Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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heimlich, adj. und adv.

heimlich, adj. und adv.
vernaculus, occultus; mhd. heimelîch, heimlîch, heinlîch. dem sinne nach sich mit dem adj. heimisch berührend, ist heimlich im allgemeinen von jeher mehr in anwendung gewesen und daher auch begrifflich reicher ausgebildet worden. es bedeutet
1)
zunächst von personen einheimisch, an einem bestimmten orte zu hause, gegensatz zu fremd:
bit in daʒ er die geste
und die heinlîchen habe wert.
Parz. 345, 9;
ich vuor von lande über mer
mit einem heimelîchen her.
Tristan 162, 2;
an aim fremden menschen sam an aim haimleichen. Megenberg 483, 3; die heimlichen geschlechter zu Freyburg versagten noch in unsrer väter tagen dem adel ehren und regiment. Niebuhr 2, 142; und die schwäbische braut (muste) einen andern wittwensitz, als die sächsische bekommen, da jene auf waffen und pferd, diese aber auf ein landgut heimlich geführt wurde. Möser osn. gesch. 1, 10.
2)
von thieren, im hause lebend, zahm, gegensatz zu wild: und ist kain wildeʒ tier, daʒ sô schier haimleich werd und den läuten undertân (als der elephant). Megenberg 134, 16; heimlicher schweineber, verres, est porcus domesticus non castratus. voc. inc. theut. i 3ᵃ; wann man die wilden enten fahen, und heimlich oder zam machen will. Sebiz feldb. 112; die wilden (schwanen) sind in unsern landen ungemein, sind aber etwas kleiner als die heimlichen. Hohberg 2, 538ᵃ; Bellonius schreibt, man könne den bieber zahm und heimlich machen. 549ᵇ;
ja, wir wölln hasn und merkatzn fangen,
und wölln wilt affen ausznemen,
sie heimlich machen und zemen.
J. Ayrer 455ᵃ (2287, 17 Keller);
es war so heimlich und so zahm.
Brockes 6, 253;
und das alte wild oder rech mit ihr so heimlich war als die jungen waren. Bocc. (1580) 1, 72ᵃ. auch von pflanzen: heimlicher zitwan, calamus aromaticus, est nomen cuiusdam herbae. voc. inc. theut. i 3ᵃ (vergl. heimisch 4 am schlusse).
3)
aus der bedeutung des heimatlichen und häuslichen flieszt die vorstellung des traulichen und vertrauten.
a)
von einem orte, einer zeit, einem dinge, und den daran sich bildenden gefühlen, in welchem sinne das adjectiv vorzüglich im bair. und alemannischen sprachgebiete volksmäszig ist (Schm. 2, 194. Schmid 270. Stalder 2, 34): zwei linden die mit ihren ausgebreiteten ästen den kleinen platz vor der kirche bedecken, der ringsum mit bauerhöfen, scheuern und höfen eingeschlossen ist. so vertraulich, so heimlich hab ich nicht leicht ein plätzchen gefunden. Göthe 16, 17; die warme stube, der heimelige nachmittag. J. Gotthelf schuldenb. 127;
dasz desz geflügels heer sich also frölich stellt,
dasz durch sein singen saat und heiden heimlich werden.
Opitz 2, 10;
noch harrte im heimlichen dämmerlicht
die welt dem morgen entgegen.
Körner 1, 286;
ich fühle es noch, wie heimlich mirs war, als ich zum erstenmale an einem hohen mittag hinein (in ein von bäumen geschlossenes plätzchen) trat. Göthe 16, 82; wir dachten es uns so bequem, so artig, so gemüthlich und heimlich, die welt, die wir zusammen nicht sehen sollten, in der erinnerung zu durchreisen. 17, 11. substantivisch: das ist das wahre heimelig, wenn der mensch so von herzen fühlt, wie wenig er ist, wie grosz der herr ist, und dabei ihm so wohl ums herz wird, als wäre er halbers schon im himmel. J. Gotthelf schuldenb. 147. In etwas anderem sinne es ist mir heimlich, wohl, frei von furcht: dem von Seckendorf war hiebei nit haimlich, dann er nit wissen mogt, was das fur ein wesen. Zimmer. chron. 4, 221, 33, welche verbindung den übergang zu der folgenden bedeutung bildet.
