Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

grab, n.

grab, n.,

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in die erde gegrabene vertiefung zur bestattung von toten. westgerm. neutrale gegenstandsbezeichnung (a-stamm) zu graben, vb. (s. Henzen dt. wortbild. 129). ahd. grab, grap, crap, as. mnd. mnl. graf, afries. gref, ae. græf, langobard. in crapworf (s. A 4 d). — nord- u. ostgerm. begegnet demgegenüber eine feminine ō-bildung zu graben, vb. (s. Henzen dt. wortbild. 130; vgl. Hirt hdb. d. urgerm. 2, 37): an. grǫf (wozu ae. grafu, f. 'höhle', me. græfe 'grab, graben, höhle', engl. grave 'grab, grube' zu vergleichen ist), norw. dän. schwed. grav 'graben, grube, grab', got. graba χάραξ. in der bedeutung τάφος, μνημεῖον hat das got. nur hlaiw (sing.) und hlaiwasnos (pl.). — dem westgerm. a-(idg. o-)stämmigen neutrum steht im slav. eine gleichfalls o-stämmige masculine bildung grobъ gegenüber (vgl. Vondrák slav. gramm. 1, 494): altbulg. grobъ, serbo-kroat. grőb, tschech. hrob, poln. grob 'grab', russ. grob 'sarg'. formen. die alte pluralform grab (im as. noch graƀu, s. unten) tritt schon im ahd. zurück, findet sich aber noch im mhd. des 13./14. jh., vor allem im reim: sint iro grap Notker 2, 186, 18 P.; steininiu grap marmorea sepulcra alem. gl. ebda 2, 186, 21; mhd.: diu grab (im versinnern) Gundacker von Judenburg Christi hort 3474 Jaschke; manic grab sten offen 3478; diu grab (:urhab) Hugo von Langenstein Mart. 190, 56 lit. ver. (im versinnern greber s. u.); alle des kirchoves grab (:ab) pass. 584, 74 Köpke; die grab (:herab) irre vetre buch d. Makk. 10455 Helm. mnd. plur. graf Lasch-Borchling mnd. hwb. 1, 2, 146; graf sepulcra westfäl. ps. 48, 12 Rooth (erste hälfte d. 14. jh.) bei Sarauw nd. forsch. 2, 34. im heutigen nordfries. grēw neben grēwər plur. zu gräf Schmidt-Petersen 53; Siebs Helgoland 226. — in den obliquen casus: allaro grabo guodlicost Heliand 5741 Siev.; der grabe zwei Ulrich von Türheim Tristan 3515 v. d. Hagen; ûz irn graben (:lîchamen) Hartmann rede vom glauben 1326 v. d. Leyen; in tiefen ... graben (:haben) Ulrich von Eschenbach Alexander 22278 Toischer; zu den heiligen graben (:entsaben) pass. 470, 55 Köpke; in den graben (:haben) ebda 585, 16 (im versinnern uz den grebern 584, 77); by den grauen der doeden Diefenbach gloss. 346ᶜ; in unsen graven Lübeck. bib. (1533) 14ᵇ. — altsächs. n. pl. graƀu (uuurthun giopanod) Heliand 5670, im mnd. die übliche pluralform grave: do de grave geopent worden (anf. d. 16. jh.) bei Schiller-Lübben 2, 137ᵃ; grâve Lasch-Borchling mnd. hwb. 1, 2, 146; de ... dodengraue Lübeck. bib. (1533) Matth. 23, 27; Luc. 11, 44, im heutigen nordfries. grä̂we Jensen Wiedingharde 169, sowie (infolge casusvermengung scheinbar schwache form) graven: de graven worden gheopent bei Schiller-Lübben 2, 137ᵃ; ostfries. graven, plur. zum sing. dat grafft Stürenburg 74. der -ir-plural überwiegt schon im ahd., grabir, grebir gehört mit zu seinen frühesten bildungen: grabir Mons. frgm. 18, 7 Hench; grebir Tatian 141, 21; 141, 26; 209, 2; thiu grebir Otfrid IV 34, 3; 5; 26, 20; tumulos greber ahd. gloss. 2, 235, 57 St.-S. (anf. d. 9. jh.); diu greber Ezzo 18, 7 MSD.; di graber Friedberger Christ 104 MSD.; greber ist die mhd. und nhd. normalform, deren schreibung gräber sich vom ende des 16. bis zum 17. jh. durchsetzt. daneben grebir Hugo von Langenstein Mart. 38, 106 Keller; 76, 29; Diefenbach nov. gloss. 79ᵃ (voc. 1420); Joh. Rothe thür. chron. 84 v. L.; die graber lilie 8 Wüst; dy grabir (hs. a. d. j. 1389) Dalimils chron. von Böhmen 174 lit. ver.; grebur (1271) urk.-b. d. stadt Straszburg 3, 14, 11; mnd. graver bei K. Nerger gr. d. mecklenb. § 122; grever (17. jh. Hamburg) bei A. Lasch mnd. gr. 373. — mit antritt eines pleonastischen -e grebere, beginnend im frühmhd., verbreitet: grebere Diemer dt. ged. d. 11. u. 12. jh. 326, 7 (Vorauer Ezzohs.); Straszb. Alexander 3547 Kinzel; Windberger ps. 48, 11 Graff; crebere altdt. pred. 1, 13, 18 Schönbach; di grebere d. Matthias von Beheim ev.-buch (Matth. 23, 29) 55 Bechstein. auch im mnd. grēvere Lasch-Borchling hwb. 1, 2, 146. — im pl. vereinzelt auch mit rundung des umgelauteten wurzelvokals: gröber H. Boner Herodot (1535) 38ᵃ. oblique casus, genetiv: iro grebero Notker 2, 186, 26 P.; dativ: in grebirun Tatian 88, 9; then grebiron ebda 141, 22; Otfrid IV 26, 20; 34, 5; ad tumbam crepir(un) ahd. gloss. 2, 302, 13 St.-S. (bair. 10. jh.); zu iro greberen Notker 2, 186, 25 P.; Windberger ps. 67, 7 Graff; den grebern dt. pred. d. 13. jh. 1, 11 u. ö. Grieshaber; Steinhöwel Äsop 51 lit. ver.; Arigo decameron 399, 11 lit. ver.; Luther tischreden 3, 290 W.; den greberen Matth. von Beheim ev.-b. Matth. 8, 28; 23, 27; in unsern greberen Zürcher bibel (1531) 1. Mos. 23; gemma (Augsb. 1512) bei Diefenbach gl. 346ᶜ. im älteren nhd. tritt als nom. u. acc. sing. grabe auf: das grabe Lancelot 1, 616, 14 Kluge (neben ein grab, das grab ebda 566, 22 u. ö.); sepulchrum grape (1472) Diefenbach gl. 528ᶜ; grabe (voc. ex quo 15. jh. md.) 366ᵇ; s. v. piramus (15. jh. md.) 437ᵃ; daz grabe Arigo decameron 88, 18 lit. ver.; 89, 19; 89, 14; Luther 12, 456 W.; Stretlinger chron. 86 Bächtold; Hans Sachs 22, 193, 21 lit. ver.; Schupp schr. (1663) 817. im mnd. scheint singulär schw. fem. zu begegnen: to volgende to der graven (Reval ca. 1420) liv-, esth- u. curl.-urkd.-buch 5, nr. 2407, 5 v. Bunge.im mittelniederdeutschen sowie in einigen jüngeren mitteldeutschen und niederdeutschen mundarten steht im sg. neben einem hd. grab entsprechenden nd. graf(f) gelegentlich lautähnliches, gleichbedeutendes, aber anders gebildetes graft (s. d., namentl. 1 c), welches, ursprüngl. femin., dann das graf(f) zugehörige neutrale genus annimmt, vgl. Lasch-Borchling 1, 2, 147; Stürenburg ostfries. 74ᵃ; he ligd in't grafft Doornkaat-Koolman ostfries. 1, 672; vgl. ebda 670; 't graft ter Laan Groningen ²273ᵇ; für d. Saarland im rhein. wb. 2, 1330; Follmann Lothr. 212ᵃ; ohne genusbezeichn.: graff, graft Dähnert plattd. 159ᵇ; Danneil altmärk. 68. für den pl., soweit er belegt oder verzeichnet wird, gelten jedoch nur zu graf(f) (= hd. grab) gehörige formen wie grewer (rhein. wb. 2, 1330; Follmann Lothr. 212ᵃ) und graven (Schiller-Lübben 2, 137ᵃ; Stürenburg ostfries. 74ᵃ).
bedeutung und gebrauch. grab ist die in die erde gegrabene vertiefung zur bestattung eines toten; im deutschen von anfang an nur in dieser anwendung als 'totengrab'. die allgemeine bedeutung einer in die erde gegrabenen vertiefung überhaupt, 'grube', ist im dt. nicht nachgewiesen; bei den hierfür (in den rechtsaltert. ⁴1, 166, dt. rechtswb. 4, 1041) in anspruch genommenen vereinzelten belegen aus oberschles. rechtsquellen des 16. u. 17. jh. ergibt die genauere untersuchung die übliche bedeutung 'totengrab' (s. u. A 10 c).
A.
eigentlich. 'raum, darin eine leiche bestattet wird, behausung der toten', vgl.totengrab, leichengrab: sepultura mortuorum daz crap taotero ahd. gloss. 1, 58, 9 St.-S. (Hrab. gl. Pa.); graƀu ... dodero manno Heliand 5670; nâmun sîna lîh inti bigruobun then in grabe (tulerunt corpus eius et sepelierunt illud in monumento) Tatian 79, 10; vnde sint iro grab ... iro hiuser Notker 2, 186, 18 P. (et sepulcra eorum domus eorum ps. 48, 12); geysten by den grauen der doeden Diefenbach gloss. 346ᶜ; der totin grab (14. jh.) blume von Magdeburg 168 Boehlau; begrab dein leych in vnsern greberen Zürcher bibel (1531) 1. Mos. 23 ; man dachte sich also den todten ... auch im grabe noch lebend Herder 12, 18 S.; die erscheinung (Glams in der Grettissaga) ... ist der tote aus dem grabe Hans Schreuer recht d. toten 1, 373 in: zs. f. vgl. rechtswiss. 33 (1916); 34 (1916); im grabe müssen die füsze nach osten liegen, damit der verstorbene die sonne aufgehen sehen kann Ziesemer preusz. wb. 1, 470ᵇ. die in den gräbern u. ä. 'die toten': alle thie in grebirun sint (omnes qui in monumentis sunt) Tatian 88, 9;
der zæme baz in eime grabe,
denn er ûf erden solte leben
Konrad v. Würzburg Trojanerkr. 13220 lit. ver.;
alle die in den grebern sind Joh. 5, 28; (1533) bei Luther tischr. 3, 290 W.; der tote im grabe H. Schreuer d. recht d. toten 2, 168; die mutter im grabe ebda 153. in redensarten und sprichwörtern: der geist zu gott, der leib ins grab Petri d. Teutschen weiszh. (1605) A 8ᵃ;
der baum verdirbt, die frucht fällt ab,
gott hat die seel, den leib das grab
(grabspruch auf dem kirchhof zu Basel 1571)
bei Lipperheide spruchwb. 352;
man sagt, dem leibe nach im grabe, der seele nach im himmel seyn Adelung lehrgebäude 2, 131; heut trab, morgen im grab sch. w. klugr. (1548) 143ᵃ; wie der totᵉ im grab Fischer schwäb. 3, 777; allen be en duden em graf rhein. wb. 2, 1330. mit bestimmteren einzelvorstellungen.
1)
die zur aufnahme des toten in die erde gegrabene vertiefung, meist länglich rechteckig, von bestimmten ausmaszen:
wasz helfen dich denne alle schöne husz,
wen man dich threyt czu der thoͤr her usz.
dyr musz genuͤgen an dynen dang
an eyme grabe soͤben fusze lang
(deutsche bearbeitung der visio Philiberti) altdt. bl. 1, 115;
was frümet dein pallast nu dir,
und deiner heuser menge?
kam hat deines grabes zir
siben schuch an lenge
erlösung 312 Bartsch;
bereit dîn grab in disem zil,
das kûme siben vûse hât
Karajans frühlingsgabe 100, 45
(vgl. hierzu:
quid valent palatia pulchra vel quid aedes?
vix nunc tuus tumulus septem capit pedes
visio Philiberti in: Karajans frühlingsgabe 86);
zur verbreitung der vorstellung dieses maszes auch auszerhalb des deutschen s. zs. f. dt. alt. 3, 279; Germania 4, 374; 5, 64;
niht wan von fünf füezen
al der werlt hât er (Alexander) ein grap
Ulrich v. Eschenbach Alexander 27391 T.;
darnach wirstu ze hant geleyt
in ein grap zu kurtzer zît,
daz ist koum dryer schuohe wît
Karajans frühlingsgabe 124;
wan das bisz her auf cleiner par
pistu so getragen
und ligst in kurzem grabe gar
erlösung 312 Bartsch;
das grab mein haus vil enge
ebda 323.
andere maszangaben: were daz me böme (bäume, d. i. särge) danne eine in ein grab geleit wirt, so sol von dem oberosten ein eln hoch sin an daz ertrich (1316) d. Zürcher stadtbücher d. 14. u. 15. jhs. 1, 10 Zeller-Werdmüller; verordnung ... dasz die gräber für die alten und erwachsenen leute auf wenigst eines mannes tieff, deszgleichen auch die kinder gegraben landesordnung von 1573 in: corpus juris Sax. (1672) 92; damit der verstorbenen cörper desto besser verwahret seyn, verordnen wir, dasz die gräber tieff genug, und für die alten und erwachsenen leute zum wenigsten 3 ellen, für die kinder aber 2 ellen tieff gemacht werden synodaldecret von 1624 ebda 444; vgl. J. N. Schwarz wb. üb. d. chursächs. gesetze (1792) 1, 873; Noel Chomel öcon. lex. 4 (1751) 1287. anders bestimmt:
dann möchtest du ...
... dich zu boden werfen
wie ich, und so dein künftges grab dir messen
Shakespeare 1 (1797) 102 (Romeo III 3).
im nhd. kommt die vorstellung des in die erde gegrabenen grabes meist ohne solche maszangaben zum ausdruck:
und mir ein grab gönnst in der heimschen erde
Grillparzer s. w. 5, 193 Sauer;
dasz ich ... mein grab in dieser erde hab,
auf der mein kinderbett gestanden
Rud. A. Schröder ged. (1935) 189;
doch meint er, dasz es wer gesunder
gestolen, als ins grab hinunder
Fischart Eulenspiegel v. 646 Hauffen;
(im alter erinnern die grauen haare) die menschen ... dasz ... sie hinab zum grab vnd zum todt zilen Äg. Albertinus hirnschleiffer (1618) 60;
dein (gottes) wille soll geschehen!
soll ich hinab ins grab
durch diesen kerker gehen
Schubart s. ged. 1 (1825) 11;
(ich) stand an dem grabe, wie sie den sarg hinunter lieszen und die seile schnurrend unter ihm weg und wieder herauf schnellten Göthe I 19, 178 W.; wenn ich an diesen gräbern stehe, in deren tiefen die letzten blumen fallen Edith Salburg erinn. (1928) 3, 308; vgl. auch sonst das tiefe grab, tiefe des grabes unter A 5 a sowie ins grab senken, versenken A 4 a η. besonders deutlich in der zusammenstellung grabes loch: das grab ... disz todten loch Mathesius ausgew. w. 1, 116 Loesche;
staub waren wir,
erd seind wir noch,
asch werden wir ins grabes loch
(fuimus, sumus, erimus)
Henisch (1616) 1723;
denn solche weisen müssen doch
so wol als wie die narren
sich lassen in des grabes loch
versencken und verscharren
vgl. auch in den mundarten die zusammensetzung grabloch, grabeloch als ausdruck für grab, s. unt. D, komp.-typen 1. hierher ins grab regnen als redensart: einem zeitigen todten regnets ins grab Petri d. Teutschen weiszh. (1605) T 4ᵇ; Henisch (1616) 1723; dem glücklichen regnets ins grab Fischer schwäb. 3, 777; wenns unserm herrgott ins grab regnet (d. h. zwischen karfreitag und ostern), gibts eine böse ernte ebda; dem frommen rents in sei graf rhein. wb. 2, 1331.
2)
nicht durch graben entstandener raum, der geeignet und bestimmt ist, tote zur bestattung aufzunehmen; so die gemauerte und gewölbte gruft, im biblischen bereich die in felsen gehauene grabhöhle.
a)
felsengrab: ci themo grabe; uuas thar cruft inti stein uuas gisezzit ubar sia (ad monumentum; erat autem spelunca et lapis superpositus erat ei) Tatian 135, 23; Jhesus aber ... kam zum grabe, es war aber eine klufft, vnd ein stein darauff gelegt Joh. 11, 38; vnd (Josef) legte jn (den leib Christi) in ein grab, das war in einen fels gehawen Marc. 15, 46; in ein gehawen grab Lucas 23, 53; vgl. noch: zum grabe (des Lazarus) ... höle oder gewelb ... in einen felsen getrieben Mathesius trostpred. (1579) K 7ᵃ; (wir) funden ... 2 gewelbte gräber, in gestalt wie brunnenstuben, an einem andern ort ein einigs grab auf ebnem boden in ein felsen gehawen Schweigger reyszbeschr. (1619) 47; (er liegt) begraben in eim alten steinerin grab, darinn vor viel jahren auch andere begraben gewesen ebda 65;
(Maria Magdalena bittet die sonne)
leucht her zum holen grab ...
drauff sie (die sonne) zum felsen rücket; ...
zur klufften einher bücket
Spee trutznachtigall (1649) 55;
dort unten an des berges fusz
liegt in dem felsen eingehauen
das unentweihte grab, des heilands ruhestatt
Fr. W. Zachariae poet. schr. (1763) 3, 219;
vgl. für Christi grab: an theson stengraƀe Heliand 5852; steingrab Heidelberger passionsspiel 256. diese felsengräber sind so geräumig, dasz man hineingehen kann: inti ingieng in thaz grab (et introivit in monumentum) Tatian 220, 4; Otfrid V 5, 9;
thuo geng im oc Johannes an that graf innan
Heliand 5906;
vnd sie giengen hin ein in das grab Marc. 16, 5; sie sind mit einer tür verschlossen, daher tür, pforte des grabes: zi thên turôn thes grabes (ad ostium monumenti) Tatian 213, 2; von des grabs thür Marc. 16, 3;
drumb siegeln sie des grabes thür
und legen starcke wache für
wer sal den (stein) welzen vns her abe
von des grabes porten
passional 91, 13 Hahn.
auszerhalb des biblischen zusammenhangs in bildlicher anwendung auch auf grund der vorstellung von b:
ich stolpert über grabes thür,
warum stand sie just offen!
Göthe I 15, 1, 314 W. (Faust 11 537);
ihr todte, sprengt des grabes pforten!
Uhland ged. 1 (1898) 17 Schm.-H.;
Berlin ist wie das grab — und du sei froh, dasz dir die pforte verschlossen (1847) br. an Georg Herwegh (1896) 80;
starr und ewig schlieszt des grabes riegel
Schiller 1, 108 G.
b)
gemauertes grab, grabbau, grabgewölbe, gruft, grabkapelle, meist für mehrere särge: ir zimbrit grabir forasagono (aedificatis sepulchra prophetarum) Monseer fragm. 18, 7 Hench; vgl. Tatian 141, 26; die jr der propheten greber bawet Matth. 23, 29; fone diu machont sie marmorea sepulchra (steininiu grap) Notker 2, 186, 21 gl. P.; zuͦ der grossen kirchen ... daz grabe, daz von merberstein was, dar in der pischoff lage Arigo decameron 88, 18 lit. ver.; er ... ging under die erden in ein krufft; da stunt ein grab und lag ein mermerien sarck daroff Lancelot 1, 566 Kluge; vgl. 212;
daz man die greber ûf dem velt
mit mûre umbevienge
Ulrich v. Eschenbach Alexander 9176 Toischer;
gemauertes grab sepulcrum muratum teutsch-lat. wörterbüchl. (1713) 158; mit backstein gemauerte gräber ... überreste eines solchen römischen grabes W. Grimm kl. schr. 2, 272 Hinrichs; ein gewölbtes grab un sepolcro voltata Kramer t.-ital. 1 (1700) 533ᵇ; weichbischof, der legt in (den verstorbenen bischof) in sein hol grab (gruft) (Augsburg 15. jh.) chron. d. dt. städte 22, 225;
ein siegeprangend grab soll dich empfangen
... diesz gewölbe
Shakespeare 1 (1797) 158;
er ward in das grab, das er sich selbst im botanischen garten in form einer kleinen capelle errichtet, beygesetzt; der steinerne sarg stand in einem unterirdischen gewölbe Göthe I 26, 371 W.; grosze gewölbe (im dom), durch eiserne gitter verschlossen, zeigen die marmornen denkmäler der neuern könige; die untern räume hingegen enthalten die gräber vieler älteren fürsten H. Steffens was ich erlebte (1840) 1, 110.
c)
grab als prunkvoller grabbau, die äuszeren bildlichen, meist plastischen ausschmückungen und darstellungen, das grabmal, auch gröszere auf- und umbauten mitbezeichnend:
er hiez ûf dem gebirge hôch
ûz gelfem marmelsteine
wît bûwen reine
ein grap, dem kost niht gebrach
Ulrich von Eschenbach Alexander 11115 Toischer; vgl. 11171;
vnnd lyesz in die kirchen machen zway kostliche greber, liesz seinen vatter vnd muͦter ... in das ain grab legen (1509) Fortunatus 63 ndr.;
ein edler geist ...
verdienet allerdings ein prächtigs grab zu haben
bei Weichmann poesie d. Niedersachsen (1721) 1, 287;
die pracht der gräber bewundern Steinbach dt. wb. 1 (1734) 627; vnnd ist alda in der closterkirchen vor den hohen altar in ainen hocherhoͤbten grab, zur erden bestettet worden (15./16. jh.) Brandis landeshauptleute v. Tirol (1850) 27; das grab hoch aufbauen sepulcrum altius exstruere Steinbach dt. wb. (1734) 1, 627;
habt ihr ...
der eiteln gräber bau den wolken gleich getrieben?
Gottsched ged. (1751) 1, 28;
das grab meiner mutter, ein dorischer marmorbau R. Vosz schönheit (1924) 75. für mausoleum: sandapila, piramis, mausoleum edelgrab voc. opt. 21 Wackernagel; mausoleum ein staineins grab (obd. 1421) Diefenbach nov. gloss. 246ᵃ; eyn edil grap (voc. 1420) ebda; kostlich grab gloss. 347ᵇ; ein prächtiges grab Frisch 1, 363; als bildliche übertragung verzeichnet Henisch: ein carisch grab (caricum sepulchrum) ein köstlich herrlich ding pro re magnifica et sumtuosa qualis fuit Mausoli sepulchrum quod est apud Caros (1616) 1719. das 'grabmal' tritt gelegentlich inmitten dieses vorstellungscomplexes stärker heraus:
zu Lusatz erster fürst war ich,
dreyszig wendisch herrn ertödtet ich,
und stifft Gernrod aus eigner hab,
daselbst sicht man noch mein grab
(1579) Entzelt altmärk. chron. 141 Böhm;
ein steinin grab aufrichten sepulchrum e lapide excitare Frisius dict. (1556) 495ᵇ; ein grab von marmel oder anderem stein zu gedächtnus desz verstorbenen zugericht monumentum Henisch (1616) 1723; Alexandrum Colinum von Mechlen der ... dasz in der neuen baukirchen zu Insprugg annoch stehende grab verfertiget Brandis ehrenkräntzel (1678) 203; die für das vaterland erschlagene, bekamen öffentlich herrliche gräber J. v. Müller s. w. (1810) 1, 205.
d)
die bedeutung 'grabdenkmal' selbst isoliert sich nur vereinzelt aus diesem complex heraus, z. b. für eine bildhauerarbeit, die auf einem grab aufgestellt werden soll: ob Hinrich Junge vnde Hans Junge ... clagen wolden ... van eines grabes weghen, das ir vatter in Dennemarken hatte gemachet (urkde v. 8. sept. 1446) Lüb. urkd.-buch 8, 361.
e)
grab als sarkophag ist nur lexikalisch nachzuweisen: sorophagus (i. e. sarcophagus) grab (voc. 15. jh. u. gemma Augsburg 1512), graff (gemma Köln 1507) bei Diefenbach gloss. 543ᶜ; sarcophagus ... ponitur pro lapideo sepulcro stainin grab Pinicianus (1516) G 7ᵃ.
f)
grab 'kenotaph': cenotaphium eyn graff dar neyn mynsche inne ligget (1417 nd.) Diefenbach nov. gloss. 84ᵇ; scenotaphium eyn ydelgraff off dat bynnen gemailt is (gemma Köln 1507) Diefenbach gloss. 518ᵃ; am häufigsten in glossen und wbb. in genauer übersetzung mit leer grab wiedergegeben: eyn leer grab (1495 u. 1512) Diefenbach gloss. 518ᵃ; si nihil inferant, erit monumentum memoriae factum, quod Greci cœnotaphium appellant ain lär grab Pinicianus prompt. (1516) G 7ᵃ; ein lär und erdicht grab, das allein zuͦ einem zeichen oder scheyn gemacht wirdt Frisius dict. (1556) 208ᵇ;
ach dasz ich nur sein leichnam hett,
damit ich jhm ein ehr anthet.
ein läres grab hab lon machen,
was dient mir das zu diesen sachen?
Frischlin dt. dicht. 33 lit. ver.;
îtel grab, leer grab im andern sinne sieh bei A 5 a, sp. 1502; seltener leddich graff Chyträus nomencl. (1585) 16; ledigs grab ... tumulus inanis, bustum inane Henisch 1721; sonst noch wiedergegeben durch ehrengraff tumulus honorarius Chyträus nomencl. (1585) 16; eerengrab Frisius (1556) 208ᵇ; ehrengrab, das dem todten so inn der frembde gestorben ... daheim zu ehren gemacht worden Henisch (1616) 1722; Stieler (1691) 688; scheingrab Henisch 1721; Stieler 688.
3)
nicht so sehr der raum worin, als der ort, die stelle, wo ein toter begraben liegt, die grabstätte, vgl. grab le lieu où un homme est enterré Chr. Schwan nouv. dict. (1783) 1, 781ᵃ: 6 den. dem sigristen, dass er ir grab zeichni (d. h. am jahrestag das grab für den priester und angehörige bemerkbar mache) (1477) in: schweiz. id. 2, 677;
(er wird) geliebt von jederman, vnd jederman (wird) gewiesen
sein grab, das dapfferkeit fürtrefflich zugericht
(d. h. jedem wird die stelle gezeigt, wo er, der für das vaterland
gefallen ist, begraben liegt)
Zinkgref auserl. ged. 63 ndr.;
führen sie den guten Felix an ihr grab, und sagen sie ihm, da liegt deine mutter Göthe I 23, 101 W.; dann blicke nach dem kirchhofe hinüber nach meinem grabe, wie der wind das hohe gras im scheine der sinkenden sonne hin- und herwiegt ebda 19, 160;
... wie der schweigende vollmond
die gräber bescheint
v. Salis ged. (1793) 1;
der grelle sonnenschein lag auf den gräbern Fontane ges. w. I 6, 3. auch der ort, wo ein toter liegen soll oder liegen wird, die künftige grabstätte, grabstelle: ein ort bestimmen zum grabe oder begräbnusz locum sepulcro designare Henisch (1616) 1720; sich ein grab auslesen Stieler 688; einen ort zum grabe auslesen Steinbach dt. wb. (1734) 1, 627; 1710 ... ist der dahier neu aufgerichtete kirchhoff ... eingeweihet ... den folgenden tag ... sind ... die gräber durchs los ausgetheilet hess. bl. f. volkskde 4 (1905) 209; vgl. dazu ein grab kaufen, ankaufen unter A 4 a α. diese grabstelle kann zugleich die grabstätte schon verstorbener verwandter sein, erbliches familiengrab, erbbegräbnis: dasz keiner ohne vorbewust des pfarrers sein grab vertauschen oder verkaufen (soll) (1710) hess. bl. f. volkskde 4 (1905) 209; he hammer us gräver sagt wohl der besitzer eines familiengrabs rhein. wb. 2, 1330.
a)
insbesondere insofern die stätte als grab äuszerlich kenntlich ist; vor allem bildet die aufgeworfene erde, der grabhügel einen wesentlichen teil des vorstellungsinhaltes: tumulus hohpuri crap ahd. gloss. 1, 294, 7 St.-S. (9. jh.); sepulcrum, tumba, bustum ein grab, worauf die ausgegrabene erde liegt, soviel nämlich der sarg platz eingenommen tumulus Frisch 1, 363; das widerumb zugeschlossene, erhöhete grab tumulus Henisch 1721; absurda: ex tumulo Olympum facere ausz einem bühel oder grab ein berg machen Seb. Franck sprüchw. (1545) 1, 4ᵇ; darnach haben sie etliche rasen wie ein grab aufgesetzet (ca. 1535) Kantzow Pomm. 1, 40 Gaebel;
mädchen, wenn ihr seinen hügel sehet,
pflücket eine blume ... von dem grabe
Hölty ged. (1870) 38 Halm.
eingesunkenes, verfallenes grab meint zumeist den eingesunkenen grabhügel: wenn sich ein frisches grab bald senkt, so stirbt bald jemand aus der verwandtschaft Fischer schwäb. 3, 777; die dörfer ... sie sind wie gräber aus den zeiten langvergessener kriege, eingesunken, mit verwischter schrift Wiechert d. Jerominkinder (1945) 38; über verfallenen gräbern ebda 478. dies vorstellungselement 'grabhügel' wird durch die situation, das verb, die präposition und ähnl. deutlich: ein fremdes grab sieht sich an wie eine rasenbank Wander 2, 117;
einsam wandelt er oft, sterbegedanken voll
... setzet sich auf ein grab
Hölty ged. (1870) 78 Halm;
... hinstrauchelnd über einem grabe
Rückert ges. poet. w. (1867) 1, 33;
ernst in sterbegedanken umwandl' ich
die gräber
Gerstenberg schlesw. lit.-br. 106 lit.-denkm.;
(sie) ging noch eine weile zwischen den gräbern auf und ab Fontane ges. w. I 5, 111; (er) schritt zwischen den gräbern hin ebda 1, 8.
b)
zum vorstellungsgehalt von grab als grabstätte gehören weiterhin der grabstein, das grabkreuz und ähnliche erinnerungszeichen:
man sol schrîben kleine
reht ûf dem steine,
der mîn grap bevât
Heinrich von Morungen 129, 38 minnesangs frühl.;
enen liksten uppe sin graf leggen laten (1354) lübeck. urkd.-buch 3, nr. 201;
so steht mit starrem blick der marmor auf dem grabe
Klopstock oden 1, 98 M.-P.;
auf unserm grab da steht ein stein
Mittler dt. volksl. (1865) 577;
dem ärmsten landmann, der ein kind begräbt, ist es eine art von trost, ein schwaches hölzernes kreuz auf das grab zu stellen, es mit einem kranze zu zieren Göthe I 20, 202 W.; tellte dat geld up't finsterbrett: ... dat för en krüz up't graww Fr. Reuter w. 2, 30 Seelmann. vor allem mit anspielung auf die grabschrift:
geblüemet ward des fürsten grap
mitt der geschrifte urhab
Göttweiger Troj.-krieg 24886 Koppitz;
auff das grab in versen geschriben Arigo decameron 299 lit. ver.; sein grab, daran ein epitavium machen Albr. Dürer underweys. d. messung (1525) J 1ᵃ; sein grab wurde bezeichnet mit einer solchen inscription und grabschrift Kirchhof wendunm. 2, 53 lit. ver.; auff das grab schreiben zu lassen Harsdörffer gesprechsp. (1641) 1, J 4ᵇ; folgende zeilen ... auf ihren leichenstein hauen, welcher die heutige stunde noch ... auf ihren grabe wird zu lesen seyn Chr. Reuter Schelmuffsky 39 vollst. ndr.; nun erst verstehe ich die schrift auf deinem grabe A. v. Arnim (1853) 1, 238; sie ... haben ihm den schönen spruch aufs grab setzen lassen Storm s. w. (1899) 1, 210.
c)
sodann pflanzen, blumen, bäume, insbesondere solche, mit denen die liebe der hinterbliebenen die grabstätte schmückt:
es wuchssen drey lilgen auff seinem grab,
es kam ein bauer, er brach sie ab
(16. jh.) bergreihen 70 John Meier;
dein grab sol stets beblumet seyn,
und mit den schönsten rosenkräntzen,
vor andern gräbern zierlich gläntzen
Neumark fortgepfl. mus.-poet. lustw. (1657) 1, 328;
auf den gräbern wachsen die schönsten rosen Wander sprichw.-lex. (1870) 2, 117;
wo ist sein grab, mit stillem moos bewachsen?
