Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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keichen, keuchen

keichen, keuchen,
anhelare, mhd. kîchen (ahd. noch nicht gefunden); verwandtschaft und ursprung s. u. 3 sp. 437.
1)
die formen. gegenwärtig herscht keuchen vor, in älterer zeit dagegen, ja bis tief ins 18. jh., herschte keichen, und keuchen zeigt sich selten. keichen haben die älteren wbb., der voc. inc. teut., der voc. th. 1482, die gemma gemm. (auch noch kychen halare, Dief. 20ᵇ), Trochus u. a. wbb. des 16. jh. (s. Dief. 56ᵇ s. v. asthma), Maaler (auch kychen 258ᶜ), Schönsleder, Denzler, Rädlein, Steinbach u. a. keuchen z. b. bei Fischart, Gäbelkhover sp. 439; von wbb. gibt nur Dasypodius keüchen 9ᵈ. 362ᶜ, aber auch keicher, keichig 9ᵈ; bei Stieler 793 keuchen und keichen, wie z. b. Opitz beide braucht. noch Adelung setzt keichen (das Gottsched noch allein anführt) als das regelrechte an, dazu: 'im oberdeutschen und selbst bei einigen hochdeutschen schriftstellern in der höhern schreibart keuchen'. so nahm Göthe, der erst keichen schrieb, später keuchen an, z. b. im Götz, Werther, und gegenwärtig sieht man wirklich keuchen als das bessere, edlere an (ja kleinere wbb. lassen jetzt keichen gewöhnlich ganz weg), ohne ersichtlichen grund; Schiller schrieb keuchen (schon in der anthologie, z. b. s. 60 Bül.), ist das der grund? und wo hat keuchen eine landschaftliche heimat? es scheint übrigens altberechtigt, s. Keisersbergs küchen u. 3, e sp. 438 und die ausführung dort.
2)
bedeutung.
a)
die herschende bed. ist laut und stark oder schwer atmen: keichen, tisicare, sicut pueri flentes tisicant. voc. inc. teut. (tisicus ist phthisicus, schwindsüchtig); da giengen die bösen mit den guͦten weiberen zuͦm altar mit irem opfer, trungen sich zuͦ dem altar das sie keichten. Eulensp. c. 31; denn er, eine feiste und dicke person, anfieng zu keichen (beim treppensteigen). Kirchhof wendunm. 123ᵃ; ein sittiger mensch leszt im am geringen genügen (im essen), drumb darf er in seinem bette nicht so keichen. Sirach 31, 22, ἀσθμαίνειν, in unruhigem schlaf schwer atmen, vgl. v. 24; (schlemmen so lange) bisz wir in der hell stecken und keichen wie die schlachtschaf, psalm xljx (v. 15). Frank trunk. K 3, vor fett, wol in erinnerung an Sir. 31, 22; wenn der fuchs den hasen nit weit von dannen zu sein vermerkt, so verhebt (verhält) er den athem, dasz er weder schnaufe noch keiche. Heyden Plinius 254;
ein solches hin und wider laufen,
ein solches keuchen schwitzen schnaufen.
Fischart Garg. 284ᵃ (535 Sch.),
das werde vorkommen in der prophezeiten revolution, von höchster kraftanstrengung gesagt, vergl. c;
der mensch, das edle thier,
wohnt fast gesund und frisch in seinem leibe hier,
so lange luft und blut behalten ihre gänge.
wo aber diese schon durch krankheit in die enge
getrieben worden sind, geht angst und keichen an.
Opitz 1, 39;
es (das pferd) springt und bäumt sich auf, schäumbt, wigert, schnäubt und keicht.
1, 95;
o liebster, was bedeut der matten lungen fecheln,
das so geschwinde (heftig) keicht?
ach! liebste, schaff doch rath! es ist um uns gethan.
so schrie das ungeheur mit untermengtem keichen.
da hinter ihr Cleanth bestäubt und keichend lief.
Uz (1768) 2, 192;
wie nach dem arzt ein siecher, der sonst schleicht,
in hoffnung schneller geht und hoffend seine schmerzen
nicht fühlt, noch merkt wie sehr er keucht,
bis er des arztes haus erreicht.
