Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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schnee, m.

schnee, m.
nix, gemeingermanisches wort, goth. snaivs, altnord. snœr, snjár, snjór, ags. snâw, alts. snêo, ahd. snêo, gen. snêwes, mhd. snê, gen. snêwes; urverwandt zu dem gleichbedeutenden altslav. sněgŭ, lit. sné̈gas, lat. nix, gen. nivis, griech. νίφα (acc.), vgl. Fick vergleich. wb.⁴ 1, 575.
1)
schnee, als stoffwort, gewöhnlich ohne plur., doch erscheint der letztere hie und da seit alters in der bedeutung der gefallenen schneemassen: wann dâ entsleuʒt sich der wäʒʒrig dunst in waʒʒers tropfen, der dem ertreich zuo gemischt ist von tägleichem weter und von den snêen, die durch daʒ jâr auf etleichem geperg ligent. Megenberg 102, 30; item der erst snee viel Galli und pis auf den jarstag vieln davor 12 snee, das warn in dem jar 51 snee. d. städtechron. 10, 287 (von 1463); der winter ist nun kommen, in seiner zerstörungen ganzer pracht, ich möchte auch mich fürchten vor der dunklen mit allen ihren weiszen schneen angethanen erde. Chamisso 5, 108; es fallen unendliche schneen (im Vogelsberg), die geschwollenen wintergewässer erbrausen in den tiefen, und der wind pfeift langgedehnte trauervolle töne. 113;
gleichwie auch ein tief-starcker flusz,
darein die wolcken sich auszgieszen.
und die schnee von den bergen flieszen
mit schnell und rauschendem auszgusz.
dan der Griech an weiszheit sehr grosz,
(von dessen zung der honig flosz,
wie die schnee frülingszeit zergehen
von dem gebürg) jemahls gesehen.
376;
wie lieblich wär' es dir,
wan er erzählen könnt', durch welche gegend wir
mit deinem jungen sohn theyls Schweitzerberg' erstigen;
wo wir die alten schne, als die viljärig ligen,
auff alpen ihm gezeygt.
Rompler 131;
lieget unter kalten schneen
sicher nicht die goldne saat?
Herder z. litt. 4, 71.
2)
mit näherer adjectivischer bestimmung; weiszer, heller, silberner schnee: der winter würd dem herbst gestracks auff den fersen in pantoffeln unnd im wolffsbeltz nachfolgen mit weiszem schnee unnd schwartzen kolen, mit kaltem eysz und heyszen öffen. Fischart groszm. 6 neudruck;
in wîʒes snêwen farawi   sô was al sîn gigarawi.
Otfrid 5, 4, 32,
der wîʒe snê wart als ein blût
und daʒ velt al blûtgevar.
livl. reimchron. 10076;
der schnee ist hell, die milch ist weisz.
da aus dem weiszen schnee die grüne saat die spitze stecket.
Brockes 7 (1746), 525;
als des gerechten sarg mit heiliger erde bedeckt war,
deckte der himmel darauf freundlich den silbernen schnee.
Uhland 111.
weicher, kalter, krystallener, hoher, ewiger schnee: bey weichem schnee hebt er den schnee mit heraus, und wirft ihn von sich. Döbel jägerpr. 1, 11ᵇ;
daʒ îs und der vil kalte snê
begunde si dâ müejen.
troj. krieg 24114;
kalter snê
müeste von der hitze brinnen,
diu mir an dem herzen lît.
mit meinen schenklein geh ich bar,
weil ich grad waschen wollte.
der reif und auch der kalte schnee
that mir wohl weh.
wunderhorn 1, 232 Boxberger;
du meiner wallfahrt land, du land, das mich gebar,
mich säugte, mich erzog, mir wieg' und amme war,
mich dreiszig frühlinge mit seinen rosen kränzte,
mir im krystallnen schnee durch dreiszig winter glänzte,
mich einst, wenn diesem staub der höh're hauch entschwebt,
in seinen schoosz begräbt.
Kosegarten (1824) 9, 92;
herbei ihr winde, die ihr niederbraus't,
von eisgepanzerten gebirgen, von
gestaden, die ein ew'ger schnee vergräbt,
herbei und kühlt mein siedend blut!
