Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

kauz, f.

kauz, f.
1)
mehrere kleine eulenarten haben diesen namen, wie die strix flammea, perl- oder schleiereule, die strix aluco, brandeule, auch nachtkauz, baumkauz, waldauz, die strix passerina, spatzkauz, besonders aber die strix noctua, steinkauz oder leichhuhn genannt: bubo, steinkutz, steinkeutz und kutz in vocc. des 15. jh. Dief. 83ᵃ, kutz Maaler 258ᵇ, aber auch schon kautz 241ᵈ; steinkutze voc. ex quo v. 1469. Letzteres gibt die eig. form, kauze, pl. kauzen, während jetzt kauz, pl. käuze (einzeln kauze) gilt. doch Göthe in den mitschuldigen (7, 102) brauchte noch die schwache form, kauzen acc. sg., wie der Rheinländer Fr. Müller, s. sp. 368; andrerseits ist der pl. keuze schon im 16. jh. zu finden (s. Kirchhof u. 2, g), sodasz ein starkes kûz schon vorher neben kûze bestanden haben wird. Das volk wird die arten nicht genau oder an verschiednen orten verschieden unterscheiden, scheint auch verschiedentlich andern arten das amt als todtengräber, todtenvogel beizulegen; gewöhnlicher ist das dem. käuzlein, käuzchen: horch, horch! grausig heult der kauz. Schiller 135ᵃ, als todtenvogel (räuber 4, 5); sitzt under inen wie ein kutz under den voglen. Keisersberg bilg. 166ᵇ, noch heute heiszt es im Elsasz dumm wie e küz unter de vegel, auch dumm wie e küz am helle dag. A. Stöber bei Fromm. 4, 470. andere vögel sind ihm nämlich bitter feind, und während sie ihn fürchten bei vergehendem tageslicht, ist er am tage wegen seines da mangelnden gesichts die zielscheibe ihrer angriffe. daher dient er den vogelfängern als lockung auf die leimstange gesetzt:
kann er aus ungeduld (langerweile)
den kauz doch auf die stange setzen
und sich am krähenschusz ergötzen.
Schmidt von Werneuchen, alm. 1802 s. 145;
denn so der tiefel vogel facht (fängt),
das wib er zuͦ eim kutzen macht
und setzt si uf den kloben dar.
Murner geuchm. t 4;
stelten den kauzen auf den kloben, zum vogelfang. Garg. 193ᵃ (357); secht da habt ir die ursach, warumb sie (die mönche) von allen wie kauzen und eulen gescheuet werden. 245ᵇ (462); beisz mit eulen, hast keinen kauzen. S. Frank spr. 1, 43ᵇ; ein jeder vogler lobt sein kauzen. 1, 140ᵃ;
also kennt man des bapstes list,
der gar ein gschwinder (listiger) vögler ist.
ganz federlos stehn seine kauzen,
man leszt sich von im nimmer dauzen (hacken).
Kirchhof wendunm. 380ᵃ,
federlos, d. i. von den vögeln zerzaust auf der stange;
den kauzen, den kauzen
fiengens all an zu dauzen.
Uhlands volksl. 39;
viel vögel sind die hassen mich,
ich bin ein kauz und acht es nicht.
Simrock sprichw. 4377;
er wird ein gelehrter kauz werden, wenn er unter die stoszvögel kommt (vexation lehrt verston). 5546; käuze nach Athen zu tragen. Göthe 44, 212;
nur noch ein wort,
erhabner kauz (uhu)!
Bürger 94ᵃ.