Schubart s. ged. (1825) 2, 307;
wo jetzt schon gras auf ihren gräbern wächst Bettine dies buch geh. d. könig (1843) 2, 360; wir eilten schnell vorüber an dem finsteren epheu, der jene gräber bespinnt H. Seidel Leberecht Hühnchen (1899) 163; (die kinder) brachten moos, zapfen und seltene blumen mit und legten sie auf des pfarrers grab E. Wiechert d. Jerominkinder (1945) 344;
die cypresse der bote des grabes
Giseke poet. w. (1767) 197;
im lindenschatten duftet ein rasengrab,
von tausendschön und thimian rings umblüht
Matthisson ged. 1, 37 lit. ver.
bildlich: ich wil zwar meinen praeceptoribus nicht fluchen. allein ich werde gleichwohl ihr grabe nicht mit rosen und violen, mit roszmarin und tulipanen bestreuen Schupp schrifften (1663) 817; eine rose der liebe blühe auf deinem grabe! Herder 12, 219 S.; von allen werken der liebe (kann man wohl sagen) sie sind blumen auf meinem grab Cl. Brentano ges. schr. (1852) 5, 220.
d)
kerzen, lichter und ähnliche symbole, die frommer brauch auf gräber stellt: man soll auch nicht kertzen auf die greber setzen denne ze sibenden unde ze dreisigisten unde ze jargezeiten Nürnb. polizeiordn. 67 Baader; vil tausent liechte (sind) im (dem toten) zuͦeren auf dem grabe anzündet worden Arigo decameron 28 lit. ver.; als nachklang dieser sitte (d. germanischen vorzeit, brandopfer auf u. i. d. gräbern der verstorbenen darzubringen) erscheint das anzünden von lichtern auf den gräbern am allerseelentag Hoops reallex. 4, 338.
e)
als eine bestimmte grabstätte gekennzeichnet durch den namen des dort begrabenen toten: thie in Kristes grabe (vgl.f) sazun Otfrid V 8, 2; ubi nunc manent ossa fidelis Fabricii? uuar ist sar nu daz krab des ketruen Fabricii? Notker 1, 118, 27 P.; czu dem grabe sente Thomas d. md. Marco Polo 64 Tscharner;
die götter aber all vorab
nenten das ort Mirinae grab
Joh. Spreng Ilias (1610) 27ᵇ;
Salomons und Davids gräber Lessing 3, 53 L.-M.; Hannchens grab A. G. Kästner verm. schr. 2 (1772) 212. sprichwörtlich: er hat Moses grab gesucht (vergebliche mühe aufgewandt) Lehman flor. pol. (1662) 2, 797. durch angabe der menschlichen beziehung des toten zu lebenden personen bestimmt:
jungelinc,
merche ängestlîchiu dinc
unt ginc zû dînes vater grabe
Heinrich von Melk erinn. 665 Heinzel;
zuͤ Rom ist deiner vätter grab
Schwartzenberg teutsch Cicero (1535) 118ᵇ;
desz groszvatters grab tumulus avitus Maaler (1561) 190ᵇ; vom grabe des geliebten Göthe I 2, 310 W.; an dem grabe des geliebten freundes Fr. Schlegel s. w. (1846) 5, 81. durch sonstige kennzeichnung der person des toten: zuo der megde grabe (d. hl. Martina) Hugo v. Langenstein Martina 282, 112; der mollah ... gieng ... zum grabe seines propheten A. v. Haller Usong (1771) 39;
(Troja ist zerstört)
doch manche gräber unsrer besten heiszen
uns an das ufer der barbaren denken.
Achill liegt dort mit seinem schönen freunde
Göthe I 10, 38 W. (Iphigenie v. 861);
beim grabe des guten ebda 2, 136. durch adjectiva an stelle eines eigennamens:
dort bey dem aegyptischen grab
Spreng Ilias (1610) 24a;
der obriste Götze ... eroberte die stadt ... darin ... das fürstliche grab unter andern gantz spoliiret ... ward Chemnitz schwed. krieg 2 (1653) 405.
f)
die wichtigste grabstätte von allen ist das grab Christi, das heilige grab, vgl. sepulcrum dominicum das heilige grab Stieler stammb. (1691) 688; dat hilge graf das heilige grab in Jerusalem Lasch-Borchling mnd. hdwb. 1, 2, 146:
got durch sin heilige grap
helfe uns
graf Rudolf 10, 10 Grimm;
(den heiden) daz lant ist undertân,
dâ daz heilige grap ist,
dâ unser herr lac inne, Krist
Thomasin v. Zerclaere d. wälsche gast 11367;
er (der Antichrist) gewinnet daz heilige grap,
do sich Cristus dot in gab
Heinrich v. Neustadt gottes zukunft 5404 Singer;
vnd giengend in die holgen statt
durchs fischdôr abhin für das helig grab
(1482) Joh. Dillinger Felix Fabers pilgerbüchl. 13 Birlinger;
grabhöhle ... über 2 m lang gegen 2 m breit ... das ist das grab Christi, das heilige grab Wetzer-Welte kirchenlex. 5 (1888) 974; ein ... meerfart (ward) fürgenommen, das heilig grab Christi ... ze erobern (vor 1572) Tschudi chron. Helvet. (1734) 1, 41; der alte gedanke, das heilige grab aus der gewalt der Saracenen zu befreien Ranke s. w. (1867) 8, 21. die kirche des heiligen grabes die über dem grabe Christi erbaute kirche in Jerusalem, vgl. Wetzer-Welte kirchenlex. 5 (1888) 972: dye chirch des heiligen grabs hat inwendig vier hundert arm leng (quelle von 1346 in cod. Mon. Germ.) bei Röhricht-Meisner dt. pilgerreisen n. d. hl. lande (1880) 57; Friedrich ... setzte sich selbst in der kirche des heiligen grabes die krone der könige von Jerusalem auf das haupt Nitzsch dt. stud. (1879) 62; im tempel des heyligen grabs (quelle vom j. 1479, cod. Mon. Germ.) bei Röhricht-Meisner a. a. o. 112; Schupp schr. (1663) 70; (die orthodoxen Griechen) sind auch die hauptherren im 'heiligen grab', jenem überbauten kapellencomplex, in dem man Golgatha und das grab Christi sucht Paul Menzel m. reise n. Jerusalem (1907) 166. variationen dieses festen ausdrucks: in Kristes grabe Otfrid V 8, 2. mhd. daz hêre grap:
daz kriuce man für sünde gap
z'erlœsen daz vil hêre grap
Freidank 157, 18 Grimm;
gotes grap:
nû suln wir fliehen hin ze gotes grabe
gotes grap sol man niht vergezzen
Thomasin von Zerclaere d. wälsche gast 11358;
das si swert bi gotes grab,
das si nieman lieber hab
liedersaal 1, 396, 61 Laszberg;
nhd. das grab des herrn, des erlösers, des auferstandenen: man Friderichen einen verräther schalt, der das grab des herrn in den händen der ungläubigen gelassen M. I. Schmidt gesch. d. Deutschen (1778) 3, 25; Wetzer-Welte kirchenlex. 5 (1888) 973; des erlösers grab Gottsched n. ged. (1750) 95;
(palmen,) die dort des auferstandnen grab umschatten
Lessing 3, 8 L.-M.;
die engel am grabe des auferstandenen D. Fr. Strausz ges. schr. (1877) 3, 21. prägnant das grab:
manc lop dem kriuze erschillet:
erlœsen wir daz grap!
α)
zum heiligen grabe ziehen, reisen, wallfahrten, wallen, mhd. varn:
daz ir zehant wellet varn
durch got zem heiligen grabe
Hartmann v. Aue Gregorius 573 Paul;
gesamtabenteuer 2, 422 v. d. Hagen (mitte d. 13. jhs.); ober das mehir zum heiligen grabe zu zihen (1472) Steinhausen privatbr. d. mittelalters 1, 100; ist ... zum h. grab vber meer gezogen Stumpf Schweizerchron. (1606) 419ᵃ;
froh an sinn ...
zogst du mit der kaiserin
nach dem heiligen grabe
Göthe I 4, 298 W.;
ein reysz zuͦ dem heyligen grab zuͦ thuͦn Wickram 1, 112 Bolte;
wer raͤysen will zum heilign grab
Joh. Saubert wagen Simeonis (1627) 570;
ein walfart zum heiligen grab
Hans Sachs 17, 112 lit. ver.;
auf der wallfahrt zum heiligen grabe Novalis schr. 4, 58 Minor; wie Gottfried von Bouillon barfusz zum heiligen grabe in Jerusalem wallfahrtet W. Alexis Roland v. Berlin (1840) 1, 74;
nach dem heilgen grab sie wallen,
auf der brust das kreutz
Schiller 11, 236 G.
das heilige grab (heim) suchen visitare: der keyser ... der wolde suchin das heylige grab in siner personen (voluit personaliter sepulcrum Christi visitare) d. md. Marco Polo 71 Tscharner;
der rayset in das heilig landt,
heim zu suchen das heilig grab
Hans Sachs 8, 131 lit. ver.
β)
uneigentlich, manchmal geradezu stellvertretend für Christus, gott:
ich gib mich heut dem hailgen grab
und dem, der sich unschuldig toten darin gab
(d. h. ich weihe mich Christus)
Oswald von Wolkenstein 105, 22 Schatz;
und daz si mir darzuo gap
daz vergelde irz heilige grap!
neues gesamtabenteuer 25 Niewöhner.
so auch in beteuerungsformeln:
si sworen all gemeyne,
so en dat heilge graff,
sy en stoenden nümmer aff
mit goide noch mit leuene
Karl Meinet 28, 55 lit. ver.; 26, 22; 248, 30; 451, 6;
as mir gott helff ind dat heylige graeff Arnold v. Harff pilgerf. 173 Groote.
γ)
bildlich: doctor Martin Luther ... hat das heylig grab gottlicher schrifft geöffnet Eberlin v. Günzburg 3, 225 ndr.; wer also des sons gottes grab ansihet im wort, der findet ein tröstlichs vnd seligs grab oder strecken, darinn vnser seligkeyt gebrochen, vnd darausz himlische auszbeut gehawen Mathesius ausgew. w. 1, 114 Loesche.
δ)
sprichwörtlich das heilige grab (des heiligen grabs, dem heiligen grab) vergebens (umsonst) hüten, wahren, warten. in spontaner fügung noch eigentlich bei Otfrid: thes Kristes grabes hueten IV 37, 2; dagegen schon auf sprichwörtlicher grundlage:
(der) tete dem gelîche schîn,
daz daz heilige grap
ân geniez und âne gâb
nieman hât gern in huote
Ottokar österr. reimchron. 12233 Seemüller;
da gehet es stracks dem sprichwort nach: es kan niemand dess heyligen grabs vergebens huͤten ... damit krefftiglich anzuzeigen, dasz niemand etwas umb sonst thue unter den menschen (qu. v. j. 1564) bei Fischer schwäb. 3, 777; Lehman floril. polit. (1662) 3, 73; es hütet niemand gern vergebens des heiligen grabs gratis poenitet esse probum J. J. Otho evang. krankentrost (1671) 260; umsonst hütet niemand 's heilige grab (a. d. j. 1555 u. 1564) bei Fischer a. a. o.; des heiligen grabes nicht umsonst hüten mercedem suam expectare, mercede sua dignum esse Frisch (1741) 1, 363; er hütet das heilige grab nicht umsonst, eine sprichwörtliche redensart, womit man sagen will, dasz jemand bei einem geschäft, wozu er ohne eigennützige arbeit mitzuwirken scheint, doch darum blosz aushilft, weil er etwas dabei zu gewinnen hofft oberschles. monathschr. (1789) 2, 176; 's heilig grab hüete etwas um gottes willen tun, ohne nutzen daraus zu ziehen schweiz. id. 2, 677; dar werd 's heilije grab ne imsuste hitta (ein mädchen nicht umsonst nach hause begleiten) Rother d. schles. sprichw. 360; de wyle nemandt dat h. graff vorgeues waret, noc hvmme susz aduoceeret, procureret N. Gryse leienbibel (1604) bei Schiller-Lübben 2, 137ᵇ, vgl. noch das heilig grab niemand verwaret umsonst bei Wander 2, 117 mit weiteren nachweisen; zu erwägen, das niemands des heiligen grabs vergebens warten werde (qu. v. j. 1555) bei Fischer schwäb. 3, 777; nymands wil vmbsunst sitzen bey dem heiligen grabe Wander 2, 117. im sinne 'nicht wissen, was man an einem orte zu tun hat, sich langweilen' 's heilig grab hüteⁿ schweiz. id. 2, 677; ironisch du is dat hillige graf woll verwaart (da ist der bock zum gärtner gemacht) Schütze holst. id. 2, 64.
ε)
orden vom heiligen grab. väter vom heiligen grab, auch wächter des heiligen grabes heiszen die in Jerusalem seit 1219 stationierten mönche des Franziskanerordens, denen der dienst in der heiligen grabkirche und die sorge für die pilger obliegt, s. Wetzer-Welte kirchenlex. 5 (1888) 978, chorherren vom hl. grab fratres cruciferi dominici sepulcri Hierosolymitani, kurz sepulcriner genannt, seit 1114, s. Max Heimbucher d. ord. u. congreg. d. kath. kirche 1 (1933) 411, ritter vom hl. grab oder goldene ritter alle diejenigen Palästinapilger ritterlichen standes, welche in der hl. grabkirche den ritterschlag von einem anwesenden ritter oder dem guardian der väter vom hl. grab erhalten hatten, kein geschlossener orden, s. Wetzer-Welte 5, 978: Ierosolimitani sunt monachi heiligen greber (variloq. 15. jh.) Diefenbach gl. 285ᵃ; maister Nicolaus, obroster prior des hailigen grabs zu Jherusalem Ulrich v. Richental chron. d. Constanz. conc. 43 lit. ver.; ritter des heil. grabes cavalliere dell santo sepolcro Kramer teutsch-ital. 1 (1700) 553ᵇ; eques sepulchri Christi in Palaestina Frisch 1, 363; George Emmerich ... 1465 ... zum ritter des hl. grabes geschlagen Zedler 11 (1735) 453; der feierlichste act in der heiligen grabeskirche war der ritterschlag zum ritter des heiligen grabes Röhricht-Meisner dt. pilgerreisen n. d. hl. lande (1880) 32; 315; ritter in ere des heyligen graeffs Arnold v. Harff pilgerfahrt 173 Groote. bis heute als ehrentitel.
ζ)
für Muhamets grab: dann ein grosze menig ... suchen jaͤrlich disz heylig grab heim zuͦ Mecha Seb. Franck chron. u. beschreib. d. Türkey (1530) F 4ᵃ; Schweigger reyszbeschr. (1619) 189.
g)
als (heiliges) grab werden verschiedenartige darstellungen des grabes und der grablegung Christi in den katholischen kirchen während der 3 kartage bezeichnet: (15 schilling) da schol man die cherczen von ausrichten zu dem grab in der antlaswochen und die schullen dapey prinnen unczt an den östertag (1387) fontes rer. Austriac. II 51, 707 (Göttweig); in sunte Peters kerken to Lubeke ... den salter to eren des lydendes vnses heren Jhesu Christi ... van stillen vrygdaghe went in de hilghen paschenacht by deme graue in der ... kerken yewelkes yares lesende werden Lübeck. urkundenb. 8, nr. 259 (31. oct. 1444); den salter to lesen in den drey dagen des dodes Christi by deme graue ebda nr. 351 (8. juni 1446). deutlicher für die decorativen aufbauten dieser kartage: die von Ulm ... verbotten, das man am karfreytag in der pfarr, in klestern, in allen kirchen kain grab, wie dan der brauch der kurchen ist, die buldnis Christi darain ze legen (1528) qu. z. gesch. d. bauernkriegs in Oberschwaben 142 Baumann;
das sint gar selsam kirchengpräng,
fremd ceremoni vnd gesäng, ...
die kirch voll poppenkrämerei, ...
pluthut (kardinalshut), feldstock (bischofsstab), hailgen grab
Fischart w. 1, 419 Hauffen;
ein heiliges grab sanctum sepulcrum, quod instituitur in recordationem sepulturae Christi Steinbach dt. wb. (1734) 1, 627; et helleg graf (Kempen, Rees, überhaupt am Niederrhein) rhein. wb. 2, 1331; Fischer schwäb. 3, 777; das heili grab 'vorstellung des grabes Christi in den kirchen, oft mit den schillernden heiliggrabkugeln geziert und mit ein paar handfesten heiliggrabjuden umstellt' Schöpf Tirol 203; 'am donnerstag, freytag und samstag der charwoche wird in den kath. kirchen durch eigene, besonders auf den farbensinn wirkende decorationen das grab Christi oder das háli' gràb dargestellt' Schmeller-Fr. bair. 1, 982; 'an diesen tagen ist in der stadt wie auf dem lande jung und alt auf den beinen, um von kirche zu kirche seine andacht zu verrichten, oder wie man sagt die graber (grebs) zu besuechen' ebda; die gräber besuchen ebenso Schöpf Tirol 203; am donnerstag vor ostern zum besuch des heiligen grabes, wenn unter dem hauptaltar ein holzdunkler barock-Jesus mit geheimnisvoll beseligtem gesicht im kranze der buntfarbigen öllampen liegt und die kruzifixe mit lila tüchern verhängt sind Alfred Neumann es waren ihrer sechs (1947) 387. profaniert und ironisiert de heilja gräber besucha mehrere kneipen nacheinander Rother s. schles. sprichw. 98; das ist wie im heiligen grab schlechte beleuchtung (für Breslau) ebenda 342. liturgischer, das grab des herrn darstellender raum (altar, tabernakel), in dem am karfreitag die hostie in der monstranz oder ein kruzifix symbolisch bis zum ostermorgen beigesetzt wird, s. Jos. Braun liturg. hauslex.² (1924) 125; V. Thalhofer hdb. d. kath. lit. 1 (1912) 636. grabbauten, zumeist mit plastisch-statuarischen gruppen, z. t. als nachbildung des hl. grabes in Jerusalem, seit dem frühen mittelalter über ganz Deutschland verbreitet, vgl. G. Dalman das grab Christi in Deutschland (1922) 26; Fischer schwäb. 3, 777, entweder innerhalb der kirche in einem oft nördlichen seiten- oder querschiff oder auszerhalb in einer nische oder als angebaute heiliggrabkapelle, s. Müller-Mothes archäol. wb. 1 (1877) 485ᵇ; G. Dalman a. a. o.: 1447 hat Hans Rot ... die kapelle samt dem hl. grab darin gestiftet (quelle von 1701) bei Dalman a. a. o. 75; das grab Christi in der Bonifatiuskirche zu Arnstadt ... darstellung der grablegung mit lebensgroszen figuren a. a. o. 91. auch besondere grabkapellen und grabkirchen, sieh Dalman a. a. o., Müller-Mothes a. a. o.: item desselben jars liesz Jörg Ketzel das heilig grab machen auf dem newen spitelkirchhof (in Nürnberg, eine kleine kapelle am unteren ende der insel Schütt) (z. j. 1459) chron. d. dt. städte 10, 242, vgl. heiliggrabkapelle zu Nürnberg Dalman 75; am eredag ... hab ich dass heilig grab zu Venedig gesehen, dass soll geleichen dem zum heyligen landt (1521) Ott Heinrich von der Pfalz bei Röhricht-Meisner dt. pilgerreisen n. d. hl. lande (1880) 355; des sogenannten heiligen grabes zu Görlitz noch zu gedenken, welches ein ebenbild des heiligen grabes zu Jerusalem sijn soll Zedler univ.-lex. 11 (1735) 453; um 1730 errichteten zwei eremiten auf dem Kreuzberg bei Velburg als heiliges grab eine runde kapelle Dalman 136; vgl. noch: kapplan und chirchherre der capelle ze dem heyligen grab (urkunde von 1331) a. a. o. 47; her Symon von dem heiligen grab (als beiname eines ratsherrn) Regensburger urkd.-buch 1, nr. 701 (v. 9. juni 1333).
h)
andere bildliche darstellung eines grabes in der kirche, vgl. z. b. das fastengrab, welches in den fasten für den fronleichnam in der kirche erstellt wird: ein fastengrab vor dem crüzaltar zu machen (1645) in: schweiz. id. 2, 677. anders: (am gedenktag der Murtener schlacht soll ein sigrist) am abend im chor ein grab mit eim tuech, krüz und zweien kerzen zeichnen ebda.
i)
grab als 'katafalk', schwarzbehangenes gerüst in der kirche zur aufbahrung einer leiche: der kunig Lasslab (Ladislaus) ist tod ... all altar in der kirchen in swarcz besnyten. auch wart im gemacht ain grab, das was wol vier claffter hoch darauf wol IIIᴹ (3000) kerczen (1458) copeybuch d. stadt Wien 128 Zeibig.
4)
in festen verbalen verbindungen.
a)
für die typischen situationen und handlungen der totenbestattung.
α)
ein grab kaufen, d. h. die künftige grabstelle:
dise werlde si (Sara) begap.
Abraham choͮffet ir ein grap
Milstäter genesis 41, 13 Diemer;
wolten die gestorbenen lichnam nit in ir gekoufften greber begraben lassen Hier. Braunschweig liber pestilent. (1500) A 3ᵃ; uneigentlich bei Shakespeare 8 (1801) 77, s. unter C 4. ebenso ankaufen: aus sparsamkeit war kein eigenes grab angekauft Otto Jahn Mozart (1856) 4, 688; zeugnisse über den ankauf von gräbern Wetzer-Welte 5 (1880) 960. ein grab verkaufen s. oben A 3 sp. 1483.
β)
ein grab machen facere bustum Maaler t. spr. (1561) 190ᵇ und oft:
dise werlt er (Isaac) begap,
Jacob machet im ein schone grap
Milstäter genesis 72, 3 Diemer;
zu hant sô machidin si dat graf
wild. mann 14, 408 Köhn;
daz ein ieglich grebil ze der abtei ... den lon sol nemen greber zu machenne (1316) d. Zürcher stadtb. d. 14. u. 15. jhs. 1, 10 Zeller-Werdmüller; hat er (der einsiedler) ... angefangen sein eigenes grab zu machen Grimmelshausen Simpl. 36 Scholte; 4 nachbarn aber zu beyden seiten machen das grab Klingner slg. z. dorf- u. baurenrechte 1 (1749) 589; en graf machen ausgraben, was in der regel von dem dudegräwer, im Hunsrück aber noch vielfach von den nächsten nachbarn geschieht rhein. wb. 2, 1330; in einem frisch gemachten grabe J. N. Schwarz wb. ü. d. chursächs. ges. (1792) 3, 234ᵃ;
heisz in ein frisch gemachtes grab mich gehn
Shakespeare 1 (1797) 128.
ein grab graben, vgl. altnord. þá vil ek mér láta gröf grafa í eldhúsdyrum Laxdælasaga 37 Ásmundarson;
daz man ir balde ein grap grabe,
swenne ir diu sêle ûzgê
Stricker mœren 26 Rosenhagen;
item 4 scot den zigil ofzu brechen, das grab zu graben und den estrich mit dem zigil wider machen in der kirchen Marienburger treszlerbuch 274 Joachim; hat dieser kerl (ein totengräber) kein gefühl von seinem geschäft? er gräbt ein grab und singt dazu Shakespeare 3 (1798) 325;
geht nun hin und grabt mein grab,
denn ich bin des wanderns müde
E. M. Arndt w. 5, 53 R.-M.;
einen spaten nimm in deine hand,
grab mir ein grab am friedhofsrand
Agnes Miegel ges. ged. (1927) 64;
en graf graben rhein. wb. 2, 1330; reflexiv dem uneigentlichen gebrauch unter C 1 a näher:
er gräbt und schaufelt, solang er lebt,
und gräbt, bis er endlich sein grab sich gräbt
Schiller 12, 58 G.;
wärs gut, man tät sich graben
das grab mit eigner hand
Börries v. Münchhausen balladen u. ritterl. lieder (1920) 39.
ein grab schaufeln: die mühe, uns ein grab zu schaufeln G. Freytag ges. w. (1887) 13, 117;
da sprach sie schnell: sei still, ich hab
geschaufelt dir ein kühles grab
H. Heine s. w. 1, 16 Elster;
einen alten kirchhof ... einen jüngling, der ein grab schaufelt (bühnenanweisung) Fritz v. Unruh ein geschlecht (1918) 9. ein grab ausheben, aufwerfen, (auf)wühlen: daz grab darf erst am tage des begräbnisses ausgehoben werden, damit nicht ein böser geist über nacht sich in die grube setzt und den toten später quält Ziesemer preusz. wb. 1, 471; ein grab aufwerfen faire un tombeau Chr. Schwan nouv. dict. (1783) 1, 781ᵃ; der richter (war) den weg des fleisches gewandelt, und der schulmeister liesz ihm das grab nicht ferne von seinem schulkathederfenster aufwühlen S. Brunner erz. u. schr. (1864) 1, 20; Shakespeare 1 (1797) 155;
wühlet das grab, ihr freunde der todten
Göthe I 19, 168 W.
ein grab bestellen 'zurichten': 4 gulden ... zur bestellung irs grobss (quelle v. 1503) bei Fischer schwäb. 3, 777;
last jhn nur liggen, er ist todt ...
Fritz, geht jhr hin bestelt das grab
(1580) Barth. Krüger sp. v. d. bäur. richtern 63 Bolte;
ein ehrlichs grab,
dasz ich (Achill) jhm (Patroklus) schon bestellet hab
Spreng Ilias (1610) 311ᵃ.
in anderem sinne bei Göthe: nach einer gewissen ordnung sollten vom ende heran die neuen gräber bestellt ... werden (d. h. für die bestattung benutzt) I 20, 200 W.; sieh auch teil 1, 1674.
γ)
zu grab bitten: eine wittfrau in der stadt herum gegangen, und die bürgersleute zu grabe oder zu leichenbegängnisse gebeten J. Prätorius winterfl. d. sommervögel (1678) 126; vgl.wenner dat ... en broder sterft ... und de ummelopersche, de se biddet, de vrowen edder mans, to volgende to der graven liv-, esth- u. curl. urkundenb. 5, nr. 2407, 5 v. Bunge (Reval ca. 1420); lieber zu grabe bitten, als zur hochzeit Wander 2, 117; vgl. grabbitter, -bitterin, grablader, leichenbitter.
δ)
die verbindungen mit grab, die das forttragen des toten und das totengeleit bezeichnen, sind besonders zahlreich und weitreichend. zu (zum) grabe tragen von dem eigentlichen forttragen der leiche (auf einer bahre u. ähnl.) und ihren trägern sowie in erweiterter anschauung von der bestattung überhaupt und allen, die an ihr teilnehmen. oft gebucht, vgl. ich trag zu grab Er. Alberus dict. (1540) d 2ᵃ; einen zu grabe tragen Kramer t.-ital. 2 (1702) 1474ᶜ; sie tragen den toten zu grabe mortuum effere funeri Steinbach dt. wb. (1734) 1, 627. mnd. ênen tô grāve drāgen Lasch-Borchling mnd. hdwb. 1, 2, 146:
thar man ina an barun druog
iungan man te graƀe
Heliand 2192;
feretrum bare dar me doden mede to grawe drecht Diefenbach nov. gl. 171ᵃ (15. jh.);
du lijst uf dem blozen bret,
dar uf man dich zu grabe dret
Heinrich v. Neustadt visio Philiberti 38 Singer
als he nu doet was, ... des anderen dages musten de dregers, de de karen ten, one to grave dregen up den buwhof to s. Michel, und wort gegraven under ein schuer (Lüneburg z. j. 1455) städtechron. 36, 355; ob ein kriegszman stürbe ... sollen (ihn die rottgesellen) ... mit dreyen drommeln vnd pfeifen vnd auff langen spieszen zu grabe tragen Reutter v. Speir kriegsordn. (1595) 17;
schlueg man im das haubet ab,
den potich (rumpf) trueg man zu dem grab,
das haubet an die zynnen
Heinrich von Neustadt Apoll. 366 Singer;
νεκροφόρος, defunctifer der den todten zum grab tregt Er. Alberus dict. (1540) A2ᵇ; eine leiche, die unbedeckt nach italiänischer sitte von der barmherzigen brüderschaft zu grabe getragen wird H. Heine s. w. (1861) 11, 55. zumeist werden in der erweiterten anschauung träger oder bahre nicht ausdrücklich genannt, wodurch dann der sinnliche eindruck des eigentlichen tragens weniger deutlich werden und die vorstellung der bestattung als solcher mehr in den vordergrund treten kann:
und die von ir gesinde dâ
ze velde lâgen erslagen,
die hiezen sî ze grabe tragen
Gottfried von Straszburg Tristan 5618 Bechst.;
item wenn einer nem ein weib ...,
die jm zu grab getragen wurd
ehe dann er sie zu kirchen fuhrt
Eyering prov. cop. (1601) 1, 334;
was andren hertzenswonn ist mir nur hertzensleid,
dann meine lieb (die geliebte) ist längst zu grabe weg getragen
Logau sinnged. 343 Eitner.
die bedeutung des leichenbegängnisses allgemein waltet vor:
man tregt biszweil mit groszem hauff
die menschenkind zum grabe
Ringwaldt handbüchlin B 9ᵃ;
begraben, zur erden bestatten, begleiten, zu grab tragen Sattler teutsche phras. (1658) 120; keiner wird zu grabe getragen, dem der tod nicht viele projekte unnütz mache discourse d. mahlern (1721) 2, 73; jetzt trägt man ihn (Joseph II.) als ein sühnopfer der zeit zu grabe Herder 17, 48 S.; es war ein groszer leichenzug, man sah wohl, dasz man einen groszen bauer zu grabe trug Jer. Gotthelf ges. schr. (1855) 3, 399. sprichwörtlich: es darff kainer sorgen, wer jn zu dem grab trag G. Mayr sprüchw. (1567) C 7ᵃ; Henisch 1723; es ist besser es tragen einen 4 zum grab, als dasz einer selbst darzu gehet (durch henkershand stirbt) Lehman floril. polit. (1662) 2, 769. zu grabe bringen, mnd. ênen tô grāve bringen beisetzen, beerdigen Lasch-Borchling mnd. hdwb. 1, 2, 146: o minsche ... wan se dy hebben to graue gebracht (1575) Husemann spruchsamml. 104 Weinkauff;
als man mich hat zu grabe bracht
in frembden landen mit schlechter pracht
Rollenhagen froschmeuseler (1595) B 4ᵇ;
von Ochsenstein ... eine verordnung hinterliesz, dasz er morgens früh, ganz im stillen und ohne begleitung und gefolg, von handwerksleuten zu grabe gebracht sein wolle Göthe I 26, 117 W.; er erzählte von dem leben derer, die der sohn (als pastor) jetzt zu grabe brachte G. Frenssen Hilligenlei (1928) 322. ebenso ins grab bringen condere in sepulcro, sepelire Frisch 1, 363; sepulcro aliquem inferre Steinbach dt. wb. 1 (1734) 627. mit jemandem zu (zum) grabe gehen, vgl. in funus prodeo ich gehe mit einer leich zum grabe Er. Alberus dict. (1540) X 2ᵃ; mit einem zu grabe gehen alicui exequias ire Steinbach dt. wb. (1734) 1, 627: das sie mit jrem freunde vor der letzten stunde reden möchten und mit jm zu grabe gehen Luther wid. d. bischof z. Magdeburg (1539) F 4ᵇ; anfangs hielt es Bäbeli hart, mit dem pathen nicht zu grabe gehen zu sollen Jer. Gotthelf ges. schr. (1855) 12, 294. ebenso mit zu grabe gehen: mit zum grab, zu der begräbnusz gehen comitari ad sepulchrum usque Henisch (1616) 1721; es gingen wenig leute mit zu grabe pauci funus sequebantur Frisch (1741) 1, 363; Stosch gleichbedeut. wörter 3 (1773) 71; das du jhn (den wucherer) ... nicht unter andere christen begrabest noch mit zum grabe gehest Luther wider d. wucher (1540) E 4ᵇ; sey auch gar nicht mit zu grabe gangen, sondern habe dem schulmeister die leichen-ceremonien anvertrauet Joh. Riemer d. pol. maulaffe (1679) 210;
die mäuse gingen paar und paar
in langen mänteln mit zu grabe
Lichtwer Äsop. fabeln (1748) 44;
mit ze grob gih sich an einem leichenbegängnis beteiligen Müller-Fraureuth obersächs. 1, 434. ebenso einfaches zu grabe gehen assister à un enterrement Chr. Schwan (1783) 1, 781ᵃ:
das man beweinet seinen dodt,
vnd iederman zuͤ grabe godt
Murner badenfahrt 20, 56 Martin;
auff hochzeiten sol man frölich seyn, wenn man zu grab gehet, so ist weinens vnd trawrens zeit Petri d. Teutschen weiszheit (1605) I 6ᵃ;
den trauermantel her! ich musz zu grabe gehn.
die hoffnung bessrer zeit, die mich sonst oft ergetzt,
ist todt und wird noch heute beygesetzt
Stoppe Parnasz (1735) 77;
zu grabe gehen die leiche zum friedhof begleiten Martin-Lienhart elsäss. 1, 266; Rother schles. sprichw. 123. in der bedeutung sterben, zugrunde gehen vgl. C 1 b α. vereinzelt mit dem dativ:
nun ruhe denn, o freund in frieden,
dem wir anjetzt zu grabe gehn!
