Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

Es wurden mehrere Einträge zu Ihrer Abfrage gefunden:

lassen, verb.

lassen, verb.
sinere.
A.
Formelles und etymologisches.
1)
das verbum ist als ein reduplicierendes über alle deutschen dialekte gleichmäszig verbreitet: goth. lêtan, prät. lailôt; alts. altnfr. lâtan, prät. lêt und liet; mnd. laten, prät. leit; mnl. und nnl. laten, prät. liet; ags. lætan, prät. leort und lêt; altengl. mittelengl. lete, prät. leet und lete; neuengl. let, prät. let; fries. lêta, prät. lît und lêt; altnord. lâta, prät. lêt; schwed. laͦta, prät. lät; dän. lade, prät. lod; ahd. lâʒan, prät. liaʒ, lieʒ, lêʒ; mhd. lâʒen, prät. lieʒ. Der lange stammvocal hat sich, wie im engl., auch in der nhd. schriftsprache verkürzt, und diese verkürzung musz in der letzteren schon frühe ihren anfang genommen haben, wenigstens deutet sie eine schreibweise des 15. jh. an: lassen, linquere, sinere, mittere, relinquere. voc. inc. theut. m 1ᵇ; allgemein wird sie sicher erst allmählich, denn noch bis ins 17. jh. reimen dichter mit vorliebe lassen auf langes a:
Insbruck! ich musz dich laszen,
ich far dahin mein straszen.
Uhland volksl. 131;
und wenn jhr jhn (den arzt) wolt holen laszen,
so fordert er gelt ubermaszen.
froschm. G 2ᵃ (1, 1, 9);
dasz must wir gott von himel klagen,
dasz jhr ein keiserthumb wolt laszen,
euch dieser heidin thun anmaszen.
Ayrer 206ᶜ (1028, 22 Keller);
dasz er aufs euszerst dann sich meiner woll anmaszen,
und mich von ihnen nicht gefangen nehmen laszen.
D. v. d. Werder Ariost 9, 54;
vergl. den reim underlasz: winkelmasz F. v. Spees bei Wackernagel leseb. 2 (1876) 421, 2; noch heute wird, wie niederd. lâten, im östlichen Mitteldeutschland, in Hessen (Vilmar 234 unter kutzelkopf), Düringen, Obersachsen, Schlesien, ebenso in Berlin, volksmäszig lâszen gesprochen, im süden in Baiern (Schm. 1, 1504 Fromm. gegen kärntn. lassen Lexer 173); im alemannischen sprachgebiete hat verdumpfung des langen vocals seit lange stattgefunden, schwäbisch zu au (vgl. Schm. a. a. o., laͮszen in alten drucken, z. b. N. v. Wyles):
ich naig mich fur dich uff die knie,
lauʒ uʒ meins herzen senende pein!
Keller altd. ged. 243, 20 (handschr. des 15. jh.);
schweizerisch und elsässisch aber zu ô: all decki und lilach sol er lossen ligen. Basler bischofs- u. dienstmannenrecht s. 25, 8, 14 (14. jh.); (man soll) ieden by sinnem gluben (seinem glauben) ungetratzt und ungeschmecht, fry blipen losen. Basler chron. 1, 60, 7; das lutter und clor ewangelium .. fry predigen losen. 66, 9; kumm, losz uns leichtsinnig sein. Wickram rollw. 76, 21 Kurz;
es ist fürwar ain raine stimm (die ich höre),
daraus ich leichtlich wol vernim,
das es nicht sein kan etwas gros:
deshalb ich mich wol zu jm los (mich zu ihm begebe).
Fischart flöhhatz 52;
jetzt mit kurzem o losse, soweit nicht contrahierte formen (unten 3) statt haben:
mit freudigem brusche
nimmschs in d'arm, und loschs nit goh.
Hebel 1 (1853) 107;
er loszt en um kei pris am grab verbei.
141;
losz du lebe, was gott will.
147.
2)
vereinzelte abweichende formen. neben dem imperativ lasz auch lasse, schon mhd.:
nu ahte
unt trahte,
wie ich dîn eigen bin,
unt lâʒe
die strâʒe
mir noch ze wunne zemen.
minnes. 1, 139, 16 Hagen;
nhd. ich wil dich wol regiren, schützen und retten (spricht Christus), lasse den bapst, keiser, gewaltigen, gelert, weise und klug sein, aber folge du jnen nicht. Luther 8, 307ᵃ;
lasse, ja lasz dich nicht den wein und die weiber bethören.
Birken in Wackernagels kl. schr. 2, 54;
lasse mich, îm blauen,
ausgespannten himmelszelt
dein geheimnis schauen.
Göthe 41, 339.
für liesz die präteritalform lusz: adi 6 julio luos ich mich also krank und schwach uff ainem hetzwagen (jagdwagen) gen Cöln füren. quelle bei Birlinger schwäb.-augsb. wb. 230ᵃ;
si luszen in (sich) ain halbes kälblin sieden.
Uhland volksl. 702;
bair. luesz Schm. 1, 1504 Fromm.; kärntn. luess Lexer 173; appenzell. luesz neben liesz Tobler 304ᵃ; auch in Düringen und Meiszen hört man lûsz neben lîsz. ebenso schottisch prät. loot, part. prät. looten Motherby 1, 113ᵇ; dän. lod, s. oben unter 1. schwache formen erscheinen: kärntn. lassat neben luesz liesz, part. prät. gilat neben gilassen (Lexer a. a. o.), wie mhd.:
daʒ mich gelâʒet hât daʒ hâr.
edelstein 75, 27 nach handschrift A;
ich hab gelâʒet êre und guot.
85, 49 nach derselben.
3)
contrahierte formen. ahd. ist nur der imperativfür lâʒ bezeugt: lâ dich hera nider, mitte te deorsum. Reichenauer gl. bei Graff 2, 307; lâ dich sîn lusten. Notker ps. 36, 4; lâ mih dîne stimma vernemen! Williram lxxvii, 19; mhd. ist gebräuchlich infin. lân neben lâʒen, präs. ich lân, dû lâst und læst, er lât und læt, plur. lân, lât, lânt; imper. lâ (und aspiriert lâch), plur. lât; prät. lie neben lieʒ, plur. lien, part. gelân (mhd. wb. 1, 944ᵃ. Lexer 1, 1843); auch mnl. (entgegen der behauptung gramm. 1², 971):
die werelt wil ic varen laen
ende ic wil Jesum kiesen.
hor. belg. 10, 112;
si wil die werelt varen laen.
113;
ebenso mnd.:
des scal me on genêten lân.
Vruwenlof 69. 115 Schröder;
hyrum lât uns einen heren keisen.
Theophilus 68 Hoffm.
in das ältere und das alterthümelnde nhd. sind manche solcher contrahierter formen übergegangen, so der infinitiv lân:
ich will mein har nit binden,
ich will es hangen lan.
Mittler d. volksl. nr. 16, 5;
stelts drumb jedem frei auf dban:
wems nit gfallt, mag es faren lan.
Fischart dicht. 2, 336, 186 Kurz;
so soll sie jhn drauf bleiben lahn,
als ob man jhn nicht sehen kan.
J. Ayrer 401ᶜ (2016, 26 Keller);
der goldtschmidt lebet in armut,
so het sein tochter groszes gut,
drumb sollt ers nicht lan walten.
Adrian mittheil. 381 (von 1604),
von jhn sein vatter und mutter
zur schul geschicket han,
lag er in solchem luder,
und wolt nicht darvon lahn.
386 (von 1605);
noch wolt ich nit lan ab.
P. Melissus bei Opitz Aristarch (1624) 165;
mit verdunkeltem vocal lon (vergl. oben 1):
darumb will ich iez stille ston
und den singer zuͦ mir einher lon.
Uhland volksl. 10;
also will ichs nun forthin bleiben lon,
dem lieben gott befehlen thun,
ey bin ich denn schabab, das ist jetzund mein lohn.
Mittler d. volksl. nr. 712, 7;
sie soll den goldtschmid fahren lon,
der reich stattschreiber het ein sohn,
diesen wolt er jhr geben.
Adrian mittheil. 381 (von 1604);
präsentiale formen:
er lat sin sunnen bschinen
die ganze welt.
Uhland volksl. 896;
was du lieber hast denn got, das laut dich. Keller altd. ged. 241, 28 (handschr. vom j. 1463); unser teil und unser erb ist gott, wer sich mit disem teil nit benuegen lot, der ist zuo vil gytzig. Keisersberg bilg. A 2ᵇ; zuom .xix. lot er (der pilger) syn schatz nit sehen. A 3ᵇ;
lat irs, dasz ich si hin aus stosz?
fastn. sp. 437, 17;
der stock soll sein bestriechen
mit edlem thymian:
wans nur das kräutlein riechen,
sie gern sich halten lan.
Spee in Wackernagels leseb. 2 (1876) 423, 8.
imperativ: la sechen, wie die nachtigalle unser tochter heint hat wol slafen machen. Steinhöwel decam. 337, 6 Keller; o wee nain, o wee nain lieber vatter, lond sie dausz (laszt sie weg). Keisersberg has im pf. c 1ᵃ;
lat euch mein gedänkh zerlöszen.
Püterich bei Haupt 6, 36, 23;
darumb so land uns danken
dem trüwen gott
umb käs, eier und anken.
Uhland volksl. 896.
part. prät. gelan, lan und lon:
(die jungfrauen) die das krenzlin hand machen lon,
die rat und tat darzuͦ hand ton.
Uhland volksl. 11;
sie dankten got auch sonderlich
der jnen hat so gnädiglich
sein gschöpf zu der fart dinen lon.
Fischart dicht. 2, 197, 705 Kurz;
er hett schier fallen lan das buͦch.
395, 288;
den ring von ihrer weiszen hand
hat ins meer sie fallen lan.
Uhland ged. 413.
diese contrahierten formen leben in den oberdeutschen dialekten zum theil noch heute: bair. schwäb. inf. lân, laun, präs. i lâ, imperat. lâ, prät. lie, part. laun, glauen Schm. 1, 1504 Fromm.; laun lassen, launt, lient lasset Schmid schwäb. wb. 344; alemann.lassen, glô gelassen Tobler 304ᵃ; es laht sih nit gspasse mit sellige sache. Gotthelf Anne Bäbi (Zürich 1866) s. 343;
steine lömmer (lassen wir) liegen.
Hebel 1 (1853) 107;
im augeblick se lön sie alles stoh.
113;
zletzt het no der friede ne pack maroden im land glo.
144;
lönt mi ellei goh!
147;
mer lön is (wir lassen uns) nit brichte.
150.
4)
über die doppelform des part. prät. gelassen und lassen vgl. unten B, II, no. 12.
5)
der nächste verwandte zum verbum lassen ist das adjectiv lasz, goth. lat-s, ags. lät, altnord. lat-r, ahd. mhd. laʒ faul, träge, eigentlich zurückstehend, wie mhd. laʒe höriger (vgl. oben sp. 212), und ahd. laʒôst, leʒist, alts. altnfr. letist, zusammengezogen lazt, lezt, mhd. leʒest, lest letzt, ferner mhd. letze verkehrt, unrichtig, letze hemmung, schutzwehr, ende, abschied, darthun. das adj. mhd. laʒ steht zu lâʒen wie mhd. slaf schlaff zu slâfen schlafen, und das lange a des verbums ist entweder ersatz einer sehr früh geschwundenen nasalierung des stammvocals a in der präsensform, oder product zusammengezogener reduplication, die bei intensivbegriffen in der stammsilbe gewaltet hat (vgl. Bopp vergl. gramm. 3, 108 ff.). als urverwandt gilt litt. leidmi, leisti lassen (Fick² 539), und das latein. lassus, wenn es für lad-tu-s steht (ebenda).
B.
Bedeutung und gebrauch. Zu sondern ist die ursprünglichere verwendung von lassen als intransitives oder transitives verbum, und seine verbindung mit infinitiven, die als eine jüngere angesehen werden musz.
I.
lassen, intransitiv oder transitiv.
1)
intransitives lassen, zurückstehen, ablassen, weichen: goth. lêt (ἄφες), ei saíhvam, qimaiu Hêlias nasjan ina. Matth. 27, 49; in der alten sprache mit dem gen. dessen von dem man läszt, ahd. sîn lâʒo parco Graff 2, 300; sîn lâʒa parco Docen misc. 1, 122ᵇ; nhd. mit sächlichem gen.: darumb kan er (der teufel) noch seiner art nicht lassen, wil jmer in der majestet für gott geehret sein. Luther 6, 188ᵃ. gewöhnlich mit von verbunden: wer, ob die richter allso erkanten, daʒ nit überfaren wer, so süln der oder die, die allso ducht, daʒ in überfaren wer, dann von clag lon, und gedagen. Helfenstein. urk. von 1379 bei Schmid schwäb. wb. 118; so man zuvor angefangen und doch davon gelassen hat. Luther 4, 425ᵇ; las vom bösen und thu gutes. ps. 37, 27; wie man einen knaben gewehnet, so leszt er nicht davon, wenn er alt wird. spr. Sal. 22, 6; der gottlose lasse von seinem wege. Jes. 55, 7; wil denn nicht ein ende haben mein kurzes leben? und von mir lassen, das ich ein wenig erquickt würde? Hiob 10, 20; unfall wird nicht von jm lassen. 15, 30; der pfarrherr liesz von dem (von dem thema, über das er zuerst sprach) und prediget jnen von der erschaffung des ersten menschen. Wickram rollw. 27, 5 Kurz; seine mitgenossen, von denen er nicht lassen kann. Kant 4, 297. sprichwörtlich art läszt nicht von art;
nu laszt darvon (laszt ab, hört auf)!
fastn. sp. 855, 15;
von gott will ich nicht lassen,
denn er läszt nicht von mir.
kirchenlied von Helmbold;
nun so wollen wir dir nicht ehe vom halse lassen, du thust es dann. H. J. v. Braunschweig 181.
2)
von körpertheilen, die ihre dienste versagen, schlaff werden: wenn sie schlummerte; träumte sie, sie hätte flügel und fliege, und plötzlich lieszen die flügel, und plötsch, stürzte sie zur erde. J. Gotthelf Käthi die groszmutter 2, 152; da träumte Käthi wieder ... sie flog in die luft, aber die flügel lieszen nicht, sie plötschte nicht nieder. ebenda;
mein knie laszen, mein herz ist bang,
mein leben bleibt in mir nit lang.
Menius kaufmann (1540) C 5ᵃ.
schwäbisch von dingen die nicht haltbar sind: die farbe läszt, das gefäsz läszt. Schmid schwäb. wb. 341; ähnlich bairisch das tuch läszt, gibt farbe von sich, das holz läszt, wenn man nasse leinwand dran hängt, leim, nägel lassen, geben nach Schm. 1, 1505 Fromm.; früher die armbrust läszt, wenn die sehne weicht und daher das geschosz davon fliegt:
und als ers an sein brust war drucken,
da liesz das armbrost und gieng ab,
schlug dem bauern die nasen rab.
H. Sachs 2, 156, 17 Tittmann;
daher auch eine büchse läszt, wenn der schusz los geht: auch wolten die püchsen nit laszen. d. städtechr. 2, 180, 19; so ein schütz in einer gewonlichen zilstatt steht oder sitzt, und zu dem gewonlichen blatt scheust, und es lauft jm einer under den schusz, oder jm lest ungeverlicher weisz und wider sein willen sein büchs oder armbrust, ehe und er recht anschlecht und abkompt, und scheust also jemandt zu todt, dise beide seind entschuldigt. Carolina art. 146;
ich stund dreimal an der schieszstat:
zum ziel ich schieszen wolt geschwind,
kein kraut noch loth ich darin find.
drei mal gabs fewr, wolt doch nit lassen.
Grobs ausreden der schützen, bei Haupt 3, 246;
dem dritten hat das schlosz gelossen,
desz hat er in den stock geschossen.
248.
3)
lassen verbindet sich mit einem objecte, etwas oder einen weichen machen, von sich lassen, entlassen, fortlassen, fahren lassen; in mehrfachen fügungen.
a)
einen schrei, einen seufzer, thränen u. ähnl. lassen: alsdann lest die fraw ein langen seufzer. Albr. v. Eybe 14ᵃ; es erfrewet jne als fast, das er von freuden ein seufzen liesz. Aimon bog. m 2: manchen schweren seufzen liesz. Galmy 15; nach liesz sie ein groszen seufzen. Amadis 357; baldt darnach liesz sie einen hellen seufzen. 380; also dasz sie .. erstummeten, und keins mit dem andern mehr reden kondt, sonder grosze seufzen lieszen. b. d. liebe 31ᵃ; da fande ich Chariclem sehr trawrig, grosze seufzen lassende. 193ᶜ; liesz zu zeiten mit uber sich verkehrten augen einen solchen seufzen, so tief von herzen, als ob sie ihn aus dem bronnen zu Breysach geschöpfet hette. Philander 1 (1642) 61;
einen swêren suft sie lie.
vor groszem leid seine augen wasser lieszen. Galmy 289; der riesz liesz ein feindtseligen schrei, dasz sich der thurm erbidmet. buch d. liebe 279ᵈ; wie sie nun hinein (in die höhle) kommen waren, liesz Cnemon ein uberausz lauten schrei. 185ᵈ; davor sie dermaszen erschrack, dasz sie einen lauten schrei liesze. Simpl. 3, 350 Kurz;
fragt ihn der schreiber wie er hiesz?
er gar demüthig die worte liesz:
kinder ich bin des menschen sohn.