Stieler 935 meint, kauz sei von katze, wegen der ähnlichkeit des angesichts, weil sie bei nacht gleich scharf sehe und ebenso den mäusen nachstelle; auch Frisch meint das, er nennt sie fliegende katzen. dafür läszt sich geltend machen, dasz die katze auch kutz heiszt (s. d. und sp. 281 2), die 'kätzchen' an den haseln auch kauzen (s. unten 4); franz. heiszt wirklich die eule chat-huant, 'höhnende katze', und auch bei uns u. a. heiszen eulen katzeneule (s. d.), darunter gerade ein käuzchen. Nah anklingend sind rom. namen des vogels, frz. chouette, picard. cavette, it. ciovetta Diez 594 (mit deminutiver bildung wie käuzchen); er sucht aber für sie und die rom. verwandten einen deutschen stamm und nennt mhd. chouh eule und einen vogel cauha in der lex Alam. 99, 13. mit jenem stellt schon J. Grimm gramm. 1², 178 (1³, 193) kauz zusammen; es ist freilich nur einmal und nicht ganz sicher bezeugt, beim Reinmar von Zweter:
dâ bî sô saʒ ein œder kouch (gedr. oderchuh),
der jach er wære ein meister sanges ouch.
MS. 2, 144ᵃ.
Eine alts. glosse des 10. jh. gibt für bubo huk Hoffmann ahd. aus Wolfenbüttler hss. xxvii, dazu stimmt ahd. huchilo filex (vogel) Graff 4, 797, vgl.hauc capus (falke) 796; hûk entspricht mit auslautwandel dem ahd. hûf (hûwo) bubo, uhu, filex aber könnte vielleicht philax meinen, das mit mûsfanger, wilde katz glossiert wird (Dief. 434ᶜ), das käuzchen ist auch ein mausfanger und hûchilo könnte wol gar das 'käuzchen' selbst sein. hûk und kouch ferner klingen wie von éinem wortstamme, verschieden nur im vocal und in der stufe des anlauts; aber û und ou, von éiner ablautsreihe stammend, wechseln öfter, z. b. in mhd. hûbe und hoube, kûme und koume, vgl. ahd. giumo und goumo gaumen, und zu h- : k- s. nachher. Kurz kûze oder kûz könnte, im vocal durch jenes hûk vermittelt, sich zu jenem kouch verhalten wie spatz zu ahd. sparo sperling (gr. 3, 694), als deminutiv mit jenem merkw. Z, das sonst die koseform oder neckform von personennamen bildet (gramm. 3, 689 ff.); es zeigt sich zu oft auch in thiernamen, um zufällig sein zu können. bei vögeln auszer spatz z. b. in hetze f. eichelhäher (häher, mhd. heher f.), in sprenze, ahd. sprinza (gramm. 3, 362), weibchen des 'sperbers' (vgl. nordital. sparzo reiher Nemnich 1, 433), in ahd. emerza amarellus Haupt 9, 391, emmeriz gl. mons. (daher dann emberitze 3, 419 und selbst lat. emberiza) von amero amarellus (s. 1, 279), agaza für agalastra elster (vgl. Diez 167), in gutzgauch gukuk, selbst in atzel elster (wie aus sprinze weiter sprinzel wurde), die in Koburg hatz, harz heiszt; vgl. auch stieglitz, girlitz, krünitz, kibitz. sonst in betz bär, atze esel (1, 596), berz gleich barg verschnittner eber Maaler 50ᶜ (s. bär 1, 1124), euze, eutze kröte, nd. ütze aus auke, wanze 'wandlaus'; vgl. auch die hausnamen für thiere mit z, wie mieze, hînz katze, matz für stubenvögel, spitz für hunde. kauz wäre also die kleine eule, und vielleicht ist der name von den voglern ausgegangen; man denke sich einen solchen in seinem täglichen nahen verhältnis zu seinem kouch, wie natürlich dasz auch dieser jene koseform erhielt. Kouch selbst klingt an kauchen (kûchen) sich ducken, kauern an, wie das hûk, hûchilo oben an hauchen, nd. hûken in derselben bed. (sp. 306, vgl. skr. kuć sich zusammenziehen, krümmen); die eulen hocken bei tag, wo man sie ja allein deutlich sieht, in altem gemäuer, hohlen bäumen, daher vielleicht der name; vgl. kauzen hocken. Das z ist übrigens auch nd., wie in ütze vorhin (wie schon alts. viele namen, Tiezo, Winizo, Sizo u. s. w. in der Freckenhorster rolle): kûz, kutzke, steineule. brem. wb. 2, 903, schon Chytraeus c. 83 kutzken.