1, 175;
und ob mich das störrige bannte
in Nubiens gluthen, auf Zembla's ewigen schnee;
nah bleibet den seelen die seele.
8, 15;
in dem hohen schnee zu wühlen.
Göckingk lieder zweier lieb. 122;
tiefer, groszer schnee:
wan tiefer snê und dickeʒ îs
tet im alsô grôʒe nôt,
daʒ er wânde wesen tôt.
H. v. d. Türlin krone 3668;
it was gevroren und laich grois sne.
d. städtechron. 12, 75, v. 1855;
in Koblenz auf der brücken,
da lag ein tiefer schnee.
wunderh. 1, 117 Boxberger;
in weisz montur kleidt sich der rasen,
in blau die mäuler, in roth die nasen.
der feind (winter) wirft einen groszen schnee;
sein brücken schimmert auf flusz und see.
1, 507;
sollt' ich auch in tiefem schnee
nach dem wege tappen,
sollt' ich auch an starrer hand
meinen renner leiten,
und zuerst vom felsenrand
in die tiefe gleiten.
Göckingk lieder zweier liebenden 29;
kleiner und groszer schnee, von der gestalt der flocken:
wofern sie nun in ihrem fall solch eine kalte luft berühren,
worinn sich eine kälte findet, so kalt, dasz sie darinn gefrieren;
so wird aus vieler bläsgen klumpen bald kleiner und bald groszer schnee.
Brockes 7, 456;
nordischer, nebelgleicher schnee: der mittag sengt sein (Moors) entblösztes haupt, nordischer schnee schrumpft seine sohlen zusammen. Schiller 2, 150 (räuber 4, 4);
doch, wenn man sie (die umgebenden gegenstände) zuweilen
sah, kont' ihre dunkle schwärz und höh'
uns von dem nebel-gleichen schnee,
trotz seiner regen schnelligkeit,
wenn er vor sie vorbey flog, eben
auf ihres grundes dunkelheit
die eigentliche bildung geben.
Brockes 7, 552.
der frische schnee dem fernigen, vorjährigen gegenüber: wenn denn ein neues (frischer schnee) fället, so gehet man in die waldungen. Böbel 2, 155ᵃ; das von den patriarchen ist eine rede vom schnee (wie man sagt), der vorm jahr fiel (d. h. eine überflüssige, unnütze rede). Luther briefe 5, 373; ähnlich: sagt vom fernigen schnee, wie ers vom groszvatter Hackeleback gehört hat. Garg. 131ᵃ; was kümmern uns die wolken, der schnee vom vorigen jahre. Eiselein 648; de ferndrig schnee such nit meh (um geschehenes, vergessenes kümmere dich nicht mehr). Wander 4, 292; das ist alter schnee (alte, längst bekannte geschichte). 295; bitterer schnee:
dort hängt mein graues haupt, dem ungestümen regen,
dem glüh'nden sonnenschein und bittern schnee entgegen.
Göthe 13, 34.
erster schnee: um die zeit des ersten schnees liesz die hausmutter das ganze haus fegen und reinigen. Musäus volksm. 4, 49 Hempel; in wetterregeln: fällt de irste snee in'n dreck, ward de winter en geck. Wander 4, 293, aus Mecklenburg; fällt der erste schnee in koth, so gibt's einen milden winter. ebenda. schwarzer schnee, als bezeichnung von etwas unmöglichem, nie eintretendem:
ich gloube an sîne wîsheit
hinnen fürder niht mê
dan an wîʒen koln und swarzen snê.
Hartmann 2. büchl. 614.
3)
in abhängigkeit von einem andern substantiv:
zuweilen stürzt und fiel ein meer von schnee so dicht.
Brockes 7, 562;
es schien fast dem gesicht
ein wolken-bruch von schnee, es schien die ganze luft
ein ungetrennter dampf, ein weiszer nebel-duft.
ebenda;
eh' jedes stäubchen schnee den grund,
worauf es doch nicht ruhen kunt,
wie sehr es ihn gesucht, berühret.
ebenda;
todt in der hülse von schnee schlief hier das gefesselte leben,
und der eiserne schlaf harrte des tages umsonst.