b)
heimlich ist auch der von gespensterhaftem freie ort: es ist im hause heimlich, domus a spectris non infestatur. Steinbach 1, 728; es musz in diesem gebüsch nicht gar heimlich sein. wer weisz, was vor ein geist uns verführen will. G. Hoffmann Eviana (Leipz. 1696) 157. vergl. unheimlich.
c)
von menschen, in verschiedenen abstufungen.
α)
häuslich bequem, ohne sich zwang anzuthun: nun aber fangen wir an uns zu schämen, dasz wir so lange für schicklich gefunden, ihn (den geist im Hamlet) auch im innersten gemach der königin geharnischt auftreten zu sehen. wie viel heimlicher, häuslicher, furchtbarer tritt er jetzt nun auch hier auf, in derselben gestalt wie er sonst hier zu verweilen pflegte, im hauskleide, im nachtrock, harmlos, ohne wehr. Göthe 45, 62.
β)
vertraut, freundlich, zutraulich: (das leben des heil. Ludwig) das beschrebin hat er Berlt, sin cappellan, der im heimelich gewest ist von jogent bis an sinen tod. Ködiz 1, 15; slugen zu tod ein purger .. und slaiften und töten ein .. di waren dem pischoff heimleichen. d. städtechron. 1, 57, 6; der treip sin wip von im, darumbe daʒ sü eime bischove zuͦ heimelich waʒ. 8, 34, 14; die zuͦ dem rate hörent und ime heimlich sint. 9, 1016, 23; was bringt etwan me verachtung, dann zuvil heimlich sein den underthonen? J. Pauli 30; es ist leichtfertiger leut art, dasz sie mit eim jeden leichtlich kundtschaft machen und werden ihm baldt heimlich. Agr. spr. (1560) 8ᵃ; sie war mit uns schon so heimlich, dasz ichs wagt, und ihres namens begert. Andreae chym. hochz. 1, 3, 68; mein vater hat sie recht heimlich gemacht, bis sie ihm alles verschrieben hat. Horn Schmiedejacob 2, 65; bair. gegen jemand heimlich werden. Schm. 2, 194;
der herren knecht
und ander die zuͦ hoff gont schlecken
und heimlich bi den herren stecken.
Brant narrensch. 100, 4.
γ)
friedfertig, still, so bairisch (Schm. a. a. o.); heimlich und still gemüt, alta mens et placida Maaler 216ᶜ; adverbial:
sie (die schlange) sprach: wir haben beid nit raum,
kan mich allein behelfen kaum.
er (der igel) sprach: ich will mich gar wol schicken,
heimlich in einen winkel drücken
und halten wie ein frommer gast.
B. Waldis Esop 2, 98, 12.
d)
in Schlesien braucht man heimlich im sinne von freundlich, heiter bezüglich des wetters: wir werden heute heimliches wetter haben, habebimus hodie sudum coelum. Steinbach 1, 728; ein heimlicher abend trockne die pfützen eines schlüpfrigen tages auf. Lohenstein Arm. 1, 76ᵃ; ein mann stehet unbeweget: es ist allzeit hell, allzeit heimlichs wetter in seinem gemüte. Opitz 2, 305.
4)
aus dem heimatlichen, häuslichen entwickelt sich weiter der begriff des fremden augen entzogenen, verborgenen, geheimen, eben auch in mehrfacher beziehung ausgebildet.
a)
das adjectiv ist näher an einen gegenstand angeschlossen, und bedeutet mehr passiv verborgen gelegen oder gehalten, versteckt, in bezug auf orte, dinge, kräfte: wenne seiner prünften zeit ist, daʒ eʒ unkäuschen wil, sô suocht eʒ im haimleich stet, daʒ eʒ die läut iht sehent. Megenberg 124, 21; feurpfeil .. oder heimliche feur (griechisches). deutsche städtechron. 2, 290, 23;
si wîst in heinlîche wege.
