung erfordert kern im getraide.
a)
als der ganze fruchtkern, samenkern: chornes cherno, frumenti granum. Notker ps. 59, 9; kern an den kornfrüchten, granum, nucleus. Dasypodius 362ᶜ; granum, ein korn oder kern an der kornfrucht 89ᵇ;
(Ceres) nimmt von ihres kranzes spitze
einen kern mit kraft gefüllt,
senkt ihn in die zarte ritze,
und der trieb des keimes schwillt.
Schiller 55ᵇ.
doch ist da vielmehr das verwandte korn, körner das gebräuchliche, wie Dasyp. es voranstellt; Schillers kern ist am platze, weil der begriff der fortpflanzung da die hauptsache war.
b)
gebräuchlich dagegen ist kern hier in der bed. 1, c, von dem markigen inhalt des korns, der körner: danket Urban dem herren, er bringet dem getreid sein kern. Fischart groszm. 106 (Sch. 632, der verf. schrieb aber herrn oder keren);
des ahtent mange liute niht,
die man doch ir getreide siht
sô lange behalten, biʒ die wibel
oben ûʒ fliegent ze dem gibel (als motten).
den beliben die hülsen ân den kern.
Renner 5267.
der Marner klagt über den verfall der kaisergewalt:
si (die fürsten) malent ouch, dâ (wo) der keiser muol (mahlte),
des rîches sind die klîen, sô wirt ín der kern,
dâ von (darum) lânt die herren 'ʒ rîche küneges wol enbern.
MS. 2, 171ᵃ.
ähnlich vom eigennutz eines bundesgenossen:
den kheren thuͦt ér nemen hin,
laszt in die sprew für ihren gwin.
Soltau 366;
den kern rütteln, die sprauwen dem wind befehlen. Luther bei Frisch 1, 511ᵃ. man bemerke bei kern den sing. in allen stellen, es ist der sing. von stoffnamen, schon ahd.: samenôt er den chernen (triticum) in sînen spîchare, die helwâ (paleas) aber u. s. w. Notker ps. 49, 3. Daher im gegensatz zu das korn ohne art.: mit einem malter euen, die .. gedörret seie und geschälet, also, dasz dasz dritte korn darin kern seie. weisth. 2, 387 (was ist euen? auch das. 392. 572 u. ö.), rheinisch. so heiszt es in der geschäftssprache: der weizen hat einen weiszen, schönen kern, ist fein von kern, schon im 15. jh.:
wie gebt ir des reis ein metzen?
sagt mir, ist es Venedigreis?
'Venedigreis wil ich sein wern (gewähren, garantieren),
wann es ist lauter und weisz am kern'.
fastn. sp. 368, 19.
c)
daher in Süddeutschland für getreide überhaupt (bair. heiszt selbst das 'mutterkorn' vaterkern, auch kornvater), aber immer als collectivum, im sing.; die genaue und wol die urspr. bed. ist, nach b, 'ausgedroschenes und gereinigtes getreide, besonders enthülstes (z. b. haberkern)' Schmeller 2, 331; schon ein voc. v. 1478 bei Tobler 100ᵇ erklärt: 'triticum, kern, in communi usu loquendi significat grana frumenti quae per trituram de paleis sunt exclusa', und es ist noch älter (s. schon mhd. u. b):
wan Satanas mit sîner schar
hât iuch versuocht und sich gefröwt,
das er iuch als den kernen zeströwt (wol beim säen).
Mone schausp. d. m. 2, 259;
ich sag eu wunderleicheu dinc,
der mutte cherns galt ein phenninc.
reimchron. 13. jh. bei Schmeller;
und legen uf kernen (gen. sing.) so vil,
das es nit tragen mag die myl (mühle).
S. Brant thesmoph. 236, sprichw. von einem fresser;
den (wagen) lud der bauwer mit weizenkern.
B. Waldis 194ᵇ;
keiner der sterblich ist und kern der Demeter genieszet.
Voss Il. 12, 322.
Aber auch die noch zu dreschenden körner:
swer tûsent mute (scheffel) kernen
schutte ûf eine tenne.
Haupt 7, 337 (kernen gen. sing.).
und selbst getreide auf den halmen, wie nordd. korn:
nit wellest in eins andern ern (ärnte)
mit diner sichlen schniden kern.
S. Brant Facetus 294.
Im folg. wird kernen doch pl. sein, von verschiedenen arten: farrago, ein fuͦter aus mancherlei kernen oder fasmen zuͦsamen vermischt, als rocken, gersten, wicken etc. Frisius 544ᵇ. Maaler 290ᵈ (fasmen scheint pl. zu fesen, fese).
d)
besonders aber das getraide, das in Süddeutschland von jeher das eigentliche brotgetraide ist, dinkel, spelt, ganz wie nordd. das dortige brotgetraide, der roggen, kurz korn heiszt; in genauer geschäftssprache heiszt es kern in enthülstem zustande, sonst fesen: so man ein Stuttgarter scheffel fäsen gegerbt (enthülst hat, das) thut 31⁄2 simmern kärn. Fronsp. 126ᵇ; s. Frisch 1, 511ᵃ, Schmeller 2, 331, Tobler 100ᵇ. es wird aber auch mit waizen verwechselt: kern oder waiz, triticum. voc. 1482 q 3ᵇ und in andern vocc. (Dief. 598ᵃ);
und kuchenspeis, wie sich die heisch,
von arbeisz, reis, hirs, kern und linsen.
Folz von allem hausrat, fastn. sp. 1217;
als gschicht (wucher) mit weiszen, rocken, kern.
Brant narr. 93, 14;
ein schaff korn galt xiij groschen, der keren xx, der habern ix. Frank chron. 208ᵃ; kernin brot, ausz kernen gebachen farreus panis, ein kuͦchen ausz kernen gemacht farreum Maaler 242ᵈ; dinkel, dinkelkern, spelzkern, gegerbter dünkel, kern, far extritum. Henisch 709; der amelkern, tragus genannt, ist dem kern, welchen man alicam nennet, ähnlich. Tabernaem. 612. diesz amelkern, amerkern ist weiszer oder sommerdinkel Schm. 1, 53. 2, 331 (ahd. amero alica Schm. 1, 53, amar far, ador Graff 1, 253, emmer Diefenb. 523ᵃ, ämmer Stalder, schwäb. emer, sommerdinkel). Stalder erklärt kernen gegärbter spelt, dinkel, Tobler 100ᵇ cherna m. der speltfreie sommer- oder winterweizen, auf dem felde chorn genannt; vgl. dinkelkorn far Dasyp., bei Frisius 544ᵇ far, eigentlich kernen oder korn, und nit weizen. schwäb. bei Schmid 311 kern, kernen, waizen oder dinkel ohne spreu.
e)
für hohes alter dieser verwendung bürgt der umstand, dasz sie auch auf der englischen insel in resten noch besteht (vgl. sp. 593). altengl. kerne hiesz auch säen (Halliw.), nordengl. jetzt kernsupper ernteschmaus, schott. kirn das erntefest, eig. die letzte handvoll ähren die geschnitten wird, aus der man den kirnbaby, engl. kernbaby, die erntepuppe bildet (s. myth. 231, Haupt 7, 389 ff.). dem oberd. kern ganz gleich steht auch frz. grain getreide (eig. kern, granum), it. grano weizen (grano germano roggen).
f)
kern heiszt auch griesz, grütze, d. i. 'kern' (c) in kleinere körner zermahlen ( Adelung); rhein. z. b. kerne m. gerstengraupe Kehrein 221. das ist wol auch, als gericht, ain keren in ainer milch (15. jh.), ain gesotten emerkern in milch, ein haberkern in milch (16. jh.), s. Birlinger Augsb. wb. 274ᵇ. vgl. kochkern.
g)
endlich kern gleich kernmehl (s. d.), vgl. kernig 2.
3)
Kern von pflanzen.
a)
im baume, das mark des holzes, auch das innere festere holz im unterschied von dem weicheren splinte, bei Frisch 'kern des baums, cerebrum, um welches die pulpa oder die kreisze des wachstums herum gehen', der begriff ist auch hier das verborgene innerste, als sitz der kraft, des lebens gedacht, oder das feste, das im mittelpunkt dem ganzen den halt gibt; s. kernholz, kernbaum, kernfaul, kernschälig, kernscheit, kernästig. es ist schon mhd., aber gewiss älter, vgl. holzkern Haupt 9, 106, baumkern mhd. wb. 1, 800ᵇ:
dî (bäume) durchsniten sî gar
mit sâgen al durch den kern.
Jeroschin 27481;
daʒ sie (die speere, beim anrennen) vil gar ûf den kern
zebrâsten und zesprungen.
krone 11881;
(pfähle) vom kern der gespaltenen eiche (τὸ μέλαν δρυός).
Voss Od. 14, 12;
schuf er (Hermes) behend aus des geschlanken stamms
feingeädertem kerne
dich, vieltöniges saitenspiel.
ders. ged. (1825) 3, 84
und von den bäumen, welche jetzt noch blühn,
bewahret euch den schöszling und den kern.
Uhland ged. 456.
merkwürdig auch hier korn: meditullium (vgl.'medulla'), pedik (nd.), ein corne in den holte, hd. mittelkorn neben mittelkern, nd. middelkern Dief. 353ᶜ; vgl.'kern im baum meditulium' voc. inc. teut., und nachher 9, b.
b)
das mark im holunder u. ä. Frisch 1, 511ᵇ. in wurzeln:
bitter wurzeln, weiszlich gestalt,
denen der kern war ausgezogen,
darumb warn sie hohl und gebogen (biegbar?).
froschm. R 4ᵇ.
kern, die seel in ruben etc., nervi, filamenta, crines. Schönsleder, Kirsch; kern in rüben ist noch z. b. sächs. eine pflanze hiesz boumwollenkern, bombata, s. sumerl. 54, 81, Dief. 78ᵇ, auch boumwollenkrût Mones anz. 8, 403, mit einem wolligen kern?
c)
kern am flachs (dem kern in rüben ähnlich), rheinisch, der theil den der hechler in der hand behält, gegenüber dem werch, das in der hechel bleibt. Kehrein 221. ebenso sächs., thüring.
d)
das 'herz' der salat- und krauthäupter, des blumenkohls, krauskohls, der artischocken u. ä., die jüngsten keime, halb oder ganz verborgen; auch an kiefern u. ä., vgl. kernraupe.
e)
zu der bed. a mag folgende dunkle redensart gehören:
denn wer die wahrheit pfeift, der musz geduldig leiden,
dasz thoren ihm den kern aus grobem holze schneiden.
4)
Von horn und knochen.
a)
am pferdehuf der innere empfindliche theil, das mark des horns: wann ein huef zu nah beschnitten, dasz man den kern troffen hat. Seuter 312. der kern schwindet, vertrocknet, stirbt ab, schon mhd.: sô eim rosse der kerne swindet und hinket an dem fuoʒe. rossrecept (hs.); einem ross, dem der kern schwindt, würf die solen ausz und brauch die salb. Seuter 220 (vgl. kernschwinden); das inen (den türkischen rossen) gewohnlich der keren und bug gewichen, das (für des, s. sp. 498) gib ich den schrotigen wegen die schuld. 12.
b)
knochenkern nennt die osteologie den keim, aus dem knorpel und knochen wachsen, ein dunkles pünktchen anfangs, nucleus osseus: an einem hydrocephalo sah ich zwei völlig abgesonderte kleine knochenkerne. Göthe 55, 153; dieser schon den kernen eigenthümlichen anlage (der hörner des stiers) fügt sich dann die äuszere hornschale ... erst den noch kleinen hornkern verdeckend u. s. w. 55, 299.
c)
beim pferde heiszt kern auch die kennung oder bohne an den zähnen (s. bohne 8); ebenso eine von den furchen, woraus der gaumen des pferdes besteht, in der feifel pflegt man dem pferde den dritten kern zu stechen (kernstechen n.): der dritte kern oder staffel oft gestochen. Seuter 382 u. ö.; reisz dem gaul zu beiden seiten in mitten den hals oben bei der mönin auf bisz auf den kern .. und verheft es. 74, das scheint aber vielmehr das innere fleisch, zu 5.
5)
Von fleisch, vgl. kernfleisch, kernfleischig.
a)
derbes, knochenloses fleisch heiszt fleisch vom kern, vgl. brustkern am rind oder kalb (Henisch 539, 66). auch vom menschen:
wie sieht es um die waden aus,
wo ist der kern geblieben?
Picander 3, 476.
b)
anders schweiz.: cherna m., die drüsigen theile besonders geschlachteter thiere. Tobler 100 (volksm. die weibliche brust); das erinnert an 1, c und 3, b. c. Auch engl. kernel (kern) hat ähnliche bed. entwickelt, am rind das fettstück am bug (the bundel of fat before the shoulder), aber auch fleischgeschwulst, drüse, und die zitze einer färse; die zweite bed. schon ags. in 'cyrnel toles', und in der dial. form churnel halsdrüsengeschwulst (s. Halliwell). hierher wol auch kerl lendenstück und niere Hall. 492ᵃ, denn es stimmt zu kerel kern sp. 593, sodasz diese form mit l für n alt und echt scheint.
6)
Bei milch, honig.
a)
kern heiszt in der Oberpfalz, Nürnberg der milchrahm, besonders der süsze der die butter gibt. Schmeller 1, 331. Grübel 1, 50. 3, 208 (zum kaffee), also 'das beste und fetteste von der milch' Frisch 1, 511ᵇ, nach dem es aber hie und da auch buttermilch bedeutet (? s. kernmilch): kern oder süszen ram. Hohberg 3, 1, 170ᵇ; stosze mandeln klein, giesz kern oder süszen ram daran, lasz es aufsieden. 3, 3, 4ᵃ; kern- oder süsze ram-suppen. das. 5ᵃ u. ö. auch isl. kiarni ist nach Biörn zugleich cremor (doch wol lactis?); s. auch ags. ceren rahm unter kernen 3, c. Gute butter wird gelobt, sie sei 'wie kern':
(war) nicht die butter wie kern, nicht zart die rothen radieschen?
Voss Luise (1795) 1, 79;
die butter ist oder schmeckt wie kern, in Thüringen, Sachsen, aber auch butter wie nuszkern oder wie ein nüszchen, sodasz dárin vielmehr bildliche verwendung von 1, c vorliegt.
b)
kern des honigs, mellis medulla. Steinbach 1, 848.
7)
Auch sonst vielfach zur bezeichnung des gehaltvollen, festen.
a)
kern vom eisen, flos, 'nucleus ferri' (Plin.) Stieler 372: so das eisen nicht rohbrüchig oder spieszig ist und hat vil kerns. Mathesius Sar. 79ᵃ; der kern von eisen wird zum stahel gemacht. Henisch 862, 65; vgl. kernstahl. von gold:
und schönes blankes gold vom reinsten kerne.
Uhland ged. 539,
vgl. durchkernet lûter golt Frauenlob spr. 313, 10, also schon mhd., es ist wol ein altes bergmannswort. Im bergbau heiszt kern 'das beste geschiedene und ausgeschlagene erz oder erzschlamm' (bergwerkslex. Chemnitz 1743); 'erz auf den kern rein machen', durch waschen das taube gebirg absondern. im Salzkammergut heiszt das 'salzerz' kern ('das meist nur in kleinen partien vorkommende reine steinsalz' Scheuchenstuel), daher kernbirg (gebirg), kernwerk salzbergwerk, s. Schmeller 2, 331.
b)
schieszpulver heiszt gut von kern, wenn es aus guten festen körnern besteht; doch ist darin wol eine berührung oder vermischung mit korn, wie öfter, besonders in kernig und körnig. ähnlich vitriolkern als collect. (auch vitriolklein), kleine abgänge, körner beim vitriolbereiten; auch in den gruben beim erz gibt es kern in diesem sinne. Frisch 1, 511ᶜ.
c)
man sagt auch das tuch hat kern, fühlt sich derb an, ist haltbar, ebenso von leder, papier u. a.; daher kerntuch, kernwolle (15. jh.), auch kernleder, kernleinwand, kernpapier.