Drollinger ged. (1743) 271.
vgl. alicui exequias ire Steinbach dt. wb. (1734) 1, 627; Reyher thes. (1686) g 5ᵇ. vom toten auf dem rücken zu grabe gehen begraben werden: darumb sollen sie auch mit jm zum grabe gehen auf dem rücken Luther warnunge a. s. l. Deudschen (1531) B 1ᵃ. zu grab beleiten, begleiten, geleiten:
dieweil sie den zu grab beleiten
(1580) Barth. Krüger spiel v. d. bäur. richtern 64 Bolte;
zu grabe begleiten Kramer t.-ital. 1 (1700) 1553ᵇ; ich habe gedacht, dasz ich von meinen kindern einmahl möchte ehrlich begraben werden. so musz ich nun sie zum grabe begleiten helffen Joh. Quirsfeld geistl. myrrhengarten (1717) 767; als begleite er wie ein kriegsmann mit gesenkter fahne und niedergewendetem gewehr eine leiche zu grabe Cl. Brentano ges. schr. (1852) 5, 64; G. Keller br. u. tageb. 2, 18 Erm.; der adel erscheint feierlich ... er begleitet das kind ... zu grabe gräfin Salburg erinner. (1928) 3, 43. zu grabe geleiten exequias alicui ire, facere iusta alicui Reyher thes. (1686) g 5ᵇ; die ... sie mit dem te deum laudamus zum grabe geleiten grillenvertreiber (1670) 7; man geleitet ... die geliebten zu grabe Jer. Gotthelf ges. schr. (1855) 12, 294. ebenso:
gut freund, gesellen, weib und kind ...
allein das glaid (geleit) zum grab uns geben
Hans Sachs 1, 433, 9 lit. ver.;
das letzte geleit, das die witwe dem toten zum grabe gibt H. Schreuer d. recht. d. toten 2 (1916) 30; 135. jemandem zu grabefolgen, mnd. to grave volgen, nâvolgen das leichengeleit geben Lasch-Borchling 1, 2, 146: want we ut den ampte (der schuhmacher) vorstervet, ... soe sullen alle, de in den ampte synt ... voer des doeden doeren komen und volghen eme to grave (Emden 1491) ostfries. urkundenb. 2, 334 Friedländer. — jemandem ins grab folgen in histor.-referierendem zusammenhang von der urzeitlichen totenfolge (vgl. rechtsalterth. ⁴1, 622; 476): die witwe ... folgt dem gatten, auch dem ungeliebten und gehaszten, freiwillig ... ins grab Hoops reallex. 4, 341; wenn Asmund dem Aswit (als blutsbruder) ins grab folgt ... so entspricht das der ältesten form der totenvorstellung, dem glauben an den lebenden leichnam H. Schreuer d. recht d. toten 2, 51; von dingen s. unter ι, in uneigentlichem gebrauch ins (zum) grab(e) (nach)folgen s. unter C 1 b α und C 3 b α.
ε)
zu grabe läuten, vgl. grabgeläut: dem artzt folgt der pfarherr, dem pfarherrn der kirchner, vnd leutet zu grab Petri d. Teutschen weiszh. (1605) A 6ᵇ; wie wir umb der lebendigen willen zu grab leuten lassen, damit sich ein jeder seines letzten endes zu erinnern habe Mathesius ausgew. w. 1, 33 Loesche. jemandem zu (zum) grabe läuten: mancher trawriger sicht, als hette man jhme zum grab geleut Lehman floril. polit. (1662) 2, 775; glocken, ... mit denen man ihnen zu grabe läutet Göthe I 45, 11 W. jemanden zu grabe läuten:
es ist gestorben ein rittersbraut,
die läuten sie zu grabe
(aus 'des knaben wunderhorn') bei A. v. Arnim s. w. (1853) 13, 56;
wer warzen hat, der läute einen toden zum grabe, dann wasche er sich am flieszenden wasser, und sie werden von selbst abfallen (Worms 1790) in: hess. bl. f. volkskde 15 (1916) 130. jemanden in das grab läuten: do lüjen se en dojen in et graf rhein. wb. 2, 1331, ebenso: en dojen op et graf lüjen ebda, schlesw.-holst. dat lüd öwert graff Mensing 2, 461. seit dem 16. jh. ist die derbe redensart bezeugt: jemanden (jemandem) mit fürzen (eselsfürzen) zu grabe läuten: ich aber sage auffs bapsts unnd diszer bullen drawen also viel 'wer fur drawen stirbt, dem sol man mit fartzen tzu grab leutten' (1522) Luther 8, 704 W.; vgl. wer sich mit dräwworten tödten läst, dem soll man mit eselsfürtzen zu grab leuten Lehman floril. pol. (1662) 3, 473; vgl. dazu eselsfurz teil 3, 1152. dieselbe redensart ist gemeint bei Luther: ich wil jn mit meinem donnern vnd blitzen also zum grabe leutten warnunge an s. l. Deudschen (1531) D 3ᵃ; angedeutet bei Chr. Weise: ist er nun vom erschrecken gestorben, so mag man ihn mit was anders zu grabe läuten d. drei ärgsten erzn. 204 ndr.; gemildert: wer von solchen worten stirbt, ist werth, dasz man ihm mit eselsglocken zu grabe läutet Chr. Weise sittenlehr (1705) 98; wer beim rauschen der blätter feldflüchtig davon rennt und an dräuworten stirbt, den musz man mit eselsgeschrei zu grabe läuten Fr. L. Jahn w. 2, 703 Euler. einen esel zu grabe läuten, vgl. einem esel zu grabe läuten brandiller les jambes, mit den beinen baumeln Chr. Schwan (1783) 1, 781ᵃ: den leit den esel ze grab von einem, der auf einem stuhle sitzend mit den beinen hin- u. herschwenkt rhein. wb. 2, 1331; die lieder unsrer dutzendlyriker (sind) nur die pendelschläge zweier beine ..., wofür unsre liebe sprache den ausdruck hat: einen esel zu grabe läuten Th. Fontane ges. w. (1920) II 4, 79; die redensart geht zurück auf das sogen. eselsbegräbnis von exkommunizierten verbrechern, die ohne kirchliche feierlichkeit, insbesondere ohne glockengeläut beigesetzt wurden (vgl. unten A 11 b esels grab), und der volkswitz bezeichnet die baumelnden beine der kinder als die beim eselsbegräbnis geläuteten glocken, die keinen ton geben, vgl. auch A. Richter redensarten (1921) 48.
ζ)
das grab weihen und andere wendungen kultisch-ritueller art: (es) musz jedes grab kirchlich geweiht sein Wetzer-Welte 5 (1888) 965; ist der friedhof nicht geweiht, musz jedes mal beim begräbnis das einzelne grab benedicirt werden ebda; kirchliche weihe der gräber ebda 960; gräberweihe ebda 961; Christus mit seinem begrebnus ... alle unsere greber auch geheyliget und geweyhet hat Mathesius ausgew. w. 1, 115, 15 Loesche; an geweihtem grab A. v. Droste-Hülshoff ges. schr. 2 (1879) 203. vgl. teil 14, 1, sp. 674 s. v. weihen IA 2 c ε. das grab (be)segnen: ain pfahrer soll derselbigen gestorbnen leich die dreissig täg alle tag das grab segnen ... und als oft er ainen tag das grab nit besegnet, als oft mag man ihm ainen kreizer abbrechen (1643) österr. weist. 4, 10, 37f. in gleichem sinne über das grab gehen: über ein grab zu gehen (zahlt man dem pfarrer) ... 6 kr. (1607, abschr. von 1820) ebda 4, 235; vgl. 160.
η)
für den eigentlichen akt der beerdigung gelten in dem grabe begraben: nâmun sîna lîh inti bigruobun then in grabe (tulerunt corpus eius et sepelierunt illud in monumento) Tatian 79, 10; sihe ich sterbe, begrabe mich in meinem grabe 1. Mos. 50, 5 (in sepulcro meo ... sepelies me). jemand in das (ins) (in ein) grab legen, condere corpus sepulchro ins grab legen Frisius dict. (1556) 1201ᵇ; einen ins grab legen Kramer t.-ital. 1 (1700) 553ᵇ:
that hie muosti alosian thena likhamon
Cristes fan themo crucie, ...
thes guoden fan them galgen endi an graf leggian
Heliand 5726 Sievers; 5821;
... (den leichnam) in thaz grab leggen
Otfrid IV 35, 8; 35;
Krist sich ze marterenne gap,
er lie sich legen in ein grap
Spervogel 30, 14 minnes. frühl.;
daz er geleget in ein grap
durch uns geruochte werden
Konrad von Würzburg gold. schm. 1612 Schr.;
er liesz sie (Tristan und Isolde) ... in ein grab zusammen legen buch. d. liebe (1587) 107ᵇ;
diese, die man von vns träget,
deren tod-erstarrte leich ...
dort wird in ein grab geleget
Königsb. dichterkr. 5 ndr.;
nach C 1 hinüberweisend: die vergessenheit der menschen nimbt nicht ab, bisz er ins grab gelegt wird Lehman flor. pol. (1662) 2, 799. ins grab (hinab) lassen: etzliche ... magistri ... welche die leich in das grab gelassen und also zur ruge gelegt (1546) bei Luther 54, 496 W. eine leiche, jemanden ins grab senken, sieh auch teil 10, 1, 592: als sie all stunden vff dem kirchoff vmb den todten boum (sarg), da Vlenspiegel in lag, da legten sie in vff die beiden seil, vnd wolten in in daz grab sencken (1515) Eulenspiegel 145 ndr.;
die siegenden fahnen wehen herab,
wir senken die lieben gefallnen ins grab
Max Schneckenburger dt. lied. (1870) 81;
die leichenhandtücher, mittels deren der sarg ins grab gesenkt wurde Ziesemer preusz. wb. 1 472. ebenso versenken, sieh auch teil 12, sp. 1278:
nehmt gottes körper ab,
tut ihm das letzte recht,
versenkt ihn in ein grab
P. Fleming dt. ged. 1, 26 Lapp.;
als es (das kind) nun ins grab versenkt und erde über es hin gedeckt war br. Grimm kinder- u. hausmärchen (1888) 2, 117. ins grab einsetzen: uuas thar ... in themo garten niuui grab, in themo noh nu nioman ingisezzit uuas (monumentum novum, in quo nondum quisquam positus fuerat) Tatian 213, 1; einsetzen ins grab condere in sepulcro Henisch (1616) 1720. in das grab beisetzen: er ward in das grab ... beygesetzt; der steinerne sarg stand in einem unterirdischen gewölbe Göthe I 26, 371 W. ins grab betten, vgl. dazu A 4 b β: heute noch ist die sitte verbreitet, ehegatten in gemeinsamem grabe zu betten H. Schreuer d. recht d. toten 2, 33. im vergleich:
die krone ihm und seinem stamm vermachen,
was ist das anders als dein grab dir baun
und lange vor der zeit hinein dich betten?
Shakespeare 8 (1801) 202.
θ)
das begräbnis insgesamt umfassend. zu grabe kommen: der schatten, den der tod eines gerechten über das leben der seinen wirft, vergeht, wenn ... der todte zu grabe kommt Jer. Gotthelf ges. schr. (1855) 10, 302. einen zu grabe bestatten alicui funus facere Steinbach dt. wb. 1 (1734) 627: die leich (Luthers) ... zu Wittenberg gebracht und alda mitt groszen ehren zu dem grabe bestetigt chron. d. dt. st. 27, 121, 1 (Magdeburg vor 1549); er ist zu grab bestattet A. Buchner anleit. z. dt. poet. (1665) 89; als man sie zu grabe bestatten wollte Göthe I 23, 280 W. vgl. teil 1, sp. 1658 s. v. bestatten.
ι)
dinge, die dem toten eigen, lieb und wert waren, ihm (mit ihm) ins grab legen:
und diesen ring
leg du mir von der selgen in das grab
Grillparzer 6, 129 Sauer; 7, 100;
die waffen, bevor man sie dem toten ins grab legte K. Klatt d. heergewäte (1908) 199; dasz (backwerk, bier, geschlachtetes) sollen sie mit ihm insgemein ins grab legen Ziesemer preusz. wb. 1, 473. mit (ihm) ins grab geben, mitgeben: (um dem verstorbenen) ruhe im grabe zu verschaffen ... wird ihm dasjenige mit ins grab gegeben, was ihn wieder in sein haus zurückziehen könnte A. Wuttke d. dt. volksaberglaube ³ 469; sein eigenes pferd und einen goldenen sattel ... die üblichen geschenke, die man dem toten freunde auf dem scheiterhaufen ins grab mitgibt Hans Schreuer d. recht d. toten 2, 193; nach skandin. brauch gab der erbe dem toten drei hände voll vätererde mit ins grab hdwb. d. aberglaubens 3, 1086; die mitgabe der waffen in das grab K. Klatt d. heergewäte (1908) 195. ins grab (nach)werfen: dem letzten eines stammes wurden der zerbrochene schild, wappen, helm, siegel ins grab geworfen hdwb. d. aberglaubens 3, 1087; kränze dem toten ins grab nachwerfen Paul Drechsler sitte, brauch in Schlesien 1 (1903) 304. ins grab folgen: die waffen, die steten begleiter der Germanen, dasz sie ihnen ins grab folgen, ist selbstverständlich G. Steinhausen germ. kultur i. d. urzeit (1917) 49; wenn kränze der nächststehenden dem sarge mit ins grab folgen, so ist das ein ausdruck der persönlichen gemeinschaft H. Schreuer d. recht d. toten 2, 56; vgl. auch unter C 3 b α. mit ins grab erhalten, (mit) bekommen: auch speise und getränke erhält der tote mit ins grab hdwb. d. aberglaubens 3, 1091; nach dem tode ... bekam er sie (die waffen) mit sich in das grab M. I. Schmidt gesch. d. Deutschen (1778) 1, 16; Skalagrim ... der mit liebe und geschick geschmiedet hatte und deshalb sein handwerkszeug ins grab bekam K. Klatt d. heergewäte (1908) 197. mit sich ins grab nehmen: die sühnegabe ... nimmt der tote mit ins grab gerade so wie sein eigentliches eigentum H. Schreuer d. recht d. toten 2, 195; lord Beaconsfield nahm die photographie seiner königin mit ins grab Basler nachr. 21./22. jan. 1928 in: hdwb. d. abergl. 3, 1087; wer den trauring mit ins grab nimmt, zieht den andern gatten nach Paul Drechsler sitte, brauch in Schlesien 1 (1903) 299. uneigentlich, eine übertriebene wertschätzung ironisierend: ich glaube, dieses brautpaar wird seine myrtenkrone mit ins grab nehmen (1841) Annette v. Droste-Hülshoff br. 1, 477 Schulte-K. auf unpersönliche begriffe wie verehrung, schande, geschicklichkeit als etwas dem toten zugehöriges übertragen: hier ist die alte frau von Aachen gestorben ... die anzeige ... sprach viel von ... der allgemeinen verehrung, die sie mit ins grab genommen Annette v. Droste-Hülshoff br. 2, 377 Schulte-K.; an uns alten ist nichts mehr gelegen, wir nehmen unsere schande mit ins grab W. Alexis hosen (1846) 1, 175; jeder vogel bringt die geschicklichkeit nester zu bauen aus seinem ei und nimmt sie auch, ohne sie fortzupflanzen, in sein grab. die natur unterrichtet für ihn Herder 5, 115 S. im besonderen angewandt auf etwas, was erst in der todesstunde gewährt wird, gegeben ist, verzeihung, trost, gewiszheit, kunde u. ä.: so laszt mich doch den trost mit ins grab nehmen, dasz ... Chr. Weise grün. jug. 213 ndr. mit der vorstellung des verlustes für die zurückgebliebenen s. C 2 a β, häufiger noch in dem sinne von C 3 b β.
κ)
das zuwerfen der grube drückt aus das grab zuscharren, seit anf. d. 17. jh. regelmäszig gebucht, tumbam cooperire Henisch 1720; Kramer t.-ital. 1 (1700) 553ᵇ: mache aus den oren ein grab und scharre es zu Luther 30, 1, 171 W.; in bildlicher anwendung sieh teil 16, sp. 788. ebenso ins grab verscharren: sich ins grab verscharren lassen Mathesius ausgew. w. 1, 110 L.;
wenn man uns ins grab verscharrt
D. W. Triller poet. betracht. 1 (1750) 338;
bildlich teil 12, 1060. ins grab scharren:
und wann ich auszgehauchet,
so scharrt man mich ins grab
das grab zuschütten, zuschaufeln, zuschippen, zuwerfen: also wurffen sie das grab zuͦ (1515) Eulenspiegel 145 ndr.; der totengräber ... beim zuschütten des grabes Ziesemer pr. wb. 1, 472; et graf zoscheppen rhein. wb. 2, 1330. das grab schlieszen: wühlet das grab, ihr freunde der todten, aber schlieszt es nicht, bis ich komme Göthe I 19, 168 W.; die platte, welche das grab schlosz Wetzer-Welte 5 (1888) 963;
man leget ihn entseelt in ein verschlosznes grab
(1710) J. G. Neukirch anfangsgründe (1724) 796.
bildlich: reden über jemanden scheint mir hoffnungslos dazu verurteilt, an ihm vorbei zu reden und sein grab dichter zu schlieszen Karl Barth Römerbr. (1926) 21. das grab schlieszt sich (über jem.):
doch ach! mein grab, es schlosz sich nicht!
R. Wagner flieg. Holländer (1866) 5.
im vergleich:
ich bin entdeckt! — verschlossen wie das grab
sei euer mund! nie komme euer nahme
nie, nie der seine über eure lippen
Schiller 13, 425 G.;
in dem haus, in dem ein toter liegt, ruht alle ... arbeit so lange, bis sich das grab über ihm geschlossen hat hess. bl. f. volkskde 24 (1925) 63. das grab deckt, vgl. decken teil 2, sp. 889: wenn du dieses liesest ... deckt schon das kühle grab die erstarrten reste des unruhigen Göthe I 19, 159 W.;
mich einst ein grab mit seinen brüdern decke!
W. v. Humboldt br. an Welcker 8.
λ)
von den leidtragenden heiszt es as., ahd., mhd. oƀar, über, ob, ze dem grabe (gi)stantan, (ge)stân:
Johannes ... im oƀar them graƀe gistuod
Heliand 5897; vgl. 5914;
und lâzestu uns (die eltern) über dîn grap
gestân von dînen schulden
Hartmann von Aue arm. Heinr. 658;
ez tæte dînem herzen wê,
soltest ob mîm grabe stân
ebda 847;
Maria ... stuont zi themo grabe uzze vvuofanti (stabat ad monumentum foris plorans) Tatian 221, 1. nhd. an dem, am grabe stehen: (die freundin) starb, und ich folgte ihrer leiche, und stand an dem grabe Göthe I 19, 178 W.;
o lieb, so lang du lieben magst!
die stunde kommt, die stunde kommt,
wo du an gräbern stehst und klagst
Freiligrath ges. dicht. 2 (1877) 157;
an dem grab am nordfriedhof hab ich abschied nehmend lange gestanden Edith Salburg erinn. (1928) 3, 292. um das grab stehen: alle ... die um dieses grab standen (d. i. alle leidtragenden) Ernst Wiechert die Jerominkinder (1945) 284; vgl. mhd.:
alle die,
die dâ umbe daz grap wâren
(bei der bestattung)
Stricker mœren 15, 237 Rosenhagen.
b)
auf den toten im grabe bezogen.
α)
selten zu grabe liegen: ze grabe ligen Ulrich v. Türheim Tristan 3538; zu grab liegen Kramer t.-ital. 1 (1700) 553ᵇ. seit dem ahd. durchstehend bis heute im grabe liegen:
Crist unsir gîsil dur unsich in grabi lag
zwû nacht undi einin dag
summa theol. bei Waag dt. ged. d. 11. u. 12. jhs. 24;
Lazarum ..., da er vier tage im grabe gelegen war Luther tischr. 1, 775 W.; ach! ach! ich musz mir die nase zuhalten: sie müssen schon lange im grabe liegen Raupach dram. w. kom. gatt. (1829) 1, 75. mit dem nebensinn 'tot, gestorben sein', nach C 1 a weisend:
swer also vliuset sîne habe ...
der læge baz in eime grabe
Winsbeke 45, 10 Leitzm.;
mein freid ist mir gefallen ab
mit einer, die itzt leit im grab
(1502) J. v. Schwarzenberg trostspr. 9 ndr.;
vber dasselbig volck ...
Protesilaus gubernieret,
als er bey leben war vorab,
nun aber ligt er in dem grab
Spreng Ilias (1610) 25ᵇ;
freilich, als er dann in seinem grabe lag, war auch der letzte notgroschen hin Fontane ges. w. I 5, 47. in redensarten: der sieht aus, wie wenn er schoⁿ 3 tag im grab gᵉlegeⁿ wärᵉ Fischer schwäb. 3, 777; rhein. wb. 2, 1330; er siehet aus, als wenn er schon hätte im grabe gelegen Steinbach dt. wb. 1 (1734) 627; ich sah bald aus, als hätte ich schon zehn jahre im grabe gelegen Immermann 1, 14 Hempel; der ist für mich abgetan, als läg er im grabe (1839) W. Grimm an Dahlmann, briefw. 1, 354. sprichwörtlich: wer auszgelehrt will seyn, der musz im grab liegen Lehman flor. pol. (1662) 1, 496; wer keinen fehler hat, musz im grabe liegen kein lebender mensch ist fehlerlos Carl Schulze bibl. sprichw. (1860) 23; im grabe liegt der fürst nicht bequemer als der tagelöhner Wander 2, 117 u. a. das (ein) grab finden, wie z. b.: die gefallenen, die auf dem ehrenfriedhof ihr grab gefunden haben; in der fremde ein grab finden s. A 5 d γ; stehend im uneigentlichen u. bildlichen gebrauch, s. B 1 a α; β; ε; C 1 b α; C 2 b β.
β)
alt ist die gleichstellung des toten mit dem schlafenden (vgl. über urzeitliche grundlagen Hans Schreuer das recht d. toten 1, 351). im grabe schlafen (vgl. s. v. schlafen 2 c mortuum esse teil 9, 287 sowie die entsprechung mit (er)wecken unter A 4 e β ende): unde ward ih keahtot also andere irslagene, die in demo grabe slafent Notker 2, 362, 2 P. (estimatus sum tamquam vulnerati dormientes in sepulcro ps. 67, 6); die inn jren grebern schlaffen und ruhen Mathesius leychpred. 1 (1572) 25ᵃ; im grabe schläft man aus Frisch 2, 186ᵃ;
wenn ich im grabe schlafe, so ist mein leib nur gestorben
Bodmer Noah (1752) 226;
daher das grab als schlafhaus und (ruhe)bett: also hat er (Christus) auch durch sein grab aller christen greber zum schlaffhausz und ruhestadt ordnen wöllen Mathesius ausgew. w. 1, 116 Loesche; der christen grab ist jhr ruhebeth Petri d. Teutschen weiszheit (1605) B 1ᵇ;
weil uns der tod ein schlaf, das grab ein ruhbett ist
Fleming dt. ged. 1, 27 Lapp.;
sprichwörtlich: im grab von erde ist man weich gebettet Wander 2, 117; wer im grabe liegt, dem ist wohl gebettet W. Binder (1873) 79. im grabe ruhen, vgl. s. v. ruhen II 1 a β, teil 8, sp. 1428:
daz fleisc (Christi) ruowôte in demo grabe
Ezzos gesang bei Waag dt. ged. d. 11. u. 12. jhs. 12;
die vergrabenen, welche unter der erde ruhen in ihren gräbern J. Prätorius anthrop. Pluton. (1666) 1, 79;
im grabe ruht, der euch gewaltsam bändigte
Schiller 14, 31 G.;
was kann ich für die heimat thun,
bevor ich geh im grabe ruhn?
C. F. Meyer ged. ¹⁴93;
auf das grab selbst bezogen:
stille
ruhn oben die sterne
und unten die gräber
Göthe I 3, 61 W.
ruhe im grabe (vgl. s. v. ruhe II 1 c, teil 8, sp. 1421; in profundissimum infernum descendent omnia mea. putasne saltem ibi erit requies mihi? Hiob 17, 16): seine ruhe, die er inn seinem grabe ... hält Mathesius ausgew. w. 1, 116 Loesche; im grab findt man ruh und fried Petri d. Teutschen weiszh. (1605) A 3ᵃ; im grabe ist ruh Göttinger musenalman. (1792) 165; H. Heine s. w. 1, 36 Elster; der mensch kriegt erst im grab eⁱⁿᵉ ruhᵉ Fischer schwäb. 3, 777; dasz das grab seine ruhe hat und der drunter liegt auch Fontane ges. w. I 5, 182. keine ruh im grabe haben, finden:
er (der bösewicht) findet, nach des lebens raum,
im grabe keine ruh
Hölty ged. (1783) 31;
da hatte es (das kind) im grabe keine ruh kinder- und hausmärchen (1812) 1, 23. in demselben sinne sich im grabe regen: so lange in charakteristischen zeichnungen John Bull erscheint, rege sich des wahren kenners und darstellers der dinge, Swifts asche im grabe Herder 23, 36 S.; gewisz hat Polier sich im grabe geregt (vor entsetzen über eine ketzerische wissenschaftliche these) J. H. Voss antisymb. (1824) 1, 135. hyperbolisch gesteigert sich im grabe umkehren, umdrehen, umwenden, meist vor gram, kummer, ärger, den der tote im leben über etwas, das nun geschieht, empfunden haben würde, vgl. die belege teil 11, 2, 968; 844 und 12, 164; dazu noch:
der edle wein! wenn meine alte herrschaft,
die frau mama, das wilde leben säh,
in ihrem grabe kehrte sie sich um!
Schiller 12, 164 G.;
wahrlich die gebeine eurer väter würden sich in ihren gräbern umkehren E. M. Arndt schr. f. u. an s. l. Deutschen (1845) 2, 46; nenn deine mutter nicht, sie drehet sich dabei im grabe um aus gram A. v. Arnim s. w. 6 (1840) 155; zwar würde sich ... der prinzregent Luitpold ... im grab herumdrehen, wenn einer seiner söhne wie ein bettler aus Litauen abzog A. Zweig einsetzung e. königs (1950) 38; vgl. rhein. wb. 2, 1330; schweiz. id. 2, 677; wir könnens vor gott und der welt nicht verantworten; der alte vater würde sich im grab umwenden Göthe I 38, 119 W. selten vor freude, sieh teil 11, 2, sp. 844 Scheffel 4, 12.
c)
auf die pflege der grabstätte und die ehrerbietung für den toten geht
α)
die gräber zieren, schmücken u. ä. seit dem ahd. oft als wiedergabe von Matth. 23, 29 ornatis monumenta iustorum: uuanta ir ... garauuet grebir rehtero Tatian 141, 26, vgl. auch: ir ... sconit reht uuisigero grapehus Monseer fragm. 18, 7 Hench; zcîret di grebere der gerechten d. Matthias v. Beheim evang.-buch 55 Bechstein; schmücket der gerechten greber Matth. 23, 29; das grab mit blumen zieren Steinbach dt. wb. 1 (1734) 627; (wir) haben ... das grab eingedeckt und gleich für allerseelen geschmückt Winnig wunderb. welt (1938) 320; schmuck der gräber Wetzer-Welte 5 (1888) 962. ebenso das grab pflegen, in ordnung halten, machen u. ä.: die gräber werden sorgfältig gepflegt P. Drechsler sitte, brauch in Schles. 1 (1903) 299; die pflege des grabes Sartori sitte u. brauch 1 (1910) 157;
wer sorgte für die gräber?
Göthe I 39, 316 W. (Urfaust);
die gräber auf dem kirchhof in ordnung halten Sanders dt. wb. 1, 613ᵃ; ich bin ja doch nur da, um die gräber zu begieszen Cl. Viebig die vor d. toren (1949) 292; en graf machen das grab schmücken, in ordnung bringen rhein. wb. 2, 1330; vgl. auch oben 3 c und d.
β)
die gräber besuchen:
sie besuochten doch ofte sîn grap
Ulrich v. Eschenbach Alexander 27 218 Toischer;
auch heute allgemein üblich, vgl. das grab seiner eltern besuchen Sanders dt. wb. 1, 613ᵃ; die alte häusliche gemeinschaft mit dem toten setzt sich zunächst in häufige besuche am grabe um H. Schreuer d. recht d. toten 2 (1916) 129. anders die (heiligen) gräber besuchen, s. unter 3g; vnser lieben verstorbenen greber heymsuͦchen Mathesius ausgew. w. 1, 110 Loesche. zu jemandes grabe gehen: wens gebet ausz ist, wöllen wir alle zu unser lieben muter grabe gehen Mathesius ausgew. w. 1, 104, 27 Loesche; und es ist wohl keiner noch zu seines freundes grabe gegangen, ohne die leise hofnung, da dem freunde wirklich zu begegnen Hölderlin s. w. 2, 192 Hell. gesteigert, als ausdruck der verehrung, zu jemandes grabe wallfahren, wallfahrten: ein kaiser von sächsischer herkunft trug kein bedenken, ... zu dem grabe seines freundes Adalbert, der bei dem versuch, die Preuszen zu bekehren, umgekommen war, zu wallfahren Ranke s. w. (1867) 25, 3; man wallfahrtete zu seinem (Gellerts) grab wie zum grab eines heiligen Hettner lit. gesch. 3, 1, 382. vgl auch ob. 3 f α zum heiligen grabe wallfahren, wallfahrten.
d)
vom gegenteil gelten eine reihe von wendungen; vgl. langobardisch de crapworfin si quis sepulturam hominis mortui ruperit et corpus expoliaverit aut foris iactaverit, nongentos solidus sit culpavelis parentibus defuncti (a. d. j. 643) edictus Rothari cap. 15 in: mon. Germ. hist., legum 4, 15 Bluhme. ein grab berauben: beraubit abir einr der totin grab ... seine peine ist czehin pfunt goldis blume v. Magdeburg 168 Boehlau; die gräber verwüsten sepulcra violare, quod grave crimen est Henisch (1616) 1720;
keines Römers schnöde habsucht soll dir je dein grab versehren
Platen w. 1, 6 Redlich;
die gräber verletzen Steinbach dt. wb. 1 (1734) 627; verletzungen, schändungen, beraubung der gräber in der kirche stets ... als sacrilegien angesehen Wetzer-Welte 5 (1888) 962; verunehren Stieler (1691) 688: welche die gräber der todten mit ärgernus verunehren und erbrechen ... sollen am leben ... gestrafet werden (1707) peinl. halsgerichtsordn. Josefs I. in: dt. rechtswb. 4, 1040; das grab verunheiligen Zedler univ.-lex. 11 (1735) 452; die soldatenrotten (begannen) die gräber zu schänden und zu plündern G. Bergmann V. v. Heidenstam, Karl XII. u. s. krieger (1916) 1, 115.
e)
wendungen für die öffnung des grabes und die wiederkehr der toten. zumeist auf biblischer grundlage, vor allem von Matth. 27, 52: καὶ τὰ μνημεῖα ἀνεώχθησαν καὶ πολλὰ σώματα τῶν κεκοιμημένων ἁγίων ἠγέρθησαν. monumenta aperta sunt et multa corpora sanctorum qui dormierant surrexerunt (beim kreuzestode Christi) und in beziehung auf die auferstehung Christi.