Parz. 100, 2;
die heimliche schetze, und die verborgen kleinot. Jes. 45, 3; sie hatten einen heimlichen gang unter dem tisch gemacht. Bel zu Babel 12; heimlicher uszgang under der erden, cunus, via et foramen sub terra. voc. inc. theut. i 3ᵃ; heimlich buch, in Straszburg das geheimbuch für aufzeichnung von ratsbeschlüssen und straferkenntnissen. d. städtechr. 9, 1019, 9; durch eine heimliche thür hinein tratte. Amadis 44; sol er auch seine heimliche halten (hinterhalte) also artlich verschmückt haben. Fronsperg kriegsb. 1, 177ᵇ; was ich aber dir von bepstlicher heiligkeit geschrieben habe, ist noch heimlich, ich vertraw dirs aber als meinem lieben bruder, behalts bei dir. Alberus newe zeitung (1541) 6; den schlüssel zu i. f. g. heimlichsten sachen anvertraut. Schweinichen 1, 145; da ich dich so oft im heimlichen bade .. überrascht habe. Klinger 10, 11; ihre heimliche surplus-kasse. J. Paul herbstbl. 3, 245. etwas heimlich halten, versteckt; etwas vor einem heimlich haben, oder vor im verbergen, occultare rem aliquam alicui. Maaler 216ᶜ; wann einer gefangene heimlich hält. carolina art. 41; eine sache heimlich halten. Hahns hist. 1721, 2, 272, not. dd; wann es nur heimlich bleibe, sei es keine sünde. Schuppius 509; ein verleumbder verrhet was er heimlich weis. spr. Sal. 11, 13;
wann laub und grasz durch winters pein
stirbt gänzlich vor den augen dein.
wi haimlich bleibt ir wachsent kraft,
erscheint dürch summers aigenschaft.
du zeigest mir den weg, der zu der weisheit führt,
der auch sonst heimlich ist, den nie kein heide spürt.
Fleming 8, 15 Lappenb.;
das blättchen (ein brief) im apfel sasz heimlich und tief.
Bürger 33ᵃ;
es zog ihn entlang,
beim schimmer des lämpchens, den heimlichen gang.
33ᵇ;
horch! horch! da knarrte die heimliche thür.
35ᵃ;
links am see ...
liegt eine matte heimlich im gehölz.
Schiller Tell 1, 4;
versammelt hab ich
in heimlicher kapelle die gefährten.
M. Stuart 3, 6;
ewge kräfte, zeit und ferne,
heimlich wie die kraft der sterne,
wiegen dieses blut zur ruh.
Göthe 1, 50;
und ich fühle dieser schmerzen,
still im herzen,
heimlich bildende gewalt.
101.
frei und für den modernen sprachgebrauch ungewöhnlich:
wenn die alte ernster und leiser
zu sprechen begann und vom Rothbart sprach,
von unserem heimlichen kaiser ...
er hause versteckt in einem berg.
H. Heine 17, 163.
heimlich ist zu einem verbum des verbergens gestellt: er verbirget mich heimlich in seinem gezelt. ps. 27, 5; du verbirgest sie heimlich bei dir fur jedermans trotz. 31, 21; als er die leiche heimlich versteckt hatte. Tob. 2, 4; wir reden von der heimlichen verborgenen weisheit gottes. 1 Cor. 2, 7. heimliche orte am menschlichen körper, pudenda: soll die (verbrecherin) durch verständige frawen an heimlichen stätten .. besichtigt werden. carolina art. 35; welche leute nicht sturben die wurden geschlagen an heimlichen örten. 1 Sam. 5, 12; die krankheiten hieran heiszen heimliche: schlug die leute in der stad, beide klein und gros, und kriegten heimliche plage an heimlichen örten. 1 Sam. 5, 9;
der hab das heimlich leiden!