2)
Von menschen, die ja vielfach mit vögeln verglichen werden; ursprünglich in bildlicher entlehnung von der natur des kauzes, nachher mit halbem oder ganzem vergessen des vogels in gewissen verbindungen fest geworden.
a)
ein visierlicher (drolliger) kauz. Katziporus D 5ᵃ; ein furchtsamer kauz. das., das thier stellt sich bei tageslicht furchtsam dar und spielt mit seiner blindheit und seinem wunderlichen gesicht und wesen eine drollige figur. die lustigen brüder redet Fischart an: ir schlaftrunkene wolbesoffene kauzen und schnauzhän. Garg. 17ᵃ (16), wol von dem unsicheren bewegen des thiers am tage; der lose kauz nicht kam. Frey garteng. 18 (27);
in summ, er ist ein schlimmer kauz (der böse sohn),
der seine eltern hart beschnauzt.
Ringwald laut. warh. (1621) 273;
nicht lange nach diesem kompt ein dicker starker kauz (bettelnd). A. Pape bettel- und garteteufel Magd. 1586 M 2ᵇ, schon gleich 'kerl' überhaupt, ein allgemeiner begriff der auf vielerlei weise aus bestimmten andern begriffen entwickelt worden ist. so sagt schon Colerus (16. jh.) vom vogel selbst: die kauzen sind seltsame kauzen, haben ihre sonderliche lust an dem tanzen und springen der menschen, sehen denselben so fleiszig (eifrig) zu, dasz sie darüber gefangen werden. hausbuch (1640) 467. So erscheint denn kauz mit bestimmungen wie sie kerl auch hat, und wo da noch an den vogel gedacht sei, ist zu verfolgen nicht möglich: du bist ein wunderlicher kauz, du bist gewiss noch nicht viel unter leuten gewesen. Schoch stud. E 8ᵇ (wie 'närrischer kerl');
wie oft hab ich mit meinem schwert
zerhacket manchen dollen kauzen.
Weckherlin 53ᵇ;
hoho, gedachte ich, disz seind die rechten kauzen! disz seind die vierbeinigte schelmen und diebe. Simplic. 1, 12, er sieht ross und reiter für éin wesen an;
und werden vor begier fast aus sich selbst getrieben,
so bald ein grober kauz ein quodlibet geschrieben.
gar kluge kauzen. Perus 2; ein kurzweiliger kauz. colica 112; der wunderliche kauz habe wol verdienet dasz man ihn etwas vexierte. Chr. Weise erzn. 206; er wolle seinen knecht vor einen hofnarren ausgeben ... Gelanor wuszte was dieser vor ein (drolliger) kauz war und liesz sich den anschlag gefallen. 224; unser kirchschreiber ist ein schlimmer kauz. 274, wie 'böser kerl', s. schon Ringwald vorhin; o du elender kauz, lehre du mich anderer leute hände nachmachen. überfl. ged. (1701) 514; mancher kauz hat mehr als zu lange daran (an diesem capitel) zu lernen. kl. leute 315; den alten kauz recht vexieren. ehe eines weibes 95, wie die vögel den kauz; o ihr guter (d. i. guter dummer) kauz. causenmacher 85; derwegen halte ich dich vor einen verschlagenen kauzen. Pierot 1, 357; ihr männer hier zu lande seid glückliche leute, dasz ihr nichts von den sorgen wiszt, womit sich andrer orten die armen käuze placken müssen, die eine hübsche frau für sich allein behalten wollen. Wieland 8, 258; so oft sie absichten auf die weiber und töchter der ehrlichen blödsichtigen kauze haben, welche gesichter und masken nicht zu unterscheiden wissen. 8, 111, noch deutlich der vogel gemeint, daher auch der umlaut weggelassen; ich bin gewiss ein ehrlicher kauz. 11, 212; Pedrillo ist ein feinerer kauz als ihr euch einbildet! 11, 322; den alten kauzen müssen wir schwänzen. Fr. Müller 1, 340;
fiel auf den kauzen (Söller) nur ein fünkchen von verdacht!
doch er war auf dem ball die liebe lange nacht.
