Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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murre, f.

murre, f.
krummes gesicht. vergl. murren 1.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 15 (1885), Bd. VI (1885), Sp. 2723, Z. 76.

murren, verb.

murren, verb.
fremere, murmurare.
1)
ein lautmalendes wort, gebildet nach einem brummlaute, der durch murr vorgestellt wird; bei uns seit dem 15. jahrh. nachzuweisen: murmurare, murren, morren Dief. 372ᶜ, murren nov. gloss. 259ᵇ; mnd. murren, summen, brummen Schiller-Lübben 3, 138ᵇ; niederl. morren, grunnire, murmurare, obmurmurare, murmillare, mussitare, tacite stomachari Kilian; auch altnord. vorhanden: murra, to murmur Vigfusson 439ᵇ; im ablautverhältnisse zu marren ähnlicher bedeutung, oben sp. 1670, was den helleren klang, wie murren den dumpferen, malt. man denkt dabei auch an den gesichtsausdruck, den ein murrendes thier, hund oder affe bekommt, und so kann sich im bairischen die murren, krummes, verdrieszliches gesicht (Schm. 1, 1642 Fromm.), kärntn. murre, muarn, verächtlich für mund, verdrieszliches gesicht (Lexer 194), schwäb. murre, verdrieszliches gesicht (Schmid 395) bilden. dasz damit ahd. morna, moeror, wie mit dem verbum murren das ahd. mornên, moerere, goth. maurnan, ags. murnian, zusammenhänge, ist nicht anzunehmen; ebenso wenig hat murren mit dem aus der fremde zu uns gekommenen murmeln (sp. 2718) weiteres gemein, als dasz beides tonwörter, von demselben laut ausgehend, indes unabhängig von einander gebildet, sind.
2)
murren, von thieren; von hunden: murren, grunnire more canum. Schottel 1367; der hund murrt, canis ringitur. Steinbach 2, 86;
nachbarlich dort im schatten des blüthendoldigen flieders
nagte des festmahls knochen Packan, und murrete seitwärts
gegen die lauernde katz.
Voss Luise 1, 15;
daher: wer greinen oder murren will,
ut canes decet rabidos,
der mag wol bleiben aus dem spil.
Garg. 91ᵃ;
murr oder bisz,
sols sin, so sisz,
wils doch sin weg muͦsz loufen.
A. Blaurer in Wackernagels kirchenl. 3, nr. 651, 3;
murren will ich auch und bellen (der einem hunde verglichene sünder).
P. Gerhard 323, 41;
von der katze, dem tiger (vergl. murmauen):
die katz, die murt.
Eyering 2, 130;
mit bern und katzen brumt und murt.
499;
sein (des bären) brummen glich dem murren einer katze
der man den rücken streicht.
Wieland 17, 143 (Idris 3, 21);
wie mit behaglichem murren am napf hier schmauset der kater.
Voss Luise 3, 2, 36;
und im kreise scheu
umgeht er (der tiger) den leu,
grimmig schnurrend,
drauf streckt er sich murrend
zur seite nieder.
Schiller der handschuh;
und sonst: wollt jr brüllen, brummen, grunzen und murren, so gehet unter die kühe und schweine. Luther tischr. 187ᵃ;
wie ein meerwunder murr und brumb.
H. Sachs 4, 3, 77ᶜ;
der eine (frosch) quackt, viel hundert quarren,
hier murret einer sanft, wenn dorten tausend knarren.
Brockes 2, 61;
gern auch von fliegen und dergl.: reume mitler zeit die brummenden und sumsenden fliegen auf, so in der kirchen murren, und die predigt verhindern wollen. Schuppius 839;
zu dem hornüschel kam ein byn:
sag, was hastu damit im sinn,
das du so feindtlich einher schnurst
und mehr denn unser fünfe murst?
B. Waldis Esop 3, 85, 4.
3)
murren, von andern dumpfen naturlauten:
im wald hub sich ein groszer windt, ..
weht stark, das in dem wald erdont,
murt durch die büsch ganz ungewont.
B. Waldis Esop 1, 23, 4;
grimmig schreien im hohlen bauche des felsen die stürme,
murren entkräftet hervor.
Schiller hist.-krit. ausg. 1, 121;
die erde dröhnt von seines hufes schlägen,
als ob gewitter ihr im schoosze murrten.
(nach Shakespeare:
the bearing earth with his hard hoof he wounds,
whose hollow womb resounds like heavens thunder.
Venus u. Adonis 45);
vom magen, leib (wie knurren th. 5, 1525): der bauch kurret und murret. pers. rosenth. 3, 28; da die helfte des tages umb war, so begunte ihm sein magen gewaltig zu murren. pers. baumg. 5, 12.