Gellert (1784) 1, 217;
mit keichen stolperte der pferde müder trab.
Zachariä renomm. 1, 22;
in der that lachte er so laut, dasz er wegen seines kurzen athems, der eine folge seines gewaltigen wanstes war, eine gute weile keichen und husten muste, bis er wieder reden konnte. Wieland 12, 250;
lief keichend hin und her und hatte viel zu thun.
Musarion (1768) 50;
so thut ein bote keichend kund.
Stolberg 9, 351;
ach gott, so herrschen überall
zerstörung, tod und leichen?
so hör ich dann des todes qual
aus jedem busen keuchen?
Schubart (1787) 1, 221;
beide rosse (im reiterkampfe)
keichen, durch und durch im schweisz.
Herder Cid 36;
und blies es mit keichendem athem in flammen.
Voss idyll. 15, 50;
keuchst du, o bock? nur gemach, zum Blocksberg kommen wir zeitig.
12, 1;
und keuchend lag ich, wie ein sterbender,
zertreten unter ihrer hufe schlag.
Schiller Wallenstein 1800 2, 56;
unter diesen vorbereitungen kam Baunet hinauf gekeucht. Arnim 2, 375;
nicht springt das reh und keuchet,
wenn man in ruh es läszt.
auch die lenden, der bauch keuchen, wie sonst die brust:
nie brach sein felsenfestes knie,
nie keuchten seine lenden.
Schubart (1825) 1, 223;
komm, lachen,
die hände gestämmt in keuchende seiten.
deshalb faszt Hercules den Anteus in der mitte wo die rippen sind, hält ihm die hände hinterwärts zusammen, stemmt den ellenbogen gegen den keuchenden bauch (des gegners) und stöszt ihm die seele aus. Göthe 39, 60, der bauch nimmt in dieser höchsten anstrengung theil am atmen, geht keichend ein und aus (das lat. ilia ducere, trahere), vgl. kittbauchen.
b)
den keichhusten haben: so ein pferd keicht, dem gib drei tag rockenkleien zu essen, es wird davon gesund. Albrecht rossarznei 1542 33; s. das keichen, keicher. im voc. th. 1482 keichender sichtag (d. i. krankheit), asma. q 2ᵇ. o 3ᵇ (an letzter stelle auch kiechender sichtag, vgl. 3, b). noch bei Adelung keichen für ein gewisses husten, den ganzen tag keichen, mit engbrüstigkeit husten.
c)
keichend arbeiten, sich aufs höchste anstrengen, vgl. werken (arbeiten), das si keichen Soltau 2, 194 und 'das ich kaucht' sp. 305:
ouch understund si (Eva) gott zu glichen.
des must si leider schendlich wichen,
denn gott zu werden nimpt (verlangt) vil kichen.
Murner geuchm. 1027 Sch.;
ein geuchin settigen nimpt vil kichen.
945,
ein närrin, bulerin zu befriedigen 'ist ein saures stück arbeit' wäre es etwa zu übersetzen; so heiszt ein nl. zwoegen, keichen, auch stark arbeiten.
ich aber eilt mit groszem keichen
aus diesem holz.
H. Sachs 1, 539ᵇ;
da grub er tief und schwitzt und keichte.
Hagedorn 2, 141;
(während) Christian niedliche körbchen flicht mit keichendem fleisze.
Stolberg 1, 378;
nur die galeerensklaven kennen sich,
die eng an éine bank geschmiedet keuchen.
Göthe 9, 241;
ich (Götz von Berl.) habe euch schon genug schwitzen und keichen gemacht, eh ihr mich erwischtet. 42, 149; republicaner! ziehen ihre freiheit am joch, keuchen wie lastochsen unter ihrer aristokratischen herrlichkeit. Schiller 155ᵇ.
d)
bildlich nach vorigem und anders: sein ganzes leben lang unter dieser last (der gelübde) oder unter der weit niederdrückendern bürde des gewissens muthlos zu keichen! Göthe 42, 15, in der ersten gestalt des Götz, in der späteren keuchen 8, 14;
wie wird mir so herzlich bange,
wie so heisz und wieder kalt,
wann in diesem sturm und drange
keuchend meine seele wallt.