α)
auf die öffnung des grabes bezogen. ahd. und frühmhd.:
thiu grebir sih indatun, joh giangun uz thie dotun
Otfrid IV 34, 3;
dî graber sich indâdun:
dâ stûnden ûf dî dôdun
Friedberger Christ u. Antichrist in: denkm. ³1, 104 MüllenhoffSch.
durchstehend vom frühmhd. bis heute:
diu grebere tâten sih ûf
Ezzos gesang bei Waag dt. ged. d. 11. u. 12. jhs. 11;
an sînem (Christi) tage marterlich
ûf diu greber tâten sich
und vil darûz der tôten gie
Konrad von Würzburg Silvester 3260 Ger.;
di greber worden uf getan
Heinrich von Neustadt gott. zuk. 3125 Singer;
und die greber theten sich auff und stund auff viel leibe der heiligen, die da schlieffen und giengen aus den grebern Matth. 27, 52; vgl. Luther tischr. 1, 686 W. auszerhalb des biblischen zusammenhangs:
's mocht die stunde sein, wo sich die gräber
aufthun und graun verhauchen durch die nacht
J. v. Eichendorff s. w. (1864) 4, 338;
alle gräber tun sich auf
an dem tage allerseelen
Agnes Miegel ball. u. lied. (1922) 85.
aktivisch:
thaz grab sie thar indatun (des Lazarus)
Otfrid III 24, 88;
oͮf taten si daz grab,
da der guͦte (Josef) inne lach
Milstäter gen. u. exod. 159, 4 Diemer:
die Sarracener haben das grab Joannis aufgethan vnd alles zu puluer verbrent bei Luther tischr. 2, 21 W. als gängig gebucht die gräber aufthun eruere busta Maaler (1561) 191ᵃ. seit dem altsächs. und ahd.:
graƀu uuurthun giopanod
dodero manno
Heliand 5670;
inti grebir wurdun giofanotu Tatian 209, 2. reflexiv: felsen zersprangen, gräber öffneten sich Konstantin Rösch d. vier hl. ev. (1914) 102. das grab ist (wird, steht) offen:
diu grebir wurden offen
den das grab ist offen, vnd Christus ist herausz an tag komen Luther tischr. 2, 8 W.;
manic grab sten offen noch
offen steht das grab! welch herrlich wunder! der herr ist
auferstanden
Göthe I 1, 446 W.
auszerhalb des biblischen zusammenhangs ein grab öffnen, öffnen lassen ein geschlossenes grab eines vor längerer oder kürzerer zeit begrabenen toten wieder aufmachen, etwa um den toten gerichtlich zu besichtigen, ihn umzubetten oder dergl., aprire un sepolcro Kramer t.-ital. 1 (1700) 553ᵃ: damit öfnet sie das grab und nam den man (der als leiche im grab liegt) dar uz (viri bustum reserat) Steinhöwel Äsop 153 Ö.; auch die leiche Karls des Groszen war nicht verwest, als Otto III. das grab öffnen liesz Hans Schreuer d. recht der toten 1, 379 anm. mit stärkerem ausdruck:
als nû di greber erschrunden (barsten),
nicht ze hant erstûnden
von tôdes slâf di tôten
Joh. von Frankenstein kreuziger 10323 lit. ver.:
die gräber brachen auff.
auf dich, o Solyme,
war vieler todten lauff
(bei Christi tod)
Treuer Dädalus 1 (1675) 322;
auf seinen befehl ward das grab des siegers von Aquae Sextiae wieder aufgerissen Mommsen röm. gesch. (1856) 2, 339;
zur zeit wo eulen schreyn und hunde heulen,
wo geister gehn, ihr grab gespenster sprengen
Shakespeare 8 (1801) 37.
β)
in verbalen wendungen, welche die wiederkehr oder auferstehung der toten umschreiben. so namentlich von, aus dem grabe erstehen usw. im ahd. vereinzelt noch getrennt:
... joh (die toten) stuantun ir then grebiron
Otfrid IV 26, 20 (vgl. unten bei aus dem grabe gehen);
sowie unkomponiert:
joh von themo grap er stuant (Lazarus)
Otfrid III 24, 101;
als compositum, doch ohne präposition: denne arstat Christ crape (cum surgit Christus tumulo) Murb. hymn. 21, 6, 1. seit dem ahd. allgemein üblich von, aus dem grabe erstehen, wobei die präposition von nur bis zum 17. jh. reicht (sieh auch unten von dem grabe aufstehen, gehen, erwecken sowie Kirsch cornucop. [1718] 2, 157ᵇ):
tho druhtin wolt es waltan, fon themo grabe irstantan
Otfrid III 7, 6; IV 37, 32; V 4, 2;
nieman thaz für wunder habe
daz Krist erstuont von dem grabe
Freidank 8, 15;
alle toten erstaͮnd von dem grab
(am jüngsten tag)
Mone schausp. d. mittelalt. 1, 279.
beide präpositionen verbunden:
tho thaz ewiniga guat uz fon themo grabe irstuant
Otfrid V 9, 1.
aus dem grabe erstehen bis heute: irstan uzzer grabe (resurgere de sepulcro) Notker 2, 240, 20 P.; und alle menschen, die ie wurden, die erstent auz den grewern (am jüngsten tag) altdt. pred. 2, 14, 5 Schönbach; unszer herr Christus ausz dem grab ersteht (1710) Elis. Charl. v. Orleans br. (1707—15) 179 Holland. aus dem grabe auferstehen: Christus ... ausm grabe herfür wischte und auferstand Luther tischr. 4, 336 W.; also (frisch und gesund) werden wir aus den gräbern am jüngsten tage auch auferstehen ebenda 4, 203 W. aus (von) dem grabe aufstehen:
dar nâh an dem dritten tage
stunt er ûf von dem grabe
lebindic von den tôten
Hartmann rede v. glauben v. 1266 v. d. Leyen;
ich wil von sünden auferstehn,
wie du vom grab aufstehest
aus dem grabe aufstehen Kramer t.-ital. 1 (1700) 553ᵇ. in anderm sinne: da die landesbewohner der übermacht schon unterlagen, die toten aus den gräbern aufstanden, diese unholde tapfer abwehrten br. Grimm d. dt. sagen 1, 255 H. Schneider. von, aus dem grabe gehen:
sie (die toten) giangan ir then grebiron
(exeuntes de monumentis)
Otfrid IV 34, 5;
wan an dem dritten tag wil er ersten
und lebendtig von dem grab gen
altdt. passionssp. aus Tirol 149 Wackernell;
ther er nan (Lazarus) tode binam hiaz uzer themo grabe gan
Otfrid IV 3, 16;
wir werden ausz den gräbern gehn
Königsb. dichterkr. 109 ndr.
aus dem grabe hervor-, herfürgehen: und das wir wie Lazarus wider aus dem grab werden herfür gehen Mathesius trostpred. (1579) M 7ᵃ; vgl. Ramler unter A 8 e. aus dem grabe, aus den gräbern kommen:
dur daz alle toten sa
uz den grebirn komen da
(vor dem jüngsten gericht)
aus dem grabe kommen und nach dem tode fragen Paul Winckler gute gedanken (1685) K 4ᵃ. gern im vergleich: sie sehen, als weren sie aus dem grabe vom tode auffgestanden Tappius adagia (1545) S 3ᵇ; Henisch (1616) 1720; Kramer t.-ital. 1 (1700) 553ᵇ; er siehet, als wäre er vom grabe herfürkommen Kirsch cornucop. (1718) 2, 157ᵇ; der sieht aus, wie wenn er aus dem grab kämᵉ Fischer schwäb. 3, 777;
ich kam zu dir, ein todter aus dem grabe
(nach der schweren krankheit)
Göthe I 5, 1, 58 W.;
hoffe doch bei mir noch zu erwarmen,
wärst du selbst mir aus dem grab gesandt!
ebda 1, 223 (braut von Corinth).
vom grab, aus dem grabe (er)wecken (A 4 b β entsprechend):
Laodamia klagt, dasz sie vom grab erwecket
Protesilai geist
Opitz teutsche poemata 119 ndr.;
der hl. Fridolin weckt einen toten aus dem grabe H. Schreuer d. recht d. toten 1, 390. s. auch bei C 2 b δ. aus dem grabe (herfür) bringen; vom totenzauber: haben todten ausz den gräbern gebracht, erquickt wider in jhr leben Paracelsus opera 2, 378 Huser; so sollen sie, mit ihren beschwerungen, gar die verstorbene, und also die todten ausz ihren gräbern, wider lebendig hervor bringen können J. Prätorius d. abenth. glückstopf (1669) 57.
5)
typische adjectiva.
a)
der äuszeren beschreibung dienen adjectiva wie offen, frisch, leer u. a. offenes grab in mehrfacher bedeutung. für eine bestattung frisch ausgehobenes grab, das noch nicht wieder zugeworfen ist, meist in der situation, dasz der tote eben hinabgelassen ist:
der du an offnen gräbern weinst
Schubart s. ged. 1 (1825) 263;
trösten wir uns doch sogar am offenen grabe mit dem alten tiefsinnigen spruche W. H. Riehl d. dt. arbeit (1861) 226; wenigstens ... vor dem offenen grab hätten sie den streit zudecken sollen O. M. Graf unruhe (1948) 265;
ich seine braut! eh in das offne grab
mich stürzen als in eines mannes arme!
Schiller 13, 408 G. (Turandot 3, 2);
vgl. noch am (vor dem) offnen grabe stehen unter A 4 a λ sowie den uneigentlichen gebrauch von C 1 b ε. längere zeit nach der bestattung wieder geöffnetes grab, dem verwesungsgeruch entströmt. besonders unter biblischem einflusz (sepulcrum patens), s. unter A 8 c. ohne dieses moment, geöffnetes grab wieder zum leben erweckter toten, unter A 4 e α, auch von Christi grab nach seiner auferstehung, s. ebda. frisches grab (vgl. s. v. frisch 1 recens, gegensatz alt):
ich bger nichts, dann ein frisches grab
Ayrer dramen 161 Keller;
einzelne stäudlein auf ein frisches grab gesetzt Gottfr. Keller ges. w. (1889) 1, 12;
das kreuz vom frischen grab
Fritz v. Unruh ein geschlecht (1918) 48;
vgl. frisch gemachtes grab ob. A 4 a β. leeres grab grab ohne inhalt, das keine leiche mehr birgt, insbesondere auf das grab Christi angewandt, aus dem Christus auferstanden ist, vgl. im ahd. und mhd. îtal, îtel:
gisiunes arumi er (der engel) gab in thaz îtala grab
(er gab die möglichkeit, in das leere grab hineinzuschauen)
Otfrid V 4, 30;
der engel ... warf den stein ab dem grab, daz tet er darumb, daz er den frawen zaigt, daz daz grab eitel waz vnd vnser herre erstanten waz dt. pred. d. 12. u. 13. jhs. 66 Roth; dem iteln grab 67;
schaw dort das leere grab! hier schaw den starken heldt
Gryphius sonn- u. feiertagssonette 33 ndr.
sonst:
kurz vor dem fall des groszen Julius standen
die gräber leer, verhüllte todte schrien
und wimmerten die römschen gassen durch
Shakespeare 3 (1798) 146.
anders für ein grab, in dem nie eine leiche gelegen hat, kenotaph, s. oben A 2 f, ebda ledig grab. tiefes grab:
ich bin gleichsam versetzet
in ein sehr tieffes grab vnd eine finstre noth
Dietrich v. d. Werder buszpsalmen (1632) C 2ᵃ.
entsprechend:
mir däucht, ich säh dich, da du unten bist,
als lägst du tot in eines grabes tiefe
Shakespeare 1 (1797) 113.
hohles, gewölbtes grab, sieh unter A 2 a, b, vgl. dazu grabeshöhle; köstliches, prächtiges grab, s. A 2 c; schauderhaftes, übertünchtes grab u. ähnl., s. A 8 a, d.
b)
finster, dunkel, düster, schwarz, kalt, kühl, einsam, trostlos und ähnl. geben empfindungen, die der lebende dem toten beilegt, als attribute des grabes. finster:
denn er meint, dasz für ihm stehe finstres grab und schwartzer tod
Logau sinnged. 392 Eitner;
ein ... mehr einem finstern grabe als einem tempel ähnliches ... heyligthum Lohenstein Arminius (1689) 1, 89;
die nacht war schaurig,
sternlos, finster wie das grab
Uhland ged. (1898) 1, 214.
dunkel:
hie ist der stoltze muth geendet
und in ein tunckel grab gewendet
Königsb. dichterkr. 46 ndr.;
o legt mich nicht ins dunkle grab
Uhland ged. (1898) 1, 29;
entsprechend:
sein grab umwohnet dunkelheit
Denis lieder Sineds (1772) 212.
düster:
stets an düstern gräbern stehn,
heiszt sich von der welt entwöhnen
Gottsched ged. (1751) 1, 97.
schwarz:
bis das die grimme macht
des todes heist ins schwartze grab uns flihen
Gryphius sonn- u. feiertagsson. 97 ndr.;
schwarz wie das grab graute mich eine trostlose zukunft an Schiller 3, 402 G. entsprechend die finsternis, nacht, dämmerung des grabes u. ä.: er stiez mih in die finstri des crabes also die toten dero uuerlde Notker 2, 587, 21 P. (in obscuris ps. 142, 3);
ruh sanft in deines grabes nacht
Gottsched ged. (1751) 1, 170;
ihr chöre singt ihr schon den tröstlichen gesang,
der einst, um grabes nacht, von engelslippen klang
Göthe I 14, 41 W. (Faust 747);
barg dich grabes dämmerung
vor der zeiten zahn?
Fr. Rückert ges. poet. w. (1867) 3, 29.
kalt:
... obschon mein leib ins kalte grab versinckt
A. Gryphius lustsp. 251 Palm; 301; 316;
ich werde in kurzen mit ach und weh das kalte grab beziehen müssen Schoch com. v. studentenl. 96 Fabricius;
o freund, dasz du ins kalte grab,
so balde von uns weichst?
Ph. Zesen verm. Helikon (1656) 1, 65;
o dessen seele ist kalt wie das grab, leer wie eine höle Herder 5, 248 S.;
kalt und dunkel wie das grab
Grillparzer s. w. 4, 15 Sauer;
vgl. leichenkalt. kühl:
das tödtlich end vnd küle grab
Spreng Ilias (1610) 38ᵃ;
gestern noch auf stolzen rossen,
heute durch die brust geschossen,
morgen in das kühle grab
W. Hauff s. w. (1890) 1, 41;
vgl. auch bis an dein kühles grab bei C 3 b γ. dumpf: aus dem dumpfen grabe ... hervorgehn Lenz ged. (1891) 10 Weinhold; aus dumpfem grabe erstehn Shakespeare 7 (1801) 108. einsam:
einsame gräber der todten
Klopstock oden 1, 42 M.-P.;
denn es ist doch nur wahn, dasz es dem todten im grabe so einsam, so dunkel, so kalt ist Herder 5, 658 S.;
ach werd ich erst einmal
einsam im grabe sein
Göthe I 2, 116 W.;
einsamkeit, du bist des grabes bild
v. Cronegk schr. (1766) 2, 6.
trostlos:
vom herde fern welch trostlos grab!
Annette v. Droste-Hülshoff ges. schr. (1878) 2, 90.
c)
andere adjectiva übertragen eigenschaften, zustände des toten (still, stumm, verschwiegen) auf das grab. stilles grab, zur mehrschichtigen bedeutung, 'ohne leben, ohne laut, schweigend', s. still teil 10, 2, 2962; vgl. auch todt-, todten-, todesstill, -stille, leichenstill, grabesstill (s. überall dort):
an des dulders stilles grab
v. Salis ged. (1821) 70;
bis zur rast im stillen grabe
Müllner dram. w. (1828) 1, 52;
häufig im vergleich still wie das (ein) grab:
stille sei mein geheimnis wie das grab
Gerstenberg Ugolino 239 nat.-lit.;
die gegend war unten weit und breit still, wie ein grab Eichendorff s. w. (1864) 2, 47; das grosze alte haus war so still wie ein grab Ernst Wiechert Jerominkinder (1945) 117. stumm (vgl. s. v. stumm III A 6 e, teil 10, 4, 390), schweigend u. s. w.: sein weib ... händeringend, aber stumm wie das grab Bonaventura nachtwachen 87 lit.-denkm.;
und davon schweigen, was man ihm entdeckt.
o stumm wie das grab!
Th. Körner s. w. 3 (1876) 229 Streckfusz;
vgl. dazu:
bis alles im grabe verstummt ist
Bürger ged. (1822) 2, 123;
keine antwort, alles stille,
alles schweigend wie das grab
Grillparzer s. w. 4, 64 Sauer;
die leute sitzen vorne schweigsam wie das grab in ihrem stollen Rud. Hoffmann d. dt. soldat (1937) 268; ich bin verschwiegener als das grab Fr. L. Schroeder dram. w. (1831) 1, 3; ich (ging) lautlos, wie das grab Gottfr. Keller ges. w. 4, 68. das adjectiv kann dem vergleich auch fehlen: keiner hat es gewuszt, nur Michael und Michael ist wie ein grab Ernst Wiechert Jerominkinder (1945) 219; ein gesantschaftsrath ... ein grab von geheimnisz K. L. Woltmann memoir. (1815) 2, 3; e graf es gege mich e kaffekränzche rhein. wb. 2, 1330. entsprechend stille, schweigen des grabes:
bald umgibt dich, unvollkommne hülle,
dunkle nacht, des grabes stille
Hölderlin ges. dicht. 1, 37 Litzm.;
geschieden
bin ich der jüngeren welt,
näher der stille des grabes
Ulr. Hegner ges. schr. (1830) 5, 136;
das schweigen des grabes ist das element der ewigkeit Hegel w. (1832) 11, 273. mit negativem akzent: (Stein pflegte) edelleute, die ihre bauern legten ... mit den höhlen von raubtieren zu vergleichen, die alles um sich verödeten und sich mit der stille des grabes begnügten Franz Mehring dt. gesch. v. ausg. d. ma. (neudruck 1947) 89.
d)
ehrlich(es) grab.
α)
das grab sachlich wertend, 'ansehnlich, vortrefflich', vgl. s. v. ehrlich 2: begrabe deinen todten in vnser ehrlichsten grebern 1. Mos. 23, 6 (in electis sepulcris nostris); in unsern erlichsten und besten grebern Dietenberger biblia (1534) 11ᵇ; vgl.: in unsen koͤstliken graven Lübecker bibel (1533) 14ᵇ; in vnser erwelte greber erste dt. bibel 3, 110 lit. ver.; in unsern auszerwölten graͤbern Joh. Eck bibel (1537) 11ᵃ; in vnsern greberen, in wölichen du dir auszerwellest Zürcher bibel (1531) 10ᶜ.
β)
auf die ehre, den nachruhm des begrabenen gehend, 'ruhmvoll': Christi grab ehrlich, sein leben schmaͤlich (sepulcrum Christi gloriosum, vita ignominiosa) Henisch (1616) 1722, vgl. Jes. 11, 10: radix Jesse ... et erit sepulcrum eius gloriosum, wiedergegeben durch endi siin grab scal siin guotliih ahd. Isidor 42, 21 Hench, erläutert mit siin grab ist auur so drado eruuirdhic 43, 6; sin grab wirt erenrich Claus Cranc propheten 20 Ziesemer; und sein grab wirt wunsam erste dt. bibel 8, 387 lit. ver.; würdt herrlich sein Joh. Eck bib. (1537) 80ᵃ; vgl.: ward er ehrlich begraben sepultus est honorifice Tobias 14, 2. hierher:
und sein grab, seine kinder sind glorreich unter den menschen ...
nimmer verwelkt sein herrlicher ruhm
E. M. Arndt w. 6, 28 R.-M.;
vgl. uneigentlich und bildlich ruhmvoll, rühmlich grab 'ruhmvoller tod', entgegengesetzt beschimpftes, schmähliches grab unter C 4.
γ)
im hinblick auf das mit den üblichen totenehren begangene begräbnis, auch auf den ort des grabes, 'ohne schande'; im ersten beleg β noch nahe:
auch werden deinen (Hectors) leib mit grausz
fressen die hund vnd vögel toll,
entgegen mein Patroclus soll
bekomen gar ein ehrlichs grab
Spreng Ilias (1610) 311ᵃ;
weil er ketzereien glaubte,
comödien und verse schrieb,
man kaum ein ehrlich grab erlaubte
Gellert s. schr. (1839) 1, 52;
(er hat) in der fremde kein ehrliches grab finden können Luthers bibel (1917) 2. Makk. 5, 10, vgl.: bestate jn ehrlich zum grabe (et non despicias sepulturam illius) Jesus Syrach 38, 16;
dann als die gansz mit tod ging ab
bestatt er sie ehrlich zum grab
Wolfhart Spangenberg ganskönig 114 Martin;
ehrlich begraben ebenda 112. in diesem sinne auch gutes grab, aber zugleich mit stärker religiösem akzent von der vorstellung des erworbenen heils aus:
ach dasz ich nur sein leichnam hett,
damit ich jhm ein ehr anthet ...
und wo einer begraben leit ...,
ist er in gott dem herren gstorben,
hat er ein gutes grab erworben
Frischlin dt. dicht. 33 lit. ver.
speziell mit bezug auf die kirchlichen ehren bei einem christlichen begräbnis: ohne segen und weihwasser legten wir sie (die gestorbene mutter) in die grube. ich hab vor dem priester gekniet und um ein ehrlich grab gefleht, er aber wollte sie nicht weihen, weil sie eine landfremde wär G. Freytag ges. w. (1887) 2, 34.
6)
bezeichnende substantivische koppelung mit grab.
a)
stilistischen zwecken dienend, gelegentlich grab und graben als figura etymologica:
man spricht, wie man mir nachricht gab
von keinem graben, doch vom grab
Göthe 15, 1, 315 W. (Faust 11 558);
die eine frau minnetrost hienieden bekomm' ich wohl nimmer ... zu schauen. aber jenseit des grabens, welcher so tief ist, dasz man ihn ausschlieszlich das grab geheiszen hat, wohnt ja nichts, als lauter minnetrost Fouqué zauberring (1812) 1, 97; vgl. auch: den kilchhoff mit grebern und vergrabnen körppeln Fr. Riederer rhetoric (1493) r 3ᵇ. häufiger und älter grab und grube, grab und gruft als poetisch-rhetorische steigerung:
in tiefen gruoben und in graben
Ulrich von Eschenbach Alexander 22 278 Toischer; vgl. 22 283;
die aschen (der märtyrer von Brüssel) will nicht lassen ab,
sie steubt, ynn allen landen,
die hilfft kein bach, loch, grub noch grab,
sie macht den feynd zu schanden
(1523) Luther s. dt. geistl. lieder 30 ndr;
die heimligkeiten bisz in den tod, grab und gruben verschweigen Sattler teutsche orthographey u. phraseologey (1607) 222; unter soviel tausend, die allda in gruben und gräbern und bei kreuzen begraben Abraham a s. Clara 2, 261 Strigl; wenn die andern, so vnter der erden schlaffen, auffwachen und ausz iren grüfften und grebern herfürgehen Mathesius leychpred. 1 (1572) 6ᵃ; aus grufft und gräbern bei Lohenstein Arminius (1689) 1, e 3ᵃ unter C 2 b δ;
gute nacht!
grab und grufft ist schon gemacht!
Joh. Chr. Günther ged. (²1739) 113;
so werd ich minder schnell in grab und gruft gebracht
Gottsched dt. schaubühne 5, 26;
auch öffnet sich der gräber grufft
dagegen differenzierend: sant Ulrich ... liesz im da ain grab und grunfft (grabkapelle, krypta) machen, da er nach seim tod ligen wolt, als noch stat (Augsburg 15. jh.) städtechron. 4, 296; aus sparsamkeit war kein eigenes grab angekauft, der sarg (Mozarts) wurde in einer allgemeinen grube beigesetzt O. Jahn Mozart (1856) 4, 688.
b)
als sachlich einander zugeordnete begriffe verbinden sich sarg und grab: er brach die alten sarch vnd gröber auff, vnd besach die todten darinn H. Boner (1535) 38ᵃ;
sie wider thut sich geben
zum grab vnd laͤren sarck
(Maria Magdalena am grabe Christi)
Spee trutznachtigall (1649) 61;
o liebe, liebe, du bist starck,
du streckest den (Christus) ins grab und sarg,
vor den die felsen springen
vor allem tod und grab (vgl. auch C 4): damit wir vns weder vordem todt noch grabe entsetzten Mathesius ausgew. w. 1, 110, 7 Loesche;
du nun bist tod und grab entgangen
A. Gryphius lustsp. 317 Palm;
einen saal ..., in welchem kunst und leben jede erinnerung an tod und grab aufhoben Göthe I 23, 197 W.; die weiszen rosen, denen man eine gewisse beziehung auf tod und grab beizulegen gewohnt ist Holtei erz. schr. (1861) 1, 46;
oder sind es grab und tod,
die mir ihre schrecken senden?
Müllner dram. w. 1 (1828) 31.
sprichwörtlich: wer aus dem grabe kommt, weisz, was der tod ist Wander 2, 117. der tod (personifiziert) führt den menschen in das grab, seit dem mhd.:
der tôt in ê leit in daz grap
Wolfram von Eschenbach Parz. 494, 21;
ir müessend ietz all ding verlan
und mit dem tod zum grab hin gan
N. Manuel todtentanz str. 42 Bächtold;
edel, unedel, arm und reich:
im grab der todt euch machet gleich
Hollonius somnium vitae humanae 27 ndr.;
etlich hat der tod gerissen
in ein fest verschlosznes grab
Rist dicht. 163 Göd.
in volkstümlicher redensart der tod läuft mir übers grab, über das ganze sprachgebiet verbreitet: da tod is ma übers grab gloffa 'es ist mir ein gählinges schaudern über den leib gelaufen' Zaupser bair.-oberpfälz. id. (1789) 32; Schmeller-Fr. bair. 1, 982; Birlinger schwäb.-augsb. 119; J. G. Büsching wöchentl. nachrichten 2 (Breslau 1816) 127; der tod fährt mir übers grab Albrecht Leipzig 223ᵃ; de dood loͤpt my ävert grav, de gräsen gaht my över Strodtmann Osnabrück 75; de doot geit öwert grab (wenn einen ohne erkennbare ursache eine gänsehaut überläuft) Mensing schlesw.-holst. 2, 461; hä, den dot sprengt öwer min graf; sprengt hej drin, es et gedohn met min (Emmerich) rhein. wb. 2, 1331; dasz er (der tod) auf'm kirchhof über die gräber hinschreite, wenn eins von uns kindern 's abends zusammenschauern that, und die mutter denn sagte: der todt sey übers grab gangen M. Claudius s. w. (1774) 1, xi;
den kräft'gen leib durchzuckt dir oft
frostschauer rasch und unverhofft,
dem solchen sinn der volksmund gab,
es sprang der tod dir übers grab
A. Grün ges. w. (1877) 4, 180;
variiert: es läuft jemand über mein grab Wander 2, 118; bei dem klange seiner stimme überlief es sie, wie es — einer volkssage nach — einen menschen überläuft, wenn jemand über sein grab schreitet Richard Vosz schönheit (1924) 108.
7)
weitere volkstümliche redensarten: die hand wächst aus dem grabe; vgl. Bolte-Polivka anm. z. d. kinder u. hausmärchen 2 (1915) 550: wer sei motter schleht, dem wächst de hand aus dem grab eraus rhein. wb. 2, 1330; ebenso: di wasst de hand ut'n graff Mensing schlesw.-holst. 2, 463; einem kinde, das seine eltern schlägt, wächst die hand zum grabe heraus Ad. Wuttke d. dt. volksaberglaube ³218; P. Drechsler sitte, brauch in Schlesien 1 (1903) 304; dasz euch die hand nicht aus dem grabe wachse, weil ihr euch an der mutter vergreift! Bürger s. w. 319 Bohtz; die hand, die sich gegen den eigenen vater erhebt ... aus dem grabe wachsen solche hände Gerh. Hauptmann friedensfest (1894) 11;
wan er (der tote) reckt aus dem grab sein hande
darmit er for zw schmach vnd schande
sein muͤeter het geschlagen
Hans Sachs fab. u. schwänke 5, 338 ndr.
in anderm zusammenhang:
der meister hirt erzählts — die bäume seien
gebannt, sagt er, und wer sie schädige,
dem wachse seine hand heraus zum grabe
Schiller 14, 351 G. (Tell III 3);
wer in der noth nichts mag, als lauten rühren,
desz hand dereinst wächst mahnend aus dem grabe
Eichendorff s. w. (1864) 1, 378;
das märchenmotiv, dasz der erschlagene seinen arm aus dem grabe reckt, um nach rache zu rufen Hans Schreuer d. recht d. toten 2, 160. ein tuch ins grab:
dem menschen wird von seiner haab
im todt nichts, ohn ein tuch ins grab
Petri d. Teutschen weiszh. (1605) N 1ᵃ;
ein tuch zum grab ebda K 8ᵃ; Henisch (1616) 1723; ein tuch ins grab, damit schabab ebda; es heiszt sonst: ein tuch ins grab, damit schab ab, aber bey den soldaten trifft es nicht allezeit ein H. v. Fleming d. vollk. teutsche soldat (1726) 353; Ludwig teutsch-englisch (1716) 802; e tuech i's grab, dermit schabab 'auf dem brauche beruhend, die leichen nur in ein leintuch zu hüllen' schweiz. id. 2, 677; eⁱⁿ kleid ins grab, und damit schabab tumulando vestis qualiscunque sufficit bei Fischer schwäb. 3, 777; vgl. dazu grabtuch, leichentuch. die tatsache, dasz aller menschen macht im grabe in gleicher weise zu ende ist, drückt der volksmund durch die derbe wendung aus: dem scheiszt auᶜʰ (eⁱⁿmal) eⁱⁿ (der) hund ᵃufs grab (wie'm andreⁿ) Fischer schwäb. 3, 777; wenn ich todt bin, so scheist der hund aufs grab Joh. Prätorius Katzenveit (1665) C 2ᵃ; wenn a tudt iesz, scheiszt der hund ufs grob Rother d. schles. sprichw. 117. — andere redensarten sieh oben bei A 4 a ε zu grabe läuten.
8)
das grab gilt als ort des grauens: das grab an jhm selber ist ein scheutzlich loch ... inwendig voller vnflats vnnd stancks und greszlich anzusehen, das einem alle har gegen berge stehen Mathesius ausgew. w. 1, 116 Loesche;
ei pfui! mir ist das grab mehr als der tod verhaszt!
Göthe I 16, 26 W.
daher
a)
in verbindung mit ausdrücken dieser empfindung wie scheusal, grauen, schauder, schrecken u. ähnl.: des grabes schewsal Mathesius ausgew. w. 1, 105 Loesche; das grab erweckt mir kein grauen, ich habe ein ewiges leben Göthe I 22, 346 W.;
wenn ich in Christo werbe ...
was schreckt mich grab und tod
Gellert s. w. 2 (1839) 158;
aber was weilen wir hier in dem schauer der nacht und der gräber?
