Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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graben, vb.

graben, vb.
herkunft und form. gemeingerm. wort; got. graban; altisl. grafa, norw. grava, aschwed. grava, græva, nschwed. gräva, dän. grave; ae. grafan, engl. grave; ahd. graban, mhd. nhd. graben; as. (bi)graƀan, mnd. graven, nd. grafen; mnl. nl. graven (über afries. grēva s. Wissmann nom. postv. 76, 1). von der zweiten hochstufe der idg. wurzel *ghrebh-: *ghrobh- 'kratzen, scharren, graben' gebildet, zu deren erster hochstufe sich im germanischen aschwed. græva und auszergerm. bildungen stellen wie lett. grebju, grebt 'schrapen, aushöhlen, mit dem grabstichel eingraben'; slov. grébem, grébsti 'scharren, kratzen, graben'; tschech. hřebu, hřésti 'graben, begraben'; poln. grzebę, grzésċ 'kratzen, graben, begraben'; ferner akslaw. pogrebǫ, pogreti 'begraben'; russ. pogrebjú, pogrebstí 'begraben'. dazu ableitungen wie graben, m., grube, f., graft, gracht, f., gruben, vb. (s. überall dort) mit ihren germ. und auszergerm. entsprechungen. vgl. Walde-Pokorny 1, 653 f. graben flektiert im deutschen, wie überhaupt in den germ. sprachen, regelmäszig stark. schwache flexion neben der starken zeigt engl. grave. für das deutsche verb sind nur vereinzelt schwache formen bezeugt: gegrabt neben unausgegrabt, nachgrabt (part. prät.) (1639) in: schweiz. id. 2, 683; grabete (3. sing. ind. prät.) Teresa v. Jesu opera (1732) 439. hinsichtlich der bedeutung besteht kein unterschied zu dem sonstigen gebrauch des verbs in starker flexion, so dasz diese fälle nicht verglichen werden können mit schwach flektierten, unter dem einflusz von ahd. grabo, m. (s. graben, m.) gebildeten präfixkompositen mit der bedeutung 'mit einem graben versehen' (eine andere möglichkeit der erklärung bei Wissmann a. a. o. 76) wie ahd. gigrabôn: (nec) oppilauerunt (loca occulta) gigrapotvn, -un (10.—12. jh.) (1. Makk. 2, 36) ahd. gl. 1, 690, 44f. St.-S.; aber auch: (in hortis) sarculatis kigrapotan (11. jh.) ebda 2, 449, 58; ein vielleicht verschriebenes gigraponum zur gleichen stelle ebda 4, 95, 8; vgl. Graff 4, 305; ferner ahd. bigrabôn, mhd. begraben, vgl. Graff 4, 305; Lexer 1, 147; mhd. vergraben teil 12, 1, 1, sp. 483. der formenbestand des verbs zeigt nur wenige besonderheiten: in der 2. und 3. sing. ind. präs. ist der umlaut gelegentlich unter mundartlichem einflusz beseitigt; vgl. die mundartwbb. und besonders den unpersönlichen gebrauch unter C 4; ferner für die 3. pers.: Seb. Brant narrensch. 6 Zarncke; Herold-Forer Gesners thierb. (1563) 25ᵇ; Calepinus dict. (1579) 352ᵇ; Lori slg. d. baier. bergrechts (1764) 35; Meisl theatr. quodlibet (1820) 1, 48. der imperativ sing. lautet bis ins 16. jh. hinein grab, noch bei Gäbelkover artzneyb. (1595) 1, 29; 1, 195; 2, 121; Paracelsus opera (1616) 2, 546; jünger so nur noch mundartlich oder aus rhythmischen gründen. grabe begegnet hier und da seit dem 14. jh.: Tauler dt. pred. 393 V.; (Hes. 8, 8) erste dt. bibel 3, 313 Kurr.; Hes. 8, 8; (Magdeburg 1524) städtechron. 27, 176; es setzt sich seit der mitte des 16. jhs. durch. das part. prät. zeigt im frühnhd. vereinzelt präfixlose form: Hans Sachs 1, 55 lit. ver.; 4, 148; 8, 79 u. ö.; Herold-Forer Gesners thierb. (1563) 17ᵃ; 19ᵃ.
bedeutung und gebrauch. das verb entspricht in seinen bedeutungen A, B, C, D, oft bis in die einzelheiten der weiteren konstruktion hinein, dem lat. fodere, das es in zahlreichen übersetzungsfällen wiedergibt, ohne dasz, von einzelfällen abgesehen, lehnübersetzung anzunehmen wäre. in der bedeutung E dagegen entspricht graben anderen lat. ausdrücken wie namentlich sculpere, scalpere, caelare.
A.
erde mit hilfe eines geeigneten werkzeuges umwerfen, vor allem zu dem zweck, land für den anbau von gewächsen herzurichten; vgl. pastinare graben (md. 15. jh.), grauen vel vme don (nd. 15. jh.) Diefenbach gl. 416ᵃ; s. v. fossorium spade, om tzo grauen (Köln 1507) ebda 244ᶜ; graben die erden auffwerffen, fodere, defodere, fodicare, pastinare Henisch thes. (1616) 1718.
1)
meist in objektloser verwendung.
a)
oft und bereits im frühesten gebrauch verbindet sich mit der konkreten tätigkeit des grabens die vorstellung einer schweren arbeit. in der übersetzung von Luk. 16, 3 für gr. σκάπτειν, lat. fodere: graban ni mag, bidjan skama mik got. bibel 1, 145 Streitberg; ih ni mag graban, betolôn scamên mih Tatian 108, 2 Sievers; graben mag ich nicht, so scheme ich mich zu betteln Luk. 16, 3; Weise erznarren 46 ndr.; bei ihnen heiszt es: graben mag ich nicht, so schäme ich mich zu betteln Jahn w. 2, 954 Euler. freier: bistu aber swach worden, vnd kanst nitt mer penitentzliche werck wirken, so du nu nit magst graben, nit bescham dich zu beetlen Keiserserg predigen teütsch (1508) 39ᵇ. aus dem biblischen gebrauch gelöst:
das graben wird ihm saur, zum handwerk taugt er nicht
Rachel satyr. ged. 64 ndr.;
er erkundigte sich vorher sorgfältig, ob er auch in seiner einöde täglich frisches brodt bekommen könne; ... ob man ihn nicht nöthigen werde zu graben oder holz und wasser zu tragen Zimmermann einsamkeit (1784) 1, 228. sprichwörtlich: der soll graben, der essen haben will Düringsfeld sprichw. (1875) 1, 222ᵇ.
b)
ohne besonderen akzent von der tätigkeit des umgrabens: prouidentia uueiz tiu ding sament, fatum recchet siu einzen; uuanda dâr einêr fore begrûob, tarazûo hafta fatum; daz anderêr sîd târ grûob, zûo dîen zuein hafteta be nôte diu inuentio dritta Notker 1, 309, 16 Piper; ebda 308, 30; dede wir (dem ackerland) keyne bezzerunge an myst, dunge adir an grabin, da suldin sie uns dar fuͦr duͦn als des landis gewonheyt ist (1339) hess. urkundenb. 2, 477 Wyss-R.; das fúcht ertrich ain wenig gegraben ist nútz der inlegung (der weinstecklinge) Österreicher Columella 1, 214 lit. ver.; herr, las jn (den unfruchtbaren feigenbaum) noch dis jar, bis das ich vmb jn grabe, vnd betuͤnge jn Luk. 13, 8; spahte ... ist ein werckzeug, damit man graͤbet Gueintz rechtschreibung (1666) 136; und dann kommst du auf's krautland und gräbst Göthe I 17, 253 W.; ich werde heut nachmittag in ihren garten kommen und graben helfen Fontane ges. w. I (1905) 5, 134; die mutter grub noch immer ... die hälfte des ackers war bereits umgeworfen Gerhart Hauptmann d. ges. w. (1942) 1, 249.
c)
neben anderen verben: gartner ..., der selb ... in dem felde vnd in den äckern mit graben mit pflantzen vnd mit wässern arbait hatt Niclas v. Wyle translat. 276 Keller; wie nütz sey ackeren vnd graben Petrus de Crescentiis v. ackerbaw (1531) 17ᵃ;
weil wir seind kein leibeigen knecht,
vnd gleichwol ohn alles verschonen
also sollen graben vnd fronen
Ayrer dramen 300 Keller;
man egt, man gräbt Brockes ird. vergnügen (1721) 4, 15; das erntefest habe ihm zwar ganz wohl, das bebestellen hinterdrein, pflügen, graben und abwarten keineswegs gefallen Göthe I 25, 1, 2 W.; ich will ... pflügen und graben Fontane ges. w. (1905) I 6, 147. redensartlich: graben und hacken macht (gibt) schmale backen Fischer schwäb. 3, 780.
d)
mit adverbialer ortsbestimmung (präposition mit dativ): das ich dich nit ersech im acker graben Terenz deutsch (1499) 69ᵃ; (sie) wären gewahr worden, dasz in dem gärtgen nur gegraben gewesen Thomasius ged. u. erinn. (1720) 1, 7; (Amadeus) erinnerte sich, wie er als kind im garten gegraben hatte E. Wiechert missa sine nomine (1950) 555.
2)
transitiv mit dem akkusativ der sache, die erde, das feld u. ä. graben; vgl. garten graben hortum pastinare Henisch thes. (1616) 1718; Stieler stammb. (1691) 687: und (der mensch) sol rechte tuͦn also der ackerman der ... keret sin ertterich umb und grebet es mit grossem flisse Tauler pred. 97 V.; in dem mertzen sol man die newen weingaͤrten graben, vnd gleich als ein puluer jr erdtrich klein machen Petrus de Crescentiis v. ackerbaw (1531) 46ᵇ; mit einer grabschauffel, als ob er ... das erdtrich grube Paracelsus opera (1616) 2, 571;
wie könnt ihr euch so wunderlich behaben,
als wolltet ihr des nachbarn weinberg graben?
Göthe I 4, 286 W.;
(Amadeus) wuszte nicht mehr, dasz es eine erde gab, die man nicht zu graben oder fortzukarren brauchte (wie im kz) E. Wiechert missa sine nomine (1950) 63. als objekt kann auch eine maszangabe fungieren: item 5 m. ane 2 scot (gezahlt) vor 60 zeil zu graben uf des meisters rosgarthen (1399—1409) Marienburger treszlerb. 7 Joachim; anders mit neigung zu B, aufgraben: we dar de straten graft vnde maket des nicht weder to van stunden an, de breckt 3 mark (Flensburg 15. jh.) d. d. jütischen low verwandten stadtrechte 77 Thorsen; ebda 192; derhalben ist vor alten zeiten in Italia durch gesatz verbotten worden, daz keiner des ertzes halben die erden grübe, die fruchtbaren feld sampt den weinbergen vnd ölgärten verwüste Bech Agricolas bergwerckbuch (1621) 6; und (Amyntas) hub an, einen starken damm vor den baum hinzubauen, und grub frische erde S. Gessner schr. (1777) 1, 39.
B.
die nord- und wetsgerm. sprachen (für das gotische nur in zusammensetzungen bezeugt: bigraban περιβάλλειν, ufgraban, usgraban) kennen gebrauchsweisen des verbs, denen gemeinsam ist, dasz sich die tätigkeit des grabens als ein eindringen in die tiefe des erdreichs darstellt. freilich vermag graben diese tätigkeit kaum prägnant, in intransitivem oder absolutem gebrauch, zu bezeichnen (1). differenzierte anwendungsmöglichkeiten gewinnt das wort erst dadurch, dasz es über die blosze tätigkeit des grabens hinaus auf etwas zielt, das durch das graben in die tiefe betroffen oder erzeugt wird (2; 3; 4). hier begegnet neben der vorherrschenden transitiven eine intransitive verwendung, bei der geeignete präpositionale bestimmungen an die stelle des akkusativobjekts treten. in erweiterung einzelner anwendungsweisen und vor allem fester wendungen des eigentlichen gebrauchs bilden sich zu verschiedenen zeiten und in unterschiedlicher art uneigentliche und übertragene gebrauchsweisen heraus, die ihrerseits eine eigene weiterentwicklung erfahren können.
1)
die bedeutung 'in die tiefe graben' eignet dem verb nicht unmittelbar; es gewinnt diese spezifische färbung erst aus dem weiteren zusammenhang, besonders mit hilfe bezeichnender adverbialer bestimmungen. der hier in frage kommende intransitive, manchmal auch absolute gebrauch scheint erst unter voraussetzung des meist transitiven gebrauchs unter 2 und 3 ermöglicht zu sein; in den selteneren anwendungen unter a und b kann allerdings auch der gebrauch unter A den ausgangspunkt bilden.
a)
tief graben: ane sin (des richters) orlof mut man wol graven also diep, also en man mit eneme spaden upgeschieten mach die erde Sachsenspiegel, landr. 3, 66 § 3 Homeyer;
Constantinus der herre gut
grub und grub also tief (beim bau des münsters)
passional 71, 1 Köpke;
was schetzend wir also tieffer zuͦ graben, so wir die reb mit als ainer nidren maͮsz inlegend? Österreicher Columella 1, 230 lit. ver.; er ist gleich einem menschen, der ein haus bawete, vnd grub tieff, vnd legete den grund auff den fels Lukas 6, 48; grab' mal fünf fusz tief? was ist da dann? was? ... thon, mein junge! eine mächtige schicht vom feinsten thon! Frenssen Jörn Uhl (1917) 469. vergleichbar: sie gräbt noch ein stück tiefer Werfel Bernadette (1948) 204.
b)
mit kennzeichnenden präpositionalen ausdrücken.
α)
(bis) auf, zu etwas graben:
sîn (des Marienlobs) ende ich nimmer vünde
und grüebe ich ûf den dillestein (das fundament der erde)
Konrad v. Würzburg d. goldene schmiede 33 Gr.;
also grueb man gantz und gar bisz auf den grund des nidergefallnen turns und zoch die grosze stain alle herausz (Augsburg 15. jh.) städtechron. 5, 320; (die das wasser darstellende jungfrau) sprach, wa ir binzen finden, da graben zuͦ der wurtzel, da finden ir mich, da bin ich daheim Pauli schimpf u. ernst 17 Ö.;
und als man nun grub zu dem grundt,
den tempel drauff zu bawen
Hans Sachs 15, 463 lit. ver.
in übertragener anwendung, etwas unterhöhlen, zum einsturz bringen; vgl. 5 b α: name der ... teüffel, die aller aͤrgesten ausz der kirchen ..., denen auch bewiszt der kirchen heymligkait, damit er jhr deszter basz kündte zum grund graben, brauchet er sie für seine offentliche diener J. Nas evang. warhait 2 (1570) 126.
β)
mit unter: der zustand, da der mensch unter sich graben und über sich fliegen lernte Herder 13, 50 S. vgl.: eine paraque ging in brandt; die leütte im hausz wolltens verhehlen, gruben unten nunder undt meinten, den brandt zu leschen Elisabeth Charlotte v. Orléans br. (1719) 6 Holland.
γ)
etwas häufiger in mit akkusativ: man grebt in das ertrich Seb. Münster cosmogr. (1550) 4; man grub daher in die erde und fand drei aus gediegenem silber gearbeitete bildsäulen br. Grimm dt. sagen (1891) 2, 13. uneigentlich: dan wann man jm (dem raffgierigen, der das gold nicht nur in säcken, sondern auch im munde fortträgt) ins chrysostomisch oder guldenmaul grüb, so käm man darnach bald inn magen, da fänd man, das nicht alles gold sei, was gleiszt Fischart w. 3, 98 Hauffen.
c)
ohne kennzeichnende bestimmung. die bedeutung 'in die tiefe graben' ist an nebenvorstellungen gebunden, die sich aus dem zusammenhang der rede ergeben.
α)
graben mit dem zweck, etwas zu suchen und zu finden (vgl. 2). adverbiale bestimmungen dienen hier keiner kennzeichnung wie unter b, sondern bloszer ortsbestimmung: ther thia einûn (ein talent) intfieng gieng inti gruob in erda (fodit in terra) inti gibarc scaz sînes hêrren Tatian 149, 2; als sie nun begunden zu graben (um Eulenspiegel auszugraben), da was er gleich faul (1515) Eulenspiegel 144 ndr.; nim die wurtzel, so bald du kanst (dann je baͤlder sie nach dem graben geschnitten vnd bereit wuͤrdt, je besser es ist) Gäbelkover artzneyb. (1595) 2, 188;
von der Sachsen silberbergen kam nun eine tapfre schaar,
die im graben wirklich kunstreich, und im wühlen ämsig war
Schönaich Heinrich d. Vogler (1757) 90;
Toby ... begann emsig zu graben, aber die groszen wurzeln (des baumes) ... lieszen ihn nicht recht von der stelle kommen Fontane ges. w. (1905) I 6, 248. bezeichnenderweise meist in lockerer verbindung mit finden oder sinnverwandten verben: Egyptii gruôben unde suôhton scaturigines aquarum, sie funden aber sanguinem pro aquis Notker 2, 318, 17 P.;
niwan ein wenic er do grub,
alzuhant man da entsub,
wie sich daruz ein wazzer hub
als ein richlich gesprinc
passional 663, 49 Köpke;
alda grub er und fand ain schacz von gold Steinhöwel Äsop 61 lit. ver.; auch gruben Isaacs knechte im grunde, vnd funden daselbs einen brun lebendiges wassers 1. Mos. 26, 19; es kamen aber meine durstige Deutschen, welche an vielen orten brunnen zu finden gruben, auf eine ... wasserleitung Lohenstein Arminius (1689) 1, 485ᵃ; grabt in der mine, so findet ihr gold Sturz schr. (1779) 1, 187; er hielt leute, die für ihn sammelten und gruben Justi Winckelmann (1866) 2, 1, 129.
β)
seltener für das blosze ausheben von vertiefungen (vgl. 4): dar heft he (der totengräber) overich vul loͤn ane vor sin arbeyt to gravende, grote und cleyne graff to makende (1452) urkundenb. d. st. Hildesheim 7, 68 Doebner;
vnd sonderlich in ewer stad,
man taͤglich viel zu graben hat (um gräber für die toten anzulegen)
Rollenhagen froschmeuseler (1595) G 2ᵃ;
es meldete sich ein ehrlicher mensch zum todengräberdienst; weil er sah, dasz er zum graben so wenig als zum predigen geboren war, so wurde er ein küster Hamann schr. 1, 453 Roth; nun grub der gute bärenhäuter sehr emsig (ein loch für den bären) Brentano ges. schr. (1852) 5, 477. anders, vgl. einen ähnlichen transitiven und präpositionalen gebrauch unter 5 c α:
da macht es die mutter zur strafe dem knaben,
den weg durch die (schnee-)mauer zu brechen.
da musz er nun schaufeln, da musz er nun graben
Rückert ges. poet. w. (1867) 1, 166.
2)
das verb ist, seiner bedeutung und der syntaktischen konstruktion nach, auf gegebenheiten gerichtet, die durch die tätigkeit des grabens gewonnen werden; etwas (aus der erde o. ä.) graben, nach etwas graben 'etwas ausgraben, suchen'. die sehr häufige transitive fügung mit dem bloszen akkusativ der sache (s. a) ist, wohl in anlehnung an ebenso konstruiertes lat. fodere, bereits ahd. bezeugt, während die konstruktion mit präpositionalem ausdruck (nach etwas graben, s.c und unter 3) erst für das mhd. nachweisbar ist. dagegen scheint das ae. in dieser anwendung nur die präpositionale konstruktion zu kennen; vgl. se forma feohʒitsere ... grof aefter golde (vor 1000) bei Murray engl. dict. 4 (1901) 375ᵇ s. v. grave. in anord. quellen sind beide fügungsweisen bezeugt; vgl.
Þvíat sniglar hafa
gull mitt allt grafit
Gautrekssaga 10 Ranisch;
grafa til vatns bei Cleasby-Vigfusson iceland.-engl. dict. 210ᵇ.
a)
mit dem bloszen akkusativ der sache für das durch graben gewonnene, zu tage geförderte.
α)
in der erde befindliche dinge ausgraben, besonders bodenschätze wie erze, kohle abbauen; vgl. fodere argentum silber graben Frisius dict. (1556) 573ᵃ; ertz graben fodere metalla Henisch thes. (1616) 1718:
zi nuzze grebit man ouh thar (bei den Franken) er inti kuphar,
joh bi thia meina isine steina
Otfrid I 1, 69;
mit wess gunst man golt grebet (1217) in: dt. rechtswb. 4, 1043; auf dem gepirg und dâ pei, dâ man salzerz grebt Konrad v. Megenberg buch d. natur 112 Pf.; als man silber grebt Tauler pred. 150 V.; wa man bei solchen baͤdern schwebel grebt Ryff spiegel u. regiment d. gesundth. (1544) 119ᵇ; wem sind nicht bekandt die vielen metallen so in Schlesien gegraben werden Prätorius blockes-berges verrichtung (1668) 80; auf dem Dürnberg, da man jetzt ... aertzt grabt vnnd arbaith Lori baier. bergrecht (1764) 35; eisen war theuer, aber es wurde von den östlichen stämmen (der Germanen) gegraben und geschmolzen G. Freytag ges. w. 17 (1888) 68. selten von einem maschinellen graben: zuweilen kommt aber doch ein erwachsener und fragt (den Dummhans, der mit einem bohrer in der heide kies sucht): 'gräbst du gold?' dann sagt er: 'ich suche sand; aber ich finde ihn nicht' Frenssen Dummhans (1930) 342. auf vergleichbare dinge bezogen:
Jhesus aines tages gieng
mit andren kinden fúr das tor
uff ainen aker, was da vor,
und fundent da gegraben lain
geberret ligen allain
Wernher Marienleben 5249 Päpke;
en stucke phanes (moor) dar men eede (torf) uppe graven mach (ostfries. 1415) in: dt. rechtswb. 4, 1043; nur der erbzinsmann darf steine brechen, lehm graben, holz hauen Raumer gesch. d. Hohenst. (1823) 5, 366. schätze, geld graben: trisiuuet iu treso in himile, thar noh rost noh miliuua iz ni furmelit noh thioba ni grabent (effodiunt) noh ni furstelent (Matth. 6, 20) Tatian 36, 1 Sievers;
wir (die fahrenden schüler) kön warsagn und schätz graben
Hans Sachs 9, 78 lit. ver.;
goldmacherei und lotterie,
nach reichen weibern frein,
und schätze graben, segnet nie
Bürger s. w. 24ᵇ Bohtz.
uneigentlich:
doch heimlich freut vielleicht sich manch geheimer feind,
der die gemachte schuld noch zu verleugnen meynt,
(über deinen schlechten gesundheitszustand)
er will aus deiner grufft verbothne schätze graben,
und wenn du stirbst, von dir noch was zu leben haben
Pietsch geb. schr. (1740) 285;
dieses (hohe ämter) sind die gruben, wo ich geld zu graben hoffe Haller Fabius u. Cato (1774) 141.
β)
erdfrüchte, pflanzen, besonders heilkräuter ausgraben; vgl. radicare wurzeln graben Diefenbach gl. 482ᶜ; kräuter graben eruncare herbas Dentzler clavis germ.-lat. (1716) 139ᵃ:
batonje sô ist ez (eine pflanze) genant und grabent altiu wîp
Neidhart 187, 4 Wiessner;
der mit sin negeln der hend in eim steinachten acker wurtzeln grebt Riederer spiegel d. waren rhetoric (1493) k 4ᵇ; so wer mir weiter nicht not kräuter zu graben buch d. liebe (1587) 158ᵇ; grabe hirschwurtzel ... im meyen zwischen den 2. frauentagen M. Böhme vieh-artzney (1682) 20;
doch warnen musz ich — fliehe diesen baum,
bleib nicht allein, und grabe keine wurzeln
um mitternacht, bereite keine tränke
Schiller 13, 177 G.;
(der wettermacher) wuszte ... wann es zeit sei, seine wurzel zu graben H. Hesse glasperlenspiel (1943) 2, 257. in älterer sprache häufig rüben graben, meist mit dem nebensinn, dasz es sich um eine schwere und verachtete arbeit handelt:
diu næhste rüebe in mînem garten grüebe,
diu tanze ûf mîner slâ
Neidhart 43, 23 Wiessner;
bî dem (bauern) muostu niuwen,
dehsen, swingen und bliuwen
und dar zuo die ruoben graben
meier Helmbrecht 1361 Panzer;
her hauptman, ich gedenck vil mehr,
er (ein israelischer hauptmann) wöll auff dem berg ruben graben,
das sie ein weil zu scharren haben.
von kriegs wegen sinds nit auszzogen
Hans Sachs 10, 137 lit. ver.
redensartlich:
den schwachen laszt ir rüben graben (behandelt ihn verächtlich)
Heinrich v. Neustadt Apollonius 342 Singer;
es ist bös rüben graben
mit kappen, zypffeln, als man saitt (zu jeder arbeit gehört das richtige werkzeug)
liederb. d. Hätzlerin 282 Haltaus;
eid schwern ist leichter, denn ruben grabn
Hans Sachs fastnachtsp. 3, 138 ndr.;
Seb. Franck sprichw. (1541) 1, 157ᵃ; Lehman floril. polit. (1662) 2, 946. anders: mit der nase rüben graben (von leuten, die sich das gesicht beschmutzen oder die häufig hinfallen) Stieler stammb. (1691) 1609. in jüngerer mundart stumpen graben 'baumstümpfe roden', übertragen für 'sehr schwere arbeit verrichten' bei Fischer schwäb. 3, 780. vielleicht bezeichnet auch absolutes graben als forsttechnischer ausdruck prägnant das roden von stümpfen: das sie (die unterforster) recht haben zu duwen holz, zu meszigen wintfellen, zu kin, zu graben, zu heid und wipfeln (Oberpfalz 1410) weist. (1840) 6, 111.
