Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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recht, n.

recht, n.,
das substantiv des nachfolgenden adjectivs, als neutrum überhaupt nur im westgermanischen entwickelt. gothisch ist es ganz ohne entsprechendes; im altnord. wird es durch das masc. réttr, gen. réttar vertreten, das aber zum theil auch andere bedeutungen aufzeigt. es musz ein verhältnismäszig spät aufgekommenes wort sein, welches auf eine dem allgemeinen bewustsein durchgedrungene gegliederte gesellschaftliche ordnung fuszt und als schlagwort die feste stellung eines jeden innerhalb solcher gliederung anzeigt: recht bezeichnet so zunächst ein geregeltes verhältnis, und die daraus folgende leistung sowol wie den darauf gegründeten anspruch; im weiteren die norm, die für die gesellschaftliche ordnung maszgebend ist.
I.
recht, als subjectiver begriff.
1)
stellung innerhalb der gesellschaftlichen ordnung.
a)
das recht ist zunächst eine von gott gesetzte ordnung, die für jeden menschen lebenslänglich den festen stand und die damit verbundenen befugnisse und pflichten bedingt: nieman enmag erwerben ander recht, wen als im angeborn ist. Sachsensp. 1, 16, 1; al ensie ein man sîme wîbe nicht ebenburtig, her ist doch ir vormunde, und si ist sîn genôʒinne und trit in sîn recht, swenne sie in sîn bette gêt. swenne her aber stirbit, so ist sie ledig von sîme rechte und beheldet recht nâch irer geburt. 45, 1; nach der gliederung der stände ist dieses recht gegliedert (königes, dienestmannen, bischoves, burger recht u. ähnl.); durch frevel wird es verwirkt, so dasz der mensch aufhört, ein glied jener ordnung zu sein, vgl. rechtlos.
b)
daher recht in alten quellen wie stellung, würde, mit näherer bezeichnung durch genitiv:
mich dunket, solte ein ieglich man
guot nâch sînen tugenden hân,
so würde manic hêrre kneht,
manc kneht gewünne hêrren reht.
Freidank 76, 22;
aber auch, mit beziehung auf inneres, art, natur:
swelch man ist des guotes kneht,
der hât iemer schalkes reht.
56, 18.
c)
dann auch von thieren, die ähnlich wie die menschen gesellschaftlich gegliedert aufgefaszt werden:
gottes gebot niht über gât
wan der mensche den er geschaffen hât;
vische, vogele, würme und tier
hânt ir reht baʒ danne wir.
Freidank 5, 14,
auch hier in der mehr innerlichen bedeutung der verliehenen art; in andern sprüchen, die diesen gedanken ebenfalls geben, steht dafür ê oder orden:
ein iewelîch ding diu ê noch havit
di emi got von êrist virgab,
ne wêre die zuei gescephte,
die her gescûph die beʒʒiste:
die virkêrten sich in diu dolheit.
Annolied 51;
ein ieglîch dinc sîn orden hât,
daʒ ist von der nâtûre rât,
âne alters eine der man,
der sînen ordn niht halten kan.
welsch. gast 2611.
d)
endlich selbst von gegenständen und natürlichen dingen:
der himel ist kosmos genant:
der name ist dâ vür erkant,
daʒ eʒ genant sî ein geschaft
von eines schephæres kraft.
anegenge und ende er hât,
nâch sînem rehte er umbe gât,
nach der nâtûre gebote,
als im geordent ist von gote.
Barlaam 237, 10.
2)
recht, mit hervorhebung dessen, was die angegebene ordnung an leistungen mit sich bringt.
a)
allgemein, was sich gehört oder gebührt: ags.
ûs is riht micel,   þät we rodera weard,
wereda wuldorcyning   wordum hêrigen.
genesis 1;
mhd. her Gâwein, lieber herre mîn,
waʒ mac ich sprechen mêre
wan daʒ ich iuch êre
als iuwer rîtr und iuwer kneht?
daʒ ist mîn wille und mîn reht.
Iwein 7531;
man dorfte der brûdere keinen manen,
ir aller arbeit was genûc
êr man daʒ volc da nider slûc.
bie in was manich vromer knecht,
der vil wol begienc sîn recht
mit stechen und mit howen.
livl. reimchron. 11272;
ist das guter fraun recht (gehört sich das für frauen),
das si laufent als di chnecht
so fruͦ in disen garten,
recht sam se der jungen chnechten warten?
Erlauer spiele 3, 1091 Kummer;
in den formeln zu recht, nach recht, gehörig, gebührend: dîn schatz ist, swaʒ dû lieber hâst denne ze rehte (als es sich gehört). d. myst. 1, 314, 39; ze rehte bedenke (er) wie er getuo daʒ beste daʒ er die stunde getuon mac. 310, 13; diu dritte (leite) gêt ûf vorhte, diu reht und mæʒec ist, und gegen allen den dingen, diu wir ze rehte süllen vürhten, ob wir nâch rechte riuwe haben oder wol gebîhtet und ouch gebüeʒet haben. 353, 23; recht haben, obliegenheit haben:
doch hätt man recht (es gehörte sich),   das man die knecht
berüft aus teutschen landen.
Hildebrand volksl. 2, 96;
b)
dann was eine amtliche stellung mit sich bringt, dienstpflicht: ôk iuhu ik sô huat sô ik thes gideda thes uuithar mîneru cristinhêdi uuâri .. endi uuithar mînemo rehte uuâri. Müllenhoff und Scherer nr. 72, 7;
(ir) habt driu schœne ros hie
unt zwelf frome knappen die
wartent iuwer, daʒ ist ir reht.
Wigalois 91, 19;
niemant dorfte sich sparn
die under in sâʒen,
noch von rechte lâʒen.
eʒ wære lêhenman oder knecht,
si vûren, daʒ was ir recht.
livl. reimchron. 11448;
do sprach der rath uff das erste stuck (eine beschwerde), das die bornmeister Trebes Fischer und Lander Trackenstedt ihre recht noch thun solten. Spittendorff 34 Opel; umb die 2 bornmeister heim zu heischen, ihre recht zu thun nach laut der wilkire. 35; uff sonabent vor fasnachten vor mittage wolten wir das recht thun zu der kire (unsere wahlpflicht erfüllen). 39.
c)
leistungen von unterthanen oder dienstpflichtigen an arbeit oder abgabe: in demselben jore do sattent sich die von Berne wider kunig Rudolfen umb etliche reht, die sü ime duͦn soltent. d. städtechron. 8, 49, 13; (der laie soll) leisten dʒ er schuldig ist, mess hôren, zehenden, opfer und andere recht bezalen, die geordnet sind. Keisersberg dreieck. spiegel Cc 1ᵃ; recht, quod jure vel consuetudine debetur, v. q. praestationes cuiuscunque generis, relevium, sportulae. Haltaus 1512;
doch wer der narrnweis thut recht,
der ist ain guter vasnachtkneoht,
es sei von mannen oder von weiben.
fastn. sp. 735, 5;
recht, bestimmte geldsumme als reichnis oder als abgabe, welche ein anderer rechtlich beansprucht. Schm. 2, 26 Fromm.
d)
recht, in bezug auf das verhältnis des menschen zu gott; christliches recht heiszen namentlich die sterbesacramente, die zur erlangung der seligkeit empfangen werden müssen: der keiser verschiet als ein kristenman mit allen kristenlichen rechten, die ime sin capelan det an sime tode. d. städtechr. 8, 148, 5; dasselbe ist gottes recht: zuͦ letst ward Ulenspiegel ia krank also, das in der pfaff ansprach, er manet in zuͦ beichten und gottes recht zuͦ nemen. Ulenspiegel 38, s. 55 Lappenberg.
e)
in bezug auf das verhältnis des menschen zu dem (persönlich gedachten) tode; es heiszt menschlicheʒ reht begên (sterben) Lexer handwb. 2, 378; und mit dem gen. der abhängigkeit des tôdes reht begân, die pflicht gegen den tod erfüllen:
daʒ wir der sünden werden lære
und die untugenden werden ân,
ê wir des tôdes reht begân!
Lamprecht v. Regensburg St. Francisken leben 3206;
ieslîch mensche als eʒ kunde
lopten got, daʒ er in gunde
daʒ der reine goteskneht
bî in begienc des tôdes reht.
4045.
f)
recht verhüllend für die weibliche monatliche reinigung: macula menstruorum befleckung freulicher recht. Schm. 2, 27 Fromm.; einiche weibsbilde in seinem hausz wonende, so sie schwanger oder mit iren weiblichen rechten beladen .. were. Nürnb. pol.-ordn. 120; das iren weiblichen rechten nicht widerwertig sei. kuchenmeisterei d 7.
3)
recht, vom einkommen auf grund der gesetzten ordnung.
a)
recht ist das, was einem auf grund seiner stellung zum leben nöthig ist, das gehörige:
sô an them lande duod
that korn mit kîđun, thâr it kî-grund haƀad,
endi imu thiu wurđ bihagôd   endi wedares gang,
regin endi sunna,   that it is reht haƀad.
Heliand 2479;
im altgermanischen haushalt nicht nur das, was einer als haushaltungsglied als nahrung zugetheilt bekommt (vgl. gericht speise), sondern auch was er auf grund seiner besonderen leistung als besondere entschädigung empfängt, die gebühr: sceaphirdes riht is þät he häbbe twelf nihta đingan tô mittan wintra and I lamb of geâres geogođe. Rectitud. s. 240 Leo; daher auch später sailrecht was ein eigener mann für die besorgung eines jagdhundes, zaumrecht was er für die besorgung eines pferdes beansprucht, vgl. Schm. 2, 26 Fromm.
b)
so bildet sich der begriff einer übervergütung oder zugabe zu dem gewöhnlichen lohn hervor: wenn sie das (heimliche gemach) raumen, so gibt man inen nach altem herkomen acht pfunt alt und ire recht darzu, zwue masz weins, vier masz piers und kesz und prot. Tucher baumeisterb. 113, 19; die in geld ausgerichtet werden kann: item im dreu und sechzigisten jare vor Walpurgis hab ich von dem gemach im gewanthaus geben anderhalb nacht von vierhundert schefflein ie von einem ein pfenning, und für ire recht etc. pei fünftzig pfenning. 114, 5.
c)
weidmännisch gebührt dem jäger ein recht an dem erlegten wilde, vgl. jägerrecht 1, th. 4², 2223; aber auch den hunden, vgl. daselbst 3: wenn das beschehen (der hase ausgeweidet ist), sol der jäger brot, käs und andere gute schleckbiszlin mehr nemen, dieselbige in den ausgeweideten hasen stoszen, solches mit dem hasenschweisz netzen und rot machen, und ihnen (den hunden) also darvon das recht zubereiten und fürwerfen. Feierabend jag- und weidwerkbuch 91ᵃ.
d)
recht einkommen, vortheil aus einem bestimmten, damit bevorzugten stande (vgl. vorrecht): daʒ reht ouch, daʒ man nemmet vuorwîn, ist ime (dem bischof) ouch lidig, unde stât daʒ alsô: swaʒ wînes verkoufet wirt ze Basil in hiusern oder in kelren, ... daʒ gît dem bischove ein halpfierteil wîns. Basler dienstmannenrecht 5; im allgemeinen sinne des privilegs:
er gab Israel seinem knecht
erbschaft und recht.
gern, auch in neuerer sprache, im plural, und mit verwandten begriffen verbunden: die rechte und privilegien der oberen stände; rechte und freiheiten einer corporation; ob jemandt .. das heilig reich, oder die glieder desselbigen .. an jhren ehren, freiheiten, rechten oder gerechtigkeiten (vergewaltigen wollte). reichstagsabsch. von 1512, 35; dasz ... alle unser (der geistlichkeit) recht und gerechtigkeit durch die wort Christi umbgestoszen werden. Schade sat. u. pasqu. 3, 96, 38; ein tyrann und undertrucker .. unserer recht und freiheiten. Zinkgref apophth. 1, 133; von ihren gebräuchen, gewonheiten, rechten und privilegien. Simpl. 1, 405 Kurz.
4)
recht, in allgemeinerem sinn, die irgend einem als folge seiner stellung zukommende befugnis und berechtigung: recht im subjectiven sinne (ist) ein dem individuum nach der rechtsordnung zustehender antheil an den lebensgütern. Dernburg pandekten 1, 86; daʒ ist der kinde reht, diu under vierzehen jâren sint (sie haben gewisse berechtigungen in ihrem verhältnis zum vormunde). Schwabensp. cap. 54, 5; meisters sohn bringet das recht mit sich. Pistorius thes. par. 8, 56; freundschaft oder guter wille macht kein recht. 9, 36; eine henne hat das recht über neun zäune. 5, 95; in älterer und neuerer sprache auch in einer reihe von zusammensetzungen hervortretend, vgl. burgrecht, bürgerrecht, dorfrecht, hausrecht u. s. w.;
ist das bett beschritten,   so ist das recht erstritten (eheliches).
Pistorius 2, 49;
sprichwörtlich entgegengesetzt ist glück und recht: er hat mehr glücks dann rechts. Agr. spr. 57ᵇ; es hat mancher mehr glück als recht. Pistorius thes. par. 7, 25;
es lebt aus Reineckens geschlechte
ein jung und eitler abkömmling,
der oft mit mehrerm glück als rechte
der schnellen hunde spur entging.
Lichtwer fabeln 3, 6;
des kaisers recht, im sprichwort, das aber oft auf den rechtsstreit (unten III, 2) bezogen wird: wo nichts ist, da hat der käiser sein recht verlohren. Pistorius thes. par. 1, 68, vgl. auch unter kaiser 8, th. 5, 38; aber wo nichts sei, habe selbst der kaiser das recht verloren. J. Gotthelf schuldenb. 328; und, persönlich gefaszt, hat auch die zeit ihr recht, musz der zeit ihr recht gelassen werden: man musz der kalb-zeit ihr recht lassen. Pistorius thes. par. 7, 24;
der zeit recht achtet nicht auf jugend, schönheit, stärke.
R. Roberthin in den ged. des Königsberger dichterkreises 9;
indesz verkehrte sich das wetter,
denn der april behält sein recht.
mit adjectiven, welche die stelle persönlicher substantiven vertreten, das arme recht, das recht der armen von lasten jeder art frei zu sein; selbst das alte recht, die eigenthümliche befugnis des alters:
so bald das alte recht dem fieber macht verleiht,
und aug und finger schon mit abschiedszeichen spielen.
die neuere sprache hat solche bedeutung in mancherlei wendungen recht ausgebildet.
a)
als collectivbegriff, mit dem gen. des besitzers: das recht des königs, des herrschers, des bürgers, des unterthanen; das recht des vaters, des sohnes, der verwandtschaft, des blutes; das recht des freundes, der freundschaft; das recht der blutfreundschaft, die zwischen uns ist. Zinkgref apophth. 1, 55; die vermählung des Tiberius mit der jungen wittwe des Agrippa; eine verbindung, die ohne dem rechte der jungen Cäsarn nachtheilig zu sein, den Tiberius auf das engste mit August und seiner familie verkettete. Wieland 24, 376;
wie und mit was vor art das recht der freundschaft wolle,
dasz meine poesie den glückwunsch bringen solle.
ein jeder (der beiden freunde) nennet sie (die tochter) sein wahres ebenbild,
und will das vaterrecht nicht mit dem freunde theilen,
das recht, das sie zugleich mit lust und neid erfüllt.
Hagedorn 2, 94;
das recht des herrschers üb ich aus zum letzten mal.
Schiller braut von Mess. v. 2592;
den thron, den deine väter durch Erechtheus,
der erde sohn, den mächtigen, ererbt,
er kam auf Aegeus durch der kindschaft recht.
Phädra 2, 2.
b)
solches recht wird als gut, heilig, geheiligt bezeichnet: das gute recht der bürger; das heilige recht der menschheit;
(du sollst) das best stück ausz der platten zücken:
das selb ist dein mit guͦtem recht.
Grobian. B 4ᵇ (v. 514);
der mensch ist mehr, als sie von ihm gehalten.
des langen schlummers bande wird er brechen
und wieder fordern sein geheiligt recht.
Schiller don Carlos 3, 10;
lasz du (fremdling) mir ungeschwächt
der väter fromme sitte,
des hauses heilig recht!
Uhland ged. 95.
c)
recht, im gegensatz dazu als befugnis im einzelfalle; mit possessiven fürwörtern oder gen. des objects: das ist mein recht, unser recht; mein recht darf mir nicht verkümmert werden; das ist ein eingriff in mein recht; zu seinem rächt kommen, aequum bonumve impetrare. Maaler 324ᵃ;
wir ganz verlohrnen sünder
das recht der erbschaft deines reichs
von nun an mit genieszen.
dein wort ergänzt mein recht, dich bindet dein versprechen.
Lichtwer schriften 251;
mein recht musz mir widerfahren; in freier verwendung, von einem damit gewissermaszen persönlich gefaszten dinge: Serlo versicherte, dasz er jeder andern probe .. nachsehen wolle, sobald der leseprobe ihr recht widerfahren sei. Göthe 19, 183; und doch läszt sich die gegenwart ihr ungeheures recht nicht rauben. 17, 131; ein recht wird gegeben, genommen:
gefährlich ists ein mordgewehr zu tragen ..
diesz stolze recht, das sich der bauer nimmt,
beleidiget den höchsten herrn des landes.
gewaffnet sei niemand, als wer gebietet.
Schiller Tell 3, 3;
die ehr, die ihm gebührt, geb ich ihm gern;
das recht, das er sich nimmt, verweigr ich ihm.
2, 1;
etwas ist einem zu recht, steht ihm zu:
der alte herr empfing uns schlecht.
ein flottes fest ist uns zu recht.
Göthe 41, 308;
eurer tohter ermangl es an nichts, was irgend den todten
nur zu rechte geschieht.
40, 15;
ein recht zu etwas, älter auch recht eines dinges: (dasz sie) mehr böses, untrew, rauben, und stelen treiben, denn zuvor, als hetten sie es recht. Luther 6, 63ᵃ;
der flüchtling selbst, den die gewalt verbannt,
erhält zwar oft der rückkunft recht und glücke.
Hagedorn 2, 163;
so sol er (der fremdling) nach seinem verkeufen recht haben, wider los zu werden. 3 Mos. 25, 48; bis wir ihnen .. das recht geben, unsern geschmack zu verdammen. Lessing 3, 29; über meine tochter habe ich ein recht zu bestimmen. Iffland auswahl 8, 176; so haben sie völlig das recht, das grosze und übergrosze, wenn es neben ihnen wirkt, so lange zu läugnen, bis es historisch wird. Göthe 39, 108, vgl. dazu unten h, was anklingt; dasz sie durch den ehestand das recht erwerbe, über ihr herz und ihre person nach gefallen disponiren zu können. 20, 96;
so sehr die kinder sich ietzt auf den christtag freun,
so groszes recht hast du nicht minder froh zu sein.
und der er ietzt das recht der freiheit wieder giebt,
in einer andern wahl das leiden zu verschmerzen.
764;
das will euch nicht behagen;
ihr habt das recht gesittet pfui zu sagen.
Göthe 12, 173;
von wem sind alle deine gaben?
wer kann ein nähers recht dich zu besitzen haben?
Wieland 17, 166 (Idris 3, 64);
zwar meinen augen zu gefallen
hat schönheit immer noch das recht.
Gotter 1, 445;
wenn der besitz der liebenswürdigsten
gemahlin einem sterblichen ein recht
zu diesem namen geben.
Schiller don Carlos 3, 10;
mit recht (verschieden von unten II, 1, d. 2, c, wiewol dahin überspielend, vgl. dort): ich, der ich dir sonst mit recht zu befehlen habe. Lessing 3, 40; Orestes und Lykurgus könnten sich mit eben so vielem rechte meinen guten freund nennen, als er. 54;
und dein himmels werther pracht
dich mit recht zur göttin macht!
ged. des Königsberger dichterkreises 92;
ich drücke dich an meine brust
zum ersten mal mit vollem ganzem rechte.
Lessing 5, 3.
d)
der plur. die rechte betont die verschiedenen seiten des collectivbegriffs recht (oben a): die rechte der menschen, vgl.menschenrechte; die rechte eines herrschers, eines königs; seine rechte als bürger dieser stadt; ein eingriff in seine rechte; ich will dem todtenschmiede seine rechte nicht nehmen. Gellert 3, 160; wegen des mangels unsrer verfassungen, die gewisse rechte nicht mit dem völligen nachdrucke schützen. Arnim Hollins liebeleb. 26 Minor; dasz die grosze masse des englischen volkes gegen die katholiken gestimmt ist und täglich das parlament bestürmt, ihnen nicht mehr rechte einzuräumen. H. Heine 3, 118; auch die anglikanische kirche behauptet streng ihre rechte. 119;
o! was dir widerfährt, du sterbliches geschlechte!
kömmt nicht von ungefähr; vernimm der gottheit rechte.
Lichtwer schriften 172;
für geld begiebt der mensch sich willig seiner rechte,
giebt haus und äcker her, macht sich zu andrer knechte.
253;
kein verhältnis schwächt
die rechte der natur.
Wieland 17, 170 (Idris 3, 72);
ihr freunde, höret mich, die ihr die schönheit nennet,
für ihre rechte kämpft, und sie vielleicht nicht kennet!
Uz 2, 318;
ich kenne, glaube mir, der schönheit grosze rechte.
328;
mein anspruch
stöszt fürchterlich auf meines vaters rechte.
Schiller don Carlos 1, 2;
die königin gehörte dir, war dir
geraubt von dem monarchen — doch bis jetzt
misztrautest du bescheiden deinen rechten.
215;
der bürger
sei wiederum, was er zuvor gewesen,
der krone zweck — ihn binde keine pflicht,
als seiner brüder gleich ehrwürdge rechte.
3, 10;
Rud. das volk hat aber doch gewisse rechte —
Geszl. die abzuwägen ist jetzt keine zeit!
Tell 4, 3;
ehret nicht der göttin rechte!
klage der Ceres;
eheliche rechte; er forderte nicht, bald ernst-, bald scherzhaft suchte er sie zu bereden, er dachte nicht daran, dasz er rechte habe und löschte zuletzt muthwillig die kerze aus. Göthe 17, 131; rechte, gesagt von eigenschaften, zeiten, schicksal: da ich also hiermit vor meinen edlen und gutherzigen, aber in behauptung der rechte der tugend unbestechlichen richterinnen erscheine. Wieland 24, 327; denn so ist die liebe beschaffen, dasz sie allein rechte zu haben glaubt und alle anderen rechte vor ihr verschwinden. Göthe 17, 133; die nacht war (nach abgebranntem feuerwerk) kaum in ihre rechte wieder eingetreten, als der mond aufging. 161; und sogar die unarten, gegen die Aurelie so viel gearbeitet hatte, waren, so schien es, nach dem tode dieser freundin alle wieder in ihre alten rechte getreten. 19, 139;
der thorheit unverjährte rechte
erstrecken sich auf jedes haubt.
Hagedorn 3, 53;
ich erkenn euch, ernste mächte!
strenge treibt ihr eure rechte,
furchtbar, unerbittlich ein.
Schiller Hero und Leander;
rechte zu etwas haben, wo sonst der singular steht (oben c): ich habe grosze rechte, über die natur ungehalten zu sein, und, bei meiner ehre, ich will sie geltend machen. räuber 1, 1.
e)
recht, den sinn von anrecht, gegründeten anspruch (in rechtlichem oder sittlichem sinne) annehmend. es heiszt recht an einen oder etwas: das recht dieses jungen menschen an die königliche gewalt, deren er sich nach seines vaters tod anmaszte, war noch weniger als zweideutig. Wieland 2, 247; verdienste, die ihnen ein recht an die allgemeine hochachtung geben sollten. 256; dasz Tifan .. sich aufgefordert finden könnte, sein recht an die krone geltend zu machen. 7, 130; welches recht kann heiliger sein, als das recht einer ganzen nazion an glückseligkeit? 189; nicht zu theuer hab ich das recht eines zweiten vaters an dich erkauft. 192; allzugrosze sicherheit auf ihre vorzüge, und auf die rechte, die sie an die allgemeine liebe der Römer hatte. 25, 37; grosze summen baaren geldes wurden unter die officiere vertheilt und noch weit gröszere an ländereien, deren werth gegen fünf millionen thaler betrug und an die man kein anderes recht hatte, als das der eroberung. Schiller hist.-krit. ausg. 8, 318;
wodurch die zeit
an deines fürsten ruhm ihr ganzes recht verlohren.
die blasse schaar der halb verwelkten wangen
erwirbt durch zärtliches bemühn,
durch blicke die an seinen blicken hangen,
und süszen scherz manch kleines recht an ihn.
Wieland 10, 130;
wer hat mir dieses leben,
und dir, so grosz du bist, ein recht an mich gegeben?
17, 170 (Idris 3, 72);
ich bin die seine. sein geschenk allein
ist dieses neue leben das ich lebe.
er hat ein recht an sein geschöpf.
Schiller Piccol. 3, 8;
ich weisz nunmehr, dasz euer gutes recht
an England euer ganzes unrecht ist.
M. Stuart 1, 6;
du, Margaretha, hast das nächste recht
an meine groszmuth, denn ich lasse dich
zurück als die unglücklichste von allen.
5, 6;
warum ziehn wir mit rasendem beginnen
unser schwert für das fremde geschlecht?
es hat an diesen boden kein recht.
braut v. Mess. v. 205;
ich suche schutz; der unterdrückte hat
ein heilig recht an jede edle brust.