Göthe 56, 28;
es ist das hoffleben gleich einem herrlichen, fast köstlichen bauw, der aber zu letzt, und am ende, einen krach lasset, und viel zu boden schläget. Philander 1 (1642) 72; ein knall lassen, dare crepitum. Maaler 263ᵇ; ein furtz lassen, furtzen, crepitum reddere. ebenda;
secht, do ward ir dhaut ze kurz,
ir geschach nicht recht, sei liesz ein furz.
ring 38, 2.
b)
die seele, das leben, den leib lassen: ahd. sêla umbe friunt ze lâʒʒene (animam pro amicis ponere). Notker ps. 19, 5; mhd.
ich muoʒ den lîp dâ lâʒen.
Parz. 367, 2;
nhd. ein guter hirte lesset sein leben fur die schafe. Joh. 10, 12; ich wil mein leben fur dich lassen. 13, 37;
wo dasz du wilt, was göttlich ist, erlangen,
so lasz den leib, in dem du bist gefangen.
Opitz 3, 187;
für meine lieben liesz ich leib und blut.
Göthe 12, 179;
bald wird die trompete blasen,
dann musz ich mein leben lassen.
W. Hauff 1, 35;
in verbindung mit lassen der bedeutung 10 unten, die manigfach in diese eingreift:
wann wir ausz dieser welt durch sterben uns begeben,
so lassen wir den ort, wir lassen nicht das leben.
Logau 3, 199, 45;
dasz könig Carl in Engeland liesz einen kopf und drei der kronen,
war viel; ist mehr, dasz dran man lernt die majestäten nicht verschonen.
3, 249, 178.
c)
mit verschiedenem sächlichen object:
der meister was sô wîse,
daʒ er des gûtes nicht enlieʒ,
zur Mitowen er eʒ vûren hieʒ.
livl. reimchron. 9915;
alles was ein man hat, leszt er fur sein leben. Hiob 2, 4;
wankelmüthig ist stets ein herr,
schnell ergriffenes läszt er schnelle.
Rückert Hariri 1 (1844) 52;
er tritt zum könig hin mit eil
und faszt seinen goldpokal.
heida! halt an, du kecker wicht!
der könig ruft es laut:
klein Roland läszt den becher nicht,
zum könig auf er schaut.
Uhland ged. 335.
sprichwörtlich haare lassen, haare lassen müssen, vgl. theil 4², sp. 18 fg. in der verbindung von sich lassen:
der tharant ist ein stachlicht thier,
wie ein igel mit füszen vier,
lang spitzig federn von jm laszt:
die werden oft in silber gfaszt.
B. Waldis Esop 2, 95, 3;
was wunder,
dasz ihn (den ring) der mann im osten nie
vom finger liesz.
Lessing 2, 277.
mit andern näheren bestimmungen: was man hält, soll man nicht aus den händen lassen; er hat sich eine prächtige gelegenheit aus den händen gelassen; ein schiff vom stapel lassen, und danach übertragen: er hat heute eine grosze rede vom stapel gelassen; dann durch wein leszt mancher herausz, dasz er sonst nüchterer weisz behielt und nicht thet. Fronsperger kriegsb. 1, 43ᵃ.
d)
in der kaufmännischen sprache: lauszen umb gelt, aere mutare, vendere Schm. 1, 1505 Fromm.; waaren werden um den einkaufspreis gelassen; wechsel, eisenbahn- und staatspapiere werden gelassen, in kauf abgegeben; prioritäten gut zu lassen, aber nicht lebhaft, in einem börsenberichte; von fremden wechseln war London heute in beiden sichten gut zu lassen. Weserzeitung 1854 no. 3327; für fremde valuten war heute viel frage, besonders war lang Paris (vgl. über diese kürzung sp. 158 a. e.) gut zu lassen. 1859 no. 4872.
e)
lassen mit persönlichem object, von sich lassen. der unterschied dieser bedeutung von der unten no. 10 wird ausdrücklich hervorgehoben: ker dich nach deinem vermügen zu gott, den du verlassen hast, so lasset dich gott nit, er würt dir entgegen loufen, als der vater dem verlornen sun. Keisersberg irrig schaf g 1ᵇ;
ich musz dich lassen, und verlassen kann
mein herz dich nicht (prinzessin zu Tasso).
Göthe 9, 236;
doch gehen in manchen andern beispielen die bedeutungen in einander über, oder es ist unklar ob ein von sich lassen oder ein verlassen gemeint ist. manchmal ist lassen soviel wie los lassen, fahren lassen, zunächst rührend an die bedeutung 2 oben: (Petrus sprach) ich gebiete uch ubeln geisten die ir disen unseligen menschen vuͦret zu trigene die welt, .. daʒ irn laʒit und niht mer vuͦrit. zu hant lieʒen sie in vallen. altd. blätter 2, 189;
'lat den menschen vallen,
vor diesen luten allen,
uf daʒ sin nackeit werde erkant.
die geiste lieʒen in zu hant.
do vil he nider unde zubrach.
pass. H. 177, 30;
gewöhnlicher ist der sinn entlassen, gehen lassen: mhd. nû lâʒʒes du chnecht (scalch) dînen, hêrro, nâh worte dînem in fride (nunc dimittis servum tuum, domine, secundum verbum tuum in pace). Windberger ps. bei Haupt 8, 140;
sî sprâchen mit eim munde:
hêrre, ir habet missetân,
welt ir den ritter alsus lân.
Iwein 4570;
nhd. nemen und lassen weiber wie sie wöllen. Luther 5, 3ᵇ; also dienen gar viel zu hofe, und thun seer viel guts, nicht umb des herrn willen, sondern denken dadurch nach den schlüsseln, das sie den herrn können einnemen, und die klawen einschlahen, damit sie der herr darnach mit keinem guten fug noch recht könne hassen, noch lassen. 6, 148ᵇ; lassen sie mich, mamsell. Lessing 2, 539; Arnold! Arnold! du willst fort? rief sie ihm zu und umfaszte ihn. ach, ich kann dich nicht lassen! Körner (1866) 731;
wach auf, prinzessinn! der hahn hat gekräht!
nun lasz mich, bevor sich der morgen erhöht!
Bürger 34ᵇ;
ungern lasz ich euch zwar; doch jeder ist dieszmal dem andern
mehr zur last als zum trost, und alle müssen wir endlich
uns im fremden lande zerstreun.
Göthe 40, 312;
aber da fielen die kinder, mit schrein und entsetzlichem weinen,
ihr in die kleider, und wollten die zweite mutter nicht lassen.
314;
aber die mutter ergriff mit beiden armen das mädchen,
um den leib sie fassend, und rief verwundert und staunend: ..
nein! ich lasse dich nicht; du bist mir des sohnes verlobte.
331;
laszt mich! mehr ist nicht erlaubt.
Schiller Macb. 4, 4
(dismiss me. enough.
Shakesp. Macb. 4, 1).
in andern beispielen der modernen sprache hat einen lassen blosz den sinn, interesse, sorge oder bemühungen um jemand von sich lassen, aufgeben: Julio. lasz mich! Solina. dich lassen? dich so lassen? sagt dein herz so? Klinger neue Arria 127; ich hab noch zwei stunden nach dem ausspruch, lasz mich nun! lasz mich! 129; armer, lieber narr! du glaubtest, ich könnte dich lassen! ebenda; o Julio! ich lasse dich nie, ob du mich schon verläszt. 84; lasz mich mit den fragen. werke 2, 38;
Carlos. mein vater!
versöhnung! Philipp. lasz mich und steh auf!
Schiller Carlos 2, 2.
dieses lassen berührt sich mit dem sinne zulassen, gewähren lassen, vergl. unten no. 6.
f)
zum object treten nähere bestimmungen, einen von sich lassen: schöner, als er dich von sich liesz, soll der himmel dich wieder haben. Schiller 184ᵇ (kab. u. liebe 1, 4); worauf er die unterredung ... abbrach und die staatsräthe von sich liesz. 857;
lasz Lasarum von deim gestül,
das er mein zung mit wasser kül.
jetzt lassen sie mich von sich. unerhört,
von tausend süszen ahnungen betrogen,
geh ich aus ihrem angesicht.
Schiller Carlos 2, 2;
einen los lassen, einen heim lassen, einen nach haus lassen, einen weg, hinweg, hinunter, hinaus lassen, wo aber die bedeutung 6, c unten eingreift, s. dort.
g)
mit unterdrücktem object, aus der sprache der bienenzüchter:
jetzt
ist jeder augenblick uns kostbar. laszt
das heer sich schaaren! längst schon regt sichs drüben.
der bienenstock will lassen.
Uhland Ludwig 62.
4)
lassen, ablassen, aus einem behälter lassen, mit entsprechendem object: wein lassen, bier aus dem fasse lassen;
wollt i glai in kölla (keller) gehn,
wollt a saidl loszn.
Mittler d. volksl. no. 1137, 5;
wasser lassen, mingere; blut lassen: flebotomare blut lassen zu der adern Dief. 239ᵃ; da haben sie mir blut gelassen. Göthe 22, 90; bei der häufigkeit dieser operation wird das object kurz unterdrückt, es heiszt alt nur an der ader lassen: swer den sichtum hat (der gehirnentzündung), der sal im in den ersten drin tagin lâʒen an der houbitâder. fundgr. 1, 324 note (14. jahrh.);
mîn hêrre hât an der âder lâʒen,
unt wil nû sîn gemach haben.
H. v. Melk priesterleben 84 Heinzel,
häufig werden nur die glieder genannt, an denen man die ader schlägt: in disem monot sol men uf dem tumen lassen. kalendar. bei Haupt 6, 353; kummen die täglichen febres usz sterkem schlaf, so lasz jm uff der handt. Gersdorf feldb. d. wundarzn. 19; wann ein ross durchbrüchig ist und den auslauf hat, so lasz ihm am haubt. Tabernaemont. 625;
ja behalt dein blut bei dir,
lasz auf dem daumen schier.
Fischart groszm. 98;
gewöhnlich aber zur ader lassen: in disem monote sol men zuo der houbtodern lassen, unde ouch zuo der leberodern. kalendar. bei Haupt 6, 364; endlich vernahmen die beängstigten frauen, man habe ihm zur ader gelassen und sonst alles besänftigende möglichst angewendet. Göthe 22, 88; mit falscher construction: ich kam hinein, da sie zur ader gelassen war. Klopstock 11, 49; bildlich: Richard. die drei kreuze bedeuten — besinnst du dich noch nicht, Lottchen? Charlotte. dasz sie morgen zur ader lassen müssen? Rich. ei ja! herr Berthold würde meinem beutel schön zur ader lassen, wenn ich so vergeszlich wäre, wie du! Lessing 2, 529; in der alten sprache im mystischen sinne:
wer do wöll jubilieren
noch diser winterzit,
der sol sich vor purgieren
von aller sünden nit.
er sol zu odren laszen
der creaturen lust
und überflusz sich maszen (entledigen)
bis an der megde brust.
Mittler d. volksl. no. 1234, 8 (15. jahrh.).
auch die ader lassen. flebotomare die adern lassen, ader lossen Dief. 239ᵃ, und nur lassen (ebenda): du solt auch merken daʒ man nicht sol lassen einem jungen kinde unter zehen jahren und auch nicht einem alten manne. Ortolf von Bayrlandt arzneipuch (1477) 4ᵇ; es war ein scherer, der hat ein basen, die kam zuͦvilmalen zuͦ jm, dasz er jr lassen oder ein ader schlagen muͦszt. Wickram rollw. 118, 20 Kurz; der zuvil bluͦts hat der lasz zu aller zeit. Gersdorf feldb. d. wundarzn. 18;
nâhen bî der strâʒen
dâ hette der kunic gelâʒen,
dô hôrte Antenor sagen,
daʒ im die âder wêre geslagen.
Herb. 1982,
ich wil wern (werden) ein frauenwirt
und ain padkneht, der lest und schirt,
so mag ich paiderseit gewin haben.
fastn. sp. 689, 12,
einer liesz, der ander schar
baide swarten unde har.
Liliencron volksl. 1, 192, 2047.
5)
nahe zur bedeutung 3 steht lassen, abstehen von etwas, unterlassen, sein lassen.
a)
mit sächlichem object: mhd.
die ê daʒ suochen heten lân,
die begunden suochen anderstunt.
Iwein 1370;
und wellen wir ze hulden vân,
die sünde dur dîn minne lân,
so wiltu uns hân
unschuldic unser schulde.
lobges. auf Maria bei Haupt 4, 540, 73;
mitteldeutsch: ir .. lâʒet di di swêrest sint in der ê, gerichte und barmherzekeit und gelouben. Matth. 23, 23 bei Haupt 9, 280; mittelniederl.:
Isabele liet doe haren sanc.
altd. bl. 1, 206, 88;
nhd. demnach emphelhen wir euch mit ernust, daʒ jr demselben graf Wolfgangen nu hinfür solch dienstgelt .. alle jar ausrichtet und gebet, und daʒ nit lasset. urk. Max. no. 6, s. 7; und doch vil besser wär die sünd gelon. Keisersb. granatapfel (1510) 23ᵇ; nu aber lest d. Carlstad seine pflicht zu Wittemberg, hinder des fürsten rücken, beraubt die universitet der predigt und lection. Luther 3, 48ᵃ; zu den soltu sagen, so spricht der herr herr, sie gehorchen oder lassens. Hes. 2, 5; sie hörens oder lassens. 3, 11; stehe ab vom zorn, und las den grim. ps. 37, 8; die katze läszt das mausen nicht. Simrock sprichw. 289;
jr kriegszknecht hielt jr inn der meng
ewr ehr und aid in rechter streng,
lieszt gottes schwuͦr und füllerei, ...
zuͦ kriegen würt jr hoch geacht.
noch lassen sie jr lügen nicht,
den groszen mord zu schmücken.
Luther 8, 371ᵃ;
heut läszt der advocat die kniff,
der müller seinen meistergriff.
Usteri in Wackernagels leseb. 2 (1876) 1285, 41;
nein, nicht länger
kann ichs lassen;
will ihn fassen.
Göthe 1, 239;
'was heiszt du denn sünde?'
wie jedermann
wo ich finde
dasz mans nicht lassen kann.
3, 281;
pudel, so lasz das heulen,
lasz das bellen.
12, 66;
Agam. für einen könig
und feldherrn giebts der sorgen gar so viele.
Iphig. lasz diese sorgen jetzt und sei bei mir.
Schiller Iphig. 3, 3;
lasz das! aufforderung von einem thun oder einer rede abzustehen:
Marg. nun sag, wie hast du's mit der religion? ..
Faust. lasz das, mein kind!
Göthe 12, 178;
mach nicht sorgenblasz das
antlitz, reuenasz das
auge, sondern lasz das!
Rückert Hariri 1 (1844) 137;
'ja, ich liebe dich, geliebter,
bei dem heiland seis geschworen,
den die gottverfluchten juden
boshaft tückisch einst ermordet'.
lasz den heiland und die juden,
spricht der ritter, freundlich kosend.
H. Heine 15, 188.
b)
statt des einfachen objects eine infinitivfügung: lasz umb niemands willen gutis zu thun. Luther br. 2, 65; ich habe .. nicht mögen lassen schriftlich e. g. heil und gnade wunschen. 581; hab ich doch nicht lassen mügen mein leiblich abwesen .. zu entschuldigen. 3, 552;
von weitem sah ich zu, wie diese ritter stritten,
ich liesz auch nicht, zu gott, für jhren sieg, zu bitten.
D. v. d. Werder Ariost 2, 47, 6.
c)
lassen, mit seinem gegensatz thun formelhaft verbunden: mhd. die wîle mac er mit sînem guote lâʒen unde tuon als ob er vierzehn jâr alt sî. Schwabensp. 45, 5 Wackern.; nhd. Euriolus .. wist usz sölicher schneller geschicht nit was er tuͦn oder lǎssen solte. N. v. Wyle 70, 26; und was er also tet und lies, des solt er volle müge und gwald haben. Wilwolt v. Schaumb. 106; dies solt man thun, und jenes nicht lassen. Matth. 23, 23; nu ist aufheben des sacraments, platten tragen, kasel und alben anlegen etc. ein thun, da gott nichts von geboten noch verboten hat, darumb sol es frei sein, wem es gelüstet zu thun, und zu lassen, solche freiheit wil gott haben. weil aber der bapst das thun nicht frei leszt, .. greifet er gott in sein ampt, .. weil aber d. Carlstad das lassen nicht frei gibt, .. greift er auch gott in sein ampt. Luther 3, 54ᵃ; ich will solches, was ich geschrieben hab, lassen und nicht thun. Adam Neuser bei Lessing 9, 376; meinen rath, that, thun und lassen führe du mein gott. Schuppius (1701) 207; weil nun niemand auf mein thun und lassen sonderlich acht hatte. Plesse 3, 36; wir wissen so gut was wir wollen als ihr, und (was wir) haben zu thun und zu lassen. Göthe 8, 142; redensart: das eine thun, und das andere nicht lassen;
dergleich urteil in diser zeit
auch nit die weltlich oberkeit,
sam solts das tun und jenes laszen.