γ)
in der beziehung auf tiere. (eszbare weinberg-) schnecken graben: auch das kainer dem andern kaine schneggen zu schaden grab (1570) österr. weist. 5, 289; (sie) fiengen frösch, krebseten, gruben schnecken Fischart Garg. 304 ndr.; im winter grub sie schnecken Grimmelshausen Simpl. 318 Sch. besonders im hinblick auf jagdbares wild, das durch aufgraben seines baues gefangen wird: der hof will schlechterdings haben, dass unsre kavaliere noch zu etwas mehrerm zu gebrauchen sind, als füchse zu graben Rabener s. schr. (1777) 4, 132;
und wer schneeglöcklein graben will
und hat das glück dabei,
der gräbt wohl einen bären aus
und gräbt auch ihrer zwei
Scheffel ges. w. (1907) 2, 159;
einen dachs graben 'durch anbohren im bau fangen' Fischer schwäb. 3, 780. sprichwörtlich: er sieht aus, als habe er mäuse gegraben (von einem beschmutzten menschen) Schellhorn sprichw. (1797) 64.
δ)
von γ her mundartlich in übertragener anwendung, ein liebespaar bzw. einen ortsfremden liebhaber im hause der geliebten belagern und ausheben: d's Zedi und der Jogg sind ulängst an-ire samstignacht vaⁿ deⁿ ledegeⁿ g'grabeⁿ wordeⁿ in: schweiz. id. 2, 683.
b)
mit adverbialer ortsbestimmung neben dem akkusativ der sache; in vornhd. zeit nur vereinzelt, dann häufiger.
α)
in der beziehung auf bodenschätze, pflanzen u. ä. wie unter a: uuer uuas îo daz, ter êristo grûob ûzer erdo gold unde gimmâ (qui primus fodit pondera tecti auri gemmasque) Notker 1, 98, 11 Piper; item 4 scot vor 2 spaten, do mete man die steyne us der erden hat gegraben (1399—1409) Marienburger treszlerb. 247 Joachim; (metalle,) die syn lüt usz den bergen gruͦben Steinhöwel de claris mul. 19 lit. ver.; wo man das silber aus der erden grebet, do findet man hundert tausend menschen, die es einen schatz nennen Luther 47, 227 W.; des krauts mandragora wurtzel ist von natur eben so formiret, als ein kleiner nackender mensch, die graben diese betrieger aus der erden Joh. Prätorius saturnalia (1663) 160; man gräbt einen unförmlichen stein aus der erden vernünft. tadlerinnen 1, 340 Gottsched; an einem gebirge, aus dessen einer seite sie eisen, aus der andern kupfer graben Ritter erdkunde (1822) 1, 102; die gelben brüche, aus denen man den lehm für die nahe ziegelei gräbt A. Supper holunderduft (1910) 130. sprichwörtlich: geld graͤbt man ausz der erde, vnd vergrebt es als bald wider in den kasten, vnnd das hertze mit Petri d. Teutschen weiszh. (1605) E e 8ᵃ. in bildlichem zusammenhang:
(Christus spricht:)
ain yetlich zwy, das da nit ist gezwigt
von minem vater oder gefrigt,
das sol man die lenge nit behaben,
sunder usz dem ertrich graben
schausp. d. mittelalters (1846) 2, 208 Mone;
anfertigung des röm. bienenkorbes: der mörtel ... vermengt ... mit sand, der ausz der zerfallenen gruben menschlicher superstition oder aberglaubens gegraben wird, wol vndereinander gearbeitet Fischart binenkorb (1588) 261ᵃ.
β)
über a hinausgehend auch in anderen, mehr gelegentlichen, z. t. persönlichen beziehungen: und wenn man erde oder rasen aus dem selbigen wasser oder teich gräbet und setzets in ein ander wasser, so wachsen aus derselbigen erde fische Luther tischr. 6, 41 W.; vil fuͦszknecht seindt gefunden worden bei dem see Copidem genant, alda seindt die verstorben leichnam ausz dem schleym gegraben Carbach Livius (1551) 246ᵃ; eh die nachwelt meine gebeine aus dem kirchhof eines herzogthums gräbt, soll sie sie auf dem rade zusammenlesen Schiller 3, 157 G.; (ich) grub eine marmorne heldenschulter aus dem schutt Hölderlin ges. dicht. 2, 74 L.
γ)
die wendung jemanden oder etwas aus der erde graben (wollen), in konjunktivischer oder futurischer umschreibung, kann im älteren nhd. als komplexes bild das meist einem anderen unterstellte dringende verlangen ausdrücken, gegenwärtig verachtete personen oder einrichtungen wieder zu ehren zu bringen und sich nutzbar zu machen: o wenn wyr wisten, was straff solch willige scham rodt fur keme und wie gnedigen got sie machet, das der mensch yhm tzu ehren sich selb szo vornichtiget und demutiget, wyr wurden die beycht ausz der erdenn graben und ubir tausent meyl holen Luther 8, 176 W.; jha, man wird ihnen (einen frommen prediger) zehen ellen tief aus der erden graben ... wollen, welchen man itzt nicht leiden kan (1530/32) ebda 33, 576; jetzt, weil ich (Christus) hie bin ..., so wolt ihr mich nicht haben ... aber wen ich hinweg kommen werde, so werdet ihr mich hundert ellen tief wollen aus der erden graben. aber ihr werdet mich nicht ein harrbreit finden (1530/32) ebda 33, 574;
ihn (einen verstorbenen rektor) würde Torgau, gieng es an,
mit nadeln aus der erde graben,
und könnt ihn Hirschberg wieder haben,
man wendete wohl noch mehr dran
Stoppe Parnasz (1735) 374.
ähnlich in mehr abstrakter fassung: warum ist das liecht gegeben den muͤheseligen, vnd das leben den betruͤbten hertzen? (die des tods warten vnd kompt nicht, vnd gruͤben jn wol aus dem verborgen, die sich fast frewen vnd sind frölich, das sie das grab bekomen) Hiob 3, 21. in indikativischer form für den bloszen sachverhalt: du (Erasmus) hast yn kurtz vergangner zeit die ... gestorbene gotselikeyt, mit deinen schrifften, gleich als mit negeln, widerumb ausz der erden graben, das evangelium wider an tag bracht (pietatem refodiebas) Hutten opera 2, 216 B.
δ)
uneigentlich im sinne von 'herausreiszen, hervorholen' von tätigkeiten, die dem ausgraben lediglich vergleichbar sind. dem eigentlichen gebrauch sehr nahe stehend: ein ort do man die wetzstein grabt oder auszbricht Calepinus dict. (1579) 352ᵇ s. v. cotaria; wie die Witzenbuͤrger einen muͤlstein gruben und einer darmit hinweg lieffe (überschrift). es haben die bauern ... in einer steingruben einen stein gehauen grillenvertreiber (1670) 137. im älteren gebrauch meist im sinne einer gewaltsamen handlung:
doch getorstest dû die ougen dîn
eir ûz dînem kopfe graben,
eir dû in (Tristrant) torstest jagen
Eilhart v. Oberge 6875 Lichtenstein;
(1498) Tristrant u. Isalde 148 Pfaff; man süll zum ersten die schaben vsz der hüle mit ainer nadeln graben Mynsinger v. d. falken 27 lit. ver. in abstrakter bedeutung:
got wil uch im zu dienste haben.
nu sult ir von dem herzen graben
und uch reinegen damite
swaz an uch ist alder site
väterbuch 31506 Reissenberger;
ich hab in ... ausz meinem hertzen gegraben und erkenn ihn für keinen son mehr Wickram w. 2, 37 lit. ver. jünger mehr bildhaft anschaulich in unmittelbarer anlehnung an den eigentlichen gebrauch: nun zupfte sich der polizeimann die handschuhe ab, grub das notizbuch aus der brust und tat etwas, was man 'zum protokoll schreiten' zu nennen beliebt Steguweit d. törichte jungfrau (1937) 52.
c)
in der präpositionalen konstruktion nach oder auf etwas graben ist der nebensinn des suchens betonter als unter a gegeben. diese fügung ersetzt gelegentlich diejenige mit dem akkusativ der sache: aber alle Egypter gruben nach wasser vmb den strom her, zu trincken 2. Mos. 7, 24 gegenüber: wann alle die Egiptier die gruͦben das wasser durch den vmringe des flosz das sy truncken erste dt. bibel 3, 241 Kurr.; vgl. auch das kompositum nachgraben: samlet euch aber schetze im himel, ... da die diebe nicht nach graben noch stelen Matth. 6, 20 gegenüber Tatian 36, 1 Sievers (s. unter a α). mit sicherheit erst seit dem mhd. nachweisbar:
daz man nâch dem wazzer muoz
tiufe graben manigen fuoz
Lamprecht v. Regensburg tochter Syon 3471 Weinhold;
und (Ypolitus) hofte ouch na dem gute,
darnach der keiser also grub
passional 380, 73 Köpke;
do gruͦben Allexanders man
nach dem schacz har und dan
(var. B; hs. 15. jh.)
Lamprecht Alexander 3547 Kinzel;
gleych wie man ynn eyner zustoͤreten stad ynn der asschen nach den schetzen und kleynoten grebt (1524) Luther 15, 50 W.; alle drey und vier jahr wird nach dem suͤssen holtz gegraben Hohberg georg. cur. (1682) 2, 68ᵃ;
ich sah die armen knaben drauf in die wälder gehn,
nach wilden wurzeln graben, das war hart anzusehn
Rückert ges. poet. w. (1867) 1, 192;
selbst die rohen Athabaskenstämme haben auf kupfer gegraben Peschel völkerk. (1874) 459. sprichwörtlich: wo man gold graben kann, gräbt man nicht nach silber Wander sprichw. 1, 1795. uneigentlich wie b δ:
(der bader) mit einem instrument anhub
und wider nach dem doren (im fusz eines mädchens) grub
Hans Sachs 17, 274 lit. ver.
3)
in mehr oder weniger engem anschlusz an einzelne punkte des eigentlichen gebrauchs unter 1 und 2 wird graben auf ein geistiges streben und suchen übertragen.
a)
nach einer sache streben, mit der präposition nach oder auf, besonders mhd.:
vernim, wie sich daz hüebe,
daz ê mîn herze grüebe
nâch dîner werden minne
Konrad v. Würzburg Partonopier 1770 Bartsch;
daz Hector, der küene, dô
nâch hôhem prîse tiefe gruop
ders., trojan. krieg 4007 Keller;
er were hie oder dort, ...
so was er dran ie balde
daz er grub uf wisheit
passional 402, 21 Köpke.
vgl. nach unglück graben unt. 4 c β δδ am ende. ohne zusammenhang mit dem älteren gebrauch als spontane bildprägung: wenn so ein musje von, sich da und dort, und dort und hier (in der liebe) schon herumbeholfen hat ..., schmekts meinem guten schluker freilich, einmal auf süsz wasser zu graben Schiller 3, 357 G.
b)
im sinne von 'forschen, nachforschen'. die von C her verständliche vorstellung eines intensiven eindringens, eines intellektuellen bohrens ist meist mitgegeben; vgl. die stärkere ausprägung dieser bedeutung in der schon ahd. bezeugten iterativbildung grübeln (teil 4, 1, 6, sp. 612).
α)
absolutes graben begegnet namentlich in älterer sprache:
ich enkan
nindert vinden an dem man
ein rechte sache swaz ich grabe
d. alte passional 67, 36 Hahn;
der gute man begonde graben
unde biten harte vlizeclich
daz er (ein in sünde gefallener mönch) vor im niht burge sich
väterbuch 15 706 Reissenberger;
sic nemo illa profunda scripturarum videt, und wen man anhebt zu graben, so kan man sie nit gnug erauszgraben Luther 14, 269 W. jünger noch in spontanem bildgebrauch: aber der dichter hätte diesen schlüssel grösser machen sollen, er ist zu klein. ein kritiker, der gräbt und schaufelt und umhersieht, konnte ihn wohl finden Börne ges. schr. (1829) 1, 190. in der verbindung mit tief in nhd. zeit häufiger:
kain maister sol darümb nit diefer graben
fastnachtsp. 2, 694, 13 Keller;
gräbt und ahndet es (das herz) nicht tiefer und bringt gleichsam das unsichtbare ans licht? Herder 15, 151 S.; doch hab ich leute unter ihnen gefunden, die tiefer gruben und gründe aufsuchten Schubart leben 1 (1791) 224; es sollte ein besonderer hymnus auf Rosenberg, den philosophen und künder der reinen lehre sein, der tiefer grabe und höher hinauflange als Goebbels Klemperer l. t. i. (1949) 255.
β)
mit angabe des bereichs, in dem geforscht wird:
also lange er (der priester) an ir (der unruhe der mönche) grub
untz daz ir iegelich entsub
wie er in houbt sunden lac
väterbuch 11029 Reissenberger.
oft im zusammenhang ausgeführter bilder. von der vorstellung eines zielgerichteten forschens her, mit präpositionalem akkusativ und häufig mit adverbialem tief: nim vur dich, du tummer man, prufe und grab mit sinnes grabestickel in die vernunft d. ackermann a. Böhmen 8 Hübner; welches die ... folge hat, dasz er gerade in die fundgrube der sprache nur so tief gräbt, als seine Berl. vorgänger vor ihm gegraben hatten Gerstenberg rezensionen 4 lit.-denkm.; o ihr dreymal seligen erdbewohner, die ihr mit eurem verstande nur bis dahin grabet, wo gold- und silberadern anzutreffen sind Heinse s. w. 3, 108 Schüddekopf. in die tiefe graben: (Goethes 'Wilhelm Meister') bereitet sich gleichsam schon vor, in die äuszersten tiefen des innern menschen zu graben Athenäum (1798) 1, 2, 170 Fr. Schlegel. in reflexiver fügung, von D 2 c her: die geschichtsforschung wandte der neueren zeit den rücken und grub sich in die urgeschichte, wohin sie die mythologische forschung der philologen wies Gervinus gesch. d. dt. dichtung (1853) 5, 574. erst jünger, von einer mehr statischen auffassung her, mit präpositionalem dativ:
dir im innern
lieget edelgestein und gold; da grabe
in den grüften
Herder 27, 29 S.;
Leszing grub in den schätzen seiner bibliothek und fand, was man in bergwerken findet, gold- und erzadern, silber und steine ebda 5, 265;
sie kommen aus der musen stillen stuben,
wo sie in ernster weisheit schachten gruben
Rückert ges. poet. w. (1867) 1, 28;
in dieser welt des geistes mit allen fasern zu graben und zu arbeiten E. Wiechert d. Jerominkinder (1945) 123.
γ)
mit angabe des gegenstandes oder des zieles, nach dem geforscht wird. älter gelegentlich mit richtungsadverb: da fellt dir zorniger gedannck ein, du suͦchst die selben floch (d. h. gedanken, die dich wie flöhe quälen), das ist, du gedennckst jm nach, du griblest vnd grebst ymmermeder hinnach Keisersberg granatapfel (1510) c 6ᶜ; man mus aus der schrifft den rechten schatz, den kern ... nemen, welches ist das exempel des glaubens und der liebe, darauff sol man sehen, wo es gott heraus geschrieben hat, da darffest du nicht tieff darnach graben (1524) Luther 16, 72 W. mit abhängigem satz:
der keiser wart do vurbaz graben
wer der bischof were
passional 17, 54 Köpke;
ob der richter merckte, das ein gezeuge stammelnde seine aussage angebe, sol er ... fleissig darauf mercken vnd darnach graben, ob der gezeuge falsch oder gerecht sey (1561) in: dt. rechtswb. 4, 1043. mit präpositionalem ausdruck. nach etwas graben: in den negermährchen nach sagen der urwelt zu graben Herder 13, 418 S.; das hochgepriesene grübeln und graben nach neuen vorstellungsarten dürrer und fruchtloser wissenschaft Zimmermann einsamkeit (1784) 2, 42; wir sehen in der gelehrten welt ein rastloses forschen und graben nach neuer kenntnisz Riehl d. dt. arbeit (1861) 284; graben sie in sich nach einer tiefen antwort (1903) Rilke br. (1950) 1, 41. bildlich zu der wurzel graben 'die ursache für etwas suchen': dasz zuͤ verhuetung ubels vor allen dingen die ursach desselben hinweck zuͤ nemen und also, wie man sagt, zuͤ der wurtzel zu graben sein mueszt (Augsburg 1548) städtechron. 32, 79. mit dem bloszen akkusativ der sache, bildlich in engem anschlusz an den eigentlichen gebrauch unter 2 a:
ihr werdet alles schön und doch verschieden finden
und den zu reichen schatz (der naturwunder) stäts graben, nie ergründen
Haller ged. 36 Hirzel;
Schwabe tintenfässl (1745) 87; wenn wir für nache und noth, für ἀνάγκη und nanciscor nactus scheinbar dieselbe wurzel graben Jac. Grimm kl. schr. (1864) 3, 170.
δ)
etwas aus einer sache graben 'eine erkenntnis gewinnen'; von dem eigentlichen gebrauch unter 2 b her in bildlicher vorstellung: mag ich hüt nit die warheit vss dir graben Terenz deutsch (1499) 69ᵃ;
könnt ich aus deinen augenschächten graben,
was mich so seltsam überlegen beugt
Fr. v. Unruh ein geschlecht (1918) 42.
ε)
bei der erst in jüngerer zeit begegnenden attributiven anwendung des part. präs. tritt das intensitätsmoment besonders hervor: den boden zu jenen majestätischen sittlichen gebäuden eben und baufest zu machen, in welchem sich allerlei maulwurfsgänge einer vergeblich, aber mit guter zuversicht auf schätze grabenden vernunft vorfinden Kant 3, 249 akad.; unsere fortwährend grabende phantasie H. Laube ges. schr. (1875) 1, 255; der umsonst nach erkenntnis grabenden philosophie Alverdes dank u. dienst (1939) 74.
4)
graben mit dem ziel, bestimmten zwecken dienende vertiefungen auszuheben; diese erscheinen syntaktisch gewöhnlich als (inneres) akkusativobjekt; vgl. ae. þæt ic grofe græf (vor 1000) bei Murray engl. dict. 4 (1901) 375ᵇ s. v. grave; anord. grafa grǫf bei Cleasby-Vigfusson iceland.-engl. dict. 210ᵇ.
a)
brunnen u. ä. graben:
si gruͦben zallen stunden uile harte tieffe brunnen
Wiener exodus 100, 10 Hoffmann;
d. anegenge in: Hahn ged. d. 12. u. 13. jhs. 1, 45; in welhe weis ich gruͦb disen brunnen (1. Mos. 21, 30) erste dt. bibel 3, 107 Kurr.; sieben lemmer soltu von meiner hand nemen, das sie mir zum zeugnis seien, das ich diesen brun gegraben habe 1. Mos. 21, 30; daselbst musten die königischen ... im laͤger brunnen graben Rätel chron. d. herzogth. Schlesien (1607) 257; J. H. Voss antisymb. (1824) 2, 419; meine leute graben mir im park einen artesischen brunnen Fontane ges. w. (1905) I 4, 111. in bildlichem zusammenhang im anschlusz an Jer. 2, 13: sy haben mich gelassen das lebendig wasser vnd haben jn selber gegraben ain cysterne die kain wasser entheldt Tauler pred. (1508) 51ᶜ; verlest mich und grebst faule born Zwingli v. freiheit d. speisen 35 ndr.; Spee güld. tugendbuch (1649) 426.
b)
ein grab, im gleichen sinne auch eine grube u. ä. graben.
α)
eigentlich:
(Joseph) mit der erde dich (Jakob) petrôret,
da du dir selbe leger gruͦbe,
ê du dich dannen huͦbe
d. altdt. genesis 5048 Dollm.;
daz man ir balde ein grap grabe,
swenne ir diu sêle ûzgê
Stricker mären 26 Rosenhagen;
item 4 scot den zigil ofzu brechen, das grab zu graben und den estrich mit dem zigil wider machen in der kirchen (1399—1409) Marienburger treszlerb. 274 Joachim;
und mitleidig grub er mit eignen händen ein grab ihm (dem ertrunkenen)
Herder 26, 21 S.;
hat dieser kerl kein gefühl von seinem geschäft? er gräbt ein grab und singt dazu Shakespeare 3 (1798) 325; und unter diesem zarten gewebe lag das schweigen der gräber und der jahrhunderte seit den tagen, wo dieser zweig alemannischen volkes sich hier festgesetzt und die erste grube gegraben G. Keller ges. w. (1889) 1, 182. vereinzelt und wohl nur auf grund eines fodere der lat. vorlage '(schon vorhandene) gräber aufgraben':
dâ grûben grebere sîne (Alexanders) man,
dâ sî zô den stunden
inne genûc vonden
guldîner nepphe
(erant enim in ipsis locis sepulcra mortuorum. et fodientes
ibi invenerunt vasa aurea et argentea)
Lamprecht Alexander 3547 Kinzel.
β)
uneigentlich. jemandem oder einer sache das grab graben 'den tod, untergang bereiten' (vgl. unter c β δδ):
wo wird ein schaͤfersinn zu kuͤnsten angestrenget,
so, wie zu Jhen (d. i. Jena) gemein? da mancher schaͤferstab,
indem er kuͤnste liebt, graͤbt seines todes grab
vnd macht sein sterben todt
S. v. Birken forts. d. Pegnitzschäferey (1645) 8;
die falten meiner stirn, jetzt voller blut,
sind königsgrüften oft verglichen worden;
denn welches königs grab konnt' ich nicht graben?
Shakespeare 8 (1801) 332;
so halfen denn jene wilden Obonten ... aus der zeit des dreiszigjährigen krieges dafür auch die staatsgewalt kräftigen, aber gruben eben damit ihrer institution selbst das grab Meinecke Boyen (1896) 1, 184. in reflexiver beziehung (sich) sein (eigenes) grab graben:
der bey gewürzter kost und starkem essen lebt,
und da sein eigen grab mit seinen zähnen gräbt
slg. v. schausp. (1764) 1, 67;
vergebliche wünsche graben sich früh ihr eigenes grab Nestroy ges. w. (1890) 5, 25. anders mit präpositionalem ausdruck:
schon gräbt der tod an eurer gruft
Pfeffel poet. versuche (1812) 1, 118.
c)
eine grube graben.
α)
eigentlich:
mit sinen vingerlin es (das Jesuskind) gruͦb
ain gruͤbli vil klaine
Wernher Marienleben 3728 Päpke;
dass ein grosze, tieffe gruben gegraben werde Kirchhof wendunmuth 2, 347 Ö.; er befahl, eine tiefe grube zu graben, und Anthien nebst zwei groszen hunden hinein zu werfen Bürger s. w. 267ᵃ Bohtz. speziell im hinblick auf eine fall- und fanggrube: wenn die jäger ainen pern vâhen wellent, sô grabent si ain gruob Konrad v. Megenberg buch d. natur 163 Pf.; eine mit reisern bedeckte wolfsgrube, die kannte Gockel gut, denn er hatte sie selbst gegraben Brentano ges. schr. (1852) 5, 61.