Garg. 86ᵇ;
doch steht heimlich leiden vielfach auch in ganz anderem sinne: das heimlich leiden, heimlicher und verborgener schmerz, dolor tacitus Maaler 216ᶜ; sy tregt in irem herzen ein heimlich leiden oder kumber, mente tacita gerit vulnus. das.; denn er (Paulus) gibt das brennen schlecht allen, die on gnade in der keuscheit sind, und zeigt kein ander erznei, denn die ehe. wo es nun nicht so gemein ding, oder ein ander raht dazu were, hette er ja nicht die ehe fürgeschlagen, wiewol man es auf deudsch heiszt, das heimlich leiden, welchs sprichwort doch auch nicht so gemein were, wo es ein recht, heimlich ubel were. Luther 2, 306ᵃ. heimlich gmach, latrina. Maaler 216ᵈ; zubrachen die seule Baal, sampt der kirchen Baal und machten ein heimlich gemach draus. 2 kön. 10, 27; peto secessum, ich wil uffs heimlich gmach gehn. Alb.; der andere .. wüntschte sich glückseelig zu sein, wann er dasz brett auf dem heimlichen gemach were, damit er seiner liebsten je zu zeiten, möchte den leib berühren. Philander 1 (1642) s. 123; heimlich zu der natur, cloaca, priveta, latrina. voc. inc. theut. i 3ᵃ;
Simplex noch weiter am heimlichen ort
seine red mit dem scheermesser führt fort.
Simpl. 2, 180 Kurz.
b)
von rat, anschlägen, verhandlungen: sü hettend ouch eine gesetzede, daʒ sü pfaffen möhtent under in han, aber ir keiner solte meister under in sine noch an iren heimelichen rot gon. d. städtechr. 8, 106, 27; hastu gottes heimlichen rat gehört? Hiob 15, 8; heimliche rathschläge, consilia clandestina Steinbach 1, 727; da huob die fraw an, ich enwaisz von was haimlicher offenbarung, als ob si künftige ding weste. herz. Ernst 233, 1 Bartsch; liesz sie die nächsten freunde des Scherfenberger kommen, die muszten ihn heimlich nehmen und um seinen vorsatz fragen. Grimm deutsche sagen no. 29; zu offenbaren heimliche vertrawete rede. Sir. 42, 29; ich hab o könig dir was heimlichs zu sagen. richter 3, 19; redet mit David heimlich. 1 Sam. 18, 22; das heimliche mehr (geheime abstimmung). Bluntschli 2, 18; reformation könig Maximilians, die freischöpfen und das heimlich gericht zu Westphalen betreffend, aus Worms von 1495; wir richter des hohen heimlichen gerichts. Kleist Käthchen 1, 1; richter des heimlichen gerichts. Göthe 8, 159.
c)
beamtete die wichtige und geheim zu haltende ratschläge in staatssachen ertheilen, heiszen heimliche räthe, das adjectiv ist nach heutigem sprachgebrauch durch geheim (s. d.) ersetzt: heimlicher ratgebe, secretarius, secretus consiliarius. voc. inc. theut. i 3ᵃ; Carolo von Miltitz, unserm nuncio und heimlichen camerer. Luther 1, 137ᵃ; (Pharao) nennet in (Joseph) den heimlichen rath. 1 Mos. 41, 45; David machte in zum heimlichen rat. 2 Sam. 23, 23; sie (die weisheit) ist der heimlicher rat im erkentnis gottes. weish. Sal. 8, 4. — heimliche freischöffen, die beisitzer des heimlichen gerichts. Zimmer. chron. 1, 468, 24.