Bürger (1789) 1, 173;
wer (je) in solchen lagen keuchte, kann sich H.s alpdrücken in der seinigen denken. J. Paul uns. loge 2, 123; weil man gerade da in alumneen, schreibstuben und anderen gifthütten keucht (schwer atmend lebt). 3, 138; die keuchenden thorflügel thaten sich auf, als wenn sie durch den jammerton den sie hören lieszen, den eintretenden fremdling warnten oder beseufzten. Musäus volksm. 464, trefflich vom knarren der schweren thüren.
e)
keichend verlangen, von heftiger begier:
den mund hab ich begierig aufgethan
und ganz gekeucht aus innigem belieben
nach deinem wort.
Opitz psalm 119, 66.
so ist nl. hijgen, keichen, auch gierig verlangen, und Opitz hatte das vielleicht in gedanken, oder lat. anhelare.
mit stillem geist fleh ich zu dir
und nicht mit stürmender begier
keicht deines dieners brust.
Uz 1, 132.
f)
keichend laufen, gehen u. a.:
sie flog voran, Apollo keichte
ihr hizig nach.
wie unverdrossen .. der unglükliche unter der bürde seinen weg fortkeicht. Göthe Werther 1775 s. 19, in den werken 16, 16 keucht, bildlich, wie unter d; seine verfolger keuchen athemlos nach. Schiller 712ᵃ;
sie taumelt' und keuchte zu boden hinab.
Bürger 35ᵇ;
endlich keuchten zwei kinder daher. J. Paul Hesp. 1, 170;
wir konnten nicht weiter keuchen,
erschöpft war unsere kraft.
es keucht der wanderer in schwerer sonnenhitze einen steilen hügel hinan. Gotthelf 5, 156.
g)
keichend sagen, rufen, melden u. ä.:
sie keichten dem lager die schreckende botschaft.
Wieland 16, 71;
ja palinodien will ich singen, aber nicht mit der belegten brust womit ich beleidigungen keiche. Hamann 3, 125; sie keuchte ein mühsames solo. Klinger 3, 31, sang keuchend; 'der sultan tritt schon aus seinem pallast!' keuchte ein kurier. 10, 82; hat ihn der wein erhitzt, so musz ich brausende lieder mit ihm keuchen. theater 3, 145;
kam halb athemlos
ein bote dampfend heisz und keucht' hervor
die grüsze seiner herrin Goneril.
könig Lear 2, 4;
wolkenschlachtmusik die lauten winde keuchten.
Lenau neu. ged. 192.
Wenn in allem bisherigen der begriff das schwer atmen war, zeigt sichs einzeln doch auch in verwandten andern begriffen.
h)
atmen überhaupt. so appenz. bei Tobler 101 chîcha, dazu chîch m. atem, s. sp. 434; engbrüstigkeit wird bezeichnet mit gnueg zchîcha hâ, viel atmen müssen; auch so: er mos nüd chîcha, ond er chond (kommt) als öber, er darf kein wort sagen und erhält alles, braucht nicht einmal zu hauchen, so geschieht ihm sein wille (vgl. kicken). und das wird alt sein, gewiss schon ahd. chîchan, zumal das wort starkformig ist, s. 3, b. Keisersberg braucht keichen für hauchen: wer da in todsünden geweicht (geweiht) würt, der empfacht nit den heiligen geist durch das keichen und blasen des bischofs, aber (sondern) den bösen geist. narrensch. 144ᵇ, also gleich kauchen.
i)
keifen? es klingt sachlich dem keichen ähnlich:
mir ist dein schnauf ein jauf,
waʒ geb ich uf dein keichen?
Beheim, s. Germ. 3, 311,
in der abfertigung eines gegnerischen meistersingers, doch könnte keichen da in gewöhnlicher bed. gemeint sein als verächtliche bezeichnung des singens, wie schnauf 'schnauben'. merkwürdig auch im cimbr. wb. 133ᵇ 'gakaichach n. cachinno' (sonst das. kaichen keuchen), also berührung mit kachen cachinnari, s. 3, e a. e.