β)
der übertragene gebrauch der wendung, jemandem in hinterhältiger weise zu schaden, ihn ins unglück zu stürzen versuchen, lebt von der bildhaften vorstellung der grube als einer fall- und fanggrube; vgl. einem ein gruben graben fodere foveam Henisch thes. (1616) 1718; einem eine grube graben insidias alicui struere, parare, moliri Stieler stammb. (1691) 689. die wendung ist in diesem sinne bereits alttestamentlich bezeugt, sie findet schon früh durch übersetzung des lat. vulgatatextes und dann besonders durch die Luther-bibel eingang in die deutsche literatur- und umgangssprache.
αα)
in der eingliedrigen formel (jemandem) eine grube graben, gewöhnlich mit persönlichem dativobjekt. in wörtlichem anschlusz an biblischen gebrauch: unz demo sundigen gruôba gegraben uuerde, dâr er in sturze unde furder ûf nestande (donec fodiatur peccatori fouea) (ps. 93, 13) Notker 2, 396, 15 P.; die stolzen graben mir gruben, die nicht sind nach deinem gesetze ps. 119, 85. in der übersetzung sachlich entsprechender, aber anders formulierter stellen des hebr. textes: ists recht, das man guts mit bösem vergilt? denn sie haben meiner seelen eine grube gegraben Jer. 18, 20 (auch die vulgata und die vorlutherischen bibeln haben die wendung an dieser stelle gegen den hebr. wortlaut eingesetzt); ir fallet vber einen armen waisen, vnd grabt ewern nehesten gruben Hiob 6, 27 (der hebr. text hat ורֹכְתִוְ 'ihr grabt, d. i. stellt nach' ohne akk.-obj.; die vulgata setzt entsprechend subvertere nitimini amicum vestrum). aus dem biblischen zusammenhang gelöst: der ... grosse hauffe in der welt ... trachtet wie man Christo eine grube grabe, oder einen kumpff lege Mathesius fastenpred. (1570) 28ᵇ; ich sehe es leicht vorher, es wird einigen dieser thörigt vorkommen, welche es der klugheit gemäsz zu seyn erachten, den vorher zu stürtzen, der uns eine grube graben will Wolff ged. v. d. menschen thun (1720) 583; wenn es einem ... auch noch so lang glückt, fällt er doch endlich ... in eine grube, die ihm, gott weis wer, gegraben hat Göthe I 37, 129 W. ohne persönliches dativobjekt: (Atropos:) sehen sie da den herzbuben? (Lachesis:) aber die trefdame grabt eine gruben Meisl theatr. quodlibet (1820) 1, 48.
ββ)
in sprichwörtlicher fassung zur zweigliedrigen formel erweitert in dem sinne, dasz ein einem andern zugedachtes unglück auf den urheber selbst zurückfällt. ebenfalls schon alttestamentlich, aber, wie auch in Luthers übersetzung, noch ohne persönliches dativobjekt: der do grebt die gruͦbe der velt in sy (qui fodit foveam, incidet in eam; prov. 26, 27) erste dt. bibel 8, 72 Kurr.; wer eine grube grebt der fellt selbs drein spr. 26, 27; Sir. 27, 29;
offt einer grebt ein grub, allein
sein nechsten zu bringen in pein,
unnd zu-letzt felt er selb darein
Hans Sachs 5, 84 lit. ver.; ebda 19, 115.
gewöhnlich mit dem dativ der person:
vil dicke er selbe drinne lît,
der dem andern grebt die gruoben
minnesangs frühling 22, 32 Kraus;
also geschieht gemeinklich allen denen, die ander leüten ein gruben graben unnd zu letst selber darein fallen Schumann nachtbüchlein 59 Bolte;
wer sich aus übermuth erhebt,
und andern eine grube gräbt,
der pflegt zuerst hinein zu fallen
Triller poet. betracht. (1750) 1, 558;
Brentano ges. schr. (1852) 5, 61 u. ö. auf bestimmte vorgänge bezogen. biblisch: sî indeta diê gruôba, dar si Christum befellen uuolta. unde sî gruôb sîa, unde in diâ selbûn sturzta sî (ps. 7, 16) Notker 2, 19, 25 Piper; sie gruôben mir gruôba, unde siê sturzton darain (ps. 56, 7) ebda 2, 216, 17; ebda 2, 362, 11; er hat eine gruben gegraben vnd ausgefuͤrt, vnd ist in die gruben gefallen, die er gemacht hat ps. 7, 16; ps. 57, 7. auszerbiblisch:
dû hâst mir aine gruobe gegraben,
dû muost selbe den scaden haben
kaiserchronik 7512 Schröder;
die groue hetich gegrauin,
ich moz dar selue in uarin
könig Rother 4528 de Vries;
sus in dî grûbe, dî er grûb,
der Loket vallis selb entsûb
Nicolaus v. Jeroschin 27623 Strehlke;
int grueben, die er graben hat,
muͤes er auch schentlich fallen
Hans Sachs s. fabeln u. schwänke 4, 148 ndr.;
der (ist) selbst in die grube gefallen, so er dir gegraben engl. comedien u. tragedien (1624) F 6ᵇ; jeden, der mir eine grube graben wollte, sah ich immer noch selbst hineinfallen Pückler briefw. u. tageb. (1873) 1, 252.
γγ)
reflexiv sich selbst die oder eine grube graben. wohl unter voraussetzung von ββ, aber, da grube auch im sinne von grab geläufig ist, oft nahezu gleichbedeutend mit übertragenem sich sein grab graben (s. unter b β):
manger ein gruobe hât gegraben
im selben, daz er sich dar an
gar wênic leides versan
unz er die wârheit ervant
Heinrich v. d. Türlin krone 16 827; ebda 12 003;
da grabend jr vnsinnigen tobenden ... euch selb ain gruͦb vnd fallen darein reformat. flugschr. 1, 112 Clemen;
wir graben selber uns die grube,
und wissen's alle nicht,
ein jeder, der auf seiner stube
für volksaufklärung ficht
Rückert ges. poet. w. (1867) 1, 259.
sinngemäsz:
beweinenswürdig ist des stolzen ende —
wann er die grube seiner grösze gräbt
Hölderlin ges. dicht. 1, 51 Litzm.
δδ)
gelegentlich wird das substantiv der wendung eine grube graben durch ausdrücke ähnlicher bedeutung ersetzt. durch grab (vgl.b β):
mancher graͤbt eim andern ein grab,
darein er doch vor selbsten fällt
lied. a. d. winterkönig 303 Wolkan.
besonders durch abgrund: (er) wurde mit wuth zwischen sich und der schönen Luceja den abgrund gewahr, den seine unvorsichtigkeit selber grub Kretschmann s. w. (1784) 5, 274;
es liegt um uns herum
gar mancher abgrund, den das schicksal grub
Göthe I 10, 229 W.
auch in präpositionaler fügung: der ihnen so laut und schrecklich warnend den abgrund zeigte, an dem sie so thätig und rastlos graben, als könnte er sie nicht früh genug verschlingen Klinger w. (1809) 8, 157. ähnlich durch kluft: ihre (der liebe) sympathie fülle die kluft, die ich grub Görres ges. br. (1858) 1, 56. auch abstraktere ausdrücke treten, dem abgezogenen sinn der wendung entsprechend, ein: 'si fuͤren uber sich selbst ein schnell verdamnis'. denn ym ebreischen mag diser text auch also lauten: bis dem got losen das verderben gegraben werde. 'verderben' und 'gruben' fast auff eins stymmet (zu ps. 94, 13; vgl. Notker 2, 396, 15 unter αα) (1526) Luther 19, 590 W.; und so gräbt uns das schicksal einen banquerout (1826) Göthe IV 41, 29 W. auch die deutschen übersetzungen von sprüche 16, 27 gehören wohl zu diesem typus. wörtlich dem hebr. text und dem der vulgata entsprechend: der vngeng mann grebt das vbel (vir impius fodit malum) erste dt. bibel 8, 46 Kurr. seit Luther mit präpositionalem ausdruck anstelle des akkusativobjekts, vielleicht schon in anlehnung an 3 a: ein loser mensch grebet nach vngluͤck, vnd in seinem maul brennet fewr sprüche 16, 27. ganz von 3 a her verstanden:
wer sich in gwalt zu hoch erhebt der grebt
jm selbs nach grossem vngluͤck
Forster frische teutsche liedlein 182 ndr.;
grab nit nach unglück, du wirst es finden Dentzler clavis germ.-lat. (1716) 139ᵃ.
d)
einen grund, ein fundament graben 'einen baugrund ausheben'; vgl. fundament graben fundamentum, aut fundationes fodere Henisch thes. (1616) 1718; einen baugrund graben fundationes fodere Stieler stammb. (1691) 687: als nun dieselbigen mönche im kloster bauen wollten und das fundament gegraben, da hatte man in der erde zwölf töpfe gefunden Luther tischr. 6, 283 W.; als nun der platz geraumpt vnd ... weitte vnnd grösse abcirckelt ward, fieng mann an gewaltig die gründ zu graben Seb. Franck Germ. chron. (1538) 313ᵇ;
(die Karthager) disz orts ankamen vnzertrennt,
vnd gruben der statt fundament
Spreng Äneis (1610) 12ᵃ;
auf Trinita di Monte wird abermals ein obelisk aufgerichtet ..., der grund wird schon gegraben (1787) Göthe IV 8, 154 W.;
(sie) steckten das viereck aus und den schmälern chor
nach der morgenseit'
und gruben den grund (beim kapellenbau)
Mörike ges. schr. (1905) 1, 250.
übertragen: es sind die heiligsten, gelehrtesten, erfahrensten männer aller zeiten, die ... ihr (der röm.-kathol. kirche) einen grund gegraben und eine brustwehr aufgeführet Göthe I 19, 298 W.
e)
im hinblick auf horizontal verlaufende vertiefungen, einen graben, gang, kanal u. ä. graben.
α)
eigentlich: was die maisterschaft gebiet und der bumaister weg ze bessern und graben ze graben (1302, nach einer abschrift von 1700) württ. ländl. rechtsqu. 2, 862; demnach hat der Gnotzamer ... ein greblein ... graben lassen (Nürnberg 15. jh.) Tucher baumeisterb. 218 lit. ver.; die ärme des Niels ... hatte der schaltkönig schon zuvor graben lassen Zesen Assenat (1679) 545; er habe durch ganz Ägypten ungeheure kanäle graben lassen Hegel w. (1832) 9, 208; endlich war es uns gelungen, einen gang zu graben Raupach dram. w. ernster gattung (1835) 5, 272; er ... grub teiche und flüsse Moltke ges. schr. u. denkw. (1892) 6, 204.
β)
in verschiedenen, auf einem bildgebrauch des objekts beruhenden übertragungen: da er ihr (einer verheirateten geliebten) also nicht entsagen, und doch der hölle gern entgehen wollte, so bediente er sich des bekannten seitenwegs, den man in Rom aus gold- und herrschsucht neben der religion gegraben hat, und liesz sich durch absolution seiner sünden die zukunft zusichern Klinger w. 3 (1815) 184; wer stiege nicht gern hinauf zu einer älteren zeit, ... da die völkerströmungen sich ihr selbstgewähltes bett gruben Börne ges. schr. (1829) 6, 51;
mein helfer gräbt getreulich seine gänge,
doch wär' ich richter, faszt' ich seinen hals
G. Freytag ges. w. 3 (1887) 227.
f)
in anderen, mehr gelegentlichen beziehungen:
was schiffend auf den wellen schwimmt,
und in den erden höhlen gräbet;
das alles brennt, das alles glimmt,
wenn es der liebe glut belebet
Gottsched ged. (1751) 1, 222;
einen kleinen keller zu graben Schnabel insel Felsenburg 179 Ullr.; dann hab ich ein loch gegraben zwischen den ... wurzeln der pappel Bettine Brentanos frühlingskranz (1844) 41. in anscheinend kontinuierlicher übersetzungstradition von Matth. 21, 33: inti (der mann) gruob in imo (dem weingarten) calcaturûn (et fodit in eatorcular) Tatian 124, 1; ein man ... pflantzt ein weingarten ... vnd gruͦb ein presz in im erste dt. bibel 1, 81 Kurr.; es war ein hausvater, der pflantzet einen weinberg, vnd fuͤret einen zaun drumb, vnd grub eine kelter drinnen, vnd bawet einen thurn Matth. 21, 33.
g)
selten mit präpositionaler bestimmung zur kennzeichnung dessen, in das hinein eine vertiefung gegraben wird. als präposition begegnet vereinzelt unter mit dem akkusativ:
der liesz im graben mit begerden
ein grosse hül undter die erden
Hans Sachs 2, 75 lit. ver.
meist in mit dem akkusativ: man gräbt ein rundes loch in die erde Kotzebue s. dram. w. (1827) 2, 270; er grub die löcher in die weiche erde G. Keller ges. w. (1889) 6, 159. übertragen: wenn yhr euch denn selbs (in der hl. schrift) also habt wol vnterweyset, so habt yhr schon eyn kunstbrun ynn ewer hertz vnd gedancken ... gegraben, der nymmer mehr ausstruͤcknen noch versiegen màg Eberlin v. Günzburg s. schr. 3, 189 ndr.
5)
spezielle anwendungen erfährt graben, im wesentlichen an den gebrauch unter 4 anknüpfend, im bereich des kriegswesens.
a)
im befestigungsbau von verschiedenen schanzarbeiten, so der anlage von befestigungsgräben:
do grub man einen burc graben
dt. ged. d. 11. u. 12. jhs. 34, 15 Diemer;
so grept man ainen tieffen graben dar vmb (um das kastell) (14. jh.) Wackernagel altdt. pred. 55; item so man etwan eins lands ort, thal, feldt oder laͤger befestigen wil, ... so graͤbt man gleich darvor oder darhinder (dem palisadenzaun), wo es am besten ist, ein graben Fronsperger kriegsb. (1596) 1, 109ᵃ. vom aufwerfen der schanzen, vgl. graben, m. A 1 b α 'wall, damm':
sie (die Trojaner) hizzen graben irn graben.
als iz vf was erhaben ...
zv hant wart ir kraft
so starg
Herbort v. Fritzlar liet v. Troye 1781 Fr.;
die (bauern) muͦss man zu dem heerzüg haben,
splanaden machen, schanzen ze graben
N. Manuel 98 Bächtold;
der sammlet jeden seltnen stein, ...
der sucht nur pflanzen,
der dort gräbt schanzen
Stephanie s. singsp. (1792) 19.
überhaupt auf die errichtung von befestigungsanlagen bezogen: de rad mach de sulven landwere graven laten vestenen unde buwen (Braunschweig 1387) städtechron 6, 113; das man nachreyse thue, ader ricke, landtwere graben ader andern fridt machen solle angeverde (15. jh.) weist. (1840) 3, 531. um sich graben 'sich mit wall und graben umgeben': târ Romani herebergotôn, dârumbe grûoben sie sih unde uuurfen dia erda innenân uuider selben den graben Notker 1, 46, 22 P.; in dem frid gruͦben die stet umb sich und machten ir mür so si best mochten (Augsburg 1376) städtechron. 4, 48. absolut in dem allgemeinen sinne 'schanzen, an den befestigungsanlagen arbeiten': dieweil er (Scipio) sein wagenburgk schluͦg vnd befestnen wolt hett Mago vnnd Masinissa der von Carthago hauptleüt, zuͦ jhnen allen jren reysigen zeüg genommen, überranten die Roͤmer die weil sie gruͦben Carbach Livius (1551) 163ᵇ; auff den sontag gruben und schantzten sie Hennenberger erclerung d. pr. landtaffel (1595) 41. rechtssprachlich in dem besonderen sinne, dasz eine allgemeine verpflichtung zu solchen arbeiten besteht: das die vicarier noch pfaffheit ... keinen unpfefflichen dinst der statt ... nicht thon sollent, es sei mit graben, wachen, reiszen (Mosbach 1335) in: dt. rechtswb. 4, 1043 (ebda weitere belege); hat in ain rat sein lebtag gefriet stuirns, wachens, raisens, grabens (1467) bei Fischer schwäb. 6, 2060.
b)
in der belagerungstechnik:
α)
gräben gegen befestigungsanlagen vortreiben, besonders in dem sinne, dasz mauern untergraben, unterminiert werden. oft in absolutem gebrauch: die drei fursten ... zogen vor Bocksberg schloss vnd statt vnd nothigten das mit geschutz vnd graben drei wochen lang (15. jh.) Kemnat chron. Friedrichs I., d. siegreichen 51 Hofmann; hebet der feindt an zu graben ... so soll jhr groͤster fleisz vnd sorg seyn, wie sie jhme entgegen kommen, vnd tieffer, dann er, einsencken moͤgen: oder wie sie im graben etwa gelegenheit moͤgen finden, auch ein feur vnd sprengwerck zuzuruͤsten, vnd dasselb vnter den feind, wann er zum stuͤrmen kompt, anzuzuͤnden Schwendi kriegs discurs (1593) 70; ob sich nun wol die besatzung in Falckenaw anfangs sehr muthig erzeigt, ... haben ihnen doch die Sächsische ... mit graben dermassen zugesetzt, dasz ... sie endlich den 1. aprill sich ergeben muͤssen Abelin theatrum Europäum (1652) 1, 507ᵇ. mit präpositionalen bestimmungen. unter etwas graben, für sonst übliches untrennbares untergraben (s. d. II 3 a β); aber vgl. oben 1 b β: hostes suffodiunt cuniculos graben vnder die statt Alberus nov. dict. (1540) A 2ᵃ. in mit akkusativ: in des feindes wercke zu graben vnd zulogiren Chemnitz schwed. krieg 1 (1648) 46ᵃ. gelegentlich mit dem akkusativ der sache für die unterminierte befestigungsanlage: aber die selben schütten (die aufgeworfenen wälle) werden von den feynden leychtlicher gegraben ... vnd gewunnen, dann die so gemauert vnd fest sind A. Dürer befest. d. stett (1527) F 2ᵃ. ein sachlich entsprechender übertragener gebrauch von einem anderen ansatzpunkt her unter 1 b α.
β)
eine mine graben 'eine sprenggrube anlegen'. nur selten im eigentlichen gebrauch; vgl. cuniculum agere, terram suffodere Stieler stammb. (1691) 1278. häufiger auf andere verhältnisse übertragen, wie andere auf dem bildlichen verständnis von mine beruhende und vorwiegend an französischen sprachgebrauch anschlieszende wendungen (vgl. unter mine 2, teil 6, sp. 2236); vorbereitungen treffen, um eine sache zum scheitern zu bringen:
grabet minen, pflanzet stuͤcke,
brauchet theils gewalt, theils tuͤcke
Morhof unterr. v. d. dt. sprache (1682) 2, 92;
ich denke nicht, dasz ich mit seinem freunde rede, der nun wider mich arbeitet, und die minen leicht entkräften kann, die er selbst gegraben hat Göthe I 8, 63 W.; man hat ein paar mal eine überraschung versucht, aber ... keine minen gegraben Ranke s. w. 9 (1876) 250.
c)
im gleichen bereich und in der nachahmung des entsprechenden gebrauchs von lat. fodere bzw. perfodere bildet sich eine anwendung des verbs auf das durchbrechen oder durchbohren einer sache heraus.
α)
auf das gewaltsame durchbrechen von mauern bezogen. in der wörtlichen nachbildung lat. konstruktion mit dem bloszen akkusativ der sache, im anschluz an Hes. 8, 8: fode tibi parietem krap dir uuant (9. jh.) ahd. gl. 2, 200, 36 St.-S.; sun des menschen grab die wand. vnd do ich het durch graben die wand: ein túr die derschain erste dt. bibel 9, 273 Kurr. gewöhnlich mit der präposition durch; vgl. durchgraben 1 a: (gott spricht zum propheten:) grabe durch die muren in den tempel von Jherusalem Tauler pred. 393 V.; du menschenkind, grabe durch die wand, vnd da ich durch die wand grub, sihe, da war eine thuͤr Hes. 8, 8; die Macedonier ermahnet, die rüstungen an die mauren geführet, durch dieselben angefangen zuͦ graben Xylander Polybius (1574) 262. vielleicht von hier aus in uneigentlichem gebrauch und in reflexiver fügung:
durch den Acheron selbst grub sich Alcides arm.
nichts ist sterblichen, nichts zu hoch
Herder 26, 227 S.
β)
nur älter, den begriff 'verwunden' veranschaulichend, von der vorstellung her, dasz körperteile (mit geräten, waffen) durchbohrt, durchstoszen werden. prägnant mit dem bloszen akkusativ der sache: si gruôben, daz chit, si durchstiêzzen mine hende unde mine fuôzze (foderunt manus meas et pedes meos) Notker 2, 69, 15 Piper; die knaben haben ... sy ... mit grifflen vnd pfrymen yre glider durchstochen vnd graben Hedio chron. Germ. (1530) 3ᵃ. mit der präposition durch; vgl. durchgraben 1 c:
vil sêre und ouch vil harte
daz swert er ûf ze berge huop.
mit deme sluoc er unde gruop
Hermanne durch daz hirne
Konrad v. Würzburg Partonopier 15 914 Bartsch.
dazu, wenn nicht zu graben E, eine nominale ableitung: chirurgus crafo dicitur (10./11. jh.) ahd. gl. 4, 234, 22 St.-S.; vgl. ebda 2, 340, 3.
C.
in differenzierten anwendungen für tätigkeiten, die sich dem eigentlichen graben gegenüber mehr als ein scharren, wühlen oder bohren darstellen. entsprechende bedeutungsnuancen scheinen dem verb von alters her zu eignen, wie sie sich z. b. schon ahd. in der iterativbildung grübeln (s. d.) abzeichnen, dazu norw. dial. gruvla 'wühlen, graben (krabbeln)'; vgl. ferner oben B 3 b. prägnanter gebrauch in diesem sinne aber ergibt sich im deutschen erst sekundär im anschlusz an einzelne fügungsweisen des eigentlichen gebrauchs unter A und B.
1)
auf die einem graben vergleichbare tätigkeit von tieren bezogen.
a)
in vereinzelten frühen belegen lateinischer konstruktion nachgebildet, vgl. die entsprechende fügung unter A 2: ([das schwein] pede) prosubigit (terram) grepit (11. jh.) ahd. gl. 2, 638, 49 St.-S.; es (das scharrende rosz) grebt die erd mit den klauwen (terram ungula fodit, Hiob 39, 21) erste dt. bibel 7, 230 Kurr.
b)
mit innerem objekt, unmittelbar an B 4 anschlieszend: nach dem grub die loͤwin ein tieffe grube in der insel mit jhren spitzigen klauwen buch d. liebe (1587) 5ᶜ; ein loch, wie maulwürfe sie zu graben pflegen A. v. Arnim s. w. 1 (1839) 305; die höhle, welche er (der ziesel) sich gräbt, geht schräg, doch ziemlich steil in die erde Nehring tundren u. steppen (1890) 80. in anderer konstruktion, zu B 2 b stimmend: man sagt, der dachs ... wurzelt, wenn er nahrung aus der erde gräbt Brehm tierl. (1890) 1, 646 P.-L.
c)
prägnant in intransitiver anwendung: solche ... sind keine leute, sonder den wilden saͤwen, die allenthalben wuͤhlen unnd graben, ... zuuergleichen Lorichius pädag. princ. (1595) 307; cuniculus fodicando facit cuniculos das caninchen machet löcher vnter der erden mit graben nomencl. lat.-germ. (1634) 182; die ... arme (des maulwurfs) erlahmen im wasser ... weniger als beim graben Brehm tierl. (1890) 2, 371 P.-L.; graben heiszt das klopfen des holzwurms (anobium pertinax) Fischer schwäb. 6, 2060. selten mit präpositionaler bestimmung. von B 1 b γ her: so die hunde in die erde graben, vnnd am morgen heulen, das zeyget grosz vngewitter an M. Herr d. feldbau (1551) 15ᵃ. zu A 1 d stimmend; in bildlichem zusammenhang:
und was bei uns im aase gräbt,
heiszt adler oder schwan
Strachwitz ged. (1850) 23;
wer kann hoffen, wenn in des frühlings knospe schon ein wurm gräbt? maler Müller w. (1811) 3, 282.
2)
von verschiedenen wühlenden und bohrenden tätigkeiten des menschen; stets mit adverbialer bestimmung: inn der erden mit dem messer graben, grübelen facere, fodere scrobiculos culto Henisch thes. (1616) 1718; warzu nutzt aber solches gruͤblen vnd graben (mit instrumenten) in der wunden? Würtz wundartzney (1624) 48; grabe dann in deinen nase-loͤchern mit den (!) kleinen finger persian. baumgarten (1696) 78ᵇ Olearius; da sah er das blasse kindlein auf der erde sitzen und emsig mit den fingern in den dielenritzen graben und wühlen br. Grimm kinder- u. hausmärchen (1812) 1, 22; Max gräbt sich mächtig im struppigten haar mit seiner hand Hebbel w. 7, 45 Werner.