8)
Überhaupt findet es im gewerblichen leben vielfältige verwendung, dabei oft so eigenthümliche, dasz ohne lange beschreibung oder bild hier nichts zu erzielen ist; die verwendung ist im grunde immer eine poetische, weil bildliche.
a)
in gieszereien z. b. heiszt kern die innere form, d. h. die masse die in das innere des gusses gethan wird, um die höhlung herzustellen: nun haben wir den kern herauszuschaffen (aus Blüchers standbild), welches eine schwierige arbeit ist, da uns nur drei öffnungen zu gebote stehen. Schadow bei Göthe 39, 301. so beim glockengusz, die äuszere form heiszt schale (auch mantel), und damit ist der grund beider benennungen klar, als bild vom fruchtkern. Schiller aber nennt dichterisch, doch in gleicher auffassung, die metallmasse der glocke selbst kern, die schale hülse:
sehet, wie ein goldner stern,
aus der hülse, blank und eben,
schält sich der metallne kern.
ähnlich bei stuckarbeit die unterlage des gipsüberzugs.
b)
daraus begreift sich kern als 'seele' der geschütze (schon im 16. jh.), die höhlung von der mündung bis zum boden; der name stammt aus der zeit, wo man die geschützröhre noch nicht bohrte, sondern gleich hohl über den kern gosz. vgl. kernschusz, kerngeschütz, kernrecht, kernstange.
c)
beim seifensieder die seifenmasse in bester, blasenfreier darstellung; die seife zum kern (oder klar) sieden. s. kernseife.
d)
sonst heiszt kern vielfach ein werkstück, das irgendwie als halt für andere, als mittelstück u. ä. auftritt, z. b. bei uhrmachern, schriftgieszern, schlossern, glasern, instrumentenmachern; man sehe die technol. wbb. (oder lasse sich lieber die sache zeigen).
9)
Bildlich heiszt kern überhaupt vielfach das innere, namentlich von rundlichen dingen.
a)
von der eichel am männlichen gliede: (der mohel, beim beschneiden) nimpt allererst darnach das ubrig heutlin .. streifts hindersich uber den kolben oder kern. S. Frank weltb. 1567 155ᵇ; des kinds kernlin .. das das kernlin herfür kome. daselbst.
b)
kern an der schieszscheibe, wie es scheint: da höret kunst, ja gnade gottes zu, das mans treffe. doch in solchem fall, weil der mittel kern nicht wol zu treffen ist, so ist dás zum nehesten dem zweck geschossen, das die gnade den vorgang habe. Luther 6, 138ᵃ; treffen den kern, das ist wie es Moses gemeint hat. 4, 2ᵃ. nach dem zweck (d. i. nagel, im mittelpunkte) hatte er deutlich die scheibe im sinn, und auch das 'es treffen' stimmt dazu (s. u. klappen 4). wenn man etwa die scheibe aus einem baumstamm gewann durch querschnitt, so wäre mit der mittel kern zugleich das mittelkern u. 3, a gemeint.
c)
kern des erdkörpers, des sonnenkörpers:
drum hausen wir (gnomen) so gern
tief in des erdballs kern.
Matthisson (1797) 120.
an den sonnenflecken heiszt kern der innerste dunkelste theil, an kometen der innerste leuchtendste theil der lichtmasse, nucleus. die ichtflamme hat einen kern, auch der schatten (vgl. kernschatten).
d)
überall wo eine masse, besonders eine lebensvolle, sich um einen mittelpunkt sammelt, benennt man diesen am liebsten kern (s. kernpunkt). gröszeren städten z. b. schreibt man einen kern zu: der alte kern von Paris, die Cité, um den die ganze stadt wachsend sich angesetzt hat; die City ist noch immer der kern von London, räumlich und geistig der mittelpunkt, die das leben bestimmende, anziehende und ausstrahlende mitte;
ich suchte mir so eine hauptstadt aus,
im kerne bürger-nahrungs-graus u. s. w.
Göthe 41, 255.
10)
Übertragen auf das menschenwesen. der kern des menschen, illud quod est potius in homine. Stieler 120, das bild ist schon längst unentbehrlich, nicht blosz den dichtern, zur bezeichnung des geheimen mittelpunkts als lebensquelles.
a)
leiblich: gesund bis zum kerne, meist nur kerngesund, entlehnt wol vom baume (vgl. kernfrisch, kernfaul):
so wie ein mann, der durchaus bis zum innersten kerne gesund
ist,
nie der gesundheit denkt.
Voss die büszenden jungfrauen 5;
seine gesundheit hat einen schlimmen stosz erlitten, aber der kern seiner natur ist unbeschädigt.
b)
geistig, sittlich, oder die ganze persönlichkeit betreffend. schon Steinmar klagt von liebesleid:
eʒ gât mir dur (durch) ganzen kern.
MS. 2, 106ᵇ;
wenn ich die welt auch denken lerne,
so bleibt sie fremd doch meinem kerne.
Lenau Faust 189;
hab ich des menschen kern erst untersucht,
so weisz ich auch sein wollen und sein handeln.
Schiller 370ᵃ (Wallenst. tod 2, 3);
er erschien äuszerlich verdorben durch bösen umgang, aber der kern seines wesens blieb davon unberührt; er ist im kern verdorben; die schale ist rauh, aber im kerne ist er gut (wie ein baum, eine frucht). daher kerngut, kernbrav, kerntreu, kernböswicht, kerndeutsch u. a.
c)
kern des herzens, vgl. mhd. Wolfram Parz. 613, 19:
das gröszte, was mir itzt den kern des herzens naget,
ist dieses, dasz ich dich in diese noth geführt.
Hoffmannswaldau heldenbr. (1699) 129;
wenn stürme durch zweige und blätter sausten, ast und wipfel sich knirrend bewegten, blieb innerst doch der kern des herzens ungeregt. Göthe 8, 274 (Egmont).
d)
überhaupt von allem menschlichen:
daʒ derret mîner vröuden kern.
krone 13918,
trocknet sie aus bis auf den kern, mittelpunkt;
herb ist des lebens
innerster kern.
Schiller 51ᵇ (punschlied).
von krankheiten: er (der kranke) müsse sich jetzt ganz mit decken einwickeln lassen, um in einer recht gewaltsamen dünstung den kern des übels auszutreiben. Arnim 1, 96; dieser mann warf sich wie eine harte schale um den kern meines hinschwindenden thuns und rettete mich. Pestalozzi 9, 258.
e)
von menschlichen gemeinwesen als organischen ganzen: diese nation scheint im kern verdorben; in den kern des geistlichen wesens aber drang verderbenbringend der zur selben zeit aufgezwungene cölibat ein. Dahlmann dän. gesch. 1, 239; das heer ward recht eigentlich der kern des preuszischen staatswesens. Droysen leben Yorks 1, 6; in Langensalza, hiesz es (nach der Jenaer schlacht), sammle sich die armee, es lag alles daran, ihr einige feste regimenter als kern zuzuführen. 1, 128; wenn nur erst wieder ein fester kern gewonnen ist, so wird sich die zersprengte partei bald wieder organisieren.
f)
vom all, geistig und sittlich gedacht: auch so reicht das zornfeuer gottes in der natur nicht bisz auf den innersten kern des herzens, welcher ist der sohn gottes. J. Böhme morgenröte (1682) 199;
keulen, zerschmettert mich,
blitze, durchwettert mich,
dasz ja das nichtige
alles verflüchtige,
glänze der dauerstern
ewiger liebe kern.
Göthe 41, 334 (Faust gegen d. ende),
