Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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heitere, heitre, f.

heitere, heitre, f.
klarheit, glanz, helligkeit, mhd. heitere, heiter (Lexer 1, 1225), nach den verschiedenen bedeutungen von heiter.
1)
klarheit, glanz, der sonne und des himmels:
als diu heiter durch daʒ glas
glestet von der sunnen,
sô mohte man erkunnen
sîne tugent der er phlac.
Servatius 296 (Haupt 5, 87);
daher auch die schönheit eines sonnigen tages, einer mondglänzenden nacht: serenitas luftes heitere o. schöni Dief. nov. gloss. 346ᵇ;
mit welcher hoheit blick wird auf uns herabsehn,
wen die heitre labt des goldenen tages!
Klopstock 2, 39;
welche nächte, wenn nun der mond mit der heitre des himmels,
um der schönheit preis, siegend stritt, und besiegt.
243;
gott sei dank für den herrlichen tag, und den herrlichen abend,
der uns morgende heitre verkündiget!
Voss Luise 1, 590;
aber sie (die sonne) hauchte noch lang, mit sanftverglühendem antlitz,
purpurröthlichen duft nach osten; des kommenden morgens
heitre verkündend.
Pyrker Tunis. 8, 75.
2)
Klopstock brauchte heitre auch wie αἰθήρ, erst in den ausgaben des Messias seit 1773:
ein strom der himmelsheitre.
werke 3, 16 (Mess. 1, 205; erste ausgaben ein verklärter ätherischer strom);
ein schwebender leib aus heitre gebildet.
3, 33 (1, 485, früher hellleuchtend gebildet);
sahe sie dasz aus wehendem staube sich engel erhoben!
und der leib der heitre den neugeschaffnen verklärte!
5, 85 (11, 1280, früher den ätherischen leib);
als sie ... die stille heitre des himmels
näher den nicht begleiteten sonnen, erschwebten.
6, 25 (16, 345);
ach, dann komm bald im weiszen kleide,
wallend im lieblichen strahl der heitre.
1, 52 (oden);
gleich einer lichten wolke mit goldnem saum,
erschwebt die dichtkunst jene gewölbte höh
der heitre.
2, 25;
die bläuliche heitre
lächelt.
112.
3)
der gewöhnlichen und volksmäszigen sprache war heitere meist nur in der schwächeren bedeutung helligkeit gerecht (nach heiter 4 sp. 922), namentlich in bezug auf das tageslicht: alle fänster aufthuͦn, dasz die heitere einher scheine, admittere lucem in thalamos totis fenestris. Maaler 221ᵇ; mich, so bald mir die heitere des tags nur ein wenig leuchtet, aus dem staub machte. Simpl. 3, 416 Kurz; so dasz ihnen, den sylphis (in den abgründen des meeres) die see wie taglöcher oder fenster taugten, durch welches sie beides, helle und wärme empfingen; und wann sich solches nicht überall schickte, weil etliche seen gar krum hinum gingen, ward solches durch die reflexion ersetzt, weil die natur hin und wieder in die winkel ganze felsen von crystall, diamanten und carfunklen geordnet, so die hellung und heitere hinunter fertigten. 2, 79. so noch schweiz. tagheiteri, der anbrechende tag: da können wir ein ganzes jahr arbeiten, von einer tagheiteri zur andere, wir verdienen nicht so viel. J. Gotthelf schuldenb. 204. Besonders bezeichnet heitere auch das aufhellen und klar werden der witterung nach einem sturme, wo auch die bedeutung 1 eingreift: und (Jesus) tröwet und überboldret den windt und die ungestümigkeit des wassres .. und von stund an gelag der windt, und ward gemacht ein grosze heitere und stille, welle heitere und stille dem wüten und der ungestüme nimmerme stracks von natur nachgefolget möcht sein. Keisersberg postill 1, 28ᵇ; von stundan gesasz die ungestüme und ward ein schöne heitere und stille uff dem meer. Marie himelfart 16ᶜ;
wohl mir! entflohn bin ich endlich dem wust unholder erscheinung;
und des gewühls aufruhr schweiget, ein sturm, der verhallt!
wieder erkenn ich und höre mich selbst, und die stimme versagt
nicht;
klar in der heitere ward jeglicher laut melodie.
Voss 3, 125.
4)
heitere, übertragen auf helligkeit und klarheit des gesichts, erkenntnisvermögens, verstandes (nach heiter 6 sp. 923): heitere und scharpfe der gesicht, claritas oculorum Maaler 217ᶜ; die heitere, evidentia, claritas. das.; die übertragung ist ausdrücklich an die sinnlichen bedeutungen (1 und 3) angeknüpft: wenn ain mensch ausz der tunkle seins gemütes kumpt, das die haitere aigner erkantnus geratet in der cellen seiner verstentnus ausbrechen, denn sicht er in welchem nebel und blinthait er ist gewesen. Keisersberg siben hauptsünden (1510) cc 4ᵃ;
o reines licht, durchläutre
mich ganz mit deiner heitre,
zu schaun, was wahr ist, schön und gut!
Voss 5, 206 (überschrieben 'die morgenheitre').
5)
heitere, frohe gemütsstimmung (nach heiter 7 sp. 924):
dieser ist Philippus. die menschenfreundliche heitre
bildet die züge des stillen gesichts.
Klopstock 3, 120;
es saszen umher, mit silberhaarigem haupte
Bartholomäus, Lebbäus gelehnt auf ein ruder, mit vollem
freudeglänzenden blicke der zwilling, mit lächelnder heitre
selbst Nathanael.
6, 175;
ah, wenn sie blieb, die sie war,
als sie erschien, so durchwallt heitre, durchströmt
froheres ihn.
7, 10.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1871), Bd. IV,II (1877), Sp. 926, Z. 1.