Hölderlin 1, 67 Köstlin:
formelhaft gebunden mit eis: daher auch die gärtner vermeynen, wann die bäume im december und januario mit eis und schnee gleichsam candirt sind, dasz sie wol frucht tragen. Hohberg 2, 13ᵇ;
schnee und eisz ist überhin,
sturm und regen sind vergangen:
das vorhin bereiffte land
wird mit blumen umbgewandt.
Opitz 3, 13;
ja dasz ich gar am kürzsten tage
zwar etwas eis und etwas schnee, der hin und her zerstreuet lage,
doch selbes in der mittags - sonne so hell und schön bestrahlt erblickte,
dasz sich der acker überall, als wär er übersilbert, schmückte.
Brockes 7, 504;
seh ich zugleich (bedeckt, erfüllt mit schnee und eis)
den himmel schwarz, die erde weisz.
550;
was man itzt sieht, ist alles weisz.
so luft, als land deckt schnee und eis.
572;
der winter hat mit kalter hand
die pappel abgelaubt,
und hat das grüne maigewand
der armen flur geraubt;
hat blümchen, blau und roth und weisz,
begraben unter schnee und eis.
Bürger 13ᵃ.
schnee und regen (vgl. auch unter regen th. 8, sp. 505 oben): sie (die ehemutter) verwahret das kein regen noch schnee jr haus schädige. Fischart Garg. 1, 111 neudr.; (dasz) das wasser des meeres und die dünste der erden aufgezogen, solche aber auch wieder durch das feuer der planeten herunter nach der erden getrieben, und durch die lufft in regen und schnee verdünnet werden. Döbel jägerpr. 4, 90ᵇ; aber dasz mir durch das alte, morsche dach schnee und regen auf der nase tanzen soll, daran kann ich mich nicht gewöhnen. Göthe 11, 275;
sunst hab ich mich offt must erwegen
meins lebens in dem schnee und regen.
B. Waldis Esop 2, 6;
so kom jo ein schne und regen.
Hollonius somnium vit. hum. 18 neudr.
schnee und reif (vgl. theil 8, sp. 623):
dâ wir schapel brâchen ê,
dâ lît nû rîfe und ouch der snê.
Walther 75, 37;
der flüsse strand besteht, der schiffer fleucht die see,
der bleiche wassermann wirfft umb sich reiff und schnee.
Opitz 2, 71;
gräser und blümchen entsprossen des schreitenden luftigem tritte;
schnee und reiff zerschmolz seinem erlauenden hauch.
Kosegarten (1824) 8, 127.
zusammen mit andern naturerscheinungen: wir nennen ihn (einen neblichten wintertag) traurig, weil dieser schnee und dieser nebelduft nicht da seyn könnten, wenn eine sonne geschienen hätte sie zu zertheilen, weil sie mit den ungleich gröszern reizen des sommers unvereinbar sind. Schiller 4, 303;
wenn der weit gepreiste garten
keiner blumen mehr wird warten;
wenn das pomerantzen hausz
grau von frost und schnee wird stehen,
denn soll eine blum' auffgehen,
und mit freuden blühen aus.
Fleming 354;
zur zeit, als lentz und winter brach,
nach regen, sturm, nach frost und schnee.
Brockes 3 (1739), 537;
wie zu den verborgnen wegen der natur-kraft in der luft,
in dem regen, schnee und hagel, blitz und donner, wind und duft,
dieses kindische betragen (spiel mit der seifenblase) fast der beste schlüssel sey.
7, 451;
doch war disz alles sehr erträglich, indem es weder regnete,
noch schlackrigt war, noch fror noch stürmte, auch weder schlossen oder schnee
die luft, auch nicht den erdkreis füllten.
524;
auch heute war das wetter kalt, doch sonder schnee, und sturm und regen,
die luft war feucht, jedoch nicht schlackrigt, so wie die tag' im herbste pflegen.
529;
horch! wie, mehr vor schnee und sturm
als vor menschen bange,
aller raben angstgeschrei
um ein obdach flehet.
Göckingk lieder zweier liebenden 28;
was sind räuber, schnee und wind!
sie ist mein gewärtig!
30;
gelobt sey gott der herr, der herrliche,
im regen, reif und schnee, im wetterstrahl,
der schlängelnd durch die wolken zuckt, im sturm,
der kreisend rollt, der wogen kraft empört,
die wälder lichtet und die zedern knickt.