die ewige liebe als kern alles wesens.
g)
aber auch im kleinsten dient das bild: (dasz er weniger erben sollte) was seinen fiscalischen kern anfrasz. J. Paul flegelj. 1, 81. ähnlich von einer brandschatzung, schetzen bis auf den kern. M. Behaim Wiener 263, 15, vgl. dazu 12, c.
11)
Dasselbe nach der andern seite des begriffs (2, b), stofflich gemeint, als das lebenhaltige derbe innere, wie mark oder saft und kraft, kernhafter gehalt, während das vorige mehr formell gedacht ist, als mittelpunkt (hie und da verflieszt natürlich beides).
a)
kern des lebens, der seele u. ä.:
ach schönes kind, die enge zelle (des klosters)
ist deiner hoffnung weites grab,
hier wächst und ist die qual der hölle,
hier nimmt der kern des lebens ab.
er dachte wol an den kern, das mark des baumes, wie in folgendem 'kern und mark' des lebens:
erschrick nicht vor der schnellen hand
und lasz sie in dem busen spielen,
ich führe dich in einen stand,
des lebens kern und mark zu fühlen.
291 (an Selinden);
männer die kern und reife in der seele haben. Klopstock 12, 114, wol nach dem bilde reifen getraides von gutem kerne; ein wackrer mann, viel kern mit wenig schale. Heinse Ardinghello 2, 99, deutlich im bilde des getraides; der mensch hat kern in sich; da fühlt man, es ist ein kern in dem (russischen) volke, ein festes unzertreibliches dasein. Arndt erinn. 165. öfter steht es da völlig für kernhaftigkeit.
b)
die stoffliche auffassung wird ganz deutlich in folg. wendung:
ich bin ja vom eisernen kerne der vorwelt!
stets war unser geschlecht steinalt und verächter des wetters,
aber die jüngere welt ist zart und scheuet die zugluft.
Voss id. 13, 184 (70. geburtst.);
so zart und schlank, wie sie dasteht,
ist sie mit leib und seele vom edelsten kerne der vorwelt.
das. 222.
c)
von sprache, rede, stil u. ä.: so könnten wir sowol unsern innern kern des alten ehrlichen teutschen wieder herfür suchen, als solchen mit dem neuen äuszerlichen, von den Franzosen und andern gleichsam erbeuteten schmuck ausstaffieren. Leibnitz ged. betr. die verbess. der t. sprache § 28 (Wackernagel leseb. 3, 1004); man sieht auch was .. unsre sprache werden könnte, wenn man anfienge Luthers alte simplicität und seinen kern wieder hineinzulegen. Hermes Soph. reise 4, 347;
das wortspiel will ich auch wol deiner sprach erlauben,
wenn es nur schmuck ihr leiht, ohn ihr den kern zu rauben.
Rückert weish. d. br. 19, 34;
die religiösen ausdrücke waren uns trivial geworden, der kern, den sie enthalten sollten, war uns entfallen. Göthe 23, 178; es ist kern in seinem stil.
d)
ähnlich von der farbe in gemälden: seine (eines malers) farbe hat kern. und noch anders bildlich.
e)
davon kernmensch, kernmann, kernjunge, kernmädchen, kernvolk, kernsprache, kernwort, kernlied, kernspruch, kernbuch, kernfarbe u. a.; diesz kern-, schon im 17. jh. viel gebraucht, wird in neuerer zeit ziemlich frei so verwendet zu neubildungen, wie kraft- (z. b. kraftmensch). so spricht Heinse Ardingh. 2, 228 von kernathletengeist. vgl. 7, c.
12)
Bildlich für wesentlichen gehalt, hauptsache u. ä., im gegensatz zur schale (hülse), die nur dem kerne dient, so dasz kern und schale das verhältnis des wesens zur erscheinung, der hauptsache zu den nebendingen, zuthaten, des wesentlichen gehalts zur unwesentlichen umhüllung anschaulich aussprechen. Das treffende bild ist schon mhd. im gebrauch ganz ausgebildet (vgl. auch die stellen unter 2, b):
Bâbenbergære ir sprâche brengent
von den hülsen ûf den kern.
Renner 22258,
wol von verschlucken, verkürzen der bildungssilben; die kriechschen meister .. sprechent, daʒ diu natûre unde der kerne der sælikeit lige an den werken der vernunft ... (andere) daʒ der kerne der sælikeit mêr lige an dem werke des willen denne an dem werke der vernunft. Haupt 8, 212;
sô wolde ich wiʒʒen gerne
die sache an deme kerne.
pass. K. 84, 20, gründlich;
iedoch habet ir den kerne
dirre rede wol gehôrt.
Krolewicz vaterunser 4318;
etwas durchsprechen unz uffen kerne pass. K. 425, 94, aufs gründlichste (vgl. u. 12, c). jener sinnlicheren zeit war das bild darin lebhaft gegenwärtig, das zeigt z. b. Hugos von Trimberg wendung bei einer klage über seine schüler:
under drîʒegen ich niht vinde
drî, die gerne lernen (conj.)
und nâch der künste kernen (sing.)
grübeln wollen in der jugent.
Renner 17381,
um gründliche wissenschaft sich bemühen, 'grübeln', wie mit den fingern nach dem kern einer nusz. Nhd. nun
a)
mit ausgesprochnem gegensatze: da ist es denn alles aus und bleibt weder liebe, glaube noch Christus, sondern lauter hulsen und taube nüsse, die wol den namen der christen behalten, aber den kern verlieren. Luther 6, 49ᵃ;
dir bleibet doch kern, sie sättigt sich mit schalen.
Hoffmannswaldau heldenbr. (1699) 65,
der graf Ludwig von Gleichen an seine erste gemahlin;
die spreuen sein allhier (d. i. der leib), der kern, die reine seele
schmeckt die verwesung nicht, entweichet gruft und höhle.
ders. begräbnisged. 25;
worinn dein gottesdienst besteht, ist dasz zuweilen
ein seufzer ohngefähr aus lauher andacht fliegt;
dann du pflegst dergestalt dein leben einzutheilen,
dasz dessen kern die welt und gott die hülsen kriegt.
Canitz (1734) 167;
küst man euch (mädchen), so heiszt es thalen,
ich versteh wol, das sind schalen,
darum wollt ihr nur den kern.
diesz weisz der pöbel nicht, er wird es nimmer lernen,
die schale hält ihn auf, er kömmt nicht zu den kernen.
Haller (1777) 94,
dieser anschauliche plural jetzt ungebräuchlich; man glaubt mit gewissen geerbten worten schäzze zu besitzen und hat hülsen statt des kerns. Herder fragm. 1, 177; diese prediger stumpften sich die zähne an den schalen (der dogmen) ab, indessen ich den kern genosz. Göthe 19, 325;
'ins innre der natur ...
dringt kein erschaffner geist ...
glückselig wem sie nur
die äuszre schale weist'. ...
natur hat weder kern noch schale,
alles ist sie mit einemmale;
dich prüfe du nur allermeist,
ob du kern oder schale seist.
Göthe 3, 112,
die angefochtenen worte sind von Haller, aus der 'falschheit menschlicher tugenden' (ged. 1777 s. 106).
b)
