Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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1zischeln, vb.

¹zischeln, vb.,
diminutiv- bzw. iterativbildung zu ¹zischen, die seit dem 17. jh. nachweisbar ist. im unterschied zum grundwort überwiegend zur bezeichnung menschlicher lautäuszerungen, besonders in der bedeutung 'flüstern, tuscheln'. mundartlich nicht häufig: zischele Fischer Samland 160; zischeln leise, so dasz man nur ein zischen hört, sprechen Bernd Posen 362; flüstern Jungandreas schles. zeitwortbild. 76.
1)
zur bezeichnung einer flüsternden sprechweise, bei der die zischlaute besonders hervortreten (im unterschied zu raunen). nur vereinzelt im phonetischen sinne als lautcharakteristik: einem Deutschen scheint ... ein Engländer durch die zähne zu zischeln Gottsched dt. sprachkunst (1748) 10.
a)
'etwas heimlich flüstern, leise mitteilen', meist in der wendung ins ohr zischeln: einem etwas in die ohren zischeln insusurrare aliquid in aures Steinbach dt. wb. (1734) 2, 1096; ich war gehorsam, und folgte meiner gebieterin ... ich zischelte meine complimenten so heiser zu (1672) Chr. Weise erznarren 171 ndr.; das was sie so heimlich zischelte, war aus einem psalmen (psalmodia erat, id quod mussitabat) Carpzov trost- u. leichenspr. (1698) 546;
oft wenn ich müd und still bey dem Gravina sitze, ...
scheint mir die dichtkunst selbst zur seiten da zu stehn, ...
sie öfnet ihren mund und zischelt mir ins ohr:
komm, dichte!
J. E. Schlegel w. (1761) 4, 66;
ein vornehmer mann zischelte mir in die ohren: wer dieses buch mit verstand durchgelesen hat, der kann die wichtigste bedienung verwalten Holberg, dän. schaub. (1743) 4, 240; sie werden sich doch nicht meistern lassen! zischelte mir die eine ins ohr Göthe I 25, 1, 148 W. als gegensatz zur lauten und aufrichtigen äuszerung, wobei ein pejorativer nebensinn anklingen kann (vgl.b γ):
ich sags der welt, ich schrei ihr's in die ohren,
denn zischeln kann ich einmal nicht
Z. Werner Luther (1807) 105.
vereinzelt laut (d. h. hörbar, vernehmlich) zischeln: wenn ich sie heirathe, ist die erziehung aus, zischelte er ihr laut ins ohr Alexis ruhe (1852) 1, 20. ungewöhnlich:
o! wie glücklich sind die fürsten, die im wählen weise sind,
und vor deren augen stralen jedes heuchlers list verschwindt!
freylich musz auch oft ein held ihrem sanften zischeln weichen
Schönaich Heinrich d. Vogler (1757) 59.
in neuerer zeit kaum noch in diesem sinne.
b)
mit jem. heimlich reden.
α)
'miteinander tuscheln, mit gedämpfter stimme sprechen': man stand auch in einer art von ordnung, wie man zu thun pflegt, wenn in einer gesellschaft eine person von höherm rang erwartet wird; ausgenommen, dasz hier keiner von den ... seitenblicken, nichts von dem kleinen zischeln zu bemerken war, das sonst bei dergleichen gelegenheiten ... wahrgenommen wird S. v. Laroche frauenz.-br. in: Iris (1776) 8, 730; freilich gilts für anmaszende ungezogenheit, in den logen so laut zu zischeln, dasz es auf der bühne hörbar wird Holtei erz. schr. (1861) 36, 79; es entstand jederzeit eine art von frohem zischeln und wenig fehlte, dasz man ihm applaudirt, vivat oder bravo zugerufen hätte Göthe I 26, 290 W.; ich höre rascheln, ich höre hinter der mauer ein paar weibliche stimmen zischeln Kotzebue s. dram. w. (1827) 3, 160;
ich hörte zischeln hinter mir und in den kopf stieg mir das blut
G. Keller ges. w. (1889) 10, 14;
ein letztes rauschen, raunen und zischeln durch die versammlung, ein letztes räuspern und stuhlrücken W. Raabe Abu Telfan (1870) 2, 98; die gröszeren weltlichen kurfürsten lieszen sich durch ihre botschafter vertreten, unter denen der kurbrandenburgische ... wegen seines groszen herrn und seiner entschiedenen eigenart überall mit frohem zischeln begrüszt wurde Bielschowsky Goethe (1918) 1, 24.
β)
häufig tritt die vorstellung des geheimnistuerischen im wortsinn hervor: ich gehe aus einem zimmer ins andere: Fritze schielet mir nach und zischelt mit Christianen zusammen, was ich wohl da zu verrichten habe Cramer nord. aufseher (1758) 1, 124; im saal hatte man fort getanzt, aber daneben viel von der begebenheit gezischelt S. v. Laroche frl. v. Sternheim (1771) 1, 346; wir traten kaum in den komödiensaal, da hättest du das zischeln und wispeln hören sollen, das unter dem gesammten gegenwärtigen frauensvolk entstand Miller briefw. dreier akad. freunde (1778) 2, 52; aber Hart, was haben sie denn ewig mit Gustav zu zischeln und zu tuscheln? Holtei erz. schr. (1861) 5, 45; alle blicke waren auf die fortgehende gerichtet, die mädchen zischelten einander heimlich in die ohren Eichendorff s. w. (1864) 2, 471.
γ)