3)
Verwandtschaft und ursprung geben allerlei fragen auf.
a)
keichen ist auszer dem hd. gebiete selten zu finden; ich finde nur nl. kichen (s. c), norw. kikje (z. b. han log so han kikte, er lachte so dasz er keichte) Aasen 210ᵇ, und schwed. kikna; dazu norw. kikjehoste keichhusten, schw. kikhosta, dän. kighoste, aber hier kein kige keichen. wenn das dän. wort also zugeführt scheint, etwa durch ärztlichen einflusz, läszt sich das von dem norw. doch schwerlich denken. genau entsprechen aber auch diese unserm keichen nicht, s. c. auffallend, dasz auch ein nd. kîchen nicht vorhanden ist.
b)
unser keichen aber wird einzeln als starkformig angegeben; so aus Sachsen von Schmotther (1726) 2, 382, praet. kiche (für kich), part. gekichen (wie keife kiff gekiffen). das gilt noch in der Elbgegend bei Riesa ('heute hab ich aber derb gekichen' klage einer botenfrau über schwere bürde), bei Rosswein (z. b. er kam gekichen), auch an der grenze des Osterlandes, bei Lucka. auszerdem gibt aus dem Appenzell Tobler 101ᵇ part. praet. kicha, kecha, d. i. g'kichen. und das scheint keine launenhafte neubildung, auch das folgende wort spricht für ein altes starkes verb, von dem es mit dem vocal des plur. praet. abgezweigt wäre.
c)
folg. kichen scheint kurzen vocal zu haben:
ich wolt sie schlagen, sie solten kichen,
wenn sie nicht weren abgewichen.
Ambr. Pape Christiani hominis sors etc. L 1ᵃ,
der verf. war pfarrer im Magdeburgischen, das buch ist 1617 'zu Hall in Sachsen' gedruckt, gemeint ist doch keichen, aber schwerlich kîchen, es musz eine md. landsch. nebenform sein; des fuchses lunge ist gut vor die milzwehe und das kichen (s. das keichen). Rein. fuchs Rostock 1650 s. 357. so ist das 'kiechender sichtag' sp. 436 im voc. theut. vielleicht auch kein druckfehler. du kichst, er kicht, hat gekicht sagen auch sächsische bauern bei Lucka, Kohren u. a., wenn das nicht jene kürzung des langen vocals ist, wie im nd. z. b. kœpe kaufe, aber köfst kaufst, köft kauft, kofde kaufte Schambach 109ᵃ; denn man sagt dort nicht kichen, nur keichen (ebenso dort keifen, aber kiffst, kifft, vgl. auch unter kriegen bekommen). aber bestimmt tritt kichen keichen mit kurzem vocal nl. auf bei Kilian, Binnaert, dazu kich asthma, kicher asthmaticus, kichhoest, auch kickhoest, kieckhoest. auch das norw. kikje, schw. kikna haben wol kurzen vocal. nahe steht auch ein nd. westf. kicken hauchen (Woeste in Kuhns zeitschr. 2, 87), im sinn dem appenz. chîcha vorhin entsprechend, im vocal diesem kichen (s. kicken).
d)
verwandt sein musz auch nl. kinken gleich kichen difficulter spirare (auch leviter tussire, singultire) Kil., engl. schott. kink, dazu schott. kink hustenanfall, bes. von keichhusten, der kinkhost heiszt, engl. kinkhaust, auch nl. kinkhoest Kil., und nd. kinkhôst; es ist derselbe stamm, mit eingeschlichener liquida zwischen vocal und stammauslaut, wie in ags. cancettan cachinnari neben ceahhettan (sp. 14). das schott. kink heiszt selbst auch schütternd lachen, cachinnari, schon ags. cincung cachinnatio, ablautend mit canc cachinnus sp. 14; diesz lachen klingt dem keichen ähnlich, und ebenso berührt sich bei uns jenes kichen keichen mit kichern, ja eine ausg. der gemma gibt selbst kicheren halare Dief. 20ᵇ (s. dazu keichig a. e.), und umgekehrt deutet das cimbr. gakaichach cachinno u. 2, k a. e. auf ein altes kîchen kichern. so berühren sich schott. kigher kichern und kighle hüsteln, kigh kitzelhusten, letzteres gleich dem nl. kichen. vgl. e am ende.