d)
häufiger steht heimlich eng angeschlossen an den schaffenden, thätigen menschen, sein thun, denken, fühlen: seine heimliche sünde. Hiob 20, 11; zu mir ist komen ein heimlich wort. 4, 12; heimliche gespräch mit dem feind, colloquia clandestina cum hostibus Maaler 216ᵈ; daran sich anschlieszend: die von Augspurg ... haben in bestelt auf ir feind zu ainem haimlichen knecht (der ihnen im geheimen spionen- und banditendienste leistet). d. städtechr. 5, 322, 14; von mistrauen, argwohn, falschen freunden, heimlichen laurern und lächelnden verräthern umgeben zu sein. Wieland 8, 303; ein heimliche gabe stillet den zorn. spr. Sal. 21, 14; wer aber mit heimlichen tücken umbgehet. Sir. 13, 32; wenn ein arme beurin etwas heimlichs gethon het ... und in der fasten irem pfarrer beicht, der selb wil si umb heimliche sünd nit heimlich uszrichten und absolvieren. Schade sat. u. pasqu. 3, 177; wann einer eins heimlichen brands (heimlicher brandstiftung) verdacht oder beklagt würde. carolina art. 41; so einer erstlichen gestolen hat, unter fünf gülden wehrt, und der dieb mit solchem diebstal, ehe er damit in sein gewahrsam kompt, nicht beschrien, berüchtigt oder betretten würde .. ist ein heimlicher und geringer diebstal. art. 157; verborgenen heimlichen hasz auszstoszen, occlusum odium effundere. Maaler 216ᶜ; was wir versprechen, geschihet mit dem heimlichen bedinge: wann kein hinternis die möglichkeit verhindert. Butschky hochd. kanzl. 105; die gefährlichsten heimlichen zusammenkünfte. Göthe 8, 186; bemerktet ihrs nicht selbst mit heimlicher freude? 192; ich weisz selbst nicht aus welcher heimlichen ahndung ich nach der übersetzung ... zu allererst sahe. Lessing 6, 198; heimliche verlöbnüsz stiften keine ehe. Pistorius thes. par. 1, 91; heimliche begierden, occultae et tectae cupiditates Steinbach 1, 727; heimliche kunst, zauberkunst; hette einen tüfel für sich betwungen, zuͦ ervarende an ime heimliche sache. d. städtechr. 8, 149, 22; leider dauerte dieser heimliche erwerb nicht lange. Göthe 20, 111;
kein feuer, keine kohle kann brennen so heisz,
als heimliche liebe, von der niemand nichts weisz.
volkslied.
in adverbialer stellung: warumb hastu heimlich geflohen? 1 Mos. 31, 27; ich bin aus dem lande der Ebreer heimlich gestolen. 40, 15; wenn dich dein bruder .. uberreden würde heimlich. 5 Mos. 13, 6; verflucht sei, wer seinen nechsten heimlich schlegt. 27, 24; hatte zween kundschaffer heimlich ausgesand. Jos. 2, 1; sandte botschaft zu AbiMelech heimlich. richt. 9, 31; er wird euch strafen, wo ihr person ansehet heimlich. Hiob 13, 10; so mus meine seele doch heimlich weinen. Jer. 13, 17; derwegen er daselbsten (zu London) auf das aller heimlichest, so ihm müglich einritte. Amadis 379; so leugnet er nun die ganze schuld, und fodert beweis über das, was ich ihme zu gutte, auf sein wort heimlich und in treuen vorgeliehen. Butschky hd. kanzl. 249; einer liebte heimlich und im sinn, wie die arme juden wucheren, ein anderer offentlich und ohne schew. Philander 1 (1642) 124; dasz oftmals kinder und gesinde ihre eltern und herren heimlich bestehlen. Schuppius 200; heimlich aber befahl er ihr. Simpl. 1, 350 Kurz; heimlich einen sehen; heimlich lieben, hassen; in einer verstärkenden verbindung: ja frei geordnet heimlich under dem hütle in disem seinem gotshausz seiner abgöttin Veneri zuͦ dienen. Frank weltb. 122ᵃ;
ich stuͦnd an einem morgen
heimlich an einem ort.