kern allein, 'praecipuum in re et causa .. pondus et primarium' Stieler: denn das ist der kern in dem wasser (der taufe), gottes wort oder gebot. Luther 4, 422ᵃ (wo die 'schale' das wasser selbst sein müszte); wo sich nun ein fall zuͦtruͤg, das ein gesetz wider gemeinen nutz und lieb wer, so soll man dem gesatzgeber in das herz sehen (welches ist der geist, kern und seel aller gesatz), wie er es doch gemeint hab. Frank parad. (1558) 240ᵇ; hierinnen steckt der kern des ganzen verstandes der gottheit. J. Böhme morgenröte (1682) 242; der kern der predigt, scopus, darin besteht der kern des werkes, cardo negotii, litis summa. Stieler. der kern einer angelegenheit, frage, sache: er wuszte mancherlei zu reden, aber alles traf nicht den kern der frage; es kommt nur darauf an, den kern der sachlage scharf zu erfassen; kern und stern der ganzen sache (des Gasteiner vertrags) liegt anderswo. Schleswig-holstein. zeitung 24. aug. 1865, s. diese wirksame reimformel auch bei Picander u. e. Das urspr. bild darin macht sich in der anwendung doch leicht wieder geltend, z. b.: den kern woraus bringen, penetrare ad ipsam rei medullam, funditus eruere. Stieler (vgl. Melander unter e);
er weisz auch was er weîsz und hat sich stets beflissen,
den nachdruck und den kern der biebel aufzuschlieszen.
bis zum kern einer sache vordringen u. ä.
c)
daher '(bis) auf den kern' in der alltagsrede vielfach, um gründlichkeit zu bezeichnen, z. b. bis auf den kern aussaugen, durchsuchen; einer sache auf den kern gehen, wie 'auf den grund'. ein thüring. lehrer pflegte zu sagen, es müsse etwas erst bis auf den kern fest sitzen, ehe er weiter gehe. vgl. schon mhd. unz uffen kern durchsprechen oben unter 12, und bis auf den kern schetzen unter 10, g.
d)
stofflich gewendet (vgl. 11) kommt das überein mit quintessenz, auszug (1, 1042), begriff, inbegriff (kern extractum, argumentum Stieler 120):
und frasz fast vor begier was Wolf und Leibnitz setzen,
bei welchen ich den kern der frommen weisheit fand.
diese nehmliche geschichte, wovon ich itzt den kern und die quintessenz in etlichen blättern geliefert habe. Wieland 8, 67;
das ist der kern des stücks,
ist die moral.
Göthe 11, 38.
Besonders beliebt war kern der wissenschaften, künste (d. i. wissenschaften) u. ä.:
wir bildeten uns ein (als knaben), dasz weisheit und verstand
uns nicht gewehret wird als nur durch frembde hand,
dasz nur der künste kern in frembden schalen stecket,
dasz andre luft uns mehr als unsre witzig machet,
dasz dieser himmel nicht des geistes kraft erwecket.
Hoffmannswaldau (1699) begräbnisged. 30;
er schaut in jener welt den kern gelehrter sachen,
von deren schalen wir hier grosze schriften machen.
69;
sah ungerührt der wissenschaften kern
in folianten eingetragen.
Gotter 1, 406.
daher erklärt sich ein auffallender ausdruck bei Gottsched:
die übersetzungen aus fremder völker büchern
erfordern, wie ihr wiszt, auch fremder sprachen kern.
vernünftl. tadl. (1725) 1, 215,
d. i. gründliches verständnis, man sagte nämlich damals 'die sprachen besitzen' (nach frz. posséder les langues) u. dgl. für gründlich kennen, daher den kern der sprachen haben, sie ganz gründlich kennen.
e)
daher von compendien: sagte, er hette ausz obgedachten authoribus den kern gestochen und ein stattliche postilln zusammen gezogen. Melander jocoseria (1625) 2, 194 nr. 132 (das stechen zur auffrischung des bildes);
so ist bemeldtes buch ein werk in folio.
daraus nun hab ich hier und zwar vor junge leute
den kern und stern geklaubt, das lautet kürzlich so.
Picander 1, 248 (vgl. b a. e).
als buchtitel, bis heute: kern aller gebete, summa omnis generis precum. Frisch; kern der deutschen sprachkunst u. dgl.; Idioticon Austriacum, d. i. mundart der Oesterreicher oder kern ächt österreichischer phrasen und redensarten. Wien 1824; kern des geistes und der wahrheit oder tägliche (relig.) übungen des geistes für alle tage des monats. o. o. 1802. natürlich meint dieses 'kern' nicht blosz die kürze, mehr noch den vorzüglichen, kernhaften gehalt.
13)
Ebenso aber auch concret, von dingen und menschen, kern das beste, wichtigste, wertvollste aus einer menge.
a)
von dingen, z. b. von waaren, kernwaare, die auswahl, der ausbund, auszug (s. 1, 1042). bei einem schlechten holzschlage wird aus den gehauenen stämmen der kern ausgesucht, das beste. diesem gebrauch im geschäftsleben mag der folgende bildliche gebrauch entlehnt sein:
der kern von nasen ist bei einander (auswahl der besten).
H. Sachs 3, 3, 16ᵇ (1588 12ᶜ);
denn nemlich ist Johannis evangelion und sanct Paulus episteln .. der rechte kern und mark unter allen büchern. Luther vorr. auf das neue test. (Bindseil 7, 429), diesz 'kern und mark' klingt noch landwirtschaftlich; Burgund und Lothringen, welche de beste kerne des frankrikeschen boddems damahls gewesen. Neocorus dithmars. chron. 1, 22; sie kannte den kern von guten büchern. B. Neumark bei Gottsched redekunst (1759) 547;
man sucht in dir (der ehre) den kern der güter.
Haller über die ehre str. 6 (urspr. lesart).
Aber auch in schlimmem sinne:
man lasz' ein wörterbuch nur den verdamten schreiben,
dies' angst wird wol der kern von allen martern bleiben.
Stieler, vorr. zu seinem wörterb. gegen ende (nach dem latein des J. Scaliger).
b)
von menschen und gemeinwesen: der rächt kern einer statt, succus civitatis, die mannschaft und das regiment. Maaler 242ᶜ; der kern der stadt, optimates, honestiores Stieler, der bürgerschaft Frisch; der kern von den bürgern, der kern unter den jungen leuten, flos et robur. Steinbach;
darumb, ihr götter dieser welt (fürsten),
all ewren wandel so bestelt,
das man von euch, als von dem kern,
was gutes und kein böses lern.
Ringwald laut. warh. (1621) 188;
bezeichnet er, die ihm recht artig scheinen,
der nymphen kern, die lust und witz vereinen.
Hagedorn 2, 114;
aus dorf und büschen dringet
der jugend kern hervor.
3, 70;
die stadt Kopenhagen, worinnen der kern von Dänemark versammelt ist. J. E. Schlegel 3, 251; den kern der einwohner bildete eine genossenschaft. Dahlmann dän. gesch. 1, 237; der kern des bundes war abgefallen. Schiller 842ᵃ. Besonders auch von kriegern:
darzuͦ tet er auch wecken (aufbringen)
den keren von Paris,
und zoch dem Heine (den Schweizern) entgegen
wol über den Montanis.
Uhlands volksl. 477 (i. j. 1515);
der best kern des römischen kriegsvolk ist allda umbkommen, seind drei und fünfzig tausent ausgeklaubte krieger, ein lauter kern, erschlagen worden. Aventin 252ᵃ (zu lauter kern s. 14, b); verhofften sie (die Franzosen in der schlacht bei Ceresola 1544), wann der teutsch haufen und der best kern erlegt, sie wolten hernach mit den Welschen auch bald feierabend machen. Fronsperger kriegsb. (1596) 3, 108ᵇ; der kern der armee. Frisch;
der kern der tapfersten birgt sich in dem gebäude.
Schiller 28ᵇ;
