Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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lauern, verb.

lauern, verb.
insidiari, speculari.
1)
das wort ist erst im späten mhd. als lûren aufzuweisen, findet sich aber in gleicher bedeutung auch in andern dialekten: niederl. loeren, loer-ooghen, observare insidiose, speculari, captare, insidiari (Kilian); schwed. lura, dän. lure. obwol über die abstammungsverhältnisse von lauern nichts erschöpfendes beigebracht werden kann, so ist doch als sicher anzunehmen, dasz es mit mhd. losen, lusmen und unserm lauschen nebst seinen verwandten nicht zusammenhängt (obwol im bairischen und tirol. luren die bedeutung von horchen, staunend aufhorchen, angenommen hat. Schm. 1, 1500 Fromm. Fromm. 6, 173); denn der begriff des verbums lauern geht von einer augenthätigkeit aus (dagegen lôsen von einer ohrenthätigkeit), etwa des starrsehens, die in folgenden worten deutlich zu grunde liegt: schweiz. loren, luren, scharf auf etwas sehen, heimlich nachstellen, gluren, heimtückisch drein sehen, angluuren jemanden glurend von unten auf besehen Stalder 2, 178. 179; altnord. lûra, to doze, nap (Vigfusson), zunächst von dem starren blicke eines schlaftrunkenen; danach schwed. lura, dän. lure, ein schläfchen halten; holländ. loeren auch connivere (Kilian), vielleicht auch elsässisch, wenn die unter 3 mitgetheilte stelle aus Keisersberg entsprechend gedeutet werden darf; engl. lower die stirn runzeln, finster, sauer aussehen, zürnen; lower der finstere blick; niederd. lûren, sich tückisch zurück halten, die augen nicht aufschlagen dürfen; träge und unlustig sein. Brem. wb. 3, 101; endlich das franz. lorgner, heimlich betrachten, norm. form loriner Diez 2, 362, das aus dem deutschen herüber genommen ist.
2)
lauern heiszt spähen, aufpassen in feindlicher gesinnung, zur verfolgung, aus dem hinterhalt beobachten; in mehrfacher stellung.
a)
absolut: sie halten zu hauf und lauren. ps. 56, 7; auch lauret sie wie ein rauber. spr. Sal. 23, 28; brauchs (ein sprichwort) so du wilt sagen, es stell sich einer ein ding nit wissen noch sehen, das er doch sihet und weisz, wir sagen: er lauret, er schläft wie ein hasz. S. Frank sprichw. 2, 17ᵇ;
darümb so musz ich lawrn (um einen zu fangen)
und wachen alle dise nacht.
Keller erz. aus altdeutsch. handschr. 237, 37;
ausgerüstet zum verderben,
lauert dort ein wolkenheer.
Gotter 3, 449;
im substantivisch gesetzten infinitiv: es ist kein lauren uber des neidharts lauren. Syr. 25, 19; gern hätte er im offenen kampfe .. gestritten, aber dies katzenartige lauern war ihm unmöglich. Arnim kronenw. 1, 106; und im particip lauernd:
wer doch, o Atreus' sohn, der unsterblichen rieth den entwurf dir,
dasz du mit zwang mich haschtest, ein lauernder?
Odyssee 4, 463;
in der neuern sprache ein beliebtes, für hinterlistiges bezeigen höchst anschauliches wort: ein feiner lauernder zug um mund und wange. Göthe 8, 49; Julia .. langsam und lauernd (sprechend). Schiller Fiesko 2, 2;
warum so heimlich, hinterlistig, laurend,
gleich einem dieb und diebeshelfer schleichen:
Wallensteins tod 2, 7;
denn Walsingham und Burleigh hassen mich,
ich weisz dasz sie mir lauernd netze stellen.
Maria Stuart 2, 8;
lauernd umschleicht es (das unglück)
die häuser der menschen.
braut v. Messina v. 2271.
b)
es treten dazu örtliche bestimmungen: gehet hin, und lauret in den weinbergen (um weiber zu entführen). richter 21, 20; er sitzt und lauret in den höfen, er erwürget die unschüldigen heimlich. ps. 10, 8; er lauret im verborgen, wie ein lew in der hüle. v. 9; habe an meines nehesten thür gelauret. Hiob 31, 9; itzt ist sie hauszen, jtzt auf der gassen, und lauret an allen ecken. spr. Sal. 7, 12;
es lauert
der böse genius dir an der seite,
und will gewaltsam auch von zeit zu zeit
ein opfer haben.
Göthe 9, 183;
verloren ist das land,
wo zwietracht in den königshallen lauert.
Körner 3, 25;
aus seinem bösen blicke lauerte verrath; hinter ihm lauert tücke.
c)
der gegenstand des lauerns wird durch auf vermittelt: daʒ er ûf den andern gelûret und gewegelâget het. mon. Zoll. 3, 387 (von 1358) bei Lexer mhd. handwb. 1, 1990; wenn aber jemand hasz tregt wider seinen nehesten, und lauret auf jn. 5 Mos. 19, 11; da ward den Gasitern gesagt, Simson ist herein komen, und sie umbgaben jn, und lieszen auf jn lauren die ganze nacht. richt. 16, 2; so wil ich auch werden gegen sie wie ein lewe, und wie ein parder auf dem wege wil ich auf sie lauren. Hos. 13, 7; diese zween eltesten, die sich heimlich versteckt hatten, und auf sie laureten. Susanna 16; und laureten auf jn (ἐνεδρεύοντες αὐτόν), und suchten, ob sie etwas erjagen kündten aus seinem munde, das sie eine sache zu jm hetten. Luc. 11, 54;
du wirst der rache doch gewiszlich noch wohl innen,
es lauren auf dich schon die höllischen göttinnen,