Demetrius v. 66;
im pl. rechte an einen oder etwas: ich würde mich der rechte, die du mir an dich gegeben hast, freiwillig gegen keine macht im himmel noch auf erden begeben. Wieland 8, 400; um den kurfürsten von Brandenburg zu verhindern, seine auf eine erbverbrüderung und auf den Pragischen frieden gegründeten rechte an dieses herzogthum geltend zu machen. Schiller hist.-krit. ausg. 8, 384; ferner recht und rechte auf etwas: wenn ich jemals mich wieder zur liebe entschliesze: so haben sie das erste recht auf mein herz. Gellert 3, 109; was dieses gold betrifft, worauf ich selber kein recht habe. Schiller hist.-krit. ausg. 4, 212; bei der königlichen societät bringt Newton eigentlich nur sein neuerfundenes katoptrisches teleskop zur sprache. er legt es ihr vor, und bittet, seine rechte darauf zu wahren. Göthe 54, 45; endlich, und älter als beide vorhergehende fügungen, ein recht zu etwas: in gleichem recht ston mit seinem bruͦder zuͦ einem erbfaal, das ist, als vil recht zuͦ einem erb haben als sein bruͦder, in haereditatem legitimam fratri concurrere. Maaler 327ᵇ; das recht zur krone war nicht erblich, und doch hätte ein längeres leben seines vaters die ansprüche seines einzigen sohnes mehr befestigt, und die hoffnung zur krone gesichert. Göthe 20, 73; wer nur einigermaszen consequent aufmerksam auf die erscheinungen war, der hatte schon ein gewisses recht zu jenem ehrennamen (eines experimentalphilosophen). 54, 77;
Budorgis freut sich schon auf deines vaters geist
und dessen wiederkunft, die ihm die hoffnung weist,
und deine brust verspricht. er hat auch recht zur freude.
die welt hat recht genug zu meinem wohlergehn.
was ich nicht selbst bedarf, musz ihr zu dienste stehn.
Gellert 2, 7;
ein jeder, den die hand des schweren schicksals krümmt,
dem sie den letzten hauch der müden hoffnung nimmt,
hat ein bethräntes recht zum mitleid aller herzen;
nur henker kitzeln sich bei andrer schmach und schmerzen.
Hagedorn 1, 97;
Elektra hat nach ihm das erste recht zum thron.
Gotter 2, 53;
dein sohn ist hin — doch zagt noch auf dem thron Aegisth —
er kennt der schwestern recht zum väterlichen reiche,
und wähnt, dasz er vielleicht durch arglist es erschleiche.
60;
sie, welcher die geburt
ein unverletzlich recht zum zepter gab.
Wieland 4. suppl.-band s. 274;
auch im plur. rechte zu etwas:
um land und puppenwerk vertauscht er seine rechte
zu glänzender unsterblichkeit.
Uz 1, 192.
f)
recht, auch als verfügungsrecht, gewalt; in der älteren sprache im juristischen sinne und mehr der bedeutung einerseits oben 3, andrerseits unten III, 2 angeschlossen: des toten mannes halbe swestir kint hath recht zcu dem erbe unde gute. Magdeb. fragen 1, 7, 22; ein man hat ein dorf zcu allem nutze und rechte. 1, 2, 22 (nachher hat ein man ein dorf mit allem rechte und nutze. ebenda); kein man mag besir recht eim andern an eim dinge loʒin, wen alʒ er selbir doran hatte. Magdeb. blume 2, 3, 97; recht zuͦ einem ding haben, oder ein rechtliche anspraach an ein handel zuͦ vollstrecken, habere actionem. Maaler 327ᵃ; frei ledig und eigne guͤter, darzuͦ einer volles recht, macht und gewalt hat, und niemandt nichts darumb schuldig ist, optimo jure, vel optima conditione praedia. 327ᵇ (vgl. dazu auch eine reihe von zusammensetzungen, baurecht, durchgangsrecht, fahrrecht, traufrecht u. s. w.); in der neueren sprache aber als recht über einen oder etwas von nr. 4 aus entwickelt: er hat durch seine wohlthaten das gröszte recht über mich erhalten. Lessing 1, 238; das entfernte blau der Schweizergebirge übte auch hier sein recht über uns aus, indem es uns zu sich forderte, und da wir nicht diesem triebe folgen konnten, ein schmerzliches gefühl zurück liesz. Göthe 26, 80; her präsident, wer gab ihnen das recht, ihre tochter unglücklich zu machen? welcher mensch hat das über einen andern? Gotter 3, 88; der plur. rechte: hier, tochter, bringe ich dir den mann, dem ich alle meine rechte über dich abtrete. Lessing 1, 381; in der lampendämmerung sogleich behauptete die innere neigung, behauptete die einbildungskraft ihre rechte über das wirkliche. Göthe 17, 131.
g)
dem rechte im angegebenen sinne steht die pflicht gegenüber: ein recht schlieszt eine pflicht in sich; gleiche rechte, gleiche pflichten;
die zeit begehrt ihr recht und weckt itzt meine pflicht.
Günther bei Steinbach 2, 183;
und als etwas allgemeines ist es von der bloszen gerechtsame unterschieden: die früheren bestrebungen .. der freien städte in Deutschland und andern ländern .. verdienen nicht die ehre eine volkserhebung genannt zu werden; es war kein streben nach freiheit, sondern nach freiheiten, kein kampf für rechte, sondern für gerechtsame, korporationen stritten um privilegien. H. Heine 3, 145.
h)
recht, in verblasztem, auf oben c fuszenden, aber nach unten II, 2 hinüberspielenden sinne, folgerechten grund etwas zu thun, fug:
sie hört ihn kommen.   sie erschrickt,
und hatte recht sich zu erschrecken.
Hagedorn 2, 91;
ich glaube, die natur hat groszes recht zu schelten,
wann wir, was sie für uns gethan,
nur mit verachtung ihr vergelten.
Uz 2, 353;
in der verbindung fug und recht:
jetzt habt ihr fug und recht, die dichter zu verklagen.
über mit recht vgl. unten II, 2, d.
II.
recht, in objectivem sinne.
1)
die vom sittengesetz gegebene norm, vorschrift für unser sittliches handeln, und das demgemäsze.
a)
in verbindung mit anderen sittlichen begriffen: recht ist warheit, warheit ist recht. recht ist das das weder got noch menschen, weder vernunft noch menschliche natur taddeln kan. Agr. spr. 32ᵇ; recht und gerechtigkeit lieb zu haben. Schade sat. u. pasqu. 2, 52, 23; die werk seiner hende sind warheit und recht. ps. 111, 7; denn wirstu verstehen gerechtigkeit und recht. spr. Sal. 2, 9; der barmherzigkeit, recht und gerechtigkeit ubet auf erden. Jes. 9, 24; haltet recht und gerechtigkeit. 22, 3;
solcher weiszheit wegen,
die stets nach recht und warheit strebt.
du wirst ein mann vor mich, und wider alles das,
was recht und wahrheit liebt, viel federkriege führen.
497;
(der dieb) nimmt ihm, ungerührt von des elenden klagen,
ein gut, das gott und recht dem bösewicht versagen.
Lichtwer schriften s. 249;
von leuten die recht und gerechtigkeit lieben.
Göthe 40, 8;
licht und recht und wahrheit schaffen.
lied 'brüder reicht die hand zum bunde';
zerhaut die schlangenknoten,
die wahn und lüge flicht,
und schickt die freien todten
empor zu recht und licht.
Arndt ged. 91;
froh für recht und vaterland
faszt das eisen seine hand.
178;
zeigt in desto schönrer klarheit
reinen sinn für recht und wahrheit!
Uhland ged. 91;
die schon in einigen der eben gegebenen beispiele angedeutete persönliche fassung des begriffs tritt, seit alter zeit, oft sehr deutlich hervor:
bûent ouh gimuato   zuâ suester iro guato
(reht inti frithu) thâr.
Otfrid 5, 23, 126;
gewalt vert ûf der strâʒe,
fride unde reht sint sêre wunt.
Walther 8, 26;
dasz die güte spaht und früe
mag die trewe grüszen,
dasz sich recht und fried alhie
freundlich mögen küssen.
A. Adersbach in den ged. des Königsberger dichterkreises 73;
disz ist, du Joseph unsrer zeit!
der nächste weg zur ewigkeit,
worauf dich recht und wahrheit führen,
die als ein unzertrennlich paar,
bei so viel kummer und gefahr,
dein leben wie den wahlspruch zieren.
ja, was noch mehr, sie sah in unsers grafen herzen
die wahrheit und das recht zwo holde schwestern sein.
547;
licht und recht als name von edelsteinen im ornat des hohenpriesters: und solt in das amptschiltlin thun liecht und recht, das sie auf dem herzen Aarons seien. 2 Mos. 28, 30; sie solten nicht essen vom allerheiligsten, bis ein priester stünde mit dem liecht und recht. Esra 2, 63; und mit bezug darauf:
der tempel raucht von heilger pflicht,
die priester tragen recht und licht,
und liegen vor den dankaltären.
Astraea winkt dir selbst mit ernstlich-holdem blicke,
und zeigt ihr licht und recht auf ihrer priesterbrust,
aus welchem du ihr volk die wahrheit lehren must.
822.
b)
im gegensatz zu unrecht: hundert jar unrecht, ward nie kein stund recht. recht bleibt allzeit und ewig recht, es kan auch nit unrecht werden. Agr. spr. 32ᵇ; dasz mann schliesze und setz, das ist recht, disz unrecht, disz sol man thuͦn, jhenes lassen. 122ᵇ; unrecht ist auch recht. Pistorius thes. par. 1, 73; zu viel recht ist unrecht. 7, 4; unter dem bilde der wermut, der galle: die jr das recht in wermut verkeret, und die gerechtigkeit zu boden stoszet. Amos 5, 7; denn jr wandelt das recht in gallen, und die frucht der gerechtigkeit in wermut. 6. 12; im gegensatz zu gewalt: warumb zeigestu mir raub und frevel umb mich? es gehet gewalt uber recht. Habacuc 1, 3; gewalt geht für recht. Agr. spr. 49ᵇ;
denn nicht vom rechte, von gewalt allein
ist zwischen mir und Engelland die rede.
Schiller M. Stuart 1, 7;
zu macht:
die macht allein giebt göttern selbst kein recht.
Wieland 17, 171 (Idris 3, 72).
c)
recht im verein mit pflicht (verschieden oben I, 4, g):
die furcht erdachte recht und pflicht (sagt der freigeist),
und schuf den himmel und die hölle.
Gellert 1, 170;
herr, spricht er, laszt mich gehn, den frevler abzustrafen,
ich wage nichts, wo pflicht und recht mich schützt.
Wieland 22, 32 (Oberon 1, 50).
d)
eine reihe von fügungen lassen vielmehr den begriff des solcher sittlichen norm entsprechenden, des rechtgemäszen hervortreten: nullum igitur iustum turpe. allez reht kezâme. Notker 1, 600, 3 Piper; etwas ist recht:
mein bruder! alles was recht ist!
der götter vorschlag
war dieszmal billig.
Göthe 33, 246;
bleibt recht: denn recht mus doch recht bleiben. ps. 94, 15;
recht bleibt recht, und wer es auch that, es zeigt sich am ende.
Göthe 40, 205;
recht thun: droben ist gesagt recht bleibt recht, wahrheit bleibt wahrheit .. also hie auch, wer recht thuͦt, ob manns gleich nit für recht wil halten, der wirt es doch wol finden zu seiner zeit. Agr. spr. 76ᵃ; thuͦ recht, und förcht dir übel darbei zu hof. 94ᵃ; wahrlich, ich habe recht gethan. Iffland auswahl 8, 174; auch einem recht thun, sich gegen einem nach dem sittengesetze bezeigen:
der weder feind noch freind (torrecht)
ausz neid, hasz oder miszgunst schmähet,
und der dem herren und dem knecht,
und jedem menschen thut sein recht.
(nach ps. 15, 3; verschieden unten III, 2, f und h); für das recht etwas thun:
dasz dieses eisen ehrenwerth
fürs recht nur aus der scheide fährt!
Arndt ged. 214;
von recht, solchem rechte gemäsz, eine formel, in welche auch die von rechts wegen unten III, 2, g einspielt:
ich weisz ein schatz, leit in der erden,
der doch von recht der herrschaft gbürt.
B. Waldis Esop 3, 58, 11;
der dir zuͦsteht von altem recht.
Grobian. M 1ᵇ (v. 2957);
solt ich dich nicht von recht verfluͦchen,
dasz ichs huͦn underm disch muͦsz suͦchen?
O 1ᵃ (v. 3453);
was für krankheit, angst und weh
uns von recht gebühret.
P. Gerhard 166, 54;
mit rechte, mit recht, was mehr oder weniger deutlich in die bedeutung I, 4, c und h hinüberspielt oder sich mit unten III, 2, h berührt: wir die wir die werke der alten mit rechte verehren. Gellert 5, 267; eben die demuth, die uns unsern geringen werth fühlen läszt, bestimmt zugleich denjenigen über den wir uns mit recht erfreuen können. 7, 89;
netn haistu Simon frawenknecht,
den pachn verleustu wol mit recht.
H. Sachs fastn. sp. 1, 153, 206;
ei wie nun will ichs greifen an?
mit recht mags nie beschönen.
Spee trutzn. 61, 42;
was muste Christus selbst auszstehen! ..
und du vermeinst mit recht zu klagen
in bösen tagen!
S. Dach in den ged. des Königsberger dichterkreises 37;
mit allem, mit vollem, mit besserem rechte: mit gleichem rechte, pari jure, eodem quo caeteri jure, mit gutem rechte, jure, merito, mit dem grösten recht, optimo jure. Frisch 2, 96ᶜ; ich zweifle oft, ob der brief eben mich angehe, und ob nicht eine andere mich eines unbilligen raubes beschuldigen werde, welche diese angenehme zeilen mit besserm rechte solte gelesen haben. Chr. Weise erzn. 55 Braune; sogar dann, wenn sich der dichter selbst durch eine ängstliche unterwürfigkeit gegen historische wahrheit seines künstlervorrechts begeben und der geschichte eine gerichtsbarkeit über sein product stillschweigend eingeräumt haben sollte, fordert die kunst ihn mit allem rechte vor ihren richterstuhl. Schiller hist.-krit. ausg. 10, 37;
darf éiner gnade finden,
mit welchem rechte wurden hunderttausend
geopfert?
don Carlos 5, 10;
auf recht: dann wir desz uberflusz mit maszen auf recht und wol brauchen mögen. Fronsperger kriegsb. 2, 30ᵇ; wider recht: da er jn also uberredet hatte, erstach er jn wider alles recht. 2 Macc. 4, 34; das er doch .. der unschüldigen kindlein, so wider alles recht erstochen wurden, gedenken wolt. 8, 4; das sie sich nicht entsetzen solten fur den feinden, noch sich fürchten fur der groszen menge der heiden, die sie wider recht und unbillich plageten. 16; wider recht und billigkeit: (Demosthenes) welcher, nachdem er den gemeinen nutzen und das regiment der Athenienser dapfer und getreulich befördert und beschützet, wider alles recht und billigkeit .. desz landes verwiesen und in das elend verjaget ward. Simpl. 1, 154 Kurz.
e)
recht, bezogen auf einen nach recht und billigkeit geforderten preis:
die tag ich bei jhm kaufet hab;
da trang er mich hart bisz aufs bein,
bisz darzu kam die hauszfrau sein,
die ist ein mutter aller armen.
die hat frei mit mir ein erbarmen
und gab mir das korn umb ein recht.
J. Ayrer fastn. sp. 94ᵈ (2814, 17 Keller).
2)
recht, das dem denken, beobachten, urtheilen gemäsz richtige; gewöhnlich in festen verbindungen.
a)
recht haben, vgl. theil 4², 62, für älteres wâr haben: also dasz der maler noch recht hett, der aller nation völkertrachten an ein wandt malet, und so er an den Teutschen kommen, malt er jhnen nacket, dasz er etlich elen tuͦchs uff der achsel hett, und bedacht sich allererst, wie er sein kleid wolt machen lassen. Agr. spr. 86ᵃ;
jüngst sagtest du, mir träumt.
ach! du hast recht, auch wann du mich betrübest.
Hagedorn 2, 164;
der chevalier hat recht. es giebt noch riesen,
doch keine ritter giebt es mehr.
Schiller don Carlos 1, 4;
ja, herzog Alba, ihr habt recht — das könnte
zu etwas schrecklichem mich führen.
3, 3;
mit bestimmung des subst. recht durch ein adjectiv:
hörte man ihn, man wunderte sich und glaubt ihn entschuldigt,
ja, er hatte noch übriges recht, und vieles zu klagen.
Göthe 40, 62;
aber die häufiger vorausgehenden adverbien deuten auf die versteinerung dieser formel, bei der das subst. in das adj. überschwankt (vgl. unter haben theil 4², 62 und unter kalt theil 5, 85): du hast nicht recht, er hat ganz recht, vgl. dazu auch unter ganz theil 4¹, 1300, nr. 3, a;
'du hast nicht recht!' das mag wohl sein;
doch das zu sagen ist klein,
habe mehr recht als ich! das wird was sein.
Göthe 3, 275;
der könig hat ganz recht, ganz recht.
Schiller don Carlos 2, 5;
mit etwas recht haben, er hat mit seiner behauptung, seinem ausspruche recht; dafür auch der spruch hat recht, der zu bedachter eile auffordert;
der satz hat grund und recht: dasz wir in diesen tagen
vor wenigen verlust den grösten wucher tragen.
aber bloszes ganz recht oder gar nur recht:
recht, in Deutschland war es!
Schiller don Carlos 2, 5,
gehört nicht hierher, sondern ist adverb, s. unter dem adj. recht.
b)
recht bekommen, behalten, lassen; er bekommt mit seinen schlüssen bei allen denkenden recht; man musz ihm bei seiner beweisführung recht lassen; er wird recht behalten; einem recht geben, seiner darstellung oder seinen schlüssen zustimmen;
Meph. ich hab doch recht! Faust. hör! merk dir diesz ..
wer recht behalten will, und hat nur eine zunge,
behälts gewisz.
Göthe 12, 159.
c)
mit recht, bezogen auf urtheil und erwägung, während die gleichlautende formel oben 1, d sich auf sittliche notwendigkeit bezog; doch gehen beide bedeutungen in einander über: er behauptete das mit recht; mit recht lobte er die arbeit jenes, tadelte die arbeit dieses; ich habe dich mit recht meinen vater zu nennen. denn nach meinem wirklichen vater hast du dich am väterlichsten gegen mich bewiesen. Lessing 3, 40;
wie sorglos schläft der sichre musensohn,
wann er, bei kerz und nacht, in dichterischen stunden,
nun, wie er glaubt, den einfall ausgefunden,
den er gesucht, der ihn zu sehr geflohn!
wie unruhvoll wird seine lagerstatt,
wann ihm der nächste tag, so bald er ganz erwachet,
des fundes werth mit recht verdächtig machet!
Hagedorn 1, 129;
sie sind empfindlich, herzog, und mit recht.
Schiller don Carlos 2, 5;
auch mit vollem, groszem, ganzem rechte: er behauptete mit vollem rechte, dasz diese darstellung falsch sei; mit groszem rechte wurde die beweiskraft jener urkunde bestritten;
sie weisz ihm von gesunden speisen
die trefflichsten stets anzupreisen,
was aber schwächet oder zehrt,
wird ihm mit vielem recht verwehrt.
Hagedorn 2, 105;
vgl. auch mit recht oben I, 4, d am ende.
3)
recht, ordnung, rechte, gebührende art, und das ihr gemäsze:
ich hab ain wunderlichen mon,
dem kan ich gar kain recht nit thon,
als was ich thu gefalt im nit.
H. Sachs fastn. sp. 6, 5, 152;
zumal in präpositionalen verbindungen, ahd. bî rehte: bene pi rehte (neben wol). Steinmeyer-Sievers 1, 677, 34;
wanta ob er giloubti ubar al, so iʒ bi rehte wesan sal.
Otfrid 3, 2, 13;
mhd. von rehte, nâch rehte:
der vride wart bestêtiget wol,
als man von rechte vride sol.
livl. reimchron. 4604;
dô daʒ hûs bereitet wart,
daʒ volc wart geordent ûf die wer
nâch rechte kein der heiden her.
10040;
auch ze rehte:
der guote wîn wirt selten guot, wan in dem guoten vaʒʒe:
wirt daʒ bereit ze rehte wol, sô habet eʒ den wîn.
Walther 106, 18;
man lieʒ der geste pflegen wol,
als man zû rechte boten sol.
livl. reimchron. 4560;
nhd. zu rechte, richtig, ordnungsgemäsz, wie es sein soll: mann kann der welt nicht zu rechte predigen (d. h. wie es sowol mit der pflieht gegen Christus als mit der rücksicht auf den geschmack der menschen zu vereinen ist). Luther tischr. 1, 92 Förstem.; sein schreiben habe ich zu recht empfangen. Butschky kanzl. 170; e. gräfl. gn. schreiben ist mir zu recht abgelifert. 795; es ist, mit verben des helfens, bringens, legens, kommens u. ähnl. bis heute geblieben, vielfach auch zusammengerückt als adverb geschrieben, vgl. zurecht:
sîn (eines kindes) zunge wuohs ze rehte,
daʒ eʒ reit (redete) alsô rehte,
als ob eʒ ie hæt gereit
von sîner êrsten kintheit.
Lamprecht v. Regensburg St. Franzisken leb. 4802;
hie ists denn verloren, der haufe bekeret sich nicht, enzele und wenig, welche gott erwelet, die komen wider zu recht, die andern bleiben in jrem fluch und gift. Luther 3, 312ᵇ; solche beicht hat min evangelium auch zu recht bracht, und die blöden gewissen wider gesterket. 5, 81ᵃ; wenn bringen sie solche verfurete christen zu recht? 6, 82ᵃ; lieben brüder, so ein mensch etwa von einem feil ubereilet würde, so helft jm wider zu recht, mit sanftmütigem geist (καταρτίζετε τὸν τοιοῦτον, goth. gaþvastjaiþ þana svaleikana). Gal. 6, 1; denn wie der tempel von den feinden eingenomen ward, da der herr zürnet, also ist er wider zu ehren und zu recht komen, da der herr jnen wider gnedig ward. 2 Macc. 5, 20; der könig in Mysien ... diesen hat Achilles so sehr verwundet, dasz er aus göttlicher weissagung nur einig und allein durch den Achilles konte geheilet werden. derentwegen ihm Achilles, als er sich mit ihm versühnet, den rost von der spitzen seines spieszes aufgeleget, und ihn also zu rechte gebracht hat. Opitz 1, 260; dasz er in einen esel verwandelt worden und durch herabreiszung eines rosenkranzes .. wider zu recht gekommen sei. Simpl. 4, 227 Kurz; ich kan .. in der theologi wol zu recht kommen. Schuppius 27; da Elias sahe, dasz er mit den Baalspfaffen nicht zu recht kommen könne. 583; eine magd, welche .. war krank worden, und widerumb zu recht kam. 687; ich habe mir schon alle kleider zu rechte gelegt, die ich im sarge tragen will. Gellert 3, 210; wir haben noch hoffnung, den unglücklichen zu rechte zu bringen, versetzte der arzt. Göthe 20, 28 (zusammengerücktes zurechte finden. 36, ein zimmer, in welchem verschiedene reinlich gekleidete mädchen .. einen tisch zurechte machten. 162);
jetzt ist es hohe zeit,
dasz du ihr (Sion) gnädig seist, und werfest ab ihr leid.
die reife stund ist da. denn wir, wir deine knechte,
sehn gerne, dasz einmahl sie käme doch zu rechte,
dasz ihre stein und kalk nur würden zugericht.
III.
besonders reich entwickelt hat sich seit den ältesten zeiten, und auf grund der vorigen bedeutung (II) recht in dem engeren juristischen sinne der rechtsnorm und des daraus folgenden.
1)
recht, als gesetzliche norm, welche die stellung der menschen in einem staatswesen nach maszgabe ihrer verbindlichkeiten regelt; recht im objectiven sinne ist die staatliche ordnung der lebensverhältnisse. Dernburg pandekten 1, 86.
a)
entgegengesetzt sind natürliches und gesetztes, geschriebenes recht: das natürlich recht, gesatz und ordnung so von natur kompt, jus naturale. Maaler 327ᵃ; beschrieben recht, jus scriptum, unbeschrieben, non scriptum. Stieler 1549; einer rühmte das natürliche recht, mit dem anhang, man solle es billich den geschriebenen rechten vorziehen. Zinkgref apophth. 1, 252; ich besinne mich auf einen grundsatz des natürlichen rechts. Lessing 1, 250; die prügel, die ein bedienter von seinem herrn bekömmt, gehören nicht in das recht der natur, sondern in das bürgerliche recht. 251; vgl. naturrecht;
vom rechte das mit uns geboren ist,
von dem ist leider! nie die frage.
Göthe 12, 98;
wiewol das gesetzte recht auf das naturrecht zurückgehen soll:
o Rom! Europa selbst, von deiner herrschaft joch
vorlängst entlediget, ehrt dein gesetze noch.
aus quellen der natur sind deines rechtes lehren
ursprünglich her geführt; sie müssen ewig währen!