3)
in absolutem gebrauch in unterschiedlichen beziehungen.
a)
von der wühlenden, aushöhlenden bewegung des wassers: auch sol niemant kain holz slahen vor den güetern, da die guss möcht angeen und das gross wasser, wo das graben möcht oder schaden tuen (16. jh.) österr. weist. 5, 525, 14; entlang der schlucht, in deren tiefen gischtend das wasser grub und brauste Rosegger schr. (1895) I 2, 97;
ein offener sarg, herausgespült von der flut mit graben und nagen
B. v. Münchhausen balladen u. ritterl. lieder (1922) 117.
b)
im hüttenwesen in der beziehung auf erze, die den boden des schmelzofens angreifen, vgl. Jacobsson technol. wb. (1781) 2, 143ᵃ: wo es (das schmelzen des erzes) aber des sonderbaren grabens im gestübe, auch bingens im ofen, und anderer gefahr wegen über acht tage sich nicht wil practiciren lassen Schönberg ausführl. berginform. (1693) 1, 131; grabende ertze, werden genennet diejenigen, welche hart und unflüszig sind, und wenn das gestübe nicht fest und schwer gemachet worden, so dringt das ertz hinein und verhindert das schmeltzen Minerophilus bergwercks-lex. (1730) 308.
c)
mundartlich 'vom holze, das beim spalten an der spaltfläche furchen wirft, vertiefungen bekommt' schweiz. id. 2, 683.
4)
im sinne von 'bohren, wurmen, sorgen' in junger übertragung auf seelische zustände; vorzugsweise mundartlich und in unpersönlichen wendungen:
hier schleicht es herum
tut wonniglich graben
und bringt mich noch um (von der liebe)
Mörike ges. schr. 1, 45 Göschen;
und hat sich halt gegrabt und gekümmert um die zukunft Zingerle Tirols volksdichtungen 2 (1854) 186; das grap' mi 'das kümmert mich, wurmt mich' Lexer Kärnten 119; es grabt in mir 'wurmt mich' Fischer schwäb. 6, 2060; es grabt-mer noch allzit im g'wissn (herz) umha (von gewissensbissen) schweiz. id. 2, 683; es grabt ihm 'es wurmt ihn' Follmann Lothr. 214. die gleiche wendung auch in konkreterer vorstellung vom hungergefühl ebda. gern als attributives part. präs.; im ersten beleg stärker vom eigentlichen gebrauch her bestimmt und lediglich in bildlichem zusammenhang: o so komme du mir zu hülffe jammer, und du reue, höllische eumenide, grabende schlange Schiller 2, 59 G.; Apollonia spürte das, oder machte sie ihr grabender schmerz in den knochen empfindlich, ihr groll argwöhnisch? P. Dörfler um d. kommende geschlecht (1932) 197; Unrat sann mit grabendem hasz über Lohmann nach H. Mann d. blaue engel (1950) 25.
D.
jemanden oder etwas begraben, eingraben. nur in transitiver fügung mit dem akkusativ der person oder sache.
1)
ein von der vorstellung 'jemanden mit erde bedecken' ausgehender gebrauch steht in seinem ansatzpunkt trotz scheinbarer nähe beziehungslos neben dem auf der vorstellung 'in die tiefe graben' (B) beruhenden unter 2. er ist im nl., engl. und nord., im dt. vorzugsweise im nd. und md. bezeugt und greift nur gelegentlich auf obd. gebiet über, wo in dieser anwendung das freilich auch im md. und nd. nicht seltene präfixkompositum begraben herrscht.
a)
prägnant mit dem bloszen akkusativ der person.
α)
bestatten; vgl. humare graben (obd. 15. jh.) Diefenbach nov. gl. 206ᵇ; pollingere die doeden grauen (Köln 1507) ders., gl. 445ᶜ. vgl. ferner Schiller-Lübben mnd. wb. 2, 141ᵇ:
mit êren si di (toten) grûben
Lamprecht Alexander 4752 Kinzel;
er (Alexander) frâgete di von dem lande,
wâ si des jâres wâren ...
und alse si irsturben,
wâ si begraben wurden,
und ob si sih plêgen ze graben
ebda 4828;
daz si den lichnam muste graben
passional 665, 79 Köpke;
man grub in (den toten) sus
väterbuch 17 519 Reissenberger; ebda 16 852;
de seiken men ungerne laven
wolde, noch de doden graven
(Magdeburg 14. jh.) städtechron. 7, 3; ebda 7, 15;
da man ein swester wolt graben ... und sie wolt in das grab legen (schwäb. 15. jh.) in: Alemannia 21, 111;
mancher hat vil grosser acht ...
das er im macht ein kostrych statt,
do er syn keüben (kadaver) graben latt
Murner narrenbeschwörung 137 ndr.;
stirbstu, so grebt man dich mit der hawt, das thuͦt man eynem esel nicht Agricola 750 teutscher sprichw. (1534) o 3ᵇ. mundartlich noch im jüngeren nd.: wi hebbet an en'n dag twei kindern graben laten Berghaus sprachsch. d. Sassen 1, 600ᵃ; vgl. brem.-nds. wb. 2 (1767) 539.
β)
'jemanden lebendig begraben'; in der rechtssprache des späten mittelalters als strafe vornehmlich für weibliche verbrecher: stelen frouwen, die gravet man (Berlin 1350) in: dt. rechtswb. 4, 1043; da woerden die zwene jueden gehancgen, ind die juedinne solde man da graven (Köln 1377) städtechron. 13, 27; da grub man ein grosse diebin lebendig (Nürnberg 1487) städtechron. 10, 385.
b)
der intralokalen bedeutung des verbs in dieser anwendung entsprechend, erscheinen gelegentlich hinzutretende präpositionale bestimmungen in nd., md. quellen im dativ:
den tôten lîchnam man truc
sunder messe, sunder recht,
als einen unnutzen knecht
und gruben in an dem velde
Marienlegenden 78 Pfeiffer;
(der priester zu der erscheinung eines toten:)
herre min, wer bistu?
und wer sin die geverten din,
die bi dir da gegraben sin?
passional 43, 12 Köpke.
ähnlich in der wendung zur ruhe graben:
Gheva sin (Widukinds) werdher vrowe
wart zo Beleheym zo rowe
gegraben by Osenbrucke
braunschweig. reimchron. 403 Weiland.
gegraben liegen: dusse (könig) heft gebuwet dat munster to Luttere unde licht darsulves gegraben sächs. weltchron. 595, 5 Weiland. aber auch mit präpositionaler bestimmung im akkusativ, so dasz hier eine scheidung von 2 a nicht mehr möglich ist: so schalmen ene vnde sine husurowen grauen in de vorschreunen cappellen (1365) urkundenb. d. st. Lübeck 3, 569; item schal her Benedictus grauen laten vp den kerckhoff sine kerspelbure vnde andere vrome lude (1442) ebda 8, 138; grabe ihn (den ohne sakrament bestatteten toten) uff und grabe ihn unter den galgen (Magdeburg 1524) städtechron. 27, 176.
c)
vereinzelt in der beziehung auf gegenständliches (vgl. die häufigere konstruktion mit präpositionalem akkusativ unter 2 b); mit dem nebensinn des versteckens:
sô gebe ih dîr den meisten scaz,
der mîner forderen was,
den si zesamene trûgen
und in der erde grûben (sub terreis latibulis condiderunt)
Lamprecht Alexander 3469 Kinzel.
2)
mit dem gebrauch unter 1 flieszt eine bereits im mhd. auftretende, sich im nhd. aber erst stärker ausprägende anwendung zusammen, die von B 'in die tiefe graben' her bestimmt ist. neben dem persönlichen oder sachlichen akkusativobjekt steht stets eine adverbiale ortsbestimmung im akkusativ zur kennzeichnung des bereichs, in das hinein jemand oder etwas gegraben wird; vgl. die präpositionalen fügungen unter B 1 b.
a)
in der beziehung auf verstorbene personen wie unter 1 a α, nur vereinzelt über das ältere nhd. hinaus belegbar:
ich weisz er den heiden irsluͦch,
under den sant er in gruͦb
dt. ged. d. 11. u. 12. jhs. 34, 20 Diemer;
man grûb sie beide (Tristrant und Isolde) in ein grab
Eilhart v. Oberge 9509 Lichtenstein;
es ist auch ze mercken, das sie chain toten begraben in dem rechten tempel ...; sie grabens auff das velt bey den landtstrassen Schiltberger reisebuch 88 lit. ver.;
nun het man dem pfaffn verheissen thon
von diser leich ein grossen lohn,
wenn er mit lobe ihn erhüb,
dass man ihn auff den kirchhof grüb
Hans Sachs 17, 394 lit. ver.;
sterb' ich dann, so bin ich todt,
graͤbt man mich in die roͤslein roth
(1615) Erlach volkslieder d. Deutschen 3, 81;
hier warfen mich die wellen an das land.
hier grub mich todt, mit frommer hand,
ein fischer in den leichten sand
Lessing 1, 17 L.-M.
noch mundartlich: so wär's doch ə schad, wenn mə'n tet it uff də godsacker grabə bei Fischer schwäb. 1, 361.
b)
mit längerer lebensdauer in der beziehung auf dinge: und grab denn die barillen mit win und wasser under dich inn das sand, da du ligst (1486) bei Röhricht pilgerreisen (1880) 148; der bauch schlägt unserm herrngott imerdar sein wort und wunder nider, aber man mus einmal ... den bauch und speise unter die erden graben (im anschlusz an 1. Kor. 6, 13) Luther 16, 296 W.; hernach grabs (das glas) eines knies tieff vnder die erden Gäbelkover artzneybuch (1595) 1, 11; die forme (wird) mit rinds-unschlicht wohl bestrichen, ferner gebrennt, dasz alle feuchtigkeit heraus gehet, in die erde gegraben, und inwendig mit kreide ... ausgeschlichtet Fleming vollk. soldat (1726) 60; (die trümmer) die man ... heimlicherweise auf florentinisches gebiet schafft und da in die erde gräbt Herm. Grimm Michelangelo (1890) 1, 31. ähnlich:
darum grabt ihr diesen baum
mit der wurzel in die erde
Schiller 15, 1, 7 G.
c)
reflexiver gebrauch begegnet erst im nhd.:
der bergmann graͤbet sich lebendig in die gruͤffte
in: Hoffmannswaldau u. a. Deutschen ged. (1697) 2, 156;
mir ist es unmöglich, mich wie ein maulwurf in ein loch zu graben und alles andere zu vergessen (1801) H. v. Kleist br. an s. schwester 51 Koberstein.
3)
in dem an 2 anschlieszenden übertragenen und uneigentlichen gebrauch zeigt graben häufig die unter C gegebenen nebenbedeutungen 'scharren, wühlen, bohren'.
a)
in bildhafter übertragung im sinne von verscharren, hineinwühlen:
wer samlet das zergenglich ist
der grabt sin sel jn kott vnd mist
Seb. Brant narrenschiff 6 Zarncke;
die wahrheit eben ist's, die ihm das hertze frist,
und die mich fuͤr der zeit in asch' und staub wird graben
Lohenstein Cleopatra (1680) 39.
b)
in reflexiver fügung, dem eigentlichen gebrauch unter 2 c nahestehend:
so behilff dich in dem stadel du!
grab dich ins hew!
Hans Sachs 12, 90 lit. ver.;
jede wurzel gräbt sich in den boden und suchet ihre nahrung in der erde Herder 18, 235 S. anders in bildlichem zusammenhang:
und ach! verschmähte liebe
bräch ihren wanderstab
getrost entzwey, und grübe
sich vor der zeit ins grab
studentensprache u. -lied in Halle (1894) 95.
c)
jünger in gewählter und distanzierter redeweise von einer heftig, auch quälend in etwas eindringenden bewegung, oft mit weiteren nuancen wie denen des verbergens oder schutzsuchens: mit wahrer wuth gruben sie die ruder in die wogen Gaudy s. w. (1844) 5, 53; sie grub sich die nägel in die handflächen um nicht aufzuschreien Kahlenberg Eva Sehring (1901) 38; Suse hielt sich den kopf, ein jammer faszte sie an, schluchzend grub sie das gesicht in die arme Steguweit d. törichte jungfrau (1937) 98; der fette nahm sein geld zurück und torkelte, die hände in die hosen grabend, aus dem zimmer ebda 101. auch reflexiv: ich sah, wie ihre kleinen weiszen zähne sich tief in ihre lippen gruben Storm s. w. (1899) 2, 151; (Bärbes) hand grub sich in seinen ärmel A. Zweig einsetzung e. königs (1950) 213.
E.
die bedeutung 'gravieren' eignet dem verb bereits seit dem germanischen. in der abgrenzung gegen bedeutungsähnliche ausdrücke wie ritzen, schneiden, schnitzen, hauen wird graben vorzugsweise für die gravierende bearbeitung harter materialien wie metall und stein verwendet, auch in der art, dasz es sich um platten und prägstöcke handelt, die als negativ für einen abdruck vorbereitet werden. die von der sache her mögliche beziehung auf erhabene und plastische arbeit ist nur selten sicher bestimmbar, sie liegt aber in einzelnen fällen unter 1 c γ nahe, und in der glossierung von lat. caelare (s. unter 1 a) ist sie sicher. in der rein technischen verwendung (s. 1) wird graben seit dem 18. jh. stark eingeschränkt zugunsten mehr oder weniger spezieller ausdrücke für bestimmte techniken, wie stechen, schneiden, allgemeiner gravieren. dagegen bleibt graben bis in die gegenwart geläufig in einer gesteigerten bedeutung (s. 2) und in erweiterten anwendungen nicht technischer art (s. 3).
1)
in technisch-sachlichem sinne.
a)
glossierungen und lexikalische buchungen: sculpes (in eis [lapidibus] nomina filiorum Israel) crebis (8./9. jh.) ahd. gl. 1, 291, 47 St.-S.; sculptam kagrapanaz (9. jh.) ebda 1, 243, 20; sculptis gigrapanen (10. jh. u. ö.) ebda 1, 582, 19; (dona ... auro gravia) secto(que elephanto) gigrapaniu (Aeneis III 464) (11. jh.) ebda 2, 652, 12; polire graben (11. jh.) Diefenbach gl. 445ᵃ; incastrare graben (md. 15. jh.) ebda 291ᵃ; sculpere graben, grauen (15./16. jh.) ebda 521ᶜ; s. v. forulus pilde in stein gegraben (obd. 1482) ebda 244ᵇ; sculpo graben, schneyden, schnätzlen, ein bildnusz machen in steinwerck oder sunst Frisius dict. (1556) 1190ᵇ; scalpo kratzen, scharren, graben ebda 1184ᵃ; celo graben (1470) Diefenbach mlat.-hd.-böhm. wb. 64; cælo erhabne oder tribne arbeit machen, graben, auszstaͤchen Frisius dict. (1556) 171ᵇ; graben, bilden, schnitzlen ... sculpere, cælare, scalpere, cavare, incidere, insculpere Henisch thes. (1616) 1718; grauiren, beschwähren ... heist auch in das ertz graben, aliquid in aes incidere Apinus gl. nov. (1728) 254.
b)
in intransitiver verwendung allgemein von der tätigkeit oder kunst des gravierens:
er (der schmied) smitte, er gruop, er vîlte,
unz die slüzzel bereit
wurden
Heinrich v. Freiberg Tristan 6008 Bechstein;
als bald nach guͤten meistern schriben,
von alter vnd von newer zeit,
bildhawer, maler, sinnreich leut,
vnd die gar künstlich kunten graben
C. Scheit frölich heimfart (Worms o. j.) F 3ᵇ;
es meldet aber derselbe nicht, ob man mit diesen spizen nach art derer, die zieraten in holz ausschneiden, gegraben, oder ob man die eingefasseten diamanten in einem rade befestiget ... habe Winckelmann s. w. (1825) 5, 51. bezeichnungen des materials, in das graviert wird, werden häufig, wie stoffbezeichnungen auch sonst, mit bloszer präposition ohne artikel angefügt, die spezielle tätigkeit der kupferstecher, steinschneider usw. kennzeichnend; vgl. auch c β: casus aliquos effingere in auro in gold graben vnnd auszstaͤchen Frisius dict. (1556) 461ᵇ s. v. effingo; in stein graben in monumento incidere, inscribere aliqvid Stieler stammb. (1691) 687;
der, so ein bild aus marmor haut, ...
der, so in stein und kupfer gräbt
Triller poet. betracht. (1750) 1, 961;
das älteste eigentliche schreibmaterial, nachdem man nicht mehr blosz in steine grub oder in holz schnitt, ist ohne zweifel das egyptische papyr Schubert verm. schr. (1823) 3, 255; denn dasz man in der königszeit schon in metall grub, ist nicht wahrscheinlich Mommsen röm. gesch. 1 (1912) 216.
c)
in transitiver verwendung zielt das verb auf die eingravierten zeichen und bilder.
α)
ohne jede stoffbezeichnung:
der (der rose) blader duͤchten mich von golde
doe ich de bas bescauwen wolde,
ich sach meysterlich boicstavin
beide gemalt und ouch gegravin
mhd. minnereden 2, 160, 34 Brauns-Th.;
da malet man jhn (Luther) mit weissen stifeln, etwann mit blossem kopff, man schnitzet jn, vnd gruͦb jn so mancherlay gattung J. Nas antipap. eins v. hundert 1 (1567) 64ᵃ; als er (der steinschneider) ganze personen graben wollte anmuth. gelehrsamk. (1751) 5, 567 Gottsched; als zugabe gedenken wir einer kleinen, länglich viereckten nachbildung des da Vinci'schen abendmahls, in metall ausgeprägt, ... von Putinati in Mayland gegraben Göthe IV 32, 183 W.
β)
bezeichnungen für stoffe oder gegenstände, auf die etwas graviert wird, werden präpositional mit in (älter dafür an) oder auf angeschlossen. der artikel fehlt häufig (vgl. oben unter b):
er (gott) gruop in oblâtîsen
sich selben lamp, des vane ist rôt
Frauenlob spr. 233, 16 Ettmüller;
jetzgemelter koͤnig gebott, es solt seine bildtnis nur der Apelles abmalen, vnd der Pyrgoteles in holtz oder stein graben Heyden Plinius (1565) 52; so wird euch auf dem ersten blatt (des buches) die figur des hochg. herrn autors in das gesicht fallen, welche er zierlich in kupffer graben lassen discourse d. mahlern (1721) 1, 8; es verpflichteten sich mehrere ..., die sämmtlichen darstellungen in erz zu graben Göthe I 49, 412 W. mit artikel oder pronomen; in der dativrektion:
an der maur (des münsters) lies er graben
vil meir̈mleiner tier
in vil manigerlay zir̈
Havich d. Kölner 4293 McClean; ebda 1879;
eyn andechtigs gebett, welchs gegraben ist worden zuͦ Rom in sant Johans capeln in eynem stein d. ew. wiszh. betbüchlin (1518) C 3ᵃ; in diesen steinern tafeln hat nun gott ... ohne instrument ... selbs geschrieben, gegraben und gebildet Dannhawer catech.-milch (1657) 1, 43. im plural auch ohne pronomen: die namen ihrer bewohner auf messingenen blechen gegraben Archenholz Engl. u. Italien (1785) 1, 2, 361. in der akkusativrektion: ez ist auch ân zweifel, man grab pild und ander gestalt in die stain nâch den mähten irr kreft Konrad v. Megenberg buch d. natur 431, 9 Pf.; wurde er (ein goldschmied) abir eyns andern zceichen uff sine erbeit graben und des obirkomen, dorumbe sal er pinlich gestrafft werden (15. jh.) Freiberger stadtrecht 291 Ermisch; die wände desz saals von koͤstlichem gemeld gemahlet seind, ... auch alle alte historien in das koͤstliche gemelde gemacht vnd gegraben buch d. liebe (1587) 167ᵈ; bitt ich mir ... zu ersinnen, was auff meinen stein zu hauwen, oder graben seyn möchte Harsdörffer frauenz.-gesprächsp. (1641) 1, J 4ᵇ; derjenige, der sie (die bäume) pflantzen lässet, musz ... ein zeichen in die rinde graben und darüber ein ordentlich register führen allg. haush.-lex. (1749) 1, 181ᵇ; ebenso wissen wir, dasz das auf mehreren geprägen kaiser Maximilians I. im feld vorkommende röschen erst 1517 in die stempel gegraben wurde Luschin v. Ebengreuth münzk. u. geldgesch. (1904) 43. sehr oft, namentlich älter, mit demonstrativem oder relativem adverb:
do frumet er also schone
uon golde eine crone,
da was ein apgot ane gegraben
dt. ged. d. 11. u. 12. jhs. 33, 15 Diemer;
der sarc was grûne alse ein gras.
des selbin tôten mannis name
was gegraben dar ane
Lamprecht Alexander 3536 Kinzel;
ein blyen krützlin ..., darinn gegraben seint die namen der heligen dry künig H. Braunschweig liber de arte distillandi (1507) 85ᵃ; er ... gab mir sein groszes siegel zu arbeiten ...; darein grub ich zwei geschichten Göthe I 44, 10 W. seltener in der form gegraben stehen (auf, um o. ä.): an dero gimmo stûont tîefo gegraben ein gehelmot tîerna Notker 1, 786, 11 P.; da schickt jm der bapst ein güldin kron, darumb stund gegraben: Petra dedit Petro, Petrus diadema Rudolffo Seb. Franck Germ. chron. (1538) 128ᵃ; geschirr ..., so von krystall war, auf welchem gegraben stunde ein Cupido A. U. v. Braunschweig Octavia (1677) 1, 723; auf der inneren seite (des ringes) ... standen lettern gegraben und eingeschmolzen Göthe I 50, 135 W. in der beziehung auf erhabene arbeit:
vp desseme kamme stunden ghegrauen
etlyke bylde hoch vorhauen
Reinke de Vos 4975 Prien.
γ)
das part. prät. steht im älteren nhd. häufig attributiv: epitaphium gegraben schrift (md. 15. jh.) Diefenbach gl. 205ᵇ; toreuma gegraben werck o. gehawen (obd. 1516) ebda 588ᵃ; sculptile ein geschnitzlet oder gegraben bildwerck Calepinus dict. ling. sept. (1579) 1389; des Ptolomei gegrabene bildnuͤsse Butschky Pathmos (1677) 7; dann sassen wir rings um den krug ... und jeder ... sang die darauf gegrabne geschichte Sal. Gessner schr. (1777) 1, 46. besonders in solchen verbindungen, die in metall oder stein gestochene oder gemeiszelte götterbilder bezeichnen: sculptile gegraben werg vel aptgot (md. 15. jh.) Diefenbach gl. 521ᶜ; sy nam cc silberin vnd gab sy dem silberschmid: das er macht von in gegosne ding vnd gegrabne ding daz es wer in dem haus Miche (Richter 17, 4) erste dt. bibel 4, 405 Kurr. (Luther: ein bilde vnd abgott); du solt dir kein gegraben noch geschnitzt bild machen (1525) mon. Germ. päd. 20, 126; Stumpf Schweizer chron. (1606) 221ᵃ.
δ)
vereinzelt steht graben für sonst übliches schlagen, prägen (einen stempel oder ein prägeisen in oder auf etwas schlagen); in einem bild:
die ketzer sieht man weinen ...,
die valschen muͦnsere,
dez glauben valschere.
in die cristenheit sie (die ketzer) haben
ir valsch ysen gegraben,
da sie valsch slahent mite
Heinrich v. Neustadt gottes zukunft 6533 Singer.
d)
das verb zielt, auch hier in transitiver verwendung, auf den gegenstand, in den etwas gaviert wird; vgl. ahd. glossierungen bei entsprechender konstruktion lat. texte: (et ipsum opus basium) interrasile (erat) gigrauan (3. kön. 7, 28) (9. jh.) ahd. gl. 1, 296, 34 St.-S.; (omnes parietes templi per circuitum) sculpsit (variis cælaturis) crûop (10. jh.); grubh (11./12. jh.) u. ö. ebda 1, 435, 18.