Göthe 7, 102
es musz auch solche käuze geben.
12, 182;
dieser freund war einer der wunderlichsten käuze, die es auf der welt geben kann. 25, 129; brav, alter Fortinbras, alter kauz! 57, 276; ein junger mensch, der einem versoffenen kauz von studenten so ähnlich sahe als ein ei dem andern. Stillings wanderschaft (1778) 186; sagt mir, ihr kauz. J. Paul flegelj. 4, 96; den lustigen kauz mit seinem grünen reisehute. das. (1804) 1, 147; diebin, wie kannst du so sein gegen den alten kauz Siebenkäs? Sieb. 1, 150; den kauz von missethäter. teufels pap. 1, 118; die eitelkeit der menschen ist ein seltsamer kauz. 1, 107; ich wuste wol dasz der kauz (der schlaue buchhändler) die rede nur für einen spasz ansah, der gedruckt trefflich zu gebrauchen wäre. Nepomukkirche 134; heimlich-selige käuze ('närrische kerle'). Fibel 81; da soll, wie ich höre, in Schottland wo ein durchtriebener kauz, mit namen Georg Monk, sich aufhalten. Dahlmann engl. rev. 270; das waren schlaue kauze und wuszten zwischen dem pfarrer und den bauern durchzusegeln. J. Gotthelf 5, 272. vorherschend ist das drollige, possenhafte, aber auch, was damit oft verbunden wird, schlau und verschlagen. ein loser durchtriebener kauz, insignis nequam. Stieler; Steinbach wunderlicher kauz, mirum caput; diesz und närrischer, seltsamer kauz, auch lustiger kauz sind die jetzt gebräuchlichen wendungen, oder 'ich weisz schon was er für ein kauz ist' oder so.
b)
Schottel 1343 erklärt eigenthümlich das blosze kauz possen reiszer, circulator, ebenso Stieler 935 und schon Junius nom (1577) 348ᵃ atellanus, scenicus, ein kauz oder brillenreiszer bei Stieler auch ludius, mimus (s. käuzin).
c)
kauz allein ist aber auch, nach der tagscheuen art des vogels, mürrischer, leutescheuer mensch, so sächs., thür.; schweiz. chûz misanthropos, hominum osor Frommann 2, 483ᵃ. vgl. kauzig.
d)
auch geizhals bedeutet kauz allein, vgl. kauzen 5, c.
e)
reicher kauz bei Frisch 1, 505ᵇ mit einer sinnreichen auslegung: 'weil die reichen leute einen zulauf von schmeichlern haben, so heiszt man sie reiche kauzen', mit berufung auf Keisersberg narrensch. 309; s. folgendes.
f)
Luther in seiner schrift an den adel teutscher nation J 2ᵃ nennt die heiligen geldkauzen: man musz .. die lieben heiligen zu geltkutzen aufsetzen, dasz sie, wie der kauz die vögel, so das geld der gläubigen anziehen, vgl. kauzen 5, a. auch den pabst selbst nennt er so: da sitzt der kauz zu Rom mit seinem gaukelsack und locket alle welt zu sich mit irem gelt und gut. 8, 307ᵇ (Wack. leseb. 3, 1, 208).
g)
aber auch das geld selbst heiszt so: zuletzt kam ich in das allerinnerste gewölb, worinn die rechte kauzen saszen, die ich suchte. da war nicht allein eine menge von schönem silbergeschirr und gemünzten groszen silbernen sorten vorhanden u. s. w. Simpl. 2, 444, wie die käuzlein in altem gemäuer versteckt; die keuze (schätze) auszgehoben waren. Kirchhof wendunm. 185ᵃ, waren weg, die 'vögel ausgenommen'; jenes 'die rechten kauzen' muszte aber eine besonders kräftige feste bedeutung haben, s. sp. 367 unten aus Simpl. 1, 12. auch von käuflicher waare ähnlich: geschwinde (schlaue) gesellen, die eim ihr unware waar einschwetzen, die kauzen alle herausz streichen. S. Frank spr. 1, 140ᵃ, vgl. dazu 3.
