Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

Es wurden mehrere Einträge zu Ihrer Abfrage gefunden:

tach

tach,
s. ta.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1890), Bd. XI,I,I (1935), Sp. 8, Z. 25.

tach, interjection

tach, interjection
und ablautend tich tach, den peitschenknall nachahmender laut, davon der tach, einmaliges knallen mit einer groszen peitsche, tachen, mit der peitsche knallen Lexer kärnt. wb. 49.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1890), Bd. XI,I,I (1935), Sp. 8, Z. 26.

tach, n.

tach, n.
und zusammensetzungen, s. dach, dach- (zu dachraffe: ein feuer, welches nicht einmal hat können die tachrafen entzünden. Scheuchzer 2, 52; tachschrauber, dachdecker Fischart groszm. 78; tachwerk Nürnberger reform. 149ᵇ. 26, 2. Ernstinger raisbuch 102).
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1890), Bd. XI,I,I (1935), Sp. 8, Z. 30.

tag, m.

tag, m.
dies.
I.
Formen und herkunft.
1)
das gemeingermanische nomen lautet goth. dags, ahd. tag tak tac tach und dag dak; mhd. tac (gen. tages), md. auch dag, dach; alts. dag, mnd. dach (gen. dages), mnl. dagk, nnl. nd. dag; ags. däg, engl. day; altfries. di, dei, dach (pl. dega), neufries. dey; altn. dagr, schwed. dän. dag.
2)
seit dem 14. jahrh. findet sich wie noch mundartlich der umgelautete plural täge (Weinhold bair. gramm. § 339. Schm.² 1, 591, andere belege s. bei II), d. h. das wort ist im plural in die i-declination übergetreten.
3)
im ags. begegnet neben dem starkformigen däg (plur. dagas) auch ein schwachformiges daga (gen. plur. dagena), das im altn. alts. und mhd. nur in gewissen zusammensetzungen vorkommt: altn. eindagi (bestimmter tag, termin), alts. êndago, mhd. lëbtage, siechtage, wêtage u. a. neben lëbtac u. s. w.; ein schwacher (dem ags. dagena entsprechender) genetiv tagen zeigt sich vereinzelt bis ins 18. jahrh.: aller tagen (: sagen) minnes. frühl. 44, 31 var.; nach der zal der vierzig tagen. 4 Mos. 14, 34; inner zweier tagen (: klagen). Fleming 321; nach verflieszung dreier tagen. Schelmufsky 49 neudruck der vollständigen ausgabe; das schicksal künft'ger tagen (: sagen). Haller die alpen 261 var., besonders im adverbialen genetiv unserer, der, dieser tagen: noch unserer tagen Stumpf 354ᵇ; der tagen S. Münster kosmogr. (1544) 9; dieser tagen S. Bürster 243. Neumark lustw. 74. Göthe 13, 62; auch im dativ sing.: morgens vor tagen (: fragen) Ayrer 21, 21. 672, 27; bei nacht oder bei tagn (: sagn) 102, 15.
4)
bair.-östr. verkürzt sich das tonlose tag in zusammensetzungen zu tig ti te (Schm.² 1, 591. Schöpf 733. Lexer kärnt. wb. 50 (sunntig, sunnti, sunnte u. s. w.); schles. toi (Glogau), vielleicht aus einem alten schwachen tago entstanden. Weinhold 96ᵃ.
5)
zu grunde liegt eine indogermanische wurzel dhegh, wovon sanskr. dah, lit. degu, brennen, sanskr. nidâgha, hitze, sommer, lit. dagâ, erntezeit, so dasz tag ursprünglich die zeit bedeutet, wo die sonne brennt, s. Feist nr. 115. Kluge⁴ 350ᵃ. Fick³ 3, 143 f. Schade² 919ᵇ f.
II.
Bedeutung und gebrauch. im allgemeinen ist zu bemerken, dasz die bedeutungen sich oft nahe berühren oder ineinander übergehen, so dasz eine genaue abgrenzung derselben für alle fälle ebenso unmöglich ist wie eine erschöpfende behandlung des unendlich oft und in zahllosen redewendungen gebrauchten wortes.
A.
der tag im eigentlichen und ursprünglichen sinne ist die zeit von sonnenaufgang bis sonnenuntergang und die helle dieser zeit (sich berührend mit B); gegensatz zu nacht und wie diese in poetischer redeweise oft mit mehr oder minder lebendiger personification aufgefaszt: licht- sive sonnenscheintag, dies artificialis Stieler 2246.
1)