α):
der (edelstein) was an sime schine bleich
und an dem geverte
so grozelichen herte
daz in nicht meisters mochte graben,
der so vil sinnes mochte haben
Heinrich v. Hesler apokalypse 21 607 Helm;
der stein læt sich gar ungern graben Konrad v. Megenberg buch d. natur 447, 1 Pf.; der adamas musz also verliben als man yn findet, er mag dheyn hauwen dulden noch keyn graben Lancelot 1, 122 Kluge; Sebaldus versicherte ihn, dasz der ring sehr modern sey, und von einem petschierstecher in einer kleinen stadt in Thüringen sey gegraben worden Nicolai Seb. Nothanker (1773) 2, 216.
β)
besonders prägstöcke durch einstechen oder ausschneiden von spiegelbildlichen zeichen oder bildern handwerklich herrichten; siegel, münzeisen, stempel graben: das aindlefte (mittel, eine urkundenfälschung nachzuweisen) ist ob man ein ander insigel grebt nâch disem (dem gefundenen) Schwabenspiegel, landr. 419, 44 Wackernagel; dat neen goltsmed grave munteyserne, ane by vulbort des rades (1392) mecklenb. urkundenb. 22, 137; 1 fl. meister Bartholomeus dem isengraber von 8 monczeisen zu graben (Frankfurt 1430/31) bei Volckmann alte gewerbe (1921) 135; er (ein bürger) kund valsche insigl graben (Augsburg 15. jh.) städtechron. 5, 17; das soltu thun durch die steinschneiter, die da siegel graben 2. Mos. 28, 11; lass dir baldt eins (ein petschaft) graben W. Spangenberg ausgew. dicht. (1887) 326; so hat man, durch die bildsamkeit des wachses gelockt, die siegel tiefer gegraben Göthe IV 26, 173 W.; und so wird ... die vermuthung wahrscheinlich, es seyen die stempel zu den alten münzen ... durch steinschneider gegraben H. Meyer gesch. d. bild. künste (1824) 1, 141.
γ)
ein material graben mit zeichen usw., nur gelegentlich im frühnhd. anstelle der üblichen konstruktionen unter c β: der sattel und das fúrbúg und die stegereiff waren von wiszem helffenbeyn sere behendeclichen geschnitten und gegraben mit cleynen bildlin mit jungfrauwen und mit rittern Lancelot 1, 128 Kluge; vnd sie machten zween onicherstein, vmher gefasset mit gold, gegraben durch die steinschneiter, mit den namen der kinder Israel 2. Mos. 39, 6.
2)
in gehobener oder affektiver sprache erhält graben besonderes gewicht, wenn weniger an den technischen vorgang des gravierens gedacht wird, als daran, die gewichtigkeit einer sache zu betonen, ihr nachdruck und dauer zu verleihen. dieser gebrauch gründet in dem wissen, dasz vor allem in hartes material graviert wird, er ist aber auch im hinblick auf andere dauerhafte materialien wie baumrinden, pergament u. ä. möglich.
a)
etwas zur erinnerung, mahnung und bewahrung in stein, metall, bäume usw. graben. in die rinden o. ä. graben schon seit dem mhd.:
tief an des boumes rinden
begund er schœne buochstaben
mit sînem mezzerlîne graben ...
sus wolt er âne tiuschen
machen si (die geliebte) dô sicherhaft
daz si mit ganzer kraft
versigelt im ze herzen was
Konrad v. Würzburg trojan. krieg 784 Keller;
als sie aber bey sich fuͤhlte,
dasz die noth zum hertzen zielte,
stund sie auff vom selben ort,
gieng bald hin zu einer linden,
grub in deroselben rinden,
diese jetzt betruͤbte wort
Venus-gȩartlein 5 ndr.;
er nam den grabepfriem und seinen huͤrtenstab,
gieng in den wald hinein, bald auff bald wieder ab,
bisz er gefunden hat die schoͤnsten erlenbeume,
die glatter schaalen sind, in die er diese reyme
mit seinem pfriemen grub
Neumark lustwäldchen (1652) 144;
wo werde ich bey meiner ankunft meine schöne finden? etwan unter diesen nie vergrünenden fichten, in die ich unsere nahmen mit hundert verschiedenen zügen grub? Ramler einl. i. d. schönen wiss. (1758) 1, 385;
so gräbt ein junger hirt, in die noch weiche rinde
des jungen ulmenbaumes, den namen der Celinde
Cronegk schr. (1766) 2, 120.
sieh die gleiche typische verbindung in anderer form unter b. in der beziehung auf andere materialien erst nhd., besonders seit dem 18. jh., in dem masze zunehmend, in dem die technische anwendung des wortes zurückgeht: (die Römer) liessen die recht der zwoͤlff taflen inn oͤhren bletter graben vnd schneiden, vnnd die also auffschlagen zu ewiger gedechtnusz, das sich jederman darnach wüszt zuhalten Titus Livius (1533) 48ᵇ; er (Wodan) nimmt seine lose nicht wieder auf! auch zögert er mit der stunde (todesstunde) nicht, die er darein grub Klopstock s. w. (1854) 6, 360; das gesetz Moses in stein gegraben Herder 5, 426 S.; ficht ehrlich! war das symbolum, das der waffenschmied in die schöne klinge gegraben hatte W. Hauff w. (1890) 1, 44;
es soll der schöne grusz
mit goldenen buchstaben
sein auf sein grab gegraben
Rückert ges. poet. w. (1867) 1, 92;
mit einer nadel, dem gelock geraubt,
gräbt sie 'ich komme' in des blattes weiche
A. v. Droste-Hülshoff ges. schr. (1878) 2, 242.
unter gänzlichem absehen von der technik des grabens als eines einritzens: eine zeit, da noch kein gelehrter über büchern sasz und die geschichte seines volkes in das steife pergament grub Frenssen sandgräfin (1904) 97.
b)
eine gewisse steigerung, die bis zum pathos führen kann, erfährt dieser gebrauch in fällen, in denen die möglichkeit des grabens zwar gegeben ist, nicht aber realisiert wird oder zu werden braucht. im vordergrund steht die intention des sprechers, der die form der aufforderung oder des wunsches entspricht:
schreibt auff mein testament jhr unbewohnten haine,
seid secretarien, wie ich umb unglück weine,
grabts in die rinden ein, auff dasz es der gestallt
wachs jmmerfort, wie jhr
Opitz teutsche poemata 112 ndr.;
Zesen Helicon (1649) 2, D 3ᵃ; heute schreibest du in sand. ..., was du gestern haͤttest in marmol graben koͤnnen Butschky Pathmos (1677) 303;
es mag Britannien, was Wilhelm ausgericht,
nach dessen würdigkeit in ertz und marmer graben
Besser schr. (1732) 1, 88;
ich schnitt' es gern in alle rinden ein,
ich grüb' es gern in jeden kieselstein
W. Müller ged. (1906) 10;
in erzschrift sei gegraben
eur preis, dasz ihn kein mund der zeit bezwinge
Rückert ges. poet. w. (1867) 1, 17.
ähnlich in hyperbolischer ausdrucksweise:
die hoffnung glaubts und freuet sich,
und gräbt diesz wort in baum und rinde
Stoppe Parnasz (1735) 24;
o Rosalinde! sey der wald mir schrift,
ich grabe mein gemüth in alle rinden,
dass jedes aug, das diese bäume trifft,
ringsum bezeugt mag deine tugend finden
Shakespeare 4 (1799) 219.
3)
in erweiterung der bedeutung 'gravieren' bildet sich z. t. schon in mhd., besonders aber in nhd. zeit und zumeist in gehobener sprache und gewichtiger rede ein uneigentlicher und übertragener gebrauch heraus, der, durch feste sprachliche fügungen gestützt, die verwendung des wortes in seinem technischen sinn zu überdauern scheint. das bewusztsein eines zusammenhanges mit dieser eigentlichen bedeutung geht in jüngster zeit vielfach verloren zugunsten einer umdeutung von graben B 'in die tiefe graben' und D 2 'etwas eingraben' her. dem ganzen gebrauch zu vergleichen ist ein in ähnlicher weise sich erweiternder gebrauch unter schreiben II 8 a und b, teil 9, sp. 1696.
a)
der typus etwas in eherne tafeln (o. ä.) graben 'zu ständiger bewahrung und dauerndem gedächtnis überliefern' führt über den eigentlichen gebrauch unter 2 hinaus ins bildliche, insofern die realisierung des technischen vorgangs ausgeschlossen ist: aber wie es (die unzahl der konzilsbeschlüsse) menschen thad ist gewesen, szo ists auch mit der czeit vorschwunden, an(ohne) die stück, die den heyligen romischen stuel halten, die sind alleyn yn adamant gegraben und fester behalten thausent mal mehr, denn das euangelium Christi Luther 8, 150 W.;
und ewer nam, lob, ruhm und preisz,
von ewrer aignen tugent fleisz
in der ewigkeit buch gegraben,
werden hiemit wol mein gesang ...
mit der unsterblichkeit begaben
Weckherlin ged. 1, 98 Fischer;
was Thucydides, Sallustius, Tacitus, Macchiavelli mit den flammenzügen ihrer groszen seelen in die ehernen tafeln der zeiten gruben, das ist unser geworden E. M. Arndt schr. f. u. an s. lb. Dtsch. (1845) 2, 64;
erlaubt dasz ich auf meine dächtnistafel
den frühern gegner grabe — tu desgleichen!
Stefan George d. jahr d. seele (o. j.) 79.
b)
etwas, das der beachtung und bewahrung wert oder einen nachhaltigen eindruck zu machen geeignet ist, ins herz, jünger auch in die seele, in die brust (o. ä.) graben 'nachhaltig einprägen'.
α)
mit persönlichem subjekt und in aktiver konstruktion:
die rede ich in dîn herze grabe
Winsbeke 50, 7 Haupt;
sie soll, wan sie mir gibt die hand
vor dem pfarrern, in ihr hertz graben,
wie durch dises hailige band
got ausz uns beed nur eins woll haben
Weckherlin ged. 1, 279 Fischer;
wer ists, der einen tag von tausenden erlebt,
den nicht in seine brust die reu mit feuer gräbt?
Haller ged. (1882) 123;
wo ... dein vater dir die lehren der weisheit und des christenthums ins herz grub, da ist deine liebe, da ist dein vaterland E. M. Arndt schr. f. u. an s. lb. Dtsch. (1845) 1, 271; ein bild, das uns in die seele gegraben wurde, verblaszt nie ganz wieder Fontane ges. w. (1905) I 5, 298. gelegentlich hinzutretende bestimmungen aus dem technischen bereich des gravierens verstärken den bildlichen charakter der wendung und verdeutlichen den zusammenhang mit der eigentlichen bedeutung; vgl. auch unter β: in mein herz hat er ihn (seinen namen) selbst mit blutigen zügen gegraben Klinger w. (1809) 4, 23; wir ... möchten mit ehernem griffel grundsätze in dein herz graben, welche der gefahr ewigen todes vorbeugen Raumer gesch. d. Hohenst. (1823) 3, 419; er hat ihr portrait mit solchen farben in mein herz gegraben Fr. L. Schröder dram. w. (1831) 3, 217.
β)
mit sachlichem subjekt dessen, was eingeprägt wird oder was sich einprägt. in passiver konstruktion wird das bewahren eines eindrucks oder einer sache betont: die sunde Juda ist geschrieben mit eisern griffeln, vnd mit spitzigen demanten geschrieben, vnd auff die tafel jres hertzen gegraben Jer. 17, 1; mein heyland Jesus Christ, dein suͤsser nahme in mein herz gegraben, erloͤse mich von allem ubel Bucholtz Herkuliskus (1665) 1144;
was alle tugenden zum zweck der hoheit haben,
das ist im überflusz in deine brust gegraben
Henrici ernst-, scherzh. u. sat. ged. (1727) 1, 47;
beide haben recht und unrecht, eure chronik und mein gedächtnisz, jene mit ihren auf pergament gezeichneten buchstaben, ich mit den zeichen, die in mein herz gegraben sind C. F. Meyer d. heilige (1910) 168. seit dem 18. jh. auch in reflexivem gebrauch: wie leicht grub sich das andenken dieses tages in mein herz S. v. Laroche frl. v. Sternheim (1771) 1, 77; des predigers worte gruben sich in mein gedächtnis Storm s. w. (1899) 3, 281.
γ)
seit dem 18. jh. kann der zusammenhang mit der bedeutung 'gravieren' so sehr gelockert sein, dasz eine übertragung von graben D 2 'etwas eingraben' her und eine ins unsinnliche gewendete entsprechung zu dem dort anschlieszenden uneigentlichen gebrauch unter D 3 c offensichtlich wird. vor allem, wenn auch nicht ausschlieszlich, im hinblick auf starke seelische eindrücke und erlebnisse. bezeichnend sind häufige adverbiale umschreibungen mit tief. in aktiver konstruktion wie unter α:
die (liebe) grubst du Adam tief in sein herz hinein
Klopstock oden 1, 73 M.-P.;
du haschest ihre stolze nacken ...
und gräbst mit donnern tief in ihre felsenherzen,
wie nichtig menschenfrevel sey
Kretschmann s. w. (1784) 2, 85;
als wolle er diese worte ... für ewig in sein bewusztsein graben Werfel geschw. v. Neapel (1931) 88. wie unter β, passivisch:
der schimpf ist allzutief in meine brust gegraben
König ged. (1745) 385;
dein blut und deine thränen sind
tief in mein herz gegraben
Bauernfeld ges. schr. (1871) 3, 112.
häufig bei reflexivem gebrauch: immer gräbst du (häszlicher gedanke) dich tiefer in meinen busen Sal. Gessner w. (1778) 2, 82; tief gruben sich diese scenen ... in die seele Raphaels Klinger w. (1809) 4, 8; die weisheitslehre dieser knaben grub sich tief in mein damals noch jüngeres herz Kürnberger siegelringe (1874) 77.
δ)
intransitiver gebrauch ist sehr selten: wahr also ist es, ... dasz ... der wahre geist des schauspiels tiefer in die seele gräbt, schärffer ins herz schneidet und lebendiger belehrt als roman und epopee Schiller 2, 5 G.;
wie gräbt erinnerung mit blutgen zügen
und zeigt, was ich versehn, wie ich gefehlt
Grillparzer s. w. 6, 245 Sauer.
c)
seit dem 18. jh. steht graben in wendungen, die sichtbare zeichen intensiver, zumeist schmerzhafter seelischer oder körperlicher empfindungen bildlich umschreiben; schon in seinem ansatzpunkt weiter von der bedeutung 'gravieren' entfernt und unter unmittelbarem einflusz von graben B 4 'vertiefungen ausheben'.
α)
im hinblick auf die furchen in dem gesicht eines menschen:
wangen, wo die freude schwebet,
und das lächeln grübchen gräbt
J. E. Schlegel w. (1761) 4, 253;
an den furchen, welche die angst auf seine stirne gegraben Klinger w. (1809) 3, 210; aber der kummer hatte ihr doch schon manche furche gegraben Ompteda Sylvester v. Geyer (1900) 1, 18. ähnlich: das bleiche antlitz des kleinen Kuno, in das der tod schon seine scharfen züge grub Storm s. w. (1899) 2, 274. reflexiv: falten gruben sich in sein gesicht H. Laube ges. schr. (1875) 5, 54; die linien graben sich quer durch die stirn A. Neumann es waren ihrer sechs (1947) 103. in passivisch oder reflexiv konstruierten wendungen kann, in form einer metonymie, die empfindung selbst als das eingegrabene erscheinen: zagen, martern, wuth und verzweiflung werden dein innres zerreiszen, und sich scheuszlich auf dein äuszres graben Klinger w. (1809) 2, 442;
und tiefer grub in ihr gesicht
sich hoffnungsloser gram
Novalis schr. 4, 188 Minor.
ähnlich:
der geist las alles was er (der fischer) dacht,
als ständ's ihm auf der stirn gegraben
Wieland s. w. (1796) 18, 225.
anders bei intransitivem gebrauch: welche lüste, welche schmerzen hatten an diesem menschengesicht gegraben? Watzlik pfarrer v. Dornloh (1930) 312.
β)
der gleiche bildtypus wird auf das innere des menschen übertragen: schmerz und jammer, wenn sie tiefe furchen in die seele graben Herder 5, 7 S.; wohin käme man, würde das schicksal jedes angeklagten, der zweifel über die rechtlichkeit dieses oder jenes urteils seine spuren ins gemüt graben Werfel Bernadette (1948) 350. so vor allem wunden graben:
o fluch der hand, die diese wunde grub
Schiller 14, 107 G.
weiterer übertragung:
ich war's,
welche die meisten wunden ihm (dem gesetz) grub
Klopstock s. w. (1854) 4, 329.
die aus dem bildgebrauch gewonnene konkrete vorstellung in einem andersartigen bilde: Melpomene hat zwei dolche. der eine ist blank, haarscharf geschliffen, schneidet schnell und gräbt glatte, rein ausblutende wunden; der andere, rostig, voll scharten, reiszt in das fleisch unselige zerstörung Immermann w. 4, 50 Hempel.
F.
zusammensetzungen mit graben, vb. als erstem kompositionsglied sind in mehr als 100 bildungen bezeugt. fugenlose zusammensetzungen mit grab- überwiegen weitaus; jedoch zeigen frühe belege häufig den fugenvokal -e-, z. b. grabewunde (s. d.), gabehacke: grope hacke runcina Diefenbach n. gl. 322ᵃ, auch in zusammensetzungen, die ihn in nhd. zeit synkopieren, z. b. mhd. grabestickel statt des späteren grabstickel, -stichel (s. d.), mhd. und frühnhd. grabeschit, -scheit statt und neben grabscheit (s. d.), grabewerk (schon ahd.) statt grabwerk (s. d.). jüngere bildungen des 17. und namentlich des 18. jhs. bieten den fugenvokal in begrenztem umfang, den verbalen charakter des wortes betonend, z. b. grabegarten, -kelle, -knecht, -kosten (s. überall dort). bei fugenlosen zusammensetzungen kann eine volksetymologische beziehung auf grab, n. eintreten, z. b. grabschaufel (s. d.), oder aber eine eindeutige zuordnung zu graben, vb. oder grab, n. ist überhaupt erschwert, z. b. bei zusammensetzungen mit graben, vb. D 1 'bestatten' wie grabamt, ²grabgeld (s. d. 1 und 2), grablohn (s. d. 1) oder bei tiernamen wie grabkäfer allg. dt. bibl. 50 (1782) 495. die älteste und umfangreichste gruppe von zusammensetzungen betrifft bezeichnungen für grabwerkzeuge (vgl. graben A und B), z. b. grabeisen (in der form grafisarn schon as.), grabscheit (seit dem mhd.); dem nhd. gehören bildungen an wie grabschaufel (seit dem 15. jh.), ²grabgerät und grabhaue (seit dem 17. jh.) und, erst seit dem 19. jh. bezeugt, grabgabel, grabmaschine, grabwerkzeug (s. überall dort). dieser gruppe schlieszen sich zumeist jüngere bezeichnungen für grabwerkzeuge der tiere an wie grabbein Brehm tierl. 9, 30 P.-L., grabfusz (s. d.), grabklaue (s. d.). — seit dem 15. jh. ist ein zu graben D 1 'bestatten' gehöriger kompositionstyp bezeugt: grabamt (s. d.), grabegebühr schles. Robinson (1723) 1, 190, grabegesellschaft Campe 2 (1808) 435ᵇ, grabetag Herberger hertzpostilla (1613) 1, 157, ² grabgeld (s. d. 1 und 2), grablohn (s. d. 1). — etwas jünger sind bezeichnungen für ländereien, die durch grabende tätigkeit hergerichtet, bestellt werden wie grabegarten, grabeland, grabsattel (s. überall dort). — mit einer kleinen, seit dem 17. jh. bezeugten gruppe von personenbezeichnungen wie grabmagd Stieler stammb. (1691) 1210, grabeknecht (s. d.), vielleicht grableute (s. d.) konkurriert eine bereits ältere gruppe mit gräber, m. (s. d.) als erstem kompositionsglied wie gräberhauptmann (s. d.), gräberknecht (s. d.), gräbermeister (s. d.; ferner Pöhnl volksbühnenst. [1887] 2, 29). — ein typus von tierbezeichnungen (vgl. graben C 1) scheint sich erst seit dem ende des 18. jhs. in der zoologie herauszubilden, z. b. grabbiene (s. d.). grabwespe (s. d.), ferner graberaupe Campe 2 (1808) 436ᵇ, grabkäfer allg. dt. bibl. 50 (1782) 495, grabfrosch Brehm tierleben 4 (1912) 314, grabgans Naumann naturgesch. d. vögel (1822) 11, 534. — in der bedeutung 'gravieren' begegnet das verb mehrfach und z. t. schon früh in der komposition, z. b. ²grabkunst, grabmesser, grabstempel (s. überall dort); aber dieser typus vermischt sich leicht mit der an graben A und B anschlieszenden gruppe von werkzeugbezeichnungen, so dasz mehrdeutige zusammensetzungen entstehen, vgl. grabeisen, grabstichel. — auszerhalb dieser typen begegnen vereinzelt isolierte bildungen wie grabeseligkeit (s. d.), grabfähigkeit (von tieren) Brehm tierleben 7, 16 P.-L., grabekosten (s. d.).
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 10 (1956), Bd. IV,I,V (1958), Sp. 1546, Z. 6.

graben, m.