Kosegarten (1824) 4, 155.
4)
schnee als subject mit verben; der schnee fliegt, fällt u. ä.:
swan sô der snê gevallen ist, so hœr' ich daʒ vil dicke,
man sprichet: 'gib den winden brôt, eʒ hât gesnîet.'
minnes. 3, 58ᵃ Hagen;
so musz aus diesen eigenschaften, wenn solcher schnee sich abwerts senkt,
und auf den luckern boden fällt, das theil des ackers und der erden,
das er befeuchtet und zugleich bedünget, durch ihn fruchtbar
werden.
Brockes 7, 457;
es flog der schnee so dick und dichte,
dasz er dem schärfesten gesichte
kaum zwanzig schritt zu sehn erlaubt.
551;
an einem andern ort hingegen, wohin der schnee so starck nicht fiel,
sieht man für unsern blick ein ganz verschiednes ziel.
553;
ausgelöscht sind alle sterne,
und vom finstern himmelsbogen
kommt der schnee im sturm geflogen.
Müllner schuld 1, 2.
gefallener schnee:
im winter, wenn ich, mit vergnügen,
den noch nicht dick gefallnen schnee
nur dünn auf flachen äckern liegen,
sie decken und nicht decken seh.
Brockes 7, 498.
schnee schmilzt, zergeht u. ä.: von dem sachte zergehenden schnee aber fermentiert sich die erden. Hohberg 2, 13ᵃ; der schnee soll nie schmelzen: das ist in einem sehr südlichen klima viel. Seume (1826) 3, 63; sprichwörtlich: dann es wachet allzeit ein gerechtes auge auf mich; und wenn der schnee vergehet, so wird man sehen, was darunter verborgen gelegen. Butschky Pathmos 63;
weil aber doch die luft nicht kalt, vergieng der erst gefallne schnee,
worauf es denn bis nachmittag, mit süden-winde, regnete.
Brockes 7, 526;
der schnee zerrinnt,
der mai beginnt.
Hölty 156 Halm;
hoch vom Rugard
braus't ein gewaltiges heer, wie der strom, den schmelzend der schnee schwellt.
Kosegarten (1824) 5, 99;
zu berge ziehn die herden,
fuhr erst der schnee zu thal.
Uhland ged. 393.
schnee liegt, deckt, bedeckt u. ähnl.:
doch was in leit, daʒ ûf dem grase
und ûf den boumen lac der snê.
troj. krieg 24249;
ein mals mich in dem hornung kalt
mein weg truͦg durch ein dicken walt,
mit schne bedecket überal.
H. Sachs fastn. sp. 1, 22, 3;
wann der nord streicht über see,
und die truckne flut der schnee
auff der äcker rücken lieget.
Opitz 2, 75;
am andern (tage) schneit es frühe stark, das feld ward schnell mit schnee bedecket.
Brockes 7, 525;
legt dem betrachtenden gesicht
ein nicht unangenehmes grau,
im weiszen schimmer, sich zur schau,
in welchen sich die langen weiszen graben,
von schnee gefüllt, in fast nicht abzusehnden strichen,
als ramen, die dem silber glichen,
symmetrisch eingefasset haben.
571;
ja liesze sich
die mitternacht von deinem kleide
nicht unterscheiden, läge schier
der schnee zwey schuh hoch auf der heide,
du gingest doch zu fusz mit freude,
verlangt ein sterbender nach dir.
Göckingk 1, 244;
öde kahle felsenspitzen, schluchten wo der schnee sich häuft,
zeigt der wonnemond dem auge, das von berg zu bergen schweift.
Gaudy 19, 68;
der vater wurde vom sturmwind hinweg geführt, hinaus in die fürchterliche nacht, und unten am berg abgesetzt und von dem nachwehenden schnee begraben. Hebel 2, 163;
wie schöne gläntzt der schnee, wann jhn der sonnenstrahlen
mit himmelischen licht bestreichen und bemahlen!
Scheffler cherubin. wandersmann 90, 16 neudr.;
doch wird kein schnee entdecken,
wer durch das pförtchen schlich?
Göckingk lieder zweier lieb. 51;
jahrhunderte sammeln
auf ragenden alpen
starrenden schnee.