Klopstock Messias (1780) 451;
in das schauervolle grab
ders., s. w. 5 (1854) 53 (Göschen);
vgl. schauergrab Schubart s. ged. 1 (1825) 265; ein schauderhaftes grab Tiedge w. 1 (1827) 104.
b)
im grabe faulen, verwesen, modern:
dich nagent würme an der frist
mit feul in grab gar swinde
quelle d. 15. jh., s. erlösung 316 Bartsch;
wenn man ein kind zweymahl gewehnet ... so kan es im grabe hernach nicht faulen J. Prätorius philos. colus (1662) 123; vgl.:
da faul ich in dem todengrab
bei Kehrein kirchenl. 2 (1860) nr. 710, str. 18;
noch im modernden grabe Mastalier ged. (1774) 74; (die leiche) unvermodert im grabe Hoops reall. 4, 339; myrrhen braucht man, die todten corper zu salben, das sie nit vorwessen ym grabe Luther 10, 1, 1, 719 W.;
dein gebein vorab,
das muͤst verwesen in dem grab
Spreng Ilias (1610) 42ᵇ;
und so werden sie alle begraben werden,
und verwesen im grabe zu staub
M. Claudius s. w. 1 (1775) 181;
der tod, das grab, die verwesung: nirgends zeigt sich ... die verfallenheit des menschlichen daseins krasser, grauenhafter (als in der totengräberszene im Hamlet) hochland 39 (1947) 541.
c)
daher stinkt das grab: stincken wie die gräber v. Hohberg georg. curios. auct. 3, 1 (1715) 175ᵃ; ein gestank der gräber Chr. Starke synopsis n. testam. 3 (1737) 1421; stinckicht leichengrab Opitz op. (1689) 3, 304, insbesondere das offene grab (d. i. das längere zeit nach der bestattung wieder geöffnete). in diesen zusammenhang gehört z. t. die im vergleich gebrauchte biblische wendung offene gräber. freilich wohl noch nicht von hier aus, sondern eher zum vorstellungsbereich unter 9 oder C 1 b δ gehörig: seine (des feindes) köcher sind offene greber (pharetra eius quasi sepulcrum patens) Jerem. 5, 16 (d. h. so fürchterlich in ihrer wirkung, dasz man vor ihnen flieht wie vor offenen gräbern). näher gelegt wird die vorstellung des wieder geöffneten, stinkenden grabes durch den zusammenhang in folgenden stellen: ir rachen ist ein offens grab ps. 5, 11; vgl. vulgata ps. 13, 3; ir schlund ist ein offen grab ... ottergifft ist vnter jren lippen. ir mund ist vol fluchens vnd bitterkeit Röm. 3, 13. jedenfalls tritt sie in der älteren auslegung dieser stelle deutlich hervor: uuarheit neist in iro (meiner feinde) munde ... iro chela ist offen grab. uuare daz grab betan, so nestunche iz. noh iro chela, ube sie suigetin (quoniam non est in ore eorum ueritas ... sepulchrum patens est guttur eorum, linguis suis dolose agebant) Notker 2, 13, 24 P. (ps. 5, 11); iro chela stinchet also offen grab, uuanda sie sprechent daz, mit diu sie andere argeront ebda 2, 37, 12 (ps. 13, 3);
die nachreder,
die do sein als die greber,
die offen stend mit stinkendem as
Vintler pluemen der tugent 9021 Zingerle;
als der psalmiste sprichet das:
'ir zung, ir hals der ist
als ein offens grab mit stinkendem mist'
ebda 9025.
d)
in diesem sinne auch geweiszte, übertünchte, verdeckte gräber u. ähnl. in der wiedergabe von Matth. 23, 27 und Luc. 11, 44: uue iu ... pharisein, lichezera, uuanta ir giliche birut giuuiziten grebiron, thiu sih uzzana ougent mannon fagariu, innana sint folliu gibeino totero inti iogiuueliches fuliden Tatian 141, 22 (sepulcris dealbatis); wann ir seyt geleicht den geweyssten grebern erste dt. bibel 1, 89 lit. ver.; wie die geweyszgeten greber Zürcher bibel (1531) 204ᵃ; wee euch ... heuchlern, die ir seit wie die geweisseten todtengräber Hans Sachs 22, 45 lit. ver.; vgl. auch teil 4, 1, 3, sp. 5460f. übertünchte gräber seit Luther: die ir gleich seid wie die übertünchte greber Matth. 23, 27; übertünchte gräber sepulcra dealbata, incrustata Stieler stammb. 688. übertragen und bildlich: ich förchte aber, es zeige sich (in dem hofprediger) ein phariseisch übertünchtes grab ... sein schaffkleid mit wolff- und fuchspeltzen gefüttert alamod.-technol. interim (1675) 88; verachtet ihr nicht selbst jenes alte gnädige weib, dessen busen ein übertünchtes grab ist und das doch von diesen so baufälligen wällen ausfälle wagt Hippel über d. ehe (1774) 76; bey den übertünchten todtengräbern, den geschminckten, gefirniszten puppen, die einen hier, wo man nur hinsieht, anstinken H. L. Wagner die kindermörderin 34 lit.-denkm.;
sohn meines fürsten, dieses welsche land,
das dich mit seinem falschen schimmer blendet,
was ist es, als ein übertünchtes grab
Uhland ges. w. 2, 162 H. Fischer;
und Frankreich? ... wenn d'Argenson es ... ein übertünchtes grab (nennt), dessen äuszerer glanz die innere fäulnisz nur schlecht verdecke Hettner lit.-gesch. d. 18. jhs. (⁷1913) 2, 86; vgl. noch Wander sprichw.-lex. 2, 118. weitere nachweise aus neuerer zeit s. teil 11, 2, sp. 617. vertünchte gräber Henisch (1616) 1720. verdeckte gräber: phariseer, jr heuchler, das jr seid wie verdeckte totengreber, darüber die leute lauffen und kennen sie nicht (quia estis ut monumenta quae non apparent) Luc. 11, 44; das jr sind wie verdeckte todtengreber Zürcher bibel (1531) 227ᵇ; alse de bedeckeden doden graue Lübecker bib. (1533) Luc. 11, 44. vereinzelt: ir bint gelîch den gemaleten grebern dt. pred. d. 13. jhs. 1, 11 Griesh.; si sint alse die gekelkede graber lilie 8 Wüst; ir sît glîch den gezcîrten greberen, dî von buzin schînen den lûten wol gebildet, aber von binnen sint si vol toten gebeine und allir unreinikeit d. Matthias v. Beheim evang.-buch 55 Bechstein (Matth. 23, 27);
dieser schmuck (die hosen) ist wie ein todts grab,
das von auszwendig viel schöns hab,
inwendig ists aschn, grewlich gbein
(1555) Musculus hosenteufel 5 ndr.;
sein kele oder halsz ist ein offnes todtengrab, darin man nichts anders sihet als todte bain der gotteslesterungen Äg. Albertinus d. welt turnierplatz (1614)73.
e)
das grab gilt als ort der geister der toten und der dämonen: manes geysten by den grauen der doeden Diefenbach gl. 346ᶜ; vgl. gemma gemm. (1512) ebda; häufig in der bibel: im begegnent zwein man, ausgend von den grebern, habent di teufel gar freizlich also, daz kainer mocht gen durch den weg (ocurrerunt ei duo habentes dæmonia, de monumentis exeuntes, sævi nimis Matth. 8, 28) codex Tepl. 10 Huttler; zween besessene, die kamen aus den todtengrebern, vnd waren seer grimmig, also, das niemand dieselbigen strasse wandeln kund Matth. 8, 28; das grab ... darinn ... offt auch die teuffel wohnen ... wenn er bey nachts oder nebel vber den gottsacker gehen solle, so fürcht sich jederman natürlicher weyse vor dem grabe Mathesius ausgew. w. 1, 117 Loesche; unsinnige und besessene haben freilich von jeher am liebsten in gräbern und todtengrüften gewohnt Herder 5, 420 S.; das schaudern eines geistes, der aus dem grabe hervorginge Ramler einl. i. d. schönen wiss. (1758) 1, 216;
es braucht kein geist vom grabe herzukommen,
uns das zu sagen
Shakespeare 3 (1798) 182 (Hamlet I 5);
graunvolle geister, die in gräbern mit der verwesung um morsche gebeine gekämpft maler Müller w. (1811) 2, 151. gern im vergleich:
wie aus euern gräbern
erhebt euch, und wie geister schreitet her
Schiller 13, 56 G.
vgl. noch Göthe III 1, 289 W. (C 2 b δ) und Herder 5, 17 S. (B 1 b).
9)
von der vorstellung des offenen grabes aus wird das grab in einer art personifizierenden gebrauchs zu einem ungetüm, mit einem rachen, der sich gähnend öffnet und die menschen zu verschlingen droht; wahrscheinlich wirkt das mittelalterliche bild vom gähnenden höllenrachen mit und noch nach. die hierher gehörigen prägungen zeigen übrigens eine deutliche neigung, aus der eigentlichen anwendung in die bildlichen und uneigentlichen gebrauchsweisen von B und C hinüberzutreten. das grab gähnt: am rande des gähnenden grabes Göthe I 8, 297 W.;
die mitternacht ...
jetzo gähnt gewölb und grab
Shakespeare 1 (1797) 287 (sommernachtstraum V 1);
der blutaltar — dort steht er aufgerichtet;
an seinem fusze gähnt ein schauderhaftes grab
Tiedge w. 1 (1827) 104;
s. auch unter C 1 b ε. das grab tut sich auf:
thue dich weit auf
grab! und nimm ihn verwesung!
Klopstock Messias (1775) 2, 86;
verschling mich, erde! gräber, thut euch auf!
Grillparzer s. w. 5, 123 Sauer;
vgl. das grab öffnet sich bei C 1 b ε. das grab verschlingt:
von dem nie — satten grab (der pest, schwerts, hungers
raub) schnell werden wir verschlungen
Weckherlin ged. 1, 339 Fischer;
bis ein weites grab sie (die menschen) insgesammt ... verschlingt Kant 7 (1839) 337; das grab verschlingt alles Wander sprichw.-lex. 2, 117; ët grêrf fërslangt alles Jensen Wiedingharde 170. schlund, rachen, mund des grabes:
sich schleunig in den schlund des offnen grabes stürzet
Gottsched ged. (1751) 1, 172;
ach! ist es wahr, dasz ihn das grab
im dunkeln rachen hält?
Bürger s. w. 47ᵃ Bohtz;
das war kein glücklich zeichen, dasz des grabes mund
geöfnet blieb im hause der lebendigen
Schiller 14, 118 G.
des grabes raub:
ich, ach! wie bald des grabes raub!
J. A. Cramer s. ged. (1781) 1, 39;
vgl. dazu:
unser grab steht allzeit ofen
und entreiszt uns oft in eil
J. Chr. Günther s. w. 1, 307 Krämer.
10)
in der rechtssprache, das grab als ort rechtssymbolischer handlungen.
a)
über das grab rufen: worde ymant doet ghevonden, de wondynge of quessinge (quetschung, verletzung) hadde, daer men ghenen hantdadighen van enwiste ... soe sal men ropen over dat graf (1448 Groninger landrecht) in: dt. rechtswb. 4, 1040. des erschlagenen hand, die zunächst nicht mitbestattet wird (vgl. H. Brunner d. klage m. d. toten hand in: zs. d. Savignystift. 31, 241), wird zu grabe gebracht, wenn dem toten sein recht geschehen ist; 'in den norddeutschen sühneverträgen wird der akt der abbitte und versöhnung stehend durch die worte ausgedrückt die hand des todten zu grabe tragen' P. Frauenstädt blutrache und totschlagssühne im dt. ma. (1881) 128: (man soll dem vogt 8 tage vorher) entbeden, wann men de hende to grave bringen wil (sächs. sühnevertrag a. d. j. 1403) bei Haltaus 1791; ock schullen ... hundert manne der doden hende to grave bringen aus ders. quelle bei H. Schreuer d. recht d. toten 2, 179 anm. 2; unde brachte (der täter) Hinrikes (d. i. des erschlagenen) hand to grave (sühneprotokoll von 1430) ebda 181; (es sollen die totschläger dem erschlagenen) to siner selicheit holden laten dertich selemissen ... dar na schullen se de hant to grave bringen (Corvey 1501) ebda 179; unde so lange scholen in dem erve IX m lub. bloetgeldes bliven, dat (bis) de jungen ... den doden na sassischem rechte gegulden vnde betald unde des doden hant, wo im lande tho Sassen wonthlick, tho grave bracht hebben (für d. j. 1527) bei G. W. Dittmer d. Sassen- und Holsten-recht (1843) 35; de sone schüt up einen sondag to der missen, und de deder entfenk de hand des doden, drecht se to grave (16. jh.) Matth. Normann das rüg. landrecht 17 Frommhold, vgl. und dregen de hand tor kulen ebda 14.
b)
auf dem grab zu erben (auf)nehmen, eine besondere form des erbrechts: ob ainer zwey kindt oder me hat, gath der eines ab von todes wegen und lath dasselbig khindt lib erben, soll das erben mit den andern khinden und an glichen theil stehn, ob es uf dem grab oder vor dem richter uf genohmen ist zu einem khind (quelle von 1382) bei Jul. Ficker untersuch. z. erbenfolge 2 (1895) 116; wen das khindt stirbt, ... ob das ander khindt lath, das mag er wohl zu einem khindt nemen uf dem grab, und soll das erben mit andern kindern (1382) ebda; (enkel erben neben den geschwistern ihrer eltern nicht,) sie seyen dann ... auff dem grab zu erben aufgenommen worden (quelle von 1601) ebda. zur sache vgl. Jul. Ficker, der von der annahme des enkels zum gleichberechtigten erben durch den groszvater auf dem grabe des verstorbenen vaters und zwar am begräbnistage spricht a. a. o. 117, während Jac. Grimm an das grab des groszvaters denkt, rechtsaltert. ⁴1, 650; in der heutigen rechtsgeschichte terminologisch erbung auf dem grabe Ficker a. a. o.; erbung der enkel über das grab Frz. J. Bodmann rheingauische alterthümer (1819) 661; über das grab erben Jac. Grimm rechtsaltert. ⁴1, 650. den schlüssel aufs grab legen zum zeichen des erbverzichts, um der haftung für nachgebliebene schulden zu entgehen: (die witwe soll) mit ihrem toden man zum grab gehen ... ihr haus zuschlieszen und den schlüssel von dem haus uf das grab legen (Saarbrücker landrecht von 1321) bei Jac. Grimm rechtsalterth. ⁴1, 625, vgl. ebda 244; noch heute de schlessel of' s graf lege 'auf den erbanteil verzichten' (für Saarbrücken) rhein. wb. 2, 1330; zwey eheleuth ... stirbt derselben eins ab, soll der letztlebende, im fall er die schulden zu bezahlen nicht gemeint, den schlüssel, sobald der eine begraben, ufs grab legen und nicht wieder ins hausz gehen (qu. von 1570, bezirk Frankfurt a. M.) in: dt. rechtswb. 4, 1040; vgl. westvläm. (die witwe verzichtet) stekende den sleutel op de deure, als sy metten lijcke uyt gaet, oft legghende dien op't mans graf, als hy begraven wort (costum. von Löwen) bei Jul. Ficker erbenfolge 3, 1, 548, dort auch französ. parallelen mettre les clefs sur la fosse seit d. 14. jh.; vgl. de sleutels op't graff leggen de Bo westvlaamsch id. 338ᵃ. die niederlegung des schlüssels am grabe des gatten drückt die lösung des ehelichen güterrechts von seiten der witwe aus, s. H. Schreuer d. recht d. toten 2, 144; A. Heusler institut. d. dt. privatrechts 2 (1886) 406; H. Brunner dt. rechtsgesch. 1 (²1906) 39.
c)
um ein symbolisches totengrab als warnung an die grenzeidzeugen vor den folgen eines meineids handelt es sich bei dem oberschlesischen grenzeid im grabe unter dem rasen: von dem gräntz-rechte ... die bauers-leuthe sollen sich bisz aufs hembde auszziehen, und in ein grab, welches einer ellen tieff auszgegraben seyn soll, niederknyen, auf dem haupt einen raasen haben, kein gewehr oder messer bey sich tragen, und also im grabe knyende einen eyd thun (artikel 32 der landesordnung von Oppeln 1562) bei J. A. v. Friedenberg von denen in Schlesien üblichen rechten (1738) 2, 2 235; J. E. Böhme diplom. beytr. z. unters. d. schles. rechte u. gesch. 2 (1774) 5. th. 141; ebenso: und soll zu ihrer vereydung ein grab kniehes tieff gegraben werden (fürstl. Ölsznische landesordn. 1610) bei Böhme a. a. o., während die Teschensche landesordnung von 1592 in der gruben setzt bei sonst gleichem text, s. Böhme a. a. o. nur für den oberschles. raum bezeugt; vgl. noch: per testes vicinos de ao 1590 numero 9 examinatos in finibus et subdio im grabe mit einem rasen auf dem kopfe (aktenrandnotiz vor 1626 aus dem fürstentum Oppeln) bei Weinhold zs. d. ver. f. volkskde 3 (1893) 224. dasz die bedeutung 'totengrab' und nicht allgemein 'grube' vorliegt, ergibt sich aus den böhmischen vorstufen dieser ordnungen, die früher, z. t. schon aus dem 15. jh., bezeugt sind und die tschech. hrob 'totengrab' (Gebauer alttschech. wb. 1, 500) bieten und deren tschech. kommentare nur diesen sinn erörtern, vgl. zs. f. vgl. rechtswiss. 34 (1916) 283ff. eine parallele in einer ungar. urkde von 1360 bei Jac. Grimm dt. rechtsalterth. ⁴1, 166.
11)
grab der tiere.
a)
auf tiere wird grab nur mittelbar durch übertragung menschlicher verhältnisse auf das tierleben angewandt: die bienen brauchen keinen todtengräber, sondern bringen ihre todten selbst heraus, und mit einer begleitung zu grabe J. A. Overbeck gl. melitt. (1765) 128. vgl. noch Herder 5, 115 S. auf sp. 1495 so besonders in gefühlsbetontem zusammenhang: endlich wurde er (der von den kindern geliebte kater) auf dem steinhofe ... in das für ihn gegrabene grab gesenkt Th. Storm s. w. (1898) 3, 196; papa ... wir polieren Nine (ein kaninchen) sein grab mit spucke ebenda 199. poetisch:
berge ...
wiege seiner (gottes) wetterwolken,
seiner adler einsam grab!
G. Herwegh ged. e. lebendigen 2 (1844) 42.
b)
als vergleichender terminus ist seit dem 15. jh. esels grab bezeugt, aber gewisz älter, als bezeichnung des begräbnisplatzes und der begräbnisart von exkommunizierten, selbstmördern und verbrechern, die ohne glockengeläut und sonstige kirchliche feierlichkeiten auszerhalb des kirchhofes in ungeweihter erde wie ein verendetes tier verscharrt wurden, vgl. sepultura asini (vor. d. j. 1102) bei du Cange gloss. med. aevi 7, 431ᵃ; sepultura asinina (aus dem j. 1221) bei Brinckmeier gloss. dipl. 1, 318; 2, 570; sachlich mit der sepultura agrestis im gegensatz zur sepultura Romana zusammenfallend, s. Brinckmeier a. a. o.; mon. Boic. 2, 103; Haltaus gloss. germ. 117: daer (in der hölle) worden de houerdigen in esels graue ghegrauen horologium (hs. a. d. j. 1469) bei Schiller-Lübben 2, 137ᵃ; esels grab sepultura asinina Stieler (1691) 688. in demselben sinne hundes grab sepultura canina Stieler a. a. o.; vgl. dazu esels begräbnis siebenb.-sächs. wb. 2, 277; dt. rechtswb. 3, 325; hunde begräbnis begräbnis derer, die im hundebann gestorben sind, bestialis sepultura bei Brinckmeier gloss. dipl. 1, 1017; vgl. auch Haltaus gloss. germ. 976; ferner wie ein esel begraben werden asini sepultura, insepulta sepultura, ubi quis a feris et bestiis lacerandus proicitur, ut factum Joacimo Josuae filio Henisch (1616) 721; s. dazu: man wird jn (Joiakim) nicht klagen ... er sol wie ein esel begraben werden, zurschleifft vnd hin aus geworffen fur die thore Jerusalem Jer. 22, 19. vgl. auch oben unter A 4 a ε einen esel zu grabe läuten.
B.
bildlicher gebrauch.
1)
vom grab selbst ausgehend und damit local bestimmt. angedeutet wird die bildlichkeit des ausdrucks öfter durch wendungen wie ein grab sein, ein (zum) grab werden, (sich) ein grab machen aus, ein (sein) grab finden, vgl. unter a.
a)
für einen raum, einen ort, wo einer den tod, etwas den untergang gefunden hat oder finden kann: fewer, wässer, wilde thier, gestannckheuser etc. waren der hayligen gräber Eberlin von Günzburg s. schr. 2, 18 ndr.; die leute sitzen vorne ... in ihrem stollen, der vielfach auch ihr grab ... wird Rud. Hoffmann d. dt. soldat (1937) 268; scheint die sonne, so wird leicht die eisbahn zum grab Cl. Brentano Godwi (1801) 1, 25; (die nordmänner) wuszten, dasz an den gefrornen nordischen küsten jeder hafen ihr grab seyn würde A. v. Haller Alfred (1773) 244; diese bedingte freyheit kan mir nicht genügen ..., ist diese erleichterung, die das wenigste ist, was man thun konte, wenn K(önigstein) nicht mein grab werden sollte, befreyung? (1793) Caroline 1, 122 Waitz;
o vaterland ...
und würde selbst die fremde mir zum grabe,
gern sterb ich, denn ich lebte nur für dich
drum kommt, geliebte kleinen, kaum geboren,
ist euch ein grab in mutterarm bereitet,
ich drück euch an die brust und wir besteigen
den scheiterhaufen
Tieck schr. (1828) 1, 83;
wie leicht ach konten ihm (dem heer der bienchen,
Johanniswürmchen etc.) grab
werden des baches, oder des baumes abgründe
Klopstock oden 2, 103, 20 M.-P.
der menschliche leib ist ein grab für alles, was der mensch verzehrt: die menschen sterben und faulen bald, weil jhr leib ein grab ist aller thuͤr (tiere), die in der lufft, im wasser vnd auffm erdboden leben, dazu allerley obs, kräuter vnd gewächs, so alles sein begräbde im menschlichen leib hat, und darin verfault Lehman flor. polit. (1662) 1, 467;
wir sind die wahrheit zu bekennen,
daher ein lebend grab zu nennen,
worinn, was schwimmet, läuft und fliegt,
begraben liegt
(d. h. fische, vieh u. vögel, die zu unserer nahrung dienen)
Triller poet. betracht. (1750) 1, 331;
ich wurd einathmend,
jener frohen vögelchen (insekten) grab
Klopstock oden 2, 104, 28 M.-P.
im hinblick auf eine bestimmte todesstrafe:
fraw hab ich iemant auf erde
lieb für dich, so sei ein sack mein grab
(gemeint ist die todesstrafe des 'sackens')
cod. pal. 343 str. 17 bei Mone anzeig. 8 (1839) 570;
gleich wie man lebt, so stirbt man ab,
solt schon der galgen seyn das grab
Lehman floril. polit. (1662) 3, 134;
vgl. die spottbildung luftgrab für galgen Stieler stammb. 688. eine besondere vorstellung des grabes bildet den inhalt des bildes. als dauernder aufenthalt, vgl. dazu A 4 b β: vom himmel ist er (Jean Paul) gekommen, auf der erde hat er gewohnt, unser herz ist sein grab Börne ges. schr. (1829) 4, 58. als verschlossener raum, aus dem nichts (mehr) herauskommt (vgl. A 4 a κ, insbes. dort Schiller 13, 425 G., sowie Wander sprichw.-lex. 2, 117 unter C 1 b ε): sehen und hören kan ich wol, das mein nehester sündigt ... weistu es aber, so thue nicht anders denn mache aus den oren ein grab und scharre es zu Luther 30, 1, 171 W.;
schön ist sie, ja, ich geb es nach,
doch auch so sonder geist und albern, dasz man schwur,
es sey ihr mund ein grab der sprach
Wernicke epigramme 134 Pechel.
als düsterer, unerfreulicher raum (s. ob. A 5 b, 8):
der macht sich aus der welt ein grab,
der ihre lust nicht will genieszen
Haller ged. 110 Hirzel.
α)
häufig auf das meer bezogen:
das wasser wird
bald mein gewisses grab
Herder 15, 296 S.;
das heer wird bald nach England hinüber rudern, unser aller verderben lauert über den meeren, ich frohlocke bei der aussicht auf das unendlich-prächtige grab (1803) H. v. Kleist w. 5, 301 E. Schm.;
in meeres tiefsten schlund ...
da, wo der schiffe furchtbar grab
Richard Wagner flieg. Holländer (1866) 5;
tausende haben schon in diesen wellen ihr grab gefunden Raimund w. 1, 14 Glossy-Sauer; hinter uns, wie ein groszes offenes grab, lag die Ennobucht Max Eyth ges. schr. 1, 545 Gaus; vgl. wellengrab, wogengrab, wassergrab, flutengrab. aus diesem zusammenhang weiter übertragen:
o begeisterung, so finden
wir in dir ein seelig grab;
tief in deine woogen schwinden,
still frohlokend, wir hinab
Hölderlin 2, 16 Hell.
auch für flüsse und bäche: was an galgen gehört, findet in der Donau kein grab Abraham a s. Clara Judas (1686) 1, 61; schon wich das heer, ... und es muszte ... im strohm der Tiber sein grab finden Niebuhr röm. gesch. (1811) 2, 81. feste fügungen; das nasse grab:
hier quillt die Pegnitz auch, und südwärts eilt die Naabe
zum groszen Donaustrom, als ihrem nassen grabe
Gottsched neueste ged. (1750) 59;
und meer und wind und hölle sich verschworen,
mich zu versenken in das nasse grab
Grillparzer s. w. 5, 23 Sauer.
das feuchte grab:
und mich dünkt,
dasz zwischen jeder welle mir
ein feuchtes grab sich öffnete
E. v. Kleist s. w. (1760) 1, 84;
dann lieszen sie ihn an seilen über bord ins feuchte grab hinunter Eichendorff s. w. (1864) 3, 259;
aus des weihers feuchtem grabe
Fr. W. Weber Dreizehnlinden (1907) 26.
β)
ähnlich für trümmer, schutt, asche, flammen u. dergl.: (die stadt durch ein erdbeben) bey nahe gar eingefallen, vnd ein grab aller einwohner worden were Dan. Schaller theol. heroldt (1604) 76;
(ausbruch des Vesuvs)
es krachet! und ein feuerregen
stürzt lodernd in das land hinab.
die ruhig ihres lebens pflegen,
bedeckt ein aufgethürmtes grab:
ein grab, darinn so manche stadt
ein tausend jahr hindurch der graus verschüttet hat
d. neueste a. d. anmuth. gelehrs. 3, 103 Gottsched;
vor der zerstörenden zeit und vor dem zerstörenden Gothen
flüchtete tief in das grab mich (Pompeji) die zerstörung hinab
Göthe I 5, 1, 288 W.;
damit deine feinde ihr grab unter den eingestürzten mauern finden slg. v. schausp. (Wien 1764) 1, 86;
des jünglings, der am klippenstrand
sein grab in schiffsbruchstrümmern fand
Matthisson ged. (1822) 116.
γ)
in bildlicher anwendung auf berge, von der vorstellung aus, dasz sie den tod bringen können: dort ... stürzen die wände des Zugspitz-grates hinunter ins eisige grab des Höllenthalferners H. v. Barth Kalkalpen (1874) 628.
δ)
von der vorstellung des vergehens im grabe (sieh oben A 8 b) her als vorstufe neuen werdens; für die ackerfurche:
wen nicht das weitzenkorn, ins grab der erden felt,
undt sich den schnellen zahn der fäule läszt verzehren,
so kan es keine blutt, auch keine frucht gewehren
A. Gryphius sonn- u. feiertagsson. 96 ndr.;
die lockern schollen,
unsrer saaten grab
v. Salis ged. (1821) 65;
im gleichen vorstellungskreis des vergehens und werdens: die erd ist aller menschen mutter und auch ihr grab Lehman flor. pol. (1640) 156;
die mutter der natur, die erd, ist auch ihr grab
(für kräuter, blumen und pflanzen)
Shakespeare 1 (1797) 59;
vgl. das entsprechende bild: das grab, freunde, ist eine heilige werkstäte der natur! ein formzimmer; tod und leben wohnen hier beysammen Hippel lebensläufe (1778) 3, 1, 191;
länger wird es säumen,
bis die gräber keimen,
gottes saat ersteht!
v. Salis ged. (1821) 67.
ε)
abgeschwächt für einen ort, wo etwas verschwindet, unsichtbar wird: erstaunt ..., dasz die waaren des luxus ... jederzeit mit gold und silber bezahlt werden muszten, mithin dasz Indien von jeher das grab dieser kostbaren metalle gewesen ist G. Forster s. schr. (1843) 6, 145; viele meisterstücke der maler- und bildhauerkunst ... haben bis jetzt in den englischen landhäusern ihr grab gefunden Archenholz England u. Italien (1785) 1, 1, 137.
b)
mit der vorstellung des wie ein grab ein- und abschlieszenden, versperrenden raumes:
ach, schönes kind, die enge zelle
ist deiner hoffnung weites grab
Joh. Chr. Günther ged. (1735) 272;
so war das kloster eine freistatt nur
der zarten jugend, nicht des lebens grab
Schiller 14, 43 G.;
der raupen edelste, die weberinn der seide,
spann sich ihr grab
A. G. Kaestner verm. schr. 1 (1755) 162;
Jonas ... inn seinem lebendigen grab, dem walfisch Mathesius ausgew. w. 1, 115 Loesche. für den mutterleib: mir wer besser gesin, das mir der muͦtter lib ein grab wery worden d. ew. wiszheit betbüchlin (1518) 51ᵇ;
(die ungeborenen kinder)
... sich in jhr grab,
ehe sie einige gaab
desz tags seelig genieszen,
in mutter leib beschlieszen
Zinkgref auserles. ged. 34 ndr.;
wer die natur durch ... die beobachtung selbst nicht kennt, der geht aus dem grab im mutterleib in das grab der erde hinüber, ohne dasz sich der schleier vor seinen sinnen verdünnt hat Klinger w. 11 (1809) 162. der gedanke an tod und untergang kann zurücktreten:
denn wem gelacht solch süszer liebestraum,
dem scheint ein grab der mauern öder raum,
ihm ist nur wohl in freien himmelsräumen
Annette v. Droste-Hülshoff ges. schr. (1878) 2, 219;
so für käfige, kisten und kasten:
und (das vögelchen) härmt sich ab
in seinem grab (d. h. in dem vogelbauer)
Blumauer ged. (1782) 149;
(liebe) öffnet wucherern des goldes grab
(den versperrten geldkasten)
Goekingk lieder zweier lieb. (1777) 76;
öffne dich, bergendes,
hüllendes grab!
(von einer magischen kiste)
Grillparzer s. w. 5, 213 Sauer;
so wird mit dem unterton von A 8 der menschliche leib als grab der seele gesehen:
seht, wer kommt da? ein grab für eine seele,
das wider willen hält den ewigen geist
im schnöden kerker des bedrängten odems
Shakespeare 5 (1799) 75;
mit dem sinn der verhüllenden und bewahrenden tiefe: diese worte ... drangen in unsrer kindheit ..., ich weisz nicht, mit welchem heere von nebenbegriffen des schauders, der feier, des schreckens, der furcht, der freude, in unsre seele. das wort tönet, und wie eine schaar von geistern stehen sie alle mit einmal in ihrer dunkeln majestät aus dem grabe der seele auf Herder 5, 17 S., vgl. bei A 8 e und A 4 e β.
c)
mit abstracten begriffen, vgl. grab C 1 c, meist in der form des genetivus subjectivus bzw. explicativus, grab der sorge, der torheit, der vergessenheit, der sünde u. ähnl.:
dô sîn frouwe Meliûr
im ir hulde wider gap,
dô wart beslozzen im daz grap
der sorgen und der swære.
sie wurden fröudenbære
mit ein ander bî der stunt
Konrad von Würzburg Partonop. 7286;
mein blick fuhr erschrocken über diesz grab der verzweiflung (aufenthalt von galeerensklaven) Thümmel s. w. (1853) 5, 39; niemant ... hat meer Christum mögen fynden. er lag verborgen ym grab menschlicher torheyt vnd vernunfft, mit eim grossen stein der schulleren bedeckt Eberlin von Günzburg s. schr. 3, 4 ndr.;
Sophus kan die kunst, todten auff zu wecken,
nemlich die im grab unverstandes stecken
Logau 395 Eitner;
damit ... die vbrige sprüch ... nicht möchten in das grab der vergessenheit fallen Zinkgref-Weidner weish. 3 (1653) 5;
und ihr (der alten minnesänger) schmähliches grab sprengt er mit hünenkraft
(Bodmers ausgabe entreiszt sie der vergessenheit)
J. H. Voss s. ged. (1802) 3, 45;
liebe, die mich wird erwekken
aus dem grab der sterbligkeit
Angelus Silesius heil. seelenl. 149 ndr.;
was ist dein schöner leib ...
der freuden port, die schoosz, ein grab der vppigkeit
Martin Opitz teut. poemata 101 ndr.;
was hilffts, das unser haupt (Christus) erstund, wann wir doch, seine glieder,
uns in der sünden finstres grab vergraben immer wieder?
Logau 542 Eitner;
ein verklärter Nikolaus, eben erst auferstanden aus dem grabe des platten erdentreibens Jean Paul komet (1820) 1, 77. auch: der ausspruch der verzweiflung, dasz alle staaten, als vorgeblich künstliche freyheitsgräber wieder abzuschaffen seyen K. L. v. Haller rest. d. staatswiss. (1816) 1, vorr. xxvii; so macht er ... den staatsverband ... zu einem klaffenden grabe Fr. L. Jahn w. 2, 519 Euler.