graben, m.,

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auf das deutsche beschränktes nomen acti zu graben, vb. (s. d.), demgegenüber got. graba, f. (grabai Luk. 19, 43 Streitberg), ae. græf, m., n. (vgl. Bosworth-Toller 1, 486ᵃ), engl. grave (vgl. Murray 4, 373ᶜ s. v. grave) andere bildungsweise (vgl. zu grab, n.) zeigen. ahd. grabo, as. gravo, mhd. grabe, mnd. mnl. grave. im nd. und in angrenzenden md. maa. gilt heute noch vielfach anders gebildetes graft (s. d.), welches obd. schon früh von grabo fast völlig verdrängt wurde. der nom. sg. geht in ahd. belegen vom 10. bis ins 12. jh. regelrecht auf -o aus. diese endung begegnet in glossenhandschriften (abschriften ahd. vorlagen) noch im 13. jh. (ahd. gl. 1, 607, 1 St.-S.; ebda 3, 310, 12; 4, 164, 12). im 12. jh. werden die ersten formen mit auslautendem -e belegbar (ahd. gl. 3, 262, 60 St.-S.; ebda 347, 3; 406, 62; Eilhart v. Oberge 7895 Lichtenstein). sie behaupten bis ins 15. jh. eine vorzugsstellung. mit dem 16. jh. weicht grabe gegenüber graben (s. u.) stark zurück, doch findet sich grabe noch in wörterbüchern des 17. jhs. (vgl. Hulsius dict. [1616] 144ᵃ; Gueintz rechtschrb. [1666] 76) und weiter bis ins frühe 18. jh.: ein grabe vor der contrescarpe (1715) Berliner geschr. zeitungen 39 Friedländer. auf -e ausgehenden nom. sg. verzeichnen für die lebenden maa.: schweiz. id. 2, 678; Fischer schwäb. 3, 778; Martin-Lienhart elsäss. 1, 266; Follmann Lothr. 214; rhein. wb. 2, 1331; Schütze Holstein 2, 64; Damköhler Nordharz 64ᵇ; Fischer Samland 53ᵇ. nicht sicher zu entscheiden ist, wieweit sich hier alte nominative erhalten haben oder ob n-abfall vorliegt. vom 15. bis ins 17. jh. finden sich neben -e- und -en-ausgang auch formen mit apokopiertem -e, besonders im obd. (vgl. grab altdt. pred. 55 Wackernagel; städtechron. 10, 188 [Nürnberg 15. jh.]; ebda 4, 287; Diefenbach gl. 502ᶜ; Seb. Franck sprichw. [1541] 1, 13ᵇ; Stumpf Schweizerchron. [1606] 400ᵃ; Zehner nomencl. lat.-germ. [1645] 105), aber auch md.: (es) ging ein grab darumb Lancelot 1, 415 Kluge; Diefenbach gl. 244ᶜ. wmd. und nd. begegnen in den lebenden maa. verschiedentlich endungslose nominative vom typ graf (vgl. luxemb. ma. 157ᵃ; rhein. wb. 2, 1331; Kück Lüneburg 600; Mensing schlesw.-holst. 2, 462). in fällen, wo fem. genus bezeugt ist, wie bei jräb, f. Rovenhagen Aachen 47 und bei fries. graw, f. Jensen nordfries. 168, dürfte vermischung des bodenständigen dentalabstraktums (vgl. afries. greft, f. Holthausen altfries. 35) mit nd. grawen, graf, m. anzunehmen sein. der heute herrschende nom. sg. graben (vgl. Paul dt. gramm. teil 3, § 27) wird zuerst ende des 13. jhs. belegbar: der graben ( : gehaben) livl. reimchron. 9945 Meyer. häufiger dann seit dem 15. jh.: vorago graben (1432) Diefenbach nov. gl. 386ᵃ; item under dem schlos ist ein graben (1496) bei: Röhricht pilgerreisen (1880) 340, neben grove ebda 269. — für den gen. sg., dessen regelrechte ahd. form graben, grabin lauten würde, finden sich erst im späteren mhd. belege: zwei tayl des graben Marienburger treszlerb. 148 Joachim. der heute geltende gen. grabens (vgl. noch Paul dt. gramm. teil 3, § 25) wird zufrühest im 16. jh. belegbar: jenseit eines tiefen grabens Kirchhof wendunmuth 2, 398 Ö.anstelle des zu erwartenden dat. sg. graben, grabin begegnet ahd. eine vereinzelt bezeugte form grabun (11./12. jh.) ahd. gl. 2, 612, 48 St.-S., die aus dem acc. eingedrungen sein dürfte; seit dem 12. jh. gilt hier graben. — der acc. sg. geht ahd. auf -un aus, seit dem 11. jh., zuerst bei Notker 1, 46, 22 P., begegnen -en-formen, die mit dem 13. jh. regel werden. vereinzelt bleibt ein spätahd. grabin (12. jh.) ahd. gl. 1, 604, 19 St.-S., dessen endung wohl aus dem dat. sg. eingedrungen ist. im plural wird funktioneller umlaut seit dem 14. jh. belegbar: auch han wir ... greben und auch mure (ostfränk. 1397/1400) hist. volksl. 1, 165 Liliencron (vgl. auch PBB 27, 272, wo ein Suchenwirt-beleg [1390] ohne stelle). umlautlose pluralformen halten sich vereinzelt noch bis ins 19. jh. in der schriftsprache: ich setze über zäune und graben Pfeffel pros. vers. (1810) 1, 180; br. Grimm kinder- u. hausmärchen (1812) 1, 294; Scheuchenstuel berg- u. hüttenspr. (1856) 106. vgl. ferner Paul dt. gramm. teil 3, § 27 anm. 2. mundartl. ist der umlaut nach ausweis der maa.-wbb. nicht durchgedrungen im bair. und in nd. maa. (vgl. Schmeller-Fr. 1, 982; Schambach Göttingen 68; Kück Lüneburg 600; Damköhler Nordharz 64ᵇ; Mensing schlesw.-holst. 2, 462; Dähnert plattdt. wb. 160; Fischer Samland 53ᵇ). umlautlose und umgelautete pluralformen nebeneinander werden für das elsäss., lothr. und westmd. nachgewiesen (vgl. Martin-Lienhart 1, 266; Follmann Lothr. 214; rhein. wb. 2, 1331 f.). der nom. pl. hat ahd. die endung -un, seit dem mhd. gilt -en. die nd. maa. fügen im plural noch ein -s hinzu, wobei der vorhergehende nasal in den meisten fällen erhalten ist (vgl. Woeste-N. westfäl. 85ᵃ; Böger Schwalenberger ma. 151; Schambach Göttingen 68; Damköhler Nordharz 64ᵇ; Kück Lüneburg 600; Mensing schlesw.-holst. 2, 462; Dähnert plattdt. wb. 160). für das rhein. nd. wird grāvəs rhein. wb. 2, 1332. für das samländische graͦwes Fischer Samland 53ᵇ nachgewiesen.der ahd. gen. pl. grabono ist bis ins 12. jh. anzutreffen, seither gilt die endung -en. — der dat. pl. ist ahd. als grabon belegt, wobei für das -o- analog zu anderen schw. m. länge anzunehmen ist (vgl. Braune ahd. gramm. § 221 u. anm. 6). glossierungen wie fossis crapun, crupun ahd. gl. 2, 425, 22 St.-S. und fossis crabun ebda 475, 45, beide 11. jh., werden für den nom. pl. in anspruch zu nehmen sein. vom 12. jh. an (vgl. ahd. gl. 3, 408, 65 St.-S.) ist -en die endung des dat. pl.für den acc. pl. ist die ahd. zu erwartende endung -un, bzw. -on noch nicht belegbar. mit dem mhd. begegnet -en. vereinzelt erscheint ein auffallender acc. pl. auf -er (wenn nicht druckfehler vorliegt): ein schwan ist leichtlich ... inn die gräber oder weier zupringen Sebiz feldbau (1579) 113; vgl. noch: nü kien ick die grawer jens peile (nordfries.) in: PBB 49, 239. zu den auf -en ausgehenden kasusendungen ist allgemein zu bemerken: besonders in bair.-österr. quellen wird das e häufig synkopiert: ein klainer grabn (1565) österr. weist. 1, 205; ebda 5, 608; Stieler ged. 2, 12 Reclam; vgl. Schmeller-Fr. 1, 982; Lexer Kärnten 119. dabei durch assimilation gelegentlich n ˃ m: grabm (1625) österr. weist. 1, 14; 15. vereinzelt auch grabem Chemnitz schwed. krieg 2 (1653) 105. für die lebende ma. wird im schlesw.-holst. und im obersächs. zusammenfall von b und n in m bei synkope des gedeckten -e- der endung nachgewiesen: grǭm Mensing schlesw.-holst. 2, 462; kraam Müller-Fraureuth obersächs. 1, 434ᵇ; Albrecht Leipziger ma. (1881) 13; 48. — beim gen. dat. pl. begegnet obd. verschiedentlich -nen als endung: gräbnen (1514) d. dt. bauernkrieg, aktenbd. 55 Franz; (vor 1572) Tschudi chron. Helvet. (1734) 1, 50; Herold-Forer Gesners thierb. (1563) 81. auch mit partieller assimilation des ersten n: gräbmen österr. weist. 1, 61. sogar: grämbmen (Salaberg 1523) ebda 9, 863 (andere lesarten dort: grabm [1523], gramben [17. jh.]). — belegbar wird -n-abfall in: nüd öber de graba seh (= sein) Tobler Appenzell 234ᵃ; gräba, pl. Kuen oberschwäb. wb. 21; in de grawe K. Bücher arbeit u. rhythmus (1899) 284 (nassauisch); auch soll käuffer die graebe ... erhalten (schles. 1615) cod. dipl. Siles. 4, 184; der, der im groba liegt Gerhart Hauptmann d. ges. werk (1942) I 4, 210.
A.
in eigentlichem gebrauch.
1)
dem ursprünglichen wortsinn entsprechend 'etwas durch grabarbeit hervorgebrachtes'.
a)
im allgemeinen eine offene, längliche vertiefung, meist im erdboden, die auf einen bestimmten zweck hin angelegt worden ist. im ahd., wo grabo vorwiegend agger oder vallum glossiert und also in erster linie 'wall, damm' bedeutet (s. unten b α), ist das wort in der wiedergabe von fossa oder lacus im 10. jh. nur vereinzelt (ahd. gl. 2, 501, 35 St.-S. und ebda 1, 605, 1), seit dem 11. jh. dann etwas zahlreicher (ahd. gl. 2, 425, 22 St.-S.; ebda 475, 45; 501, 35; 612, 48; 650, 29) anzutreffen.im hinblick auf seinen bestimmungszweck steht graben prägnant:
α)
für den befestigungsgraben um eine stadt, eine burg, ein schlosz oder ein feldlager; literarisch seit dem 12. jh.:
dar umme (um die burgmauer) gîngen drî grabin.
tîf und wît, hôrte ich sagin,
ieglîcher grabe dâ wêre
Eilhart v. Oberge 7893 Lichtenstein;
der werde muͦste stille haben.
daz kam von eime tiefen graben
der hine vor der buͤrge gie
Ulrich v. Türheim Rennewart 30 554 Hübner;
item 1452 jar da wart der grab ümb die stat hie volbracht (Nürnberg 15. jh.) städtechron. 10, 188; vnd do sie (die feinde) inn der nacht zuͦ Quintius heer kamen, fielen sie zuͦ rosz vnnd zuͦ fuͦsz inn die graͤben (die um das feldlager herum ausgeworfen worden waren), also, das sie eynander tratten, vnd grosz vnordnung sich vnder jnen begab Carbach Livius (1551) 43ᵇ; graben ... heisset um einer festung die tiefe herum, woraus die erde zu erbauung der wercke in derselben genommen worden, und ist dieselbe entweder leer gelassen, oder mit wasser angefüllet Chr. Wolff mathem. lex. (1747) 1, 598; und die gräben (in Mannheim) dünsten einen so übeln geruch aus, ... dasz man oft nicht auf den sonst so schönen wällen spatzieren kann Gleim briefw. 1, 440 Körte; jetzt tönt die losung, die reiterey sprengt gegen den feind und das fuszvolk ist im anmarsch gegen die gräben (schanzgräben des feldlagers bei Lützen) Schiller 8, 288 G.; es ist ein alter wunsch, dasz sowohl der äuszere als innere thurm des Löberthors abgetragen und der graben ausgefüllt werden möge Göthe IV 29, 234 W.; adjes denn, ihr holden lieblichen auen ... ihr thürme und gräben Maler Müller w. (1811) 3, 96; seine (des städtchens) starken zinnen erheben sich noch wehrhaft über seine dächer, aber die gräben hat der friede ausgefüllt Steub drei sommer in Tirol (1905) 2, 25. an vielen orten (vgl. z. b. rhein. wb. 2, 1332 für Aachen, Dülken, Kempen, Kleve-Calcar) hat die auf dem eingeebneten stadtgraben verlaufende strasze die bezeichnung graben beibehalten (vgl. auch die parallele entwicklung von frz. boulevard): das centrum der stadt, die Downingstreet von Wien, ist der sogenannte Graben Moltke ges. schr. u. denkw. (1892) 4, 83; unter solchen umständen hat die nebenstrasze des Wiener Grabens ... etwas entschieden unheimliches M. v. Ebner-Eschenbach ges. schr. (1893) 4, 334. in dieser bedeutung 'befestigungsgraben' erscheint das wort auch in charakteristischen präpositionalverbindungen. besonders in älterer sprache oder von da her in der wendung auf dem graben, der in lat. urkunden bezeichnungen wie in fossato hess. urkdb. I 1, 268 Wyss, in fossa ebda 131 und supra fossato ebda 370 entsprechen. dabei kann die wendung auf dem graben sowohl, den noch vorhandenen graben bezeichnend, 'am graben' meinen, als auch auf die strasze bezogen sein, die über dem zugeschütteten graben verläuft. in mittelalterlichen städten ist diese gegend vielfach das dirnenviertel (vgl. auch unten B 3 a α und γ): und diu gemeinen fröuwelîn, sie heizent aber niht fröuwelin, wan sie haben frouwennamen verlorn und wir heizen sie die bœsen hiute ûf dem graben Berthold v. Regensburg 2, 148 Pf.; her Pernolt der Noͤzel auf dem graben (1326) Regensburger urkdb. 1, 517; her um hat he mir gegeben vier schillinge phenninge geldis jerliches cinses uf Ludewiges schuͦren uf dem graben in der undergassen gelegen by mime gademe (Marburg 1362) hess. urkdb. I 3, 20 Wyss; ich ... thun kund ... das ich ... ze Louffenberg vor der statt, uff dem graben, etc. vmb lehen ze richten offenlich ze gericht sasz (1393) Haltaus gl. 746; ich war auff den graben logirt undt hatt eine angelruht mitt drey angellen mittgebracht, umb in dem graben zu fischen (1714) Elisabeth Charlotte v. Orleans br. 3, 470 Holland;
bleib hier, ich nehm dir ein quartier aufm Graben,
du sollst fünfzehn parketirte zimmer in einer reih haben
Meisl theatr. quodlibet (1820) 2, 45;
er hatte in Wien für die feinsten gewölbe auf dem Graben gearbeitet Gutzkow ges. w. (1872) 1, 51. seltener begegnet statt dessen die wendung am graben: Chrysostomus am graben, der ... ain zit lang bürger (von St. Gallen) gsin (1532) J. v. Watt dt. hist. schr. 3, 319 G. in verbindung mit in, in älterer sprache gelegentlich in den graben soviel wie 'um des grabens willen, für den graben': die galtnusse alle als davor geschriben stat, daz vor gerihte geschiht, diu sol des vogtes halbiu sin und der stat in den graben halbiu (1291?) stadtb. v. Augsburg 237 Chr. Meyer; ebda 257.
β)
in der bedeutung 'wasserstrasze' für das erst mit dem 16. jh. allgemeiner geläufig werdende wort kanal (vgl. Kluge-Götze etym. wb. ¹⁵357ᵇ): an den tiden let de koning Karl enen groten graven maken van der Altmune wante an de Radenze, unde wolde, dat de schepe gingen van der Donowe wante an den Rin sächs. weltchron. 149 Weiland; so muchten die czu Lubek usschiffen und vorbas durch den graben czu Hamburg ire guter brengen (1428) akten d. ständetage Preuszens 1, 510;
die schiffe die wir noch durch den gemachten graben
bis nach Arsinoe ins meer geweltzet haben,
sind ... angesteckt
Lohenstein Cleopatra (1680) 4.
in besonderer anwendung: graben, in dem die schiffe aufs land gezogen werden, als übersetzung von gr. οὐρός:
nun entziehn sie den schiffen die stützen und säubern die graben,
und ihr heimverlangend geschrei erreichet den himmel
Stolberg ges. w. (1820) 11, 49.
γ)
für einen graben zum hegen oder fangen von tieren: item under dem schlos (in Rhodos) ist ein graben, da sindt uber 1000 canickel innen und dabey ist ein ander graben, da sind grosse strausse innen unnd andere thier (1496) bei Röhricht pilgerreisen (1880) 340; da befalch der könig, das man Daniel her brechte, vnd worffen jn zu den lewen in den graben Daniel 6, 16; vgl. ebda 17; 19; 20 u. ö. das wort steht hier für sonst übliches grube (vgl. erste dt. bibel: gruͦbe; vulgata, itala: lacus). gräben, namentlich festungsgräben, in denen wilde tiere gehalten wurden (vgl. auch teil 16, sp. 1273 s. v. zwinger B 2 b), kannte Luther vielleicht aus eigener anschauung und hat so diese vorstellung auch auf die biblischen verhältnisse übertragen. in anlehnung an den lutherbiblischen gebrauch wohl:
aus den gruben, hier im graben
hör ich des propheten sang;
engel schweben ihn zu laben,
wäre da dem guten bang?
Göthe I 18, 347 W.;
innewendig muss ... ein graben von zwey ellen tieff gemachet seyn (zum fang von wildschweinen) Fleming vollk. jäger (1719) 240ᵇ; wir hatten die strasze, in welcher unser haus lag, den Hirschgraben nennen hören; da wir aber weder graben noch hirsche sahen, so wollten wir diesen ausdruck erklärt wissen. man erzählte sodann ..., da, wo jetzt die strasze sich befinde, sei ehemals ein graben gewesen, in welchem eine anzahl hirsche unterhalten worden Göthe I 26, 15 W. von fischgräben: dass er denn see fischen helffen unndt hernacher die gräben widerumb aussgemacht (1686) bei Fischer schwäb. 3, 778.
δ)
für den straszengraben: dy vorgenanten hern sullen ouch haben eynen gemeynen weg der sal syen vier ruten breyt genehalb dem Nagaten uff der burger vryheyt. uff dy selbyn sechs huben dy yn bewisit sint vnd sullen dy helfte dez selbyn wegis halden myt graben vnd czunen vnd temmen (1336) cod. dipl. Pruss. 2, 208 Voigt; denselben graben soll der Herl alle jar raumen und der ander hinter im desgleichen, dadurch das wasser von der strosz an dem ent lauft (15. jh.) E. Tucher baumeisterb. 204 Lexer; wenn ein fuhrmann eine otter- oder schlangen-zunge in seine peitsche flichtet, so werden seine pferde, ohne schaden, die gröszesten lasten aus einem graben ziehen J. G. Schmidt gestriegelte rocken-philosophia (1706) 1, 340; ein unglück sei unterwegs begegnet, der wagen in einen graben geworfen worden Göthe I 25, 205 W.; mit einem seufzer setzte sie sich an den chausseerand, liesz die füsze in den graben hängen und lehnte rücken und kopf an eine pappel Cl. Viebig die vor d. toren (1949) 8.
ε)
für den graben als einfriedigung und begrenzung: by dem graben, der vnser marke vnde velt, die zcu der Nassow gehorent, vnde marke vnde velt, die zcu Grobir gehorent, scheident (1364) urkdb. d. hochstifts Meissen 2, 58 Gersdorf; dar usz ist aber entsprungen, das ertrich mit unterschiden graben und markstainen zetailen Steinhöwel de claris mul. 37 lit. ver.; auch soll er ... alle garten-arbeit, fride, gräben, gehäge und zäune, ... verrichten lassen Hohberg georg. cur. aucta (1682) 1, 19; die gräben, durch welche ... die 'fennen' von einander geschieden sind Storm s. w. (1899) 1, 57; werden zwei grundstücke durch einen zwischenraum, rain, winkel, einen graben, eine mauer, hecke, planke oder eine andere einrichtung ... voneinander geschieden BGB § 921.
ζ)
für den be- und entwässerungsgraben: was die maisterschaft gebiet und der bumaister weg ze bessern und graben ze graben und wo es notürftig ist zu machen, wem den gebotten wird, der soll es halten und thun (1302 nach einer abschrift von 1700) württ. ländl. rechtsqu. 2, 862; lacuna ... wassergrab, oder grab dadurch das wasser fleust, wassergrab im acker da sich das wasser samlet Er. Alberus nov. dict. (1540) Zz 1ᵇ; an wasserigen, murigen vnd bimsechten orten musz man sich mit bekömmlichkeit desz wassers behelffen: welche jr zu offtermalen durch sondere wasserfallen, fürschürz, gräben vnd canäl solt ab vnd anwenden, anlaiten vnd führen, zu nutz vnnd verbesserung ewer weid, weyern oder seen Sebiz feldbau (1579) 20; am fusze eines ... hügels, in welchem ein von alters her gezogener graben wasser von feldern und wiesen abhalten sollte Göthe I 33, 14 W.
η)
für sonstige zu- und ableitungsgräben. von einem feuerlöschgraben: auch öffnen wür, das wür zween gräben sollen haben, ob ain feur aufkäm, dasz man das wasser herein müg gelaiten (1660) österr. weist. 2, 260. in der bedeutung 'kloake': ruder kot grab (15. jh., obd.) Diefenbach gl. 502ᶜ; graba (m.), der graben od. kanal, der hinten an der 'brügi' im kuhstall hinläuft zur aufnahme des fallenden düngers Bühler Davos 1, 47.
θ)
für verschiedene formen militärischer feldbefestigungen, älter für die sappe, den laufgraben (vgl. aber noch graben, vb. B 5 b α):
theils führt auch schlangenweisz, trotz allem widerstand,
der graben winkel-lauf hin nach des feindes graben
Besser schr. (1732) 1, 54;
vgl. J. Hübner zeitungslex. (1748) 2, 77ᵇ. in jüngerer zeit prägnant für den schützengraben, den schiesz- und deckungsgraben des stellungskrieges, namentlich seit dem ersten weltkrieg (vgl. auch kompositionstypen C 2 a γ): keiner blieb zurück, wenn der befehl sie aus dem blutigen graben in den nächsten trieb E. Wiechert d. Jerominkinder (1945) 459; die tiefe, finstere schlucht des grabens besasz etwas erdrückendes E. Jünger d. abenteuerliche herz (1929) 162. in präpositionalen wendungen wie in den gräben: ... des leidens wegen, das er sich in den flandrischen gräben geholt hatte Alverdes Reinhold (1931) 137; ebenso im graben: (um Franz Marc hat sich) niemand gekümmert, keiner ihm den falschen idealismus ausgeredet, der ihn vielleicht im graben festhielt A. Zweig einsetzung eines königs (1950) 171. auch: aus den gräben soviel wie 'aus dem schützengrabenkrieg': mehr als andeutungen weisz ich auch nicht, klagte Sophie, er bleibt wie zugestopft und schweigt wie die leute aus den gräben ebda 427.
ι)
für den als hindernis angelegten graben, namentlich im sport: ein graben (springgraben) ..., dessen borde oder ränder an einem ende sehr nahe sind, am andern weit auseinander laufen (zum weitsprung) Fr. L. Jahn w. (1884) 2, 33. als hindernisgraben beim reitsport, s. z. b. unter grabensprung 1.
b)
seltener werden andere durch grabarbeiten geschaffene bodenformen mit graben bezeichnet.
α)
für 'wall, damm'. diese bedeutung, die im ahd. in glossierungen von vallum und agger diejenige von fossa überwiegt (s. oben a), ist noch bis ins 15. jh. relativ häufig bezeugt, weicht aber in der folgezeit mehr und mehr zurück und wird zuletzt im 18. jh. im nd. greifbar (s. u.). in der glossierung von Esaia 19, 6 (vgl. vulgata: siccabuntur rivi aggerum; erste dt. bibel: die hochen stette des bachs werdent trucken): aggerum grapono (10. jh.) ahd. gl. 1, 604, 17 St.-S.; vgl. ebda 18 und 19. aggerem grapo (10. jh.) ahd. gl. 1, 607, 1 St.-S. (glosse zu Esaia 29, 3, wo 1. dt. bibel: vmbhalbung, Luther: wallen [= wälle] übersetzen); vgl. ebda 606, 59 (10./11. jh.); uallo grauon (11. jh.) ahd. gl. 2, 588, 34 St.-S.; târ Romani herebergotôn, dârumbe grûoben sie sih, unde uuurfen dia erda innenân uuider selben den graben. ûfen den grabohûfen saztôn sie sîne uuelbe spizze bouma Notker 1, 46, 22 Piper; vallo grapin (11. jh.) ahd. gl. 2, 304, 39 St.-S. (glosse zu Luk. 19, 43, wo cod. Teplensis und 1. dt. bibel graben, Luther, vgl. gr. κάραξ, wagenburg übersetzen);
sie hizzen graben irn graben.
als iz vf was erhaben
und do vollen quam (vollendet war) die graft
Herbort v. Fritzlar liet v. Troye 1781 Frommann;
vallum grabo vel phal (Tirol 13. jh.) ahd. gl. 4, 164, 12 St.-S.; vgl. noch ebda 2, 594, 48; steet er (der zaun) ebens grunds, so soll er ainem gleichen mann ans herzgriebl geen; so er aber auf ainem graben steet, so soll er einem gleichen mann an die zwischl geen (1654/68) österr. weist. 1, 78; graven ... ein aufgeworfener schmaler damm ... hingegen nennt man einen graben, welchen man um wasser darin zu haben, gemacht, grefte Strodtmann Osnabrück (1756) 76 (s. auch unt. gräfte).
β)
vereinzelt bezeichnet graben die ausschachtung für das fundament eines gebäudes: wie sagst dann du, das der glaub sei das fundament, daz verantwurt sant Thomas in prima secunde, das in einem fundament seind zwei ding. es ist der grab, vnnd die mauer in dem graben Keisersberg brösamlin (1517) 2, 20ᵇ; als der meister anderen morgens mit seinen leuten an ort und stelle kam, fand er einen im regelmäszigen viereck gezogenen graben, und Krespel sprach: hier soll das fundament meines hauses gelegt werden E. T. A. Hoffmann s. w. 6, 31 Gr.
γ)
gelegentlich im 16. und 17. jh. auch für einen unterirdischen 'graben', einen tunnel oder einen schacht: als die vom schlosse einen heimlichen graben vnter der erden in die stad der kirchen zu gemacht hetten Schütz hist. rerum Pruss. (1592) 6, J 5ᵇ; nuͦn was zuͦ nechst bey der fuͤrstin gemach ... ein graben oder hoͤle vor langen zeyten in ein berg oder felsen gehawen. die selbige hoͤle het ir liecht von oben herab durch etliche löcher Montanus schwankbücher 222 lit. ver.; die lenge aber der dritten schnur (beim messen) zeiget an ... des stollens theil, zu welchen der graben des schachts, so da in daz geheng gesengt ist, fellet (ad quam putei fossa depressa pertinget) Bech Agricolas bergwerckbuch (1621) 106 (auch: die grube des schachts [putei fossa] ebda 92).