Stolberg 2, 84.
schnee als object:
dasz er belebt von dir (dem äther) in deiner welle sich bade,
schüttelt der wald den schnee wie ein überlästig gewand ab.
sprichwörtlich, für unnütze arbeit:
wer .. an der sunnen schnee will derren.
Keller schwänke 5;
müsst' ich dann an stat zu lieben
helffen dort den schnee durchsieben
(denn das sol die arbeit seyn
alter bursche die nicht freyn!)
V. Scherffer ged. (1652) 567.
im part. gethürmter, geschmolzner schnee:
von einem schwehren regen-gusz,
und von geschmolznem schnee, geschwollen,
wuchs auf dem berg' ein kleiner flusz.
Brockes 7, 470;
es ruheten die scharfen winde,
es ruheten, vom unbewegenden gesträuch, so gar die netten schatten
auf den vom halb - geschmolznen schnee fast recht krystallisirten
matten.
508;
da, auszer dem, was sie (die reisenden) von scharfer winde schneiden
an ihrer haut und am gesicht erleiden,
vom aufgethürmten schnee, im gehn, so pfad als steg,
wie auch zum fahren bahn und weg,
verändert, ganz bedeckt ...
und gleichsam recht verschlungen wird.
563.
5)
schnee, das zeichen der winterlichen jahreszeit: 1442 jar vor weichennächten und daurnauch der kalt winter was und gar vil schnöe gevallen was, das kein man in 60 jaren ie gedaucht, man mocht weder mit rossen noch mit wägen ausz komen. d. städtechron. 4, 237, 14; der winter brach ein, das land wurde mit schnee bedeckt. J. v. Müller gesch. d. schweiz. eidgenossenschaft (1805) 4, 138;
der winter kam heran, mit ihm die weiszen flocken,
der schnee, des grünen laubes grab.
Lichtwer (1828) 44;
und in des winters ernster pracht,
in seines schnees leichentracht,
gemahnst du mich, o herrscherinn,
wie eine wittwe königinn.
Kosegarten (1824) 9, 106;
schnee, so weit das auge trägt,
auf den hügeln, auf den bergen,
auf den bäumen, auf den feldern;
wie ein todter liegt die erde
in des winters leichentuch.
Grillparzer⁴ 3, 10.
schnee im märz, zeichen des verspäteten frühlings:
allein der frühling,
anstatt im märzen, kommt er erst im mai,
und schnee liegt dort, wo sonst wohl saaten standen.
Grillparzer⁴ 5, 88.
6)
schnee in vergleichen; am häufigsten weisz wie schnee, noch weiszer als schnee: sînu (Christi) giuuâtiu uurdun uuîʒu sô snêo. Tatian 91, 1; und seine kleider wurden helle und seer weis, wie der schnee, das sie kein ferber auff erden kan so weis machen. Marc. 9, 3;
in was getân di varwe
nâh den blûmen garwe
rôt und ouh wîʒ sô der snê.
Lamprecht Alex. 5305;
noch wîʒer danne ein snê wîʒ
wart mir sîn schœner lîp erkant.
g. Gerh. 3736;
sîn arme und sîner hende schîn
reht als ein niuwer snê getân.
troj. krieg 7725;
Ande, stehe auff und las mich hinein!
ach ihr brüstlein sind weis als irgent ein gefallener schne.
bergreihen 67 neudruck;
so gläntzt auch deine seel, so sie ist weisz wie schnee:
wann sie beschienen wird vom aufgang ausz der höh.
Scheffler cherubin. wandersmann 90, 16 neudr.;
sie hatte rabenschwarzes haar,
ein groszes feurigs augenpaar,
und eine brust, wie schnee, so weisz.
Weisze kom. opern 2, 184;
und eine aster, weisz wie schnee,
der am funkelnden pokale,
sich so gut wie rosen deuchtet.
Göckingk 1, 167.
rein wie schnee:
du bist
rein vor ihm (gott), wie frischer schnee.
Müllner schuld 4, 2.
auch bleich, glänzend, kalt, dicht wie schnee: bist du nicht bleich wie schnee? Schiller 2, 134 (räuber schauspiel 4, 2);
sô tuot im grôʒer frost sô wê,
sîn fleisch wirt kelter denne der snê.