2)
vom bestatteten toten ausgehend, an dessen stelle das verglichene als 'im grabe' befindlich vorgestellt wird; vgl. C 2. meist in der form des genetivus objectivus.
a)
selten bei dinglich concretem:
einen blick
nach dem grabe
seiner habe
sendet noch der mensch zurück
(nach der stätte, da die feuersbrunst seine habe zerstörte)
Schiller 11, 312 G.;
und kehren sie einst heim, die einwohner, ... dann werden sie mit stieren augen vorm grabe ihrer habe stehen Liller kriegszeitung mai 1917. grab dieser kostbaren metalle sieh ob. B 1 a ε, des goldes grab s. B 1 b.
b)
bei unpersönlichen begriffen wie gesundheit, farbe, volk, staat, welt u. dgl.: dieses laster war das grab seiner gesundheit Voigtel wb. (1793) 2, 119ᵃ; das mit lichtern umstellte grab der farben (das von lichtern erhellte 'dunkel der nacht') Jean Paul Titan (1800) 4, 168; so ist der allgemeine menschenglaube an die fortdauer unsres daseyns die pyramide der religion auf allen gräbern der völker Herder 13, 392 S.; klagen weniger menschen an dem grabe eines volkes, das sie überlebt haben Treitschke dt. gesch. i. 19. jh. (1897) 1, 235; völker ..., welche ja immer verjüngt auf den gräbern ihrer staaten aufsprieszen Jean Paul w. 35, 14 Hempel; der fall der Karolinger ist vielleicht das lehrendste grab unsrer mittlern europäischen geschichte Herder 5, 692 S.;
wann am grabe der welt ...
nun aufgeht der weltgerichtstag
Sonnenberg Donatoa 1 (1806) 45; ebda 36.
c)
in gröszter ausdehnung für reine abstracta. dem weiten geltungsbereich von C 2 entsprechend.
α)
für empfindungen und gefühle: das neckende gespenst des widerspruchs, das jede freude und jeden schmerz verhöhnt, steigt dort ... aus dem grabe aller empfindungen auf Börne ges. schr. (1829) 7, 107;
dasz keine stunde
in des tages frohem glanz, in stiller nacht
(dem grab der sorge) ruhe mir gewährt
L. Tieck suppl. z. Shakspear 1 (1811) 245
(anders grab der sorge oben B 1 c);
o bett (der liebsten), rief ich, du freudensaal,
du grab der sehnsuchtspein
Bürger s. w. 103ᵇ Bohtz;
wiederholte erfahrungen haben mich auch belehrt, dasz das letzte ziel der liebe ihr grab ist Wieland s. w. (1853) 21, 81 Göschen;
am grabe der liebe wächst blümlein der ruh
H. Heine s. w. 1, 34 E.;
der genusz (ist) das grab der wahren zärtlichkeit Wieland Agathon (1766) 1, 325; dem grabe seiner heutigen freude Jean Paul w. 1, 291 Hempel; (er wuszte es,) dasz müszige ruhe das grab des glücks sei Moltke ges. schr. u. denkw. (1892) 1, 241; so werde ich eine thräne auf das grab eurer glückseligkeit fallen lassen Wieland Agathon (1766) 1, 370; auf der hofnungen grab Stägemann kriegsgesänge (1813) 68.
β)
von sittlichen und geistigen werten: (er gewöhnte sich,) die taufe als das grab seiner freiheit anzusehen M. I. Schmidt gesch. d. Deutschen (1778) 1, 407;
ein grab der freiheit ist's! (der twinghof)
Schiller 14, 297 G. (Tell I 4);
am grabe der tugend Dusch verm. w. (1754) 5; dieses unbestimmte sehnen und verlangen ist das grab aller thatkraft Grillparzer s. w. 12, 261 Sauer; dazu sah er sorgenvoll aus und von gemessener feierlichkeit, als stehe er am grab alles guten und edlen E. Wiechert gesch. e. knaben (1929) 40;
o Orleans! Orleans! grab unsers ruhms!
auf deinen feldern liegt die ehre Englands
Schiller 13, 225 G.;
grab des ruhmes Herder 25, 385 S.; eitelkeit (ist) ... das grab der wahren erhabenheit und würde ebda 22, 280; auf dem grabe des älterlichen ansehns Schleiermacher s. w. (1843) I 12, 362; grab des aberglaubens (buchtitel 1775); des ein halbes jahrtausend lang offnen grabes aller wissenschaften (des mittelalters) Jean Paul w. 35, 16 Hempel.
γ)
von zeitbegriffen:
wenn schon jahrhunderte, noch ungeboren,
hinabgestiegen in das grab der zeit
Grillparzer s. w. 4, 220 Sauer;
o frühling, mit dem zauberstabe
berührest du auch meine brust
und weckest aus der kindheit grabe
mir neuen trost und neue lust
aber Rom in allem seinem glanze
ist ein grab nur der vergangenheit
Schiller 11, 364 G.;
die abendglocke ruft den müden tag zu grabe
Gotter ged. (1787) 1, 132;
entschlafnes jahrhundert! ...
es hebt aus seinem grabe sich auf
Klopstock oden 1, 150 M.-P.;
vgl. B. Neukirch ged. (1744) 243 sowie C 2 a α.
C.
im uneigentlichen gebrauch gewinnt grab, überwiegend in verbalen und praepositionalen verbindungen, eine erweiterte anwendung, ohne dasz an ein bestimmtes grab oder eine bestattung gedacht wird; grab steht sinnbildlich und stellvertretend für 'tod, verderben, untergang, ende'. dabei wird einerseits ein grab z. t. überhaupt nicht mehr vorgestellt, anderseits sind aber bildhafte züge des eigentlichen gebrauchs mehr oder weniger deutlich vorhanden oder werden secundär bewuszt ausgeführt. häufig sind hier reflexivische fügungen, die im eigentlichen gebrauch naturgemäsz seltener und mehr occasionell sind.
1)
vom menschen.
a)
im unmittelbaren anschlusz an den eigentlichen gebrauch; jemanden ins grab (zu grabe) bringen (tragen) 'die ursache seines todes werden, seinen tod beschleunigen', reflexiv (sich) sein (eigenes) grab graben, sich (selber) zu grabe fördern, sich ins grab legen und ähnlich 'sich zu tode bringen, seinen eigenen tod herbeiführen':
diz kleinœt err dâ heime doch ze jungest gap.
daz frumte vil der degene mit samt im selben in daz grap
(brachte ihm selbst und vielen helden den tod)
Nibelungenlied 684, 4 var. Bartsch;
die von der mûre her abe
fuogten mangen auch ze grabe,
den sie brâhten ûf tôdes zil
Ulrich von Eschenbach Alexander 9472 Toischer;
warumb hat nit im bad ertrenckt
mein muͦtter mich, ehe dann ich hab
sie mit fraͤuel bracht in das grab
Fischart flöhhaz 5 ndr.;
gott schickt den sieg vom himmel herabe,
viel tausend wurden gemacht zue grabe (fielen)
dreiszigj. krieg 352, 5 Opel-Cohn;
der bey gewürzter kost und starkem essen lebt,
und da sein grab mit seinen zähnen gräbt
samml. v. schausp. (Wien 1764) 1, 67 (vgl. dazu Schiller, B. v. Münchhausen oben A 4 a β);
vgl.: der frasz richt jhm mit zeenen sein grab zu Petri d. Teutschen weiszh. (1605) N 7ᵃ; sie (die krieger) hatten ja bässer können der ruhe und wollust pflegen, an stat dasz sie, mit sovielen sorgen und gefährden sich selber zu grab gefördert Sigm. v. Birken ostländ. lorbeerh. (1657) )( 3ᵃ;
doch bin ich gantz durchdrungen
von dem vvas sterben heist, selbst bin ich meine bahr!
selbst trag ich mich zum grab (ich bin schon so gut wie tot)
A. Gryphius sonn- u. feiertagssonette 59 ndr.;
der blinde Simson bringt sich spielend in das grab
Lohenstein Sophonisbe (1680) widmung b 2ᵇ;
enen en et graf brenge (durch ärger) rhein. wb. 2, 1330; du ... bringst mich ins grab Marie v. Ebner-Eschenbach ges. schr. (1893) 2, 205; die alten leute ... ehe sie sich ins grab legen durften Holtei vierzig jahre (1843) 1, 129. ganz abgeschwächt: monsieur, sein zugestandenes elend legt mein hertz ins grab (macht mich todtraurig) Zend. a. Zendoriis teutsche winternächte (1682) 15.
b)
in zahlreichen verbalen fügungen, die für diesen uneigentlichen gebrauch von grab bezeichnend sind, während sie im eigentlichen seltener und mehr occasionell vorkommen oder ganz fehlen; meist 'sterben, umkommen' bzw. 'den tod verursachen'.
α)
ins grab müssen u. ä.:
das ich denck, ich müsz bald von hinnen
zu meinen vettern in das grab
Hans Sachs 1, 92 Keller;
schick auff, schick ab, du must ins grab Petri d. Teutschen weiszh. (1605) E 8ᵇ; Henisch (1616) 1723; hast gewisz angst, dasz du nach meiner Elies ins grab muszt O. M. Graf unruhe (1948) 206. ins grab (zu grabe) kommen; zum grabe kommen als poetisch für sterben verzeichnet bei Schottel haubtspr. (1663) 119:
und wann er sich nit hett gewendt
ein wenig nach der seiten ab,
so wer er kommen in das grab
Spreng Ilias (1610) 88ᵃ;
(Richard) kam früh ins grab durch diesen tapfern herzog
Shakespeare 5 (1799) 21;
(ein gespenst) tobte auch, wenn eines domherrn naher verwandter bald zu grabe kommen wird br. Grimm dt. sagen (1891) 1, 182. ins grab (zum grab, nach dem grabe) gehen:
treues hertze, du zeuchst abe
ausz der welt und gehst zu grabe
Logau sinnged. 176 Eitner;
so lebten wir umsonst! laszt uns
zu grabe gehen, Spanier
Schiller 5, 2, 433 G.;
kennst du sie, die uns mit lorbeerkronen,
mit der freude beszren regionen,
ehe wir zu grabe gehn, vergilt
Hölderlin s. w. 2, 4 Hell.;
als alle anderen zu grabe gegangen (gestorben) sind, bleibt er (Michelangelo) noch am werk Wölfflin d. klass. kunst (1901) 170;
ich seh indesz beschämt
den nahen tod von zwanzigtausend mann,
die für 'ne grille, ein phantom des ruhms
zum grabe gehn
Shakespeare 3 (1798) 294;
(mein armes weib) ist darüber zu grabe gegangen Fr. Reuter w. 2, 82 Seelmann; es ist besser, das ich sterbe, als dasz mein herr vater vor betrübnüs nach dem grabe gehe bei Creizenach schausp. engl. comöd. 83;
hier ist auch der zauberstab,
wen er anrührt, geht ins grab
Cl. Brentano ges. schr. (1852) 5, 120;
zu tausenden hätten sich Preuszen gefunden, an der holden fürstin statt ins grab zu gehen Fouqué gefühle, bilder (1819) 1, 11. ins grab (nach)folgen 'nachsterben', 'bald darauf sterben' (vgl. A 4 a δ ende): (als der könig) starb, und ihm bald nachher sein bitterer feind ... ins grab nachfolgte O. Peschel völkerkde (1874) 257; entspr. nach sich ziehen: er (Kreon) verliert sohn und gemahlinn, welche die sterbende Antigone ins grab nach sich zieht Fr. Th. Vischer ästhetik (1846) 1, 318. das grab teilen 'mitsterben': der herzog theilte bald das grab seiner gattin, doch ihre ruhe wohl nicht Cl. Brentano ges. schr. (1852) 7, 253. das (sein, ein) grab finden (vgl. den tod finden):
sie (die Argonauten) fanden alle ein unselig grab
(starben einen elenden tod)
Grillparzer s. w. 5, 205 Sauer;
findest du kein grab in ehren,
such ein grab dir ohne schande
Fr. W. Weber Dreizehnlinden (1907) 276.
vgl. Herder unter C 2 b β sowie unter B 1. mehrfach ins grab (zum grabe) sinken:
er (Christus) sank, wie wir, ins grab
Klopstock s. w. 5 (1854) 65;
die beiden eltern sanken früh ins grab
Grillparzer s. w. 4, 144 Sauer;
jenes geschlecht, welches die segnungen seiner regierung empfunden, war längst vor ihm ins grab gesunken Hettner literaturgesch. ⁷2, 20. im grabe sein 'tot sein, verstorben sein': kaum aber war der im grabe, dessen ansprüche drohend wurden Niebuhr röm. gesch. (1811) 1, 373.
β)
der eigentlichen vorstellung ferner, zum teil in bildhaft gesteigertem ausdruck ins grab steigen, laufen, stolpern, sich ins grab drängen: steigen in das grab hinein als synonym mit sterben von Schottel haubtspr. (1663) 119 gebucht; es were Christus ... ins grab gestiegen Fr. v. Spee tugendbuch (1649) 50; man schreibt Catharina sey endlich auch vom throne ins grab gestiegen (1796) Göthe IV 11, 287 W.; acht jahre später (d. i. nach 1778) stieg ... (Friedrich d. Gr.) zu grabe Fritz Wuessing gesch. d. dt. volkes (1921) 13; er wurde nachher ... von einer wilden gier nach wein und weib gepackt, dasz er noch in der blüte seiner jugend elendig und verzweifelt ins grab steigen muszte G. Frenssen Hilligenlei (1905) 203;
wer solchen rath begehrt,
laufft in sein eigen grab
Gryphius trauersp. 91 Palm;
womit bringen diese gesunden und starken ihr leben zu? sie suchen und laufen nach geld oder äuszerer ehre ... sie laufen und stolpern, und finden es nicht, und stolpern ins grab G. Frenssen Hilligenlei (1905) 1;
o ungerathner! was ist das für sitte,
vor deinem vater dich ins grab zu drängen
Shakespeare 1 (1797) 166.
γ)
weiterhin zu grabe, ins grab, ans grab schicken, treiben, hetzen, jagen für 'zu tode bringen, töten, sterben lassen'; zum grabe gerissen werden für sterben Schottel haubtspr. (1663) 119:
sieh, wie es Nerius, dem reichen filtze, glükkt,
der schon die dritte frau bereits zu grabe schikkt
Rachel sat. ged. 55 ndr.;
ich habe vier männer gehabt, drei hab ich schon zu grabe geschickt, der vierte musz auch noch unter die erde (1694) J. Hübner Christcomödia 6 lit.-denkm.;
der unerbittliche tod treibt jede minute bei schaaren,
zahllose opfer hinunter ins grab
J. J. Dusch verm. krit. u. sat. schr. (1758) 297;
ên an't grâf dreiwen jemand in den tod treiben wb. d. lux. ma. 151; (menschen) in processionen zusammen getrieben, aus einem narrenfeste in das andere zu grabe gehetzt Thümmel reise i. d. mitt. prov. (1791) 6, 92;
den trefflich groszen wüterich der erde ...
liesz los dein schosz, um uns ins grab zu jagen
Shakespeare 9, 1 (1810) 156 (Richard III. 4, 4);
so auch ins grab stürzen, strecken, schleppen, schleifen usw., s. unter C 1 c, C 2 b β.
δ)
in diesem sinne jemanden zu grabe kurieren: vielleicht hat er (Paracelsus) einen darunter zu grabe kuriert Er. Francisci d. höll. Proteus (1690) 598. umgekehrten sinnes: eine menge, noch in der gefährlichsten stunde, dem grabe entrissne kranke Gottl. Stephanie d. j. s. lustsp. (1771) 107. so occasionell einen ins grab zanken, ängstigen u. ähnl.: eine alte wittwe, die schon vier männer ins grab gezankt hat Lessing 1, 345 L.-M.; (ich) ängstigte dich ins grab, weil ich herrschen wollte Klinger neues theater (1790) 1, 149; am besten wärs, wir behingen das zimmer ganz schwarz, brennten ein schwaches todeslichtchen und weinten uns zu grabe Lenz (1828) 1, 198 Tieck.
ε)
das grab steht, liegt offen 'der tod droht', wobei, anders als im eigentlichen gebrauch von A 4 e α, die erstmalig gegrabene, noch nicht wieder zugeworfene grube, das künftige grab des zur zeit noch lebenden menschen vorgestellt wird, doch vgl. noch Jerem. 5, 16 unter A 8 c:
unser grab steht allzeit ofen
J. Chr. Günther s. w. 1, 307 lit. ver.;
immer schwebt
das beil, noch aufgehoben, über mir,
und offen liegt das grab vor meinen schritten
Göthe I 9, 418 W.
daher:
wir, die wir den lehnseid geschworen,
stehn täglich gelassen vor offenem grab
Börries von Münchhausen ball. 321 auswahl d. buchgemeinsch.;
volkstümlich er läszt sein grab offen vom sämann, der ein streifchen zu besäen vergiszt bei Rother schles. sprichw. 439. (jemandem) das grab (er)öffnen, das grab öffnet sich (anders als unter A 4 e α): ein junges weib, welches einen alten mann hat ... (ist) ein todtengraber, der ihm das grab eröffnet Albertinus weibl. lustgart. (1605) 77ᵃ;
und plötzlich öffnet gott dein grab ...
komm, dein gebein begehrt der ruh
Giseke poet. w. (1767) 96;
man öffnet dem kinde das grab (wenn man sein bettchen offen läszt) Müller-Fraureuth obersächs. 1, 434; das grab öffnet sich jeden augenblick, aber es schlieszt sich nur einmal für immer (der tod droht ständig, doch man stirbt nur einmal) Wander 2, 117. so auch mit personification von grab:
es gähnt das grab und tod ist ächzend nah
Shakespeare 7 (1801) 35;
lasz ab vom schwelgen, wisse, dasz das grab
dir dreymal weiter gähnt als andern menschen
ebenda 6 (1800) 375;
vgl. das grab tut sich auf unter A 9.
c)
abgezogener, wenn in transitiven und intransitiven fügungen statt eines persönlichen subjektes die wirkende ursache, das mittel grammatisches subjekt der verbalen verbindung mit grab wird, z. b. liebe, leid, schmerz, vorwurf, prozesz, krankheit und sonstige unpersönliche begriffe:
diu liebe und diu leide
wellen mich beide
fürdern hin ze grabe
Heinrich von Morungen 129, 35 minnes. frühl.;
vnd nicht nach hohen emptern ring,
in welchen eitel vnlust steckt,
die manchen fruͤ zu grabe tregt
Ringwaldt d. laut. warh. 147;
das er mir helff der kranckheit ab,
die mich wirdt bringen in das grab
H. Sachs 8, 263 lit. ver.;
wo aber ein anderer feind, die pocken, ihn zu grabe brachte Ritter erdk. (1822) 2, 461; als die blattern das liebe mädgen ins grab streckten Knigge rom. m. lebens (1781) 1, 202; (es) wird uns hoffentlich der hunger immer noch eher ins grab bringen Thümmel s. w. 3 (1853) 59; dasz körperlicher und geistiger schmerz ihn in krankheit, dann ins grab stürzte Raumer gesch. d. Hohenst. (1823) 4, 156;
du hast von anfangs uns erzehlt,
wie dich fast bringe in das grab,
weil d' kunst so viel anfechtung hab
Gilhusius grammatica (1597) 28;
so ein vorwurf würde mich ins grab bringen Pestalozzi s. schr. (1819) 12, 2; die weiber haben mich zum procesz gebracht, und der wird mich noch vor der zeit ins grab bringen Lessing 2, 3 L.-M.;
wie schleppet uns so bald das alter in das grab
Canitz ged. (1727) 3;
ruft mich einst ...
des lebens später herbst zu grabe
R. Z. Becker Mildheim. liederb. (1799) 18;
ach ihre jahre, die sie voraus hatte, führten sie früher ans grab als mich Göthe I 19, 13 W.; dasz meine leidenschaft ... mich den weg zum grabe führte ebda 43, 146.
d)
mit anderem bedeutungsgehalt jemandem das (ein) grab graben, jemanden zu grabe tragen und ähnl. 'jemandem den untergang, verderben, schwierigkeiten bereiten', oft reflexivisch:
mancher gräbt eim andern ein grab,
darein er doch vor selbsten fällt
lied. a. d. winterkönig 303 Wolkan;
während ich die ersten Franzosen sah, grub man bereits ihrem kaiser das grab H. Laube ges. schr. (1875) 8, 39;
ich bitte dich, du kannst
drein willigen, dich selbst zu grab zu tragen
Schiller 12, 230 anm. G.;
haben sich nicht die Gothaer selbst zu grabe getragen? A. Ruge briefw. u. tageb. 2, 239 Nerrlich; he hät seng ege graf gegrave 'ist seines untergangs selber schuld' rhein. wb. 2, 1330; Fr. List blamirte sich leider mit seinem toast. mir scheint, der brave mann gräbt sich überhaupt hier sein grab (macht sich unmöglich) jahrb. d. Grillparzerges. (1890) 5, 106.
2)
auf abstracta und sonstige unpersönliche begriffe übertragen, in verbaler fügung mit dem bedeutungsgehalt 'untergehen, zu ende sein, aufhören zu bestehen, verschwinden' bzw. 'vernichten, zugrunde richten, beseitigen'. am weitesten verbreitet ist in dieser verwendung seit dem 17. jh. die dem uneigentlichen gebrauch C 1 b α entstammende verbindung zu grabe gehen.
a)
vermittels der verbindung mit personen.
α)
durch die präposition mit, später auch in, wodurch der bestattete tote als verkörperung der unpersönlichen begriffe erscheint. vereinzelt im mhd.:
wænt ir, daz elliu vrümekheit
mit im ze grabe sî geleit?
Hartmann von Aue Iwein 1934;
mit Amurathen fiel mein stern schon in das grab
Lohenstein Ibrahim sultan (1701) 5;
auch die diplomatische überlieferung der alten zeit war mit Kaunitz zu grabe getragen worden Häusser dt. gesch. (1854) 2, 139; die letzte hoffnung ... ward den Italikern mit Marcus Drusus zu grabe getragen Mommsen röm. gesch. (1881) 2, 225; ertz-bischoff Pilegrinus von Lorch, mit welchem sonst das dasige uralte ertzbisthum ... gleichsam zu grabe getragen wurde S. Fr. Hahn einl. z. d. Teutsch. staats.-hist. (1721) 2, 129; manches litterarische vorhaben geht mit ihm zu grabe Varnhagen v. Ense tageb. (1861) 1, 285; mit Strausz ging ein stück Wiener lebens zu grabe Frz. M. Böhme gesch. d. tanzes (1886) 273; seht ihr denn nicht ein, dasz er (euer patriotismus) nur an persönlichkeiten hängt und mit diesen zu grabe geht Holtei erz. schr. (1861) 16, 175; mit ihm gieng auch das karolingische haus, wenigstens in Deutschland, zu grabe M. I. Schmidt gesch. d. Deutschen (1778) 1, 493;
der erde ruhm ging mir in dir zu grabe,
der erde glück in meines vaters haupt
Grillparzer s. w. 6, 140 Sauer;
mit der alten chronikenzeit ging auch das häusliche und familiengefühl ... groszen theils zu grabe Herder 17, 22 S. vgl. dazu noch:
ist all dein trost in Glosters grab verschlossen?
Shakespeare 8 (1801) 96.
β)
in der wendung etwas mit (sich) ins grab nehmen (vgl. A 4 a ι), mit der vorstellung des nicht mehr vorhandenseins, des verlustes für den lebend zurückgebliebenen: wer eine Julia und mit ihr alles verlor ... es ist ja nichts mehr da, auch keine reflexion mehr, alles hat Julia mit sich genommen in das grab O. Ludwig ges. schr. (1891) 5, 240; ein staatsmann nimmt die hoffnung, das glück, die zukunft des volkes mit sich ins grab u. ä. häufiger im sinne von C 3 b β.
b)
ohne eine solche verbindung.
α)
am häufigsten auch hier in der meist farblosen wendung etwas geht zu grabe 'endet, geht unter, hört auf, verschwindet, ist nicht mehr da': wenn die vernunft gestorben, so gehet die gerechtigkeit zu grabe P. Winckler 2000 gute ged. (1685) I 6ᵃ; ihre freyheit ... welche eben so wohl unter einem vernünfftigen als tummen oberherrn zu grabe ginge Lohenstein Arminius (1689) 1, 24ᵃ; die rittertugend geht zu grabe Laube ges. schr. (1875) 2, 192;
heut geht das römsche reich, heut gehts zu grabe
J. D. Gries Ariosts ras. Roland (1804) 2, 112;
wenn es unseren kammern nicht gelingt, das öffentliche interesse an sich zu fesseln, ... so werden sie über kurz oder lang ohne theilnahme zu grabe gehen O. v. Bismarck an L. v. Gerlach, briefw. (1893) 351; verliert er nun auch noch Spanien, so geht der romanismus zugleich mit dem absolutismus zu grabe Grillparzer s. w. 14, 160 S.;
in jener nacht,
in der ein jahr zu grabe geht
Uhland ged. (1898) 1, 246.
β)
in dem gleichen sinne, doch mit bewuszt bildhaft verwerteten zügen des eigentlichen gebrauchs: die ehren und hochheiten ... ach wie bald verfallen sie ins grab und werden mit füszen getreten Abr. a s. Clara etwas f. alle (1711) 2, 55; möge ... aller leere schein hinsinken und zu grabe getragen werden Schleiermacher s. w. (1834) II 4, 75; die neue (poetische) schule ist schon jetzt zu alt geworden ... die gegner sagen ganz laut, sie werde zu grabe getragen (1805) W. Grimm an Jacob, briefw. (1881) 26; auch der grosze organismus der erde musz also sein grab finden, aus dem er, wenn seine zeit kommt, zu einer neuen gestalt emporsteigt Herder 13, 427 S.; die alte (kunst) lag noch im grabe Athenäum (1798) 1, 2, 50; und was den aberglauben betrifft ... so wird den die allgewaltig zeit ... ganz sanft zu grab bestatten Bettine dies buch geh. d. könig (1843) 1, 40; hinweg von diesem ort! ... hier schleift man deine seligkeit zu grabe A. v. Platen dram. nachl. 20 lit.-denkm.
γ)
reflexivisch: vergebliche wünsche graben sich früh ihr eigenes grab Nestroy ges. w. (1890) 5, 25; diese politik ... grub sich ihr eigenes grab Mommsen röm. gesch. (1894) 5, 54; kaum hat eine partei die macht in händen, so macht sie sich durch miszbrauch derselben verächtlich und gräbt ihr eigenes grab G. Forster s. schr. (1843) 9, 42; indem der protestantismus diese wahrheit verkannte ... hat er sich selbst das grab gegraben Lagarde dt. schr. (1886) 295.
δ)
so auch A 4 e β entsprechend:
... Deutschland (ist) hoch verbunden
der hand, so seinen ruhm aus grufft und gräbern hebt
bei Lohenstein Arminius (1689) 1, e 3ᵃ;
Wormius hat die alte runische sprache ... wider ausz dem grabe erwecket Morhof unterr. v. d. dt. spr. (1682) 65; laszt uns alle religionen aus ihren gräbern wecken Athenäum 3 (1800) 7; die baukunst steigt vor mir wie ein alter geist aus dem grabe Göthe III 1, 289 W.; die Hamburger (zeitung), die aus ihrem grabe erstanden Görres ges. schr. (1854) 2, 7.
3)
dieser sinnbildliche gebrauch findet sich weiterhin in verbalen und präpositionalen wendungen, in denen grab den tod als ziel und grenze des menschlichen lebens bezeichnet.
a)
mit dem sinn 'dem tode nah'.
α)
vielfach in der vorstellung einer bewegung zum grabe hin; meist verbal:
der sprichet 'churz sint mîne tage,
mîn leben nâhet zû dem grabe'
(et solum mihi super est sepulchrum Hiob 17, 1)
Heinrich von Melk erinn. 458 Heinzel-Kienast;
maneger îlet hin ze grabe,
als ob er sich versûmet habe
Freidank 177, 25 Bezzenberger;
gehabt euch wol, ich scheid jetzt ab,
gehabt euch wol, ich eil ins grab
Opitz poemata 83 ndr.;
meine lebenszeit verstreicht,
stündlich eil ich zu dem grabe
Gellert s. schr. (1839) 2, 136;
he stippet nae synem graue (westfäl.) Tappius adag. (1545) 57ᵇ; er stapffet nach seim grabe Seb. Franck sprichw. (1541) 2, 57ᵃ; einem alten bauren, der nunmehr ziemlich dem grabe zugieng Hohberg georgica cur. aucta 3 (1715) 44ᵃ; meine tage sind schon wenige, ich gehe dem grabe entgegen A. Stifter s. w. (1901) 2, 162; er wurde krank, langsam fiel er dem grabe entgegen ebda 3, 176;
so ist er doch ein greis
und unbeerbt wankt er dem grabe zu
Schiller 13, 350 G.;
es senkt sich tief und tiefer schon mein haupt,
ich setze träumend weiter meinen stab
und wanke, müder, als wohl mancher glaubt,
entgegen meinem ziele, meinem grab
Chamisso w. (1836) 3, 3;
gram und alter näherten den alten marchese dem grabe Schiller 4, 237 G.; je mehr der mensch sich ... dem grabe nähert ... desto gleichnishafter erscheinen ihm alle dinge K. Scheffler geist d. gotik (1921) 61;
Wendelin: es zehrt an eurem leben, theurer graf.
Siegfried: das soll es, dasz ich bald zum grabe reife
Tieck schr. (1828) 2, 219;
der alte herr Burton ist recht gefährlich krank und ich glaube, dasz er schon zum grabe reif ist ebda 7, 45; de jungen wasset en de höchde un de ollen in et graf rhein. wb. 2, 1331; meine kraft sinkt nach dem grabe (Götz in der sterbeszene) Göthe I 8, 168 W.; (ein unfall,) welcher meinen guten vater schier bis zum grabe niederbeugte (ihm fast den tod brachte) K. Fr. Bahrdt gesch. s. lebens (1790) 1, 130;
zum grab gebeugt, durch all der ihren tod
Grillparzer s. w. 6, 21 Sauer;
er sucht sein grab (der vor alter gekrümmt gehende) Wander 2, 118; da man sich vor alter selbst ins grab sehnt Miller briefw. dreier ak. fr. (1778) 1, 88; (eine freundin,) welche krank wie er, sich nach dem grabe sehnt Treitschke hist. u. pol. aufs. (1886) 1, 112; die wenigen schritte zu seinem (eines greises) grabe Lessing 2, 291 L.-M. in unpersönlicher anwendung: so läuft alles, wie es läuft, und es läuft in gräber aus A. Zweig einsetzg. e. königs (1950) 151. andererseits mein (auf mich) wartet (schon) das grab:
dasz mein lang wart das grab
Fischart Gargantua 441 ndr.;
meine kräffte nehmen ab,
auf mich wartet schon das grab
Chr. Reuter Harlequins hochz.-schmausz 46 ndr.;
häufen sich die jahre
und nahet sich das stille grab
Novalis schr. 1, 144 Minor.
näher zum grabe, ans grab: yhe neher sie zum grabe hat Luther 32, 227 W.; da mich nun jede (nachricht von dir), ach! — einen schritt näher ans grab rückt! Schiller 2, 15 G.; wo de minsch mit jedes johr en groten schritt neger an sin graww ranne tred Fr. Reuter w. 2, 144 Seelmann. nah am (an dem) grabe: einen alten abgelebten mann, welcher dem tode oder dem grabe nahe ist Stosch gleichbed. wörter 3 (1773) 71;
oh vater du bist alt und nah dem grabe
Tieck suppl. z. Shakspear 1 (1811) 170;
mit der schrift, die nah am grab
mir graf Edwin übergab
Müllner dram. w. (1828) 2, 52;
ich scheue nicht den tod so nah dem grab
Gaudy s. w. (1844) 2, 30;
vgl. dazu: mein odem ist schwach, vnd meine tage sind abgekürtzt, das grab ist da Hiob 17, 1. aus derselben vorstellung heraus: der matte gesetzgeber (Moses), der sein grab vor sich sah Herder 12, 142 S.;
... so lang ich leb am grabe
(hier im irdischen leben, stets vom tode bedroht)
Klopstock w. 7 (1804) 255.
temporal gewandt: nur einige jahre vom grabe Herder 5, 570 S.
β)
am rand des grabes dicht vor dem tod: he gheit vp graves borth (alterum pedem in cymba Charontis habere) Tappius adag. (1545) 57ᵇ; senex capularis de vp graves börde geith Chyträus nomencl. (1585) 16; alte leute gehen alle tag auff grabes port Henisch 1723; up graves oever gaan 'dem tode nahe sein, alters wegen bald sterben müssen' brem.-niedersächs. wb. 2, 539; he steit op graves öwer Mensing schlesw.-holst. 2, 463;
schwarzes herz! das uns zu entzweyen wuste;
aber an des grabes rand endlich dafür büszen muste
Schönaich Heinrich d. Vogler (1757) 40;
einen vater am rande des grabes verlaszen (1776) Leisewitz Julius von Tarent 90 lit.-denkm.; da er schon von einem hohen alter gebeugt am rande des grabes stund M. I. Schmidt gesch. d. Deutschen (1778) 4, 396; der kranke, der sich durch arzneien und hypochondrie an den rand des grabes gebracht hat Justi Winckelmann (1866) 1, 444; Stella habe von Vanessa gewuszt und sei durch liebe und eifersucht an den rand des grabes gebracht worden H. Hettner lit.-gesch. d. 18. jh. ⁷1, 296; diese widersprüche ..., die bis zum rande des grabes angedauert (bis auf die todesstunde) Gutzkow ritter vom geiste (1850) 3, 397.