Lichtwer schriften 164;
wirkliches und förmliches recht: von dem wichtigen unterschied des wirklichen und förmlichen rechts. Möser patr. phant. 4, 113; was die kirche oder eine versammlung erwählter und berufener bischöfe zuletzt für wahrheit erkläret hat, das ist förmliche wahrheit für alle diejenigen, so zu dieser kirche gehören; und förmliches recht ist für streitende partheien, was ein erwählter oder verordneter richter zuletzt dafür erkannt hat. in beiden fällen kann die wirkliche wahrheit, oder das wirkliche recht zum grunde liegen .. in der that aber kommt es hierauf nicht an. 114; das innre recht:
und wenn sich männer frei erheben,
und treulich schlagen hand in hand,
dann tritt das innre recht ins leben,
und der vertrag giebt ihm bestand.
Uhland ged. 100;
des herzens recht: nach vernunft und yres herzens recht und guͦtdunken regieren. Frank weltb. 193ᵃ.
b)
gesprochen wird auch von einem rechten und einem unrechten recht, mit anspielung darauf, dasz die bedeutungen II und III des wortes sich nicht immer decken, ebenso von zweierlei recht: zweierlei recht ist, das rechte recht, und das unrecht recht. gottes recht ist ein rechtes recht, das einem jglichen recht richtig richtet, unangesehen die person der menschen. Agr. spr. 33ᵃ; der churfürst hat diese supplication (einer witwe) seinen räthen fürgehalten, und gefraget, ob sie zweierlei recht hetten, es müszte ja nit ohn sein, dieweil dieses weib umb das rechte recht bittet, es müst zuvor von jhnen mit der frawen mit dem unrechten recht gehandelt sein worden. ebenda; ein wittfraw klagte, es were jhr in jhrem rechtshandel zu kurz geschehen, die hiesze Clausz das rechte recht suchen. Zinkgref apophth. 1, 379; auch in einer urtheilsformel, allerdings in komischer rede:
ein man, der frauen übels gant
und iren namen hat geschant,
den urtail ich mit rechten rehten,
das er sol dreiszig jar an di haiden vehten.
fastn. sp. 707, 15.
c)
strenges und mildes recht: streng und rauch recht, so nichts von dem das es zuͦgibt nachlaszt, wenn man thuͦt das böst das man thuͦn kan, jus summum. Maaler 327ᵃ; eng recht, weit unrächt, summum jus, summa injuria. 327ᵇ; scharf recht, ein bös recht, jus summum, maxima saepe injuria est. Stieler 1549; billiges recht, jus aequabile, legitimum. ebenda; gelind recht, lex mollior, jus remissum. ebenda; gleich wie strenges recht das gröst unrecht, also eitel gnad die gröste ungnad. Zinkgref apophth. 1, 257; man versäumte nichts ihm alle kenntnis zu überliefern, alle thätigkeiten an ihm zu entwickeln, deren der staat jederzeit bedarf: die pflege des strengen gerichtlichen rechts, des läszlichern, wo klugheit und gewandtheit dem ausübenden zur hand geht. Göthe 21, 129.
d)
das alte recht: alt härkommen recht, recht ausz altem brauch angenommen, jus moribus constitutum. Maaler 327ᵃ;
wenn ihr nun das alte recht zerrissen.
wo je bei altem gutem wein
der Würtemberger zecht,
da soll der erste trinkspruch sein:
das alte gute recht!
Uhland ged. 85;
'und immer nur vom alten recht?
wie du so störrig bist!'
ich bin des alten treuer knecht,
weil es ein gutes ist.
89.
e)
das göttliche, ewige recht: das sei ein ewiges recht ewrn nachkommen. 3 Mos. 6, 18;
verbürge nicht für mir, der ich ja kein weltkind,
sondern ein frembdling bin, dein recht, gefallen, willen.
dir mich weihen? ich dir? stygische furie,
Afterthemis, ich dir? die du mit schlangenlist
unser göttliches recht, welches natur uns gab,
raubtest?
Stolberg 1, 8;
menschliches recht;
verstand empfingen wir, uns mündig selbst
im irdschen element zurecht zu finden,
und was uns nützt ist unser höchstes recht.
Göthe 9, 287.
f)
das recht als masz gedacht: eine metz gunst, vermag mehr als ein scheffel rechts. Pistorius thes. par. 5, 85; das recht wird weder weiter noch enger. Simrock sprichw. 444; häufig personificiert: das recht hat ein wachsin nasen. Agr. spr. 34ᵃ; das recht schiert haarscharf. Pistorius thes. par. 7, 69; darumb ist auch das recht zurück gewichen, und gerechtigkeit ferne getreten, denn die warheit fellet auf der gassen, und recht kan nicht einher gehen. Jes. 59, 14;
als mir das falsche recht mein schlechtes erbtheil nahm.
da war kein ansehn der person, es hielt
die milde nicht den arm des rechts zurück.
Göthe 9, 164;
regierte recht, so läget ihr vor mir
im staube jetzt: denn ich bin euer könig.
Schiller M. Stuart 3, 4.
g)
formelhaft verbunden sind recht und gerechtigkeit, recht und billigkeit: er wird den erdboden richten mit gerechtigkeit, und die völker mit recht. ps. 98, 9; von handhabung recht und gerechtigkeit. Zinkgref apophth. 1, 32; die juristen, die umb gelts willen böse sachen verthedigten, nente er (kaiser Friedrich III) verkehrer der rechten, und schinder der gerechtigkeit. 73; wann die obrigkeiten in den stätten und allenthalben nach recht und billichkeit richteten. 60; gott und recht: das urtheil ist wider gott und recht. 2, 90; recht und brauch, recht und herkommen, recht und gesetz: ich soll dem alten recht und herkommen gemesz, ein verehrung under ewere burger ausztheilen lassen. 1, 31; als man disputierte, jus et mos, recht und bräuch, scheiden die land, und wo recht und sitten wenden, da wende auch ein herr mit seinen land und leuten. 382; daselbs stellet er jnen ein gesetze und ein recht (gott den Israeliten). 2 Mos. 15, 25; dis sind die satzunge und recht und gesetz, die der herr zwischen jm und den kindern Israel gestellet hat. 3 Mos. 26, 46; ich bin .. zu gering im verstand des rechtes und gesetzes. weish. Sal. 9, 5;
wie bald entgehn uns deine schätze,
die redlichkeit und deütsche treü,
der hasz für schnöde heüchelei,
die kunst der rechten und gesätze! (ein verstorbener jurist ist angeredet).
es erben sich gesetz und rechte
wie eine ewge krankheit fort.
Göthe 12, 97;
einen tüchtigen braven mann zu haben, der den leuten recht sprechen soll und vor lauter recht nicht zu gerechtigkeit kommen kann. 21, 168; satzung und recht: nach aller seiner satzung und recht. 4 Mos. 9, 3; gebot und recht: dies sind die gebot und rechte die der herr gebot durch Mose den kindern Israel. 36, 13; ich hab euch geleret gebot und rechte. 5 Mos. 4, 5.
h)
gegenüber gestellt ist recht und gewalt:
man seh nur deine (des glückes) groszen knechte,
die gold und ehr und stand erdrückt;
sie machen die gewalt zum rechte.
nicht ist von recht, noch von gericht die rede;
hier ist gewalt! entsetzliche gewalt.
Göthe 9, 329;
recht und gnade (vgl. dazu unten 2, e): von gnade und recht will ich singen. ps. 101, 1;
die gnade flieszet aus vom throne,
das recht ist ein gemeines gut.
Uhland ged. 100.
i)
das recht soll gleich sein: gleiches recht für alle; ein gleich und gemein rächt dem armen und dem reichen, aequabilitas juris. Maaler 323ᵈ; bildlich:
der todt helt gleiches recht. wer hundertjährig stirbet,
verweset ja so bald, als der so jung verdirbet.
gemeinsam allen völkern: gemein recht aller völker, jus gentium, jus humanum. Maaler 327ᶜ; wenigstens gemeinsam für ein volk: es sol einerlei recht unter euch sein, dem frembdlingen wie dem einheimischen. 3 Mos. 24, 22; ein gesetze, ein recht sol euch und dem frembdlingen sein der bei euch wonet. 4 Mos. 15, 16; jedes volk und land hat sein eigen sprach, gelegenheit und ort, also sein eigen sitten, recht, bräuch. Agr. spr. 54ᵇ; oder für eine gemeinde: nun ist ein jeder fleck und statt éin grosz hausz, darinn éin recht, glaube und policey ist. 69ᵇ.
k)
unterschieden ist jedoch das recht
α)
nach ländern: das römische recht, das deutsche recht; jus quirinum, romisch recht Dief. 312ᶜ; nach dem rechte der Meder und Perser, welchs niemand ubertretten thar. Dan. 6, 8; du weiszest herr könig, das der Meder und Perser recht ist, das alle gebot und befelh, so der könig beschlossen hat, sol unverendert bleiben. 15; und nach landestheilen; gemeines recht im gegensatz zu landrecht, stadtrecht, sonderrecht, vgl. unter landrecht 1, th. 6, 128; sächsisches, preuszisches, bairisches recht; lübisch recht, glüpisch recht (jus Lubecense, jus captiosum). Pistorius thes. par. 1, 58; wir sind euer herrn und euer recht, und wann jemand beschriebenes oder gewönliches recht anzeigt, so ist es dem gebieter entgegen. Schütz Preuszen 137; hat der Brüsseler nicht ein ander recht als der Antwerper? der Antwerper als der Genter? Göthe 8, 202; bedingt recht bricht landrecht. Simrock 446.
β)
nach dem gesetzgeber: ouch sprichet daʒ bêbistlîche recht. d. myst. 1, 93, 29;
Witege und Heime   die brâchen gotes reht.
Alpharts tod 14, 1;
dô gebôt er den fürsten sâ,
daʒ si behielten Karles reht.
Wigalois 244, 10;
noch hatte Drako nicht sein blutig recht geschrieben.
Lichtwer schriften 179.
γ)
nach stoffen, vgl. personenrecht, sachenrecht; obligationenrecht, handelsrecht, kirchenrecht, eherecht, erbrecht, schifffahrtsrecht u. a.; und wenn ein frembdlinger bei euch wonet, der sol auch dem herrn passah halten, und sols halten nach der satzung und recht des passah. 4 Mos. 9, 14; das recht über ligende guͤter, jus praediatorium. Maaler 327ᵃ.
δ)
nach ständen: geistliches recht, weltliches recht; jus canonicum geistelich recht, jus civile leyenrecht l. werltlich recht, jus patronatus lehenhern recht Dief. 312ᶜ; legista, einer der da das weltlich recht weis 323ᵃ; wältlich recht, jus civile Maaler 327ᵃ;
die grauen räthe flehn den kaiser auf den knien,
dem recht der ritter nachzugeben.
Wieland 22, 33 (Oberon 1, 52);
des königs recht, das recht das seinen stand betrifft, unter dem ein könig steht:
hêrre, sô enwelt ir niht
behalten iuwer wârheit?
werdet ir des überseit,
daʒ ir urwære (wortbrüchig) sît,
sone sult ir nâch derselben zît
deheines landes künec wesen.
heiʒet küniges reht lesen:
vindet ir eʒ niht dâ,
ich gân von mînem rehte (anspruche) sâ.
Tristan 332, 34;
königs recht kann aber auch in die bedeutung der vorrechte eines königs (I, 3, d) hinüberspielen oder übergreifen: verkündige jnen das recht des königs, der uber sie herrschen wird. 1 Sam. 8, 9; das wird des königs recht sein, der uber euch herrschen wird, ewre söne wird er nemen zu seinem wagen, und reutern, die fur seinem wagen her draben. 11.
l)
der plur. rechte in zweierlei bedeutungen.
α)
entweder mit bezug auf die bedeutung k, von den unter sich verschiedenen rechten: ein doctor beider rechte, des geistlichen und weltlichen; die göttlichen und auch wältlichen recht lassen das zu, fas et jura sinunt. Maaler 327ᵇ; ein newer jurist .. sei im ersten jahr ein Justinianus, dunkt sich uber alle doctor, und hab alle recht in seinem kopf. Zinkgref apophth. 1, 244; ja solches ist in allen rechten bräuchlich, und wird in heiliger schrift bestetiget. Simpl. 1, 59 Kurz.
β)
oder als theile eines in sich geschlossenen rechts, mit rücksicht auf kundgebung oder aufzeichnung zu verschiedenen zeiten oder bei verschiedenen gelegenheiten, oder auch auf verschiedenen stoff eines und desselben rechtes: diz sint diu reht ze Basil. Basler bischofs- u. dienstmannenrecht s. 17; dis sind die rechte die du jnen solt furlegen. 2 Mos. 21, 1; das jr alle meine satzung, und alle meine recht haltet und thut. 3 Mos. 19, 37; nach meinen rechten solt jr thun, und meine satzung solt jr halten. 18, 4; die sitten, rechte, gesetz und gebot, die er (gott) euch hat beschreiben lassen, die haltet. 2 kön. 17, 37; das ich deine rechte lerne. ps. 117, 71; das heil ist ferne von den gottlosen, denn sie achten deine rechte nicht. 155; er zeiget Jacob sein wort, Israel seine sitten und rechte. so thut er keinen heiden, noch leszt sie wissen seine rechte. 147, 19. 20; donoch machet er (Justinian) keiserlich recht die man noch haltet. d. städtechr. 8, 32, 1; die keiserlichen recht verbieten monopolia, die fürkäufe. Agr. spr. 125ᵃ; die rechte bringens also mit, jura hoc volunt, legibus hoc licet, sancitum est, obtinet. Stieler 1548; es ist den rechten zuwider, leges vetant, obstant, contra fas, juri inimicum, adversarium est. ebenda; die sonderlichen rechte eines landes, jus statutarium. Frisch 2, 97ᵃ; der schöppenstuhl ... ist mit lauter leuten besetzt, die der römischen rechte unkundig sind. Göthe 8, 36; wie uns Niederländer zuerst einzelne fürsten regierten, alles nach hergebrachten rechten, privilegien und gewohnheiten. 201.
m)
recht, plur. rechte als studium und wissenschaft: das recht, die rechte, rechte studieren; ein lehrer der rechte; ein doctor beider rechte; der rechte doctor; professor des römischen rechts; (beisitzer) der recht gelehrt und gewürdigt (mit einem grade versehen). cammergerichts-ord. zu Worms 1521, i; ob sie lieber einen doktor der gottesgelahrtheit, oder der rechte .. zu ihrem manne haben will. Lessing 1, 258;
nicht verdenke mich so schlechten
ungeschickten zimmermann,
ein so dumpfen, in den rechten
ungelehrten unterthan!
Spee trutznacht. 189, 147;
(wo man) wissenschaft und recht nach würden schätzt und ehret.
wir lieszen voller lust den ernst der rechte liegen,
und dachten dir ein lied von netter kunst zu weihn.
596;
du kannst den grund der rechte lernen,
wo uns kein irrtum mehr bedöhrt.
Aeneas Sylvius gibt diesem herrn das lob, das er sich sehr der römischen recht beflissen, die er jhm auch hatte verteutschen lassen. Zinkgref apophth. 1, 164;
als ich mich des rechts beflissen
gegen meines herzens drang.
Uhland ged. 79;
als etliche schullehrer disputierten von erhaltung der adelichen geschlechter und stammhäuser, und allerhand dahin gerichtete pacta familiae, wie mans in recht nennet, vorzogen und gedachten. Zinkgref apophth. 2, 98.
n)
recht, mit bezug auf die practische handhabung. es heiszt das recht handhaben, vertheidigen, feststellen, setzen, das recht besteht: durch mich regiern die könige, und die ratherrn setzen das recht. spr. Sal. 8, 15; die Holsten vertheidigen ihr recht mit dem schwerte. Pistorius thes. par. 5, 63; das recht beraten, nachschlagen, nachlesen; uber das recht gon und von einsi schwären handels wägen radt suͦchen und bescheid nemmen, jus consulere. Maaler 327ᶜ; eim dʒ rächt aufthuͦn, reddere judicium. 323ᵈ;
zermalmt habt ihr die fremden horden,
doch innen hat sich nichts gehellt,
und freie seid ihr nicht geworden,
weil ihr das recht nicht festgestellt.
Uhland ged. 92;
dasz weisheit nicht das recht begraben,
noch wohlfahrt es ersetzen mag,
dasz bei dem biedern volk der Schwaben
das recht besteht und der vertrag.
101;
das recht verletzen, beugen, verdrehen, mit füszen treten; meinstu das gott unrecht richte, oder der allmechtige das recht verkere? Hiob 8, 3; einem das rächt abschlahen, nit tag gäben oder fürlassen, judicium non reddere. Maaler 323ᵈ;
hab auch kein recht nie aufgezogen,
gekrümt, verschrenket noch gebogen.
H. Sachs dicht. 2, 74, 83 Tittmann;
Calandro beugt das recht, und hebt des bruders rang.
so ist die welt Schlaraffenland, in dem sich straf und recht verkehren.
428;
dein corpus juris liegt, darinnen sieh dich um,
und mache hier das recht nach willen grad und krumm.
784;
nach dem rechte, wider das recht; nach dem geltenden rechte verfahren, wider das recht nicht handeln;
herrschaft ohn schutz,   reichthumb ohn nutz,
richter ohne recht,   lother und spitzknecht, ..
geizige platten   kan man wol entrathen.
Zinkgref apophth. 1, 249;
verfahrt nach recht, nicht nach gewalt.
Ptolemeus Macron, der die Jüden gern bei recht geschützt hette, weil sie bis her so viel gewalt und unrechts erlidden hatten. 2 Macc. 10, 12; in sprichwörtlichen wendungen: das recht ist der wachenden. Agr. spr. 71ᵇ; schlagen ist kein recht. Pistorius thes. par. 7, 67; wo der kaiser hinkommt, da stehet ihme das recht offen. 10, 7; das recht ist gut, aber die rechtspractica taugt nichts. das recht wär wohl gut, wenn mans nicht krumm machte. Simrock sprichw. 444; geschriebenes recht ist ein breites dünnes netz, die mücken bleiben drin hängen, die hummeln brechen hindurch. 445; geschriebenes recht ist eine grosze glocke: wenn nur der schwengel nicht so leicht herunter fiele. ebenda.
o)
da recht vorzugsweise als ein aufgeschriebenes gedacht wird, so steht es auch mehr oder weniger deutlich im sinne von gesetzbuch: ein artickel stet in dem rechte also lutende. Magdeb. fragen 2, 5, 2, s. 173;
wer ietz kan ungewonlich schwür,
die dann verbieten duͦnt all recht,
den halt man für ein frischen knecht.
Brant narrensch. 87, 13;
dieweil die recht ausztrücklich sagn:
der kläger folgt dem beklagtn nach.
J. Ayrer fastn. sp. 40ᵈ (2539, 29 Keller);
die fürsten des kaiserreichs, so viel von ihnen zugegen,
ein jeder sieht sich selbst in meiner verdammung gekränkt.
sie murmeln, dem meere gleich, wenn sich von fern zu regen
der sturm beginnt: sie bitten, dringen, legen
das recht ihm vor.
Wieland 22, 32 (Oberon 1, 49).
p)
andrerseits zeigt sich ein ungeschriebenes recht, als eine rechtsgewohnheit für besondere fälle, nicht nur im eigentlichen strengen sinne: ists auch recht bei euch, einen römischen menschen, on urteil und recht geiszeln? ap. gesch. 22, 25;
die von Sparta hetten ein recht,
das sie mit wein füllten jr knecht,
lieszen jr sön sehen mit fleisz
der vollen knecht schendlich abweisz,
die füllerei mit zu verschmehen.
H. Sachs fastn. sp. 1, 64, 350;
sondern auch in freierem sinne, wie sitte, gewohnheit, der man sich zu fügen hat und ungestraft nicht entzieht:
kannst du vom himmel es erbitten,
so sei dein eigner herr und knecht,
diesz bleibt des mittelstandes recht.
Lichtwer fabeln 2, 6;
es wird gesprochen von einem jägerrecht (s. d. nr. 4, theil 4², 2223), von einem kutschenrecht oder wagenrecht, das bestimmt, wie in éiner kutsche zusammen fahrende sitzen sollen; ein mäulchen, kleine! das ist ballrecht. Wagner kindermörderin 5; von einem kriegsrecht (s. d. nr. 1, th. 5, 2288 fg.), faustrecht u. s. w.: jus potandi oder zechrecht (als tractat 1616 erschienen); wer das faustrecht hab, der könne auch leicht das recht im rechten haben. Zinkgref apophth. 1, 258; als er (Brennus) mit hörskraft Italien uberzogen, und jhn die Römer fragen lieszen, was er doch in jhrem land Hetrurien zu thun, und was recht oder ansprach er zu demselben hette? liesz er jhn antworten: er und seine soldaten tragen jhr recht in den waffen, und gehöre alles den dapferen mannhaften leuten zu. 402, zugleich mit beziehung auf oben I, 4, e; wann ich aber je zulassen wolte, dasz die weiber sie (die flöhe) in ihren bann jagen, fangen und nach waldmanns recht metzeln dörften. Simpl. 1, 268 Kurz;
landtsknechts recht hie nicht helfen thut.
J. Ayrer fastn. sp. 49ᶜ (2586, 4 Keller);
nicht auf der stärke schrecklich recht beruft euch,
mylady! es ist der gefangenen nicht günstig.
Schiller M. Stuart 1, 7;
der liebe recht:
hat dir dann gott ein pfand geschenket,
so werd es von dir nicht versenket;
halt nur damit der liebe recht,
so bist du gott ein werter knecht.
Reinh. v. Freientahl (1700) s. 24.
2)
recht, von der anwendung der gesetzlichen norm auf den einzelfall.
a)
das dieser norm gemäsze, eine gerechte sache; als recht haben (verschieden von II, 2, a oben): uuanda ih reht habeta, be diu gestreit ih. Notker ps. 9, 5; wer wil mit mir haddern? last uns zusamen tretten, wer ist, der recht zu mir hat? der kome her zu mir. Jes. 50, 8 (vgl. dazu auch oben I, 4, f); wann aber (beim gericht) das gegentheil auch gehört wirt, so wirt es offenbar, welches theil recht oder unrecht hat. Agr. spr. 112ᵇ; glaubt mir, wenn wir recht haben, werden wir gerechtigkeit finden. Göthe 10, 61; und sonst: denn ich weis, das der herr wird des elenden sache, und der armen recht ausfüren. ps. 140, 13; wenn er des armen recht reden sol. Jes. 32, 7;
allein der kleine druck, am rande hier und da (im corpus juris)
das sind die glossen, herr papa,
die von juristenfintchen handeln,
der kern des ganzen rechts, das ränk und griffe lehrt,
wodurch sich recht in schuld verkehrt.
Lichtwer fab. 4, 25.
b)
geordnete feststellung eines rechtsanspruchs, die eine partei sucht: es heiszt recht suchen, sein recht suchen; recht finden; er hat bei den gerichten dieses landes nicht recht finden können; recht weigern, sich recht verschaffen; sondern ich müst umb mein recht flehen. Hiob 9, 15; wil man recht, wer wil mein zeuge sein? 19; ich bin gerecht, und gott wegert mir mein recht. 34, 5; ich will dem landesherrn einen fuszfall thun. ich will mir und meiner tochter recht schaffen. Gellert 3, 207; ich verlange mein recht. Wieland 20, 13; ich bitte mir zu meinem recht zu verhelfen. ebenda;
ihr erschlugt
den landvogt, der euch böses that — auch ich
hab einen feind erschlagen, der mir recht
versagte.
Schiller Tell 5, 2;
beschlosz er, da er recht nicht konnte finden,
sich rach zu holen mit der eignen hand.
5, 1;
versöhnt, vereinigt, sind sie mächtig gnug,
euch zu beschützen gegen eine welt
und recht sich zu verschaffen — gegen euch!
braut von Mess. v. 100;
an a rührend: ich habe es aber nunmehro beschlossen, mein recht nach den römischen gesetzen auszuführen. Lessing 3, 51;
denn du führest meine sache
und mein recht so herrlich ausz.
H. Albert in den ged. des Königsberger dichterkreises s. 8.
c)
die entscheidung eines richters in einem solchen falle; sie wird begehrt: rechts begeren, jus postulare. Dasyp.; und im alten gerichtsverfahren stets mündlich verkündet, daher recht sprechen, für recht sprechen zuerst ganz sinnlich gemeint, aber schon früh auch von der rechtlichen entscheidung mittelst urkunde: iudicare est ius dicere, reht finden, reht sprechen. Notker 1, 617, 21 Piper; ab dy ratmanne ortel, do man sy umb froget unde betet, uswendigen umbsessen vorkoufen megen. hiruff spreche wir scheppin zcu Magdeburg recht: ratmanne sullen kein ortel uszgebin uszwendig irre stad. Magdeb. fragen 1, 1, 4; hiruff sprechen wir scheppin zcu Magdeburg vor ein recht. 1, 1, 1; (Friedrich Barbarossa), als er daselbst viel tag nach einander offene gerichtstag gehalten, die partheien selbst gehört, und jhnen in beisein etlicher rechtsgelehrten recht gesprochen. Zinkgref apophth. 1, 34; die grichtsleuth sollen auch schwören, gleich recht zuͦ sprechen fürderlich, dem reichen alsz dem armen. Basler rechtsqu. 2, 225 (von 1687); einen tüchtigen braven mann zu haben, der den leuten recht sprechen soll. Göthe 21, 168;
da solt ihr (apostel), sag ich (Christus) euch, mit mir
den urtheilstab zerbrechen,
und den geschlechtern Israels
das recht auf stühlen sprechen.
freund, einem armen recht zu sprechen
und, wenn die unschuld weint, an frevlern sie zu rächen,
ist göttlicher, als ein gedicht!