mit der armada gieng .. der kern der spanischen heldenzucht unter. 776ᵇ; bei Leipzig fiel der kern der kaiserlichen macht. 952ᵃ. vgl.kerntruppen. auch kern und ausbund Fuchs mückenkrieg 1, 459. Luther 8, 258ᵇ. Die auffassung des bildes hat sich aber geändert, wir denken dabei mehr abstract den begrifflichen wert dieser auswahl, z. b. für den feldherrn, mit beimischung der bed. 10, e, mittelpunkt eines organischen ganzen; früher aber meinte man damit concret die auswahl der besten, persönlich gedacht (wie noch Schiller 28ᵇ).
c)
daher früher auch von einem einzelnen, schon mhd. und noch bei Lessing:
und wær er aller kempfen ein rehter kerne.
Kolm. meisterl. 78, 22;
weil ich fast (d. i. gar sehr) der kern unter den Schweinichen wäre. Schweinichen 2, 20, gleichsam die quintessenz des geschlechts; Hercules, der kern der helden. Opitz 2, 171; der kern der freunde, amicorum primicerius. Stieler 120, vgl. kernfreund;
ja dasz auch Schindels kunst, der kern von allen kennern
der rechten poesie, mir redlich wol gewolt.
(Äsop) der kern der bucklichten.
Hagedorn 1, 84;
den kern des eselstamms, dort jenes feiste thier.
2, 136;
'ich flieh, um öfter noch zu streiten!'
rief Fix, der kern von tapfern leuten.
Lessing 1, 7.
14)
Früher brauchte man diesz kern noch anders.
a)
mit gen. sing. oder von: er ist der kern eines redlichen mannes. Stieler 120; dasz er mich vor den kern eines guten cammerdieners halten muste. Simpl. 2, 122 (3, 15 Kurz); alwo der wirth, so mich beherbergt, ein kern von einem dieb war. Jucundiss. 140;
die eidgnoszen musz man loben,
wer si gesechen hett.
uf si thet man fast (eifrig) lugen,
es was von volk (kriegsvolk) ein kern.
Wolffs hist. volksl. 513.
das könnte wol zufolge langen gebrauchs ungenau gesagt sein für der kern der diebe u. s. w., und doch ists wol nicht anders gemeint als ein schurke von einem menschen u. ä., kern mit einem eignen, sich selbst genügenden begriffe.
b)
schon früh galt kern so ganz ohne solchen zusatz:
Lucern, du bist ein rechter kern,
din harnisch wit erglestet.
Wolff hist. volksl. 496;
so merke nu, das der Isaac must ein auserwelter kern sein. Luther 4, 143ᵇ;
ist sie (die braut) versucht, das hor (hören) wir gern.
so ist der preutigam ein eitel kern,
fleiszig albeg in sein sachen.
fastn. sp. 516, 14.
diesz 'eitel, d. i. reiner, bloszer, blanker kern', wie lauter kern bei Aventin u. 13, b, meint offenbar eigentlich den kerngehalt des getraides (s. 2, b, vgl. Luther u. korn 1, b), man pries gewiss damit auf dem kornmarkte gute frucht an und es ward von daher sprichwörtlich. so erklärt sich, als gegensatz, grober kern von einem manne:
an dem hove was ein grober chern,
ein vilz und raucher schrove.
Behaim bei Schmeller 3, 508.
c)
so noch im 18. jh. 'der klare kern' (wie klares gold, massives, reines): 'dis ist der rechte (klare) kern (ironice), c'est là la quintessence, la bonne marchandise'. Rädlein 532ᵇ, nach seiner auffassung zugleich zu 13, a gehörig (wie der beste vom dutzend, auch ironisch), gewiss aus dem munde von kaufleuten:
schweig nur, ich kenne dich, du bist der klare kern.
Rost schäferg. 129 (1744 163);
'das dächt ich nimmermehr, sie thun ja so bescheiden
und werden roth und weisz, wenn sie ein küssgen leiden'.
das ist die rechte höh, das ist der klare kern (von mädchen),
ich will ein schelme sein, sie habens herzlich gern.
Picander 2, 295;
so aber stund mir, deutsch zu sagen, sein ganzes wesen gar nicht an.
warum? er war der klare kern von jenen alten junggesellen,
die in der ersten classe schon die mägdgen um viel weiszzeug schnellen u. s. w.
aber noch heute auch ernst, z. b. von einem meister in seinem fache hört man: er ist der reine kern (sächs.). vgl. auszug 4 in gleichem gebrauch und gleich 'kernmehl'. doch greift es auch in andere vergleiche über:
sie war ein mädchen wie ein kern,
kurz, rund und wie gedrechselt.
taschenb. f. dichter 6, 79
(vgl. butter wie kern 6, a).
d)
die gemeinte vortrefflichkeit wird näher bezeichnet durch zusätze:
van allen dingen hei jo wat kan,
hei is ein kerne in kleresye (geistlichem wesen),
hei is ein tacke in ruterye (ritterschaft).
Theophilus (nd. schausp.) 162.
besonders mit dem beliebten gen. der beziehung:
er was der manheit wol ein kern.
Sigenot 119, 11;
die eidgnoszen sind voll eeren
und wol der manheit ein kern.
Wolffs hist. volksl. 491;
er ist hinausz geritten
als Dieterich von Bern,
manhaft on alles zittren,
er ist seins leibs ain kern.
Uhland volksl. 487.
und das ist schon aus dem mhd. überliefert:
(drei könige) die solden sîn der manheit gar ein kerne.
Lohengrin 4966.
ebenso der êre ein kerne (Dietrich von Bern), Jesus aller tugende kerne Georg 2808, Maria grôʒer süeʒe ein kerne Marienleg. 13, 80. auch mit inf.: ein kerne ze tuone werde rittirscaf Athis C, 114 (vgl. W. Grimms anm.). Da blickt aber zum theil noch eine andere, sinnige auffassung hervor, deutlich z. b., wenn der glaube ein kerne aller guoten dinge heiszt, aus dem alle guote tât springe Krolewiz vaterunser 3746, 'frau Stäte' alles guͦten ain keren Hätzl. 224ᵃ, also samenkern, aus dem das gute, die tugenden wachsen, die er im keim enthält; deutlich braucht diesz bild auch Wolfram Parz. 613, 19.
e)
festigkeit vielmehr scheint in folg. gemeint:
Solotorn, du bist ein vester kern,
das hand die Schwaben und schmucker nit gern.
Uhland volksl. 442;
ein edel land (Uri) recht als der kern,
das lyt verschlossen zwüschen berg
vil vester dann mit mure.
Körners hist. volksl. 1.
f)
preisend, liebkosend meines herzens kern u. ä.:
du (wein) bist auch meines gemüts ein kern.
weinsegen altd. bl. 1, 413,
gewiss auch von frauen im liebeslied. so nl. grein, graen, d. i. kern (frz. grain):
si is mijns herten grein.
hor. belg. 11, 237.
ebenso von Jesus mijnre herten grein 10, 159. 2, 21, von der liebsten auch kurz het liefste grein 11, 17, mijn weerste (wertestes) grein 215, utvercoren grein 202 (wie Luther u. b); ons keiser dat edel grein 307; ganz ebenso saet, saat, same 179 (vgl. 178). 203. 214, sodasz mit grein, kern der getreidekern gemeint scheint. in Kärnten aber ist haselnuszkern, haselkern ein liebkosungswort (Lexer 157).
g)
das blosze kern (s. b) kommt auch völlig gleich held vor:
er ist ein kerne, dirre man,
vor im kan lebendic nieman stân.
Orendel 7293;
da sprach ein kühner kerne,
der herzoge Gerwart.
heldenbuch 198ᵃ, auch 3ᵇ (Frisch 1, 511ᵇ).
daher denn, wol eben aus dem heldenbuche, Fischarts kern Garg. 25ᵇ, s. sp. 575 mitte.
h)
bair. auch in schlimmem sinne, ein armer kern, ein fauler kern u. a., ziemlich gleich kerl, aber auch von weibern. Schm. 2, 331.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1865), Bd. V (1873), Sp. 593, Z. 14.