γ)
mit einem fusz (schon) im grabe:
hett ich ein fuͦsz gesetzt in daz grab,
dannacht stuͦnd ich der ler nit ab
Seb. Brant narrensch. 11 Zarncke;
disz thut man den gar alten sagen,
welche die bein nit mehr wolln tragen,
er hat ein fusz ins grab gesetzt,
wird für ein todten man geschetzt ...
Eyering proverb. copia (1601) 2, 244.
in fester sprichwörtlicher fassung: he gheet mit einem vothe in dem graue oder kulen Tappius adag. (1545) 57ᵃ; er steht mit dem ein fuͦsz im grab Seb. Franck sprüchw. (1541) 2, 56ᵇ; vgl.: damit sticht man die alten geitigen und gotlosen, die mit dem einen fuͦsz schon an der anwand, zilstadt vnd grab stehn Seb. Franck sprüchw. (1545) 1, 5ᵃ; vgl. Nürnberger wb. (1713) 116; A. Schellhorn sprichw. (1797) 59; alter kindischer könig, der mit einem fusz schon im grabe steht Schiller 4, 92 G. mundartlich verbreitet: he stêt med ênem faut im grâwe Woeste-Nörr. westf. 85; rhein. wb. 2, 1330. ebenso: einen fusz schon im grab haben: denn da wir sprechen, der todt schleicht mir auff den füszen nach, oder, er hat schon ein fusz im grabe Mathesius trostpred. (1579) S 1ᵇ; nichts schaͤndlichers ist, als wann ein alter, der ein fusz im grab, den andern im hochzeithausz Lehman flor. pol. (1662) 1, 17; er hat einen fusz schon im grab, der todt sihet jm inn den augen ausz iam instat capulo Henisch 1720; einen alten abgelebten mann ... jemand, welcher den einen fusz schon im sarge oder im grabe hat Stosch gleichbed. wörter 3 (1773) 71; e kindbettereⁿ het allewil ein fuesz im grab Martin-Lienhart els. 1, 266. gesteigert: ich bin alt und schwach, habe einen fusz, mehr als einen fusz im grabe Dahlmann gesch. d. frz. revol. (1845) 73; da sie alle beide füsze bereits im grab hatte Grimmelshausen Simpl. (1713) 2, 117. ohne verb: der alte geistliche, mit einem fusz schon im grabe Göthe I 20, 299 W. variiert: schon den einen fusz aufm grabe haben Kramer t.-ital. 1 (1700) 553ᵇ; er ist ein steinalter mann, der schon mit einem fusz auf dem grabe stehet Stranitzky ollapatrida 160 Wiener ndr.; sie (die gebärenden) stehen allbereit mit einem fusze am grabe Sperling Nicodemus quaerens 1 (1718) 1148; vgl. noch in demselben sinne mnd. up dem grave gân Lasch-Borchling 1, 2, 146 und osnabrückisch graves foots gahn Strodtmann 358. statt fusz auch bein: acheronticus senex ein gar alter mann ... ende het een been int graf heeft Junius (1567) 19ᵇ; he steiht mit een been int grab Mensing schlesw.-holst. 2, 461; en aulen mann ... geht met einem beng im graf rhein. wb. 2, 1330.
b)
als bestimmung einer zeitlichen erstreckung und begrenzung, präpositional ze grabe, (unz) in das grab, bis zum grabe 'das ganze leben hindurch, bis an das lebensende, bis zum tode'.
α)
noch mit dem verb des satzes verbunden, vorwiegend in älterer sprache, so mit bringen, führen:
sus kan ich an vröuden ûf stîgen joch abe,
und bringe den wehsel, wæn ich, durch ir liebe ze grabe
(und führe dieses wechselvolle leben bis zum tod)
kaiser Heinrich 5, 29 minnes. fr.;
er brâht den prîs unz in sîn grap,
daz er nimmer mêr wart sigelôs
Wolfram von Eschenbach Willehalm 450, 4;
sy wöll die lieb in ir grab
bringen vnd damit ersterben!
liederb. d. Hätzlerin 133 Haltaus;
er wil sine hovescheit vueren in sin grap
(vor 1267) minnesinger 1, 297ᵃ v. d. Hagen;
das ich dein hult nie hab vergult, mein sünd, mein schult
du mir ze grab nicht spare
(spar mir meine schuld nicht bis zur todesstunde auf)
Oswald v. Wolkenstein 104, 32 Schatz.
vor allem mit tragen, mit (sich) tragen:
din zorn ist mir ze swære:
we im, der in ze grabe treit!
Hermann Damen in: minnesinger 3, 167ᵃ v. d. Hagen;
ich will mit den von Zwickau nimer mer nichts zu thun haben, den zorn bis ins grab mit mir tragen Luther tischr. 2, 12 W.; als eynem stetten liebhaber, der syne lieb bisz in das grab mit jm dreyt Murner geuchmat 45 Uhl; (das muttergewächs,) das etlich frauwen ... mit jhnen in das grab tragen J. Ruoff hebammenb. (1580) 95;
ich leide zwar, wie sonst, den schmerz,
und will ihn mit zu grabe tragen
B. Neukirch ged. (1744) 28.
ebenso mit intransitiven wie folgen, bleiben:
einez, heizet sorge, volget im unz in sîn grap
Neidhart 68, 35 Wieszner;
alle tugent vuor im mite
und volget im biz in sîn grap
Ulrich v. Eschenbach Alexander 16 243 Toischer;
alsô dô daz kindel wart ûz dem toufe erhaben,
dô schepft man im ein namen, der volgte im hin ze grabe
Wolfdietrich B I str. 175, 2 Jänicke;
leg ihn (den gürtel) von dir, wenn er die brust beengt.
er folgt mir bis ins grab (ich trag ihn bis zum tode)
Grillparzer s. w. 8, 210 Sauer;
sünden, ... die teglichen und ubrigen im fleisch, die bis ins grab bleiben Luther 54, 250 W.; vgl. auch fälle wie: (der mensch) muͦsz sich ... mit Heraclito in sein grab weynen, so gar ist aller welt wesen und lauff ein thorheit ... vor got Seb. Franck sprüchw. (1541) 1, 121ᵃ. im jüngeren nhd. kommt gelegentlich die gleiche vorstellung in individueller, nicht traditionell gefügter form zum ausdruck: ein nichtschwimmer ... geht aus angst mit dem schmutz der haut, den er im leben aufsammelt, jämmerlich zu grabe Fr. L. Jahn w. 2, 9 Euler; du wirst Gusteln seine ungezogenheiten nicht abgewöhnen, die werden nur ... im grab enden Göthe IV 3, 34 W.; ein fieber in meinem blut, das vielleicht das grab nicht heilt F. M. Klinger n. theater (1790) 1, 179.
β)
in diesem sinne wird auch häufig seit dem 16. jh. die wendung etwas mit sich ins grab nehmen gebraucht (s. A 4 a ι und C 2 a β), bei abstractem object 'das ganze leben hindurch bis zum tode bewahren', vgl. etwas mit sich ins grab nehmen retinere quid usque ad mortem Frisch t.-lat. (1741) 1, 363: so habe ich mein lebenlang kein exemplar verkauft noch lection pro pretio gehalten, wil auch den rum, wils gott, mit mir ins grab nehmen Luther tischreden 4, 432 W.; er wird den schaden mit ins grab nehmen hoc malo affligetur usque ad mortem Steinbach dt. wb. 1 (1734) 627; nun seh ich, dasz ein tiefer früher schade nicht wieder auswachsen, sich nicht wieder herstellen kann; ich fühle, dasz ich ihn mit ins grab nehmen musz Göthe I 21, 133 W.; er wird es mit ins grab nehmen müssen 'er wirds fühlen, dieweil er lebt, er wirds nicht verwinden, wird zeitlebens daran zu klauben haben' Wander 2, 118; ungetheilt wollte er die höchste würde mit ins grab nehmen Ranke s. w. (1867) 1, 64; auch in der form etwas in sein grab nehmen, mit zu grabe nehmen: ich will den grundsatz in mein grab nehmen, ihr habt kein recht Amerika zu besteuern Dahlmann gesch. d. frz. rev. (1845) 66; mit ironischem unterton: die titel nehmen wir mit zu bette und zu grabe Kotzebue s. dram. w. (1828) 18, 86. vor allem ein (sein) geheimnis mit (sich) ins grab nehmen: sein geheimnisz (kann der mensch) mit ins grab nehmen Schopenhauer 1, 74 Grisebach; etwas mit ins grab nehmen ein anvertrautes geheimnis niemanden mitteilen Wander sprichw. 2, 118;
nur ihr, ihr sollt
sie (die tat) wissen! — nehmt sie aber mit ins grab!
Lessing 3, 138 L.-M.
auch mit dem beiklang des verlustes für die überlebenden (s. oben C 2 a β): nützliche dinge aus neid und miszgunst lieber mit sich ins grab nehmen, als sie andern redlich und unverfälscht mittheilen wollen Heppe aufr. lehrprinz (1751) vorber. )( )( 7ᵇ.
γ)
meist absoluter und formelhafter, vom mhd. zum nhd. durchstehend in das grab, (unz) bis in das grab (ins grab), bis in mein grab:
daz er mir dank in daz grab
Seifried Helbling 1, 917 Seemüller;
des er sich schamt unz in sîn grap
Stricker Amis 2472 Lambel;
bisz ins grab fin all' vltimo Hulsius (1618) 141ᵃ; eine bis ins grab (bis in todt) lieben amare una fin'alla tomba Rädlein sprachsch. (1711) 403; bis ins grab beständig sein constantem esse usque ad mortem Frisch t.-lat. (1741) 1, 363; was von natur ist angeboren, das behält man bisz ins grab Lehman flor. pol. (1662) 2, 555;
bisz in mein grab lasz ich nit ab
zu lieben sie vnd andre kein
Forster fr. teutsche liedlein 41 ndr.;
der zorn des erwähnten kavaliers über diese begebenheit daurte bis in sein grab Schubart leb. u. gesinn. (1791) 1, 175;
und ich bin von diesen stunden
euch bisz in mein grab verbunden
Neumark fortgepfl. musik.poet. lustw. (1657) 1, 436;
so im briefstil d. 17. u. 18. jhs. als schluszformel: erkenne mich seinem befehl dienstlich nachzuleben, bisz in das grab verbunden Harsdörffer teutsch. secr. (1656) 1, Aa 8ᵇ; zu einem nahen verwandten, welcher ihm so offtmals geschrieben, dasz er, bisz in sein grab, bleiben wolle, sein treuer vetter und freund Schupp freund i. d. not 5 ndr.; ich weisz nichts reitzenders für mich als ihre freundin zu seyn. denn diese würde wünscht sich bis ins grab zu behaupten ihre Kulmus L. A. Gottsched briefe 1, 82 Runkel; und bleiben sie ewig mein freund, wie ich sein werde bis ins grab ihr wahrer innigster freund W. A. Mozart bei Otto Jahn Mozart 3, 490. in neuerer sprache werden, besonders seit dem ende des 18. jhs., die ausdrucksmöglichkeiten zahlreicher und z. t. individueller. bis zum (zu dem) grabe:
mit dir (dem echo) wil vilmahl spilen;
bisz zu dem grab
nit lasz ich ab,
wan schon all himmel filen
Spee trutznacht. (1649) 17;
auf ewig solls mit ihr vernichtet seyn,
in aufsicht soll sie bleiben bis zum grab
Schiller 15, 1, 21 G.;
treue liebe bis zum grabe
schwör ich dir mit herz und hand
mich diesen pflichten ganz zu weihn,
bis zu des grabes ruh!
R. Z. Becker mildheim. liederbuch (1799) 30.
in anderm sinne: bis zum grab gibts kein gutes weib (d. h. vor dem tode, bevor sie gestorben ist) Wander sprichw.-lex. 2, 117. bis an das (mein) grab:
damit bis an mein kühles grab
ich alles böse meid
Möckel bei Schamelius liederkommentar (1737) 2, 16;
üb immer treu und redlichkeit
bis an dein kühles grab
Hölty ged. (1783) 30;
es war ein könig in Thule
gar treu bis an das grab
Göthe I 1, 171 W.;
die holden wünsche blühen
und welken wieder ab,
und blühen und welken wieder —
so geht es bis ans grab
H. Heine s. w. 1, 220 Elster.
im doppelgliedrigen ausdruck von der jugend (an) bis in das grab:
aller mensch sytten beschriben hab
gar von iugent an biss in das grab
Terenz deutsch (1499) A 1ᵇ;
er will sie erneren vnd leren von iugent bisz in das alter vnd in das grab Albrecht von Eyb dt. schr. 1, 24 Herrmann. von der wiege bis zum grabe: von der wiege bis zum grabe ... ist die physiognomie der grund von allem, was wir thun und lassen Lavater phys. fragm. (1775) 1, 49; mich von der wiege bis zum grabe, im bilde und in der wirklichkeit ew. hoheit zu gnaden empfehlend Göthe IV 22, 234 W.; weil die christliche religion als das licht der welt den menschen von der wiege bis ans grab durch das leben geleitet E. M. Arndt schr. f. u. an s. lb. Deutschen (1845) 2, 96; van der weg bis tom graf mott der mensch en schreiner han rhein. wb. 2, 1331; vgl. auch bei C 4.
c)
im grabe 'nach dem tode': es ist unbillig, dasz wir denjenigen im grabe loben, welcher sich auf der welt um einen guten namen nicht bekümmert hat Rabener s. schr. (1777) 2, 45; habe ich dieser frau muhme den unchristlichen namen Aline zu verdanken, so will ich ihr das gern im grabe verzeihen E. T. A. Hoffmann s. w. 12, 81 Gr. zugleich mit einbezug des vergangenen lebens und dadurch mit einem beiklang von b γ noch im grabe: das werck wird sich selbst künfftig und den seel. verstorbenen im grabe noch rühmen Lohenstein Ibrahim sultan (1680) a 4ᵃ; das wird ihm Marcus Tuscher noch im grabe danken Lessing 10, 289 L.-M.; ich danke es dem ... manne noch in seinem grabe Thümmel reise i. d. mittägl. prov. (1791) 8, 181; aber noch in ihrem grabe siegten sie Ranke s. w. 14 (1875) 226; da müsztᵉ iᶜʰ ja noᶜʰ im grab schämᵉ (wenn ich das täte) Fischer schwäb. 3, 777. ebenso nach dem grabe:
lebt, dasz eurer ehe ruhm
für sowol als nach dem grabe
alle welt zur folge habe
Logau sinnged. 15 lit. ver.;
anekdoten ..., welche uns, seine schüler, noch zwanzig und dreiszig jahre nach seinem grabe ... ergötzt haben E. M. Arndt w. 1, 27 R.-M. über das grab hinaus, hinüber:
des mannes wort reicht übers grab hinüber
Fr. Kind ged. (1817) 4, 55;
liebe und treue währen auch heute über das grab hinaus ... so wirken ... die familienbeziehungen (im recht) über den tod hinaus H. Schreuer d. recht d. toten 2, 5; (der) ermattende trieb des alten herzens, das so süsze leben noch über das grab hinaus zu verlängern Stifter s. w. (1901) 2, 130; noch über das grab hinaus verfolgt der orden die ungetreuen brüder Treitschke hist. u. polit. aufsätze ⁵2, 35. jenseit(s) des grabes:
jenseits der gräber
wuchern deine schmerzen
Schiller 4, 28 G.;
seine worte waren, wie eines, der schon mit allen seinen gedanken und wünschen jenseit des grabes ist Moritz Anton Reiser 38 lit.-denkm.; auch: wäre die revolution nicht gekommen, so wäre das ganze institut schon jenseits des grabes, wie unsere philantropine K. Fr. Cramer Neseggab (1791) 3, 8. entsprechend diesseits des grabes: die fähigkeit, diesseits des grabes noch hier in der sinnenwelt mit dem geisterreich in umgang und verbindung zu kommen Jung Stilling s. schr. (1835) 6, 420; wenn sie mir diesseits des grabes keine zeugnisse ihrer freundschaft mehr geben sollen J. J. Engel schr. (1801) 1, 86.
4)
auch auszerhalb dieser verbalen und präpositionalen fügungen steht grab stellvertretend für tod:
mir selber ist bewiszt mein grab,
ein kleins ich noch zu leben hab
Spreng Ilias (1610) 276ᵃ;
wie würde sich sein selger geist,
dem grab und schlaf die augen schleuszt
... ergetzen
Stoppe Parnasz (1735) 6;
die erde hat zum durst nur brünnen hergegeben,
und kein gekünstelt saur beschleunigt unser grab
A. v. Haller ged. 30 Hirzel;
doch dieses bündnisz bringt mir fessel, schimpf und grab
Gottsched dt. schaubühne (1741) 1, 4;
wo ich ihn nicht hab,
ist mir das grab
Göthe I 14, 170 W. (Faust 3379);
und hier stürmt Talbot oder schafft sein grab
Shakespeare 7 (1801) 234;
(seinem vergeblichen tasten nach idealen) entsprangen auch seine irrthümer und fehler, und das war sein grab: man darf sagen, er ist an seiner zeit gestorben E. M. Arndt schr. f. u. an s. lb. Deutschen (1845) 2, 91. frühes grab und ähnlich:
dein sohn erblaszt, dein sohn fällt hin!
der hoffnungsvolle, muntre knabe,
von dessen unverhofftem grabe
ich auch entfernt gerühret bin
Gottsched ged. (1751) 1, 114;
so dorfte keins den schimpf der seinen,
noch ihr zu frühes grab beweinen
ebda 1, 127; 252;
bey dem frühzeitigen grabe der frau hofräthinn ebda 1, 165; die frühen gräber (odentitel) Klopstock oden 1, 171 M.-P.;
zwar nicht in der heimath auen
grub man dir ein frühes grab
Karl Gerok bei Schneckenburger dt. lied. (1870) XII;
ihn (den fleiszigen) trägt kein falscher stab
sein ruhigs, spätes grab
Chr. Fel. Weisze lied. f. kinder (1767) 43.
rühmlich grab 'rühmlicher tod':
greift sie an! weicht keinen schritt!
eine krone, sonst ein ruhmvoll grab
Shakespeare 8 (1801) 212;
allein in kurzem steur ich diesem handel,
sonst kauft mein anspruch (auf den thron) mir ein rühmlich
grab
ebda 77;
das rasende verkehren
der ungewissen zeit gibt jenem cron und stab
und dem ein blutig beil und ein beschimpfftes grab
A. Gryphius trauersp. 377 Palm.
so auch in der verbindung geburt und grab, wiege und grab:
webe hin und her!
geburt und grab,
ein ewges meer
Göthe I 39, 224 W. (Urfaust);
twei ding hett uns herrgott ein för alle mal as glück un unglück in de welt streut ... dat is geburt un graww, anfang un enn Fr. Reuter 2, 407 Seelmann;
o jugend, ...
beglückend wähnen, seliges vergessen,
der augenblick des strebens wieg und grab
Grillparzer s. w. 5, 161 Sauer; 4, 174;
als oxymoron zu leben:
durch sein (des heilands) grab ist uns das leben,
durch sein leiden heil gegeben
B. Neukirch ged. (1744) 65;
negativ kein grab haben u. ähnl. 'nicht sterben, leben':
und Joseph, du tust wohl, dasz du wilst den begraben,
durch dessen wundergrab wir keine gräber haben.
weil der gestorben ist, so stirbet nun kein christ
P. Fleming dt. ged. 1, 26 lit. ver.
daher stehen tod und grab (vgl. oben A 6 b) gleichbedeutend und einander verstärkend zusammen für den einheitlichen begriff tod: wollen wir hie Christum ergreiffen ... und endlich auf disem wort (des hl. evangeliums) wie Helia auff seinem feurigen wagen durch tod und grab dringen Mathesius leychpred. 1 (1572) 7ᵃ; wer kan sich desz grabs und todts erwehren Petri d. Teutschen weiszh. (1605) G 5ᵃ;
weil er sterbend tod und grab
mächtig überwindet
dir folg ich auch in tod und grab
Denis lieder Sineds (1772) 43;
es liegt auf seinem (Jesu) rücken ganz
des richters zorn, die hölle ganz,
und tod auf tod, und grab auf grab
stürzt donnernd in die seel hinab
Schubart s. ged. 1 (1825) 196;
da hinaus? nicht um die welt. ist das grab draus, komm! lauert der todt, komm! von hier ins ewige ruhebett, weiter nicht einen schritt Göthe I 39, 317 W. (Urfaust);
o mütter, weiber:
ihr tragt das grab in eurem feuchten schosz,
was ihr gebärt, ist tod und nichts als tod
Fritz v. Unruh ein geschlecht (1918) 48.
D.
zusammensetzungen. grab als erstes wortglied eines kompositums begegnet im ahd. (s. u. grabhaus, grabstätte) vereinzelt, im mhd. noch ebenso selten. die erst im 15. und 16. jh. steigende zahl von zusammensetzungen verdoppelt sich im barockjahrhundert und erfährt im 18. jh. etwa gleichen zuwachs, aber erst das 19. jh. gibt die ganze fülle der bildungen frei. neben den substantivkompositis, die die hauptmasse stellen, behauptet sich nur eine kleinere gruppe durchweg jüngerer, aber z. t. gewichtiger adjektivbildungen, während partizipialformen über gelegentliches auftreten nicht hinausgelangen. die kompositionsform erscheint ahd. mhd. mit und ohne fugenvokal: ahd. grabastat, grapehûs neben (langobard.) crapworf, mhd. grabeschrift, grabeleyde neben grapstein. im nhd. wird das bild bestimmt durch das nebeneinander der fugenlosen grab-, der genitivischen grabes- und der pluralischen gräber- form. dasz für die jeweilige wahl dieser formen nicht nur die logisch-syntaktischen beziehungen zwischen den beiden kompositionsgliedern oder, zumal in poetischer sprache, rhythmischmetrische rücksichten bestimmend sind, zeigt sich schon darin, dasz äuszerst häufig zwei und nicht selten alle drei formen bei ein und demselben wort zugleich auftreten. was die gewichtsverteilung betrifft, so musz die fugenlose form als die häufigste gelten, besonders in solchen bildungen, die dem sachlich-gegenständlichen bereich angehören. -es-formen werden, aufs ganze gesehen, dort bevorzugt, wo es sich um abstrakte oder gefühlsmäszig bestimmte bildungen handelt. gräber-zusammensetzungen gehen im allgemeinen von pluralischer vorstellung aus, sind aber häufig genug mit kollektiv gedachtem singular grab- austauschbar. über all das hinaus macht sich im wechsel der drei formen auch ein variationsbedürfnis namentlich der poetisierenden sprache geltend.gelegentlich im älternhd., häufiger im 17. und 18. jh., darüber hinaus nur noch in junger mundartbezeugung begegnen, auch in ungebundener rede, durch angehängtes -e-erweiterte grab-bildungen wie grabelied, grabeloch, grabestein usw., bei denen unwahrscheinlich ist, dasz sie noch im sinne eines ursprünglichen, spät erhaltenen themavokals aufgefaszt werden dürfen. sehr selten sind verkürzte grabes-formen wie grabsbette Stieler stammb. (1691) 136; Steinbach dt. wb. (1734) 1, 98, grabsgedanke Mathesius ausgew. w. 1, 10 Loesche; Sinold poesien (1720) 10 (im vers), grabsruh Herder 25, 193 S. (im vers).
kompositionstypen. als normalform der fuge ist, sofern im kopf der einzelabschnitte nichts anderes bemerkt ist, grab- zugrunde gelegt. für die alphabetische folge der wörter innerhalb des einzelnen typus ist ein wechsel in der fuge nicht berücksichtigt.
1)
in der zu grab A 1 gehörenden bedeutung der in die erde gegrabenen vertiefung, die zur aufnahme eines toten bestimmt ist, wurzeln substantivische zusammensetzungen, die, besonders in bildhafter vorstellung und in poetischer sprache, das einfache wort grab vertreten; gelegentlich kann dabei auch die grab A 2 und unten 2 zugrunde liegende vorstellung des gemauerten grabes eingeschlossen gedacht werden. bildungen mit genitivischem grabes- herrschen hier vor:
grabesbande
pl. Kind ged. (1817) 4, 291;
grabboden
D. Fr. Strausz ges. schr. (1876) 12, 86;
grabesenge
Hegner ges. schr. (1828) 5, 143;
grabesgruft
Herder 25, 562 S.;
grabesgrund
H. Heine s. w. 1, 90 E.;
grabeskerker
Becker weltgesch. (1801) 1, 394;
grabesklause
Gries Bojardo (1835) 1, 208;
grabeskluft
grabkluft S. v. Birken lorbeerhayn (1657) vorr.; grabeskluft Immermann w. 11, 275 Hempel;
grabesloch
Stieler stammb. (1691) 1102; grabloch Büchner nachgel. schr. (1850) 81; grabeloch Albrecht Leipziger ma. 125;
grabesraum
(s. an alph. stelle);
grabesschacht
Fouqué altsächs. bildersaal (1818) 1, 299;
grabesscholle
grabscholle Zschokke s. ausgew. schr. (1824) 21, 295;
grabesschosz
grabesschoos Göthe I 10, 370 W.; grabesschoosz Lenau s. w. 374 Barthel;
grabesstaub
grabstaub E. Francisci d. eröffnete lusthaus (1676) 1373; Kinkel ged. (1868) 2, 75;
grabestiefe
C. F. Meyer ged. (1900) 4;
grabzelle
A. v. Droste-Hülshoff ges. schr. (1878) 1, 284; grabzelle Mothes baulex. (1882) 2, 508.
2)
zu grab A 2 als einem nicht gegrabenen, sondern ausgehauenen oder gemauerten bestattungsraum. teilweise ist hier die abgrenzung gegen archäologische bezeichnungen (s. u. 7 a u. c), besonders aus antikem oder sonst auszerchristlichem bereich, im einzelfall schwierig.
a)
den unter grab A 2 a—c unterschiedenen einzelnen grabformen dieser art sind die zusammensetzungen nicht immer eindeutig zuzuordnen, oder sie beziehen sich auf mehrere dieser formen zugleich:
grabbau
Zesen Assenat (1672) 506; Mothes baulex. (1882) 2, 506;
grabbauten
pl.: Hoops reallex. 3, 206;
grabeingang
Ritter erdk. (1822) 1, 948;
grabgebäu
grabgebäw Fischart s. dicht. 3, 54 Kurz; grabgebäu Al. Jung geh. d. lebensk. (1858) 2, 272;
grabgebäude
d. unsichtbare Charmion (1697) 6; Lueger lex. d. ges. techn. 1, 416;
grabgemäuer
grabgemäur Spee trutznachtigall (1649) 58;
grabhalle
Pückler aus Mehemed Ali's reich (1844) 2, 191; gräberhalle Ritter erdk. (1822) 17, 1271; grabeshalle Körner w. 2, 126 H.;
grabtor
grabesthor Fouqué altsächs. bildersaal (1818) 4, 627;
grabtrümmer
pl.: L. Richter lebenserinner. (1909) 167.
b)
in genauerer einzelzuordnung.
α)
selten zu grab A 2 a 'felsengrab': grabfels Schubart s. ged. (1825) 1, 334;
grabnische
Ritter erdk. (1822) 16, 435.
β)
zu grab A 2 b 'gemauertes grab, grabgewölbe': grabgehäus Carossa d. arzt Gion (1931) 41;
grabgrotte
Böttiger kl. schr. (1837) 1, 241; grabesgrotte Mommsen red. u. aufs. (1905) 296; gräbergrotte K. O. Müller tageb. d. griech. reise 293;
grabkeller
Hebbel w. 8, 115 Werner;
grabkirchlein
Scheffel ges. w. (1907) 1, 172;
grabkuppel
Sven Hedin Bagdad, Babylon, Ninive (1918) 215;
grabwohnung
E. Francisci d. höll. Proteus (1695) 872;
grabzimmer
Ritter erdk. (1822) 13, 285.
γ)
grab A 2 c 'prunkvoller grabbau' entsprechend: grabburg: grabesburg Fouqué altsächs. bildersaal (1818) 1, 220;
grabdom
Rückert ges. poet. w. (1867) 10, 199; gräberdom Ritter erdk. (1822) 13, 474;
grabfeste
Platen w. 1, 208 H.;
grabmausoleum
Ritter erdk. (1822) 17, 1532;
grabmoschee
Kühnel kunst des Orients 35;
grabpalast
Herder 24, 490 S.; Mommsen röm. gesch. (1854) 3, 509;
grabrotunde
Böttiger kl. schr. (1837) 2, 343;
grabschlosz
Pinder v. d. künsten u. d. kunst (1928) 27;
grabtempel
Böttiger kl. schr. (1837) 3, 252; grabestempel G. H. v. Schubert Morgenland (1838) 1, 499. insbesondere auch für plastische darstellungen und teile eines grabdenkmals, z. t. unten 7 a sehr nahe: grabbild archäolog. zeitung 3, 149 Gerhard; Uhland ged. (1898) 1, 322;
grabbildnis
G. Braun beschreib. u. contrafactur (1572) 1, 39ᵃ;
grabesengel
Herder 8, 84 S.; grabesengel M. v. Ebner-Eschenbach ges. schr. (1893) 2, 313;
grabfigur
Gregorovius d. grabdenkmäler d. päpste (1881) 123; Wölfflin d. klass. kunst (1901) 68;
grabsockel
Cl. Viebig die vor den toren (1949) 218;
grabstatue
Mothes baulex. (1882) 3, 406.
δ)
spezieller für 'pyramide': grabberg H. Brugsch m. leben (²1894) 293;
grabgebirge
Fr. H. v. d. Hagen br. i. d. heimat 4, 122;
grabpfeiler
grabepfeiler (pyramides) Stieler stammb. (1691) 123;
grabspitze
(s. an alphab. stelle).
3)
an grab A 3 als die gegrabene grabstätte, ihre anlage und ausschmückung anknüpfend.
a)
wie grab A 3 a in ortsbestimmter vorstellung: grabeinfassung Beil technol. wb. (1853) 1, 258;
grabfläche
Leppa d. holunderbaum (1947) 16;
grabfleck
grabesfleck Göthe IV 34, 275 W.;
grabflur
Freiligrath ges. dicht. (1870) 6, 110;
grabhaufen
(grabhügel) Ritter erdk. (1822) 2, 733; gräberhaufen Jean Paul w. 3, 215 H.;
grabhöhe
(grabhügel) Campe 2 (1808) 437ᵃ;
grabort
grabesort F. Bach ged. (1900) 91.
b)
zu grab A 3 b, auf erinnerungszeichen, merkmale und symbole bezogen: grabkranz Bonaventura nachtwachen 147 lit.-denkm.; Fontane ges. schr. (1905) I 5, 279;
grabkreuzlein
Rosegger schr. I 12, 255;
grabmerkmal
Stifter s. w. 2 (1908) 63;
grabpfahl
wörter und sachen 1, 200;
grabpfosten
Freiligrath ges. dicht. (1870) 6, 115;
grabschild
grabesschild L. v. Fink poet. vers. 63;
grabtafel
Lindenborn Diogenes (1742) 1, 332; H. W. Seidel Krüsemann (1935) 261;
grabüberschrift
grabs-überschrift (14. jh.) Diefenbach gl. 205ᵃ; grabuberschrift Opitz t. poem. 75 ndr.;
grabzier
M. Beuther warh. bericht (1587) 81; grabeszier Freiligrath ges. dicht. (1870) 5, 206; gräberzier K. E. v. Baer red. u. versch. aufs. (1864) 3, 37;
grabzierde
M. Beuther praxis rerum criminal. (1565) 205ᵃ; J. v. Müller s. w. (1810) 1, 264.
c)
vom pflanzlichen schmuck des grabes, s. grab A 3 c, hier häufig auch in grabes- und gräber-bildungen; s. dazu noch unten 6 d: grabbaum Ratzel völkerk. (1885) 2, 76;
grabesbeet
grabesbeet Jean Paul w. 1, 238 H.;
grabblümchen
grabesblümchen Hoffmann v. Fallersleben ges. schr. (1890) 3, 51;
grabblümlein
grobblümla (bildlich von weiszen haaren, s. unt. grabblume) Lowag ges. schr. (1902) 7, 229;
grabblüte
gräberblüthe Sonnenberg ged. (1808) 19;
grabbusch
gräberbusch Fontane ged. ⁷47;
grabefeu
gräberefeu Fontane ges. w. (1905) I 1, 430;
grabgesträuch
G. Keller ges. w. (1889) 1, 260;
grablilie
zs. f. vgl. rechtswiss. 33 (1916) 407;
grabmoos
gräbermoos Kind ged. (1817) 3, 98; grabesmoos Kerner d. lyr. ged. (1854) 269;
grabrasen
Zillich d. weizenstrausz (1938) 10; grabesrasen Fouqué altsächs. bildersaal (1818) 1, 116; gräberrasen Rosegger schr. II 2, 260;
grabrose
Brunner erz. u. schr. (1864) 2, 55; grabesrose Rückert ges. poet. w. (1867) 10, 356;
grabwasen
Rosegger schr. II 9, 428;
grabweide
gräberweide (trauerweide) Sonnenberg Donatoa (1806) 1, 594;
grabzypresse
grab-cypresse Helwig Ormund (1666) 30; Uhland ged. (1898) 2, 273.
d)
von grab A 3 d her: grabampel Carossa d. arzt Gion (1931) 36;
grabkerze
Fouqué d. zauberring (1812) 3, 91;
grablämpchen
grabelämpchen Novalis schr. 1, 160 Minor;
grablaterne
Anzengruber ges. w. (1890) 4, 309;
grabwachslicht
grabeswachslicht Kürnberger siegelringe (1874) 111.
e)
selten komponiert sich grab in der bedeutung 'heiliges grab, grab Christi'. in vereinzeltem anschlusz an grab A 3f α: grabeswanderer Hippel lebensl. (1778) 3, 2, 56. A 3 f ε entsprechend: grabbruder J. A. Lonicerus ständ u. orden (1585) L 3ᵃ;
graborden
grabesorden Hippel kreuz- u. querz. (1793) 2, 280;
grabritter
grabesritter ebda 281.