2)
in erweiterter anwendung analogisch für verschiedene grabenähnliche formen, die nicht durch grabarbeit entstanden sind. gelegentlich auf der grenze zum bildlichen gebrauch (vgl. unten B).
a)
als bezeichnung verschiedener natürlich entstandener grabenähnlicher formen.
α)
für ein bach- oder fluszbett:
es hatte jüngst der klare bach
aus seinem graben allgemach
mit sanftem rieseln sich ergossen,
der wiesen frisches grün stand mehrentheils beflossen
Brockes ird. vergnügen (1721) 4, 39.
vornehmlich bair.-österr., schweizer., elsäss. und moselfrk. für das rinnsal eines bergbaches, ein wildbachtal, eine kluft, eine bergschlucht mit oder ohne wasser (vgl. Lexer Kärnten 119; d. dt. maa. 3, 462 Frommann; Schmeller-Fr. 1, 982; schweiz. id. 2, 678; Seiler Basel 145ᵃ; Martin-Lienhart 1, 266; rhein. wb. 2, 1332):
er wolt daz ors niht ûf enthabn,
mit sporn treib erz an den grabn
(die 'gefährliche furt' guez perelleus, ein wildbach)
Wolfram v. Eschenbach Parzival 611, 12;
auf allen wassern und wildpachen, auch graben und giessen (1505) österr. weist. 5, 7; vgl. ebda 2, 353; ein ander mall was ich in eim gar stotzenden graben, suͤcht kleinne stralen, das sind christallen, deren vill drin funden wurden (1572) Th. Platter 12 Boos; als sich ye zu zeiten zutraͤgt, dasz die paͤch, so an vil ortten yber die zechen unnserer berckwerch herabrinnen ... graͤben auswaschen (1532) Lori baier. bergrecht (1764) 209ᵇ; eine jähe kluft am fusze des berges that sich vor ihnen auf, und zeigte gegenüber eine bisher verborgene hohe mauer ... ein tiefer graben trennte sie also von dem garten, in den sie unmittelbar hineinsahen Göthe I 24, 63 W.; der forst wird nirgends mächtig, doch sind die tiefen 'gräben', die wildbachsschluchten, die den berg da und dort durchrissen haben, gar schön mit nadelholz verkleidet Steub wanderungen (1862) 178; Anzengruber ges. w. (1890) 7, 178;
die krähen hocken schwarz und dicht,
der knecht das holz zum herd hin schlicht'.
der brunfthirsch röhrt im graben drin,
und regen regnet grau dahin
Weinheber s. w. (1954) 2, 320.
wo in rhein. maa. graben in der bedeutung 'bach' steht, fehlt das wort bach völlig, vgl. rhein. wb. 2, 1332. in allgemeinerer anwendung rhein. auch für ein kleines, stehendes gewässer, vgl. ebda.
β)
in terminologischem gebrauch.
αα)
der grabenbruch, in geologisch-geographischer fachsprache als morphologischer begriff: nach westen zu erstreckt sich Luabugiris machtbereich bis über den Kivu-see und den groszen centralafrikanischen graben hinüber Götzen durch Afrika (1895) 188. auch für den meeresgraben: charakteristisch sind zahlreiche schmale, aber sehr tiefe gräben nahe der pazifischen küste Meyer konvers.-lex. (1907) 19, 37ᵇ.
ββ)
nur gelegentlich für lat. aestuaria (vgl. das besonders für die Garonnemündung gebrauchte frz. 'estuaire'): aestuaria ein arm des meers, ein graben, in welchem sich das meer hinausz laszt wann es anlaufft, meersumpff oder meergraben Calepinus XI ling. (1579) 50ᵃ.
γγ)
in der bergmannssprache: graben ... sind bey söligten flötzen vertiefungen oder sogenannte mulden, die vil länger als breiter(!) sind Jacobsson technol. wb. (1781) 2, 143ᵃ.
γ)
von formen des gesichts und des menschlichen körpers, namentlich in poetischer ausdrucksweise:
(die augen Christi waren)
gar fin, clar, raine,
nút ze gros, nút zeklaine,
wol recht und nút mit tieffen graben,
etwas hohelecht erhaben (wohl von den augenhöhlen)
(um 1300) Wernher Marienleben 5825 Päpke-Hübner;
die wangen waren verschwunden, und hatten einen graben zurückgelassen, wo ein flusz von thränen flosz, der mir zu herzen gieng Heinse s. w. 3, 480 Sch.; zwischen beiden wällen läuft ein seichter graben, die primitive zahnfurche (vom kiefer eines embryos) Sömmerring menschl. körper (1839) 6, 863.
b)
als benennung technischer vorrichtungen, besonders im berg- und hüttenwesen: graben ... dieses sind zwey löcher in der form (gieszform), um das überflüszige bley abzuführen Jacobsson technol. wb. (1793) 5, 723ᵃ. im folgenden beleg ist graben wohl soviel wie gefluder: von unserm bergwercke raunt mir ein böser geist ins ohr: dasz das wasser (zum maschinenantrieb) noch nicht herbeygebracht sey. zwar von der treibe (= fördermaschine) bis zum treibhaus (= förderhaus) sey der graben in ordnung; aber beym kohlenwercke mache das gefluder (eine aus brettern genagelte rinne als wasserleitung beim berg- und mühlenbau) zu schaffen, wie an andern orten der graben auch noch wasser durchlasze Göthe IV 8, 27 W.; vgl. auch noch Minerophilus bergwercks-lex. (1730) 308.
3)
in geläufigen wendungen und stehenden verbindungen.
a)
in verbindung mit anderen substantiven in zwei- oder mehrgliedrigen ausdrücken.
α)
mauern und gräben, durchweg 1 a α entsprechend:
Rosche Sabbîns dort
diu houbetstat den vierden ort (= seite)
begreif mit mûren und mit graben
Wolfram v. Eschenbach Parzival 681, 13; pilgerreisen (1880) 101 Röhricht-Meisner;
die mauern und gräben sind ein wichtiges denkmal der vorigen zeit Göthe III 2, 95 W.; aber sie (die renaissance) blieb dabei stehen, den lustgarten mit mauern und gräben zu umgeben, als eine abgesonderte existenz zu behandeln Dehio gesch. d. dt. kunst 3 (1926) 312.
β)
wall und graben ebenfalls von 1 a α her und in dieser verbindung für graben die bedeutung 1 b α ausschlieszend (vgl. schon die lat. verbindung 'vallum fossaque'): hatte ein schön wohlgebautes haus mit seinen wällen und graben stattlichen Schweinichen denkw. (1878) 125; keine spur von wall und graben war zu sehen (auf Lotharios gut) Göthe I 23, 6 W.; schutz durch wall und graben Mommsen röm. gesch. 1 (1856) 49.
γ)
grube und graben, auch in umgekehrter wortfolge, eine durch die alliteration gestützte verbindung, die an verschiedene bedeutungen anknüpft: dann sie (die kirche) hat alter füchs art, welche vbel bändig zumachen sein: sie weisz vber alle zäun vnd hage, vber alle gruben vnd graben, vber stock vnd stauden gar fein zu springen Fischart binenkorb (1588) 50ᵃ; (das ebene land ist) voller pfitzen, gruben vnd gräben Guarinonius grewel d. verwüstung (1610) 437; ein solcher märterer hat Daniel auch werden müssen, vnnd vber seinem gottesdienst sich in den graben und gruben der löwen werffen lassen M. Walther erläuterung d. proph. Daniel (1645) 879. vgl. auch den ersten Göthe-beleg ob. A 1 a γ. zur verbindung grab und graben s. s. v. grab A 6a.
δ)
graben und zaun, auch umgekehrt:
so ist daz vierde ros braun,
daz kan graben und zaun
vil rinklich uber springen
(ostmd. 14. jh.) kl. mhd. erz. 186, 200 Rosenhagen;
über thäler und höhn,
durch dornen und steine,
über gräben und zäune,
durch flammen und see'n,
wandl' ich, schlüpf ich überall,
schneller als des mondes ball
Shakespeare 1 (1797) 196;
wann der pauman anpaut, ... so soll er sein nachper, dem ain fridtgatern oder ester geburt anzehachen, demselben seinem nachtpern mit dem fritgatern nachfarn, sein nachpern und sich selb friden auch an den zaun und graben den fridt machen (17. jh.) österr. weist. 1, 56, 8; eine leichte befestigung mit zaun und graben, die ihn vor einem handstreich sicherstellte, besasz auch der herrenhof Dehio gesch. d. dt. kunst 2 (1921) 292.
ε)
gräben und hecken, auch hecken und gräben, typisch für das bild der offenen landschaft aus der sicht des reiters und jägers: stöber oder spionen sind hitzige hunde, stöbern alle graben und hecken, ... ecken und winkel ... aus Heppe aufricht. lehrprinz (1751) 14; Leipziger aventurier (1756) 2, 120;
der renner sprang, der renner schwang
sich über gräben und hecken
Strachwitz ged. (1850) 12;
sein aug war wie der luchs ... und über hecken und gräben setzte er ohne anlauf Alexis hosen (1846) 1, 48.
ζ)
gelegentlich in mehrgliedrigen ausdrücken: wie ein toller furman, der mit pferd und wagen stracks zurennet, durch pusch, hecken, graben, wasser, berg und tal Luther 6, 261 W.;
vber hecken, graben, stock vnd stein
spring ich mein feind zv trvtze,
stos alles niderr gros vnd klein,
dem vaterland zv nvtze (1623)
Ziegler geschützinschr. (1886) 19;
über stock, stein und graben Döbel jägerpractica (1754) 2, 94.
b)
in verbindung mit bestimmten epitheta.
α)
der tiefe graben:
er (Apollonius) stund in den toten
di von im sind geschrotten
recht als in ainem tieffen graben
Heinrich v. Neustadt Apollonius 7935 Singer;
vornehmlich im bereich 1 a α: ich meine, er solte für jm eine feste maur, starcken wahl, tieffen graben, harnisch und andere wehr und waffen, die zum streite gehoͤren, bereiten, da mit er fuͤr seinen feinden möchte sicher sein (1536) Luther 51, 289 W.; grosser fürsten, herrn, potentaten vnnd obrigkeiten vnüberwindliche festungen seynd nicht hohe wälle, dicke mawern, tieffe gräben, grosse büchsen vnd viel tonnen goldes, sondern ein weises vnd gerechtes regiment Lehman floril. polit. (1662) 3, 252; die festungswerke Wittenbergs waren zwar keineswegs stark, aber ein breiter und tiefer graben sicherte sie doch vor einem sturme Meinicke Boyen (1896) 1, 331.
β)
der breite, älter auch der weite graben: ja es fleucht jderman und erschrickt fur der uberfart und weis nicht, wie ers sol anfahen, das er hinuber kome (vom leben zum tode). als der einen weiten graben oder tieffes wasser fur sich hat, da er uber mus, und doch keinen steg und keine brücken sihet (1537) Luther 45, 503 W.; ein breiter graben voll schwarzbraunen wassers war unser wegweiser H. Laube ges. schr. (1875) 1, 349.
γ)
der trockene graben, im gegensinn der nasse: dann der stat maur was an etlichen enden gar nider, ... und was ... kain grab darvor, dann ain trucken klain grab, es wär ainr daruber gesprungen (Augsburg 1468) städtechron. 5, 5; ein des deutschen lagers kundiger ... führte ihn durch den trockenen graben Lohenstein Arminius (1689) 2, 283ᵃ; Klopstock oden 2, 24 M.-P.; am besten gedeiht sie auf moorboden am rand ... eines nassen grabens (das sumpffettkraut) Schlechtendal flora v. Deutschland (1880) 26, 34.
δ)
der gefütterte d. h. der ausgemauerte graben, im anschlusz an 1 a α in älterer sprache: fossa silicata gefuttert grobe (Köln 1517) Diefenbach gl. 244ᵃ; aber in eyner treflichen stat, oder achtparem schlos, da die (lies: die da?) mauren, thuͤrn, vnd ob das sein mag gefuͤettert graͤben vmsich haben, da sol man solche befestigung auch mauren A. Dürer befestigung d. stett (1527) A 2ᵃ; ausserhalb der stadt ist ein dryfacher gefütteter graben, sehr tieff, vnd anzusehen vnüberwindlich Schweigger reysz-beschr. (1619) 248.
c)
innerhalb verbaler wendungen.
α)
mit präpositionalem objekt. am graben, häufiger im graben arbeiten, besonders mit bezug auf den stadtgraben (s. oben 1 a α) als geläufige wendung älterer zeit: ieder man ... sol erwaten an dem graben umb die stat (Nürnberg 1421—1440) städtechron. 2, 17; die werchotend, es wär im graben, am murwerch oder in wingarten Richental chron. d. Constanzer concils 86 lit. ver.; hat iglicher ... müssen ... raysen (heerfolge leisten), wachen und dorhüten, auch arbaiten im graben (als bürgerl. pflicht) qu. z. gesch. d. bauernkr. aus Rothenburg 601 Baumann. an den graben kommen, stoszen:
so' r ûf hin komet an den grabn,
ich waen dâ müezt ir stille habn
Wolfram v. Eschenbach Parzival 225, 27;
der dritt walt ... stosst morgenthalben an vorbemelte Valsander greben (17. jh.) österr. weist. 4, 311, 15; ich ging ohne verzug ... und kam anfangs an einen graben, allwo ein kleines haus stand, so, wie die mauthhäuser an unsern liniengräben sind Hafner ges. lustsp. (1812) 1, 15. namentlich mhd. ûf einen graben komen u. ä. soviel wie 'an einen graben kommen': min knecht sol uch wol wisen, wann ir off den uszersten graben koment, ein andern weg umb zwuschen dem hage und dem graben Lancelot 1, 548, 27 Kluge; ebda 546, 32;
sus traf ich eine veige vart,
diu truoc mich unz uf einen graben
Gottfried v. Straszburg Tristan 2707 Ranke.
in den graben fallen, stürzen: als ein phert das man zoͤimet und do mit uf zúhet, ob es in einen graben vallen wolte Tauler pred. 216 V.; und syn rosz kam gande in ein gebrúche, das von dem heiszen wetter drucken was worden, und gingen grosze graben da durch. sin rosz was mud und sturczt in eynen graben, das das rosz ein lang wile off im lag Lancelot 1, 192, 13 Kluge; ein blind furt ein andern blinden vnd vallend beid in graben Riederer spiegel d. waren rhetoric (1493) C 4ᵃ; er war in einen graben gestürzt Göthe I 24, 104 W. etwas oder jemanden in den graben werfen:
mit dîner übermoute
wirf ich dich hiute in einen graben
Stricker Karl 4989 Bartsch;
desgeleichen sol auch niemand nichts unsaubers werfen oder schütten in der statt graben (1600) österr. weist. 2, 233, 29; nun erfuhr die alte von dem bedienten, ein unglück sei unterwegs begegnet, der wagen in einen graben geworfen worden, und was alles nachher sich ereignet Göthe I 25, 1, 205 W.; von oben warfen sie (die gegner) handgranaten in die gräben, in denen ratten und läuse regierten A. Zweig einsetzung e. königs (1950) 263. über den graben springen, setzen u. ä. (vgl. auch unten B 1 a):
dô gîng der hêre unde sprang
obir einen graben sêre wît
Eilhart v. Oberge 7809 Lichtenstein;
du zühest hynder dich (wenn du der gefahr ins auge sehen sollst) wie ainer tuͦt, der an ainen graben kumpt vnd darüber soll springen, er forcht er fall darein Keisersberg granatapfel (1510) dd 5ᵇ; indem ich über den graben setzen wolte, kam ich zwar über, allein ich stürtzte mit dem pferde Ettner v. Eiteritz mediz. maulaffe (1719) 249.
β)
ohne präposition als objekt einer verbalverbindung: einen graben graben: so grept man ainen tieffen graben dar vmb (um das castell) ... der grab bezeichent die diemuot (14. jh.) bei Wackernagel altdt. pred. 55, 20, vgl. schon oben Herbort v. Fritzlar unter 1 b α. einen graben machen: wir han gegeben ... der aldin stadt Megrinchusen ... al de graben, de se hebben odir machen nest erer mure, de om de stad geyt, also dat se darinne mogen vyssche teyn vnd hebben (1392) bei Bauer-Collitz Waldeck 302; in der jarzal unsers herren in dem 1376 jar do huͦb man an den graben vor Streffinger tor zuͦ machen und man hiezz iedermann sin hus abprechen; daz was der vorstat laid (Augsburg 1447) städtechron. 4, 45; ebda 317; nachdem Michael Pfefferkorn auf beyderseits gräntz-raine einen graben, oder vielmehr kleinen wasser-lauff zu dem ende, dasz das wasser, so auf beyden feldern schaden thut, allda ablauffen können, gemacht (Leipzig 1705) Klingner dorf u. baurenrecht 1, 697. einen graben heben: man musz dergleichen gräben (abzugsgräben) fleiszig heben, d. h. nachbessern, und die hineingeschurrte erde wieder herauswerfen Leopold hdwb. d. ökon. 252ᵇ (s. noch unter einen graben ziehen). einen graben auf-, seltener auswerfen, bis ins 18. jh. belegbar: dat ze ... enen grauen moghen maken vnde vthwerpen laten vppe enen dam to velde ward (feldwärts) (1444) urkundenb. d. st. Lübeck 8, 306; percutere fossam ein graben auffwerffen oder machen Frisius dict. (1556) 573ᵃ; vgl. noch dt. städtechron. 4, 287; vnd der feldherr Camillus Montanus befahl, innerhalb der statt einen andern graben vnd newe bollwerck auffzuwerffen Zinkgref apophthegmata (1628) 196; ohn sein (des landrichters) urlaub mag man aber wohl graben aufwerfen, als tief ein mann mit seinen spaden aufschiessen kan die erde Klingner dorf- u. baurenrecht 2, 649; Steinbach (1734) 1, 628. einen graben ziehen. wie oben einen graben heben: soll auch ein jeder seinen graben an der strasse, desgleichen die feld-graben und wasser-furchen zu rechter zeit, wie es bräuchlich, heben, ziehen und halten (Leipzig 1712) Klingner dorf u. baurenrecht 1, 247. aber auch dasselbe wie einen graben machen: wir muszten eines grabens wegen, der zur wässerung der plantagen gezogen war ..., bald wieder umkehren J. G. Forster s. schr. (1843) 2, 300. einen graben um etwas führen: circundare latam fossam alicui rei ein weyten graben darumb füren Frisius dict. (1556) 573ᵃ; ähnlich: von den graben in der stat (Sterzing), die man aus der stat furen sol österr. weist. 5, 431. einen graben räumen säubern: das er denselben graben pflichtig ist zu raumen und das wasser do durch soll leitten von der strosz (15. jh.) Tucher baumeisterbuch 204 Lexer; wann dann die dorfmaister ansagen, den pach und die gräben zu raumen, ze reiffen, ze firen ... oder anders ..., so soll ain ieder ... komen oder ainen nutzlichen arbaiter schicken (1624) österr. weist. 2, 61. einen graben füllen, ausfüllen. vornehmlich wohl für das zuschütten eines grabens in verschiedenartigem zusammenhang: item das im langst den alten graffen ein phellczaüm (pfahlzaun) gemacht vnd den graffen ausgefuelt hat (1528) qu. z. gesch. d. st. Kronstadt 2, 102; die graben wurden beydes an den schanzen und am walle bald gefüllet Bucholtz Herkuliskus (1665) 48. insbesondere in redensartlicher übertragung (vgl. auch unt. grabenfüller:) so wil ich (mit meinem leibe) einen graben auszfüllen, vnd an der eysern pestilentz sterben Reutter v. Speir kriegsordnung (1594) 33; du bist schon gut einen graben zu füllen tu servi già per riempire una fossa, met. soldato da niente M. Kramer t.-ital. 1 (1700) 553ᵃ.
γ)
graben als subjekt einer verbalverbindung. ein graben geht um, durch etwas: der plan was beslossen mit einer pforten, und ging ein grab darumb der tieff und wit was Lancelot 1, 415 Kluge; auch sol ain graben gen durch daz gärtel ausserhalb sand Margreten österr. weist. 5, 431. ein graben umzieht, umgibt etwas:
der graben auch, der sich ums lager zog,
(war schnell) von diesen stürmschen schaaren überflogen
Schiller 12, 352 G.
nichts von dem, was sie (die templer) angelegt hatten, war geblieben, als der graben, der tief und dunkel, wie einst noch den alten templerhof umgab Cl. Viebig die vor d. toren (1949) 12.
B.
uneigentlich vor allem in redensartlichem und sprichwörtlichem, selten in auszerredensartlichem bildgebrauch (s. 2 b).
1)
an die vorstellung von der breite eines grabens anknüpfend.
a)
für etwas hemmendes, eine schwierigkeit, ein hindernis, so ganz besonders in der redensart über den graben sein oder kommen, die sich in den sprichwörtersammlungen vom 16. jh. bis in die gegenwart findet: encomia canere ante uictoriam juschreien ehe man über den graben kompt Seb. Franck sprichw. (1541) 1, 3ᵇ; als hab er darfür gefastet, vnnd sei schon über den graben schöne weise klugreden (1548) 152ᵃ; Eyering proverb. copia (1601) 1, 319;
auff erden nichts ohn mangel ist,
jauchtz nicht, bisz duͤbern graben bist
Petri d. Teutschen weiszh. (1605) J 5ᵇ;
vgl. noch Lehman floril. polit. (1662) 2, 867; Dentzler clavis germ.-lat. (1716) 139ᵃ; Schellhorn sprichw. (1797) 147; Serz teutsche id. (1797) 57ᵇ; Kirchhofer schweiz. sprüchw. (1824) 136; Lüpkes seemannsspr. (1900) 123. auch: uber all gräbeⁿ springeⁿ sich über alle hindernisse und gefahren hinwegsetzen schweiz. id. 2, 678; über einen kleinen graben ist leicht springen Wander dt. sprichw.-lex. 2, 119; es wollen viele über den graben springen, ehe sie darbey sind Rother schles. sprichw. u. redensarten 292; wer andere über einen graben jagen will, musz auch springen (können) Wander dt. sprichw.-lex. 2, 119; besser über den graben gesprungen als eine eselsbrücke gebaut ebda 118. hieran anschlieszend oder doch von der gleichen grundvorstellung ausgehend: die oberkayt hett jn (den juden) gern über den graben geholffen Seb. Franck chron. Germ. (1538) 201ᵃ; doch wisse dabey, dasz du noch nicht über den graben, sondern mit gefahr deiner vernunfft in diese narren-kappe geschloffen bist Grimmelshausen Simpl. 114 Scholte; gehe mit mir ... nimm aber mit dir einen stecken, dann es vonnöhten wird seyn, über manchen graben zu springen Abr. a S. Clara mercks Wien (1680) 17; wenn ich nochmals damit (mit einigen der Züricher novellen) über den graben komme, ohne unterzuplumpsen, so kann ich nachher noch manches machen G. Keller br. u. tageb. 3 (1916) 146; wenn das anlaufen nicht über den graben hinüber kommt, so wird der fehler nicht auf das perenniren dieses anlaufens, sondern auf die methode desselben geschoben. die wahre methode aber wäre die, wodurch das wissen schon diesseit des grabens, in den spielraum des anlaufens selber, herüber gezogen und die philosophie auf die logik reducirt wird Hegel w. (1832) 1, 281.
b)
für etwas trennendes, eine grenze zwischen gegensätzen: (der tod) ist ein stiller dienstbarer genius, der der erschöpften pilgerin seele den arm bietet über den graben der zeit Schiller 3, 476 G.; ebda 3, 84; dann musz ich daran erinnern, dasz mein aufsatz aus zwei hälften besteht, einer theoretischen und einer practischen, und dasz sich zwischen beiden natürlich der bekannte breite graben befindet, der theorie und praxis überall, wie leib und seele, trennt Hebbel w. 11, 19 Werner; O. Ludwig ges. schr. 4, 6 Schm.-St. in der wendung einen graben ziehen (vgl. oben A 3 c β): ohne zweifel versuchte Domenico Pascarella mit athletischer anspannung sein haus abzudämmen, einen graben zu ziehen zwischen seiner familie und dem folgenschweren ereignis (der plötzlichen verarmung) Werfel geschw. v. Neapel (1931) 175.