heitern, verb.

heitern, verb.
in zwei bedeutungen.
1)
wie ahd. heitaran, mhd. heitern, heiter machen; transitiv und reflexiv.
a)
in bezug auf sonnenlicht und tageshelle; in einem bilde:
es schäumt der nahe Bellt aus freuden seine wellen,
dasz sich um mitternacht der künste sonn erhellen
und prächtig heitern soll.
du, die vom göttlichen blick die ernste gerechtigkeit lernte,
aber auch ihren vertrauten mit süszer freundlichkeit lächelt,
heitre die seele, die noch, umringt von dem graun der gesichte,
innerlich bebt, mit himmlischem licht.
Klopstock 3, 108;
auch in nur abgeschwächterer bedeutung hell machen, erhellen:
im trüben tag, den nur ein irrlicht heitert.
Haller schweiz. ged. (1768) s. 59;
bildlich:
der sprache horizont durch die critik zu heitern.
Rost verm. ged. 86.
b)
übertragen, ätherisch umbilden, läutern (vgl. oben heitere 2):
dasz auch wir mit seligem erbeben
himmelwärts die nassen blicke heben,
wo dein geist, vom irdischen geläutert,
sich zum engel heitert.
Voss 4, 63.
c)
am häufigsten in bezug auf die heiterkeit der seele und den ausdruck derselben: si heitere ihr angesichte mit der hofnung künftiger freudenbegebenheit. Butschky kanzl. 847; des mismuthigen antlitz heiterte sich. Scheffel Ekkeh. 23;
aber was ist es denn,
das mich heitert?
Klopstock 1, 84;
dort schuf sie der herr! hier dem staub näher den mond,
so (welcher), genosz schweigender kühler nacht, sanft schimmernd
die erdulder des strahls heitert!
166;
wer, was die schöpfung, und was er selbst sei, forscht,
anbetend forscht, was gott sei, den heitert, stärkt
genusz des geistes.
7, 35;
sonst konnte deine seele
der sänger heitern, und des sanften liedes
begleiterin, die leise goldne saite.
9, 77;
treib, o selige, treibe
im beginne des werks uns schwarze sorgen und nebel
ferne zurück! wie der glanz am morgen, so heitre der eingang
unsere stirn, wie der glanz am abend, der fröhliche ausgang.
Herder zur sch. litt. u. kunst 10, 229;
kein blick der hoffnung heitert die seele mir,
kein blick der freude!
Hölty 78 Halm;
komm, du engel gottes,
komm, mein leben zu heitern!
112;
trockne deines jammers thränen,
heitre deinen blick.
Voss 4, 83;
doch das eng verschlossne haus
heitert wärm und froher schmaus.
5, 214;
nun seid ihr entkräftet und muthlos,
stets mühseliger irren nur eingedenk; und es heitert
nie euch freude den muth.
Odyssee 10, 464;
drum fleh ich, heitre dein gesicht,
ich scheue höll und himmel nicht,
bleibt mir dein auge offen.
Lenz an Minna, in Voss musenalm. 1778, s. 47;
o welch ein mahl! die grazie
der freundlichkeit, die suada, gieng
zu tische mit und heiterte
das fröstelnde gespräch, so bald es grillen fieng!
Kl. Schmidt poet. br. 147.
mit ausgelassenem object:
aus seiner (des dichters) hellen schale, so scheints, ergieszt
sich nur, was heitert.
Klopstock 2, 26.
d)
ungewöhnlicher ist den kummer heitern, ihn in freude verkehren:
und sie blickten hinab, und sahn den göttlichen wandeln,
sahn die jünger ihm folgen mit halbgeheitertem kummer.
Klopstock 6, 221:
o so komm denn! heitre das betrübte!
Bürger 98ᵃ.
e)
zusammensetzungen, vergl. aufheitern, ausheitern, durchheitern, erheitern. anheitern gehört zu c oben und drückt im part. praet. verblümt einen mäszigen rausch aus: er ist etwas angeheitert.
2)
heitern, intransitiv, heiter sein; zunächst in bezug auf luft und wetter: das wetter heitert, klärt sich; gewöhnlich unpersönlich es heitert: aber als es am heftigsten donnerte, heiterte es schon von hinten. J. Gotthelf schuldenb. 56;
und wenn bei stillem dämmerlicht
ein allerliebstes treugesicht
auf holder schwelle dir begegnet,
weiszt du obs heitert? ob es regnet?
Göthe 4, 119;
auch in bezug auf den ausdruck innerer heiterkeit:
hier ist das wohlbehagen erblich,
die wange heitert wie der mund.
41, 226.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1871), Bd. IV,II (1877), Sp. 928, Z. 7.