Uz 2, 366;
(ich, der könig) habe recht gesprochen und recht geübt.
Uhland ged. 7;
in freiem sinne:
morgen sitzt sie (Venus) hier zu throne;
morgen blinkt ihr richterstab.
wie zur strafe, so zum lohne
spricht sie mildes recht herab.
Bürger 1ᵇ;
zu recht erkennen: dasz also aus diesen und andern angeführten gründen .. zu recht zu erkennen sei. Wieland 20, 33; leute welche für einen leidlichen preis alles was der hof gern sah, zu recht erkannten. 7, 82; das recht weisen. Haltaus 2061, das recht schöpfen, ebenda 1643; diese rechtsentscheidung geschieht durch urtheil, und recht und urtheil sind daher formelhaft: sie haben uns on recht und urteil, öffentlich gesteupet. ap. gesch. 16, 37; ists auch recht bei euch, einen römischen menschen, on urteil und recht geiszeln? 22, 25; der keiser verharrete auf seiner meinung, befahl jhn nachmals, angesichts, ohne urtheil und recht, zu tödten. Zinkgref apophth. 1, 23;
wie nun nach urtheil und recht gebunden Reineke da stand.
Göthe 40, 63.
d)
durch solche entscheidung wird einem recht gegeben: wie soll jhm aber der gefallen baum und gebissen hundt thuͦn, kompt er für den richter, der ist auch ein mensch, der armuͦt feindt, der laszt dir im kat kein recht gehn, sondern spot (spottet) dein, .. und helt es mit dem hohen zaun, und cederbäumen, die in allen ehren und lust daher blühen, den gibt er recht und gewunnen. Agr. spr. 49ᵃ; oder die eine partei gibt der andern das recht:
so bin ich der winter, ich gib dirs nit recht,
o lieber sommer, du bist mein knecht!
Uhland volksl. 23,
in einem streit zwischen winter und sommer, der als rechtsstreit mit rede und gegenrede durchgeführt wird; schlieszlich:
o lieber sommer, ich gib dirs recht,
du bist mein herr und ich dein knecht.
29;
und der siegende behält recht: so komme der herr nur gleich stehenden fuszes wieder zurück nach Abdera vor die obrigkeit, .. da wollen wir sehen, wer von uns beiden recht behalten wird. Wieland 20, 8;
beschlossen sie, dasz ihren streit
ein kluger richter schlichten sollte.
als nun der weisze recht behielt,
da sprach das schwarze kind der Mohren:
du siegst; ich habe hier verspielt,
in Tunis hättest du verloren.
Lichtwer fab. 1, 15;
wie einem recht geschieht:
aber die acta ich hie bring,
wie hierin gschaffnen seind all ding.
darinnen könd jr auch ersehen,
ob euch sei recht oder unrecht gschehen.
J. Ayrer fastn. sp. 49ᶜ (2585, 30 Keller).
e)
parteien haben nur vor dem richter recht zu nehmen und recht zu geben, seiner richterlichen entscheidung nachzuleben: wer in der stat bobin jar unde tag wonhaftig ist und andirs in keiner stat besessen, der sal recht haben, gebin unde nemen glich einem andirn besessen burger. Magdeb. fragen 2, 5, 3, s. 174; dasz sü denne vor den selben meister und rat zuͦ Hagenowe, die denne zuͦ ziten sint, recht geben und nemmen, und was in die von der geschiht wegen darumbe erteilent, sprechent oder erkennent, daʒ sü daʒ alle und jeglicher besunder halten und vollefüren süllen. d. städechr. 9, 1025, 36; under einsi gericht ghören, und recht bei jm nemmen und suͦchen, jus petere ab aliquo judice. Maaler 327ᶜ;
Braun der bär ist gekommen, des königs gerichtlicher bote,
denn es hat der könig geschworen, ihr solltet bei hofe
vor gericht euch stellen, ich soll euch holen, damit ihr
recht zu nehmen und recht zu geben keinem verweigert.
Göthe 40, 21,
wie mnd.:
kome gi nicht to hove, to deme gedinge,
unde ik ju nicht mit mi en bringe,
dat gi dat recht nemen unde geven,
dat wert ju kosten juwe leven.
Reineke fuchs 493;
würd es in der kristenheit slecht (übung),
dasz iederman müst geben recht.
Liliencron volksl. 1, 464, 10,
d. h. statt der fehde dem ordentlichen richter sich stellte; eine variante liest:
dasz iederman müst geben und nemen recht.
s. 466;
straffällig ist, wer sich selbst recht nimmt:
und nimmt man selbst am wirthe recht
iszt man profoszenbrot.
Göthe 1, 148.
verschieden ist recht nehmen von einem, unten 3, k.
f)
auch die strafende entscheidung des richters gegen den übelthäter ist recht: wirt aber jemand ergriffen in der übelthat, über den laszt man gehen, was recht ist, dann offne that strafen, kan niemand für unbillich achten. Agr. spr. 121ᵇ;
wers (sie, die räuber) usz und in tuͦt laszen (in burgen),
si (sei er) edel oder knecht,
ist mit in in gleichem recht (wird gleich gestraft).
Uhland volksl. 371;
sölt ich sie (meine frau) lan verbrennen,
si het der sachen guͦt recht (diese strafe käme ihr zu),
si tregt iez einen erben
bei meinem ältern knecht.
323;
daher einem sein recht thun, ihn wegen eines verbrechens strafen; einem wird sein recht, er findet, leidet sein recht: und der könig sprach zu den weisen, die sich auf landes sitten verstunden .. was für ein recht man an der königin Vasthi thun solt, darumb das sie nicht gethan hatte nach dem wort des königs. Esther 1, 15; ist er (der dieb) erschrocken aus der kirche gangen, und als er auf diesen eisern rust zu stehen kompt, kan er nicht weiter fortgehen, die eisern zerschmelzen ihm unter den füszen, dasz er sinken und also stecken bleiben musz, bisz man kompt und jhn öffentlich absolvieret, und jhm sein recht thut (d. h. ihn zum galgen verurtheilt). pers. reisebeschr. 2, 3, s. 71; und so wol auch im plur. der rechte schuldig sein, die betreffenden auf eine that stehenden strafen verdient haben:
ach, gnediger herr, ich bin allein
der recht schultig an diser that,
die mich Gerwalt anglernet hat.
J. Ayrer 419ᵈ (2108, 16 Keller);
auch in freierem sinne, von nicht gerichtlicher strafe: es wäre zu wünschen, dasz jeder andere betrüger und gaukelhans ebenso sein recht und seinen meister finden möchte. Hebel 2, 50; das letzte recht ist die todesstrafe: wiltu ja mich deinen diener hinrichten, so thue es doch mit einem schein des rechtens, damit das letzte recht dich nicht treffe. pers. rosenthal 1, 25;
du hast die tödtlich hitz, als sie so krank da lagen,
dasz auch in sie der todt sein letztes recht wolt wagen,
verendert in ein hitz, davon die lieb sich nehrt.
Jac. Creutz bei Opitz (1624) 191.
g)
der strenge dieses rechts gegenüber steht die barmherzigkeit, gnade (vgl. dazu vorher 1, h): wann er zu gott rufe, so bitt er umb gnad und barmherzigkeit, und nit umb das recht, warumb er dann seinen underthanen nicht auch viel mehr die gnad ertheilen, als sie der strengen gerechtigkeit nach strafen solte? Zinkgref apophth. 1, 75; lassen sie gnade für recht ergehen, mein fürst! Schiller hist.-krit. ausg. 4, 82;
doch weil ein quintchen vaterhuld
viel tausend centner meiner schuld
durch dein erbarmen überwieget;
so gieb genade vor das recht.
herr landvogt, wir erkennen eure hoheit;
doch lasset gnad für recht ergehen.
Schiller Tell 3, 3.
h)
recht aber auch der rechtsschutz im einzelfalle, rechtshilfe, und recht thun, solche hilfe gewähren: und ist, daʒ ein man sînes wîbes morgengâbe verkoufen wil oder versezen, oder swie er si âne wirt, eʒ sî mit ir willen oder ân ir willen: die wîle der man lebet, ob si dar ûf klaget, man sol ir reht tûn umb ir morgengabe. Schwabensp. cap. 20, 2.
i)
als schluszformel richterlicher entscheidungen steht schon im 14. jahrh. von rechts wegen, was sich ebenso auf die entscheidung wie auf das ihr zu grunde liegende recht (III, 1) bezieht: von rechtis wegen. Magdeb. fragen 1, 1, 1 u. oft; al daʒ gut, do ein man mit bestirbit, iʒ sy varent oder unvarend, daʒ unvorgabit ist und unvorpfendit, daʒ heist allis erbe von rechtis wegin. Magdeb. blume 2, 1, 1; oft abgekürzt als v. r. w.: so vint man: er sy seins vaters erbe unwerdig. v. r. w. 2, 1, 50; dasz .. kläger aber, einwendens ungeachtet, nicht nur mit seiner unbefugten forderung abzuweisen, sondern auch in alle kosten .. zu verurtheilen sei. v. r. w. Wieland 20, 34; diese formel ist in freiere redeweise übergegangen, es heiszt etwas von rechts wegen haben, besitzen, thun, ausüben, gleichsam nach zuerkanntem richterlichem rechte, daher mit unantastbarer berechtigung; von rechts wegen hätte der junge hiebe verdient, sagt der über einen streich des sohnes erbitterte vater; von rechts wegen müszte er eine belohnung haben; von rechtswegen sollte ich dir dienen, secundum civilitatis regulas. Frisch 2, 96ᵃ; von rechts wegen sollte er wieder hier sein, officii lege. ebenda; was solchergestalt sich wieder mit dem mit recht oben II, 1, d berührt.
k)
recht in den formeln zu recht, eigentlich gemäsz rechtlicher entscheidung, daher mit rechtsgrund, unanfechtbar: diese ruhmbegierde .. wurde vor gericht gefordert, um die gültigkeit ihrer ansprüche und beschwerden untersuchen zu lassen; und es befand sich, dasz sie nicht zu recht bestehen konnten. Wieland 3, 388; alle Germanenfürsten im Römerreich waren sich wohl bewuszt, dasz ihr besetztes land ihnen nicht zu recht gehörte. G. Freytag bilder 1, 126;
noth erkennt kein gebot, und so besteht es zu rechte.
Göthe 40, 156;
es zeige sich dann ein würdiger gegner
gleich mit mir von geburt, ein jeder führe sein recht aus.
wer dann ehre gewinnt, dem mag sie bleiben. so hat es
immer zu rechte gegolten, und ich verlang es nicht besser.
150,
für das mnd.
dit recht heft hir alle tît gestân.
Reineke fuchs 4431;
mit recht, mit rechtsgrund, auf gesetzliche weise:
auch kann durch keine macht im himmel und auf erden
dem, der ihn nicht geraubt, der ring entrissen werden:
die allgewalt, die in ihm ist, beschützt
sich selbst und jede hand, die ihn mit recht besitzt.
Wieland 23, 26 (Oberon 7, 36);
auf recht: landsmann! der has ist mein und ich neme ihn als ein gestolen gut auf recht hinweg. Simpl. 1, 352 Kurz.
3)
in einer gröszeren reihe von verbindungen geht recht nicht sowol auf rechtsanspruch und rechtsentscheidung, als auf das ganze gerichtliche verfahren, die rechtsprozedur (und hier der minne gegenübergestellt, vgl. die formel minne oder recht, th. 6, 2240):
bi herren und bi knechten
halt niemant nicht von rechten,
ein ieder wils uszfechten
wie es in dunket guͦt
in sinem übermuͦt.
Uhland volksl. 369;
ihr meint durch langes recht die schnelle pest zu dämpfen,
die augenblicklich wächst! ihr meint mit recht zu kämpfen,
indem er (der gegner) spiesz ergreift!
A. Gryphius (1698) 1, 14;
in bezug auf die processführenden (ak).
a)
ein recht anfangen, einen rechtsstreit; ein recht schieben, ihn an eine andere instanz leiten: als das recht nun geschoben ward für den kaiserlichen hof. d. städtechr. 5, 206, 3; nun ist ze wissen, dasz es widerumb von dem kaiserlichen hof geschoben ward für das lantgericht gen Anspach und solten die von Argun das recht widerumb anfahen. 32; das recht treiben, einen rechtshandel führen: dieselben sün und ir mueter triben das recht anfüro bei dem kaiserlichen hof bisz vol ausz an das end. 24; das recht mit einem ausstehen, in demselben sinne: solt ein hausherr nicht recht und macht haben, einen gast oder knecht, heiszen ausziehen, er müszte denn zuvor ursache sagen, und das recht mit jm ausstehen, so were es ja ein armer gefangener hausherr, in seim eigen gut. Luther 49ᵇ.
b)
einem das recht bieten, es auf ein rechtsverfahren abstellen. Schm. 2, 25 Fromm.: und puten dem marggrafen aber recht für unsern gnedigsten herrn den römischen könig gen allen fürsten. d. städtechr. 2, 140, 9; also traten die von Nürmberg für die vorgenanten fürsten und herrn und sprachen: seint sie marggraf Albrecht bei solcher ir gerechtigkeit nit wölt bleiben lassen, so puten sie im recht von der stat wegen zu Nürmberg für unsern gnedigen herrn den römischen künig. 141, 15; daher in freierem sinne, einem das recht bieten, einem trotzen, nicht gutwillig eine forderung erfüllen:
fürwitz. darumb weich bald und troll dich ferr!
tr. Eckhart. ei, last mich gehn! ich beut dirs recht.
H. Sachs fastn. sp. 1, 99, 25;
das recht darschlagen (vgl. dazu einem einen kampf darschlagen, anbieten, th. 2, 789): als er geglaubt, er habe den schuldner auf der gabel, schlage dieser ihm recht dar, weil er beweisen wolle, Hans Joggi habe ihn betrogen und angelogen. J. Gotthelf schuldenb. 328.
c)
das recht brauchen: mit einanderen das recht brauchen, jure certare inter se. Maaler 327ᵇ; das recht geht über einen, das rechtsverfahren wird eingeleitet: werdet jr mir nicht den traum sagen, so gehet das recht uber euch, als die jr lügen und geticht fur mir zu reden furgenomen habt. Dan. 2, 9; ohne recht, ohne (vorherigen) prozess:
da man mir nunmehr ein laster angedichtet,
und sonder schuld und recht das leben abgesagt.
Günther 1016.
d)
einem recht halten, abhalten, rechtsverhandlung führen; als richter, auf anrufen: der künig helt ein statthalter da, der den gesten recht helt. Frank weltb. 207ᵃ; ja es were kein recht an dem hof, wan wir diesem Jesu nicht sein recht in dieser andern instanz abhalten wolten. Ayrer proc. 2, 2; als partei, rede stehen vor dem richter, namentlich als beklagter, der zu recht geboten, ins recht gefordert wird (unten h): hette er aber dar über ichtes hinz uns zuͦsprechen, darumb wölten wir im gern recht halten an den stetten, da wir daʒ pillichen tuͦn söllten. d. städtechr. 5, 341, 20 (Augsburg, von 1414); eʒ sol auch ieder soldener halden recht, warumb man in anspricht, vor der stat richter. 1, 170, 32 (Nürnberg, von 1356); eʒ sol auch kain burger briefe gewinnen, daʒ er niht rehtes halten sulle vor dem schulthaiʒem zu Nüremberg. Nürnb. pol.-ordn. 20; ebenso das recht thun: und wer, daʒ imant von deʒ amptmans zwin knechten oder ir eim gepfent burd (würde), und sprech derselb, daʒ er niht pfant verborkt (verwirkt) het, deʒ recht sol man dar umb nemen, und sol er daz recht vor den amptlewten tun. d. städtechr. 1, 29, 30; doch so solt er auf einen tag komen gen Nurenberg und do sein recht mit dem aid thun. 3, 123, 22.
e)
einen ins recht fassen, mit einander ins recht treten, geraten: lasset sie mit einander ins recht treten. Luther br. 4, 448; nach seim, desz testators todt, gerahten die patres und der sohn derentwegen (wegen der erbschaft) ins recht miteinander. Zinkgref apophth. 2, 144; da habe er ihn ins recht fassen wollen. J. Gotthelf schuldenb. 328; einen mit recht vornehmen: mit recht fürnemmen, dicam scribere. Maaler 327ᵇ; als er (ein fuhrmann) aber den wein verkaufen will, und jhn niemand kaufen wolt, weil er fast aller wasser ware, kompt er wider zum würth, will jhn mit recht fürnemmen. Zinkgref apophth. 1, 357; mit recht beklagen: und was er vil schuldig, dasz man in beclagt mit recht. d. städtechr. 5, 70, 11.
f)
ins recht, zu rechte gehen: do die von Nürmberg nicht in verdingte recht mit im gen wolten (in ein rechtsverfahren vor parteiischen richtern). d. städtechr. 2, 125, 21 (vgl. sie sölten im rechtens sein vor ungeleichen und sundern, verdingten, fremden richtern und rechten, die im darzu gefügt hetten. z. 16); verfolgen sich und gehen zu recht, wie die unglaubigen heiden. B. Ringwald gebetbüchl., geistl. lied. C 8ᵇ;
(er) liesz nicht die leut zu rechte gehn,
sondern sich in die händel schlug,
und als ein vater sie vortrug.
spec. mundi (1590) J 3ᵇ;
in recht kommen: daʒ er meint, sölt er mit den von Nürmberg in recht komen an pillichen steten, er gewünn nicht vil an seinen sprüchen. d. städtechr. 2, 126, 9; sich ins recht begeben: sie weren nicht schüldig .. sich in recht mit jm zu begeben. Luther 3, 49ᵇ.
g)
zu recht stehen, einer rechtsverhandlung sich unterwerfen: in diesem allen erbiete ich mich stehen zu recht für jederman. Luther 1, 138ᵇ; so thar ich .. gegen solchem schrecklichen heiligen manne, des alles zu recht stehen. 6, 326ᵇ; dasz sie kein christen oder heiden fur gut genug achten vor ihme zu recht zu stehen. Ayrer proc. 2, 5; er soll, wenn er jemanden zu nahe tritt, zu rechte stehen, wie jeder bauer. Dahlmann dän. gesch. 1, 462; der herzog von Lothringen erklärte, dasz er .. vor niemand sonst zu rechte stehe, auszer vor dem könig allein. Ranke sämmtl. werke 1, 79;
stenet den klägern zu recht, sonst werdens die eurigen büszen.
Göthe 40, 37;
doch es komme was will, ich stehe redlich zu rechte.
61;
und bringe die klage
gegen Reineken ordentlich vor, hier steht er zu rechte.
186;
und er soll zu rechte mir stehn, nun mag er sich wahren.
188,
vergl. mnd.:
nicht schal he van hir wiken efte gân,
he schal mi hir to rechte stân.
Reineke fuchs 5624;
einem zu recht sitzen, der rechtsverhandlung warten: er solt ja schier wissen, das ich nach seinem tollen kopf nichts frage, und jm zu recht allzeit gesessen und gewertig bin. Luther 6, 325ᵃ.
h)
zu recht stellen: swelch burger sinen huͦbner andern enden ze recht stellet denne hie ze Nüremberg, der ist darumbe schuldig dem rihter und der stat zehen pfund haller. Nürnb. pol.-ordn. 20;
ich denke,
da er zu rechte sich stellt, von seiner sache das beste.
Göthe 40, 153;
zu recht bieten, bringen: umb solch sprüch bot sich der vorgenanter herr von Heideck zu recht. d. städtechr. 2, 123, 11; auch was nicht war, daʒ er sie nicht zu recht het mügen brengen. 125, 13;
wie man den frevler
endlich brächte zu recht, der schon so vieles verschuldet?
Göthe 40, 45,
nach mnd.:
he vragede, wat em best stunde to dôn,
dat men Reinken to rechte mochte bringen.
Reineke fuchs 1251;
zu rechte treiben:
du frommer gottesknecht,
treib deinen nechsten nicht zu recht,
aus lauter boszheit mit den dingn
sein sawren schweis an dich zu bringn.
B. Ringwald laut. warh. 120;
zu recht fordern: sie foddern mich zu recht, und wollen mit jrem gott rechten. Jes. 58, 2.
i)
im rechte liegen, schweben, hangen: biszweilen hatten die richter nit die zeit, biszweilen sagten sie es wären die hundstäg und ferien, biszweilen ... hiengen die patroni in kleinern rechten (prozessen), welche jetzo für sich selbst, jetzo durch denjenigen fleisz ausz dem ersten entsprungen. Schuppius 770;
ja wenn dir gleich im recht zu schwebn
von jemand wird anleitung gehn.
B. Ringwald l. w. 121 ('man sol sich nicht bereden lassen, eine alte sache zu fechten');
ein jeder der im rechte schwebt,
sich selber nur zur helfte lebt.
124;
die schwägern und die freunde
seind wider einander schlecht,
sich beiszen wie die feinde,
und schweben hart im recht.
442;
dann es ist besser was vermeidn,
und etwa kleinen schaden leidn,
als hoch geplagt mit hundesfliegn,
im ungewissen rechte liegn.
123;
mit leuten jetzt im rechte lieg.
tr. Eck. Lᵃ.
k)
recht nehmen von einem, einen rechtsstreit gegen einen ausführen, als kläger: und auh swas der zolner hawet ze prugge oder ze stegen, da suln si kain reht von in umbe nemen (ihn nicht verklagen). Nürnb. pol.-ordn. 303; und hetten sy ichtes ze sprechen hinz uns oder den unsern, da sullen sey recht von den unsern nemen und von uns hie uf dem dinkhus und auch recht halten. d. städtechr. 4, 153, 31; als beklagter: dau fiengen die von Augspurg Jörg von Riedheim bei Werd und schluͦgen im und sein knächten ir häbt ab, wenn er kein recht von ieren armen leuten nämen wolt. 236, 3; einen mit recht vornehmen: darnach namen sie jn mit recht fur, und weil der könig gen Tyro komen war, lieszen jr drei, des rats gesandten, den handel fur jn gelangen, das er darin solt recht sprechen. 2 Macc. 4, 43; dasz wir denselben Jesum mit recht fürgenommen, wir haben aber gleichwol in der ersten instanz die sach verloren. Ayrer proc. 2, 11;
wilt jn ernstlich mit recht vornemen.
B. Waldis Esop 4, 44, 14;
verschieden ist recht nehmen vor dem richter, was sich zunächst auf die richterliche entscheidung bezieht, oben 2, d; mit recht scheiden, im rechtsverfahren den streit zweier erledigen:
das thier sprach: kanstus jetzund leiden,
das uns disz pferd mit recht mög scheiden? (indem wir es zum richter wählen).
B. Waldis Esop 4, 99, 138.
l)
in bezug auf den gegenstand des rechtsverfahrens: den handel zuͦ recht setzen, contestari litem. Maaler 327ᵇ; der wirt ward unwürsz, dan er wolt den wyszpfenning haben, und Ulenspiegel wolt im den nit geben, und stelt das in das recht. Ulenspiegel 80, s. 119 Lappenb.; darumb auch solche wettungssachen, wann sie ins recht gelangen, .. nicht nach der scherpfe der rechten, sondern der billicheit und gelegenheit aller umbstende nach, sollen entscheiden werden. Frankf. reform. 2, 26, § 3; sachen und jrrungen, so entweder allbereit an das recht erwachsen, oder aber es an dem ist, und zu besorgen, dasz sie an das recht erwachsen möchten. 27, § 1;
richter. frau, sagt, setzt ir zu recht die sach?
frau. richter, ja, wie es sich halt mach!
richter. freunt, setzt ir eursz auch zu recht?
fastn. sp. 542, 9;
etwas wird im wege rechts erstritten, erlangt, erreicht; hieran anknüpfend, aber mit witziger beziehung auf recht haben oben II, 2, a:
kurz, Vastola beweist,
sie habe recht, mit so viel witz und geist,
dasz sich mit ihr herum zu fechten
Pervonten wenig edel däucht,
und sie mit ihrem haberechten,
zu künftgem präjudiz in ähnlichen gefechten,
was sie gesucht im wege rechts erreicht.
Wieland 18, 198.
m)
als sprichwörtliche redensart es steht im alten recht, der alte streit geht weiter, wird fortgesetzt (vergl. etwas ins recht stellen oben l):
hei, spricht der Wolf mit lachen, gefiel euch dieser schwank?
ich stritt aus hasz der städte und nicht um euren dank.
gut nacht und glück zur reise! es steht im alten recht.
Uhland ged. 369.
n)
einige formeln gehen sowol auf das formelle des rechtsverfahrens, als auf das damit in beziehung stehende materielle recht (oben 2, b): was ich im nahmen des erlauchten und hochwürdigen erzpriesters zu recht gefordert habe. Wieland 20, 171 (Abderiten 4, 15, in einer gerichtlichen rede);
alles soll Reineke büszen, was Braun zu rechte begehret.
Göthe 40, 31
(nach mnd.:
dat Reinken dit schal werden to lone,
al dat Brûn to rechte begert.
Rein. fuchs 893);
einen handschuh biet ich euch an, so wie ihn zu rechte
jeder fordernde reicht.
40, 205.
o)
recht endlich, bezogen auf eine beispielsammlung von processfällen nach ihrer verschiedenen natur und verschiedenem verlaufe: als das ich des ein exempel gebe, in der bawren aufrhur nehest vergangen, hat man wol etliche funden, die ungern mit gezogen sind, sonderlich was wolhabende leute gewesen sind .. etliche auch sind mit gezogen, aus vergunst jrer oberherrn, welche sie zuvor darumb gefragt haben. und was dergleichen felle mehr sich möchten begeben haben, denn niemand kan sie alle erdenken, noch ins recht fassen. Luther 3, 318ᵈ.