H. Sachs 2, 148, 157 Tittmann;
ich lege neid und hassen
beständig unter mich,
und stelle thun und lassen,
o gott, allein auf dich.
Opitz 2, 212.
d)
berührung dieses lassen mit andern fügungen. neben dem accusativ des objects tritt ein genitiv (vgl. oben 1) auf:
der feind sein unverdienten neit
nicht laszen wil und seins hochmutz.
H. Sachs 2, 42, 313 Tittmann;
ein örtlicher beisatz läszt das verbum in die bedeutung 3, f (vgl. auch 3, c gegen ende) oben übergreifen:
allen zorn und allen has
den ich gen dir gehabt han,
den will ich aus den herzen lan.
fastn. sp. 423, 23;
o wee nein, o wee nein lieber vatter, lond sie dausz. Keisersb. has im pf. c 1ᵃ; weg lassen (weg = mhd. enwec) fortlassen, etwas weg lassen unterlassen zu erwähnen oder zu berücksichtigen, einen weg lassen, auslassen bei einer erwähnung, einladung u. ä.; wogegen die verbindung unterweges lassen an die bedeutung 10 unten anrührt: dise muoste man tuon und iene nicht underwegen laʒʒen. Matth. 23, 23 bei Haupt 9, 280; lupf das (schwere eisen) selbs oder lasz es underwegen. N. v. Wyle 69, 35;
man sol sô vrowen ziehen,   sprach Sîfrit der degen,
daʒ si üppec sprüche   lâʒen under wegen.
Nib. 805, 2;
wolauf zum wein,   mein brüderlein,
lasz sorgen underwegen.
Garg. 87ᵇ;
in dem sprichworte: der wolf läszt wohl seine haare, aber nicht seine tücke. Pistorius 8, 29, spielt die bedeutung 3, c oben ein.
6)
lassen, zulassen, gewähren, in mehr oder weniger scharf hervortretendem begriffe.
a)
mit sächlichem object und näher bestimmendem örtlichen zusatze:
sie rechens (das heu) mit den zänen,
und worbens mit dem glasz,
der magen musz sich dänen,
das ers in d scheuren lasz.
Garg. 87ᵇ;
ohne solchen, in der bedeutung erlaubnis geben: mutter. es geht nicht gut aus! du hast dich unglücklich gemacht! mich unglücklich gemacht. Clara. ihr lieszet es doch im anfange. Göthe 8, 192; statt dessen mit abhängigem satze:
liebe eidgenossen!
lasset uicht, dasz hasz und neid und miszgunst
unter euch aufkomme; oder aus ist
euer regiment!
Herder zerstr. bl. 6 (1820) 374;
bairisch heiszt es feirabend laszen, schicht laszen, feierabend machen, aufhören zu arbeiten. Schm. 1, 1505 Fromm.; mit einfachem persönlichen object, wo aber die bedeutung oben 3, e eingreift: gevatter tropf! lasz du den herzog nur gewähren ... laszt ihn nur erst; er musz auch essen, trinken, schlafen, wie andere menschen. Göthe 8, 243.
b)
gewöhnlicher mit sächlichem object und persönlichem dativ: einem zeit, musze, freiheit lassen; ach es seind noch jung leüt, man muosz in ergetzlichait lassen. Keisersberg has im pf. c 1ᵃ; ehe er demselben gelerten teufel luft und raum lasse. Luther 6, 317ᵃ; derhalben so wird kein partei unter euch dem evangelio gnug thun, es sei dann, das ein dem andern folge lasse (nachgebe), was er wil. br. 1, 382; unterstund sich meine widdersacher zu rechtfertigen, ihnen nur länger zaum lassen. 511; der natur luft lassen. Schade sat. u. pasqu. 3, 190, 6; den gürtel auf, lasz dem bauch seinen gang wie ein fromme fraw. Garg. 99ᵇ; dann diesen (erstgeborenen söhnen) hat gott selbsten nicht ohne weise ursach, im alten testament ein praerogativ verliehen, und der weisesten völker gebrauch lasset ihnen auch heutiges tages sonderbare (besondere) freiheiten. Schuppius 733; lasz dem unglück seinen lauf, und streit nicht wider gott. Corvinus (1660) 519ᵇ; Eduard liesz ihm in den ersten tagen keine ruhe. Göthe 17, 32; diese ironie, dieses bewusztsein, womit man seinen mängeln nachsieht, mit seinen irrthümern scherzt und ihnen desto mehr raum und lauf läszt. 54, 104;
Colette liesz ihm keinen friede:
komm, dicker Peter, spiel mit mir!
Weisze kom. opern 2, 163;
kaum
liesz sie mir zeit, den fusz in die pantoffel
zu stecken; ungefrühstückt ging ich hin.
Schiller Turandot 5, 1;
Thib. was fällt dem mädchen ein? Raim. laszt ihr den willen!
jungfr. v. Orl., prolog. 3. auftr.;
zwischen ihrer
ungnade und geringschätzung ist mir
die wahl gelassen.
don Carlos 3, 10;
und liesz ich allzu rasch in meinem busen
der flamme luft, die mich nun selbst verzehrt.
Göthe 9, 194.
statt des accusativs ein theilungsgenitiv: harre doch, las dir der weile, ich bin noch nicht da. Luther 4, 324ᵇ;
er sprach, hör mich, lasz dir der weil.
c)
mit persönlichem object und näher bestimmenden zusätzen, in der bedeutung zulassen, zutritt gewähren: er hat ihn nicht in sein haus gelassen, sondern auf der strasze abgefertigt; einen über das geld, über seine vorräthe lassen; einen vor sich lassen; einen über sein trog oder kisten lassen, admittere aliquem ad suas capsas. Maaler 263ᵇ; in fügungen, die dem satz etwas knappes geben: einen frei lassen (gewähren dasz er frei sei);
er sprach: sun, sô wil ich dich
mîner zühte lâʒen frî.
Helmbrecht 425;
lieʒen mich gedanke frî,
son wiste ich niht umb ungemach.
Walther 41, 35;
einen los lassen, vergl. dazu oben 3, f: las los, welche du mit unrecht verbunden hast, las ledig, welche du beschwerest, gib frei, welche du drengest. Jes. 58, 6; als ich nun erfuhr, dasz der bub eingelegt worden, schrieb ich dem bischof von stund an, er solt mir den buben ohne alle entgeltnus wieder ledig lassen. Götz v. Berl. 102;
hinunter
ins freie — lassen sie mich los, prinzessin!
Schiller Carlos 2, 8;
ist es zu verwundern, dasz die heftigkeit meines schmerzes mich des verstandes nicht mächtig liesz? Lessing 2, 32; man brauchte die sterne nicht zu bemühen, um mit wahrscheinlichkeit vorherzusagen, dasz ein feind wie Gustav Adolph einen general wie Wallenstein nicht lange entbehrlich lassen würde. Schiller 919ᵇ; mit dem durch un- negativ gemachten part. prät., eine schon in der alten sprache geläufige verbindung, vgl. gramm. 4, 127. 859 anmerk.: laszt mir den mann ungeheiet, ich weisz nicht, ob er oder ihr die gröste narren seind. Simpl. 2, 199 Kurz; lasz dich unbekümmert, würde er sagen. Lessing 2, 396;
mein hausz ist fein aufgeraumet,
stoszest dich zu nacht nicht drinn,
die knecht lan dich ungesaumet,
darfst kriegen nicht mit jhn.
Garg. 89ᵇ;
drüm lasset dieses unbereut,
dasz ihr euch iemahls habt befreit.
Fleming 319;
macht was ihr wollt; nur laszt mich ungeschoren!
Göthe 2, 292;
mit doppelter negierung, wovon die eine durch die andere aufgehoben wird:
hat feuer angestecket
in Jacob rings umbher, und einen brand erwecket,
erwecket einen brandt, der nichts läst unverzehrt.
Opitz 3, 34;
mit unterdrücktem object:
und wie ein adler thut, der nicht läst ungeflogen,
wiewol er kümmerlich erst jetzt hat ausgekiehlt.
2, 18;
drum laszt nur ungekrellt
mit euren maulwurfspfoten
ihr groben bauersknoten!
rockenphil. (1707) 2, 190;
einen in ruhe, in frieden lassen;
die ander beide
soudense mit paise laten.
altd. bl. 1, 70, 196;
in Welschland läszt dich nie der scorpion zur ruh.
laszt den feind im hausz mit frieden. kriegsbüchl. d. fr. 157; der discurs wollte zu kitzlich werden, darumb sagte der doctor, es wäre besser, man liesze die materie mit frieden. Chr. Weise kl. leute 39; jetzt häufiger lasz mich zufrieden!; man musz jedermann bei seinem glauben lassen;
lasz mich im irrthum! — weine im verborgnen!
Schiller br. von Messina v. 2552;
einen fort, davon, heraus, hinweg, hinaus, hinunter lassen: uns lasz davon. Terentius deutsch (1499) 31ᵇ; Miller (hinter der scene rufend). laszt mich hinein! um gottes willen! laszt mich! Schiller kab. u. liebe 5, 8;
lasz mich
hinunter, sie bedeuten —
Wallensteins tod 3, 19;
laszt mich wieder hinweg! ich darf im hause nicht bleiben!
Göthe 40, 329;
werther herr, laszt euch erweichen!
lasset, lasset uns davon.
10, 282;
o lasz uns fort!
303.
oberdeutsch einen auszen lassen, in einen streit, ein geschäft unverwickelt lassen, alemann. losz mi ûsze, behellige mich nicht!; bair. jetz lâsz mi ausz! zu jemand der unglaubliches erzählt. Schm. 1, 1509 Fromm.;
Gretchen. mein bruder! gott! was soll mir das?
Valentin. lasz unsern herr gott aus dem spasz.
Göthe 12, 197.
obscön einen drüber lassen, den beischlaf verstatten, auch nur einen lassen, sich lassen: nd. glöbet ju denn, ek bin sau eine, dä seck lött! segte Trînfieke, aber dabü böre se schon den rock in de höchte. wie das volk spricht (1870) no. 1825.
d)
auch mit sächlichem objecte: an einem preise etwas herunter lassen; ich habe mich nun zum ankauf des hauses von Mellisch entschlossen, da er etwas davon herunter läszt (vom hause, in nachlässiger wendung für: vom kaufpreise des hauses). Schiller an Göthe 812. vgl. dazu auch ablassen, erlassen.
7)
lassen, überlassen.
a)
mit acc. und persönlichem dativ: er lat gott sein hiemelreich und bekümert sich nit der hellen. Keisersb. seelensp. 62ᵃ; da ich zu Wormbs war für dem keiser, gab ich dem bischoff zu Trier diesen raht, man solte diese sachen gott lassen .. were sie aus menschen, so würde sie bald untergehen, were sie aus gott, so künde sie niemand dempfen. Luther 3, 424ᵃ; läszt man ihm das läpplin, so wird er fortan lernen das ledder fressen. br. 5, 553; er küszte ihn, er liesz ihm die rechte hand. Lessing 6, 312; allen launen den zügel lassen;
doch wart mir daʒ von im bekant,
der kriec wær über Cêciljen lant.
daʒ wolt der pâbest gerne hân.
des wolt der keiser im niht lân.
Enenkel bei Haupt 5, 269, 18;
alles das, was mich da gehöret an,
dasz will ich dir mit willen lan.
fastn. sp. 425, 12;
der geht zu fusz, lest mir den gaul.
H. Sachs 3 (1588) 3, 14ᵈ;
den brief, den ich ihm wieder gab! ihm erst
nicht lassen wollte und doch liesz!
Schiller don Carlos 4, 13;
doch lassen wir das gotte.
Shakesp. Richard III 2, 3 (but leave it all to god);
alemannisch: der Dursli geit dem ätti na:
o ätti! wotsch mer d's Babeli la?
Mittler d. volksl. nr. 135, 2.
in die bedeutung anvertrauen übergehend: ein hiert dem lewt ir viech haben lassen und empfohlen awf sein trew, der mag wol gestên um alle den geprechen, der an dem viech geschicht. schöffenspruch von Iglau bei Tomaschek der oberhof Iglau in Mähren (1868) s. 65.
b)
mit persönlichem acc. und sächlichem dativ: also auch, wenn ein haus brennete, müszte niemand eraus laufen, oder zu laufen zu retten, denn fewer ist auch ein strafe gottes? und wer in ein gros wasser fiele, müste nicht eraus schwimmen, sondern sich dem wasser lassen, als göttlicher strafe? Luther 3, 393ᵇ;
wer sich der einsamkeit ergibt,
ach! der ist bald allein,
ein jeder lebt, ein jeder liebt,
und läszt ihn seiner pein.
ja, laszt mich meiner qual!
Göthe 2, 120.
c)
etwas an einen lassen, zur entscheidung überlassen, in der ältern sprache: nun will ichs an euch alle lassen, ob nit die zung das best sei. E. Alberus Esop (1550) C 2ᵃ;
ob ich hân wâr gesungen,
daʒ wil ich an die werden wîsen meisterpfaffen lân,
und an des küniges Tirols buoch, daʒ saget uns sunder wân.
minnes. 2, 385ᵃ Hagen;
an gotes gnâde erʒ alleʒ lieʒ.
Wigal. 114, 25.
8)
hieran reiht sich die seit dem vorigen jahrh. häufige verbindung sich selbst gelassen, sich selbst überlassen, auf sich selbst gestellt: ṡind es reden eines sich selbst gelassenen menschen? Liscov 161; ausdrückungen dieser art haben einen höhern ursprung, als die ihr selbst gelassene vernunft des redners. 162; sie sollten ihn hingegen nur sehn und hören, wenn er sich selbst gelassen ist. Lessing 1, 573; so war auch hier ihrer künstler beobachtung auf die wirkungen der sich selbst gelassenen natur und auf die wohlanständigkeit gerichtet. Winkelmann 4, 151; die natur in dem sich selbst gelassenen zustande. Kant 8, 300; empfindungen eines unverdorbenen menschengeschlechts, einer sich selbst gelassenen unzubereiteten seele. Sturz 2, 61; wir sehen es in England, welche bizarre gestalten die sich selber gelassene natur unter den menschen hervorbringt. 163; uns selbst gelassen (ohne Christus) können wir nichts. Claudius 4, 150; die sich selbst gelassene theoretische vernunft. Fichte kr. der offenb. 171; (die bedeutenden männer des 16. jahrh.) wie sie für sich leibten und lebten, ohne sich etwa im spiegel oder im zuschauer zu beschauen, sich selbst gelassen und genügend und durch ihr dasein wirkend, nicht durch irgend ein wollen oder vornehmen. Göthe 21, 117; weil der mensch sich hier mehr selbst gelassen ist und sich seinem stande auch äuszerlich gemäsz zeigt. 28, 259;
der sich gelaszne mensch denkt wunderlich und toll.
Günther 459 (von 1723);
nachahmen wird er nicht, weil eines riesen schritt,
sich selbst gelassen, nie in kindertappen tritt.
Lessing 1, 183;
ohne den reflexiven dativ: es ist alles bei ihr noch die selbst gelaszne natur. 313. vgl. gelassen.
9)
lassen, an einem orte stehen lassen, bleiben lassen: Elisabeth. darf ich Lersen nach deinem sohn ins kloster schicken? dasz du ihn noch einmal siehst und segnest? Götz. lasz ihn, er ist heiliger als ich, er braucht meinen segen nicht. Göthe 42, 449; mit sächlichem object, zum theil in verblaszterer bedeutung: aufs ander findet sichs in der that, und keinen zweifel läszt. Luther br. 3, 320; zum theil schäleten sie die rinde von den bäumen oder streiften die blätter ab von den bäumen, beides, von zahmen und wilden, und lieszen gar nichts. Langes Herodot 8, 115; man verändert, verändert vielleicht was man lassen sollte, läszt was man verändern sollte. Göthe 17, 33; lasz alles so wie es ist; mit zusätzen, und persönlichem wie sächlichem object: einen in seinem stand, seiner verfassung lassen; sprichwörtlich beim stükk brot lassen. Schottel 1115ᵇ; indem er ihnen (Ferdinand den Böhmen) die freiheit des denkens nahm, liesz er ihnen groszmüthig noch das recht, sich selbst zu taxiren. Schiller 904ᵇ; lieszen mir die bürde auf dem hals. Schweinichen 3, 132; einem etwas unter händen lassen;
da man mir vergant
allen hauszrhat und gewand:
und liesz mir auch an der wand
nit ein kräuszlein noch ein kant.