kern, m.

kern, m.
bei den jägern fleisch von gefallnem vieh, das gedörrt und in riemen geschnitten den hunden zum futter gegeben wird; auch das fleisch der wölfe, füchse und anderer thiere die vom menschen nicht gegessen werden; s. kernzupfen. dazu gehört wol kerngejaid n. bei Schmeller 2, 331 aus d. j. 1483, zwischen hirschgejaid, schweingejaid u. a. genannt, jagd auf wölfe, füchse? Das kann nicht zu kern 5 gehören, aber nahen anklang bietet ein ahd. mittilacarni, mittigarne caro ferina, arvina Schm. 2, 66. Graff 4, 264 fg., und kernier, karnier jägertasche für fleisch zur falkenfütterung, vgl. auch kerner.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1865), Bd. V (1873), Sp. 603, Z. 53.

kerne, f.

kerne, f.
butterfasz, s. kernen 3, b.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1865), Bd. V (1873), Sp. 604, Z. 41.

kerne, f.

kerne, f.
im salzwerk zu Halle, eine viereckige stange, womit man den soolenvorrat im fasz ausmiszt, das heiszt die kerne stechen. Rüdiger neuester zuwachs der sprachkunde 2, 90.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1865), Bd. V (1873), Sp. 604, Z. 42.

kernen

kernen,
s. kern.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1865), Bd. V (1873), Sp. 604, Z. 48.