4)
wenn bereits in der vorigen bedeutung (3) recht aus dem sinne des rechtsverfahrens theilweise in den örtlichen und persönlichen begriff des gerichts und der richterschaft hinüberspielte, ohne ihn ausgesprochen anzunehmen, so tritt in einer reihe von fällen dieser begriff bestimmt hervor: stete, merkte adir dorfer, dy in meideburgische rechte legen (lägen). Magd. fragen 1, 1, 3, gleich darauf: stete, merkte, dorfir, dy undir uwir stat gerichte gelegin sint; umb dy beschuldigunge bot sich der man zcu komene vor der stat recht adir vor alle dy recht, dy in des herren lande gesyn mogen, vor den welde her sich verantworten. 3, 9, 3; ein recht besetzen, einen gerichtshof bilden: da kam von des Nenningers wegen maister Ruedolf und ander gelert leut, die begerten, dasz man in ain recht besatzte. d. städtechr. 5, 80, 25; also ward ain recht besetzt und waren 13 maister von baiden tailen: da erkant das recht, dasz wir ausz dem bann solten sein. 27; und besatzten die von Münichen das recht nach ir gewonheit. 217, 6; ein recht sitzen lassen: der liesz ein recht über in sitzen (über einen hochverräter). Aventin. chron. 2, 218, 13 Lexer; das recht sitzen, gerichtssitzung halten:
der hirsch was schultheisz, sasz das recht.
B. Waldis Esop 2, 27, 15. 4, 94, 19;
recht halten: dein gott der .. dich zum könige gesetzt hat, das du gericht und recht haltest. 1 kön. 10, 9; vor, auf recht bieten, laden, stellen, kommen: von dem brauch her haist noch der gemain man für recht pieten, laden, das die lateiner 'citirn' haiszen. Aventin. chron. 1, 79, 32; wie Caspar Törringer herzog Heinrichen auf das westfälisch recht lued. 2, 551, 4 (nachher lued herzog Heinrichen auf das westfälisch gericht. 7); wann (denn) er sie nie für recht lud. d. städtechr. 2, 125, 14; der wirt .. wolt für das recht nit. Ulenspiegel 80, s. 119 Lappenb.; beschlieszen kein ee, kummen ungern für recht. Frank weltb. 151ᵃ; (gott wird) dich als einn mörder .. für gericht und recht stellen und fordern. Agr. spr. 69ᵃ; sie kommend für den richter oder für das recht, procurrunt in jus. Maaler 327ᶜ;
du lügner, komm für recht.
Opitz 2, 470,
in jus, o fallax atque inficiator, eamus;
sich ans recht bringen lassen, ans gericht: umb geringe ding sol man sich nit ans recht bringen lassn. B. Ringwald laut. warh. 122; auf recht stehen, zu gericht, vor gericht. Schm. 2, 25 Fromm.; recht, gerichtssitzung. ebenda; auch in dem folgenden ist wol recht als gericht oder obrigkeit verstanden:
doch nicht zu jhm (dem händelstifter) mit feusten schlag,
sondern des morgens jhn verklag,
und lasz jhn eine halbe woch
das recht (= durchs gericht) verwaren in dem loch.
B. Ringwald laut. warh. 115.
IV.
dem subst. recht in der verschiedenen entfaltung seiner bedeutung geht das schwache das rechte zur seite; vgl. im folgenden unter dem adj. recht.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2,3 (1886,1887), Bd. VIII (1893), Sp. 364, Z. 73.

recht, adj. und adv.

recht, adj. und adv.
rectus, dexter, probus u. s. w.
I.
herkunft und form.
1)
ein altes gemeingermanisches wort, bis heute in allen dialekten geblieben: goth. raíhts; altnord. rêttr, schwed. rätt, dän. ret; ags. reht, riht, engl. ryht, neuengl. right; fries. riucht; alts. altnfr. reht, niederd. recht, niederl. regt; ahd. mhd. reht; von urverwandten bildungen entspricht altpers. râsta gerade, recht, richtig, und lat. rectus, hier deutliches particip zu lat. regere gerade richten, lenken, während in den germanischen sprachen ein solcher lebendiger zusammenhang mit einem verbum nicht mehr vorhanden ist. die sinnliche bedeutung des gerade aus gehenden, die auch in die des starren verläuft (ahd. rigidus harter l. rehter Steinmeyer 1, 239, 31) ist gegen die abgezogene die seltenere geworden, vgl. unten II, 1. 2 gegen 3—7.
2)
eine nebenform richt, mitteldeutsch vorkommend (Lexer mhd. handwb. 2, 376), ebenso niederdeutsch: den oelden wech richt uthwynte uppe de groten boken. weisth. 3, 87 (Westfalen, von 1480), erscheint auch, ganz ausnahmsweise, oberdeutsch:
den huͦt solt du abziehen nit,
oder mit ungefuͤgem sitt,
dasz er denk, du wölsts also riht
im werfen in das angesicht.
Grobian. G 4ᵃ (v. 1814).
steigerungsformen sind wenig gebraucht, namentlich wenn recht adjectivisch steht; in sinnlicher bedeutung (vgl. dazu unten II, 2), wie niederd. dextra en rechter hant Dief. 178ᶜ; to der rechtere hand. weisth. 3, 86 (Westfalen, von 1480);
mit ihrer rechtern hand begreift sie dreierlei.
Rist Parnasz 840;
vergl. dazu den comparativ linker oben theil 6, 1049; in abgezogener: zu einem viel rechtern gott (sich wenden). Lohenstein Arm., zuschrift b 1ᵇ; nichts aber rechter kan sein, dann recht. Frank parad. 156ᵃ; wie ahd.:
wir sculun unsih samanôn   zi rehteren redinon.
Otfrid 3, 26, 1;
häufiger, wenn recht als adverb steht: ahd. ih uuile iʒ rehtor sagen. Notker ps. 143, 15; mhd.:
du möhtest wol uns beiden
ein wênic rehter hân getân.
troj. krieg 2821;
nhd. (barette kamen um 1590 ab) weil die kramer zu vill im ufschlag dabei suchten und die arme studenten rechter zwei huth als ein bareth bezahlen kunten. chronik des 16. jahrh. im morgenblatt 1847 466ᵇ;
zwar kamen sie recht an, weil jhrem starken trab
den vortheil gab die noht, mich in den grund zu schalten:
doch kam got rechter an, der gleichsam war mein stab,
daran ich mich erhalten.
auch der tod geht darum vor, dasz wir rechter leben mügen.
Logau 2, 57, 18;
im superlativ: ein gar schönes carmen eines körnigen poeten, bei deme sie aufs rechtest einen jungen hofmann auszlachten. Schuppius 691;
disem unfal (dasz gäste lange sitzen bleiben) kompstu am rechtsten,
so du jn gibst den aller schlechtsten (wein).
Grobian. H 2ᵇ (v. 1988);
das was die meisten meinen,
das wil am rechsten scheinen.
Logau 2, 188, 63;
die neuere schriftsprache hat diese formen eingehen lassen, in oberdeutschen mundarten dauern sie in eingeengtem gebrauche, vergl. schwäbisch ich kanns nicht rechter geben (wolfeiler). Schmid 428; schweiz. er het nüd rechter chönna weggoh (früher). Tobler 360ᵃ; i gebs nüd rechter aweg (wolfeiler). ebenda; ebenso bairisch rechter lassen (billiger). Schm. 2, 24 Fromm.; in der Wetterau du bleibst rechter (besser) zu haus. du hättest rechter geschwiegen. Kehrein 326; auch in nd. volkssprache soll der comparativ noch üblich sein, vgl. Schiller - Lübben 3, 430ᵇ.
3)
die adverbialform, ahd. rehto, mhd. rehte:
frau, eur diern,
di fuͦget mir nicht rechte.
Erlauer spiele 4, 598;
klingt in einem seltenen rechte im 16. jahrh. aus:
mich dunkt ich tuͦ im rechte.
Uhland volksl. 320;
er macht ja alles rechte gut,
der tobe durch jhn hören thut,
den stummen macht er redent.
B. Ringwald evang. Dd 2ᵇ.
II.
bedeutung.
1)
der ursprüngliche sinnliche begriff des wortes (vgl. oben I, 1) hat sich bis in die neuere sprache erhalten, recht ist der gegensatz von krumm (vgl. th. 5, 2449) oder schief: recht, gestrack, rectus, prorsus Dasyp.; das rechte (rectum) wird als das gerade theils dem krummen theils dem schiefen entgegengesetzt. Kant 5, 33; mathematisch ein rechter winkel, wenn die zwei schenkel auf einander perpendicular stehen (vgl. ags. perpendiculo reht Wright - Wülcker 499, 32, nhd. ad perpendiculum recht nach der schnur Kirsch cornuc.); vergl. dazu senkrecht, scheitelrecht, wagerecht, lotrecht; von gerade aus gehenden wegen: Isidorus spricht, daʒ der fuhs selten rehte weg lauf, er lauf beseits und krumme weg. Megenberg 164, 3; und adverbial, von einer gerade aus führenden richtung: Ulenspiegel ... get recht zuͦ dem haus hin. Ulensp. 74, s. 109 Lappenb., wie niederdeutsch: (eine grenze) vort in dat westen, recht na dem suren holte up dem stamme einer boken. weisth. 3, 86 (Westfalen, von 1480); in der formel krumm oder recht in unsinnlicher bedeutung (beispiele unter krumm II, 3, b), oder spielend mit dieser:
Tortus wendet jmmer für, dasz er einer sei zu schlecht;
nein, er ist mir gar zu krum, denn das halt ich nicht für recht.
Logau 3, 178, 26;
ebenso übertragen in der formel schief oder recht, wo der begriff des geraden in den des richtigen verlaufen ist:
des fräuleins herz war, um es kurz zu sagen,
den mehrsten mädchenherzen völlig gleich.
es war so gut, so gut zu ganzen tagen,
als wär es schier ein kleines himmelreich;
doch heuchelei und list und wollust lagen
zu andrer zeit, wie mörder im gesträuch,
darin versteckt. ihr mädchenkenner, sprecht!
sieht mein porträt schief, oder sieht es recht?
Gökingk 2, 194.
2)
recht als gegensatz von link, ist ein später sprosz der vorigen bedeutung, in den alten dialekten noch nicht, im mhd. wie im mnd. erst spät vorkommend, im letzteren zeigt die häufige anwendung des comparativs (beispiele bei Schiller - Lübben 3, 430ᵃ), dasz man sich die richtung von der das schwert führenden hand des mannes aus als die zielgeradere dachte, wie umgekehrt die ausdrücke link, tenk, lurz (vgl. theil 6, 1048 fg. 1314) von der vorstellung des schiefen und ungeschickten zur richtungsbezeichnung gelangen.
a)
der ausdruck gilt zunächst von der hand: dextra die recht hant Dief. 178ᶜ; da du deine rechte hand ausrecktest. 2 Mos. 15, 12; ergert dich deine rechte hand, so haw sie abe. Matth. 5, 30; lasz deine linke hand nicht wissen, was die rechte thut. 6, 3; gaben sie mir und Barnaba die rechte hand (als grusz und unterpfand). Gal. 2, 9;
die rechten handt, noch linken
kan ich nicht uffgehaben.
Altswert 217, 32;
dasz du die rechte hand könst regen (den becher zu ergreifen).
Grobian. M 4ᵃ (v. 3118);
in richtungsbestimmungen (vgl. dazu auch unter hand th. 4², 339): auf die rechten hand oder seiten, dextra, ad dextram, gägen der rechten hand, dextroversum Maaler 327ᶜ; da nam der priester Joiada eine laden, .. und setzt sie zur rechten hand neben den altar. 2 kön. 12, 9; wesz ist dis bild rechter hand dort? Schiller räuber 4, 2;
mit solchem edlen schmuck geziert,
ward ich, die braut, dir zu geführt,
und dir zur rechten hand gestellet.
S. Dach in den ged. des Königsberger dichterkreises 148;
das unbewachsne feld bedeckte tiefer sand,
zween wege gingen durch, zur recht und linken hand.
Lichtwer schriften 174;
in der freude der hallen zechte
Frode, könig von Hadaland,
Ida die schöne deckt ihm die rechte,
kämpfer deckten die linke hand.
Arndt ged. 220;
von andern körpertheilen: (die mutter) sneit ir die rehte brust abe. d. städtechron. 8, 296, 11; ergert dich aber dein rechtes auge, so reis es aus. Matth. 5, 29; so dir jemand einen streich gibt auf deinen rechten backen, dem biete den andern auch dar. 39; einer aus jnen schlug des hohenpriesters knecht, und hieb jm sein recht ohr ab. Luc. 22, 50; gürtet es (das schwert) unter sein kleid auf seine rechten hüft. richt. 3, 16; ein geschmeide am rechten arm. Sir. 21, 23; soltu darnach dich auf deine rechten seiten legen. Hes. 4, 6; wie der gute mensch da stund, mit dem hute unter dem linken arme, und dem kopfe auf der rechten achsel, dasz man ihm die liebeskrankheit wol abmerken kunte. Chr. Weise erzn. 76 Braune;
(die zuhörer) saszen gegen deiner geigen,
saszen gegen deinem rohr,
thäten ihnen freundlich neigen
dann das link, dann rechtes ohr.
Spee trutzn. 179, 96 Balke;
weil nun ihre hoheit just
nicht mit dem rechten fusz heut aus dem bette stiegen,
macht ihr die allgemeine lust
verdrusz und laune statt vergnügen.
Wieland 18, 137;
der rechte finger ist der zeigefinger der rechten hand: (der priester soll) mit seinem rechten finger in das öle tunken, das in seiner linken hand ist. 3 Mos. 14, 16;
mit dem rehten vinger sîn
mâlete er ir ein redel.
ges. abent. 3, 114, 138;
von dingen zur rechten hand: und setzt fünf gestül an die rechten ecken des hauses. 1 kön. 7, 39; das rechte ufer eines flusses, das dem stromabwärts fahrenden zur rechten hand ist;
die dienerschaft wohnt auf dem rechten flügel,
er haszt geräusch, wohnt auf dem linken ganz allein.
Schiller Wallensteins tod 5, 2;
eine thür aber war zur rechten seiten mitten am hause. 1 kön. 6, 8; das wasser lief an der rechten seiten des tempels. Hes. 47, 1; wenn sie doch endlich einmal auch zu der rechten seite herum müssen. Klopstock 12, 96;
geh allzeit auf der rechten seiten (des hochgestellten),
dasz er zur linken geh daher,
als ob er dein discipel wer.
Grobian. E 3ᵇ (v. 1227);
in bildlicher anwendung: (manche) sündigen allzu seer auf der linken seiten. widerumb sündigen etliche allzu seer auf die rechten seiten, und sind allzu vermessen und keck, also, das sie gott versuchen. Luther 3, 396ᵃ.
b)
für rechte hand steht substantivisch blosz die rechte, namentlich in gehobener rede, und wenn sie als haltend, schützend, wehrend, gebietend, grüszend, versprechend gedacht wird: deine rechte stärket mich. ps. 18, 36; so hilf nu mit deiner rechten. 60, 7; du hast einen gewaltigen arm, stark ist deine hand, und hoch ist deine rechte. 89, 14; die rechte des herrn ist erhöhet, die rechte des herrn behelt den sieg. 118, 16; und im jüngsten gericht verdammt Christus streng, droht die sünder majestätisch mit aufgehobner rechten fort. Heinse Ardingh. 1, 340;
du, du deckst mich in deinem zelt
und reichst mir deine rechte.
P. Gerhard 199, 67;
deine rechte leitet mich;
und ich gehe sicherlich.
(gold) schwächt des starken rechte.
Arndt ged. 90;
der gott, der eisen wachsen liesz,
der wollte keine knechte,
drum gab er säbel, schwerdt und spiesz
dem mann in seine rechte.
194;
Cervantes liesz gelähmt die rechte sinken.
Uhland ged. 145;
ich bitte dich um des handschlags, den meine rechte der deinen giebt, sei mir nicht ungetreuer, als ich dir bin. Lessing 3, 49;
sie musz ihm ihre rechte reichen:
hier sind, spricht er, gar schlimme zeichen:
ein puls, der viel zu heftig schlägt.
Hagedorn 2, 106;
wohlan!
so reich ich diesem jüngling meine rechte,
die freie Schweizerin dem freien mann!
Schiller Tell 5, 3;
o gieb mir deine rechte,
dem alten streitgenossen!
Arndt ged. 167;
wer mag Hermann seine rechte reichen
und der väter angesichter schaun?
243;
als bestimmung einer richtung und vornehmlich der ehrenseite: die braut stehet zu deiner rechten. ps. 45, 10; las diese meine zween söne sitzen in deinem reich, einen zu deiner rechten, und den andern zu deiner linken. Matth. 20, 21; ich sehe den himmel offen und des menschen son zur rechten gottes stehen. ap. gesch. 7, 55;
das will der ander widersprechen,
und sitzen dann darumb zur rechten.
Grobian. J 3ᵇ (v. 2304);
ihr werdet meine herrlichkeit
zur rechten gottes mit der zeit
hoch in den wolken sehen.
P. Gerhard 33, 104;
die erbin seines throns, die ihm zur rechten sitzet.
Wieland 22, 54;
gehet hin zur rechten und linken — wir wollen ewig niemals gemeine sache machen. Schiller räuber 5, 2;
leucht her zur link und rechten ..
dasz ich mein liebsten such!
Spee trutzn. 40, 33 Balke;
(dasz) da du dieses blat zur rechten hingeschrieben,
mit linker hand dabei ums blankscheit scherz getrieben.
nicht zur rechten, nicht zur linken
kann ich vor dem schrecknis fliehn.
Schiller hist.-krit. ausg. 11, 372;
zur rechten sieht man wie zur linken
einen halben Türken heruntersinken.
Uhland ged. 330.
Klopstock braucht vielfach die rechte starkformig:
die goldne
königin dort, mit dem palmzweig in der rechte!
1, 178;
zur rechte des vaters
sasz ich mit herrlichkeit überkleidet.
3, 214 (Mess. 4, 948);
in der hochgehobenen rechte
hielt er ein wetter empor.
249 (Mess. 5, 144);
an der rechte des liebenden stand die mutter der menschen.
250 (5, 162);
den schwung der strafenden rechte.
278 (5, 625);
ihr werdet ihn sehen
sitzen zur rechte gottes.
4, 33 (6, 464) und noch oft (Mess. 7, 239. 824. 8, 459. 12, 498 u. s. w.),
gegen:
Pontius gebot zu der rechten und linken,
94 (7, 794);
wandten sie, der zu der rechten, und der zu der linken erhoben,
jeder den tönenden flug.
134 (8, 542),
je nach hervortretender sinnlicherer oder unsinnlicherer, blosze richtungsbestimmung angebender bedeutung; ebenso danach bei späteren: schwört mir das bei dieser männlichen rechte. Schiller hist.-krit. ausg. 2, 48 (räuber 1, 2);
tödtlich getroffen .. von deiner gewaltigen rechte!
1, 123;
bei dieser wange, dieser rechte, bei
dem leben deiner mutter sei beschworen!
verlasz uns nicht!
6, 199;
erhub er mit nervichter rechte den feldstein.
Ilias 7, 264;
tragend ein schwert, entsetzlich und lang, in der nervichten rechte.
14, 385.
c)
der rechte arm als bild einer ausführenden kraft: thue newe zeichen und newe wunder, erzeige deine hand und rechten arm herrlich. Sir. 36, 7; in neuerer sprache auf grund einer vorstellung, bei der mehr geschicklichkeit als macht vortritt, jemandes rechter arm sein, unentbehrlicher helfer bei einer ausführung: er .. sei eigentlich der günstling des prinzen, versehe dessen geheimste geschäfte, und werde für dessen rechten arm gehalten. Göthe 18, 261; meine ledige schwester war bisher mein rechter arm gewesen; gesund, stark und unbeschreiblich gütig hatte sie die besorgung der haushaltung über sich genommen. 19, 349; älter jemandes rechte hand sein (vgl. auch unter hand theil 4², 337), schon mhd.:
du wâre mîn zeswiu hant.
Rol. 258, 7;
als wehrende, schützende:
sein unverzagtes herz ist seinem vatterlandt
ein unerstiegne burg, desz volkes rechte handt.
Zinkgref bei Opitz (1624) s. 220;
oder als ausführende und geschickte: er verbarg mir sorgfältig, dasz er die rechte hand, ja, im eigentlichen verstande des wortes, das faktotum des hochwürdigen Kerinthus war. Wieland 28, 21; kunst ist die rechte hand der natur. diese hat nur geschöpfe, jene hat menschen gemacht. Schiller Fiesko 2, 17;
er ist
die rechte hand des fürsten, den er selbst
zum werkzeug brauchet seiner alten rache.
Piccol. 1, 3;
haupt ist dem weibe der mann; das weib ist aber des mannes
rechte hand, oft wahrlich dem theueren haupte der kopf gar!
Voss Luise 3, 2, 177.
d)
recht, bei dingen die zu wenden sind, bezeichnet die gewöhnlich sichtbare oder obere seite (vgl. dazu link theil 6, 1048): die rechte seite des gewebes, des tuches, der stickerei; (der drucker) benetzt die rechte seite der form mit farbe. Jacobsson 2, 374ᵇ; da derselbe (kattun) auf der rechten und gedruckten seite einen vorzüglichen glanz durch die glätte erhält. 375ᵇ.
e)
recht, adverbial und substantivisch für rechts (vgl. dort): menschen, die nicht wissen unterscheid, was recht oder link ist. Jona 4, 11; ob er den unterschied zwischen recht und link deutlich genug einsieht. Wieland 19, 200;
drauf wieder wand (ich mich)
zur andern hand,
recht zu den holen steinen.
Spee trutzn. 12, 137 Balke.
3)
recht, zunächst als attributives adjectiv, auf grund der vorstellung des gerade aus gehenden und zum ziele weisenden in übertragener bedeutung, wie richtig, dem zweck und der benennung entsprechend, im gegensatz zu unrichtig und falsch, und in manigfachen abschattungen, auf die hier nur hingewiesen werden kann, ohne irgendwie zu erschöpfen.
a)
von einem weg, einer bahn oder spur, die zum ziele führt, eigentlich wie bildlich: und der herr zog fur jnen her, des tages in einer wolkenseulen, das er sie den rechten weg füret. 2 Mos. 13, 21; die da verlassen die rechte bahn, und gehen finstere wege. spr. Sal. 2, 13;
wer sol uns durch diu lant
die rehten wege wîsen,   daʒ wir niht irre varn?
Nib. 1526, 3;
des rechten wegs fehlt ihr all beid.
H. Sachs fastn. sp. 1, 96, 462;
was du regierst, das geht und steht
auf rechten, guten wegen.
P. Gerhard 217, 5;
da seid ihr auf der rechten spur.
Göthe 12, 94.
b)
von der zeit, die für ein ziel oder einen zweck bestimmend ist: rechte zeit halten, ist ehrlich (bringt ehre), rechte zeit nit halten, ist unehrlich. Agr. spr. 194ᵇ; die rechte zeit, die rechte stunde, den rechten augenblick wahrnehmen; gern in den formeln zu rechter zeit, zu rechter stunde, im rechten augenblicke; ein gott der den einsamen das haus vol kinder gibt, der die gefangen ausfüret zu rechter zeit. ps. 68, 3; ich will .. auf sie regen lassen zu rechter zeit. Hes. 34, 26; da fur werden dich alle heiligen bitten, zur rechten zeit. ps. 32, 6; wie der gotsdienst und ceremonien zu rechter zeit sollen gehalten werden. Agr. spr. 186ᵃ; gerad zuͦ rächter zeit erwütschen, in ipso articulo opprimere. Maaler 323ᶜ; (der herzog) erschien noch gerade zu rechter zeit auf dem kampfplatz, um die völlige niederlage der seinigen zu verhindern. Schiller hist.-krit. ausg. 9, 73; ich eilte verblendet fort, um nicht zu spät anzulangen, und kam zur rechten, aber zur bösen stunde an. Arnim Hollins liebeleben 17 Minor;
o willkomm, süsze nachtigal,
kombst gleich zu rechter stunde!
Spee trutzn. 14, 12 Balke;
(du) bist bereit,   zu rechter zeit
uns aus der not zu reiszen.
P. Gerhard 216, 135;
ein wort zu rechter zeit.
Wieland 22, 266 (Oberon 6, 35).
c)
von einer zweckentsprechenden örtlichkeit: er ist bei dem herrn in das land, in die güter, zur rechten thür eingangen, er hat gnad funden, er ist reich worden. Agr. spr. 190ᵇ; wann man vor die rechte schmide gehet, wird man recht beschlagen. Pistorius thes. par. 10, 88; dazu schien Lübeck der rechte ort. L. Häusser d. gesch. 3², 39;
hie thuͦst mich finnen
eben an einem rechten ort,
da man hör wort und gegenwort.
H. Sachs fastn. sp. 1, 24, 77;
so dir der bauch ist wie ein trumm
gespant, gestreckt, und auszgedent, ..
dann ists am zweck und rechter statt,
und bist on allen zweifel satt.
Grobian. D 3ᵃ (v. 937);
doch ein blick am rechten orte
übrig läszt er keinen wahn.