Carg. 99ᵃ;
mit prädicativem adjectiv oder particip, wo berührung mit der bedeutung 6, c oben öfters stattfindet: wir wollen das unerörtert lassen; solche wünsche musz man unausgesprochen lassen; lassen sie einen platz frei für einen der nach uns kommt; ich habe den schrank offen gelassen; im schuldschein ist eine zeile offen gelassen für die summe; die thüre offen lassen, dafür die thüre auf lassen (vgl. auflassen 4, theil 1, sp. 681): edelleute und hunde lassen die thür auf. Simrock sprichw. 267;
ich bitte! bitte:
lasz deine hütte
noch aufgethan!
Kl. Schmidt poet. briefe 18;
gegensatz die thüre zu lassen, sie im schlosz oder in der klinke lassen;
daʒ ich lîp unde leben
unverderbet lâʒe.
Otte m. d. barte 355 Hahn;
der alte fromme Klimps, bei jedem bissen brodt,
den er genosz, sprach: segne gott!
den schönen spruch nicht halb zu lassen, sprach:
und stirb! sein frommes weib mit Hiobs weib ihm nach.
Lessing 1, 22;
in einem zustande lassen:
auf dich hoffen wir, lieber herr,
in schanden las uns nimmermehr.
Luther 8, 367ᵇ;
glücklicher weise find ich sie hier, und kann da fortfahren, wo ich es diesen morgen gelassen (eine auseinandersetzung nämlich). Schiller parasit 3, 9; auch sagt mans von s. Johannes dem evangelisten (dasz ihn gott hinweg genommen habe wie den Henoch), das las ich in seinen wirden (= dahingestellt), denn die schrift davon nichts sagt. Luther 4, 43ᵃ;
du selber bist der wald.
und dieses waldes wild ist deine grausamkeit,
das lästu ohne streit,
und lieget doch mit ruh in deinem herzen.
Hoffmannswaldau getr. schäfer 5.
10)
lassen, einen oder etwas verlassen, aufgeben.
a)
einen lassen, verlassen: (Joseph) wolde sî (Maria) heimilîchen haben gelâʒen, wan her gerecht was. H. v. Fritzlar Matth. 1, 19 bei Haupt 9, 266; do wolde er si heimelichen laʒen. Behaims evangel.-buch, ebenda (Luther verlassen); wenn dann got deinen fleisz sicht, so laszt er dich nicht, er hilft dir. Keisersberg has im pf. (1511) b 5ᵃ; got laszt dich nit, dien jm getreülich. b 6ᵇ; ein frummer antwerks man, der do worhaftig ist, .. denselben lot gott nyememe. postill (1522) 3, 82ᵇ; ach lieber gott, was machen wir, wenn du uns lessest? Luther 3, 85ᵇ; gott .. wird jn nicht lassen. 4, 30ᵇ;
darumb ich ganz hab für mich gnon,
aller fürsten, herren müszig gon,
mein hoffnung setzen zuͦ gotte,
der mich noch nie gelassen hat.
P. Gengenbach der alt eidgnosz 287;
lasz pfaffen und begeinen,
und hilf du den deinen.
S. Frank sprichw. 2, 9ᵃ;
gott laszt nit wer jm entlich trawt.
der (deren, der engel) leben volg, brauch rechte bitt,
gelassen würdstu entlich nit.
154ᵃ;
doch das uns gott auch helf damit,
der uns nit laszt inn rechter bitt.
155ᶜ;
herr, dein heilig geist uns nimer las.
Luther 8, 363ᵇ;
iedoch soll man auch sehen an,
dasz sie mit uns noch christen sein,
und dem Türken nicht raumen ein,
zu verderben der christen blut ...
derhalb wo man jhn helfen kan,
so rath ich, dasz man sie nicht lasz.
J. Ayrer 150ᵈ (753, 18 Keller);
so hab ich auch biszher nicht wenig abgenommen,
bin einen groszen theil von meinen kräften kommen,
durch krankheit, welche mich noch jetzt nicht gänzlich läst.
Opitz 3, 194;
er empfäht den heiligen geist, und die blindheit
läszt ihn.
Klopstock 5, 381;
o soll mein herz nicht um dich weinen!
hier ist kein freund dir nah als ich.
wer risz dich aus dem schoosz der deinen?
du lieszest sie, und wähltest mich.
Haller (1768) 163 (beim absterben seiner geliebten Mariane);
er kommt! ich seh ihm freudiger entgegen
als ich ihn liesz. er kommt. er sucht mich auf!
Göthe 9, 381;
danke gott,
dasz sie dich lassen kann und lassen musz.
10, 222;
denn als er erst auf der strasze mich liesz, so war er mir immer
in gedanken geblieben.
40, 329;
hart
zusammentreffend, liesz ich beide heere.
Schiller Macbeth 1, 2;
der adel läszt mich.
Shakesp. könig Johann 4, 2 (my nobles leave me);
selig, die die winde streuen
geierschnell nach süd und norden,
wie sie selbst verlassen worden,
lieszen sie die ungetreuen.
b)
etwas lassen, verlassen, aufgeben: mhd.
mir hât der schûr erslagen
den besten bû den ich hân.
ich vürhte ich müeʒe deʒ hûs lân.
Iwein 2834;
als der vogel abfleugt von seim nest, also tut der man, der do lasset sein stat. bibel von 1483 304ᵇ; ein solicher mensch nit lasset die welt und ir lüst, sunder er würt verlassen von der welt und von iren lüsten. Keisersberg seelensp. 200ᵃ; des trösten wir uns, das er (gott) unser rechte sache nicht lassen kan. Luther 3, 29ᵃ; meine hoffnung wirstu nicht lassen. 1, 29ᵃ;
(die märtyrer musten) menschentand hie lassen.
8, 371ᵃ;
lasz ich gleich aber diese welt,
wird meine treu doch nicht gefällt.
Opitz 2, 202;
wenn man älter ist geworden,
lässet man den kinder-orden.
pers. rosenth. 6, 5;
'wie kümmt es, dasz die welt im argen ist versunken?'
sie liesz den rechten weg und gieng nur nach gedunken.
Logau 1, 26;
es hiesz, der wirth ins haus
lasz alles was er hat und geh auf ewig rausz.
69;
ade du statt des glücks (Glückstadt), dein könig musz dich lassen,
und alles land mit dir, er wil die kühnheit fassen
zu reisen uber meer.
J. Rist triumphlied;
selbst der engel entschwebt wonnegefilden, läszt
seine krone voll glanz unter den himmlischen.
Klopstock 1, 80;
lasz denn, muse, den hain, wo du das weltgericht
und die könige singst, welche verworfen sind!
komm, hier winken dich thäler
in ihr tempe zur erd herab.
ebenda;
wer sind die seelen, die in der haine nacht
herschweben? lieszt ihr, helden, der todten thal?
174;
auch du lieszest der frommen versammlung, und schwebtest herunter.
5, 174;
er liesz die versammlung,
eilet hinaus.
245;
zur mitternachtstunde lasz schlummer und traum,
lasz bette, lasz kammer, und suche den baum,
den baum der den apfel der liebe dir trug!
Bürger 32ᵃ;
wenn durch das volk die grimme seuche wüthet,
soll man vorsichtig die gesellschaft lassen.
Göthe 2, 13;
ja, sie folgt
aus dem palast mir in die hütte, läszt
ein thöricht leben, das ich selbst verlassen.
10, 221;
ist es die liebe, die den aufenthalt
des himmels läszt und unsrer erde gönnet,
dasz man sie wiederum als göttin kennet?
Tieck 1, 17.
11)
nahe zur vorigen bedeutung steht lassen = zurücklassen:
für alle ding solt lieben gott,
auch allzeit halten sein gepot.
und was du dir nit günnen sölst,
den nächsten des vertragen wölst.
an sölchem hangt das ganz gesetz,
als Christus selbst hj liesz zu letz.
häufig mit bestimmenden zusätzen,
a)
ein wo bezeichnend: ich lasse dich in einer verderbten welt. Göthe 42, 449;
ob Jêsus zû der mûter sîn
iht quême, als er in gehîʒ,
die er hî nidene bî in lîʒ?
jâ, sîn wort fallîret nith.
Marien himmelfahrt 1435 (bei Haupt 5, 553);
ich geh nach Frauenberg, die Pappenheimer
lasz ich dir hier, auch Lothringen, Toskana
und Tiefenbach bleibt da, dich zu bedecken.
Schiller Wallensteins tod 2, 7;
wie die vögel, wann sie dem garn entwischen und etlich gesellen dahinden lassen. Garg. 149ᵃ; ihr sollt abziehen mit gewehr, pferden und rüstung: proviant sollt ihr dahinten lassen. Göthe 42, 146; das sie sollen untergehen und unser lehre hinder sich lassen. Luther 5, 51ᵇ; von dannen ist er nach Danzig und von dort auf Lübeck kommen, .. und also wurde ich hinder ihm gelassen vor der thür der äuszersten verzweiflung. Simpl. 4, 154 Kurz; Nauschirwan stirbet nicht, weilen er einen guten nahmen hinter sich gelassen. pers. rosenthal 1, 21; einen groszen nahmen nach sich lassen. pers. baumg. 2, 16; wir waren im leben schon gewohnt den verlust hinter uns zu lassen, und den gewinn im auge zu behalten. Göthe 31, 129;
lasz jetzt des mädchens kindische gefühle,
die kleinen wünsche hinter dir!
Schiller Piccol. 3, 8;
ihr plätze alle meiner stillen freuden,
euch lasz ich hinter mir auf immerdar!
jungfr. v. Orl., prolog, 4. auftr.;
einen im stiche lassen, in einer gefahr oder drängenden lage allein lassen, ein bild von einem stechen, einem kampf mit speeren hergenommen: dieses traurige gebiet, wo dem verstande eine aufgabe zugewiesen ist, die er zu lösen nicht hinreicht, da ihn ja selbst die religion, wie er sich solche allenfalls erbauen kann, im stiche läszt. Göthe 26, 216;
wollt ihr mit?
laszt ihm mit eins den plunder ganz im stiche,
um den es ihm zu thun. er bringt euch nach
und nach doch drum.
Lessing 2, 258;
was du suchst,
ist hier, sogar zu Ulubrä, wenn nur
dein eigen herz dich nicht im stiche läszt.
Wieland Horazens briefe 1 (1782) 174,
quod petis hic est,
est Ulubris, animus si te non deficit aequus;
komm! komm! ich lasse dich mit ihr im stich.
Göthe 12, 246.
b)
ein wie bezeichnend: als ich (auf eine anfrage des groszfürsten nach der gesundheit des kaiser Max) dén gesunden gelassen anzaigte. S. v. Herberstein in font. rer. austr. 1, 1, 123; fragte: ist herzog Friedrich noch gesund? darauf wurde geantwortet: wir hätten in unserm abreisen ihro fürstl. durchl. noch in guter gesundheit gelassen. pers. reisebeschr. 1, 7; gott befohlen, mein sohn! ich lasse dich einen weisen; denn wi deine mutter albereit im grabe eingescharret, also ist auch dein vater nicht mehr auf der welt anzutreffen. Butschky kanzl. 103; einen allein lassen;
so überschleicht bei tag und nacht
mich einsamen die pein ...
ach werd ich erst einmal
einsam im grabe sein,
da läszt sie mich allein!
Göthe 2, 120.
c)
zurücklassen, in vergleichen, weit übertreffen:
der sattel, welchen ihm die Venus aufgelegt,
ist weicher als der sammt, und läszt die tieger-decken,
worunter Ledens schwan sein weiszes kleid versteckt,
und raben hin und her die schwarzen puncte stecken.
12)
ähnlich lassen, zurücklassen als erbe, hinterlassen: wenn jemands bruder stirbt, und lesst ein weib, und lesst keine kinder, so sol sein bruder desselbigen weib nemen. Marc. 12, 19;
lasz ich schon nicht viel zu erben,
ei so hab ich edlen wein.
Opitz 2, 207;
er starb, und liesz bei seinem sterben
den runden hut dem nächsten erben.
Gellert 1, 9;
er liesz den ring
von seinen söhnen dem geliebtesten.
Lessing 2, 277;
wer auf die welt kommt, baut ein neues haus,
er geht und läszt es einem zweiten.
Göthe 5, 127.
13)
lassen, mit reflexivem acc.; an die bedeutung des zurückweichens oder nachgebens, gewährens (vgl. oben 1 und 6) zunächst angeschlossen, in sinnlicheren und unsinnlicheren verbindungen.
a)
mit örtlichem beisatze, weichend oder nachgebend sich wohin verfügen: und da sie die anker aufgehuben, lieszen sie sich dem meer. ap. gesch. 27, 40; aber der unterheubtman wolte Paulum erhalten, .. und hies die da schwimmen kündten, sich zu erst in das meer lassen und entgehen an das land. 43; die heiden lieszen sich aber all ins mör zuͦ schwimmen. Frank weltb. 209ᵇ; der sich ins meer lässet, und weisz nicht zu schwimmen. Lokmans fab. 9; woferr der feind (in der stadt) den haufen oder das leger wölt oder gedechte zu uberfallen oder sonsten sich begerten ausz der besatzung zu lassen. Fronsperger kriegsb. 1, 45ᵃ;
was hör ich aus dem winkel dort
für ain gschrai, wʒ kläglich wort?
es ist fürwar ain raine stimm,
daraus ich leichtlich wol vernim,
das es nicht sein kan etwas gros:
deshalb ich mich wol zu jm los (lasse).
Fischart flöhhaz 52;
da gerieth ich vor zorn und unwillen in eine solche raserei, dasz ich mich beinahe allein hinter die sechs baurn gelassen und mit ihnen herum geschlagen hätte. Simpl. 2, 85 Kurz. sich herab, hinab, heraus, hinaus, herunter, hinunter lassen, auch in bildlicher bedeutung, vergl. theil 4², 1009. 1038. 1189. 1380. 1396. 1532; damit er (Christus) sich herunter lasse und richte sich nach unser einfalt. Mathesius Sar. 122ᵃ; sich an den laden lassen, vergl. unter laden sp. 41; sich wo nieder lassen, vergl. niederlassen:
es fliegt e vögeli nit so hoch,
es lot si wieder nieder.
Mittler d. volksl. no. 134, 35.
sich wo zurückhalten, wo bleiben: dasz sie eine solche bangigkeit des herzens empfinden, dasz sie nicht wüsten, wo sie sich lassen solten. Schuppius 584;
sie kann sich nicht zu hause lassen,
sie liegt beständig auf den gassen
und spricht bei guten schwestern ein.
Picander 2, 348;
von niedergehenden bewegungen des körpers: sich auf die knie lassen.
b)
in bezug auf gemütsbewegungen: sich vor freude, schmerz nicht lassen können; er konnte sich vor zorn nicht mehr lassen, blieb seiner nicht mehr meister;
er kann sich für freude nicht lassen.
Göthe 3, 4;
in bezug auf meinungsaustausch, sich einlassen mit jemand, vgl. unter einlassen theil 3, 221; am besten, sie lassen sich mit ihr nicht ins wort. Lessing 2, 172; sich aussprechen, vergl. unter heraus lassen theil 4², 1038.
c)
gewöhnlich sich lassen, sich vertrauend hingeben, sich verlassen;
α)
sich an jemand lassen: heiligiu maget sente Marie, fogetin und helfârin aller dere die sich an dich lâʒent. Diutiska 2, 289;
o du tomme welt,
wer sich an dich laut, der velt.
R. Merswin, vgl. Grieshaber pred. 2, ⅤⅠⅠⅠ.
β)
sich auf jemand oder etwas lassen: (Carlstadt) beweiset nichts, .. füret keinen grund noch schrift, noch ursache, das sich kein gewissen kan darauf stönen oder verlassen, es wölt denn sich lassen auf lautere wort d. Carlstads. Luther 3, 77ᵇ; ein mutig gewissen, das sich auf gott lesset, und weder welt noch teufel fürchtet. 5, 68ᵃ; je schöner dein recht, und besser deine sache ist, je weniger du dich vermessen, und drauf pochen solt, sondern deste mehr dich fürchten für gott, als der lust hat, das schönest recht zu schenden, und die besten sachen zu stürzen, umb der vermessenheit willen, das du dich drauf lessest, und pochest. 6, 137ᵇ; das man darauf sich nicht lassen, sondern allein auf gott vertrawen sol. 8, 254ᵇ; (dasz wir) uns auf gottes güte gar nicht lassen, noch wagen, sondern allzeit mehr auf gelt, gut, freund verlassen. J. Jonas ebenda 6, 381ᵇ; under welcher zal ist Hieronymus und dero die sich auf jn lassen. S. Frank chron. 1531 257ᵇ;
darumb auf gott wil hoffen ich,
auf mein verdienst nicht bawen,
auf jn mein herz sol lassen sich,
und seiner güte trawen.
Luther 8; 365ᵇ;
du solt glauben in einen gott,
uff ihn dich lassen in der nott.
ja, las dich drauf.
Schmelzl hochzeit 10ᵃ;
dasz unser feld jetzt nichts als dorn und disteln träget,
drum schwitzet unser leib und unser herze schläget:
doch lasz ich mich auf gott, der sehe was er thu.