kernen, verbum

kernen, verbum
zu kern.
1)
enucleare, den kern, die kerne ausmachen. ahd. noch mit reinem ungebrochnem vocal kirnu nucleo, erkirnu enucleo, vom getreide 'chirnit, thrisgit (drischt), triturat' Graff 4, 494. auch mhd. erkirnen, ûʒkirnen (s. 1, 892), doch auch schon kërnen (s. 2, b). noch im 15. jh.: kernen, kirnen nucleare, apodiare. voc. 1482 q 3ᵃ. 4ᵇ, und in andern vocc. kirnen Dief. 384ᵇ. 203ᵃ, nd. carnen 384ᵇ.
a)
eigentlich (gewöhnlich auskernen): bleibt doch heunt bei uns, wir kernen nüsse. Fr. Müller 1, 279 (idylle 'das nuszkernen') ; bairisch, s. Schm. 2, 331.
b)
bildlich nach Adelung (wie enucleare) 'das beste von dem schlechtern absondern'; vgl. das bergm. auskernen, zu kern 7, a, auch erkernen.
c)
genau untersuchen, ergründen: da wir aber die (übersetzung) lasen und wider gelesen haben und zu dem dritten mal wol gekirnet, erst erkanten wir, das vil guts und nutzbare ler .. darin begriffen war. Terenz deutsch Straszb. 1499 bei Grüninger, vorrede; vgl. erkirnen so (mhd.), und ûʒkirnen oben 1, 892. wol nach lat. enucleare, obwol auch die redensarten auf den kern gehn u. ä. sp. 600 dazu anlasz geben konnten.
2)
kerne machen u. ä.
a)
zu kernen machen: kernen oder kirnen, fundere metalla, ut grana inde fiant, daher kirnkupfer. Frisch 1, 511ᶜ; blei kernen, zu körnern gieszen, besonders refl. sich kernen, z. b. das ausgelassene schmalz kernet sich wenn es erkaltet, das baumöl wenn es gefriert. Adelung; darin klingt aber körnen an, s. d. und vgl. kern 7, b. ebenso engl. kern. vgl. kerneln.
b)
kerne ansetzen, bilden. so in einem thür. sprichwort vom getreide: 14 tage blühts, 14 tage kernts, 14 tage milchts, 14 tage reifts (Arnstadt). so schon mhd. kërnen, gekërnen Parz. 254, 18 (bildlich). auch altengl. kerne, noch dial. kern, s. sp. 593.
3)
buttern.
a)
so in der Oberpfalz: kernen, zu butter rühren. Schmeller 2, 331; auch bei Henisch 573, 23 butter kernen, ebenso in Apherdiani tiroc. 1581 s. 79; die letztere angabe weist an den Niederrhein. auch am Mittelrhein kernen (körnen) und kirnen Kehrein 221, Schmidt westerw. id. 79, kirnen auch bei den Deutschen des ungrischen berglandes, in der Zips (Schröer 69ᵇ), die wie die Siebenbürger Sachsen aus dem Rheinlande zu stammen scheinen (Schröer darstellung der d. mundarten des ungr. berglandes s. 8. 27). auch nd. kirnen in dem dem Rheinlande benachbarten gebiete, westfälisch (Woeste in Kuhns zeitschr. 2, 200). sonst aber heiszt es nd. karnen, mnd. wol aber kernen (s. u. b); ostfries. karnen (karren), nl. kernen und karnen (kaarnen). Ferner auswärtig: nordengl. kern, schott. kirn, schriftengl. churn; altengl. cherne, ags. cernan. dann altn. isl. kirna, daher norw. und schwed. dial. kinna, gemeinschwed. aber kärna, dän. kjärne, was auf nd. einflusz deutet (vgl. sp. 248 unten); bemerkenswert schwed. dial. kjorna Rietz 320ᵇ, vgl.kjornsypa kernmilch 321ᵃ. Diese verbreitung des wortes im norden erstreckt sich selbst auf den benachbarten osten, durch entlehnung: lett. kêrnét, ehstn. kirnuma, finn. kirnua.
b)
dazu gehört kerne f., butterfasz, worin gebuttert wird. hd. führt kerne Henisch 574 auf, kirne M. Kramers holl.-deutsches wb. 1719 1, 144ᶜ (auch kirnen buttern). es ist mittelrheinisch, kern, kirn (auch kirnfasz), daher in der Zips kiern (während es als oberpfälzisch Schmeller nicht kennt). ferner mnd. kerne, bottervat, camella Dief. 92ᶜ, jetzt westf. kirne (gespr. käirne) Frommann 3, 261, vgl. Kuhns zeitschr. 2, 202, schon in des bruder Hans marienl. 4325 kirn; sonst nd. karne, karn, nl. kern und karn, nordfries. sarn (vgl. u. käfer). engl. churn, dial. kern, kirne, schott. kirn, ags. ceren, cyrn f.; altn. isl. kirna f., norw. kjinna, schwed. kärna (schon altschw.), dial. känna Rietz 321ᵃ, dän. kjärne. auch lett. kêrne, ehstn. kirn, finn. kirnu. man sehe auch kernmilch, kernstempel.
c)
für die entstehung dieser wörter aus kern 6 für milchrahm scheint dieses zwar nicht allgemein genug, da man es überall erwarten müszte, wo kernen buttern besteht; es fehlt rheinisch, nd., engl., nordisch. aber es ist doch oberpfälzisch, auch ags. nach 'ceren sapa' Ettm. 380 (s.sapa milchrahm bei Dief.), und wol isländisch, also auch altn.; es läszt sich denken, dasz der ausdruck im lauf der zeit hinter andern zurücktrat und verschwand, wie das im engl. dem ags. gegenüber deutlich vorliegt. das ursprüngliche bestehen eines rhein. kirn milchrahm z. b. deutet das adj. kiernich in der Zips an, 'sehr fett' Schröer 69ᵇ, doch wol von milch. kernen ist also eig. den kern aus der milch gewinnen, zu butter rühren. so musz die ableitung von mhd. kürne handmühle, goth. qvairnus u. s. w. (schon bei Ihre u. a.) zurücktreten, zumal die formen hier und bei kern nucleus meist völlig zusammentreffen (zu engl. churn z. b. vgl. churnel u. kern 5, b).
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1865), Bd. V (1873), Sp. 604, Z. 49.

kernen, adj.

kernen, adj.
zu kern 2, getreide: kernin brot, farreus panis, ausz kernen gebachen. Fris., Maaler, s. kern 2, d. im 15. jh. noch mit altem wurzelvocal kirnein (also mhd. kirnîn): kirnein melb (mehl) von waizn. Schmeller 2, 331.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1865), Bd. V (1873), Sp. 605, Z. 51.

kernin, adj.

kernin, adj.,
s. kernen sp. 605.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1865), Bd. V (1873), Sp. 609, Z. 10.

verkernen, verb.

verkernen, verb.
mit kernähnlichen verzierungen versehen: aber wann ir von stuck zu stuck gesehen heten .. die lustig eingemengt, eingelegt, eingestickt .. goldarbeit .. vergarnirt und verkernet mit guten edelen diamanten, wolfärbigen rubinen, hellen türckis, klaren smaragden und persischen perlin, so würdet ihr u. s. w. Garg. 219 (1590).
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1891), Bd. XII,I (1956), Sp. 641, Z. 55.

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Zitationshilfe
„kern“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/kern>.

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