4)
murren, übertragen auf menschen, die zorn, unzufriedenheit, üble laune in dumpfen, verhaltenen lauten äuszern: murren, widerbellen, responsare Dasyp.; murren, umbhin schnerzen oder bäffzen, als wenn man einen schlecht, gannire, murmurare, emutire u. s. w. Maaler 296ᵃ; murren, obstrepere, oggannire, oblatrare, indignari Stieler 1246; in allitterierenden und reimenden formeln: kein murren und mucken verstört ihre heiterkeit. Niebuhr leb. 1, 211; er murrt und schnurrt den ganzen tag, toto die fremit et ringitur. ebenda; niederd. kurren un murren, unzufrieden sein Dähnert 316ᵇ; he kurret un murret, er ist ganz störrig 263ᵃ; abgesehen von solchen ein durch häufige anwendung in der bibel gehobenes und in edler sprache angewendetes wort: jr .. murretet in ewren hütten, und spracht, der herr ist uns gram. 5 Mos. 1, 27; las sie hin und her laufen umb speise, und murren, wenn sie nicht sat werden. ps. 59, 16; die phariseer und schriftgelerten murreten und sprachen, dieser nimpt die sünder an. Luc. 15, 2; Jesus ... sprach zu jnen, murret nicht unternander. Joh. 6, 43; der Otto murrte, wie immer. Klinger Otto 10, 26; die geduld war erschöpft, der gemeine mann wie der adel murrte. Schiller hist.-krit. ausg. 9, 333; man stirbt murrend. J. Paul Qu. Fixl. 97;
lasz jn hinziehen, murren, brummen.
Grobian. K 1ᵃ (v. 2400);
wie sehr auch
euer irdisches herz nach flüchtigen freuden sich sehnet, ..
unter der last des sandkorns stöhnt, mit gefalteten händen
heimlich murrt.
Stolberg 1, 405;
schweig!
was murrst du ewig, du undankbarer,
den brotlos ich in meine dienste nahm?
Uhland ged. 164;
in bezug auf widerspenstigkeit gegen gottes fügungen: wir menschen murren, wenn iemand von den unsrigen gestorben ist, nos homunculi indignamur, si quis nostrum interiit. Steinbach 2, 86; ich will nicht murren, himmlischer vater, aber die strafe ist hart. Schiller kabale und liebe 5, 1; ja, Paul, ich murre nicht. gott hat mir heute mehr gegeben als genommen. Kotzebue dram. sp. 3, 173;
nichts, ach nichts weisz ich zu sagen,
im bewustsein meiner schuld,
nichts zu murren, nichts zu klagen.
Bürger 44ᵃ;
es heiszt mit jemand murren: aber Assa ward zornig uber den seher, und legt jn ins gefengnis, denn er murret mit jm uber diesem stück. 2 chron. 16, 10; da er mit den priestern murret. 26, 19; die da geschwind .. mit gott murren. Simpl. 1 (1713), 16; dafür einem murren:
hat denn wohl
der geber alles guten etwa nicht
das bessre dir gegeben? murr ihm nicht!
Gleim 6, 119;
wider, gegen jemand murren: da murret das volk wider Mose. 2 Mos. 15, 24; wie lange murret diese böse gemeine wider mich? denn ich habe das murren der kinder Israel, das sie wider mich gemurret haben, gehöret. 4 Mos. 14, 27; zürnet noch murret er nicht wider gott, das er jn hatte lassen blind werden. Tob. 2, 13; sie murrete nicht wieder ihre eltern. polit. stockf. 282; aber wider gott zu murren, dafür habe ich mich gehüthet. Plesse 3, 357; wider die vorsehung murren. Pierot 2, 64; sie finden mich in einer stunde, wo ich leicht zu verleiten wäre, wider die vorsicht zu murren. Lessing 1, 517; murrt nicht gegen den himmel! Klinger Otto 30, 17;
du murrest wider deinen schöpfer,
und rüttelst sein gedultig ohr.
wider, gegen etwas murren: wie murren denn die leute im leben also? ein jglicher murre wider seine sünde. klagel. Jer. 3, 39; wer gegen sein schicksal murrt, der begreift es nicht. Bettine tageb. 163; murren über einen oder etwas, auf einen, ab einem oder etwas: und (die jünger) murreten über sie. Marc. 14, 5; da murreten die Jüden darüber, das er sagte, ich bin das brot das vom himel komen ist. Joh. 6, 41; da Jhesus aber bei sich selbs merket, das seine jünger darüber murreten. 61; weil auch die thumherrn zu Meinz fast auf mich murren, als habe ich jn unrecht gethan. Luther 6, 361ᵇ; dasz ich zum erstenmale über meine armut murre. Kotzebue dram. sp. 3, 237;