Uhland volksl. 133;
ist euch eur vatter und muͦter so gram,
oder habt ir heimlich einen man?
264;
den (hasen) hat mir heimlich bracht ein bawr.
grobian (1568) J 4ᵃ (b. 2, cap. 7);
wan heimlich ich in meinem eingeweid
von schwerer pein und leid
gequälet.
Weckherlin 53 (ps. 16, 7);
noch weiter findet sich ein unbefugtes klagen,
dasz manche (frau) schläppisch geh, und kaum in vierzehn tagen
die stuben einmal kehr, und dasz sie heimlich nasch.
Rachel sat. (1677) 23;
so lang es gott gefält, so lange der noch schweigt,
der alles heimlich sieht und offenbarlich zeigt.
40;
bis dasz der grosze held
fein heimlich aus der stadt sich gibt ins hasenfeld.
67;
ob die groszen in Berlin
von mir hören? an mich denken?
solte das mich heimlich kränken?
Gökingk 1, 64;
du willst dich heimlich aus Karthago stehlen?
Schiller Dido 57, vgl. 63;
heimlich musz ich immer weinen,
aber freundlich kann ich scheinen.
Göthe 1, 102;
heimlich in mein zimmerchen verschlossen.
s. 79;
ich ... winkte heimlich nieder,
nur mit der hand.
Voss 4, 245;
heimlich im grausamen bunde verschworen.
H. Heine 15, 43;
aber nachts im thalesgrunde,
wandelts heimlich, wunderbar.
51;
dem könig wards heimlich im busen bang.
64.
mit einer praepos. verbunden: heimlich vor mir, und heimlich vor dir, clam me, clam te est. Maaler 216ᶜ;
denn fürst Anchises stahl von ihrer art,
und führte, heimlich vor Laomedon,
die stuten vor.
Bürger 161ᵇ.
heimlich thun, geheimnisvoll thun, die absicht zu verbergen haben:
ich will nicht heimlich thun mit meinem wohlgefallen,
das siegel meiner königlichen gunst
soll hell und weit auf eurer stirne leuchten.
Schiller Carlos 4, 12.
5)
heimlich, in bezug auf das ohr,
a)
leise, still: waʒ man lud aus dem marstal, daʒ ging gar behent und haimlich zu. d. städtechr. 2, 306, 3; sagt zuͦ seinem gesellen heimlich in ein ohr. Wickram rollw. 12, 10 Kurz; sprichestu hie heimlich, mein leser, was sol dise bildnus ..? Frank chron. 1536 1, 156ᵃ;
er schlich gar heimlich durch das haus.
B. Waldis Esop 4, 81, 77;
hub an und sprach: fraw, seit ir da?
der mann antwort heimlich, sprach: ja!
82;
es führt ihn allmählich mit heimlichem tritt.
Bürger 33ᵃ;
die heimliche laute (die bei vollem chore unhörbare). Mattheson kl. generalbaszschule 46.
b)
aber auch nicht aussprechend, nicht ausdrücklich anerkennend: der von Rafenstein het etwo vill der mechtigisten stett, die seiner bartei waren, in Flandern, ... die wolten des heimblich und on wort sein; man west aber ir meinung. Wilw. v. Schaumb. 95.
6)
heimlich für die erkenntnis, mystisch, allegorisch: heimliche bedeitung, mysticus, divinus, occultus, figuratus, quod in se habet secretam occultationem intelligentiae. voc. inc. theut. i 3ᵃ; die heimliche offenbarung Johannis, apocalypsis Stieler 67; darumb zwingt dieser text, das eben dasselbige königreich, welchs David hat leiblich und zeitlich gehabt, solle unter diesem könige geistlich und ewig werden .. sihe so heimlich und so gewaltiglich beweiset die schrift, das alle menschen müssen von todten auferstehen. Luther 3, 188ᵃ; diese weise zu lehren, dasz man durch allegorien und heimliche deutung der historien, die articul des glaubens den kindern und albern erkläret. Schuppius 840; gleichnüsse geben uns unsere flecken, gebrechen und mängel heimlich zu erkennen. Butschky Patm. 932; den heimlichen sinn (der formel für die fehme). Immermann Münchh. 4, 57.