Logau 1, 42, 59.
γ)
sich hinter einem lassen: wann man die wahrheit bekennen will, so musz ihnen (den ärzten) der jenige, so sich hinter sie läst und hinter welchem sie geld wissen, nur lohnen, dasz sie einen krank erhalten. Simpl. 2, 52 Kurz.
δ)
sich einem lassen: denn er mus blind werden, und gott sich lassen in richtigem glauben. Luther 1, 44ᵇ; nach gott sehnen, das ist, demüthig gott lieben, und sich (ihm aus gott zu ergänzen) lassen. 3, 13ᵇ; füre du mich nach deinem willen, ich las mich dir genzlich. 26ᵃ;
auf dich las uns bawen,
aus herzen grund vertrawen,
dir uns lassen ganz und gar.
8, 361ᵃ.
ε)
die reflexive fügung wird durch eine passive ersetzt (verschieden von der oben 8): ich bin .. gelassen in deinen willen, denn die kan gott leren und füren, die jre seele jm uberantworten und sich füren lassen. Luther 3, 26ᵃ; welicher in got gelassen ist wie Abraham, der bedarf dheines gsatztes. Zwingli uszlegen u. gründ der schluszreden oder articklen (1523) Z 4ᵇ; sind wir nun in got gelassen, so ist es on den geist gottes nit zuoggangen. Aᵃ.
14)
lassen, den anschein haben, aussehen, scheinen, geht wol aus von der bedeutung 3, und steht eigentlich mit unterdrückung eines objects (einen schein, ein ansehen lassen, von sich geben). es herscht seit alter zeit im mitteldeutschen (Lexer mhd. wörterb. 1, 1844) und im niederdeutschen sprachgebiete:
he quam to Brugghe und rêp,
und lêt also ein unwittich man.
Haupts zeitschr. 5, 386, 71,
wie noch heutzutage, wird aber auch seit dem 17. jahrh. in der schriftsprache, jedoch fast stets auszerhalb gewählter rede, in verschiedenen fügungen gebraucht.
a)
einer oder etwas läszt mit begleitendem prädicativem adjective, sieht aus, hat das gepräge: die gesellige unterhaltung ist ein spiel, wo alles leicht sein und leicht lassen musz. Kant 10, 147; es würde verdächtig gelassen haben, wenn er seine person hätte vertheidigen wollen, er vertheidigte also schrift und religion. Rabener sat. 1, 152; Henr. o geh! du bist eine artige richterinn. hast du schon vergessen, dasz du mir heute angehörst? Lisette. desto schärfer werde ich gegen sie sein, damit ich nicht parteiisch lasse. Lessing 1, 404; er will sie (eine miene) annehmen, vielleicht weil er glaubt, dasz sie gut läszt, dasz sie bezaubert. 6, 258; und jetzt trägt man mit ehre einen hund unter dem schönen arm, unter welchem ein gesangbuch übel lassen würde. J. Paul grönl. proc. 1, 106;
das volk bleibt vor verwundrung stehn,
und schreit: nun läszt der hut erst schön!
Gellert 1, 9;
ein weiszer hut liesz lächerlich;
schwarz, brüder! schwarz! so schickt es sich.
1, 10;
o welch ein zopf! wie wunderschön
liesz er an seinem köpfchen!
Blumauer Äneis 1, 177;
sie blühte noch im ersten jugendprangen,
daher sie zart und fast noch unreif liesz.
Gries Ariost 28, 53;
era ancor sul fiorir di primavera
sua tenerella e quasi acerba etade;
mit persönlichem dativ, anstehen: umsonst sind seine gesichtszüge noch so regelmäszig: sein eigensinn, seine lust zum spotten hat eine gewisse falte hineingebracht, die ihm in meinen augen recht häszlich läszt. Lessing 1, 404; ich erlasse dem Hippias diese sorge, sagte Danae mit einem spöttischen lächeln, welches ihr ungemein reizend liesz. Wieland 1, 284; indem er eine gewisse miene von komischem unwillen annahm, welche seiner hoheit nicht übel zu lassen pflegte. 7, 288; die frauen betheuerten, diese tracht lasse ihm vorzüglich gut. Göthe 19, 15; der alles vergessende künstlereifer liesz ihr so hold! J. Paul Tit. 2, 207; die ohrringe .. die ihr so schön lieszen. Schiller 3, 564, 8 Gödeke;
ich sah ihr antlitz an, ihr häupt, ihr güldnes haar,
ihr reden, ihren gang, wie wol ihr alles liesze.
Fleming 650;
ein räuschchen läszt
dem dichter lieblich.
Kl. Schmidt poet. br. 18;
mit einer nachdenkenden miene, die ihrem gesichtchen recht artig liesz. Thümmel 3, 471.
b)
es läszt, mit bestimmendem zusatze, es steht, kleidet: vor dem spiegel beurtheilen, wie es ihm lasse. Kant 10, 127; Dubois. aber warum sprachen sie so? Dorante. hörst du nicht? weil ich ein geck war, und glaubte, es liesze noch so galant und weise. Lessing 7, 231; wenn sie die schäferin (ein maskenkleid) nehmen wollten, ihre englische unschuldige miene! es läszt dabei ihrer taille so gut! Lenz 1, 197; ungemein gut liesz es, da sie .. die handschuhe abzog. J. Paul Tit. 2, 38;
'herr Fritsche' liesze gar zu seichte;
'magister Fritsche' klappt und klingt.
das haupt mit boy umziehn, und zu der hochzeit gehn,
läszt fast so abgeschmackt, als bei der bahre tanzen.
540;
auf steifem hals ein stutzerhaupt,
das über alle höhn
weit, weit hinaus zu ragen glaubt,
läszt doch gewisz nicht schön.
Bürger 64ᵇ;
herzhaft allem begegnen, das läszt unjüngferlich, meint sie.
Voss Luise 1, 714.
c)
es läszt mit abhängigem satze, es scheint, hat das aussehen; der abhängige satz ist durch als ob, als wenn eingeleitet: dieses wuszte keiner seiner lebensbeschreiber, nach welchen es läszt, als ob Stephanus der neunte ihn vom bloszen abte eines geringen klosters zum kardinal erhoben habe. Lessing 8, 388; wahrlich, es würde lassen, als ob ich mich, wer weisz wie nöthig, in Braunschweig glaubte, wenn ich mich schlechterdinges an nichts kehren wollte, um nur zwei oder drei tage früher dort zu sein. 12, 246; das liesze ja, als wenn man glaubte, dasz die wahrheit .. gewinnen oder verliehren könnte. Claudius 5, 135;
die letzte (crocusblume) hebt der güldnen stirne zier,
fast ohne stiel, noch in der erd herfür.
dann läszts, als ob sie sich am feur der sonne labe.
Brockes 1, 4;
es läszt, als ob das gras der blumen gold bekränze.
14;
der grünen blätter holde glätte
läszt anders nicht, als ob ein künstler sie
aus grünem atlasz selbst geschnitten hätte.
70;
es läszt, als wenn zuerst ringsum der äste spitzen
viel grüne runde perlen sitzen.
67;
seltener ist die einleitung des abhängigen satzes durch als, ob oder gar dasz:
wann jemand sich in diesem licht bewegt,
geht oder läuft, so läszts, als würde stets sein kleid
mit güldnen flocken überstreut.
1, 202;
der einwurf läszt, als woll er etwas sagen.
433;
sie (die nachtigall) machte fugen, pausen, sprünge,
und contra-puncte, dasz es liesz,
ob sie mit tausend zungen sünge.
65;
es läszt, ob kämpfe stets diesz neu-belebte völkchen (die fliegen).
155;
es liesz, dasz diese trübe schatten (des nebels)
auf meinen geist selbst einen einflusz hatten.
2, 430.
d)
in derselben bedeutung es läszt ohne abhängigen satz, es hat den anschein: hier hat mich eben ein fremder besucht, ein weiser mann, wie es anfangs liesz. Sturz 1, 269; mit persönlichem subject lassen = erscheinen, den eindruck machen:
die förderfüsz und kopf ein rechter greif auch sind,
an andern gliedern es ganz gleich der mutter liesze,
als irgend sonst ein pferd.
D. v. d. Werder Ariost 4, 18, 5;
und als er weiter kömpt, so wird er an jhr jnnen,
dasz sie schön im gesicht, an sitten und von sinnen,
ob sie wol noch erblast und sehr erschrocken lest.
4, 72, 3;
beweist der christen brauch,
der zwar den frühen todt der seinen heiszt betauren,
nicht aber trostlosz läst auch mitten in dem trauren.
Fleming 132;
so machts die heuchelei: bei tage läszt sie keusch;
doch kommt die dämmerung, so stürmt sie in ihr fleisch,
und fragt den liebsten oft: warum er nichts vermöge?
undt wann du diesen groszen menschen die welt ansiehest, was lest darinnen ungereiset? die sonne umbwandert den erdenkreisz alle tage: der monde und der ganze pöfel des gestirnes, haben ihre wanderschaft. Opitz 2, 256.
e)
es läszt, in prägnantem sinne (von oben b ausgehend), es kleidet gut, es schickt sich: da es nun nicht lassen würde, wenn sich herr Theophan in mich verliebt stellte. Lessing 1, 444; doch eben besinnt er sich, dasz es wohl eine würdigere person sein müsse, der er sein geheimnis zuerst mittheile. es würde nicht lassen, wenn sich Flora rühmen könnte, ihn dessen deflorirt zu haben. 7, 282; die mannichfaltigen phänomene .. von denen der virtuose sagt: das musz so sein, das läszt, das thut wirkung. Göthe 33, 6; vor den erleuchteten pallastfenstern hielt er mitten unter den leuten und sann nach, ob es sehr lasse, so in den garten zu laufen. J. Paul Tit. 2, 14.
II.
lassen, verbunden mit infinitiven. Die bedeutung des verbums schlieszt sich in allen nun aufzuführenden fällen an die oben I, 6 gegebene an; nur geht der begriff des zulassens, gewährens oft in den des bewirkens, machens über. in einer anzahl von fügungen liegt der übergang klar vor; in vielen andern kann man eben so gut jenen wie diesen begriff annehmen, daher die unten folgende aufzählung der fälle nicht sowol nach der bedeutung des verbums, als vielmehr nach syntaktischen gesichtspunkten erfolgt. die construction geht von dem einfachen zu lassen tretenden objectsaccusativ aus, dem ein näher bestimmender infinitiv zugesetzt wird (ich lasse ihn staunen = ich lasse ihn im zustande des staunens); man könnte eher statt der infinitivfügung ein particip des präsens erwarten (ich lasse ihn staunend), wie bei finden neben der unsern fällen vergleichbaren construction in der that auch das part. präs. gebraucht ist (gramm. 4, 628), indes findet sich auch sonst der infinitiv in vertretung des part. präs., vgl. unter haben theil 4², sp. 65. im altnordischen vertritt hier bei lâta lassen die stelle des infinitivs ein part. praeteriti, gramm. 4, 126. — Die construction hat sich ungemein reich und manigfaltig entwickelt.
1)
lassen in verbindung mit einem objectsaccusativ und dem infinitiv eines intransitiven verbums. in vielen einfachen fügungen: ahd. lâʒet iogiuuedar wahsan unzan zi arni (sinite utraque crescere usque ad messem). Tat. 72, 6;
sâr sô diu sêla   in den sind sih arhevit,
enti si den lîhhamun   likkan lâʒʒit.
Muspilli 3;
mhd. sîn schiffelîn er vlieʒen lieʒ
unt saʒ ûf sîn ors iesâ.
Trist. 171, 38;
(die königin) lie liegen den künic ir man
unde stal sich von im dan.
Iwein 99;
lât mich belîben swâ ich mac.
Parz. 193, 28;
nhd. ich wil mich zu euch wenden, und wil euch wachsen und mehren lassen. 3 Mos. 26, 9; das ir leben lasset meinen vater, meine mutter, meine brüder und meine schwester. Jos. 2, 13; darumb lies er sie dahin sterben. ps. 78, 33; man last die gueter verstuden an vil orten und wuest ligen, dasz man nit arbeiter hat. Zwingli in Wackernagels leseb. 3, 1, 255; warum wart ihr unvorsichtig genug sie entkommen zu lassen? Göthe 15, 322;
die er im leben durch den mord
zu schweigen hat gedrungen,
die mus er tod an allem ort,
mit aller stimm und zungen,
gar frölich lassen singen.
Luther 8; 371ᵃ;
ha! wie er staunen wird!
nicht lange lässest du, mein kind, ihn staunen.
Schiller Semele v. 216;
lasz, herr, des opfers düfte steigen.
ring des Polykrates;
gepriesen sei die allmacht,
die es gelingen liesz!
don Carlos 5, 3;
leg alles, alles in die wage, sprich
und lasz dein herz entscheiden.
Wallenst. tod 3, 21;
laszt ihren kummer reden! laszt sie klagen!
4, 9;
man stellte wildbrät auf und fisch
und liesz auch keinen dürsten.
Uhland ged. 339.
mit näher bestimmenden beigaben: (ich will) das übrig so ich noch wyter dir geschriben haben wolt, in der fädern stecken lǎssen. N. v. Wyle 12, 17 Keller; und müssen dennoch die christen hinder sich leben lassen. Luther 5, 51ᵇ; (Tell) liesz sie also schweben und schwanken uff dem see. Etterlin (1507) bl. 16ᵃ; ob sy glych vereinungen machend, dasz man nieman zwingen soll, so laszt man doch die ufweibler (werber) mit dem geld iedem zuo sinem sun kummen. Zwingli in Wackernagels leseb. 3, 1, 256; lassend üwere pfaffen mit einandren um des gloubens und sacramenten willen kämpfen wie fast sy wellend. 259; lasset euch kein grau haar wachsen. Simpl. 2, 297 Kurz; dieses war auch die zeit, da man, wenn die frau in kindesnöthen war, den mann in einen topf blasen liesz. Lichtenberg 3, 111; wenn es nicht zu läugnen ist, dasz er (Wieland) bald den verstand über die höheren kräfte, bald die sinnlichkeit über die sittlichen triumphiren läszt. Göthe 32, 247;
lâʒ mich mit dir sterben.
Marienklage in den fundgr. 2, 271, 17;
nun bisz mir recht wilkommen,
du edler rebensaft:
ich hab gar wol vernommen,
du bringst mir süsze kraft,
laszt mir mein gmüt nicht sinken.
Garg. 84ᵇ;
ich liesz euch bis zu ende reden.
Schiller don Carlos 3, 10;
man liesz ihn nicht einmal zu worte kommen.
Wallensteins tod 3, 22,
lasz dein eisen
auf schädel fallen, die verwundbar sind.
Macb. 5, 12;
lasz den teufel dir, dem du von je
gedient, kund thun, dasz Macduff vor der zeit
aus seiner mutter leib geschnitten ist.
ebenda;
weicht, und laszt mir die mäuler (maulthiere) hindurchgehn.
Ilias 24, 715.
2)
manche solche verbindungen treten häufiger auf, so fahren lassen, in verschiedenem sinne; einen, etwas fahren lassen, ziehen lassen, dahin lassen, fort lassen, vgl. th. 3, 1255 fg.; mhd.
der tôt möhte an mir wol hie
büeʒen swaʒ er ie getete,
unde gewert mich einer bete,
daʒ er mich lieʒe varn mit dir.
Iwein 1465;
mnl. die werelt wil ic varen laen
ende ic wil Jesum kiesen.
hor. belg. 10, 112, no. 47, 2;
nhd. herr, nu lessest du deinen diener im friede faren. Luc. 2, 29; er aber liesz den linwat faren und floh blosz von inen. Marc. 14, 52;
die göttin der gelegenheit
ist fornen nur mit haaren,
im nacken bleibt sie kahl allzeit,
drumb lasz sie ja nicht fahren,
weil du sie bei der stirne hast.
Opitz 2, 209;
ich denke was im liede stehet:
lasz fahren was nicht bleiben will.
211;
o lieber! mein lieber! lasz fahren den wahn!
Bürger 34ᵃ;
fahren lassen, in bezug auf eine rede oder erklärung, nicht weiter berühren, davon abgehen: ob er auch widerkommen werde .. las ich fahren, ich gleub es nicht. Luther 4, 43ᵇ; derwegen sie diese reden fahren lieszen und zu dem nachtimbisz giengen. Amadis 425; einem etwas fahren lassen, sein reden ungestraft hingehen lassen:
süllen wir ims umb sunst varn lan,
dasz muosz mir immer wesen laid.
fastn. sp. 415, 22;
einen fahren lassen, auch einen schleichen, streichen lassen, emittere crepitum:
das ich zurisz hosen und schuch
und den kopf voller beulen sties,
auch oftmals einen faren liesz.
froschmeus. M 3ᵃ (1, 2, 14);
läszt einen, pfui! dich an, mit guten willen streichen.
Rachel bei Steinbach 2, 743;
fallen lassen, im eigentlichen sinne: straf nu ire kinder mit hunger, und las sie ins schwert fallen. Jer. 18, 21; da hieben die kriegsknechte die stricke ab von dem kahn, und lieszen jn fallen. ap. gesch. 27, 32;
der herr geht immer voraus vor allen,
läszt unversehens eine kirsche fallen.