den aller schlechtsten wein zu lest
setz für ehrliche leut und gest.
und murt der herren einer drab,
sprich du, kein bessern wein ich hab.
Grobian. H 2ᵃ (v. 1960);
was nicht zu ändern steht, darüber murrt man nicht.
um etwas murren: einem weisen knecht mus der herr dienen, und ein vernünftiger herr murret nicht drumb. Sir. 10, 28;
und wenn halt jetzt der pawer kem
und mich bei meinem halse nem
und setzet mir ein alte schmurrn,
dennoch dörft ich darumb nit murrn,
dörft jn beim pfleger nicht verklagn.
H. Sachs fastn. sp. 3, 125, 56;
dieweil ich hab das leben mein
wil ich dir unterthenig sein,
dich nimmer mehr also an schnurren,
umb ein jede sach mit dir murren.
4, 135, 314;
vor etwas murren:
wir sind gewöhnt, dasz die menschen verhöhnen,
was sie nicht verstehn,
dasz sie vor dem guten und schönen,
das ihnen oft beschwerlich ist, murren;
will es der hund, wie sie, beknurren?
Göthe 12, 65;
murren mit abhängigem satze: da sie das sahen, murreten sie alle, das er bei einem sünder einkeret. Luc. 19, 7;
wer ihr (der schickung) zu folgen sich bestrebt,
der danket, dasz ich lang gelebt,
und murret nicht, dasz ich verschieden.
der infinitiv als subst.: ewr murren wider den herrn. 2 Mos. 16, 7; das jr murren von mir aufhöre. 4 Mos. 17, 10; das murren der nazion, welche zu bestreitung der kriegsunkosten mit gedoppelten auflagen belegt wurde. Wieland 6, 197; der lärm der trompeten und pauken, der dem unglücklichen volke die grausame fröhlichkeit seiner tyrannen ankündigte, machte ihr murren, ihre verwünschungen unhörbar. 7, 84; izt ist es nicht mehr mit murren und verwünschen gethan. Schiller Fiesko 4, 6; als die neuen ankömmlinge herein gelassen zu werden verlangten, entstand ein allgemeines murren. Göthe 19, 48; darum gehorche ich meinem vater ohne murren. Kotzebue dram. sp. 2, 320;
mit murren oder widerwillen.
Weckherlin 153 (ps. 38, 16);
befestge mich in deinem wort,
behüte mich für murren!
P. Gerhard 210, 49;
drum wollen wir uns drein ergeben,
und ohne murren was recht ist thun.
Kotzebue dram. sp. 1, 289;
(wo sich) in den klang der gläser
das murren des gewissens mischt.
Gökingk 3, 46.
5)
murren, im sinne von murmeln 4, undeutlich oder dumpf reden, brummen, brummeln, in quellen des 16. jahrh.: der gesell sahe wol das der pfaff murret. Pauli schimpf 166ᵇ; dort murret einer von klostergelübden, da brummet einer von der heiligen dienst. Luther 4, 382ᵇ; das heiszet das gebete in die schanz geschlagen und auf ebenthewer hin gemurret. 414ᵇ; darumb haben wir billich der münche und pfaffen gebete verworfen, die tag und nacht feindlich heulen und murren. 415ᵃ; wenn sie es (die mönche das beten) aufs beste gemachet haben, so haben sie einen sack voll wort gemurret, oder gedönet, gar on herz, verstand, und glauben. 5, 399ᵇ;
was murrt nur der alte schinhut?
H. Sachs fastn. sp. 1, 106, 233;
hör nur, was murret der alt geck?
1, 109, 295;
ein spiel murr murr nur nicht Garg. 168ᵃ kann dieser bedeutung zufallen.
6)
noch später im sinne von murmeln 7, als gerücht verbreiten: man murret davon. Campe als oberdeutsch;
ich schlüge zorn und hasz und das verdammte lallen
des murrenden gerüchts mit groszmuth in den wind.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 15 (1885), Bd. VI (1885), Sp. 2723, Z. 77.

murrind, n.

murrind, n.
die rohrdommel, vergl. mooskuh sp. 2523 und oberdeutsches mur für moor sp. 2712: doch biszweilen braucht er auch (als zahnstocher) .. den schnabel und die kloen von rortrummen, oder rorreigeln, oder moszkuͤen, oder murrindern, oder erdbüchsen. Garg. 163ᵇ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 15 (1885), Bd. VI (1885), Sp. 2726, Z. 77.

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Zitationshilfe
„murren“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/murren>.

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