e)
keuchen ferner steht gleichfalls in einem weitergreifenden zusammenhange. zunächst mit kauchen hauchen; das keichen ist ja nur ein hörbares starkes atmen, hauchen, und wie das schweiz. chîcha blosz atmen heiszt, so umgekehrt kûchen bei Frauenlob und kauchen bei Fischart und noch am Rhein keichen (s. sp. 305); Frauenlobs kûchen könnte sogar nach md. art als hd. kiuchen gemeint sein. bei Keisersberg aber findet sich küchen als hauchen: in dem atham erschin der h. geist .. da der herr sprach nach seiner urstende zu seinen jüngern und küchet in ir antlit. brös. 88. alle drei gestaltungen des vocals zeigen sich noch oberd. nebeneinander in kauche, keuche und keiche kerker sp. 434; s. auch keistern. Aber auch die vocalkürze unter e wiederholt sich bei keuchen, in nl. 'kuchen, kichen, anhelare, tussitare' Kil., auch 'kucher tussitor, anhelator, asthmaticus', nd. im brem. wb. 'kuchen (kurzes u), hamb. kücheln, husten, keichen, kuchhôst schwindsüchtiger husten'. diesz 'husten' darf nicht irren, manches husten klingt dem keichen gleich, z. b. eben der kuchhôst, s. das nl. kinken, schott. kink vorhin, und keich keichhusten; dem nd. kuchen (auch köge subst.) aber entspricht engl. cough husten, altengl. coghen, cohwe, cowge, schott. keuchle. So entsprechen sich denn genau mhd. kîchen und kûchen, und md. nl. kichen und nd. nl. kuchen so, dasz sie alle von éiner grundbedeutung des keichenden klangs ausgehn, sich im gebrauch zwar verzweigt haben, aber noch erkennbar zusammenhängen, ja in einander verflieszen; und zu grunde liegen ihnen deutlich zwei schwesterformen éines stammes, ein starkes verb mit dem ablaut î ai i und eins mit iu au u, und beide müssen in vorgeschichtlicher zeit den hd. wie den nd. sprachen eigen gewesen sein, der eine aber lebt noch heute in bauernmunde in den Schweizerbergen und in der ostmitteld. ebene. nahe berührung aber hatte jener stamm mit einem anderen alten stamm, der bis nach Indien zu verfolgen ist, mit kachen laut lachen (skr. kakh und ghaggh, s. sp. 14), mit dem er auch das gemein hat, dasz das ch gleichmäszig auf der nd. wie der hd. lautstufe gilt. diese berührung tritt deutlich auf in bair. kächezen, sächs. kächzen keichen, vgl. d und kackezen, letzterm entsprechend sächs. kecksen trocken husten, auch kacksen (Chemnitz), keckse f. schwindsüchtiger husten.
f)
aber noch mehr bietet sich hier dar zu bedeutsamer aufhellung der geschichte eines wortstammes. wie engl. cough jetzt coff gesprochen wird, so heiszt das nd. kuchen, husten, keichen auch kaffen brem. wb. 2, 890, kiffhôst ein trockner husten 767, schott. kiffle kitzelhusten, auch als verb (ganz gleich kighle), schwed dial. kifta schwer atmen, keichen, auch kipa, kaipa (ai gleich î), vgl. östr. kempfen hüsteln Höfer 2, 126 — das heiszt der germanische ahn von keichen hatte eine nebenform mit lippenlaut statt kehllaut hinter dem vocal. und auch die nebenform mit dem zungenlaut fehlt nicht: ein schweiz. vorarlb. kitten heiszt keichen Stald. 2, 104. Fromm. 3, 299, s. kittbauchen, vgl. kittern kichern. bedeutsam aber ganz ohne consonantauslaut schwed. dial. kia keichen, schnaufend atmen nach schnellem lauf. Rietz 317ᵃ. s. dazu sp. 6.