Göthe 13, 121;
in bildlicher rede: du möchtest dich entsetzen fur einem gewaltigen, und das recht mit schanden fallen lassen. Sir. 7, 6; reinigt euer herz von tücke, werft eure gleisznerischen larven ab, lasset die wage des richters aus euren schuldigen händen fallen. Schiller 314ᵃ (menschenfeind);
du bist ja gut,
und läszt die ruth
im schwunge oft aus deiner rechte fallen.
Schubart (1787) 1, 64;
in bezug auf rede, vgl. th. 3, 1284: lǎssen wir joch den lümden und der welt rede fallen. N. v. Wyle 75, 10; wie wol andere lerer ouch anderst dovon reden, das losz ich fallen, das ist gewisz. Keisersberg christ. bilg. A 2ᵃ; gehen lassen, auszer in der eigentlichen bedeutung auch = den lauf lassen: da sorget er, das gott seinen ernst lasse gehen, und das land strafe. Luther 4, 104ᵇ; auf das wir erwehreten, das er (gott) die strafe nicht gehen liesze. ebenda;
ich lass es gehn,
und musz dann eben diesen vorwurf tragen.
Göthe 9, 175;
mit reflexivem accusativ, sich gehen lassen, seinen angewohnheiten oder neigungen den lauf lassen, sich nicht zügeln: er läszt sich in gesellschaft zu sehr gehen; etwas zu herzen gehen lassen, annehmen:
der du der armen flehen
dir allzeit gern zu herzen lassest gehen.
bleiben lassen, entweder bestehen lassen: gedenk, herr gib mir zuo thun das, das in mir ist, und lasz es also bleiben, thuo was du magst. Keisersberg has im pf. b 5ᵃ;
haut ab den baum, verderbt jn glat,
den stam mit wurzeln bleiben lat.
H. Sachs 3, 1, 148ᵃ;
oder unterlassen, vgl. theil 2, sp. 93:
dasz der tod uns übereile
lasse man die klage bleiben.
Logau 1, 162, 97;
stehen lassen, eigentlich:
er nam den flôʒ und zoch in dan
dâ er sîn ros hêt lâʒen stân.
Wigalois 162, 19;
am absturz einer hölle
laszt ihr mich stehen und entflieht.
Schiller don Carlos 3, 4;
übertragen, bestehen lassen, unangetastet lassen:
das wort sie sollen lassen stan,
und kein dank dazu haben.
Luther 8, 364ᵇ;
muszt mir meine erde
doch lassen stehn (Prometheus zu Zeus).
Göthe 2, 79;
geschehen lassen: die vornehmen haushaltungen würden schon so lange mit unordnung geführet, dasz man es geschehen lassen müsse. Möser patr. phant. 1, 4;
dasz diesz opfer dir gefalle,
lasz ein zeichen jetzt geschehn!
Schiller 56ᵃ;
doch weil ers ruhig läszt geschehn,
so lassens die andern auch.
Uhland ged. 335;
walten lassen: wenn es darzuo kompt das er (der mensch) got ganz anhanget, denn gang jm zuohanden was es wöl so laszt er es (gen., dessen) got walten. Keisersb. has im pf. b 4ᵈ;
tröste dich nur dasz deine sach
ist gottes, dem befiehl die rach,
und lasz es ihn schlecht walten.
M. Altenburg in Wackernagels leseb. 2 (1839), 339, 3;
stecken lassen, sitzen lassen: deine tröster haben dich uberredt und verfürt, und in schlam gefurt, und lassen dich nu stecken. Jer. 38, 22; diwyle ich aber diner wyshait allain haim geben hab ze urtailen ob ich die colores rethoricales söll lǎssen ersitzen (unvollendet lassen, liegen lassen) oder zuͦ ende bringen. N. v. Wyle 10, 21; eine sitzen lassen, sie nicht heiraten: eine vernünftige tochter, kriegt wol einen man, aber ein ungeratene tochter, lesst man sitzen. Sir. 22, 4;
eine braut läszt er sitzen in thränen und schmerz.
Schiller Wallenst. lager, 7. auftr.;
liegen lassen, ruhen lassen: nǎch sitte der binen, die von bluͦmen das beste .. samelnt und hinweg tragent, und das arg fürgende (vorbeigehend) still ligen lǎssen. N. v. Wyle 14, 21; so müsten wir ouch die hailigen geschrift ungelesen ruͦmen (lies ruͦwen) lǎssen. 14, 10;
wir liszen alle ding wol geweilen
und wolten mit dem geschüz nit eilen.
landsknechtlied bei Adrian mittheil. 130,
die vöglein sorgen lassen, und ähnl. sprichwörtliche wendungen für: sich unbekümmert lassen: (wenn der mann vernünftige sorge für das seine getragen hat) dornoch losz er fögelin sorgen. Keisersberg postille 3, 81ᵇ;
unser feindt ist nunmehr dahin,
hat seins verrahtens schlechten gwin,
wird uns nun nicht verrahten morgn.
desz seind wir ohn all scheü und sorgn,
unsern lust alhie zu verbringen,
und laszn die klein waltvögelein singen.
J. Ayrer 374ᶜ (1876, 27 Keller);
darumb habt ainen kecken sinn
und lasset das felt röslein tragen!
377ᵈ (1892, 31);
sein lassen, eintreten lassen:
lasz friede sein, und Dido werde braut.
Schiller 38ᵇ;
bestehen lassen, bleiben lassen:
dasz doch der unverschämte todt
nichts lange lässet sein,
was uns vor andern lieb und noth,
und sonst nicht ist gemein.
Fleming 313;
aber auch bleiben lassen, unterlassen:
das saget dir das fädemlin
darunter, lausz dein groszes trinken sin.
Birlinger schwäb.-augsb. wb. 151ᵇ (von 1461);
ach Gretlein, lasz dein weinen sein.
Garg. 92ᵃ;
sei wolgemuth, lasz trawren sein,
auf regen folget sonnenschein.
Opitz (1624) 28;
dünken, belieben, gefallen, genieszen, ermangeln lassen: las dichs (acc. und gen.) nicht dünken fur gott, du seiest tüchtig gnug dazu, und las dich nicht dünken beim könige, du seiest weise gnug dazu. las dich nicht verlangen richter zu sein. Sir 7, 5. 6; weil ihnen (unsern gästen, sagt einer) vielleicht lieber were, in diesen plätzen und gefilden sich umbzuschauen? sie lieszen es ihnen belieben. Opitz 2, 259; last euch begnügen an eurem sold. Schuppius 8 (nach Luc. 3, 14); (man) liesz sich sogar die angebotene sächsische vermittelung gefallen. Schiller 899ᵃ; ihre (der gedichte Wielands) munterkeit fand bei jedermann eingang, und selbst die ernsteren Deutschen lieszen sie sich gefallen. Göthe 32, 247; bei einem sehr wohl besetzten mittagstische liesz man sichs an keinem genusz ermangeln. 26, 20;
ich lasse mich an dem begnügen
was nicht bemüth, und doch erfrewt.
Opitz (1624) 92;
lasz mich der neuen freiheit genieszen.
Schiller Maria Stuart 3, 1;
das lasz dir genügen.
Iphig. 4, 3;
herr, lasz dir gefallen
dieses kleine haus.
Göthe 5, 127;
träumen lassen: gute nacht, laszt euch was schönes träumen. Göthe 19, 199; und in freiem sinne: des marchese Marinelli freundlichkeit hätt ich mir nie träumen lassen. Lessing 2, 143;
hier ruhen die engel an friedensbäumen,
und lassen von euch sich wenig träumen.
Platen 163;
wissen lassen, merken lassen, ahnen, glauben, sehen, hören, lesen lassen: lasz mich wissen, ob du gehst; er liesz mich glauben, dasz er viel geld habe; jetzt läszt er mich sehen, wie er in wahrheit gesinnt ist; durch welches wort habe ich mich merken lassen, dasz ich ihn weiter als aus seinen büchern kenne? Lessing 8, 207; der fürst hatte .. sie (seine gemahlin) bemerken lassen, wie gerade hier das gebirgsland mit dem flachen lande einen glücklichen umtausch treffe. Göthe 15, 300;
wer dieser mann gewesen,
läszt, wandrer, dich sein grabmaal lesen.
Gellert 1, 18;
ach! rief er, läszt kein stein mich lesen,
wer dieser fromme mann gewesen?
19;
lasz mich hören.
Göthe 19, 269.
3)
statt des persönlichen accusativs steht auch ein dativ: liesz ihm gott erleben, dasz sein vater und brüder zu ihm in Egyptenland kamen. Schuppius 517; die Böotier lieszen ihnen zur antwort wissen. Heilman Thucyd. 385; diese lieszen ihm wissen, sie würden den ort nicht verlassen. 601; er liesz ihnen wissen, dasz er morgen früh auf befehl des sultans Dehly verlasse. Wieland 8, 443; ich will lieber von meinetwegen den nachbar noch bitten .. mir bei gelegenheit wissen zu lassen, ob er noch seine sätze für .. klar und richtig hält. Lessing 10, 77; wenn sie mir gegen weihnachten dieses jahrs wissen lassen, wie weit sie damit gekommen sind. 13, 654; ich fürchtete mich keineswegs, und liesz ihm wissen, dasz ich die sache gleich an den papst bringen würde. Göthe 34, 66; nun liesz mein gedachter gesell einem der secretarien des herrn Peter Ludwig merken, dasz .. ich ein vermögen von achtzig tausend ducaten besitze. 305; ich liesz ihm wissen, dasz er fortfahren sollte etwas zu lernen. 325; thu mir den gefallen, meiner schwester .. im vorbeigehen wissen zu lassen, dasz man sie hier im gartensaal erwarte. Schiller neffe als onkel 1, 2;
lasz du deinem liebling niemals fühlen,
dasz ..
Gökingk 3, 102;
lasz ihm nie empfinden, o du holde,
dasz ..
103.
4)
in gangbaren und formelhaften redensarten, zumal im imperativ, ist der accusativ bei dem infinitiv auch unterdrückt: lasz hören!; lasz sehen! (verstanden mich); lasz sein! lasz stehn! (verstanden es) sagt die mutter abmahnend zum kinde; niederd. laot slîken lasz es nur hingehn, bemerke es nicht. Danneil 195ᵇ; lasz fallen! ruft der jäger bei einem laufjagen denen zu, die das falltuch oder die schnappe zu besorgen haben. Jacobsson 2, 561ᵃ; sprichwörtlich leben und leben lassen. Simrock sprichw. s. 331; lassen sie hören! Wieland 15, 94;
wer sind sie denn in diesem reich? lasz hören!
regentin etwa? nimmermehr!
Schiller don Carlos 1, 5;
briefe freilich
von dem infanten aufgefangen, müszten
hier wirkung thun. lasz sehen. nicht wahr? ja.
2, 12;
laszt hören! was gewann ich denn durch eure
dienstfertigkeit?
3, 4;
der käiser liesze zu pferd blasen, und wolte weiter fort. Schuppius 76; (als die feinde) mit büchsstralen zu jm herausz praszleten, tonnerten und hurnauszten, und jhm viel an der seit erschossen, zog er das helmlin ab, und sprach, oho lasz rauschen. Garg. 233ᵃ;
was sag ich denn vom rauschen?
das kann kein rauschen sein.
es singen wohl die nixen
tief unten ihren reihn!
lasz singen, gesell, lasz rauschen,
und wandre fröhlich nach.
W. Müller müllerlieder;
der edelmann
sprach: lat verstan,
hett ir die guten röck auch an,
da euch mein knecht beraubet han?
H. Sachs 1, 281 Gödeke;
lasz werben und werben, von nah und von fern!
erwirbt mich doch keiner der stattlichen herrn.
Bürger 34ᵃ;
warum weinet die dirn und zergrämet sich schier?
lasz fahren dahin, lasz fahren!
Schiller Wallensteins lager, 11. auftr.;
mit folgendem abhängigem satze: lasz sehen, was du gekauft hast; lassen sie hören, wo sie gewesen sind!; der vatter antwortet: las sehen, mein büble, was kanst. Wickram rollw. 126, 16 Kurz; he (der esel) leest ym genügen, das ich ym how und haver gebe. altd. bl. 1, 152;
lasz sehn, spricht Galathee, obs auch die meine sei?
sie nimmt die amsel weg.
Gellert 3, 465;
lasz sehn, wer von uns beiden, wenn es gilt,
dem tode kühner trotzt.
Schiller Turandot 4, 10;
er lest sich dünken, er wölle den Jordan mit seinem munde ausschöpfen. Hiob 40, 18.
5)
wie man dem infinitiv in einigen der unter no. 4 aufgeführten verbindungen entschieden passiven sinn unterlegen kann, so ist auch dieser letztere für die folgenden reihen von fällen angenommen worden, vgl. gramm. 4, 62. allein auch hier musz die unterdrückung eines persönlichen accusativs allgemeineren sinnes vorausgesetzt werden, mit welcher eine deutung des infinitivs als passiv erst ermöglicht wird, von der das sprachbewustsein indesz absolut nichts fühlt. die fälle, die solchergestalt die nächste innere verwandtschaft zu den unten 6 aufzuführenden an sich tragen, sind folgende.
a)
bei lassen steht ein verbum in verbindung mit einem persönlichen dativ; ich lasse mir sagen musz als knapper ausdruck genommen werden für ich lasse einen oder jemand mir sagen, und jüngerer sprachgebrauch, nachdem sich einmal die formelhafte wendung festgesetzt, ist es, wenn bei näherer bestimmung statt eines solchen accusativs eine fügung mit präpositionen eingesetzt wird: ich lasse mir von oder durch jemand sagen (vgl. nachher das beispiel aus Lessing); er läszt sich von niemand etwas befehlen, statt er läszt sich niemand etwas befehlen. die beispiele sind häufig: mhd.
wâ von aber daʒ geschach,
daʒ lât iu sagen, als ich eʒ weiʒ.
Barl. 12, 17;
nhd. das die hoffertigen nicht in gottes gnaden und werken, sondern in iren eigen werken helfen, rhaten und vermügen sich lassen. Luther 1, 43ᵇ; glidergevexirte, .. die jnen nicht rhaten lassen. Fischart podagr. trostbüchl. (1577) B 7ᵇ; wir sagen auch von ehrnreichen leuten: er laszt jm nicht umb sonst thuͦn, er laszt nicht zu jm stehn. dienst umb gelt. Agr. spr. 51ᵇ; die, so inen selbs .. ire eigene hende und fuesze abhauwen und inen dornach an derselben stette andere eiserne hende und fuesze loszen an machen. Haupts zeitschr. 3, 157 (16. jh.); ich lasz mir sagen, es sein im anfang hie etliche steinerne heuser aufgebawet. Mathes. Sar. 146ᵃ; den hanen aber hat er mir geben und geschenkt, laszt dir dabei vil guͦts sagen. Wickram rollw. 9, 25 Kurz; ich hab mir sagen lassen, dasz ein armer derwisch .. pers. rosenth. 7, 20; was musz ich durch ihn meinem vater sagen lassen? Lessing 2, 179; der papst .. liesz mir sagen: ich möchte den kelch fertig machen. Göthe 34, 171; (die mutter) liesz mir vorspiegeln, als wenn sie nach Civita Vecchia den weg genommen hätte. 186
los meister klügle und lasz dir sagen.
Frischlin phasma H 3ᵇ;
hört, ihr herrn, und laszt euch sagen:
die glocke hat zehne geschlagen.
nachtwächterruf, z. b. bei Körner nachtwächter, 7. auftr.;
die neugier der prinzessin
läszt sich nichts unterschlagen.
Schiller don Carlos 1, 4;
laszt die beschneieten mäntel euch abziehn.
Voss ged. (1785) 173;
mit ungewöhnlicher stellung des verbums lassen: dasselb Cherephonisch nachteulisch und fledermäusisch klittern (wie dem Demosthenes) will ich mir bei leib nicht nach lassen sagen. Garg. 25ᵃ.
b)
in verbindung mit einem reflexiven accusativ (ich lasse mich nennen für ich lasse einen mich nennen): ahd. lâʒet iuuuih lêren, lantrihtari. Notker ps. 2, 10; mhd.
daʒ ich mich slahen lâʒe
sô lasterlîche âne wer.
Iwein 6634
nhd. desz sich etlich schon hand lassen vermerken. Zwingli in Wackernagels leseb. 3, 1, 258; wie komstu aber dazu, dasz du dich nun Pacifontius nennen lessest? Schuppius 798; am ende läszt sich von leichdörnern und pflaster schon was schreiben. Claudius 1, 46; ihr werdet euch doch nicht dahinten finden lassen (zurückbleiben), nun frisch! singet uns eins. Fr. Müller 1, 258; ein verlust, der sich verschmerzen läszt. Gotter 3, 75; es (das gedicht) liesz sich allenfalls anhören. Göthe 23, 201; es läszt sich bemerken, dasz von zeit zu zeit in der deutschen nation sich gewisse dichterische epochen hervorthun. 45, 313; auszer dem kreise dessen, was sich durch erfahrung bethätigen läszt. 32, 265; so etwas läszt sich nicht wollen, nicht erzwingen durch kunst. Schiller 1239ᵃ; so viel geld läszt sich, weisz gott, nicht mit etwas gutem verdienen. kab. u. liebe 5, 5;
der wein der leszt sich gar wol trinken.
fastn. sp. 206, 19;
der mut ward den sophisten klein
fur diesen newen dingen,
das sich gott lies so merken.