Parz. 490, 12;
eine vil lange wîle
flugen di phîle
alse der snê unde der regen.
Lamprecht Alex. 1322;
von beidenthalben flouch daʒ scoʒ
alsô dicke sô der snê.
3236;
zum gewande wählt das kunstgewebe
des Indiers, hellglänzend wie der schnee
des Aetna, der der nächste ist dem licht.
Schiller 14, 46 (braut v. Mess. 1, 7).
schmelzen, schwinden, zergehen wie schnee, wie schnee vor der sonne u. ähnl.:
daʒ her allenthalben vor in swant
sam der sunne tuot den snê.
Rolandslied 183, 5;
guoter gloube unt reiniu werc
diu swendent den sünden berc
als diu hitze tuot den snê.
Freidank 35, 24;
ich spür, daʒ mîn sin hât getobet;
dâ ich doch wânde erwerben heil,
dâ ist min lop alsam der snê zergangen.
minnes. 3, 68ᵃ Hagen;
der wittwen, welche nun bisz in den tod sich kränckt,
indem die trähnen-bäch' ausz ihren augen fliesen,
und fast, wie zarte schne ab bergen, sich ergiesen,
wan sie die frühlings-sonn mit ihren stralen sticht,
und wan der Zephyrus das eissig wetter bricht.
Rompler 132.
7)
schnee, übertragen, zur bezeichnung ganz weiszer gegenstände, so des greisen hauptes, haares: dasselbe deutete auch an beim Sozomen der gottselige bischof Leontius, welcher sein graues haupt ergriff und sagte: wenn dieser schnee schmelzen wird, so wirds kothig werden. H. Müller erquickstunden 438;
die manheit heisz und khün, mit gelb, braun, schwartzen haaren,
erwirbet lieb und lob; doch mehr verstand, raht, heyl,
kan uns des alters schnee und winter offenbaren.
der junge schnee der haut, kam zu dem schnee der haare,
auff dasz mit jenem der, auff eine zeit sich paare:
das paaren gieng wol an, doch ward man zeitlich innen,
der haut - schnee, der war glut; der haar - schnee, muste rinnen.
Logau 3, 88, 61;
kein liebreiz lockt aus meinen blicken mehr
zur gegengunst. des alters schnee entstellt
schon dieses haupt; doch unterm helme, nicht
im schoos der wollust, ward es grau.
Gotter 2, 202.
weiszglänzender, zarter, auch bleicher körpertheile: ihre arme, ihr busen, ihr wuchs, ihre stellungen — ach! wenn sie sich einladend zurück lehnt, und tausend zärtliche regungen den schnee ihres busens aufzuarbeiten anfangen. Lenz 1, 326;
kein sumer der wart nie sô warm
von manicvalter hitze,
man fünde an ir (Helena) antlitze
und an ir bilde niuwen snê.
troj. krieg 20021;
je mehr ich küsz, je mehr dein schnee
mein hertz gantz wunderlich anzündet.
Blandula, die göldne sonne, zwischen deinen weiszen brüsten
macht dasz die, die beydes sehen, gerne recht zu schlissen wüsten,
ob der reine schnee der brüste von der sonnen glantz entsteh,
oder ob den glantz der sonne, kläre deiner brüste schnee.
Logau 2, 76, 85;
er schnallt den harnisch ab, legt helm und lanze nieder,
und überläszt der lauen flut
den frischen reitz der jugendlichen glieder.
ihr unbefleckter schnee, getuscht mit rosenblut,
scheint aus den spiegelwellen wieder,
so wie der sonne bild von glattem marmor thut.
Wieland 17, 21;
bald, als auf duftendem bohnenbeet
die röthlichen blumen verblühten,
da wurde dem mädel so übel und weh;
da bleichten die rosichten wangen zu schnee;
die funkelnden augen verglühten.
Bürger 61ᵃ;
ich seh'
auf liebestrug Dianen sinnen,
und ihres keuschen busens schnee
im arm Endymions zerrinnen.
Gotter 1, 444.
daher von der erschaffung eines blühendweiszen mädchens:
da zürnte die natur, und sprach: zum zeitvertreibe
schaff' ich ein schönres ding, und nur aus schnee — seht zu,
ihr herren insgesamt! — sie schuf, und da wardst du (Chloe).