2)
an die vorstellung von der tiefe eines grabens anknüpfend.
a)
in redensarten und redensartlichen wendungen wird die tiefe des grabens meist als etwas vorgestellt, was gefahr bedeutet oder verlust bringt. sehr selten mit der blosz sachlichen vorstellung einer vertiefung: wir sagen auch, wann man gar vngleichs wil vergleichen: er macht ausz einem graben einn berg Seb. Franck sprichw. (1541) 2, 103ᵇ.
α)
jemand fällt in den graben, seltener liegt im graben:
wil sich ein blinde am andern haben,
die vallent beide in einen graben
Freidank bescheidenh. 55, 12 Grimm;
won der ze höch im stigen wil,
der fleugt inn graben ze dem zil
Wittenweiler d. ring 1677 Wieszner;
es heist in selbigem (dem kananäischen) land: gemach mit der braut, damit die jungfrau nicht in graben fällt Abr. a S. Clara etw. f. alle (1711) 2, 292; einem ... mann ..., der ... alle augenblicke in einen graben fiel Bettine frühlingskranz (1844) 230; wer zweimal in denselben graben fällt, ist nicht zu beklagen Wander dt. sprichw.-lex. 2, 119; dem, der im graben liegt, nützt es nichts, wenn ihm jemand vom thurme die hand reicht ebda 118. vergleichbar: jemand wird in einen graben geschlagen: gott erniedrigt ihn und schlägt ihn in den graben Jer. Gotthelf in: schweiz. id. 2, 678.
β)
jemand tritt in einen graben d. h. läszt sich auf etwas ein:
doch wil ich euch gewarnet haben,
nicht trett zu tieff in diesen graben
Fischart Eulenspiegel 443 Hauffen.
ähnlich: man musz sich nicht in jeden graben niederkauern, es kann eine schlange darin lauern Wander dt. sprichw.-lex. 2, 119; keyn grab ist jm zu tieff (er scheut keine gefahr) Seb. Franck sprichw. (1541) 1, 13ᵇ.
γ)
etwas liegt oder ist im graben d. h. ist fehlgeschlagen, miszlungen: wenn der wagen im graben liegt, so läuft jeder darüber Düringsfeld sprichw. (1875) 1, 85ᵃ; die geschichte mit der daily news (titel e. engl. zeitung) ist im graben, und zwar habe ich gründe, zu vermuten, dasz monsieur Piepers indiskretion mir einen streich gespielt hat (1854) Fr. Engels briefw. 2, 15 Bebel-Bernst.
δ)
etwas ist in einen graben geführt worden oder gegangen d. h. ist zu schlechtem ende gekommen, ist zugrunde gegangen:
wenn denn die sach zuletst in graben
geführt, wils niemand (von den kriegsanstiftern) than haben
Burkard Waldis Esopus 1, 92 Kurz;
wenn die (stadtverwaltung) nit wär g'sin, ze wärd unser schöns theater ganz in d'gräwe gange Martin-Lienhart elsäss. 1, 266.
b)
in auszerredensartlichem bildgebrauch, wohl an oben A 1 a α oder γ anknüpfend:
seine (Christi) wunden sind die stadt,
da man schutz und freyheit hat;
seine wunden sind die graben,
die wir für die wölffe haben
A. Silesius heilige seelenlust 191 ndr.
3)
von anderen gesichtspunkten her in redensarten und redewendungen.
a)
im anschlusz an die bedeutung 'stadtgraben' u. ä. (vgl. oben A 1 a α).
α)
auf dem graben gehen, umlaufen, von dirnen: daz selbe sint die frouwen allermeist, die ez dâ sô nœtlîchen machent mit dem hâre unde mit dem gebende unde mit den sleigern, die sie gilwent sam die jüdinne und als die ûf dem graben gênt und als pfeffinne: anders nieman sol gelwez gebende tragen Berthold v. Regensburg 1, 115 Pfeiffer; suchet ... die rechten erfarnen artzet, dieweil jhr alle doch sehet, das die artzney erger vmblauffet, dann die huren auff dem graben Paracelsus chirurgia (1618) 312ᵇ.
β)
auf den graben kommen d. h. 'auf den schindanger kommen':
ein röszlein klein, khan nit vil traben,
es khompt vileicht baldt auf den graben
Endinger judenspiel (16. jh.) 41, 37 ndr.
γ)
ein alter graben mundartlich im rheinischen: etwas ist ein alter graben, in Köln: dat es ne recht ale gr(aben) unordentliche haushaltung, alter krämpel, genannt nach dem früheren 'alten graben', ... wo ... übelbeleumundetes volk zusammenwohnte rhein. wb. 2, 1332. alte gräben aufgraben: olde graves opgrawen alte unangenehme vorkommnisse hervorholen rhein. wb. 2, 1332.
b)
an die bedeutung 'fischgraben' (vgl. oben A 1 a γ ende) anknüpfend: er will in zwei gräben zugleich fischen Wander dt. sprichw.-lex. 2, 119.
c)
an die bedeutung 'straszengraben' (vgl. oben A 1 a δ) anschlieszend: je schlechter die gräben, je schlammiger die strasze Wander dt. sprichw.-lex. 2, 119.
d)
von der bedeutung 'grenzgraben' (vgl. oben A 1 a ε) her: dem der hagen, dem ist auch der graben cujus est sepimentum, ejus quoque fossa est Pistorius thes. paroem. (1715) 51.
e)
im anschlusz an die bedeutung 'wässerungsgraben' (vgl. oben A 1 a ζ): morgenroth bringt wasser in den graben Düringsfeld sprichw. (1875) 1, 2ᵇ; ein kleiner graben flieszt bald über Wander sprichw.-lex. 2, 119; je mehr gräben je mehr gras ebda.
f)
besonders: jemand am graben suchen können als abweisung: du konnst mich am gruabn suchn Rother schles. sprichw. 391.
C.
zusammensetzungen. als erstes glied in zusammensetzungen begegnet graben vom 11. jh. bis in die gegenwart. es komponiert sich vorwiegend mit substantiven; verbindung mit adjektiven und adverbien, die besonders im 19. und 20. jh. anzutreffen ist, bleibt mehr gelegentlich und wird kaum sprachläufig. die komposition geschieht in der regel mit dem alten gen. sg., dessen -en-ausgang sehr bald nur noch als kompositionsmittel empfunden wird. jüngeres genitiv-s wird in der fuge nur ganz vereinzelt belegbar (vgl.grabensabdachung Zesen kriegsarbeit [1672] 1, 34; grabensauszenrand ebda 41). der für graben seit dem 14. jh. nachweisbare umgelautete plural gräben erscheint in kompositionsbildungen zuerst im 17., häufiger dann im 19. jh., wobei gräben- als erstes glied anscheinend nur im hinblick auf kleine gräben gebraucht wird (vgl. besonders graben-kompositionstypen 2 a β, auch 2 c und 4 a). bildungen mit grab- als erstem glied (echte komposition) finden sich gleichzeitig mit dem auftreten des apokopierten nom. sg. im 15., 16. und 17. jh. sowie in der lebenden mundart im alem. sprachgebiet (vgl. grabboden Henisch [1616] 1719, grabherr bei Eheberg verf.-gesch. d. st. Straszburg 1, 522, grabmeister städtechron. 5, 14 [Augsburg 15. jh.], Fronsperger kriegsb. [1578] 1, g 1ᵃ, grabstall [1537] in: schweiz. id. 11, 18; ferner: grabholz, -sohle Bühler Davos 2, 20). alem. und rheinfränk. werden auch nebenformen mit n-abfall belegbar: grabegelt (Mannheim 1387) Mannh. gesch.-bl. (1903) 225; grabefeger (Frankfurt 1736) bei K. Bräuer studien 2, 389; grabewand Schwan nouv. dict. (1783) 1, 782; grabeⁿ-bir schweiz. id. 4, 1486; grabeⁿ-spotter ebda 10, 625; gräbeⁿ-roller Fischer schwäb. 3, 781. bei mnd. graueme(y)ster (s. u. grabenmeister 1) ist -n lautgesetzlich (vor l, m, w) geschwunden (vgl. Sarauw nd. forsch. [1921] 1, 358). in grabohûfen Notker 1, 46 P. setzt sich vielleicht alter fugenvokal fort. neben den genannten arten der komposition stehen, seit dem 18. jh. häufiger, zusammenbildungen, die sich z. t. unmittelbar an feste verbale wendungen anlehnen (vgl. grabenmacher [14. jh.], grabenfüller [16. jh.] und jüngere bildungen wie grabenheben [19. jh.], grabensetzer [19. jh.] und gräbenumzogen [19. jh.], vgl. ferner graben-kompositionstypen 2 c).
kompositionstypen. kompositionstypen bilden sich einmal im anschlusz an allgemeinere bedeutungen des bestimmungswortes (1), dann besonders von seinem spezielleren gebrauch her (2). hier werden vom 14. bis ins 20. jh. die bedeutung 'befestigungsgraben' (2 a α), vornehmlich im 18. und 19. jh. die bedeutung 'straszen-, feld- und wässerungsgraben' (2 a β) und im 20. jh. die bedeutung 'schützengraben' (2 a γ) zu besonders fruchtbaren sproszbezirken. andere bedeutungen des bestimmungswortes wie 'wall' (2 a δ) und 'natürlicher graben' (2 b) haben sich weniger nachhaltig auf die kompositionsbildung ausgewirkt. zu eigenen gruppen finden sich bildungen zusammen, die an geläufige wendungen und verbindungen des bestimmungswortes anknüpfen (2 c), die steuern und abgaben (3 a) oder grabenpflanzen (3 b) betreffen, sowie die kompositionen mit adjektiven und adverbien (4).
1)
im anschlusz an graben in seiner allgemeinen bedeutung 'offene, längliche vertiefung' sowohl vom künstlichen (vgl. graben A 1 a) als auch vom natürlichen graben (vgl. graben A 2 a). durchweg in substantivischen bildungen.
a)
in bildungen, die form und masze eines grabens bezeichnen: grabenbreite Mothes baulex. (1882) 1, 276;
grabenlänge
Schwerz ackerbau (1823) 1, 468;
grabenprofil
Karmarsch-Heeren techn. wb. (1876) 7, 314;
grabentiefe
(von einer schlucht) Barth Kalkalpen (1874) 461; (von einem festungsgraben) Lueger lex. d. ges. techn. (1894) 4, 201;
grabenweite
Alten hdb. (1909) 2, 50.
b)
in bildungen, die teile eines grabens bezeichnen: grabenauszenrand Zesen kriegsarbeit (1672) 1, 41;
grabenboden
grabboden Henisch teutsche spr. (1616) 1719;
grabenbord
grabenbort Anzengruber ges. w. (1890) 3, 132;
grabenböschung
Voch allg. baulex. (1781) 128ᵇ;
grabenecke
Jünger wäldchen 125 (1923) 11;
grabenkante
slg. d. gesetze f. d. königr. Hannover v. j. 1834 1, 327;
grabenöffnung
Schwerz ackerbau (1823) 1, 456;
grabenrand
s. an alphab. stelle;
grabenrinne
(von einer felsschlucht) Barth Kalkalpen (1874) 576;
grabensohle
(von einer felsschlucht) Barth Kalkalpen (1874) 16; Mothes baulex. (1882) 2, 504;
grabenstück
Schwerz ackerbau (1823) 1, 493;
grabenwand
grabewand Schwan nouv. dict. 1 (1783) 782ᵃ.
2)
im anschlusz an spezielleren gebrauch des bestimmungswortes. auch hier nur in substantivischen zusammensetzungen.
a)
von der bedeutung 'künstlicher graben' (graben A 1 a) her.
α)
graben- als 'befestigungsgraben', auch als 'grabenstrasze' (vgl. graben A 1 a α):
αα)
die älteste kompositionsgruppe in diesem bereich umfaszt benennungen für personen, die mit befestigungsanlagen zu tun haben: grabendiener: graben dienrs (1513) slg. seltengewordener pädag. schr. 13, 179;
grabenfeger
s. an alphab. stelle;
grabenherr
grabherr (15. jh.) bei Eheberg verf. gesch. d. st. Straszburg (1899) 1, 522 (vgl. aber gräbenherr unten β);
grabenknecht
s. an alphab. stelle;
grabenmacher
s. an alphab. stelle;
grabenmeister
s. an alphab. stelle;
grabenputzer
(wohl hierher): den grabenbuzeren (um 1700) in: Martin-Lienhart elsäss. 2, 131ᵃ;
grabenreiter
s. an alphab. stelle;
grabenschreiber
(Nürnberg 15. jh.) städtechron. 1, 445.
ββ)
zufrühest im 16., häufiger seit dem 18. jh. in bezeichnungen für anlagen und vorgänge, welche belagerung oder verteidigung betreffen. die bildungen in diesem bereich, meist spezielle fachwörter aus dem fortificationswesen, können vielfach als nomina actis befestigungsanlagen, als nomina actionis die entsprechenden belagerungs- bzw. verteidigungsvorgänge bezeichnen. bei den folgenden nachweisen bezieht sich, soweit nichts anderes vermerkt, jeweils das erste oder einzige zitat auf ein nomen actis, das zweite auf das nomen actionis: grabenabfahrt (nomen actionis, das heruntersappieren in den graben) Mothes baulex. (1882) 2, 504;
grabenabsteigung
(gang, der in den graben führt) Jacobsson technol. wb. (1781) 2, 143ᵃ; L. Voch allg. baulex. (1781) 128ᵇ;
grabenabstieg
Hoyer-Kreuter technol. wb. (1902) 1, 309;
grabenbau
grabenbauten Lueger lex. d. ges. techn. (1894) 4, 201;
grabenbekleidung
Alten hdb. (1909) 2, 74;
grabenbestreichung
Alten ebda 411; Lueger lex. d. ges. techn. (1894) 4, 199;
grabendamm
Jacobsson technol. wb. (1781) 2, 143ᵃ;
grabendescente
(was grabenabfahrt, nomen actionis) Mothes baulex. (1882) 2, 504;
grabenflankierung
Alten hdb. (1909) 2, 745; ebda 2, 48;
grabenkoffer
(kasematte im graben) Hoyer-Kreuter technol. wb. (1902) 1, 309;
grabenmauer
Dürer befestigung d. stett (1527) D 2ᵃ;
grabenniedergang
Alten hdb. (1909) 1, 586; Mothes baulex. (1882) 2, 504;
grabenpalisadierung
Alten hdb. (1909) 3, 231;
grabenrevêtement
Mothes baulex. (1882) 1, 40;
grabenschere
(bastion im graben): grabenscheere Jacobsson technol. wb. (1781) 2, 143ᵇ;
grabenstreiche
Alten hdb. (1909) 4, 329;
grabenübergang
Jacobsson technol. wb. (1781) 2, 143ᵇ; Alten hdb. (1909) 4, 329;
grabenverteidigung
(nomen actionis): grabenvertheidigung Mothes baulex. (1882) 2, 319;
grabenwehr
Alten hdb. (1909) 1, 707;
grabenwerk
Mothes baulex. (1882) 2, 320;
grabenwinkel
Noël Chomel öcon. lex. (1750) 4, 1290.
γγ)
auf die Wiener umgangssprache beschränkt bleiben zusammensetzungen, in denen das bestimmungswort 'grabenstrasze' (s. ob. A 1 a α) meint, so von dirnen:
grabenmamsell
graͦb'nmamsell Hügel Wien 69;
grabennymphe
K. J. Weber Deutschl. 2 (1827) 289.
β)
graben- als 'straszen-, feld- und wässerungsgraben' (vgl. graben A 1 a δ—ζ), so vornehmlich im 18. und 19. jh.
αα)
gräbenherr Klingner dorf- u. baurenrecht 3 (1753) 594; grabenleitung s. an alphab. stelle;
grabenordnung
(1824) slg. preusz. ges. u. verordn. (1820) 1, 1, 719 Rabe;
grabenregulierung
gräbenregulierung hdb. d. staatswiss. 3, 1, 199 Conrad;
grabenschau
Benzler deichbau (1792) 1, 176;
grabenschieszen
(einen graben ziehen) ebda;
grabenterrain
gräbenterrain Fr. Engels in: briefw. 2, 196 Bebel-Bernst.;
grabenwindung
Hettner griech. reiseskizzen (1853) 14.
ββ)
in zusammensetzungen, welche das landstreicherleben betreffen oder aus dem bereich der krämersprache kommen, im anschlusz an graben A 1 a δ als 'straszengraben':
grabenhauser
Ganghofer in: gartenlaube (1905) 817ᵇ;
grabenroller
gräbeⁿ-roller ('fallobst' in der krämersprache) Fischer schwäb. 3, 781; ebda 6, 2060;
grabenschläfer
Ulitz narrenkarosse 141.
γγ)
in benennungen von werkzeugen, die zur anlage von be- und entwässerungsgräben dienen (vgl. graben A 1 a ζ), seit dem 18. jh. belegbar: gräbenaxt Fischer schwäb. 6, 2060; grabenmesser Schwerz ackerbau (1823) 1, 440;
grabenpflug
allg. dt. bibl. (1765) 28, 572;
grabenspatel
Schwerz ackerbau (1823) 1, 486;
grabenspaten
ebda 1, 476.
δδ)
nur schweizer. im anschlusz an graben A 1 a η in der bedeutung 'kotgraben', dabei stets ohne -en-fuge: grabbaum schweiz. id. 4, 1238;
grabholz
ebda 2, 1251;
grablatte
ebda 3, 1483;
grabensohle
grabsohla Bühler Davos 1, 47 (anders grabensohle oben 1 b).
γ)
graben als 'schützengraben' (vgl. graben A 1 a θ) erscheint besonders seit dem ersten weltkrieg in einer fülle von zusammensetzungen, aus der die folgenden belege nur eine auswahl geben können:
αα)
in bildungen, die das leben und die lebensumstände im schützengraben bezeichnen: grabenbouillon (marmelade) Imme soldatenspr. (1917) 107;
grabendasein
Jünger stahlgewitter (1934) 91;
grabendienst
Zillich grenzen u. zeiten (1936) 371;
grabendreck
Bröger unbek. soldat (1917) 55;
grabenkampf
Göttinger tagebl. v. 23. 6. 1915, abendausg.;
grabenklatsch
Jünger stahlgewitter (1934) 47;
grabenkoller
K. Hesse mein hauptmann (1938) 300;
grabenkrieg
A. Zweig eins. e. königs (1950) 17.
ββ)
in verschiedenartigen benennungen für die soldaten des grabenkrieges: grabenbesatzung amtl. kriegsdepeschen v. 5. 7. 1915;
grabenkämpfer
Jünger wäldchen 125 (1928) 4;
grabenscheiszer
Imme soldatenspr. (1917) 25;
grabensoldat
Jünger wäldchen 125 (1928) 196.
γγ)
in bildungen, welche die grabenanlagen und deren besondere arten und formen bezeichnen: gräbenfront Laube ges. schr. (1875) 14, 51; grabenhalbmond Jünger stahlgewitter (1934) 262;
grabenlinie
amtl. kriegsdepeschen v. 1. 3. 1917;
grabennase
amtl. kriegsdepeschen v. 6. 7. 1916;
grabenstellung
Paul Ernst zehn gesch. (1933) 25;
grabentraverse
Zillich grenzen u. zeiten (1936) 521;
grabenverkleidung
Jünger stahlgewitter (1934) 51.
δδ)
von waffen des grabenkrieges: grabengeschütz Jünger wäldchen 125 (1928) 249;
grabenkanone
K. Hesse mein hauptmann (1938) 228;
grabenmörser
Frankhs militärwb. (1937) 1, 35;
grabenwaffe
amtl. kriegsdepeschen v. 26. 7. 1917.
δ)
der bereich graben A 1 b scheint, abgesehen von dem vereinzeltstehenden grabohûfen bei Notker 1, 46 P., das an die bedeutung 'wall' des bestimmungswortes (vgl. graben A 1 b α) anschlieszt, für zusammensetzungen unfruchtbar geblieben zu sein.
b)
von graben in der bedeutung 'natürlicher graben' (vgl. graben A 2 a) ausgehend.
α)
graben als 'wildbachtal, bergschlucht' (vgl. graben A 2 a α), gelegentlich in der komposition mit der bedeutung des abgelegenen, hinterwäldlerischen: grabenbabi (einfältige person) Jer. Gotthelf ges. schr. (1855) 12, 296; vgl. schweiz. id. 4, 917;
grabendodl
(schwachsinniger mensch; vgl. todel Unger-Khull steir. 159ᵃ und dodeln teil 2, sp. 1218) Rosegger schr. (1895) I 1, 69;
grabenland
(gegend zwischen Mur und Raab) Unger-Khull steir. 300ᵇ;
grabenspalte
Barth Kalkalpen (1874) 462.
β)
graben als 'geologischer graben' (vgl. graben A 2 a β αα): grabenbruch Lueger lex. d. ges. techn. (1894) 4, 501;
grabeneinbruch
ebda;
grabensenkung
Götzen durch Afrika (1895) 45.
c)
im anschlusz an geläufige wendungen und verbate verbindungen, in denen das bestimmungswort auftritt (vgl. graben A 3c): grabenaufwurf Pückler-Muskau Semilasso (1835) 1, 2, 261;
grabenaushebung
Lueger lex. d. ges. techn. (1894) 2, 544;
grabenauswurf
allg. dt. bibl., anh. zu bd. 53/86 (1771) 1404;
grabengehen
(1627) beitr. z. gesch. d. st. Rostock (1895) 2, 2, 100;
grabenheben
J. v. Müller s. w. (1810) 12, 321;
grabensetzer
(von einem pferd) Ayrenhoff s. w. (1814) 3, 38;
grabenspringen
Guarinonius grewel d. verwüstung (1610) 1181; gräbenspringen Hohberg georg. cur. (1682) 2, 170;
grabenziehen
allg. dt. bibl. (1765) 66, 507.
3)
auch von anderen gesichtspunkten her in substantivischen bildungen.
a)
eine besondere gruppe von zusammensetzungen betrifft steuern und abgaben, die auf gräben verschiedenster art liegen. hierher gehören:
grabengeld
s. an alphab. stelle;
grabenpfennig
grâvenpenninge Lasch-Borchling 1, 2, 154;
grabensteuer
grabensteur (1480) Kogler Kufstein 81;
grabenzehnt
graven-tijnden (15. jh.) in: dt. rechtswb. 4, 1046;
grabenzins
(15. jh.) ebda;
grabenzoll
dem graventollen (1430) urkdb. d. st. Lübeck 7, 410.
b)
zu einer anderen gruppe vereinigen sich namen für pflanzen, die an gräben wachsen: grabenblätter: grabaplettar (plantago lanceolata) n. pl. Bühler Davos 2, 10; vgl. aber ebda 1, 40 grabaplettar als fem.(!);
grabenbrich
man mag auch den valcken geben vff seinem asze dise kreüter gepulvert mit namen: graben vnd stain prech vnd eysen krautt vnd wägrich Mynsinger v. d. falken 33 lit. ver.;
grabensegge
carex stricta Waldbrühl pflanzenn. (1841) 6;
grabenveilchen
viola stagnina Kit. Schlechtendal flora v. Deutschl. ⁵13, 101.
4)
zusammensetzungen mit anderen wortarten im zweiten glied.
a)
mit einem adjektiv als grundwort sind zusammensetzungen erst seit dem 19. jh. belegbar:
grabenartig
Brehm tierl. 3, 542 P.-L.;
grabendurchfurcht
(von einer schützengrabenlandschaft) R. Hoffmann d. dt. soldat (1937) 168;
grabenfest
(von einer befestigten stadt) L. Schücking von Minden nach Köln (1856) 75;
grabenlos
(von einer stadt) Fr. L. Jahn w. (1884) 2, 450 Euler;
grabenumzogen
gräbenumzogen (von wiesengräben) H. Allmers marschenbuch (1853) 343.
b)
nur sehr vereinzelt begegnen auch zusammensetzungen mit adverbien:
grabenab
Gorch Fock seefahrt ist not (1914) 72;
grabenauf
ebda;
grabenweise
Schönberg berginformationen (1693) 2, 40.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 10 (1956), Bd. IV,I,V (1958), Sp. 1574, Z. 1.

grabet, m.

grabet, m.
'die zeit, in der man die weinberge umgräbt' schweiz. id. 2, 686: wenn im grabet das aug (der weinreben) den rebmann offen anschauet, so erblindet es leichtlich darab Kirchhofer schweiz. sprüchw. (1824) 315; vgl. Fischer schwäb. 3, 781.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 11 (1957), Bd. IV,I,V (1958), Sp. 1606, Z. 30.

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Zitationshilfe
„grabet“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/grabet>.

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