g)
noch mehr, auch gleichbed. wörter mit anderm, aber verwandtem anlaut treten herzu, die man nicht aus dem groszen zusammenhange wird reiszen wollen: hiechen keichen Stieler 793, heichen Schottel 1343, nd. hechen Woeste volksüberl. 9 9, nl. hijgen keichen, schott. hech, hechle, heghle, sie stehn neben keichen, kichen, ganz wie hauchen neben kauchen, s. dazu sp. 306. 349. auch die form mit dem u-vocal fehlt nicht: engl. hough to breathe hard, to pant Halliw. 462ᵃ, schott. hauch (vgl.kauch sp. 306), im sinn zu keuchen stimmend, in der form zu hauchen. und mit zungenlaut schweiz. hitmen keichen Stalder 2, 42, wie kitten unter f. und dieszmal erscheint auch die dritte mögliche nebenform dieser art: niederrh. geiche keuchen Aachner mundart 65, westf. gîgen Kuhns zeitschr. 2, 201, nl. 'ghijghen, it. hijghen anhelare' Kilianalso, wie es scheint, eine alte abwandelung eines stamms im anlaut nach den drei lautstufen (vgl. J. Grimm unter flarre, fratem, base, bregeln, und 3, 1248). wie aber nl. kichen unter d auch singultire, schluchzen bedeutet, mögen auch schweiz. hicken schluchzen, nl. hikken, schott. hick, engl. hiccough (auch heuks subst. Hall.) daher gehören, wieder auch mit g gichzen, wetter. gîxen Dief. 536ᶜ (gickshusten keichhusten), mit zungenlaut am ende bair. hetschen, schweiz. hitzgen. weinendes schluchzen ist eine art keichen.
h)
endlich noch eine andere ausbildung des auslauts, mit S: keischen tisicare Dief. 585ᶜ aus einem voc. inc. teut., noch bei Leipzig, ostthür., voigtländ. keischen, auch keuschen keichen, mhd. kischen oder kîschen Martina 224, 57, schwäb. gischern schwer keichen Schmid 463, osterländisch keschen und geschen keichen, engl. hisk schwer atmen Halliwell 451ᵃ, nhd. hischen, heschen schluchzen, schweiz. higschen, hixen, auch gischen schluchzen Diefenbach 536ᶜ, schwed. kixa keichen, ostthür. kîxen, also wieder h- g- und k- nebeneinander. s. auch keichsen, und keistern, dann gieben, giebsen. Welche überwältigende fülle von zweigen und zweiglein éines stammes, mit welcher bildungskraft haben die deutschen sprachen ihr überkommenes pfund verwaltet; und das vorliegende ist weit entfernt alles zu erschöpfen.
i)
zuletzt ein hinweis, wie reich auszerdem die benennung derselben sache ist; Adelung sammelte nd. ausdrücke fürs keichen: piechen, prichen, hachpachen (alle auch mit ch), häsepesen, heisapen, hastebaffen, himen, helchen (mit anl. h wie heichen), anken, janken u. s. f.; das oberd. hat aber gleichen reichthum, bair. allein pfnechen, pfnausen, pfnausten, pflâsten, pflurschen, pfuchzen, pflechsen, rodeln, schlebauchen (s. kittbauchen) u. a.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1865), Bd. V (1873), Sp. 434, Z. 69.

keichen, n.

keichen, n.
der infin. als subst., gleich keich, asthma. Steinbach, keuchen tussitatio Stieler: groszkletten die wurz in wein gesotten und getrunken ist fast gut für das keichen. J. Tallat von Vachenberg arzneib. (Erf. 1532) 22; beinhülzin blütwasser getrunken ij lot ist fast gut für das keichen der lungen. Barth. Vogter, wie man alle gebresten .. arzneien soll mit ausgeprannten wassern. (Erf. 1532) 19; ein bewehrt stuck für das keuchen und enge der brust. Gäbelkhover arzneibuch (Tübingen 1599) 186; so ein pferd engbrüstig ist und das keichen hat. Tabernaemont. (Basel 1664) 587; keichen aus melancholie. Wirsung arzneibuch, herausg. von Tabernaemontanus (1597) s. 260.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1865), Bd. V (1873), Sp. 439, Z. 18.

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„keichen“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/keichen>.

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