Schiller 1, 303.
schnee, blüten, seide:
bedeckt vom schnee der leicht getragnen blüthen,
umkränzt von rosen.
Göthe 9, 131 (Tasso 1, 4);
nur das lächeln, nur das huldgekose,
nur im unbestäubten haar die rose,
nur der seide schnee, die um euch (die jungfrauen) schwillt.
Kosegarten rhapsod. (1801) 3, 373.
von den mondstrahlen: und der schnee des mondes lag tiefer und weiszer gefallen die glückselige ebene hinab. J. Paul Hesp. 3, 237; der helle schnee des gesunkenen mondes liegt nur noch auf den hainen und triumphbogen und auf dem silberstaub der springwasser. Tit. 1, 147; und sonst in bildern: selig seid ihr männer (sagte sie), ihr grabt euch durch den lebens-schnee durch und trefft endlich die grüne saat darunter an. 4, 141; ich kann dir nicht sagen, geliebter Viktor, wie abscheulich und gräszlich mir der ewige schnee eines vernichtenden todes jetzt neben der edeln gestalt vorkam, die er überdecken sollte. Kampanerthal 67; weil dieser metaphysische schnee, nicht wie der poetische spiegel gestalten, sondern nur ein unbestimmtes schimmern zurück wirft. vorschule der ästh. 3, 155; des blinden optischen schlafes bediente er sich blos, um selber zu hören, wie weit Niesz sein verlieben in Theoda treibe; und dann etwa bei feurigen welt- und redetheilen rasch aufzuwachen, und mit schnee und scherz einzufallen. Katzenbergers badereise 1, 37;
Jêsus, dîn vater und dîn veter,
und dû, sîn muoter unt sin base,
ir bâret ie schône, als ein wase,
der frischen jugent grüenen klê,
den sünden rîfe noch ir snê
gederren nie getorste.
goldene schmiede 1872;
lernt alle, die der hof begabt, erhebt, erhöht,
wie bald der milde schnee der herren-gunst zergeht,
wie bald des glückes rad sich auf- und abwärts neiget,
wie bald sich der april auf einen may-schein zeiget.
Günther 1028.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1896), Bd. IX (1899), Sp. 1222, Z. 41.

schneppe, f.

schneppe, f.
schnabel, schnabelartiges stück, vgl. schnippe. das wort, mit schnabel und mhd. snaben (schnappen) verwandt, ist erst seit dem 15. jahrh. bezeugt und besonders auf nd. boden üblich, doch auch in mitteld. mundarten sehr verbreitet, daher wol nicht mit Kluge⁵ 333ᵇ als lehnwort aus dem nd. zu fassen. die sehr häufigen nebenformen mit i s. unter schnippe. holl. sneb ist dort das gewöhnliche wort für schnabel; snebbe rostrum avis Kilian, daneben neb. diese formen ohne das anlautende s sind im engl. und nord. alleinherrschend: ags. nebb, engl. neb, altnord. nef, dän. næb, schwed. näbb, s. Skeat 389 und unter schnippe; vgl. auch schnabel. im nd. ist snebbe nach Weigand 2, 618 zu 1420 und 1517 belegt; sonst nd. gewöhnlich snibbe bez. snippe. nhd. ist schneppe in den wörterbüchern erst seit Kramer aufgeführt, doch bereits im 16. jahrh. bezeugt, s. unten. die regelmäszige und herrschende form ist schneppe, nur Wachter 1449 schreibt schnebbe. vereinzelt findet sich auch mit weitergehender verschiebung schnepfe (wie schnipfe neben schnippe), so in folgender stelle, wo die bedeutung nicht ganz sicher ist, die aber doch hierher zu gehören scheint und dann den ältesten hd. beleg gibt (vom jahre 1589):
sie (die teufel) hatten forn ein stachlich schnepf (nase?),
gros augen als die kesenepff.
Ringwaldt tr. Eckart K 1ᵃ.
in neueren mundarten besonders md., doch auch bairisch die schneppen oder schnepp Schm. 2, 577, schwäb. als masc. schnepp Schmid 473; sonst auch schnäppe, schnäpp geschrieben Schmidt 199. Kehrein 1, 361. Jecht 97ᵇ. bedeutung.