heitere, heitre, f.

heitere, heitre, f.
klarheit, glanz, helligkeit, mhd. heitere, heiter (Lexer 1, 1225), nach den verschiedenen bedeutungen von heiter.
1)
klarheit, glanz, der sonne und des himmels:
als diu heiter durch daʒ glas
glestet von der sunnen,
sô mohte man erkunnen
sîne tugent der er phlac.
Servatius 296 (Haupt 5, 87);
daher auch die schönheit eines sonnigen tages, einer mondglänzenden nacht: serenitas luftes heitere o. schöni Dief. nov. gloss. 346ᵇ;
mit welcher hoheit blick wird auf uns herabsehn,
wen die heitre labt des goldenen tages!
Klopstock 2, 39;
welche nächte, wenn nun der mond mit der heitre des himmels,
um der schönheit preis, siegend stritt, und besiegt.
243;
gott sei dank für den herrlichen tag, und den herrlichen abend,
der uns morgende heitre verkündiget!
Voss Luise 1, 590;
aber sie (die sonne) hauchte noch lang, mit sanftverglühendem antlitz,
purpurröthlichen duft nach osten; des kommenden morgens
heitre verkündend.
Pyrker Tunis. 8, 75.
2)
Klopstock brauchte heitre auch wie αἰθήρ, erst in den ausgaben des Messias seit 1773:
ein strom der himmelsheitre.
werke 3, 16 (Mess. 1, 205; erste ausgaben ein verklärter ätherischer strom);
ein schwebender leib aus heitre gebildet.
3, 33 (1, 485, früher hellleuchtend gebildet);
sahe sie dasz aus wehendem staube sich engel erhoben!
und der leib der heitre den neugeschaffnen verklärte!
5, 85 (11, 1280, früher den ätherischen leib);
als sie ... die stille heitre des himmels
näher den nicht begleiteten sonnen, erschwebten.
6, 25 (16, 345);
ach, dann komm bald im weiszen kleide,
wallend im lieblichen strahl der heitre.
1, 52 (oden);
gleich einer lichten wolke mit goldnem saum,
erschwebt die dichtkunst jene gewölbte höh
der heitre.
2, 25;
die bläuliche heitre
lächelt.
112.
3)
der gewöhnlichen und volksmäszigen sprache war heitere meist nur in der schwächeren bedeutung helligkeit gerecht (nach heiter 4 sp. 922), namentlich in bezug auf das tageslicht: alle fänster aufthuͦn, dasz die heitere einher scheine, admittere lucem in thalamos totis fenestris. Maaler 221ᵇ; mich, so bald mir die heitere des tags nur ein wenig leuchtet, aus dem staub machte. Simpl. 3, 416 Kurz; so dasz ihnen, den sylphis (in den abgründen des meeres) die see wie taglöcher oder fenster taugten, durch welches sie beides, helle und wärme empfingen; und wann sich solches nicht überall schickte, weil etliche seen gar krum hinum gingen, ward solches durch die reflexion ersetzt, weil die natur hin und wieder in die winkel ganze felsen von crystall, diamanten und carfunklen geordnet, so die hellung und heitere hinunter fertigten. 