Luther 8, 371ᵃ;
er ist vor mehr gewest beim scherz,
darbei laszt er sich finden.
landsknechtlied bei Adrian mittheil. 130;
in silber, kleinot, gold und gelt
des liesz sich sehen mancher held (beim schützenfeste).
Grob ausred. der schützen bei Haupt 3, 244;
auf dem blauen salze (dem meere) reiten
und ein hölznes pferd (ein schiff) beschreiten,
läszt sich thun; doch hats bedenken,
dasz mans nicht zu tief darf tränken.
Logau 2, 5, 11;
der küster läszt sich lange fragen,
als könnt ers ohne scheu nicht sagen.
Gellert 1, 19
er läszt sich wieder sehn.
Lessing 2, 212;
läszt sich sonst nichts sehen?
Gotter 1, 55;
ich musz dich nun vor allen dingen
in lustige gesellschaft bringen,
damit du siehst, wie leicht sichs leben läszt.
Göthe 12, 107;
wos noth thut, fährmann, läszt sich alles wagen.
Schiller Tell 1, 1;
ich unglückseliger liesz mich bewegen.
braut von Messina v. 1652;
wohl. es läszt sich anders
nicht thun. ich sehs. ich musz mich drein ergeben.
Iphig. 3, 4;
er läszt sich nicht befehlen.
Macbeth 4, 4
(he will not be commanded.
Shakesp. Macb. 4, 1);
auch hier wendungen, die den unterdrückten accusativ ersetzen, zum theil in anschaulichem beispiel: wir sagen lasz dich keinen erwischen; lasz dich nicht erwischen; lasz von keinem dich erwischen; lasz dich keinem erwischen, wo die erstere wendung die ursprüngliche, die zweite die gekürzte ist, während die dritte und vierte den verlorenen persönlichen accusativ nachträglich in anderer weise ersetzen; da sich der frembde jüngling mich sehen liesz. buch d. liebe 209ᶜ, jetzt ist nur möglich zu sagen sich von mir sehen liesz;
die schmähsucht läszt sich doch den eifer nicht bekehren,
den ein gerechter schmerz der unschuld abgelockt.
lasz dich den teufel bei einem haare fassen, und du bist sein auf ewig! Lessing 2, 132, wo heute eher gesagt würde lasz dich vom teufel bei einem haare fassen;
lasz dich von ihm an diesem ort nicht finden!
Schiller braut von Messina v. 1879;
(die junge braut), die schon gröszere lust bezeigte, die welt zu sehen und sich der welt sehen zu lassen. Göthe 17, 84; diesem frommen z. b. lieszen sich stimmen vom himmel hören. Herder zerstr. bl. 6 (1820) 254;
er wagts. zwo krempen aufzusteifen.
drauf läszt er sich dem volke sehn.
Gellert 1, 9.
c)
mit einem nicht reflexiven accusative bei transitiven verben: zuom xix. lot er syn schatz nit sehen. Keisersberg bilg. A 3ᵇ; wenn sy (eine buszpredigt) schon geschryben were, man liesz sy nit lesen. has im pf. c 1ᵃ; und als er (der landvogt Geszler) do ettwas zyt wonet, liesz er einen stecken under die linden, da mengklich fur gan must, uff stecken. Etterlin (1507) 14ᵇ; der herr lyesz ein pott tuon und uszruefen offentlichen, wer der were, der da fürgienge, der sölte dem huot reverenz tuon. ebenda; wir söllend sehen dasz wir die warheit nit lassind mit der luge niderlegen. Zwingli in Wackernagels leseb. 3, 1, 267; die eidtgnossen lieszend die übrigen erschlagenen uff der walstatt in grosze gruben begraben. Tschudi 529ᵇ; den leichnam eines gefangenen prinzen, ... den er müszte begraben oder verbrennen lassen. Lessing 2, 98; (Egmont) liesz einige von den schlimmsten aufrührern am leben strafen. Schiller 835ᵃ; sie liesz zu diesem ende einen eid aufsetzen. 847ᵃ; sie haben uns eine kirche gebaut und unsre jugend erziehen lassen. Schiller 314ᵃ (menschenfeind); was hab ich merken lassen? wem hab ichs merken lassen? kab. u. liebe 4, 7 (vgl. zu letzterem satze unten no. 7); als die aufgebundene serviette einen verworrenen haufen spannenlanger puppen sehen liesz. Göthe 18, 14; sobald der gouverneur mit dem fiscal zurückgekommen war, liesz er mich rufen. 34, 177; der gouverneur liesz mich in sein zimmer rufen. 179;
der alte feind sie fangen lies,
erschreckt sie lang mit drewen.
Luther 8, 370ᵇ
dieweil der Rein mit seinem lauf
tringt also stark und heftig drauf,
und laszt sein macht so streng da schawen,
das man jn nicht gnug kan verbawen.
Fischart glückh. schiff 547;
der die (des rechts) gerechte waag
durch keine zusag noch zulag
(der unschuld plag) verfälschen lasset.
als auf des ordensmeisters aufgebot
die ritter sich auf ihrer insel stellten,
die Soliman belagern liesz.
Schiller don Carlos 3, 7;
der monarch
läszt ihre majestät ersuchen, dem
ambassadeur von Frankreich kein gehör
für heute zu bewilligen.
4, 3;
den tag nachher .. liesz mich
der könig zu sich fordern.
5, 3;
lasz dich erweichen! lasz mich leben!
Iphig. 5, 4.
6)
lassen mit transitiven verben und zwei accusativen, von denen der eine das subject, der andere das object eines abhängigen satzes ausdrücken würde: goth. lêt þans dauþans filhan seinans dauþans (ἄφες τοὺς νεκροὺς θάψαι τοὺς ἑαυτῶν νεκρούς). Matth. 8, 22; ahd. ther quad imo thô: hêrro, lâʒ mih êr faran inti bigraban mînan fater. thô quad imo ther heilant: folgê mir inti lâʒ tôtê bigraban irô tôtun. Tat. 51, 3; michelichôt got sament mir: ne lâʒet mih iʒ einen tuon. Notker ps. 33, 4; daʒ er iʒ unsih lâʒʒe wiʒen. 43, 21; mhd.
ich wil iweren clâren lîp
lâʒen küssen mîn wîp.
Parz. 310, 16;
hêr, lât mich iwern urloup hân.
349, 26;
nhd. folge du mir und las die todten jre todten begraben. Matth. 8, 22; doch umb des eides willen .. wolt er sie nicht lassen eine feilbitte thun. Marc. 6, 26; endlich kriegten sie einander bei denen köpfen und lieszen ihre hände mit beiderseits haaren cameradschaft machen. Darbennime 223; lassen sie mich das liebliche phantom verfolgen, bis es von selbst von mir abschied nimmt. Schiller 317; freilich lieszen ihn die folgen seiner handelsweise .. keine entschuldigung aufbringen. Göthe 15, 288; ich lasse meine personen viel sprechen, sich mit einer gewissen breite herauslassen. an Schiller 488;
las uns im himel haben teil
mit den heilgen in ewigem heil.
Luther 8, 367ᵇ;
das trost- und blutlos härtz laszt keinen etwasz sprechen.
so läszt der herr ihn seinen rücken
gar vielmal nach den kirschen bücken.
Göthe 13, 121;
lasz ewge nacht dein licht verschlingen, lasz
um dein gehör sich lagern ewge stille.
Schiller Semele v. 169;
wenn
ich zweifeln soll, so laszt mich wenigstens
bei euch den anfang machen.
don Carlos 3, 4;
auch sie lasz keinen trauerschleier tragen.
Iphig. 5, 6;
lasz mich ihn finden, glück! ich will nicht mehr.
Macbeth 5, 10
(let me find him, fortune!
Shakesp. Macb. 5, 7);
lasz mit kindlichem kuss dein junges gemahl ihn erwecken.
Voss 2, 289;
für den objectsaccusativ ein abhängiger satz:
lasz böse zungen sprechen
was ihnen nur gefällt.
Opitz 2, 212;
das verbum ist aus dem vorhergehenden zu ergänzen:
ich vermags,
mein vaterland zu retten.   lasz michs immer! (nämlich thun oder retten).
Schiller Iphig. 5, 5;
mit reflexiven verben: so aber der ungleubige sich scheidet, so las jn sich scheiden. 1 Cor. 7, 15; wie Pharao sich solche hohe göttliche wunderwerk nichts (mit nichten) bewegen liesz. Melanchthon im corp. doctr. christ. (1560) 656; haltend üch zesammen, und lassend die frömden herren sich mit einanderen roufen. Zwingli in Wackernagels leseb. 3, 1, 259; mit der zeit lieszen sich auch die kinder gottes, die waren gliedmasz der kirchen, der gottlosen glück und reichthumb verfüren. Mathes. Sar. 82ᵃ; ehe wir den alten einen so unnöthigen transport von Cypern nach Creta verursachen: dächte ich doch, wir lieszen den Plinius sich lieber verschrieben haben. Lessing 8, 96;
der denket hoch, und strebet ganz nach ehren,
und jener läszt die liebe sich bethören.
Opitz 3, 188;
sobald ich mich die deine nenne, lasz
von irgend einem alten zuverlässgen knecht
begleitet, mich in hoffnung einer künftgen
beglückten auferstehung, mich begraben.
Göthe 9, 383;
laszt sich den kranken gleich hieher verfügen.
Tieck prinz Zerbino, 5. act;
lasz unsre regimenter
sich fertig halten, heut noch aufzubrechen.
Schiller Wallensteins tod 3, 23;
mit unpersönlichen verben: lieber vatter, das lasz dich nit betruͤben. Keisersberg has im pf. b 5ᵃ; las dichs nicht wundern, das ich dir gesagt habe, ir müsset von newen geborn werden. Joh. 3, 7;
dô ir iuch die armin
lîʒint irbarmin.
entecr. in den fundgr. 2, 133, 11;
ach gott vom himel sich darein,
und las dich das erbarmen.
Luther 8, 364ᵃ;
dis sind recht nachbarn, die wol weit,
doch, wan sie wollen, nah sind heut,
und nahen nachbarn auch zugan,
und sich kein müh dran hindern lan.
Fischart glückh. schiff 758;
last euch mein elendts gschrei bedaurn!
J. Ayrer fastn. sp. 9ᵇ (2379, 19 Keller);
freund, schweif aus mit deinen blicken!
lasz dich die natur entzücken,
die dir sonst gelacht!
Gotter 1, 14;
lasz dichs nicht schrecken, Semele, wenn er
die grauen seiner gegenwart ..
aufstellen wird, den wunsch dir zu entleiden.
Schiller Semele v. 237;
läszt sichs
der jäger nicht verdrieszen, tage lang
umherzustreifen in des winters strenge.
Tell 4, 3;
mit verben des wissens, erfahrens, merkens, fühlens, empfindens: du lessest mich erfaren viel und grosze angst. ps. 71, 20; nicht besser, glaube ich, als wenn ich es den unpartheyischen leser selbst versuchen lasse. Lessing 4, 69; ein gewisser instinkt .. warnte ihn, seine liebe tante nichts von der gemachten entdeckung merken zu lassen. Wieland 11, 20; er ist nichts desto weniger Horazens könig der könige, und es kann gelegenheit geben, wo er es die könige, die es im ernste sind, fühlen lassen kann. 13, 242; wenn sie .. klug genug sind, ihn ihre stärke und überlegenheit so wenig als möglich fühlen zu lassen. 15, 96; lassen sie mich alles wissen. Göthe 18, 178; wie ist es ihm weiter ergangen? lassen sie mich es wissen. 20, 28; als es mit meiner baarschaft zu ende ging, liesz ich sie es merken. 23, 81; ich fürchtete mich so sehr als die andern, liesz mich es aber nur weniger merken. 34, 189;
er liesz sie da die höchsten lehren
aus seinem heiligen munde hören.
Göthe 13, 119;
lassen sie
das meinen vater ja nicht merken.
Schiller don Carlos 1, 1;
lasz mich
an jene goldne zeiten dich erinnern,
an deine liebe lasz mich dich erinnern.
4, 15.
7)
zumal bei verben der letzteren art ist in der neuern sprache statt des persönlichen accusativs ein dativ mit vorliebe gesetzt (vgl. dazu oben 3 und 5, b a. e.): den feinden die antwort wissen lassen. Heilman Thuc. 267; vielmehr sah ich mich gezwungen, den rest meiner jahre auf eine so niederträchtige art hinzubringen, dasz ich bedenken trage, solches der nachwelt wissen zu lassen. Rabener sat. 1, 154; möchte ihnen dieser kuss meine ganze seele fühlen lassen. Weisze lustsp. 1, 6; aber habe ich mir es itzt merken lassen, dasz ich eine (philosophin) bin? o pfui, wenn ich mir es habe merken lassen; und wenn ich mir es öftrer habe merken lassen! Lessing 2, 166; diese aufschrift .. wird ihnen den innhalt ungefehr errathen lassen. 3, 290; doch muszte ich ihn (vgl. oben 2 a. e.) auch nicht glauben lassen; dasz ich ihn für gereizt hielte: oder muszte es ihm nur durch die versicherung, dasz ich ihn nicht dafür hielt, merken lassen. 8, 191; ihm sodann es doppelt empfinden zu lassen, wen er auf eine so nichtswürdige art beleidiget hat. 12, 386; man liesz es ihnen dadurch merken, dasz man sie zu schriften oder zu erfindungen aufforderte. Klopstock 12, 415; ohne ihm, bis es zeit wäre, das geringste von seinem vorhaben merken zu lassen. Wieland 7, 112; lasz dir gegen Zeineb nichts von der einfältigen historie merken. 8, 265; das verbot, ihm vor seinem achtzehnten jahre kein milchmädchen sehen zu lassen, ist nicht um ein haar gescheidter. 12, 173; er entdeckte ihr, was vorgegangen war, und liesz ihr im allgemeinen seinen plan, seine wünsche sehen. Göthe 18, 61; es thut ihm doch wohl, wenn er mich ansieht; ich sehs ihm an den augen ab, wenn er mirs gleich sonst nicht will merken lassen. 7, 129; sie erinnern sich, wie lebhaft ich ihnen bei unsrer ersten bekanntschaft meine abneigung gegen das theater sehen liesz. 236; ich traf mehrere bekannte dort an, und merkte bald, dasz ich sie in einer unterredung gestört hatte. ich liesz mir nichts merken. 19, 329; nun ging es .. durch einen wald der hoch- und schlankstämmigsten lärchenbäume, der, immer durchsichtiger werdend, ihnen zuletzt die schönste besitzung, die man sich nur denken kann, im klarsten sonnenlichte sehen liesz. 21, 62; durch diese erklärung war ich zwar beruhigt, nur wollte es mir nicht recht gefallen, das hübsche kind in einem öffentlichen laden .. zu wissen .. doch liesz ich mir nichts merken. 24, 285; so entstand unter den wohl- und zartgesinnten ein misbehagen, welches man dem verfasser merken liesz. 26, 107; da ich .. ihr zunächst alle briefe die ich erhielt, und alle antworten, die ich darauf ertheilte, sehen liesz. 169; am meere habe ich auch verschiedene pflanzen gefunden, deren ähnlicher charakter mir ihre eigenschaften näher kennen liesz. 27, 140; sie (Angelica Kaufmann) hatte sich kaum freundlich zu mir herausgeneigt, als sie sich zurückbog um die neben ihr sitzende, wieder genesene Mailänderin mir sehen zu lassen. 29, 285; diejenigen, denen die schwierigkeiten der sprache eine menge schönheiten nicht mit empfinden lieszen. 46, 152; wollen sie mir hierüber ihren entschlusz wissen lassen. an Schiller 823; zugleich verlange ich wohl so ein neues billet von ihnen, das mir ihren zustand wenigstens leidlich hoffen läszt (knappe fassung für wenigstens als einen leidlichen). F. A. Wolf an C. G. Schütz den 3. märz 1797;
lasz ihr den vogel sehn.
Gellert 3, 455;
tempelh. das weisz er? klosterbr. ja, und möcht
es gern dem könig Philipp wissen lassen.
Lessing 2, 219;
sieh, Henzi, dieses blatt läszt dir die namen wissen,
die alle diese nacht durch uns erkalten müssen.
3, 342;
erst läszt er .. von dem, was wahr und immer schön
und selbstbeständig ist, ihr nur die schatten sehn.
Wieland 9, 130;
und wenn ihr mich denn ja behalten wollt,
so laszt es mir durch eintracht sehen.