bisz dasz dein unglück dich in ihre hände bringt.
Opitz 1, 194;
so wie ein junger löwe liegt,
und laurt auf seinen feind.
Gleim 4, 29;
wachsam lauern auf dich die tapfersten unter den freiern,
dort, wo Ithaka scheidet der sund von der felsigen Samos,
dich zu ermorden gefaszt, eh das vaterland du erreichest.
Odyssee 15, 28;
gehe mit uns, wir wöllen auf blut lauren, und den unschüldigen on ursache nachstellen. spr. Sal. 1, 11; laure nicht als gottloser auf das haus des gerechten. 24, 15; der pardel wird auf jre stedte lauren, alle die da selbs heraus gehen, wird er fressen. Jer. 5, 6;
wo er (Asmodi) auf unheil lauernd lag.
Wieland 21, 194.
dafür mit abhängigem satze: er lauret das er den elenden erhassche. ps. 10, 9. — Redensart einem auf den dienst lauern, auf sein thun in feindlicher absicht genau acht geben: ich habe Jacoben brav auf den dienst gelauert. Chr. Weise comöd. 178; noch hab ich weder die stelle, noch die braut, und da ist sohn und vater, die mir auf den dienst lauren und mir jeden augenblick beides wegfischen können. Schiller parasit 4, 9; Sievers. wer ist der Weislingen? Metzler. des bischofs rechte hand, ein gewaltiger herr, der dem Götz auch aufn dienst lauert. Göthe 8, 5. vgl. auflauern.
3)
ein trans. lauern, mit falscher hoffnung betrügen, vexieren, scheint von der bedeutung 2 ausgegangen: niederd. enen nig luren, es ehrlich mit jemand meinen. Brem. wb. 3, 101;
das thier sprach abermals zum bawrn,
ich bit, du wölst mich nicht mehr lawrn,
und lassens bei dem urtheil bleiben,
welchs uns wird diser hundt verschreiben.
B. Waldis Esop 4, 99, 224.
vergl. das transitive ablauern theil 1, 68, welches in den angegebenen sinn übergreift: mit diesen schelmenbeinern (würfeln) zwackten, laureten und stalen sie einander ihr geld ab. Simpl. 1, 187 Kurz.
4)
lauern, den bösen sinn verlierend, zeigt zugleich die beiden thätigkeiten, die in lauern 2 zusammengefaszt werden, getheilt, indem es entweder ein geschärftes warten oder ein verborgensein bezeichnet.
a)
warten, in derberer sprechweise: o wie oft hastu uffgethon din ougen (erwachend), du hast dich uffgericht, du hast dʒ hemd angeleit, aber du bist noch nit ab dem beth gestigen, du sitzst noch zuͦ luren, und etwan entschlofst du widerümb. Keisersberg bilg. 153ᵇ (vgl. jedoch zu dieser stelle die bemerkung unter 1);
ich bin gar manche nacht umb kneten (bei buhlschaften) ..
nu han ich nie umbsunst gelaurt.
wie vast das vleisch mir ward verslossen,
so han ich doch albeg der prue genossen.
fastn. sp. 261, 28, ähnlich 339, 14;
da sitz und wart ich auf, da laur ich in die nacht.
mit angabe des zweckes:
mhd. des kalten winters weln wir nimmer lûren.
minnes. 3, 306ᵇ Hagen;
durch die praep. auf eingeleitet: bei seinen eltern nur auf etliche thaler geld lauerte. irrgart. 499; ich wette, du lauerst auf einen brief von mir, und wir lauern auf einen von dir. Lessing 12, 501; auf diesem wege kam er nach und nach dazu, natürlich zu spielen und doch immer verstellt zu sein. er schien hingerissen, und lauerte auf den effect. Göthe 19, 120;
ie doch laur wir immer und harren
ie ein narr auf den andern narren.
fastn. sp. 27, 7;
der andern tugend laurt nur auf gelegne zeit,
und streckt die waffen oft, eh man sie noch bestritten.
Wieland 17, 61 (Idris 1, 93);
in dieser hoffnung laurt sie auf gelegenheit
allein mit ihm zu sein.
18, 36;
ein liedchen, das gefällt und nützt,
worauf die mädchen lauern.
Göthe 5, 10.
lauern auch wie lungern, sich irgendwo herumtreiben, in der hoffnung künftigen vortheils:
ich hatt als accessist einmal beim amt gelauert.
7, 63.
b)
verborgen liegen, so dasz ein plötzliches hervorbrechen anzunehmen ist; in der edlern neueren sprache: so warm sprechen meinungen nicht. hinter diesen maximen lauert ein feurigeres interesse, das dir meine dienste besonders abscheulich malt. Schiller kab. u. liebe 4, 7; sogar im bibliothekar schien seit einigen tagen ein geheimnis zu lauern. J. Paul Tit. 4, 2;
gleich lockend war, was unter nebeldecken
zu lauern schien, und was sie mislich fand
aus übertriebner scham dem blöden zu verstecken.
Wieland 17, 196 (Idris 3, 119);
locket neue wohnung dich an und neue verbindung,
so geniesze mit dank, was dann dir das schicksal bereitet ..
aber dann auch setze nur leicht den beweglichen fusz auf;
denn es lauert der doppelte schmerz des neuen verlustes.
Göthe 40, 336.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1878), Bd. VI (1885), Sp. 304, Z. 1.

verlauern, verb.

verlauern, verb.
lauernd verbringen, auf der lauer zubringen: die zeit unnütz verlauern. Heinsius 4, 2, 1314.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1891), Bd. XII,I (1956), Sp. 738, Z. 53.

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Zitationshilfe
„lauern“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/lauern>.

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