Göthe 3, 57;
sprichwörtlich: kopf und herz sitzen ihm auf dem rechten flecke; vergl. theil 3, 1742.
d)
daher recht, wobei ein irrthum oder eine täuschung nicht unterläuft: so könnt ihr mich dann zu meinem rechten manne weisen, den ich such, euren hauptmann. Schiller räub. 3, 2;
ach nein, du lieber Küntzel, nein,
ich bins nicht (deine liebste), wil dirs aber nennen;
thust nicht Heintz Strigels tochter kennen?
das ist die recht.
H. Sachs fastn. sp. 1, 124, 21;
wenn die stunde nicht kommt, die rechte, wenn nicht das rechte
mädchen zur stunde sich zeigt, so bleibt das wählen im weiten.
Göthe 40, 273;
alle individuen, die die rechten eigenschaften besitzen. L. Häusser d. gesch. 3², 155; seine leistungen zeigten damals, dasz seine wahl die rechte war. 180; sprichwörtlich: jetzt ist er, um das kind beim rechten namen zu nennen, aus dem ehrlichen mann ein betrüger geworden. W. Hauff werke 7, 146;
sie schweigt und gräbt getrost. ha, ha, nun klingt es hohl,
nun wird der rechte fleck bald kommen.
Gellert 1, 214;
dem kaufmann nützte dieser spasz.
er sprach: er dürfte nicht: das war die rechte falle.
Lichtwer fabeln 1, 12;
man untersucht, man zankt,
man klagt. umsonst; der rechte ring war nicht
erweislich; fast so unerweislich, als
uns itzt — der rechte glaube (vgl. unten e, ε).
Lessing 2, 278;
ja zur rechten hand; welche rechte hand meint er denn? trete ich so, so ist das die rechte hand; trete ich so, so ist sie das ... sage mir doch, Lisette, welches ist denn die rechte rechte hand? 1, 269.
e)
und so recht, wahr, eigentlich, im gegensatz zu dem, was sich nur so nennt.
α)
von personen, rücksichtlich der stellung und der würde: Cuͦnrat und Heinrich, die zalt man nüt für rehte keiser, wande sü von dem bobest nüt gekronet wurdent. d. städtechron. 8, 35, 6; es werden aber viel tage sein in Israel, das kein rechter gott, kein priester der da leret, und kein gesetze sein wird. 2 chron. 15, 3; das man sehen mus, der rechte gott sei zu Zion. ps. 84, 8; ich wil dir Maresa den rechten erben bringen. Micha 1, 15; nachdem mir etliche aufrürer mein erbkönigreich genomen haben, gedenk ich es wider ein zu nemen, und wider auf die rechten erbe zu bringen. 1 Macc. 15, 4; herr unser gott, der du alle ding geschaffen hast, und bist ... allein der rechte könig und gesalbete. 2 Macc. 1, 24; so jr bleiben werdet an meiner rede, so seid jr meine rechte jünger. Joh. 8, 31; beuge ich meine knie, gegen dem vater unsers herrn Jhesu Christi, der der rechte vater ist uber alles was da kinder heiszet. Eph. 3, 15; ehre die widwen, welche rechte widwen sind. 1 Tim. 5, 3; in der alten rechtssprache von personen die in einer eigenschaft anerkannt sind oder werden müssen: unsinnige leute odir rechte torin, dy leute totin. Magdeb. blume 1, 157; nicht wen czu hout und czu hore sol man richtin ubir eine swanger frawe und ubir einen rechtin torin. 2, 2, 186; der (kinder) undirwindet sich ir rechter vormunde. Magdeb. fragen s. 107; ich clage uff dessen rechten dip (qui jure fur censendus est). s. 188; jetzt noch ein rechter richter, vgl. dazu unten ζ a. e.; ferner rücksichtlich innerer eigenschaften, kräfte und fähigkeiten: der herr ist der rechte kriegsman. 2 Mos. 15, 3; da sie nu sahen, das die feinde wol gerust waren mit harnisch, ... und waren rechte kriegsleute. 1 Macc. 4, 7; mein vater, groszvater, ahn sind rechte bauern gewesen. Luther bei Ranke sämtl. werke 1, 195; ein rechter Preusze alter guter zeit. L. Häusser d. gesch. 3², 81;
es streit für uns der rechte man,
den gott hat selbs erkoren.
Luther 8, 364ᵇ;
du finst an mir ein rechten man,
der dir kain rais zu dien abschlecht.
H. Sachs fastn. sp. 2, 16, 118;
er war der recht erretter,
der mehrer, dem disz laub von rechte zu gehört.
Nath. ich dachte mir nur immer,
der derwisch — so der rechte derwisch — woll
aus sich nichts machen lassen. derw. beim propheten!
dasz ich kein rechter bin, mag auch wohl wahr sein.
Lessing 2, 207;
ein rechter schütze hilft sich selbst.
Schiller Tell 3, 1;
dasz ich, vom lug und truge rein,
dein rechter streiter möge sein.
Arndt ged. 214.
β)
ebenso, allgemein ein rechter mensch, ein rechter mann, der nicht blosz den namen eines solchen hat; rechte leute, leute von gutem kern; in religiöser hinsicht: wer solches nu wol künde (fest glauben), der wer ein rechter man. Luther 6, 42ᵃ; in sittlicher oder gesellschaftlicher: was die leute sagen würden, hiesz es immer, und ich dachte, die leute müszten auch rechte leute sein. Göthe 24, 72;
mit rechten leuten wird man was.
12, 227;
wenn ich sechs hengste zahlen kann,
sind ihre kräfte nicht die meine?
ich renne zu und bin ein rechter mann,
als hätt ich vier und zwanzig beine.
91;
nur schlecht gesindel läszt sich sehn und schwingt
uns zum verdriesze die zerlumpten mützen.
was rechte leute sind, die machen lieber
den langen umweg um den halben flecken.
Schiller Tell 3, 3;
vergl. schon mhd. in sittlicher bedeutung:
eʒ was durch versuochen getân
ob si im wære ein rehteʒ wîp.
Erec 6782,
nachher:
daʒ si wære
ein wîp unwandelbære.
6791.
γ)
recht in bezug auf abstammung: rechte kinder im gegensatz zu stiefkindern oder angenommenen kindern, ihnen gegenüber stehen rechte eltern: er hat seinen rechten vater verloren und jetzt einen stiefvater bekommen; die eheleute haben keine rechten kinder, darum haben sie sich ein kind angenommen; rechte brüder, rechte schwestern, rechte geschwister, solche von éinem elternpaare;
drei recht brüder, Lux, Marx und Hans,
all drei ehelich sön eines manns.
H. Sachs fastn. sp. 1, 55, 27;
dein vater, tröst ihn Jupiter,
und meiner waren rechte brüder,
vollbürtge brüder.
Lichtwer fabeln 3, 13;
die rechte frau, im gegensatz zum kebsweib; rechte und echte gemahlin. harnisch 274; sein rechtes weib, uxor legitima non concubina. Frisch 2, 96ᵇ;
Artûs gab Itonjê
Gramoflanz ze rehter ê.
Parz. 729, 28.
δ)
auch von thieren, richtig, eigentlich, der art nach: ain mergans daʒ ist ain vogel .. grœʒer denn ain änt und klainer denn ain rehteu gans. Megenberg 205, 13; und (wird geheiszen) ein recht hund. Keisersberg pred. 62ᵃ.
ε)
recht, von dingen, handlungen, richtig, der bezeichnung völlig entsprechend: alle die unêlichen geboren sint, oder die diupheit oder den rehten strâʒroup vergolten hant und des mit gerihte betwungen sint. Schwabensp. art. 38; von eigenschaften und inneren gütern, wahr, echt:
do sprach der videlære:   der vorht ist al ze vil,
swaʒ man im verbiutet,   derʒ alleʒ lâʒen wil.
daʒ kan ich niht geheiʒen   rehten heldes muot.
Nib. 2205, 3;
ich hasse sie in rechtem ernst, darumb sind sie mir feind. ps. 139, 22; klugheit unter den menschen ist das rechte grawe har, und ein unbefleckt leben, ist das rechte alter. weish. Sal. 4, 9; nach jr (der weisheit) trachten, das ist die rechte klugheit. 6, 16; nu sehe ich, das die gottfürchtigen den rechten geist haben. Sir. 34, 14; rechte liebe braucht andere reden, welche mehr zu herzen gehen. Chr. Weise erzn. 212 Braune;
so (wenn) mich gens (jenes) frewlein wol gestalt
in rechter lieb schlüsz (schlösse) in jr herz,
ich hofft, es brecht mir kleinen schmerz.
H. Sachs fastn. sp. 1, 2, 55;
treuherzig sein ohn arge list
der rechten lieb warzeichen ist.
P. Melissus bei Opitz (1624) s. 164;
er wil, du solt sein wort,
so dir ruft fort und fort,
mit rechter andacht hören.
H. Albert in den ged. des Königsberger dichterkreises 263;
mein mund soll reden von verstand
und rechte weisheit lehren.
P. Gerhard 188, 6;
und gieb uns rechten deutschen muth.
Arndt ged. 212;
thut also in der furcht des herrn, trewlich und mit rechtem herzen. 2 chron. 19, 9; ich danke dir von rechtem herzen, das du mich lerest die rechte deiner gerechtigkeit. ps. 119, 7; diejenige predigt, die mehr aus der postilla als ausz rechtem herzen geschöpfet wird. Schuppius 533;
daʒ iu der munt noch werde wan,
ich mein der zungen drinne,
als iuʒ herze ist rehter sinne!
Parz. 316, 6;
der rechte glaube im gegensatz zum irrglauben: wollen wir anders für gott bestehen, mit rechtem ungeferbten glauben. Luther 6, 42ᵃ; das die so im rechten glauben sterben, freude und seligkeit zu hoffen haben. 2 Macc. 12, 45; die rechte lehre: jr solt uns nicht schawen die rechte lere. Jes. 30, 10; die genannten Paracelsisten und schmelzkeszler, die der rechten uhralten medicin keine erkandnus haben. Hörnig vier fragen (1636) 27.
ζ)
recht in bezug auf das vor und von einem richter als wahr zu vertretende, wie heute gerecht: warumb taddelt jr die rechte rede (ἀληθινοῦ ῥήματα)? wer ist unter euch, der sie strafen künde? Hiob 6, 25; das sie das volk richten mit rechtem gericht. 5 Mos. 16, 18; (du) hast mit jnen vom himel geredt, und gegeben ein warhaftig recht, und ein recht gesetz, und gute gebot und sitten. Neh. 9, 13; es wil dich verdrieszen, das du in rechter sachen unglück empfindest, und jenen in bosheit wol gehet. Luther 3, 290ᵇ; da sprach Simson zu jnen, ich hab ein mal eine rechte sach wider die Philister. richter 15, 3;
o nachtigal, du schöne,
verdienest rechter weis,
man dich fürnehmlich kröne
mit höchstem ehrenpreis.
Spee trutzn. 78, 26;
in der älteren sprache auch wie rechtschaffen:
ir reinen site, ir rehteʒ leben.
Lamprecht v. Regensburg St. Franz. leben 1482,
auch von personen, substantivisch, gerecht, recht thuend:
swer sælic sî, der denke hin   zem winkel, dâ er sprichet:
ir rehten, gênt zer zeswen mîn,
und müeʒen, die mir dienest dô versaget hânt,   inʒ winster fiur verfluochet sîn.
U. v. Singenberg 217, 13 Wackernagel;
wan diu heilege schrift hât,
swelhen tôt der rehte dol,
eʒ geschehe der sêle wol.
Lamprecht v. Regensburg St. Franz. leben 583;
ein rechter richter, in der älteren sprache ein gerechter: denn du fürest mein recht und sache aus, du sitzest auf dem stuel, ein rechter richter. ps. 9, 5; gott ist ein rechter richter, thuͦt einem wie dem andern, dem reichen wie dem armen. Agr. spr. 114ᵃ;
ir sult ain rechter richter wesen.
fastn. sp. 471, 19;
in der neueren sprache aber ein ordnungsgemäszer, ordentlicher (vgl. oben α und unten η): welcher die ketzer ihrem rechten richter vorenthalte. L. Ranke sämtl. werke 1, 214.
η)
recht, in noch anderer wendung der bedeutung e, ordentlich, ordnungsgemäsz, wie es sein soll, von dingen, zuständen, handlungen: das man (in der messe) den latinischen text verdolmetscht, und latinischen ton oder noten behelt, las ich geschehen, aber es laut nicht artig, noch rechtschaffen. es mus beide, text und noten, accent, weise und geberde, aus rechter mutter sprach und stimme kommen, sonst ist es alles ein nachomen, wie die affen thun. Luther 3, 58ᵃ; rechte zimliche grösze, nitt ze grosz und nit ze klein, justa magnitudo. Maaler 327ᶜ; rechte masze, temperamentum, aequitas. Stieler 1548; jahr und tag ist die rechte gewähr. Pistorius thes. par. 5, 99; wer einen rechten seifenschaum zu schlagen weisz. Göthe 15, 59;
und das wir tütschen voll went syn
und mögen kein recht arbeit thuͦn.
Brant narrensch. 92, 33;
das er in rechter zucht aufwachs.
H. Sachs fastn. sp. 1, 81, 367;
setz dich zum disch, steht essen drauf,
und lösz vorhin die nestel auf,
und lasz dem bauch sein rechten gang,
dasz er sich auszstreck, breit und lang.
Grobian. C 2ᵃ (v. 609);
so hat dein sach ein recht gestalt.
E 4ᵃ (v. 1279);
auch hier gern in der ältern rechtssprache: der borggreve sal zcu rechter czit unde in rechter dingestat binnen der stat muer .. syn ding hegen. Magdeb. fragen s. 50; das her sachen zcu rechten teidingen fure slecht. s. 81; ab der richter das mit rechten orteilen irwirbet. s. 66; mit rechtir clage. 192; das es mit rechtem rechten also geschehen sei. Haltaus 1518; rechte hulde. rechten gehorsam. eine rechte und oberpfarrkirche oder mutter. rechtes eigen. ebenda; zuͦ einem rächten und vollkomnen alter kommen, annos justos peragere. Maaler 327ᵃ;
ich sprich es für ain rechtsz recht,
es sei herr, ritter oder knecht,
der frauen schent, der ist wol wert,
das er uberschreitt nimer kain pfert.
fastn. sp. 705, 31;
rechtes gericht fällt sowol hierher als zu oben ζ:
hätten wir alle einen glauben,
gott und das gemeine beste vor augen,
guten frieden und recht gericht ...
so stünd es wohl in aller welt.
Simrock sprichw. 194;
sonst im gegensatz zu noch unvollkommenen anfängen oder vorläufern: hie kompt die beichte, und bringt die sünde an den tag, da gehet auch der rechte kampf an mit Jona, und dem tod. Luther 3, 207ᵇ; in der neueren sprache nach hervorhebendem erst: jetzt geht erst die rechte arbeit an, die frühere war nur spiel; aber es gibt auch verschlossene früchte, die erst die rechten kernhaften sind. Göthe 17, 38; auch nach gerade: er ist gerade im rechten alter; manchmal auch mehr zur hervorhebung einer tüchtigen art, dem begriffe des vollkommenen sich nähernd: sanct Peters erste epistel, der rechte kern und mark unter allen buchern. Bindseils bibel 7, 429;
lieb hat oft rechten anefang,
das wert ein zeit, und doch nit lang,
so wirt sie giftig als ein atter.
H. Sachs fastn. sp. 1, 5, 143;
ein rechtes vertrauen war nicht hergestellt. L. Häusser d. geschichte 3², 92; ohne rechtes vertrauen auf die kräfte der nation. 186;
so laszt uns zu einander auch ein recht
vertrauen fassen.
Schiller Wallensteins tod 1, 5.
θ)
rechte dinge (vgl. theil 2, 1166) sind der ordnung und sitte und recht gemäsze:
herzhaftigkeit in rechten dingen
macht, dasz sie endlich wol gelingen.
R. v. Freientahl (1700) s. 23;
man denkt dabei aber oft auch an den gegensatz des übernatürlichen, zauberischen:
wachtm. es ist die salbe von hexenkraut (die Wallenstein kugelfest macht),
unter zaubersprüchen gekocht und gebraut.
tromp. es geht nicht zu mit rechten dingen!
Schiller Wallenst. lager, 6. auftr.;
wer konnte nur die beiden kästchen bringen?
es geht nicht zu mit rechten dingen!
Göthe 12, 149;
ι)
oft ist zu recht der gegensatz des trügerischen, gefälschten oder blosz scheinenden besonders scharf ausgesprochen oder doch empfunden: daʒ sü iren rehten herrn lieber woltent hon dann den trugener. d. städtechron. 8, 46, 6; sü soltent unserme herren Jhesu Christo danken, der were der rehte got (im gegensatz zu den heidengöttern). 354, 17; deszwegen solte man auch keine bettler leiden, welche noch arbeiten können. denn die nehmen den rechten, unvermögenden armen das brodt vor dem maul weg. Schuppius 342; der rechte gott, .. nicht die erdichteten götter. Frisch 2, 96ᵇ;
dies leben ist doch lauter tod;
drum komm und reisz aus aller noth
uns in das rechte leben!
P. Gerhard 58, 252;
rechte wage, rechte pfund, rechte scheffel, rechte kanden sollen bei euch sein. 3 Mos. 19, 36; du solt ein vollig und recht gewicht, und einen völligen und rechten scheffel haben. 5 Mos. 25, 15; vleiszig sein, rechte mas und gewichte zu halten. Sir. 42, 4;
leg ûf die wâge ein rehteʒ lôt.
Walther 23, 8;
Moses hat euch nicht brot vom himel gegeben, sondern mein vater gibt euch das rechte brot vom himel. Joh. 6, 32; mein fleisch ist die rechte speise, und mein blut ist der rechte trank. 55; sie habe die ersten pflänzlein des rechten balsams Salomoni bracht. Schuppius 111; warum legen die höcker ein hölzern käsz, als wäre es ein rechter, dem vorübergehenden in das gesichte? 543; der rechte schlüssel, im gegensatze sowol zu einem nicht zu dem bestimmten zwecke sich eignenden als zu einem nachschlüssel; er öffnete den schrank mit einem falschen schlüssel, den rechten hatte ich in der tasche; es sind rechte perlein, verae margaritae, non fictae. Frisch 2, 96ᵇ.
κ)
verschlissenere bedeutung hat recht angenommen, wenn es nur hervorhebend steht, nicht mehr wie wirklich, wahr besagt, und auch durch letztere ersetzt werden kann: darin waren die alten rechte tröpfe. Göthe 14, 29;
du pist ein rechter frawen feint.
H. Sachs fastn. sp. 6, 3, 85;
das musz ein rechter stockfisch sein!
Körner nachtwächter, 5. auftr.;
hie sehen wir, wie so gar unmehr und ein rechter dorn in augen die h. bibel den bäpstischen lehrern sei. Sandrub kurzweil 51; der hohe theil von Preuszen ist ein rechtes land voll seen. Kant 9, 21; ihre ersten heirathen waren doch so eigentlich rechte heirathen von der verhaszten art. Göthe 17, 117; stellen sie ihr tableau auf. ich will mir ein rechtes fest daraus bereiten. Schiller hist.-krit. ausg. 3, 259 (Fiesko, bühnenbearb. 2, 19); so kann er ein rechtes wasser auf desjenigen mühle werden, der sein vater ist. J. Paul flegelj. 1, 67; Deutschland ist ein rechtes beispiel. L. v. Ranke sämtl. werke 1, 160;
luͦg auch was guͦts zu essen sei,
ein stücklin von einr guͦten wurst,
so kompt dir drauf ein rechter durst.
Grobian. K 3ᵇ (v. 2552);
das ist ein rechtes meisterstück.
N 2ᵇ (3270);
der brunnen scheint hier gut,
der Spaer sonderlich, der rechte wunder thut.
Hagedorn 2, 106;
einen rechten greuel der verwüstung. Hahn hist. (1721) 2, 5; aber ich will mir noch rechte mühe geben. Tischbein in Mercks briefs. 1, 416; es ist eine rechte noth. Göthe 14, 3; ich habe meine rechte freude allen vögeln bang zu machen. 87; eine rechte schande! 277; sie schwur, dasz es wahr sei, und betheuerte dasz es ein rechter spasz sei. 19, 81.
λ)
recht in ironischer anwendung: ist ein rechter bursch, fürcht sich vor hexen. Göthe 8, 21; ja — du bist mir der rechte held, frösche mit steinen breit zu schmeiszen. Schiller räuber 2, 156; das ist die rechte höhe. auf den sack schlagt man, den esel meint man. kab. u. liebe 1, 1;
es ist mir eine rechte kunst,
den armen ratten gift zu streuen!
Göthe 12, 107.
f)
recht, hier auch in substantiver verwendung.
α)
der rechte, die rechte, die richtige, zweckentsprechende person: er ist der rechte, zu einer handlung, einer that; er soll sie nur heiraten, sie ist die rechte für ihn; das rechte, das richtige: (sie war) so scharfen verstandes und von so gutem benehmen, dasz sie jederzeit das rechte traf. Eichendorff Lucanor 24;
der jugend glückliches gefühl ergreift
das rechte leicht.
Schiller Wallensteins tod 2, 2;
soll das rechte zu dir ein,
fühl in gott was rechts zu sein.
Göthe 5, 73;
thu nur das rechte in deinen sachen,
das andre wird sich von selber machen.
2, 237;
in ironischer verwendung: du bist der rechte!; er wollte scharf an ihn, aber da kam er an den rechten; es musz aber einer von denen rechten sein. unwürd. doct. 653; das ist der rechten einer, hic est unus ex illis. Frisch 2, 96ᶜ; ihr seid zum rechten gekommen, non invenistis hominem quem quaesivistis, sed alium, eumque pessimum. ebenda; ihr seid die rechten, novimus vos. ebenda.
β)
zum rechten sehen, aufsehen dasz alles in ordnung verlaufe: hier ward der discurs durch einen unverhofften lermen verstört ... der wirth lief zu, und wolte zum rechten sehen. Chr. Weise erzn. 189 Braune; die weibliche göttin, welche mütterlich bei ihrem volke zum rechten sah. Freytag bilder 1, 92; ich musz durch den hof, zum rechten sehen, rief Ilse. handschr. 1, 130;
wo liebe sieht zum rechten,
dasz alles lustig sei.
S. Dach in den ged. des Königsberger dichterkreises 243;
gott wird einmal zum rechten sehn,
und meine sach ausführen.
P. Gerhard 225, 43.
γ)
etwas, nichts rechtes (auch in der form rechts), etwas, nichts ordentliches, richtiges, von der bedeutung oben e, η ausgehend: und gleichwohl bildete sie sich dabei etwas rechtes ein. polit. stockf. 79; ferner, dasz sie, wenn sie doch endlich auch zu der rechten seite herum müssen, dem zuschauer sagen, dort sei eigentlich nichts rechts zu sehen. Klopstock 12, 96; ich mache entweder etwas rechtes, oder gar nichts. Lessing 1, 293; ohne särge, kirchhöfe und schwarze tücher läszt sich nichts rechts ausrichten. Göthe 14, 29; wenn das auch nicht so wäre, könnte nichts rechts werden. 15, 17; wenn ich ein knabe wäre, sagte sie, so wollten wir auf universitäten zusammen etwas rechtes lernen. 24, 297; o wie finde ich die zuschauer so glücklich! die dünken sich so klug, die finden sich was rechts. 29, 279;
willst du, mein sohn, frei bleiben, so lerne was rechtes.
1, 402;
bilde mir nicht ein was rechts zu wissen.
12, 29;
möchte gern was rechts hierauszen lernen.
93;
wenn wie nichts guts dich schilt ein wicht
und es soll dich nicht beiszen,
so darf es dich auch kitzeln nicht
wenn sie was rechts dich heiszen.
in ironischem sinne: Werner. herr major! ich bin ein mensch — v. Tellh. da bist du was rechts! Lessing 1, 597; das hilft ihm auch was rechts! ist er deszwegen weniger verdammt worden? Göthe 36, 13;
was hat
er denn für dich gethan? ein wenig sich
beräuchern lassen! ist was rechts!
Lessing 2, 355;
o Hans, um éinen schmatz von ihr
da giengst du in den tod!
was rechts! um so was in den tod?
K. Schmidt im Leipz. alm. d. d. musen 1779 s. 251;
Faust. ach! mitten im gesange sprang
ein rothes mäuschen ihr aus dem munde.
Meph. das ist was rechts! das nimmt man nicht genau.
Göthe 12, 218;
adverbial: ein geiziger, rangiger filz, der seine frau im leben was rechts geplagt und eingeschränkt hat. 16, 52; die narren haben noch montag und dienstag was rechts gelärmt. 29, 279;
da sitzen zwei, die alte mit der jungen;
die haben schon was rechts gesprungen!
12, 215;
da stinkt es von swizenttoback!
da wird was rechts geflegelt!
Voss 4, 44.
g)
als attributives adjectiv erscheint recht bisweilen auch vor einem andern adjectiv: nu aber bistu vom meer in die rechte tiefe wasser gestürzt. Hes. 27, 34; du bist eines rechten fromen mannes son. Tob. 7, 7;
zwar hab ich hier an meiner seite
beständig rechte gute leute.
Göthe 56, 56,
wo die adjectivform einen lebendigeren sinn gewährt, als das sonst an dieser stelle erwartete adverb.