Göthe 9, 145;
dann gibts einen anlasz, gibts ein fest,
wo mans (das geschmeide) so nach und nach den leuten sehen läszt.
12, 149;
seltener bei andern verben: die insignia und fasces, die er von den prätoren erbeutet, und die ihm seine soldaten übertragen, kan ich ihm brauchen lassen. Lessing 2, 523; das alles war und that Capriccio bei den Schweizern 1749. und was lassen sie ihm 1760 thun? schlechte leszingische fabeln machen. 6, 267; der lebhafte wird feuer und flamme gegen den, der ihm zu lau sich zu betragen scheinet: und der laue wird kalt wie eis, um jenem so viel übereilungen begehen zu lassen, als ihm nur immer nützlich sein können. 7, 388.
8)
besonders angeführt sei lassen in verbindung mit werden und sein.
a)
werden lassen, mit persönlichem oder sächlichem object und prädicativem adjectiv oder particip: las seine macht gros werden. 5 Mos. 33, 7; (ich) hab dich erzogen und lassen gros werden. Hes. 16, 7; (er) zürnet noch murret .. nicht wider gott, das er jn hatte lassen blind werden. Tob. 2, 13; wir lassen die früchte erst reif werden;
wie sauer lassen wirs uns werden nichts
zu thun!
Wieland Horazens br. 1 (1782) 174
(strenua nos exercet inertia.
Hor. ep. 1, 11, 28);
erbarmen sie sich meiner! lassen sie —
um gottes willen, lassen sie mich nicht —
nicht aufgeopfert werden!
Schiller don Carlos 1, 3;
mit prädicativem substantiv: wir wollen den knaben erst einen mann werden lassen; lasz mich nur einen groszen mann werden, Daniel, so sollst du mein verwalter sein und mit mir in der kutsche fahren. Schiller räuber 4, 3 (vergl. zu letzterem beispiele unten 11, b).
b)
sein lassen, mit persönlichem oder sächlichem object und prädicativem adjectiv oder possessiv, das letztere im ahd. flectiert: fone diu ne lâʒet in diu atahafta forhta nieht sâlîgen uuesen (quare continuus timor non sinit esse felicem). Notker Boeth. 65, 72; im mhd. schon nicht mehr:
lâ dir mînen gruoʒ wesen leit.
genes. 64, 1 Diemer;
ebensowenig wie im nhd.: sie hat aber eine jüngere schwester die ist schöner denn sie, die las dein sein fur diese. richt. 15, 2; darumb lassen (lasset) unser walfarten und opfer gericht sein zuͦ den lebendigen heiligen. Wickram rollw. 11, 2 Kurz; er soll sich das gesagt sein lassen; lasz mich dir werth sein in dieser stunde! Klinger die neue Arria 130; satt des adjectivs ein adverb: man asz, trank und liesz sichs wohl sein. Göthe 18, 15; dafür: las dein herz guter ding sein. richt. 19, 6; ein allgemeines sächliches object ist ausgelassen: meine einsamkeit bei der ich mir jetziger beschaffenheit nach nicht liesz übel sein. Opitz 2, 248. häufig ist die formel etwas gut sein lassen, etwas nicht weiter erörtern wollen, eine sache ruhen lassen: wir wollen das ding, die sache gut sein lassen; er fängt oft an, und kommt ihm denn eine andre grille, da läszt ers gut sein, und denkt nicht weiter dran. Claudius 1, 40; lasz er es gut sein, Miller! Schiller kab. u. liebe 5, 3;
laszts gut sein, vater Arc! laszt sie gewähren!
jungfr. von Orleans, prolog, 2. auftr.;
lasz (für lasz es) gut sein! forsche nicht nach dingen, die
jungfrauen nicht zu wissen ziemt.
Iphig. 3, 3;
mit prädicativem substantiv: ne lâʒ mih âne gotheit mennischen sîn. Notker ps. 27, 1; lieber sweher Oswalt, zeuch mir ab das haiden claid und tawf mich und lass mich hinfur deinen diener sein. sand Oswalds leben in Haupts zeitschr. 13, 487; die (gekauften fremden und deren kinder) solt jr leibeigen knechte sein lassen. 3 Mos. 25, 46; man wolle mich lassen sein die person die ich doch in der wahrheit bin. Luther br. 5, 424; man musz die alten poeten lassen weise leut gewesen sein. Mathes. Sar. 23ᵇ; und du gute seele, die du eben den drang fühlst, wie er (Werther), schöpfe trost aus seinem leiden, und lasz das büchlein deinen freund sein. Göthe 16, 3;
laszt mich euern zweiten sein.
10, 253;
ja, lasz mich deinen engel sein.
Schiller don Carlos 2, 8;
lasz mich ein kind sein, sei es mit.
M. Stuart 3, 1;
o meister, liebster meister mein,
lasz du mich deinen gesellen sein.
Uhland ged. 332;
mit hinzutretendem persönlichem dativ: ich lasse mir das eine warnung sein; lasz dirs ein zeichen sein; lasz dir das mächtigen sporn sein, den gang kühn und edel zu vollenden, den du betreten hast. Klinger theat. 2, 164; umb den Fritzen bekümmer dich nur nicht und lasse dirs ein fabel sein, wann er sagt, er wolle sich selbst umbbringen. Simpl. 4, 42 Kurz. in stehenden formeln und sprichwörtlichen redensarten: also das gänzlich zuschliszen, das die medici macht haben, sich zu lib den kranken in allerlai leut zu verändern, wie ain hofman, der ruben laszt biren sein. Fischart podagr. trostb. (1577) cᵇ; gott einen frommen mann sein lassen, sich um nichts grämen oder kümmern; lasz gott einen guten mann sein. Simrock sprichw. s. 205; oder vielmehr, ich hätte rauch rauch sein lassen, und gar nichts daraus geschlossen. Lessing 11, 189;
o wer ich bei der frauen mein,
wolt ich den krieg krieg lassen sein!
J. Ayrer fastn. sp. 122ᵇ (2947, 22 Keller);
aber dieses prädicative substantiv ist auch in den nominativ gestellt: mhd.
er lâʒe de naht ein tac sîn.
Iwein 2136 (lesart einin tac);
lâʒ mich sîn dîn dienstman.
Parz. 715, 29 (lesart dînen dienstman);
nhd. sie wollen ja, prinz, wegen ihrer vermählung einen gesandten nach Massa schicken? lassen sie den grafen dieser gesandte sein. Lessing 2, 127, zu welcher stelle folgende bemerkung: auch sonst sind einige kleinigkeiten (in dem ersten drucke der Emilia) geändert worden, die ich nicht billigen kann. z. e. lassen sie den grafen diesen gesandten sein. so habe ich ganz gewisz nicht geschrieben, und es ist undeutsch. es musz heiszen: lassen sie den grafen dieser gesandte sein. 12, 348; ich lasz es ein vorzug des lieben gottes sein, den willen für die that anzunehmen. 505.
9)
im 17. und 18. jahrh. ist eine, meist ironisch angewendete formel gebräuchlich: das lasz mir einen geschickten mann sein! Melander 1, no. 149 (lasz ihn dafür gelten, zweifle nicht daran); die knaben haben .. sich im gesichte mit koth beschmieret, darüber sie von dem h. vater stattliche geschenke bekommen. last mir das einen heiligen vater sein! Wesenigk böse spielsieben (1702) 54; juchhe, herr gevatter König! das laszt mir einen gevatter sein! Weisze kom. opern 3, 141; das laszt mir einen rechtschaffenen advokaten sein! Lessing 1, 173; Staleno. er ist so vergafft in sie, dasz er sie lieber heute als morgen nähme, und wenn sie auch nackend zu ihm käme. Philto. das laszt mir liebe sein! 475.
10)
anders die formel sich (dat.) sein lassen, sich vorstellen, einbilden: lasz dir sein, imaginez-vous, finge, imaginatevi. teutschfranz.-lat.-ital. dictionarium (1700) 100ᵇ; lasz dir sein du seigist der der ich bin, eum te esse finge, qui sum ego Maaler 262ᵈ; brauche dich seinn (deines vaters) mit freuden, weil du jhn hast, er würdt dir zur erbschaft weinen und heulen lassen, lasse dir sein, er seie ein alter baum, der sich zur erden neige, bald brechen und fallen werdt. Petr. 73ᵇ; wie jener Paduaner, der jm sein lisz, er het so ain grosz nasz, das sie nicht zur stuben hinaus ging. Fischart podagr. trostbüchl. (1577) cᵇ.
11)
besondere verwendung des imperativs von lassen.
a)
die zweite imp. von lassen mit einem infinitiv umschreibt eine erste imp. des durch solchen infinitiv gegebenen verbalbegriffes: lasz uns thun, lasset uns singen, für thun wir, singen wir. gramm. 4, 88f. wird darauf hingewiesen, dasz diese offenbare höflichkeitsformel, welche die entscheidung aus der hand des auffordernden in die des aufgeforderten zu spielen scheint, niederdeutschen ursprungs ist, mnl. laet ons, mnd. latet uns, engl. let us: mnl.
gaet eten, ende laet ons keren
te miere herberghen met eren.
Reinaert 1185 Martin;
laet daer ons om varen jaghen.
5664;
nu laet ons gaen een vrolic ganc
in ganser ware minne.
hor. belg. 10, 192;
niederd. komet, latet uns wedderkeren
to mineme wive.
Reinecke 1157;
niederrh. balde so laist uns hinne gain.
G. Hagen chron. 883;
im nhd. erst seit Luther häufig: gott sprach, laszt uns menschen machen. 1 Mos. 1, 26; so kom, las uns unserm vater wein zu trinken geben. 19, 32; laszt uns die dirne rufen. 24, 57; laszt uns loben die berümbten leute. Sir. 44, 1; das ist der erbe, kompt, laszt uns jn tödten, und sein erbgut an uns bringen. Matth. 21, 38; die teufel baten jn alle, und sprachen, las uns in die sew faren. Marc. 5, 12; lasset uns drei hütten machen. Luc. 9, 33; so lasset uns ablegen die werk der finsternis, und anlegen die waffen des liechtes. lasset uns ehrbarlich wandeln. Röm. 13, 12. 13; lasset uns nicht mehr einer den andern richten. 14, 13; lieber lasz uns tauschen mit einander. Pauli schimpf u. ernst (1538) 61ᵇ; last uns zu fusz streiten. Amadis 406; darumb lassen uns nun gnug nach unsers herzen lust mit einander reden. Wickram rollw. 135, 7 Kurz; herr gast, lassen uns ein wenig spacieren gan. 126, 14: lassen sie uns nicht zu voreilig richten, Rosenberg. Schiller 312ᵃ;
kompt last uns ausz spatzieren.
Opitz 2, 192;
laszt uns ihren glanz besinnen.
Fleming 320;
her, wir wagen uns zusammen.
lasz uns sehn, wers beste mach.
425;
bruder! komm und lasz uns wandern,
habe leid und lust gemein.
brüder, laszt uns lustig sein,
weil der frühling währet.
923;
lasz uns noch die flasche theilen!
hurtig! hurtig! trink doch aus!
Lessing 1, 80;
lasz uns beide das fest im stillen freudig begehen!
Göthe 1, 275;
laszt uns
einander nicht erweichen!
Schiller M. Stuart 5, 1;
lasz, deine hand in meine hand gelegt,
das neue bündnisz glücklich uns beginnen.
Iphig. 4, 2;
laszt uns sie da ligen, und zu unserem guten Gurgelstrozza .. umbkehren. Garg. 208ᵃ (wol für laszt uns sie da ligen lassen = lassen wir sie da liegen). bei reflexiven verben findet sich das pronomen nur einmal gesetzt: in allen dingen lasset uns (für uns uns) beweisen, als die diener gottes. 2 Cor. 6, 4; lasset uns frewen und frölich sein. offenb. 19, 7;
lasz uns aber des lebens noch freun, so lange der frühling
unsrer jugend noch winkt.
Hölty (Wien u. Prag) 2, 165;
kommt, lieber herr, nach dieser langen fahrt
schmeckt ruhe süsz; laszt hurtig uns entgürten!
Wieland Oberon 3, 35 (spätere änderung: laszt hurtig euch entgürten);
die rosen blühn;
laszt uns bemühn,
gelehrt zu sein und weise.
b)
in einem vordersatze führt lasz, plur. laszt ein angenommenes oder zugegebenes ein: losz es schon sein, das du disze zeitliche ding behalten macht, .. noch denn so bringent sye dir einen groszen berlichen (offenbaren) onwiderleglichen schaden. Keisersberg postille (1522) 3, 79ᵇ;
lasz die dornen stechen,
füsz und kleider brechen,
sie (die tugend) wird alles rechen,
durch ihren lohn.
Fleming 300;
lasz
auch sein, dasz mirs von dieser seite glückte,
das heer zu hintergehn.
Schiller Iphig. 2, 4;
lasz auch nach Argos mich entkommen — mit
vereinten schaaren fallen sie auf mich,
zerstören feindlich die cyklopenstadt
und machen meinem reiche dort ein ende.
ebenda;
laszt es auch ruchbar werden! ist doch niemand
so mächtig, uns zur rechenschaft zu ziehen!
Macb. 5, 1;
oder ein auf andere verhältnisse anwendbares:
lasz
die glücklichen erröthen! diese züchtge
bedenklichkeiten jetzt bei seite ...
Iphig. 5, 5;
lasz die von ihren kräften sagen,
die schwach und blosz von tugend sind.
Opitz 2, 210.
12)
während das part. prät. in den fällen unter I gelassen lautet, steht es in den fällen II gewöhnlich ohne vorsilbe (ein unterschied der sich aber erst in der nhd. sprache ausgebildet hat, im mhd. noch nicht vortritt): er hat sie verdorren lassen, und verstöret. Sir. 10, 20; schreiet zu gott, denn der euch hat wegfüren lassen, wird ewr nicht vergessen. Baruch 4, 27; wir haben auch in unser öffentlich stadbuch schreiben lassen, was sie geworben haben. 1 Macc. 14, 22; so frage ich euch nu, warumb jr mich habt lassen foddern? ap. gesch. 10, 29; wann du in deiner verwirrung auch ihn das hättest hören lassen! Lessing 2, 136; da hab ich voriges jahr den groszen sumpf lassen austrocknen gegen mitternacht. Schiller menschenfeind, 1. scene;
denn hett es einer nicht gethan,
man hett jn nicht begraben lahn.
Fischart dicht. 1, 162, 1160 Kurz
hat er euch schon
was merken lassen?
Lessing 2, 217;
Daja. und nun darf Recha doch wohl hoffen? tempelh. was?
Daja. warum sie euch so öfters bitten lassen.
223;
doch findet sich auch in solcher stellung gelassen
ihr verloret den schopf, wie ich sehe, das fell von den wangen
und die handschuh dabei. wo habt ihr sie hängen gelassen?
Göthe 40, 31;
und in passiven wendungen ist nur das letztere gebräuchlich: das wird liegen gelassen; sie wurde von ihm lange zeit vertröstet, und dann sitzen gelassen.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1878), Bd. VI (1885), Sp. 213, Z. 45.

lasset, lassitz, n.?

lasset, lassitz, n.?
eine wieselart und das pelzwerk davon: etlich köstlich meüszbelg werdend an etlichen orten verkouft, so lassitz genent werdend, söllend sich so vil die farb antrifft, von äschenfarb auf weisz ziehen, nit vil über ein zwech- (lies zwerch-) finger breit. so schreibt herr doctor Cuͦnrat Geszner er hab auf ein zeit zuͦ Frankfurt bei den kürsinern ein geschlächt der wiselin gehört lassitz nennen, etlich meinend dasz sölich sye so auf teütsch harnball genennt wirt (vergl. zu letzterem harmbalg theil 4², 482). Forer thierb. 113ᵃ; bei seinem gewährsmann Geszner aber: ego, si recte memini, mustelae quoddam genus Francfordiae apud pellifices olim lasset appellari audivi. de quadrupedibus viviparis (1551) 844; in der form last:
da komen zobeln, mardern, lüchsz,
wolf, otter, byber, iltisz, füchsz,
werk, hermlen, lasten, vielfrasz, bern.
B. Waldis Esop 4, 34, 43;
keine frau darf der guten schauben mehr haben als drei von fehrücken, von lasset oder von fehwammen. Schm. 1, 1503 Fromm., wo das wort aus dem namen des wiesels bei Polen, Böhmen und Russen lasica, lasyce, lásotschka erklärt wird; lassat als pelzwerk script. rer. Siles. 3, 209. das adj. dazu lasseten, lassaten Schm. a. a. o.: auch sol hinfüro einicher unser burger oder inwoner von mannsbilden nit tragen oder zu seinem leibe geprawchen einich hermlein, zöblein oder lassatein wat. Nürnb. poliz.-ordn. 104.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1878), Bd. VI (1885), Sp. 241, Z. 37.

Im ¹DWB stöbern

a b c d e f g h i
j k l m n o p q r
s t u v w x y z -
landmark lauffrohne
Zitationshilfe
„lassen“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/lassen>.

Weitere Informationen …


Weitere Informationen zum Deutschen Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)