in pejorativem sinne, 'in verleumderischer absicht über jem. (bzw. etwas) reden, verstohlen (hinter dem rücken eines andern) klatschen'; denn (es sind) bey zischeln die geheimnisse der schmähsucht, die man der aufmerksamkeit derer entziehen will, die dabey interessirt sind Eberhard synonymik (1795) 3, 75: da wuszt jedes was anders, sogar zischelte man einander in die ohren, sie seien niemals getraut gewesen Göthe I 11, 135 W.; ich habe diesen Heinrich von Orla fast erzogen ... und jetzt darf er mir nun so frech widersprechen, mit andern über meine gebrechen zischeln und lachen Tieck schr. (1828) 11, 5;
ich aber war nicht geladen,
und das habt ihr dumm gemacht!
die zischelnden muhmen und basen,
die merkten's und haben gelacht
H. Heine s. w. 1, 103 Elster;
er und der alte haudegen von hauptmann — rumoren so von pflichten und schande, dass alle nachbarn und nachbarskinder auf die madam Siward hinsehen — und fragen und zischeln, und meinen und lügen Iffland theatr. w. (1827) 5, 235; die böse welt zischelte schon gestern, dasz es nun kein wunder wäre, wenn die juristische logik des alten präsidenten eine entscheidung des prozesses befördert hätte, die einer komtesse ... die hand eines plötzlich ... bereicherten künstlers böte Gutzkow ritter v. geiste (1850) 9, 278;
auf einen kehricht stellt
er seine schelmenfüsze
und zischelt seine grüsze
in die verblüffte welt
G. Keller ges. w. (1889) 9, 283;
und wenn die leute schwatzen und zischeln, so laszt sie reden, es sind leute ohne gewissen und ohne liebe im herzen Herman Grimm Michelangelo (1890) 1, 288; nachher wunderte ich mich auch nicht mehr so darüber, dass die jungens gar nicht über den pastor zischelten K. Fischer denkw. e. arbeiters (1903) 88. als ausdruck höhnender verachtung:
die welt tritt zischelnd an den totenschrein
und wirft, gebläht von stummem eigenruhme
herzlos auf die gefallne stein um stein,
verhöhnend die so früh geknickte blume
Leuthold ged. (1894) 76.
in bildlicher ausdrucksweise, die von der vorstellung zischender schlangen (vgl. zischen 2 a) u. dgl. ausgeht:
so kann der schlangenart'ge leumund,
dess zischeln (whisper) von dem einen pol zum andern,
so sicher wie zum ziele die kanone
den gift'gen schusz trägt, unsern namen noch
verfehlen, und die luft unschädlich treffen
Shakespeare 3 (1798) 283;
sasz ich einst in einem mädchenkreise,
da begann in ihrem blüthenkranze,
erst geheim zu zischeln, klug und leise,
doch bald laut die schlange: Medisance
Lenau s. w. 351 Barthel;
die Franzosen ... hatten über das alte Germanien ein gewebe der auflauerei und späherei geworfen, in dessen weiten falten jene zischelnden und giftzüngelnden würmer der hinterlist lauerten Arndt s. w. (1892) 1, 202.
2)
im gegenständlichen bereich; von körpern, die schnell durch die luft fliegen, u. dgl.: sie (die ente) fliegt ... unter ... zischelndem geräusche Brehm tierl. 6, 642 P.-L.; ich selber aber hatte von da an ... immer das gräszliche zischeln und flüstern im ohr, das ich 1915 kennenlernte, wenn die garbe der maschinengewehre über den liegenden hinfegte Klemperer l. t. i. (1949) 271. vom wind: zischelt der abendwind, raschelt der tau E. T. A. Hoffmann s. w. 1, 118 Gr. von gräsern, die im winde schwanken, oder von dem geräusch, das beim vorbeistreichen des lufthauches entsteht: und unübersehbare kornfelder wogten und zischelten auf beiden seiten der landstrasze Spielhagen s. w. (1872) 1, 552; und jetzt begann es in den büschen unheimlich zu zischeln und zu flüstern, dürres laub flog, wie in toller angst, her vor der windesbraut ebda 1, 98; und es zischelten leise die schilfe im schilfigen sumpfrand Gerhart Hauptmann Anna (1921) 89; ein unaufhörliches zischeln und raunen fuhr durch die lose gewickelten bänder (der maisstauden) nach art der dämonensprache El. Langgässer d. unauslöschl. siegel (1946) 166. unbestimmter:
und zweige zischelten an meinem fusz
wie warnungsflüstern oder todesgrusz
A. v. Droste-Hülshoff ges. schr. (1878) 1, 349.
dazu die zss. zischellaub, n.:
der buche zischellaub verstummte,
sie horcht dem nachtigallenschlag
Liliencron s. w. (1896) 8, 113.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 11 (1956), Bd. XV (1956), Sp. 1628, Z. 61.

2zischeln, vb.

²zischeln, vb.,
(auf dem eise) gleiten, glitschen, zu ²zischen (s. d.; vgl. auch zäscheln sp. 314). in übertragenem gebrauch: von den Welschen aber werden sie (mehrsilbige reime wie z. b. 'hertziche, schmertziche') versi sdruccioli d. i. zischlende, glitschende oder gleitende, genennet Zesen verm. Helikon (1656) 1, 88.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 11 (1956), Bd. XV (1956), Sp. 1631, Z. 19.

zitscheln, vb.

zitscheln, vb.,
zwitschern Jecht Mansfeld 128ᵃ; zum folgenden.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 11 (1956), Bd. XV (1956), Sp. 1680, Z. 10.

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Zitationshilfe
„zitscheln“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/zitscheln>.

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