2, 79. so noch schweiz. tagheiteri, der anbrechende tag: da können wir ein ganzes jahr arbeiten, von einer tagheiteri zur andere, wir verdienen nicht so viel. J. Gotthelf schuldenb. 204. Besonders bezeichnet heitere auch das aufhellen und klar werden der witterung nach einem sturme, wo auch die bedeutung 1 eingreift: und (Jesus) tröwet und überboldret den windt und die ungestümigkeit des wassres .. und von stund an gelag der windt, und ward gemacht ein grosze heitere und stille, welle heitere und stille dem wüten und der ungestüme nimmerme stracks von natur nachgefolget möcht sein. Keisersberg postill 1, 28ᵇ; von stundan gesasz die ungestüme und ward ein schöne heitere und stille uff dem meer. Marie himelfart 16ᶜ;
wohl mir! entflohn bin ich endlich dem wust unholder erscheinung;
und des gewühls aufruhr schweiget, ein sturm, der verhallt!
wieder erkenn ich und höre mich selbst, und die stimme versagt
nicht;
klar in der heitere ward jeglicher laut melodie.
Voss 3, 125.
4)
heitere, übertragen auf helligkeit und klarheit des gesichts, erkenntnisvermögens, verstandes (nach heiter 6 sp. 923): heitere und scharpfe der gesicht, claritas oculorum Maaler 217ᶜ; die heitere, evidentia, claritas. das.; die übertragung ist ausdrücklich an die sinnlichen bedeutungen (1 und 3) angeknüpft: wenn ain mensch ausz der tunkle seins gemütes kumpt, das die haitere aigner erkantnus geratet in der cellen seiner verstentnus ausbrechen, denn sicht er in welchem nebel und blinthait er ist gewesen. Keisersberg siben hauptsünden (1510) cc 4ᵃ;
o reines licht, durchläutre
mich ganz mit deiner heitre,
zu schaun, was wahr ist, schön und gut!
Voss 5, 206 (überschrieben 'die morgenheitre').
5)
heitere, frohe gemütsstimmung (nach heiter 7 sp. 924):
dieser ist Philippus. die menschenfreundliche heitre
bildet die züge des stillen gesichts.
Klopstock 3, 120;
es saszen umher, mit silberhaarigem haupte
Bartholomäus, Lebbäus gelehnt auf ein ruder, mit vollem
freudeglänzenden blicke der zwilling, mit lächelnder heitre
selbst Nathanael.
6, 175;
ah, wenn sie blieb, die sie war,
als sie erschien, so durchwallt heitre, durchströmt
froheres ihn.
7, 10.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1871), Bd. IV,II (1877), Sp. 926, Z. 1.

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Zitationshilfe
„heitere“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/heitere>.

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