1)
schnabel Schm. 2, 577, vgl.schnebbe, nasus; schnebbe, rostrum, quia naso hominis simile; schnebbe, os, quamvis ex contemtu, ut rostrum apud Latinos Wachter 1449.
2)
schnabelartiger theil an kleidungsstücken, besonders ein spitz zulaufendes stirnläppchen an der weiblichen haube, wie es besonders gegen ende des 18. jahrh. unter dem kopfzeuge getragen wurde, in unserem jahrhundert noch vielfach an der trauerhaube, von kreppflor und über die ganze stirn reichend, s. Krünitz 147, 501. Jacobsson 4, 27ᵇ; die schneppe an einer weiberhaube (visier) punta della cuffia da donna Kramer dict. 2, 631ᶜ, so im einzelnen sammet - schneppe, trauer- ò florschneppe ebenda; schnebbe, frontale, in rostrum desinens Wachter 1449; schneppe, von der gleichheit mit einem schnabel, pflegen die weiber allerley, sonderlich auf die stirn herabgehende spitzen zu nennen .. acuminatior pars vittarum muliebrium qua inter oculos frontem ornare solent, frontale Frisch 2, 215ᵇ; so noch in neueren mundarten, s. Schm. 2, 577. Reinwald 2, 113ᵃ: auf dem kopf schwarzsammetne oder seidne hauben mit einer schneppe fast bis auf die nase und langendigen schleifen. Ludwig 2, 516; nun kam die zeit heran, wo das weibsvolk eine schwarzseidne oder sammetne haube, hinten rund, vorn mit langer schneppe, dazu mit breiten schleifen heimlich von hand zu hand bis zu der ältesten pathe gehn zu lassen pflegt, die dann mit leiser hand der braut das kränzlein von den haaren nimmt und es eben so leise mit der haube vertauscht. 527. — ferner mundartlich
a)
schwäb. von einem dreieckig spitz in die stirn auslaufenden haarschnitt, s. Schm. 2, 577. Schmid 473.
b)
ferner von einer haube mit drei schnäbeln. ebenda; oder ein stirnband mit einem solchen schwarz oder weiszen schnabelähnlichen stirnläppchen Reinwald 2, 113ᵃ.
c)
eine ähnliche schnabelförmige, durch fischbein gesteifte spitze vorn am oberkleide der frauen Spiesz 222, schneppentaille Albrecht 204ᵇ.
3)
schnauze, schnabelförmiger ausgusz an kannen und töpfen Adelung. Albrecht 204ᵇ. Hertel sprachsch. 217. Jecht 97ᵇ. Kleemann 19ᶜ. Liesenberg 199: schneppe, schnepfe an einer kanne, becco d'un boccale Kramer 2, 631ᶜ; andere nennen auch an den kannen die schnaupen, schneppen. Frisch 2, 215ᵇ.
4)
schneppe für schnepfe (auch übertragen für dirne) s. das.
5)
in mitteldeutschen mundarten vielfach für 'rand' Schmidt 199. Kehrein 1, 361; äuszerstes ende, rand, spitze Schm. 2, 577: ich sitze auf der schnäpp des stuhls, der bank; setze dich nicht so auf die schnäpp des tisches, er fährt sonst in die höhe; auch sprichwörtlich: der ist auf die schnäpp gestellt (erwischt, angeführt) worden. Spiesz a. a. o.; hierzu wol auch das unter schnepfe 5 angezogene schnepfe Stieler 1895. — Weigand 2, 618 betrachtet diese verwendung als ein besonderes, zu schnappen gehöriges wort.
6)
weitere mundartliche verwendungen. a) geschwätziges mädchen, plappermaul Schm. 2, 577. Kehrein 1, 361. b) schnappgalgen Schm. 2, 577, vgl. schnepper 8, b. c) anderswo bedeutet schnäppe eine grube im fahrwege, worin das fuhrwerk beim fahren schnappt: eine schnäppe auf ein stück land machen dasz nicht darüber gefahren werden kann.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1896), Bd. IX (1899), Sp. 1316, Z. 33.

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Zitationshilfe
„schneppe“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/schneppe>.

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