4)
den festen verbalen verbindungen unter grab A 4 entsprechende zusammensetzungen, besonders solche verbaler bildung oder bedeutung.
a)
von grab A 4 a als den einzelnen situationen und handlungen der totenbestattung her entstehen an einigen stellen nur occasionelle bildungen, an anderen prägen sich typische wortkreise aus; s. dazu auch unten 6 a.
α)
zu grab A 4 a α u. β: grabbesteller J. Prätorius anthrop. pluton. (1666) 1, 350;
grabbestellung
Rückert ges. poet. w. (1867) 5, 302;
grabkauf
Frenssen dummhans (1930) 370;
grabmachen n.:
Hippel lebensl. (1778) 3, 1, 267; Laube ges. schr. (1875) 11, 108;
grabschaufler
Ziesemer preusz. wb. 1, 472ᵃ.
β)
zu grab A 4 a γ in bezeichnungen für den leichenbitter: grabbitter; -bitterin (s. beide an alph. stelle);
grablader
Spiess Henneberg 83;
grabmutter
grabmueter (leichenbitterin) schweiz. id. 4, 592.
γ)
häufiger in bildungen zu grab A 4 a δ, auf das totengeleit bezüglich: grabbegleiter Herder 5, 197 S.;
grabfolger
Campe 2 (1808) 437ᵃ;
grabgefährte
Schiller 1, 226 G.;
grabgefolge
W. Raabe d. hungerpastor (1864) 3, 51; Auerbach schr. (1892) 17, 49;
grabgeleit grabgeleite
grabgleit Erlach d. volksl. d. Deutschen 1, 70; grabgeleite G. Keller ges. w. (1889) 6, 248; grabgeleit Herm. Stehr drei nächte (1909) 55;
grabgeleiter
Salis-Seewis ged. (1793) 51;
grabesschritt
grabesschritt Liliencron s. w. (1896) 6, 170;
grabzug
H. Kurz ges. w. (1874) 1, 32; grabeszug Alexis ruhe (1852) 5, 169.
δ)
zu grab A 4 a ε: grabgeläut (s. an alph. stelle);
grabglocke
(s. an alph. stelle);
grabglockenklang
grabesglockenklang Uhland ged. (1898) 1, 3, 113;
grabglöcklein
M. Greif ged. ⁵255;
grabklang
grabesklang Musäus volksmärchen 1, 30 H.
ε)
am häufigsten grab A 4 a ι entsprechend, hier besonders in gegenständlichen bezeichnungen für das, was dem toten ins grab mitgegeben wird, z. t. in archäologischem sprachgebrauch, wie er besonders unter 7 begegnet: grabbeigabe Ratzel völkerk. (1885) 3, 677; L. v. Ebengreuth münzk. 109;
grabgeschenk
O. Dapper Africa (1670) 374ᵃ; Stolberg ges. w. (1820) 13, 29;
grabgeschirr
Valvasor hertzogth. Crain (1689) 1, 570;
grabgold
gräbergold Ritter erdk. (1822) 2, 721;
grabgut n.:
Hoops reallex. 2, 323; 4, 335; 336;
grabkelch
Müller-Mothes archäol. wb. 1, 488ᵇ;
grabkrone
ebda;
grabmitgabe
Ratzel völkerk. (1885) 2, 460;
grabmünze
hwb. d. dt. abergl. 3, 1097;
grabsilber
Ritter erdk. (1822) 2, 721;
grabspende
grabesspende J. Bayer studien (1908) 20.
b)
auf lage und schlaf des toten im grabe bezogen, s. grab A 4 b: grabbettlein Butschky Pathmos (1677) 17;
grabbewohner
Fouqué d. zauberring (1812) 3, 130;
grabschlaf
grabesschlaf Herberger traurbinden (1617) 4, 323; Raupach dr. w. ernst. gatt. (1835) 3, 50;
grabschlummer
grabesschlummer Schubart br. in: D. Fr. Strausz ges. schr. 9, 209; Uhland ged. (1898) 2, 77;
grabstellung
grabesstellung Herder 5, 492 S.
c)
zu grab A 4 c, in der vorstellung des schmückens, besuchens und ehrens der grabstätten wurzelnd: grabbesuch 1. anh. z. Londoner gesangb. d. brüdergem. (1755) nr. 49; gräberbesuch R. Schumann ges. schr. (1854) 3, 196;
grabbesucher
Carossa d. arzt Gion (1931) 162;
grabbeten n.:
grabbetten (das beten am grabe) (1699) in: schweiz. id. 4, 1833;
grabbeterin
grabbetterin ebda (anders grabbeter, s. u. 6 a);
grabehrung
gräberehrung Rosegger schr. II 2, 258;
grabgottesdienst
gräbergottesdienst Scheffel ges. w. (1907) 3, 125;
grabgrusz
Rosegger schr. I 5, 220;
grabhüterin
Herm. Schmid ges. schr. ²17, 151.
d)
häufig sind in grab A 4 d wurzelnde bildungen, die eine schändung des grabes bezeichnen: grabberaubung Schottel haubtspr. (1663) 45;
grabbrüchel
grabpruchel (für vespilio) (1482) Diefenbach gl. 616ᵃ; vgl. derselbe, n. gl. 380ᵇ;
grabdieb
gräberdieb Bandtke poln.-dt. wb. 1, 268ᵇ;
grabentweihung
W. v. Scholz zufall u. schicksal (³1937) 190;
grabraub
Schottel haubtspr. (1663) 45; gräberraub Ratzel völkerk. (1885) 2, 459;
grabräuber
Kluge Kortüm (1938) 126;
grabschande
Renn adel im untergang (1947) 159;
grabschänder
W. Schäfer erz. schr. (1918) 2, 4;
grabschänderei
Pflugk-Harttung in: allg. weltgesch. IV 4, 266; grabesschänderey Hippel lebensl. (1778) 2, 452;
grabschändung
Alten hdb. f. heer u. flotte (1909) 2, 628; Langgässer märk. Argonautenfahrt (1950) 160; gräberschändung Hebbel w. 10, 214 Werner;
grabschwächer
grabschwecher C. Hedio chron. germ. (1530) M 2ᵃ;
grabwurf
langobard. crapworf (643) s. ob. grab A 4 d.
e)
nur vereinzelt, und hier in den im ganzen seltenen partizipialbildungen, wie unter grab A 4 e auf die wiederkehr der toten bezogen: grabentstanden Wessenberg s. dicht. (²1834) 3, 85;
grabentstiegen
H. Heine s. w. 1, 359; 2, 391 E.
5)
innerhalb der übrigen einzelanwendungen von grab A bilden sich in unmittelbarem anschlusz nur noch an wenigen stellen kleine kompositionsgruppen heraus, die sich auf grab in seiner eigentlichen bedeutung beschränken.
a)
wie unter grab A 8 e von den geistern der toten und von dämonen: grabgeist Meyfarth teutsche rhetorica (1653) 80; maler Müller w. (1811) 2, 167;
grabgespenst
E. Francisci d. höll. Proteus (1695) 273;
grabgetier
(tier, in dem sich ein toter verkörpert) zs. f. vgl. rechtswiss. 33 (1916) 407;
grabseele
ebda 418.
b)
der personifizierenden vorstellung grab A 9 zugehörig, hier meist mit -es-fuge: grabesrachen Campe 2 (1808) 436ᵇ;
grabesschlund
Fouqué altsächs. bildersaal (1818) 2, 255; Pückler briefw. (1873) 8, 29;
grabeszahn
B. Weber lied. a. Tirol (1842) 34; grabzahn B. Goltz ein jugendleben (1852) 2, 142.
6)
ohne unmittelbaren anschlusz an bestimmte einzelgebrauchsweisen unter grab A, aber deutlich von dieser eigentlichen bedeutung des wortes her schlieszen sich zahlreiche kompositionsbildungen zu einigen festen gruppen zusammen.
a)
zur bezeichnung des begräbnisaktes oder der an ihm mit bestimmter funktion beteiligten personen, z. t. in sachlicher nähe zu grab A 4 a und oben 4 a: grabbeter (anders grabbeten, grabbeterin ob. 4 c) Holberg dän. schaub. (1743) 2, 28;
grabbier
(totenmahl) Dahlmann gesch. v. Dännemark (1840) 2, 99; Mensing schlesw.-holst. 2, 463;
grabeschoral
Dingelstedt s. w. (1877) 7, 51;
grabfeuer
(totenverbrennung) Mandelslo morgenl. reisebeschr. 57 Olearius;
grabfrau
(1818) in: schweiz. id. 1, 1245;
grabgebet
Fr. Th. Vischer auch einer (1904) 414;
grabgepräng grabgepränge
Kuhlmann kühlpsalter (1685) 2, 25; W. Raabe s. w. I 4, 159 Klemm;
grabmusik
Riehl musikal. charakterköpfe (⁸1899) 1, 394;
graböl
(totenmahl) Fr. W. Weber Dreizehnlinden (1907) 376;
grabprediger
W. Raabe s. w. I 5, 535 Klemm;
grabpredigt
grabpredig Henisch (1616) 1721; grabpredigt O. M. Graf unruhe um e. friedfert. (1948) 298;
grabsängerin
grabesängerin Gryphius ged. 362 Palm;
grabzeremonie
grabceremonie Mathesius ausg. w. 4, 37 Loesche.
b)
in gegenständlichen bezeichnungen für die ausstattung und behandlung des ins grab gelegten toten: grabband: greberband M. Risch paraphr. Erasmi (1524) Ee 2ᵃ;
grabbinde
grabesbinde Herder 28, 42 S.;
grabgerätlein
grabgerethlein Mathesius ausg. w. 1, 117 Loesche;
grabgezeug
Corvinus fons latin. (1646) 558;
grabhemd
Herder 25, 561 S.; G. Keller ges. w. (1889) 1, 12;
grablaken
grâflāken Lasch-Borchling 1, 2, 146;
grabsalbung
Mathesius ausg. w. 4, 476 Loesche;
grabspezerei
grabesspezerei Jean Paul herbst-blumine 3 (1820) 30;
grabtüchlein
Mathesius ausg. w. 1, 117 Loesche. hier insbesondere in umschreibungen für den sarg oder die urne, gelegentlich auch in bildungen, die dem archäologischen sprachgebrauch (s. u. 7) entstammen: grabamphore: grabesamphore Welcker alte denkm. (1849) 2, 262;
grabkasten
Heinse s. w. 7, 66 Schüddek.;
grabkiste
Winckelmann s. w. (1825) 7, 373;
grabsarg
grabsarck G. Braun beschreib. u. contrafactur (1572) 1, 3ᵃ;
grabesschrein
grabesschrein bei Fischer-Tümpel ev. kirchenl. 3, 207;
grabtruhe
grab thrue (16. jh.) Chr. Scheurl geschichtbuch 137 Knaake; grabestruhe Justus Frey ges. dicht. (1899) 87;
grabtrühlein
E. Francisci lust. schaub. (1697) 3, 931;
grabvase
archäol. zeit. 3, 16 Gerhard; gräbervase Ed. Gerhard akad. abhandl. (1866) 2, 163.
c)
in bezeichnungen für den friedhof und seine teile sowie für vergleichbare anlagen, im letzteren falle dem archäologischen sprachgebrauch (s. u. 7) nahe. vorwiegend in zusammensetzungen mit dem plural gräber-:
gräberabteilung
Herm. Schmid ges. schr. ²17, 158;
gräberacker
Apherdianus tyrocinium (1581) 179; Blunck werdendes volk (1935) 94;
gräberallee
Justi Winckelmann (1866) 2, 1, 388;
gräbergarten
Dan. Elster irrfahrten 2, 319; Brentano ges. schr. (1852) 1, 71;
gräbergefild gräbergefilde
Herm. Schmid ges. schr. ²17, 154; grabgefilde Klopstock s. w. (1854) 2, 7;
gräbergemeinde
Rosegger schr. I 11, 189;
gräbergewirr
Winnig wunderb. welt (1938) 92;
gräbergruppe
Welcker alte denkm. (1849) 4, 72;
gräberhain
E. v. d. Recke ged. (1816) 252;
gräberhof
Ritter erdk. (1822) 19, 445;
gräberinsel
Liliencron s. w. (1896) 8, 146;
gräberlabyrinth
R. v. Gottschall d. adlerhexe 4;
gräberreihe
Rückert ges. poet. w. (1867) 11, 286; Fontane ges. w. (1905) I 5, 109;
gräberrevier
grabrevier Gerok auf einsam. gängen ²⁰71;
gräberstrasze
(s. an alph. stelle);
gräbervorstadt
Ritter erdk. (1822) 14, 1123;
gräberwäldchen
grabwäldchen Düringsfeld in d. heimath (1843) 84;
gräberweg
W. Schäfer erz. schr. (1918) 3, 224; (Via Appia) Rilke ges. w. (1927) 3, 189;
gräberwildnis
Fontane ges. w. (1905) I 2, 416;
gräberzeile
Schnack Sebastian im wald (1927) 171. auch für personen, denen die pflege des friedhofs obliegt: gräberpfleger: grabespfleger Gutzkow ges. w. (1872) 3, 85;
gräberwart
Watzlik d. alp (1923) 52.
d)
in pflanzen- oder tiernamen, s. dazu, soweit es sich um pflanzennamen handelt, auch ob. 3 c: grabeule (strix aluco) Nemnich dt. wb. d. naturgesch. 205; (syrnium aluco) Brehm tierl. 5, 156 P.-L.;
grabfliege
Schwan n. dict. (1783) 1, 781ᵃ;
grabimmergrün
(vinca minor) Fischer schwäb. 3, 781;
grabnägeli
(federnelke) schweiz. id. 4, 693;
grabtier
(s. an alph. stelle);
grabträne
(weiszblühende saxifraga) Fischer schwäb. 6, 2061;
grabwurz
(artemisia pontica L.) Holl pflanzenn. 32ᵇ.
e)
darüber hinaus in mehr occasionellen bildungen ohne eigentlich typenbildende kraft und mit wechselnder kompositionsfuge: grabfrieden: grabesfrieden Rückert ges. poet. w. (1867) 7, 51;
grabgesetz
grabgesetze Stosch trauerreden (1674) 264;
grabheimat
gräberheimath Pückler briefw. (1873) 6, 168;
grabinhalt
Kluge Kortüm (1938) 151; gräberinhalt K. Braun reiseeindr. (1878) 1, 29;
grablaut m.:
grabeslaut M. Beer s. w. (1835) 533;
grabwache
grabeswache Ritter erdk. (1822) 9, 112. so namentlich in adjektiven, hier vornehmlich in der komponierung mit dem plural gräber-: gräberartig: grabartig Göthe I 46, 50 W.;
gräberfrei
Mommsen reden u. aufs. (1905) 303;
gräberhaft
Zschokke s. ausgew. schr. (1824) 26, 292;
gräberreich
Lavater handbibl. f. freunde (1790) 1, 61; Immermann w. 16, 14 H.;
gräbervoll
H. Allmers röm. schlendertage (³1872) 337.
7)
der schon oben gelegentlich hervortretende gebrauch von grab-zusammensetzungen in der fachsprache der archäologie (s. ob. 2, bes. 2 b γ; 4 a ε; 6 b) bezieht sich zwar vorwiegend auf grab A 2 mit der vorstellung eines gemauerten bestattungsraumes, greift aber über die dort hervortretenden gesichtspunkte an verschiedenen stellen hinaus. die gegenständliche sphäre dieses gebrauchs ist neben dem älterchristlichen namentlich das antike und sonst auszerchristliche bestattungswesen.
a)
in kunstgeschichtlicher begriffsbestimmung, auf die künstlerische ausgestaltung der gräber im ganzen und in bestimmten einzelheiten bezogen, vgl. dazu auch ob. 2 b γ: grabbogen Herder 15, 443 S.;
grabcippus
Justi Winckelmann (1866) 2, 1, 387;
grabgemälde
Göthe III 4, 273 W.; H. Brunn kl. schr. (1898) 3, 60;
grabluxus
Ed. Gerhard akad. abhandl. (1866) 1, 15;
grabmalerei
Mommsen röm. gesch. (1912) 1, 238;
grabmonolith
Ritter erdk. (1822) 19, 1078;
grabobelisk
Rosegger schr. III 8, 387;
grabplastik
Dehio kunsthist. aufs. (1914) 46;
grabpomp
grabespomp Ed. Gerhard akad. abhandl. (1866) 1, 302;
grabpracht
gräberpracht ebda 2, 444;
grabrelief
Ritter erdk. (1822) 18, 591; H. Brunn kl. schr. (1898) 2, 195;
grabstele
Welcker alte denkm. (1849) 2, 269.
b)
von religiöser und religionsgeschichtlicher sicht her.
α)
in der bezeichnung des an gräbern gepflegten kultes und seiner formen: grabaltar W. Grimm kl. schr. 2, 413;
grabkult
zs. f. vgl. rechtswiss. 33, 413; gräberkult Mommsen reden u. aufs. (1905) 298;
grabkultus
zs. f. vgl. rechtswiss. 34, 11;
grabspiel
E. Francisci lufftkreis (1680) 487;
grabsymbol
gräbersymbol Ed. Gerhard akad. abhandl. (1866) 2, 143; grabessymbol ebda 1, 316;
grabverehrung
gräberverehrung Ratzel völkerk. (1885) 2, 331.
β)
für die mit dem gräberkult verbunden gedachten, in ihm dargestellten oder angerufenen gottheiten: grabdämon: grabesdämon (Eros) Ed. Gerhard akad. abhandl. (1866) 2, 73;
grabgenius
Welcker alte denkm. (1849) 1, 379;
grabgott
gräbergott Böttiger kl. schr. (1837) 3, 252;
grabgottheit
Droysen Äschylus (1841) 251;
grabgöttin
grabesgöttin Ed. Gerhard akad. abhandl. (1866) 2, 48; gräbergöttin ebda 144;
grabheros
gräberheros ebda 24.
c)
auf anlage und struktur der gräber bezogen, vornehmlich in gräber-bildungen: gräberform Ritter erdk. (1822) 19, 950; grabform Mothes baulex. (1882) 2, 509;
gräberstil
gräberstyl Ritter erdk. (1822) 19, 934;
gräberstockwerk
Mommsen reden u. aufs. (1905) 304;
gräbertyp
Reinerth haus u. hof d. Germanen (1937) 31.
d)
in anderen begriffen der auf die erforschung des gräberwesens gerichteten wissenschaft, auch hier vorwiegend in der zusammensetzung mit gräber-: gräberbestimmung archäol. zeit. (1843) 1, 118 Gerhard;
gräberbeziehung
ebda 60;
gräberbezug
grabesbezug Ed. Gerhard akad. abhandl. (1866) 2, 96;
gräberbrauch
ebda 1, 344;
gräbergebrauch
grabesgebrauch Fr. Schlegel s. w. (1846) 4, 127; grabgebrauch H. Brunn kl. schr. (1898) 2, 106;
gräbersitte
archäol. zeit. (1843) 3, 8 Gerhard;
gräberspur
Ed. Gerhard akad. abhandl. (1866) 2, 7;
gräberuntersuchung
grab-untersuchung Valvasor hertzogth. Crain (1689) 1, 567;
gräbervorstellung
Welcker alte denkm. (1849) 2, 278;
gräberwesen
archäol. zeit. (1843) 2, 300 Gerhard;
gräberzweck
Ed. Gerhard akad. abhandl. (1866) 1, 9.
8)
während der bildliche gebrauch unter grab B mit der allgemeinen bedeutung 'ende, untergang' kaum zu scharf profilierter kompositionsbildung führt (gewisse einwirkung von hier aus s. unt. 9), prägt sich der ausgedehnte uneigentliche bereich grab C, aufs ganze gesehen, weniger in enger anlehnung an die dort begegnenden verbalen und präpositionalen verbindungen aus, als, mit freierer bewegung, in solchen zusammensetzungen, bei denen grab- als erstes wortglied sinnbildhaft für den tod als phänomen oder für den vorgang des sterbens steht.
a)
vereinzelt C 1 a—b nahe, auf etwas bezogen, was zum grabe, d. h. zum tode führt: grabbiszlein Happel relationes curiosae 2 (1685) 230ᵃ;
grabstosz
Dannhawer catech.-milch (1657) 6, 215.
b)
verhältnismäszig häufiger im bereich grab C 3 a.
α)
entsprechend der vorstellung einer bewegung zum grabe hin, vgl. C 3 a α: grabbahn: grabesbahn Morhof unterr. v. d. dt. spr. (1682) 2, 401;
grabgänger
(1811) J. G. Scheffner in: br. 1, 52 Warda;
grabnickend
grabnikend Schubart vaterlandschron. (1789) 669. hier auch in einzelnen, sonst ungewöhnlichen adverbialen bildungen: grabein (1622) in: Fischer schwäb. 6, 2060;
grabwärts
grabwerts Harsdörffer gesprächsp. 5 (1645) )( )( )( )( )( )( 2ᵃ; grabwärts W. Jordan schaum (1846) 151.
β)
mehr mit der ebenfalls in C 3 a α wurzelnden vorstellung eines dem tode nahen zustandes oder einer von nahem tode bestimmten erscheinung, hier besonders in adjektivischen zusammensetzungen:
grabantlitz
grabesantlitz Werfel geschw. v. Neapel (1931) 287;
grabfertig
Valvasor hertzogth. Crain (1689) 4, 2, 505; G. Keller ges. w. (1889) 3, 97;
grabgerecht
Steub drei sommer i. Tirol (1895) 2, 304;
grabgesicht
Schreiber poet. w. (1817) 1, 447; G. Keller s. w. (1889) 9, 113;
grabgeweiht
Brinkmann ged. (1789) 1, 175;
grabmäszig
Valvasor hertzogth. Crain (1689) 3, 2, 203;
grabmatt
grabesmatt F. Bach ged. (1900) 71;
grabnah
grabenah Hölderlin s. w. 1, 47 Hell.;
grabnähe
grabesnähe Stefan George übers. 2, 97;
grabreif
grabreiff E. Francisci lusthaus (1676) 269.
c)
in freierer beziehung auf die allgemeine, dem gesamtgebrauch C zugrunde liegende vorstellung 'tod, sterben'.
α)
in der umschreibung seelischer zustände oder gefühle, die durch den tod ausgelöst werden oder auf ihn gerichtet sind; hier vornehmlich mit -es-fuge: grabahnend: grabahndend Schubart in: D. Fr. Strausz ges. schr. 2, 9; grabesahnung Gaudy s. w. (1844) 23, 52;
grabesaussicht
Herder 31, 3 S.;
grabesgefühl
grabgefühl G. Keller ges. w. (1889) 9, 70;
grabesheimweh
W. Jordan schaum (1846) 180;
grabesleid
grabeleid Gryphius trauersp. 384 Palm;
grabesmutig
grabesmuthig Holtei erz. schr. (1861) 16, 148;
grabesnot
grabesnoth Simon Dach 813 Ö.;
grabesscheu f.:
Raupach dram. w. ernst. gatt. (1835) 10, 55;
grabessehnsucht
Grillparzer s. w. 5, 60 Sauer;
grabesverlangend
grabverlangend Klopstock Messias (1780) 271;
grabesverliebt
grabverliebt E. Francisci ruhestunden (1678) 1, 257;
grabeswermut
(bitterkeit des todes) E. Francisci wol d. ewigkeit (1717) 366.
β)
in einer kleineren gruppe erscheint der durch das wort grab vertretene tod als gegenstand und thema poetischer äuszerungen und betrachtungen: grabbetrachtung: grabesbetrachtung allg. dt. bibl. (1765) 51, 452;
grabdichter
Göthe I 15, 31 W.;
grabdichtung
W. Kroll Catull-ausg. (1923) 7 anm.;
grabelegie
Herder 5, 325; 518 S.;
grabgedicht
grabgetichte Opitz buch v. d. dt. poeterei 17 ndr.; grabgedicht Herder 12, 334; 16, 319 S.; Liliencron s. w. (1896) 4, 118;
grabliedlein
Joh. Pomarius grosze postilla (1590) 3, 84ᵇ;
grabpoet
gräberpoet briefe, d. neueste litt. betr. (1759) 12, 368 Nicolai;
grabsänger
grabesänger Gerstenberg recensionen 268 lit.-denkm.; gräbersänger (anders grabsängerin s. ob. 6 a) Th. Abbt verm. w. (1768) 3, 36;
grabvers
Holberg dän. schaub. (1743) 1, 159.
γ)
in occasionellen bildungen verschiedenartiger beziehungen: grabesbotin: grabes-bötinn E. Francisci d. höll. Proteus (1690) 1062; gräberland (für die erde) Schubart s. ged. (1825) 2, 189; grabesverkündigung (vorbote des todes) br. Grimm dt. sagen (1891) 1, 181; grabesweisheit Herder 7, 106 S.; gräberzertrümmerer: gräberzertrümmrer (von Christus) Seifried poet. schr. 1, 229.
9)
ein letzter groszer bereich von zusammensetzungen, der sich fühlbar erst seit dem späten 18. jh. herausbildet, ist ausgesprochen komplexer natur, insofern hier der oft sehr eindeutig in speziellen anwendungen des eigentlichen wortgebrauchs von grab liegende ansatz vorwiegend in den bildlichen und uneigentlichen anwendungen grab B und C zur wirkung kommt. die bildungen dieser art haben dadurch eine anwendungsbreite, die variierenden gebrauch grundsätzlich auch da zuläszt, wo sie nur für einen der anwendungsbereiche, grab A, B oder C, bezeugt sind. die form der komponierung zeigt hier ganz vorwiegend -es- in der fuge.
a)
in der an grab A 8 gebundenen vorstellung vom grab als einem ort des grauens wurzelnd.
α)
wie unter grab A 8 a von empfindungen des grauens vor dem grab: grabesschauder Grillparzer s. w. 4, 83 Sauer;
grabesschauer
Rückert ges. poet. w. (1867) 3, 21; Rosegger schr. I 10, 197;
grabesschaurig
Jul. Mosen s. w. (1863) 2, 159.
β)
besonders zu grab A 8 b und c, auf den ort des moderns, faulens und verwesens anspielend: grabesatem: grabesathem Spielhagen s. w. (1877) 9, 114;
grabesbrodem
A. v. Droste-Hülshoff ges. schr. (1878) 1, 146; 2, 150;
grabesduftig
Zinzendorf gemeine-reden (1749) 73;
grabesdunst
Fouqué altsächs. bildersaal (1818) 2, 620; grabdunst G. Büchner nachgel. schr. (1850) 136;
grabesdunstig
Fouqué altsächs. bildersaal (1818) 1, 43;
grabesfäulnis
gräberfäulnisz Rosegger schr. I 12, 126;
grabesgeruch
gräbergeruch Schubart s. ged. (1825) 2, 65; grabgeruch Kürnberger novellen (1862) 229;
grabesgewürm
grabgewürm Liliencron s. w. (1896) 9, 195;
grabeshauch
Immermann w. 11, 292 Hempel; Fr. Th. Vischer ästhetik (1846) 2, 273; grabhauch Fouqué altsächs. bildersaal (1818) 1, 179;
grabesluftig
Jean Paul w. 20-23, 350 H.;
grabesmoder
Grabbe w. (1874) 1, 122 Bl.; B. Auerbach schr. (1892) 3, 150;
grabesodem
Stefan George d. teppich d. lebens 34;
grabesschimmel
Männling poet. blumengarten (1717) 136.
b)
zu einer festen gruppe schlieszen sich adjektivische oder von adjektiven hergeleitete komposita zusammen, die bes. den unter grab A 5 b und c aufgeführten typischen adjektiven genau entsprechen. grab als erstes kompositionsglied hat hier, in der beziehung auf gefühle, menschliche zustände und naturhafte erscheinungen, die funktion, die düstere färbung des grundwortes zu verstärken: grabesdumpf Lenau s. w. 102 Barthel; grabdumpf Sonnenberg Donatoa (1806) 1, 1, 30;
grabesdunkel adj.:
Spielhagen s. w. (1877) 14, 202; grabdunkel Hofmannsthal d. ged. u. kl. dram. (1911) 143;
grabesdunkel n.:
Neumark fortgepfl. lustwald (1657) 1, 152; gräberdunkel Schubart ästhet. d. tonkunst (1806) 213;
grabesdüster
Jul. Mosen s. w. (1863) 2, 108;
grabeseng
Blomberg bilder u. romanzen (1860) 340;
grabesfeucht
M. Greif neue lieder (1902) 83;
grabesfinster
grabfinster Raupach dram. w. kom. gatt. (1829) 4, 60;
grabesfinsternis
F. Bach ged. (1900) 92; grabesfinsternisz (der unkenntnis) Hippel kreuz- u. querz. (1793) 1, 568;
grabesgrau
Hoffmann v. Fallersleben ges. schr. (1890) 3, 51; grabgrau Carossa d. arzt Gion (1931) 68;
grabeskalt
Immermann w. 3, 214 Hempel; grabkalt Nachersberg giftkocher (1798) 53;
grabeskälte
(des wetters) Hebbel br. 3, 235 Werner;
grabesnächtig
Spielhagen s. w. (1877) 9, 399;
grabesschwarz
grabschwarz Laube ges. schr. (1875) 9, 39;
grabesschwärze
grabschwärze Rilke ges. w. (1927) 6, 29;
grabesstumm
Fouqué altsächs. bildersaal (1818) 2, 500; grabstumm Sonnenberg Donatoa (1807) 2, 2, 34;
grabestief
grabetief Denis lieder Sineds d. barden (1772) 254; grabtief Scheffel ges. w. (1907) 3, 51.
c)
in substantivischen, seltener adjektivischen bildungen vornehmlich abstrakter natur hat grab die funktion, dem mit ihm verbundenen wort den charakter des ernsten, düsteren zu verleihen, oder, ähnlich wie unter b, wörter, die an sich schon diesen charakter tragen, in solchem sinne zu verstärken: grabesbusze Jean Paul w. 52—53, 171 H.;
grabeschor
Fel. Dahn ged. (1908) 35;
grabeseinsamkeit
Tieck schr. (1828) 14, 357; Gaudy s. w. (1844) 5, 15;
grabesernst m.:
W. Raabe in: Westermanns monatsh. 49 (1880) 31;
grabesfern
Stefan George bl. f. d. kunst (1908) 16;
grabgeflüster
grabgeflüster S. Mereau ged. (1800) 1, 38;
grabesgestöhn
Bürger s. w. 98ᵃ Bohtz;
grabesmelodie
M. Hartmann br. 3, 23;
grabesöde f.:
Ritter erdk. (1822) 12, 478;
grabesstimmung
Gutzkow ritter (1850) 7, 19;
grabestraum
Schenkendorf poet. nachlasz (1832) 160.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 10 (1956), Bd. IV,I,V (1958), Sp. 1476, Z. 58.

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Zitationshilfe
„grabesengel“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/grabesengel>.

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