4)
recht, auch mannigfach prädicativ und in adverbiale stellung übergreifend.
a)
einer ist recht, zunächst in bezug auf richtiges geordnetes denken, in der formel nicht recht im kopfe sein: er ist nicht recht im kopfe; du bist wol nicht recht im kopfe? als gröbliche frage des gemeinen lebens, das ist sonst verdreht, verrückt, verschoben im kopfe, vergl. theil 5, 1759; — anders einer ist recht, in bezug auf tüchtigkeit und geschicklichkeit (vergl. oben 3, e, α), wird recht, mit näherer bestimmung: der ander son Florens, der wirt recht zu dem metzger handwerk, denn er ist ziemlich stark. buch der liebe 7ᵇ; das mädel ist just so recht, mein ganzes vaterherz einzustecken. Schiller kab. und liebe 5, 3; ein mensch, der in alle sättel recht ist, sich überall geschickt anläszt;
von Babenberk bischof Egebreht,
den wil ich gerne grüeʒen,
er was an allen tugenden reht.
minnes. 2, 90ᵇ Hagen;
Phoebus hat nie gesehn ein herrlichers geschlecht,
dasz gleich so wol im krieg, als frieden, were recht.
D. v. d. Werder Ariost 3, 2, 4;
in bezug auf urtheil und glauben (oben 3, e, ε): eben daraus schliesze ich wider dich, das du nicht recht bist, denn gott ist mehr weder ein mensch. Hiob 33, 12; sage her, bistu recht, ich wils gerne hören. 32; ich wil meinen verstand weit holen, und meinen schepfer beweisen, das er recht sei. 36, 3, jetzt durch recht haben ersetzt;
Tityrus der sprach: wie nu?
wie stehts ietzund umb die sachen?
mich bedünket ganz und gar,
dasz dir vor viel besser war.
Tityrus ist recht gewesen;
ich ward immer ärger krank.
Opitz 2, 185;
auch wie gerecht (oben 3, e, ζ): weil .. gott so from und recht ist, das er das los nicht lest irren. Luther 3, 207ᵇ; wie der heide Terentius sagt, das strengest recht, ist das aller gröszest unrecht. und Salomo in seinem prediger leret auch, man solle nicht allzu recht sein, sondern zu weilen nicht wollen weise sein. 318ᵃ; oder wie rechtschaffen: es war ein man im lande Uz, der hies Hiob, derselb war schlecht und recht, gottfürchtig, und meidet das böse. Hiob 1, 1; er ist schlecht und recht wie Hiob. Schuppius s. 143.
b)
etwas ist recht, gerade passend: die kugel ist recht in dieses geschosz, ad justam orificii proportionem fusus globus. Frisch 2, 96ᵇ; wie es sein soll, der ordnung und richtigkeit entsprechend, sachgemäsz (vgl. oben 3, e, η): herr du bist gerecht, und dein wort ist recht. ps. 119, 137 (variante dein gericht ist richtig, εὐθεῖς αἱ κρίσεις σου septuag.); sie sprachen zu jm, lieber, frage gott, das wir erfaren, ob unser weg den wir wandeln, auch wolgeraten werde? der priester antwort jnen, ziehet hin mit frieden, ewr weg ist recht fur dem herrn. richt. 18, 6; das ist gewis der traum, und die deutung ist recht. Dan. 2, 45;
ein mittel masz ist recht und gut.
H. Sachs fastn. sp. 1, 85, 85;
gerecht, in bezug auf gerichtliche entscheidung (oben 3, e, ζ): sihe, deine sache ist recht und schlecht, aber du hast keinen verhörer vom könige. 2 Sam. 15, 3; wie ich höre, so richte ich, und mein gerichte ist recht. Joh. 5, 30; wir wissen, das gottes urteil ist recht uber die, die solchs thun. Röm. 2, 2; allgemeines es ist recht, in verschiedener anwendung; in älterer sprache öfter blosz wie gehörig, nach natürlicher ordnung:
der humbel der sol stechen;
ouch ist reht daʒ der mist
stinke swâ der ist.
Iwein 208;
sonst = es stimmt, hat seine richtigkeit:
wirf her (im würfelspiel), der minder ist der knecht.
du hast eins, es ist eben recht.
H. Sachs fastn. sp. 1, 70, 40;
es ist angenehm, gelegen, bequem für die empfindung: hier kannst du weichlich ruhen und wie es recht ist. Schlegel Lucinde 32;
was hat nun wieder der rattenfänger?
ists wieder nicht recht?
Wieland 18, 271;
der gesetzlichen, sittlichen ordnung gemäsz: speisopfer und trankopfer, wie es recht ist. 4 Mos. 15, 24; ists recht, das man dem keiser zinse gebe oder nicht? Matth. 22, 17 (ahd. ist arloubit zins zi gebanne themo keisore odo ni? Tat. 126, 1); ists auch recht, das sich ein man scheidet von seinem weibe, umb irgend eine ursache? 19, 3; es ist nicht recht, das du deines bruders weib habest. Marc. 6, 18 (goth. þatei ni skuld ist þus haban qên brôþrs þeinis); sie frageten jn, und sprachen, ists auch recht am sabbath heilen? Matth. 12, 10, vergl. dazu bei Otfrid:
quâdun thô thie liuti,   er unrehto dâti,
thaʒ er unnôtag   intêreta then diuren dag.
3, 4, 35;
in den tagen was kein könig in Israhel, und ein jegklicher tet, das in bedaucht recht sein (quid sibi rectum videbatur). bibel 1483 122ᵇ (richter 21, 24); thun was recht und gut ist. 1 Mos. 18, 19; wirstu der stim des herrn deines gottes gehorchen, und thun was recht ist fur jm. 2 Mos. 15, 26; alles was er thut, das ist recht. 5 Mos. 32, 4; und das ganze volk antwortet und sprach, das ist recht. 1 kön. 18, 24; antwortet was recht ist, mein antwort wird noch recht bleiben. Hiob 6, 29; was billig und recht ist, ist gott lieb. Pistorius thes. par. 1, 74; das rächt und billig ist reden, nach der billigkeit gon, aequum bonumque dicere. Maaler 323ᶜ; was recht ist, auf das zahlen eines preises oder einer schuld bezogen (vgl. dazu die mundartliche bedeutung von recht oben I, 2): gehet jr auch hin in den weinberg, ich wil euch geben was recht ist. Matth. 20, 4; jr herrn, was recht und gleich ist, das beweiset den knechten. Col. 4, 1 (goth. garaíht jah ibnassu þêvisam atkunnaiþ);
geht hin, es ist euch wol vergund,
und thut das ewr so viel jhr kund,
was recht ist, sol euch werden.
B. Ringwald evang. K 2ᵇ;
hast du etwas, so gieb es her und ich zahle was recht ist.
Schiller hist.-krit. ausg. 11, 167.
c)
auch mit persönlichem dativ, einer, etwas ist mir recht, passend; von einem kleidungsstücke: der frauen eine, so alte kleider feil tragen, hat mir ein seiden rock, der mir wol solte recht sein, um ein gelt angeboten. Kirchhof wendunm. (1602) 3, 293; das kleid ist mir recht, vestis ad justam corporis mei propositionem facta. Frisch 2, 96ᵇ; gelegen oder zu billigen: der mann ist mir recht für solche dienste;
was du gebilliget, das konnte mir
auch recht sein.
Schiller Piccol. 5, 1;
kommst du nur immer anzuklagen?
ist auf der erde ewig dir nichts recht?
Göthe 12, 23;
im ausrufe kurz mir recht!; mir schon recht!; mir alles recht!;
lustig! nur so weiter!
ihr herren, nur so weiter! mir schon recht!
Lessing 2, 231;
recht sein, auch passen, sich fügen:
denn solcher leichten bursz sind alle sättel recht.
Rist poet. lustgarte C 5ᵇ.
anders einem recht sein, zustehen: was einem recht ist, ist dem andern billig; und zustehen, erlaubt sein: dasz dem dienstmann eines andern herrn ohne erlaubnisz des gebieters nicht recht sei, so zu handeln. Freytag bilder 1, 146.
d)
einer ist recht daran, auf rechtem wege, vgl. dazu theil 2, 758: du bist rächt daran, du bist auf dem rächten wäg, rectam instas viam. Maaler 87ᵃ; er glaubt schon recht daran zu sein, satis putat scire quod scit. Serz 124ᵇ; so were der mensch recht daran. Luther 6, 42ᵃ.
e)
in der formel wenn mir recht ist, wo mir recht ist, auf die richtigkeit der erinnerung bezogen: ist mir recht, so hat er Pelorus geheiszen. buch d. liebe 203ᵃ; es ist zwar nicht sehr lang (anno 1557, ist mir recht), das der hochwirdige .. erzbischoff zu Salzburg, einen bauren der jagd halben hat inn ein hirschenhaut vermachen und also hetzen lassen. Spangenberg jagteufel (1566) 74ᵇ; wenn mir recht ist, so hörte ich einmal, dasz ihr herr schwager von dem eintrage desselben (des lotto) noch seinen antheil gehabt. Lessing 12, 325; alle diese und ähnliche deutungen haben uns, wo mir recht ist, schon Natalis Komes und Benjamin Hederich der länge nach vorgedeutet. Voss mythol. br. (1794) 2, 330; sie haben mich auf meiner ersten reise nach Italien begleitet und, wenn mir recht ist, ein wenig meine liebhaberei für alterthümer getheilt. Freytag handschr. 3, 45;
wilstu fremde fehler zählen, heb an deinen an zu zählen;
ist mir recht, dir wird die weile zu den fremden fehlern fehlen.
Logau 2, 30, 5;
nun jhr klugen sinnen schawet,
was ist endlich ewer lohn?
wenn jhr auf das wehlen bawet,
ist mir recht, nur schimpf und hohn.
E. C. Homburg Clio 1ᵇ;
acht monat, ist mir recht, die wahren kaum verflossen.
Rist poet. lustgarte E 2;
er liesz sein zyterchen am Alsterufer klingen,
und fieng gar lieblich an ein lied darin zu singen,
der inhalt (ist mir recht) war von der liebe macht.
Rist Parnasz 539;
manches jahr ist schon vergangen,
(wo mir recht) dasz Floridan
mit herzsehnlichem verlangen
ist gestiegen wolkenan.
Neumark lustwäldchen 101.
f)
anders einem ists nicht recht, auf unwolbefinden eines menschen gehend: es ist mir heute nicht recht; es ist ihr den ganzen tag nicht recht gewesen; wie viel hängt vom körper ab! wenns einem nicht wohl ist, ists einem überall nicht recht. Göthe 16, 45; es ist mir nicht recht, non recte valeo. Serz 123ᵇ.
g)
die formel so ists recht enthält die billigung von etwas gesagtem oder gethanem; das einfache recht! ganz recht! recht so! kann als kürzung davon angesehen werden (freilich auch als kürzung von es ist recht gesagt oder recht gethan, vgl. dazu unten 6, c): gar rächt, es ist also, recte. Maaler 323ᵈ; so recht, sprach er. Felsenb. 2, 499; recht — recht — so hör ichs gerne. Schiller räuber 3, 2;
wer ruft? ah, du bists! eben recht. ich eile
voraus ins kloster.
don Carlos 4, 5;
sie auch da, priester? recht! sie brauch ich eben.
4, 24;
ihr denket, ich sei der herr abt von st. Gallen.
'ganz recht! und das kann von der wahrheit nicht fallen'.
Bürger 67ᵃ;
älter als da recht!: und sprach: do recht, lieber alter Moyses, wie anders? Ayrer proc. 1, 6;
da recht, du fromme nachtigal,
du jenem schall nit weiche!
Spee trutzn. 15, 41;
einfaches recht zu einem ausrufe, wie fürwahr! abgeblaszt, wobei wol das lat. recte einflusz geübt hat:
recht, er wolt in die leich, vorhin mit nadeln stechen:
ich wil an statt der leich, mich hurtig an ihm rächen.
A. Gryphius verliebt. gespenst s. 37.
h)
einen recht sprechen, als gerecht, schuldlos erklären, etwas recht sprechen, billigen, im gegensatz zu verdammen: wenn ein hadder ist zwisschen mennern, so sol man sie fur gericht bringen und sie richten, und den gerechten rechtsprechen, und den gottlosen verdamnen. 5 Mos. 25, 1; wer den gottlosen recht spricht, und den gerechten verdampt, die sind beide dem herrn ein grewel. spr. Sal. 17, 15; er ist nahe, der mich recht spricht, wer wil mit mir haddern? Jes. 50, 8; die den gottlosen recht sprechen, umb geschenk willen. 5, 23; wann ihre (der schönen) weigerungen nichts mehr, als ein nothwendiges spiel sind, wann die zärtlichkeit, welche sie begleitet, die verliebten räubereien recht spricht. Lessing 3, 234.
i)
etwas recht machen, als etwas richtiges oder zu brauchendes herstellen (verschieden recht machen unten 6, d):
si machônt iʒ (Griechen und Römer das was sie schreiben) sô rehtaʒ   joh sô filu slehtaʒ.
Otfrid 1, 1, 15;
wir haben erst umbfahren
der guten Hoffnung haupt; beraubet ihrer wahren
die reiche Cefala; der Mondeninsel frucht,
ihr edles sandalholz, ihr helfenbein gesucht;
uns Goa recht gemacht, Malacca eingenommen.
Opitz 1, 108;
sich recht machen, rechtfertigen:
Adams erstes hosentuch waren blätter von den feigen:
sünde, macht sich immer recht, oder wil sich ja verschweigen.
Logau 3, 30, 40.
5)
in andern verbindungen mit verben schwankt recht, indem es das richtige theils in bezug auf handlung, theils auf urtheil und meinung hervorhebt, zwischen der stellung eines substantivs und eines starr gewordenen adjectivs; recht haben (vergl. dazu das subst. recht sp. 373, nr. 2, a): ich las den gottlosen nicht recht haben. 2 Mos. 23, 7; mus denn ein wesscher jmer recht haben? Hiob 11, 2; aber haben sie hieran wol recht? Lessing 8, 120;
do mügt ir, herr konigk, wol merken bei,
wer unter uns recht habend sei.
fastn. sp. 82, 18;
sie sieht sie (die hörner) an herrn Ramler gerner,
und darinn hat sie recht.
Schiller hist.-krit. ausg. 1, 244;
recht geben, mit anklang an das im rechtsstreite verliehene recht, vergl. oben sp. 381 und unter geben theil 4¹, 1711: alles volk das jn höret, und die zölner, gaben gott recht. Luc. 7, 29; ebenso recht behalten, für recht achten: achtestu das fur recht, das du sprichst, ich bin gerechter denn gott? Hiob 35, 2; die mir gönnen, das ich recht behalte. ps. 35, 21; auf das du recht behaltest in deinen worten. 51, 6; recht sagen (verschieden unten 6, c): aber von einem kargen filze, redet die ganze stadt ubel, und man saget recht daran. Sir. 31, 28; jr heiszet mich meister und herr, und saget recht dran. Joh. 13, 13; recht geschehen: es geschach jm eben recht. 2 Macc. 9, 6; und das geschieht ihm recht. Göthe 36, 51, vergl. dazu sp. 381;
sitzt er dann ubel, iszt auch schlecht,
so gschicht dem kunden eben recht.
Grobian. Q 2ᵇ (v. 4099);
etwas dünkt einen recht, vgl. theil 2, 1547; was dich gut und recht dünkt uns zu thun. Jos. 9, 25; mit persönlichem dativ:
das däuchte einem schelm nicht recht.
Arndt ged. 203;
etwas ist recht, vgl. oben 4, b und sp. 372.
6)
recht, adverbial zu verben, in mehrfacher ausprägung seines begriffs.
a)
recht, richtig, dem orte nach, gerade, aufrecht: die thiere sind verachtet, weil sie mit dem kopfe beinahe auf der erden liegen, du (mensch) hingegen stehest recht auf deinen füszen. pers. baumg. 8, 3;
er hieʒ die tôten ûf stân,
die armen krumben rehte gân.
Barlaam 69, 40;
anders recht gehen, recht sein, am richtigen orte: Kos. meine herrn! verzeihen sie! ich weis nicht, geh ich recht, oder unrecht? Moor. und wer müssen wir sein, wenn sie recht gehn? Schiller räuber 2, 2; er (der lohnbediente) brachte mich vor das hofthor eines groszen palastes, .. er versicherte dasz ich recht sei. Göthe 28, 41;
ein guten abend! wo ist der keller?
ich sölt holen ein muscadeller,
ob ich anderst bin gangen recht.
H. Sachs fastn. sp. 1, 36, 21;
o herr, wir sind nit gangen recht;
ich sich kein kranken an dem ort.
132, 18;
schüler. möchte gern was rechts hierauszen lernen.
Meph. da seid ihr eben recht am ort.
Göthe 12, 93;
recht kommen: komme ich hier recht? fragt der, der an fremdem orte einen sucht; anders aber recht kommen, gelegen kommen, zu richtiger zeit: sie kommen eben recht, herr major, sagte die ältere, unsern streit zu entscheiden. Göthe 22, 65; sie kamen eben recht, die geschlagenen colonnen Neys aufzunehmen. L. Häusser d. gesch. 3², 101;
nun! da kamt ihr ja eben recht
zur böhmischen beute.
Schiller Wallenst. lager, 6. auftr.;
ironisch:
Söller. eh, sprich den vater an! Sophie. dem käm ich eben recht.
wir brauchen so genug, und alles geht so schlecht.
Göthe 7, 49;
recht sitzen, am bequemen orte, bequem: halte dich gleich wie sie (deine zechgenossen), und richte dich nach jnen, so sitzestu recht. Sir. 32, 1.
b)
richtig, genau, in bezug auf ein ziel: wolt er sich selbs erstechen .. aber in der angst traf er sich nicht recht. 2 Macc. 14, 42; eben dises ist mir ein gewisses zeichen und pfandt, dasz ich es recht getroffen. Zinkgref apophth. 2, 83;
o recht und recht hats troffen,
das weib hats troffen fein.
Spee trutzn. 51, 413;
in bezug auf die erfüllung einer handlung: barbierer und huren musz man recht bezahlen. Pistorius thes. par. 5, 67; ich hatt einmahl ein geschwür im kopfe. das ist nun nicht recht geheilt und hat sich vermuthlich auf die brust geworfen. Hölty 237 Halm.
c)
auch richtig, zweckentsprechend, von der ausführung einer thätigkeit: der hund, wenn derselbig isset, schlafet, lauft und bilt, er wirkt nach seiner art und dem höchsten das in im ist, darum lebt er recht. Keisersberg pred. 62ᵃ; der mensch lebt recht, wenn er nach vernunft lebt. ebenda; er leitet die elenden recht. ps. 25, 9; wir wissen aber, das das gesetz gut ist, so sein jemand recht brauchet. 1 Tim. 1, 8; und so jemand auch kempfet, wird er doch nicht gekrönet, er kempfe denn recht. 2 Tim. 2, 5; das ist ein groszer mangel und gebrech unter den Lutheranern, dasz die theologi gemeiniglich nicht recht erzogen werden. Schuppius 14;
ein mann, der recht zu wirken denkt,
musz auf das beste werkzeug halten.
Göthe 12, 12;
richtig, wie es sein soll, treffend, vom betrachten, erwägen, denken, erkennen, meinen, urtheilen: gott hat mir gegeben weislich zu reden, und nach solcher gabe der weisheit recht gedenken. weish. Sal. 7, 15; das sie nicht recht von gotte halten, weil sie auf die götzen achten. 14, 30; und sprechet zu dem armen, stehe du dort, oder setze dich her zu meinen füszen, und bedenkt es nicht recht. Jac. 2, 4; es ist von einem recht vermerkt worden, er seie mit groszer mühe zu kleinen, und schier mit keiner mühe zu groszer reichthumb kommen. Schuppius 738; sage mir doch, wie sol ich das recht verstehen, dasz du sprichst, es sei zu Ninive nicht herkommens, dasz man also schreibe? 498; kenne ich mich recht, so ist das auch meine krankheit. Iffland 3, 62; wie ich mir die Winthem vorstelle? sie ist von mittler grösze, hat blaue augen, ein ovalrundes gesicht ... hab ich recht geträumt? Hölty 220 Halm; besinne dich recht. Schiller räuber 4, 2;
betracht ihn recht! für was hältst du das thier?
Göthe 12, 62;
vom sehen, hören: der herr sprach zu mir, du hast recht gesehen. Jer. 1, 12; hab ich recht gehört?; vom sagen, sprechen, schreiben: meister, du hast recht gesagt. Luc. 20, 39 (verschieden oben 5); du hast recht geantwortet. 10, 28; das du recht antworten kündest denen, die dich senden. spr. Sal. 22, 21; er sucht, das er fünde angeneme wort, und schreib recht die wort der warheit. pred. Sal. 12, 10;
ir heiʒet alleʒ thaʒ jâr   mih druhtin inti meistar;
rehto sprechet ir thâr,   ih bin ouh sô, thaʒ ist wâr.
Otfrid 4, 11, 46;
ja, mein Solon, du sagest recht.
H. Sachs fastn. sp. 6, 113, 208;
recht gesagt Schlosser! man liebt was man hat, man begehrt, was man nicht hat.
Schiller hist.-krit. ausg. 11, 190;
recht reden, dem verstande nach: der schriftgelerter sprach zu jm, meister, du hast warlich recht geredt. Marc. 12, 32; habe ich ubel geredt, so beweise es, das böse sei, habe ich aber recht geredt, was schlechstu mich? Joh. 18, 23; dem sprachvermögen nach: so hieszen sie jn sprechen, schiboleth, so sprach er, siboleth, und kunds nicht recht reden. richter 12, 6; das band seiner zungen ward los, und redet recht. Marc. 7, 35 (vgl. zilôsta sih gibenti sîneru zungun inti sprah rehto. Tat. 86, 1); vom lehren, predigen, erklären, beraten, lernen u. a.: aber der herr der unter jnen ist, leret wol recht. Zeph. 3, 5; der heilige geist, so recht leret. weish. Sal. 1, 5; meister, wir wissen das du warhaftig bist, und lerest den weg gottes recht. Matth. 22, 16; das es schweer wil sein, die historien, weil sie also auf einem haufen ligen, recht zu fassen. 2 Macc. 2, 25; wer mein wort hat, der predige mein wort recht. Jer. 23, 28; recht raten gefellet den königen. spr. Sal. 16, 13; wer solche lere recht gelernet hat, der kan sich weislich halten. Sir. 18, 29; man explicire der jugend die zehen gebot recht. Schuppius 5; allein als ich ein wenig weiter in die welt kam, und die bibel recht lasz, da fand ich, dasz freilich alle tugend und laster in der bibel beschrieben stehen. 8; wünschen möcht ich, dasz ein ehrlicher, gewissenhafter .. politicus, diese bücher recht erklären möchte. 9;
sie hat dich recht gelert in allen.
H. Sachs fastn. sp. 6, 12, 344;
den herren solt aufheben lon,
der weisz wo all ding hin gehört,
sag du habsts noch nicht recht gelert.
Grobian. Cᵃ (v. 551);
recht richten, recht regieren, wobei zugleich der sinn unten f eingreift: den fürsten zu schlahen der recht regiert. spr. Sal. 17, 26; das man uns weisheit lere, und sein volk recht regiere. Sir. 45, 32; er wird den erdboden recht richten, und die leute regieren rechtschaffen. ps. 9, 9; denn zu seiner zeit, so werde ich recht richten. 75, 3; werde dein volk recht richten. weish. Sal. 9, 12; du hast recht gerichtet. Luc. 7, 43; befleiszige dich gotte zu erzeigen einen rechtschaffen und unstreflichen erbeiter, der da recht teile das wort der warheit. 2 Tim. 2, 15; einem ergeht es recht, wenn er gemäszen lohn für seine that bekommt, wobei an strafe gedacht wird:
so ists ihr endlich recht ergangen.
Göthe 12, 186.
d)
recht machen, etwas, auf richtige, zweckentsprechende weise: ein guter meister macht ein ding recht, aber wer einen hümpler dinget, dem wirds verderbet. spr. Sal. 26, 10; (er) sihet drauf, wie er das werk recht mache. Sir. 28, 30; aber allgemein, es recht machen, zufriedenstellend arbeiten oder verfahren:
so? hat ers abermals nicht recht gemacht?
Schiller Piccol. 1, 4;
es einem recht machen, zur zufriedenheit: der es weder nach oben noch nach unten recht macht, und, was das schlimmste ist, sich selbst nicht. Göthe 21, 168;
kannst du nicht allen gefallen durch deine that und dein kunstwerk,
mach es wenigen recht, vielen gefallen ist schwer.
Schiller hist.-krit. ausg. 11, 179;
einem pöbel musz ichs
recht machen, dem der gaukler nur gefällt.
M. Stuart 4, 10;
wer fertig ist, dem ist nichts recht zu machen.
Göthe 12, 15.
e)
recht thun, wobei recht als substantiv (vgl. oben sp. 378), aber auch als adverb genommen werden kann:
wol im ze hove, der heime rehte tuot!
Walther 103, 12;
im sinne von zweckentsprechend: von welchen, so jr euch enthaltet, thut jr recht. ap. gesch. 15, 69;
was giebts aufs neu denn an ihm auszustellen?
dasz er für sich allein beschlieszt, was er
allein versteht? wohl! daran thut er recht.
Schiller Piccol. 1, 4;
als sittlich richtig: wenn ein reicher nicht recht gethan hat, so sind viel die jm uberhelfen. Sir. 13, 26; wenn aber ein armer nicht recht gethan hat, so kan mans aufmutzen. 27; wer jn fürchtet und recht thut, der ist jm angeneme. ap. gesch. 10, 35;
mir soll sein böser wille nicht viel schaden,
ich thue recht und scheue keinen feind.