3)
den kauzen streichen von schmeichlern, eine schwierige redensart, im 15. 16. 17. jh. viel gebraucht. Brant, von schmarotzern handelnd:
mancher durch liegen (lügen) würt ein herr,
dann er den kutzen strichen kan
und mit dem falben hengst umb gan.
narrensch. 100, 13;
der buben sind vil am hofe die den sünder loben und den kutzen streichen, sie geston (treten bei) dem herren was. er (auch) anfacht, 'gnädiger herr, es ist recht'. Keisersberg post. 147; wer zu eeren kommen will, der musz jederman. den kutzen streichen und die federn von dem ermel lesen und den stob blasen, wo weder federn noch stob ist. 148ᵇ bei Frisch 1, 541ᵃ; allein die da künnen den kutzen streichen 'gnad herr, genad frauw', die kummen hindurch. sünden d. m. 33ᵇ; bei der geisz soltu verston die weiber, die da gern hond das man inen den kauzen streicht, sie lobet und inen eer beweiset. 67ᵇ; wir prediger und vorab die geistlichen sollent uns also halten, das wir frei reden die warheit und beschirmen die selbigen und sollent niemants den kauzen streichen noch niemants klünszelen. 69ᵃ;
das mäl im mund han und doch blasen,
kauzen zu streichen sanft und lind,
den mantel henken nach dem wind.
Kirchhof wendunm. 43ᵇ;
was federlist, den kutzen stricht,
kan sich in jedes früntschaft flicken.
Frank spr. (Zürcher ausg.) 1, 156ᵃ;
da man im liebkoset, zartlet, kitzlet und den kauzen streicht, das thuͦt im wol hinder den oren. (Frankf. ausg.) 2, 171ᵇ; die bluͦmen oder kutzen strichen. 1, 147ᵇ, auch bei Frisch 1, 113ᵃ aus einer andern sprichwörtersammlung;
dort (im jenseits) wurdt man dir den kutzen strichen,
das dir din hirn und kopf wurdt wichen,
wider die fedren widersins.
Murner geuchmat n 1ᵃ (kloster 8, 976).
Johann Doman in seinem warnungsliede an die Hansestädte, nachdem er ihnen ihre üble lage vor augen geführt:
drum laszt euch ungekrauet
und streicht den kauzen nicht.
Wackernagel leseb. 2, 252,
d. i. bildet euch nichts ein, schmeichelt euch nicht selbst, kitzelt euch nicht. Heynatz antib. 2, 211 bringt noch aus einer südd. zeitschrift von 1784 (graues ungeheuer, hornung s. 157): mezen und günstlingen den kuzen streichen. auch Arnim braucht es noch, wol gelernt: der wie alle bediente klug genug war ... seinem herren den kutzen zu streichen, aus welchem ihm schon manches trinkgeld gefallen. 1, 74. es ist noch elsässisch:
so, strîch mer nurr de kuzze (: nuzze),
un mach guet männels, hex!
Arnold pfingstmontag s. 69.
Die nd. übersetzung des narrenschiffs versteht darunter bestimmt den vogel: de de kutzken efte ulen (eulen) striken kan; auch Murner denkt deutlich an den vogel selbst, dem man die federn vielmehr gegen den strich streicht. es ist eigentlich entweder vom streicheln des kauzes gesagt, den sich ein gönner zum vogelfange hielt und den ein schmarotzer liebkost, um sich bei jenem einzuschmeicheln (so Zarncke s. 445ᵃ, vgl. federlesen, und nd. ûlen sôken adulari Dief. 14ᶜ, d. i. motten absuchen von den kleidern), oder gleich vom vogler selbst, der seinen kauz streichelt, liebkosend, begütigend u. ä.; denn ebenso versteht man die gleichbed. redensart den falben (hengst) streichen wol am besten ursprünglich vom reiter, desgl. die blume streichen vorhin, d. i. die stirn des rosses mit weiszem fleck (blume 14), den falken streichen (3, 1270) vom falkner: kunden den falken wol streichen. Aventin 247ᵇ;
den falken kunnen sie streichen,
dieweil wir bei in stahn:
viel sprichwort (spötterei) thun sie treiben,
alsbald wir von in gan.