7)
anders ist heimlich im folgenden, der erkenntnis entzogen, unbewuszt:
eine ranstat ist die welt, drinnen fast ein jedes haus
heimlich doch, wo wiszlich nicht, hat und heget einen Claus.
Logau 3, 16, 63 (der welt thorheit).
nu ist das gewis und hat keinen zweivel, das solch büchlin der könig selbs nicht hat gemacht, und sol ganz heimlich sein, wer es habe gemacht, doch also das man den meister greifen solle in seinen worten, wer er sei. Luther 3, 330ᵇ.
8)
heimlich, verschwiegen: der gouch ist heimlich und kan sin heimlicheit still halten und verbergen, es solt einer ein künigreich hinder in legen und verbergen. Murner geuchmatt 925 Scheible. hieran rührt sächliches heimlich, im sinne von zu verschweigendes, geheimnis:
von nun an, will ich, sei nichts heimliches
mehr unter uns.
Schiller Carlos 5, 11;
ein heimliches gesicht, ein geheimnisvolles: und die schöne Johanna sah mich an so seltsam, so heimlich, so räthselhaft traulich, als gehörte sie selbst zu den märchen, wovon sie eben erzählte. H. Heine 1, 221;
mein herr, begann der schwager Matz
mit heimlichem gesicht,
wär mir beschert dort jener schatz,
führ ich den herrn wohl nicht.
Bürger 24ᵃ.
dann aber ist heimlich auch verschlossen, undurchdringlich in bezug auf erforschung: inmittelst führte mich sowohl auf dem schiffe als auch an andern orten dermaszen sparsam und heimlich auf, dasz ein jeder glauben muszte, ich hätte nicht 10 gulden in meinem ganzen leben. Felsenb. 1, 35; Oranien sinnt nichts gutes, seine gedanken reichen in die ferne, er ist heimlich, scheint alles anzunehmen, widerspricht nie, und in tiefster ehrfurcht, mit gröszter vorsicht thut er was ihm beliebt. Göthe 8, 185;
merkst du wohl? sie trauen uns nicht,
fürchten des Friedländers heimlich gesicht.
Schiller Wallenst. lager, 2. auftr.
9)
die bedeutung des versteckten, gefährlichen, die in der vorigen no. hervortritt, entwickelt sich noch weiter, so dasz heimlich den sinn empfängt, den sonst unheimlich (gebildet nach heimlich 3, b sp. 874) hat: mir ist zu zeiten wie dem menschen, der in nacht wandelt, und an gespenster glaubt, jeder winkel ist ihm heimlich und schauerhaft. Klinger theater 3, 298.
10)
heimlich endlich (wie heimisch 5, sp. 873) heiszt heimtückisch, boshaft:
vil practicken und haimlich rhet
yebten sy manigfalt.
Soltau volksl. 363 (16. jahrh.).
abgeschwächter auch nur listig: was woltestu die uffschneider vertragen, diesen oder jenen examiniren und heimlich fangen, wo oder in welchem wirtshause er logiret gewesen, was diese oder jenige stadt vor ein sonderliches ken- und merkzeichen, wo man in die stad gienge? Schuppius 547.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1871), Bd. IV,II (1877), Sp. 873, Z. 79.

heimlichs, adv.

heimlichs, adv.:
da kam herzog Ludwig der schwarz, erstig vor tags heimlichs die statt. S. Frank chronica 209ᵇ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1871), Bd. IV,II (1877), Sp. 881, Z. 40.

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Zitationshilfe
„heimlichs“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/heimlichs>.

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