Schiller Tell 3, 1;
einer sache recht thun, sie entsprechend vollführen: der mit fil geschäften beladen ist, der mag inen kaum allen recht thun. Keisersberg eschengrudel b 4ᵇ.
f)
recht, sittlich richtig, rechtschaffen (vergl. oben 3, e, ζ), in recht leben, wandeln, handeln u. a.: sie leben nicht recht, schweren leichtfertig falschen eid. weish. Sal. 14, 28; noch sprecht jr, der herr handelt nicht recht. Hes. 18, 25; recht handeln mit zeitlichem gut, in keufen und verkeufen. Sir. 42, 6; bleibe from, und halt dich recht. ps. 37, 37; das sie (eheleute) sich nicht recht halten. Sir. 42, 10; weil wir deine gebot nicht gehalten, und nicht recht gewandelt haben fur dir. Tob. 3, 5; im gegensatz zu betrügerisch: gehet bei dem spiel viel list und betrug für, wer da den andern artig betriegen kan, der wird für einen meister gehalten. ja, sagt mancher spieler, wann ich recht spielte so würde ich wenig geld behalten. Schuppius 200; verbunden mit sinnverwandten adverbien: recht und redelich vorkofft (verkauft). schles. lehnsurk. 1, 213, 21 (von 1472); habt jr nu recht und redlich gethan, das jr AbiMelech zum könige gemacht habt. richt. 9, 16; er meinte, es gehe nirgends ganz recht und ganz gleich her. Ranke sämtl. werke 1, 64.
g)
recht, wie aufrichtig, wahr, wahrhaftig: die kaiserlichen achten sollten recht und aufrichtig geschehen. Ranke sämtl. werke 1, 71;
ich aber, dein geringster knecht,
ich sag es frei und mein es recht:
ich liebe dich, doch nicht so viel,
als ich dich gerne lieben will.
P. Gerhard 152, 52;
er ist der einzge, dem ich nicht recht traue.
Schiller Piccol. 4, 3.
h)
auch wie ordentlich, gehörig, völlig: wenns einem wolgehet, so kan man keinen freund recht erkennen. Sir. 12, 7; ehe jemand recht zu einem menschen geworden. Ranke sämtl. werke 1, 172; wir können nicht, weil wir nicht recht wollen. Schlegel Lucinde 38;
kein mensch es hindern kan, was man hienieden bindt,
wans droben nicht zuvor versehen, oft betrieget,
es haftet nimmer recht.
Zinkgref bei Opitz (1624) 216;
die sonn sampt ihren rossen,
spät österlich bezecht,
mit schlaf noch übergossen,
wollt früh kaum wachen recht.
Spee trutzn. 39, 4;
so glichen sich wohl niemals herr und knecht.
der herr ist lang; der diener ist nicht kleiner:
der herr lacht laut; der diener wiehert recht.
Hagedorn 1, 86;
du bist doch nun einmal eine hur;
so seis auch eben recht.
Göthe 12, 196;
wie sehr, angelegentlich: der käiser fragte recht nach, was sie thun? (nachdem er vorher schon vorfragen gethan hatte). Schuppius 75;
warum man ihn recht bittet,
und er für gut erkennt: das musz ein derwisch.
Lessing 2, 207;
in aufforderungen, wünschen: vergnügt euch recht!; liebt euch recht! berausche dich recht in deinem hamburgischen paradiese. Hölty 220 Halm (an Voss).
i)
aber auch in abgeblasztem sinne (vgl. dazu oben 3, e, κ), wie wirklich, in wahrheit, nur sinnverstärkend oder betheuernd:
iuch hât rehte gotes haʒ
dâ her gesendet beide
zallem iwerme leide.
Iwein 6104;
sie haben verstand, und können einen recht mit lachen gesund machen; so witzig sind sie! Gellert 3, 282; und wenn man mit den leuten spricht die unzufrieden sind, da erfährt man recht die wahrheit. Göthe 14, 87;
ja selbst von einem grün- und bunten garten ..
scheint er (der pfauenschwanz) der inbegriff und auszug recht zu sein.
Brockes 4, 165;
bei vergleichen wie ganz: recht wie der ritter von st. Georg in Schottland durch ofne briefe den tag seiner krönung feierlich ansezte. Sturz 1, 212; wie mhd.:
rehte als engel sint diu wîp getân.
Walther 57, 8;
manchmal nicht mehr wie nun, nunmehr: wolan ritter, weil du eine solche meinung in dir hast, so lasz recht die sach also bei dir bleiben. buch der liebe 243ᶜ.
k)
in verbindung mit erst drückt recht umgekehrt eine steigerung aus: bis in die tiefe nacht, wo er überhaupt erst recht zu leben begann, behielt er seine gäste bei sich. Ranke sämtl. werke 1, 65; die sühneversuche brachten erst die innere feindseligkeit recht zum ausbruch. 225;
ich habe geliebet, nun lieb ich erst recht.
Göthe 1, 137;
ich habe geglaubet, nun glaub ich erst recht.
ebenda;
wir brauchten
deine fackel erst recht, ach! und die fackel erlischt!
371;
und käm ein ganzes heer von sperlingen dazwischen,
jetzt hab ich erst recht lust, die schöne wegzufischen.
Körner die braut, 4. auftr.;
auch in der verbindung so recht: sie schwammen so recht in entzücken; sie lebten so recht in den tag hinein; bald nach der ankunft der schottischen commissarien war eine behörde gegründet, die so recht der ausdruck dieses verhältnisses ist. Ranke engl. gesch. 3, 100.
l)
die reimende formel schlecht und recht, in dem verschiedenen sinne des adverbs recht: die schuͦ richten und regieren die fuͤsz und zehen, das er stracks und schlecht sy, und die zehen nit dört uszhin gagelen, sunder das sie sich recht und schlecht dem schuͦ nach richten. Keisersberg bilg. 90ᵈ;
lasz mich in deiner furcht bestehn,
fein schlecht und recht stets einher gehn.
P. Gerhard 93, 58;
er lebte schlecht und recht,
ohn amt und gnadengeld, und niemals herr noch knecht.
Lessing 1, 6;
du, lieber mond, bist schwächer zwar und kleiner,
ein kleid, nur recht und schlecht bekleidet dich.
Bürger 55ᵇ;
der herzog ist gewaltig und hochverständig,
aber er bleibt doch, schlecht und recht,
wie wir alle, des kaisers knecht.
Schiller Wallenst. lager, 11. auftr.;
als schlagwort, auf leben oder handeln bezogen: schlecht und recht, das behüte mich, denn ich harre dein. ps. 25, 21; zu lernen weisheit und zucht, verstand, klugheit, gerechtigkeit, recht und schlecht. spr. Sal. 1, 3.
7)
recht, adverbial zu adjectiven und andern adverbien tretend; auch in verschiedener verwendung.
a)
dem rechten (oben 3) gemäsz, richtig: ob nun das kind von dem ersten tag der empfängnis in mutterleib gelegen und gerastet hat fünf und vierzig tage oder anderthalben monat bis auf den andern, soll es nicht mehr eine frucht, sondern ein recht erschaffen kind genennet werden. J. Rüff hebammenb. (1581) 38; oft nur mehr hervorhebend und betheuernd gebraucht, wie wirklich, in wahrheit, sicherlich:
daʒî ist rehto virinlîh ding.
muspilli 10;
sih wolt er rehto ubarlût   neman ir thera leidunt (verantwortlichkeit).
Otfrid 4, 24, 26;
sô rehte reine sost ir lîp,
daʒ si der guoten lop wol lîdet.
Walther 45, 19;
owê der mich dâ welen hieʒe,
deich daʒ eine dur daʒ ander lieʒe,
wie rehte schiere ich danne kür!
46, 29;
die schlege des liebhabers meinens recht gut, aber das küssen des hassers ist ein gewessch. spr. Sal. 27, 6; diese weisheit macht recht kluge leute, und wer an jr fest helt, dem hilft sie aus mit ehren. Sir. 1, 24; also wirstu ein recht wol geschickter mensch, und bei allen leuten gelobt. 42, 9; so euch nu der son frei machet, so seid jr recht frei. Joh. 8, 36;
recht wol ist eingeloffen
der pfeil zur scheiben ein.
Spee trutzn. 51, 413.
b)
in neuerer sprache gewöhnlich nur den folgenden begriff, weniger als sehr, verstärkend: ich bin recht böse auf ihn, indignatione certe in eum commotus sum. Stieler 1548; wir .. waren auf unsere art recht vergnügt. Höty 224 Halm; soll ein recht artig büchlein werden. 228; wenn sie nur einmal recht böse werden. Göthe 20, 209;
ach, guter Hans Bendix, das ist ja recht schade!
Bürger 67ᵇ;
Sittah. so musz sie gutes
doch wahrlich wenig haben. Recha. doch! recht viel,
recht viel!
Lessing 2, 348;
ich will ein guter vater,
recht guter vater sein!
352;
nur gebt nicht gar zu kleine proben;
denn wenn ich judiciren soll,
verlang ich auch das maul recht voll.
Göthe 12, 112;
nehmet holz vom fichtenstamme,
doch recht trocken laszt es sein.
Schiller hist.-krit. ausg. 11, 306;
muszt dich nur recht erbärmlich stellen!
Wallensteins lager, 1. auftr.;
vor sehr, dieses hervorhebend: ich gehe überhaupt jetzt sehr wenig in gesellschaft, und lebe doch zufrieden, recht sehr zufrieden. Hölty 228 Halm;
dasz du ja
vor ihm recht sehr erröthest, liebes mädchen!
Lessing 2, 353;
in formeln der zustimmung: recht wol, feliciter. Stieler 1548;
das ist alles recht schön und gut.
Göthe 12, 181;
in verneinenden sätzen, wo es die verneinung abschwächt: also war es nicht recht richtig in seinem kopfe. Wieland 19, 186;
nein, nein! nimm nur die königinn.
ich war mit diesem steine nie recht glücklich.
Lessing 2, 228;
in einer titelhaften bezeichnung: grabschrift für den recht edlen und dapfern Hans Michael von Obertraut. Weckherlin 640, wo es aber nur dem englischen right honourable nachgeahmt ist.
c)
recht in hervorhebendem sinne bei andern satztheilen: das war mir recht aus der seele gesprochen; er arbeitet recht nach der schablone;
gestehts, ihr seid jetzt recht von herzen bös auf mich.
Schiller hist.-krit. ausg. 15¹, 255;
gestehts, ihr haszt mich, mühmchen, recht von herzen.
ebenda;
wie in der welt es eigentlich
an redlichen, an wackern männern fehle,
die recht im ernst das gute wollten.
15², 101;
ich möchte wohl nur einmal noch
recht frohen mutes sein.
Uhland ged. 9;
in verneinenden sätzen, wie oben unter b: bei so einer vermischung eines theaters, das nicht recht oper, nicht recht schauspiel sei. Göthe 19, 254.
d)
recht, selten als genaue bestimmung eines folgenden begriffes, wie genau: denn da alles still war und ruget, und eben recht mitternacht war. weish. Sal. 18, 14; in recht metaphysischer bedeutung. Kant 8, 24.
8)
substantivisch das rechte in juristischem sinne, wie oben recht III sp. 375 ff., in manchen der dort angeführten verbindungen.
a)
(vgl. recht III, 1) geschriebenes oder sonst geltendes, feststehendes recht (nicht im nominativ): summum jus, inhalt des gesatzs nach den buͦchstaben, die scherpfe des rechten. Dasyp.; juridicus, das nach dem rechten oder gesatz ist. ebenda; des rechten auszleger, jureconsultus. ebenda; werden denne dy scheppin in einer stat des rechtis gefrogit, wissen sy des rechten nicht. iMagd. fragen 1, 1, 5, s. 24; soll jemandt dem rechten volge thuͦn, so muͦsz er gründlich wissen, was recht ist. Agr. spr. 126ᵇ; er brachte es endlich so weit, dasz er mit höchstem ruhm ein doctor der beiden rechten werden könte. Schuppius 498; als her Johannes seine gemahlin genommen, haben sie ihre ehe auf die käiserliche rechten fundirt. 610 (nachher die käiserlichen rechte); dasz obwohl im rechten deutlich versehen, dasz ein iedweder ehrlicher biederman in seinem hause ruhig und unmolestirt wohnen solle, dessen ungeacht, beklagter N. sich gelüsten lassen bei nächtlicher weile vor klägers hause vorbei zu gehen .. Chr. Weise erzn. 200 Braune;
drumb wöl wir weiber weibr lassen sein,
und mit einander gen zum wein,
der weiber lieb nichts lassn anfechten,
sie lasn pleiben peim alten rechten.
H. Sachs fastn. sp. 5, 123, 334.
b)
als gen. sg. hat sich seit dem 15. jahrh. ein rechtens ergeben: und solt man iederman rechtens helfen, wer das begert oder das recht anrüefte. d. städtechron. 5, 304, 16; ein doctor rechtens und auch ein rahtsverwandter. Kirchhof wendunm. 123ᵃ; das sie das unrecht abstellen und mit lindigkeit gegen die unterthanen rechtens pflegen wolten. Schütz Preuszen 195; den krieg rechtens befestigen (litem contestari). Ayrer proc. 1, 6; zu erhaltung gleichheit rechtens. Zinkgref apophth. 1, 54;
heüt wir in unserm closter habn
gehabt ein grosze leich, ja leich,
ein doctor desz rechtens begrabn.
J. Ayrer fastn. sp. 141ᵈ (3043, 35 Keller);
in neuerer sprache nur noch in festen formeln; etwas ist rechtens: was rechtens sei? v. c. was die gesetze an einem gewissen ort oder zu einer gewissen zeit sagen, kann er wohl angeben. Kant 5, 29; da es bekannten rechtens ist. Hippel 5, 74;
ihr wisset was in solchen fällen
sonst rechtens ist.
Wieland 5, 167;
es wird was rechtens ist, geschehn.
10, 176;
so ists, mylady. das ist bei uns rechtens.
Schiller M. Stuart 1, 7;
es ist die grosze sache aller staaten
und thronen, dasz gescheh was rechtens ist,
und jedem auf der welt das seine werde.
hist.-krit. ausg. 15², 450 (Demetrius);
der vorbehalt, die erhaltung rechtens; die königin Elisabeth war so nachgiebig, der hanse, mit vorbehalt beiderseitigen rechtens, einen sehr billigen vergleich anzubieten. Möser patr. phant. 3, 175; die mittel zur erhaltung förmlichen rechtens. 4, 117; der schein, die form rechtens: zur form rechtens gehört, dasz es von einem befugten richter ausgesprochen, und in die kraft rechtens übergetreten sei. 115; mit welchem schein rechtens könnte man von einem menschen, der nicht ist, steuern, zehenten, opfer, oder jura stolae eintreiben? Wieland 11, 297; die form rechtens, die er dabei beobachtet. Göthe 24, 216;
ich lob an dir als ein jurist,
was rechtens an dir löblich ist.
Lessing 1, 204.
auch in der bedeutung des gerechten anspruchs und seiner betreibung (unten c):
darumb bin ich komen,
des rechtens wil ich han.
Uhland volksl. 320;
was rechtens woltestu danne,
was rechtens woltestu han?
322;
in der bedeutung des prozesses, rechtsweges (unten c): von dem langen, verdrieszlichen und gar zuvil kostenden weeg rechtens. Schuppius 770; befördert persönlich die expedition desz rechtens. 24; zu diesem ende musz ihm der weg des förmlichen rechtens gerade, leicht und kurz gemacht .. werden. Möser phant. 4, 117.
c)
gegründeter rechtsanspruch und seine verfolgung (vgl. recht III, 2, a und b sp. 380): hilft keim zum rechten wie ein jurist. Garg. 245ᵇ; ob yemant köm und daʒ recht anruͤft, den wölt er des rechten helfen. d. städtechron. 4, 105, 24; helft einem jeden zu seinem befügten rechten. Mathesius Sar. 20ᵇ; dasz der appellat auch nicht zu weit von seinem rechten gesetzet werde. Ayrer proc. 2, 2; im rechten nit ze rauch sein, jura contrahere Maaler 327ᵇ; sich im rechten freündtlich und gütig erzeigen 327ᶜ;
ich hân an keinem rechten
nû gên ir nicht, ich ger nicht wan genâden.
wenn fischer werden advocaten,
und ohne recht zum rechten rathen.
C. Kirchner bei Opitz (1624) s. 182.
d)
strafe, namentlich todesstrafe (vergl. recht III, 2 sp. 382): und die pöswicht die wöll man töten auf freitag an sant Mangen abent und dasz die von Augspurg .. bei dem rechten und bei irm sterben seien. d. städtechron. 5, 305, 27; und also schickten die von Augspurg ir ratspotten .. die schickt man zu dem rechten gen Ingolstat. 306, 6.
e)
das gesamte gerichtliche verfahren, prozess (vgl. recht III, 3 sp. 383 ff.): da wolten im die von Augspurg zu seiner klag nit antwurten, aber auszerhalb des rechten redt man mit im ernstliche und scharpfe wort. d. städtechron. 5, 205, 30; einen zum rechten nötigen und zwingen, rapere aliquem in jura, einen zum rechten verfassen, dicam impingere alicui Maaler 327ᵇ;
ich ger mit recht des rechten,
und bit darumbe frâgen.
einen nach dem gsatz zum rächten halten, lege compellere aliquem Maaler 323ᵈ; begerent auch noch hiut nit anders, dann für unsern genädigen herrn den römischen künig zu dem rechten zekomen, wenn der ze lande komet. d. städtechron. 5, 347, 25 (von 1416); einen lassen zum rechten kommen, dare actionem. Maaler 327ᶜ; dem rechten nachgon, oder, im rechten fürfaren, certare jure. ebenda; einem nit des rechten sein, sich vom anklagen eines anderen entledigen, oder sich von eim rechtshandel erlösen oder entledigen, se judicio ab aliquo absolvere. ebenda; also liesz der pflazgrave daʒ also im rechten hangen und gab den sachen kein ent. d. städtechron. 2, 124, 3; und also ist es noch nit auszgericht auf sant Andreas tag und hangt also im rechten. 5, 207, 14; einen warnen, wie er sich im rechten sölle halten, cavere in jure. Maaler 327ᶜ; als bittet kläger im rechten zu erkennen und auszzusprechen, dasz beklagter den staupenschlag verwirket. Chr. Weise erzn. 200 Braune; und bitte in eime rechtin cʒu irvarin, ob ich in icht neher czu ubirwindin sy. Magdeburger blume 1, 157; als gin (gieng) der purgraf von dem rechten (entzog sich dem rechtsverfahren) und wolt den ausspruch niht horen. d. städtechron. 1, 27, 9; (sie) baten ainen rat, dasz man dem rechten ain aufschlag geb (das rechtsverfahren hinaus schöbe). 5, 51, 19; nu ist ze wissen, dasz es widerumb von dem kaiserlichen hof geschoben ward für das lantgericht gen Anspach, und solten die von Argun das recht widerumb anfahen und darnach dem rechten nachkommen bisz an das end. 206, 32; zug nemen (appellieren) von ainem rechten zu dem andern. 207, 1.
f)
in den örtlichen und persönlichen begriff des gerichts und des richtercollegiums übergehend (vgl. recht III, 4 sp. 386): clag und antwort des handels, als er sich am rechten (vor gericht) begeben hat. weisth. 4, 525 (Schwarzwald, von 1484); einen vor dem rächten verklagen oder für das rächt laden, adducere aliquem in judicium. Maaler 323ᵈ; da kam maister Oswald von Rom und bracht brief von dem babst, dasz sich der Nenninger solt zu dem rechten stellen für den babst. deutsche städtechron. 5, 80, 13; mein herr marggraf sasz am rechten und gros volk sach zu. 2, 9, 16; er ist schulthais gewest, über Wolfgang Liszkircher am rechten alsz richter gesessen. 15, 60, 1; er verordnet auch richter und hofgericht allenthalben in seinem reich und sasz selber mit im rechten. Mathesius Sar. 22ᵇ; wer etwas an dem rechten zu schaffen hette, der lugte das er denselben fürsprecher oder procurator überkäm. Pauli schimpf 25;
ob iemant ain alte schuld hab behalten,
das er am rechten hab zu clagen,
der sol es dem richter für tragen.
fastn. sp. 709, 8;
er sprach zu seinem sune:
kum her, beut mir dein hand!
ich muͦsz gen Basel ins rechte,
ich kum leicht nimmer zu land.
Uhland volksl. 318;
do sprach der burgermaister:
kum bei der zeit herhaim
und stell dich zu dem rechten.
320;
des rechten wil ich warten ton (das gericht erwarten).
Gödeke u. Tittmann liederb. 350, 308.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1887), Bd. VIII (1893), Sp. 387, Z. 12.

rechts, adv.

rechts, adv.
recte; dextra, ad dextram; der adverbial gebrauchte genitiv des adj. recht, wie sein gegensatz links erst der späteren sprache recht eigen, in vollerer form rechtes, vgl. theil 6, 1049.
1)
rechts, in ältester verwendung richtig:
wand sô ichʒ rehtes kan erkunnen,
son ist niht under der sunnen,
eʒ ensî îtel und unstæte.
Lamprecht v. Regensburg tochter Syon 332;
so hat sie schlechts und rechts darausz beschlossen (einen schlusz gezogen). Fischart bienk. 110ᵃ.
2)
gewöhnlich als adverb der richtung, wie links, welches auch wegen der belege zu vergleichen; früher stand dafür auch recht, vgl. oben sp. 390.
a)
rechts, zur rechten, auf der rechten seite (vgl. links 1): rechts, ad dextram. Steinbach 2, 289; wir gingen rechts, dextrorsum nos vertebamus. ebenda; sich rechts wenden. rechts gehen. das dorf blieb rechts liegen. Adelung;
tritt er als ministrant
dem priester zum altar voran
das meszbuch in der hand,
und knieet rechts und knieet links,
und ist gewärtig jedes winks.
Schiller hist.-krit. ausg. 11, 253;
an substantiven gebrauch rührend:
den tanz mit rechts und links, sie kann ihn ganz allein,
wie sichs gehört.
Göthe 7, 28;
durch zusätze näher bestimmt: rechts vom letzten hause des dorfes führt ein fuszweg durch die wiesen; rechts des fuszsteiges ist eine art von .. wall. Göthe 43, 182; rechts ab ad dextram Stieler 2; rechts um, auf der rechten seite herum; sich rechts und links um drehen; zusammengerückt rechtsum dextrorsum Steinbach 2, 896, s. unten; in kommandorufen: rechts abgeritten! (beim exerciz zu pferd). Böckler kriegsschule 290; sprichstu, rechts umb, so wenden sie (die musketiere) die gesichter und leiber auf die rechte hand. 302; rechts her stellt euch! 303; rechts schwengt euch! 306;
rechts um! (gefreiter zu den kürassieren).
Schiller Wallensteins tod 3, 16;
in freierem oder bildlichem gebrauche: o! über die leichtgläubigen männer! ... wenn nur etwas auf ihrem wege ist, so kann man es ihnen sehr leicht aufbürden! aber dafür sehen sie sich auch ein andermal weder rechts noch links um, und wissen nichts zu schätzen, als was sie vorher mit dem stempel einer willkürlichen leidenschaft bezeichnet haben. Göthe 20, 107; da nun den menschen eigentlich nichts interessirt als seine meinung, so sieht jederman, der eine meinung vorträgt, sich rechts und links nach hilfsmitteln um, damit er sich und andere bestärken möge. 22, 245; ebenso verfuhr er (Lavater) mit künstlern; er rief einen jeden auf, ihm für seine zwecke zeichnungen zu senden ... gleicherweise liesz er rechts und links in kupfer stechen. 48, 106; für die feindseligkeit von rechts und links. Sybel gesch. der revolutionszeit 1, 117.
b)
rechts, als neueres wort der politischen sprache, in bezug auf regierungstreue und staatserhaltende gesinnung: er steht weit rechts; sein standpunkt neigt sich sehr nach rechts; er ist, wie seine ganze familie, ausgesprochen rechts gesinnt. es geht darauf zurück, dasz im parlament zur rechten des präsidenten die regierungsparteien, zur linken die gegenparteien ihre sitze genommen haben, ein ursprünglich französischer brauch der restaurationszeit, vgl. unter link 5, c theil 6, 1047.
c)
rechts, bei dingen, die gewendet werden können, von der oberen oder sichtbaren seite, vgl. dazu recht 2, d oben sp. 390: wann die kellerin uns das bett soll machen, so muͦsz sie gar eben luͦgen, das sie das underlilach rechts leg, das die nät gegen dem bett sei. Keisersberg post. 3, 40; ein kleiderstoff, der rechts und links gleich gewebt ist.
d)
rechts sein, namentlich in bezug auf den gebrauch der hände (vgl. links 4): ambidexter, der die link hand wie die recht kan brauchen, links und rechts ist. Dasyp.; daher alle völker der erde rechts sind (die rechte hand vorzugsweise gebrauchen). Kant 3, 119; weil ich überzeugt war, dasz der ganze zauber in dem ring verborgen liege, so beschlosz ich ihn abzufeilen ... glücklicherweise war ich links, und ich hatte in meinem leben niemals etwas rechts gemacht. Göthe 23, 103;
jedoch zwo lanzen zugleich warf
Asteropaios, der held, der rechts mit jeglicher hand war.
Ilias 21, 163.
e)
rechts und links heiszt ein kartenspiel, sonst landsknecht.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1887), Bd. VIII (1893), Sp. 422, Z. 41.

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Zitationshilfe
„recht“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/recht>.

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