Görres volksb. 67.
das capitel Murners, aus dem obige stelle ist, hat zur überschrift 'den gouch strichen', es heiszt darin u. a.:
das geuchlin hat gefallen dran,
wenn mans zertlichen strichen kan
den fedren nach ab sanft und glatt,
der gauch aber bedeutet in seiner rede den weltlichen menschen, wie bei Brant der narr, und der kauz wird ebenso gemeint sein, das närrische im menschen (vgl. 'närrischer kauz') wie ein wesen für sich gedacht (wie narr, affe); das bild stellt einen kauz mit der kappe über den augen dar, den ein mann über den rücken streicht. auch bei andern könnte wol 'einem den k. streichen' so gedacht sein, einen bei seinen schwächen kitzeln, die prediger könnten die redensart ausgebildet haben. doch s. auch 5 und 6.
4)
haselkauzen heiszen bei Fleming teutscher jäger 142ᵃ die 'kätzchen' der hasel (Frisch 1, 505ᵇ, s. kätzchen 2); gab es neben kutz auch kauze gleich katze? vgl. auch das sachlich ähnliche kûz pelzhandschuh u. 6, und kotz blütenkätzchen.
5)
im Unterinnthal heiszt kauz und kauzen m. (also stark und schwach, wie der vogelname) die fetthaut unter dem kinn bei starken leuten. Schöpf 308. Fromm. 6, 292; nebenform ist tir. kuonzen, bair. küenzen, küenzel, und einem den küenzel streichen heiszt ihm zärtlich thun Schm. 2, 314 (wie das. das goderl kratzen, das unterkinn), der kauzenstreicher schmeichler auch kunzenstreicher. man könnte jene redensart wol so verstanden haben, aber das kauz unterkinn ist zu wenig bezeugt; es klingt übrigens an koder unterkinn an, vgl. schweiz. küderlen einem schön thun, ihn kirren Rütte.
6)
noch anders kann man sie schweiz. verstanden haben, dem federlesen ähnlich; dort gibt es ein chûza, d. i. kauzen, und kûz m., pl. küz (in den formen also wieder dem vogelnamen gleich), eine art handschuh, der ärmelartig nur den handrücken bedeckt, muff, 'schlupfer' (auch obscön naturalia mulieris), wol von pelz, worauf der obscöne gebrauch deutet, etwa katzenpelz (vgl. 4 und kutz)? so ist bair. mutze katze, katzenpelz und pelz überhaupt, und mit dem verwandten mudel von gleicher bed. heiszt es wieder auch das mudel streichen, wie 'den fuchsschwanz streichen', schmeicheln Schm. 2, 553; doch mag da auch die katze selbst gemeint sein, wie u. 3. dasselbe scheint ein nrh. kûtsch f. mütze Aachener mundart 135; s. auch kauzhut. Es berührt sich mit kotze zottige decke, und mit dem unter kaute sp. 363 berührten alten wortstamm, denn Stalder gibt für kûz m. struppiges haar, s. kauzig 3, struppig.
7)
eigen ist ein kauz brot, holz, groszes, derbes stück, sächs. (Oschatz, Chemnitz); nordböhm. ebenso kaunz oder kaunzen brot Fromm. 6, 173 (zu dem n vgl. unter kauzen 2), vgl. deutschungr. als n. kitzen brot, stückchen Schröer 69ᵇ, nachtr. 36ᵇ.
8)
nachträglich zu 1: für den vogel kauz finden sich auch im sl. anklingende namen, sloven. čúk (vgl.čóp eule mit ahd. hûf), vgl. böhm. čujík, russ. syč'', böhm. sýc kauz.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1865), Bd. V (1873), Sp. 366, Z. 29.

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„kauz“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/kauz>.

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