zugleich mit nacht oder im gegensatze zu dieser, wofür schon bei nacht theil 7, 146 f. hinlängliche belege vorkommen; im gegensatze zum abend:
mir ist die abend-luft weit lieber als der tag.
Gryphius lyr. ged. 194 P.
2)
bildlich wird tag und nacht als pflanzen- und blumenname gebraucht (s. nacht B, 1, e) wegen der helldurchsichtigen punkte der blätter oder wegen des hervorbrechens der goldglänzenden blüten aus den gehäuften dunkelblauen deckblättern z. b. des melampyrum nemorosum Vilmar 409: tak unde nacht, paricaria (parietaria) sumerl. 58, 20, mnd. dach unde nacht Schiller-Lübben 1, 471ᵇ; tag und nacht oder s. Peters kraut. Maaler 398ᵃ. Bock kräuterbuch 62ᵇ. Sebiz feldbau 58, maurkraut oder tag und nacht 82;
bei tag und nacht (des brautkranzes) ich denke,
wie ich mag dienen dir.
zu tag und nacht mich kränket,
wann du nicht bist allhier.
dich tag und nacht behüte
der getreu und liebe gott u. s. w.
Hoffmann gesellschaftsl. 18 (9, 7).
tag und nacht lieb, hesperis matronalis, die tag- und nachtviole Weckherlin 316 (204, 8) Gödeke.
3)
in bezug auf beginn, verlauf, dauer und ende der tageszeit.
a)
vor dem tage, vor tagesanbruch, vor sonnenaufgang Ambr. liederb. 150, 1. Gryphius trauersp. 757, gewöhnlich ohne artikel vor tage, vor tag: ahd. fore tage, ante lucem Notker 126, 2. 129, 6; mhd.
daʒ sî benamen wæren
vor tage vischen ûf den sê.
Hartmann Greg. 775;
smorgens kom vor tage geritn
volc mit werlîchen sitn.
Parzival 676, 11;
nhd. mein bruder starb .. frw vor tag. U. Stromer 63, 22, er starb vor tag 84, 32; und des morgens vor tage stund er auf. Marc. 1, 35 (und gar fru stund er auf. cod. Tepl., goth. jah air uhtvon usstandands, gr. καὶ πρωϊ͏̀ ἔννυχον λίαν ἀναστὰς); er wer drumb so frieu vor tag verreiszt. F. Platter 180 B.; dasz er solt .. frühe vor tag an ein haltstadt kommen. Götz v. Berl. 67 neudruck;
weil es noch ist vor tag und frw.
H. Sachs 14, 172, 11;
als wir nun an den ort gelanget drei stund vor tag. Philander (1650) 2, 622; es mochte eine stunde vor tage sein. Göthe 34, 238, zwei stunden vor tage 332, früh vor tag 21, 151;
in aller früh', ach lang vor tag
weckt mich mein herz, an dich zu denken.
Mörike ged. 109.
auch mit dem adverbialen genetiv tages (mhd. vor und ê tages):
vor tages wart von in bereit
zwelf zingel wîte.
Parzival 376, 10;
vor tages hieʒ er singen
metten sînen kappellân.
Eracl. 4926 Graef;
wir sulen rehte ê tages komen
hinder die vînde an eine stat.
Dietrichs flucht 6556;
welcher einen boten noch vor tages abfertigen solte. Weise erzn. 25 neudruck; kärnt. vor tagis Lexer 50.
b)
der begriff vor tag kann auch umschrieben werden, wie z. b. vor dem tagwerden Heilman Thucyd. 541; ehe es tag war. Göthe 27, 196; ehe der tag anbricht. Leisewitz Julius 88, 13 neudruck;
morgen frü, ehe es wirdt tag.
Ayrer 102, 23. 907, 17;
hier scherzten wir in allem wetter
oft eh der tag die wolken brach.
sobald die frühe mette
geläutet ist, noch zwischen tag und nacht.
Wieland 21, 347.
c)
auf, gegen den (mhd. dem), bis an den tag: nach der andern ora auf den tag (nach der alten Nürnberger uhr). U. Stromer 70, 19;
immer morgens gegen dem tage.
Wolfram lied. 4, 23;
so es gegen tag .. ist. Fronsperger kriegsb. 1, 133ᵇ; wir blieben in dem hof bisz gegen tag. Philander (1650) 2, 615;
(ich wachte) bisz an den liechten tag.
Ayrer 296, 31.
d)
zu tage: zu tage läuten, vor tagesanbruch zum frühgebet läuten Vilmar 409, vgl. tagläuten und Schm.² 1, 1539.
e)
beginn der tageszeit: mit dem tage, cum prima luce Aler 1871ᵃ. Agricola sprichw. nr. 625; mit anbrechendem tage (s. unten δ). Felsenburg 1, 388;
(ich wollte) auf die strasz mich machen eben,
dasz ich int stadt kem mit dem tag.
H. Sachs 14, 111, 21.
im einzelnen
α)
das grauen und dämmern des tages:
ich sih in grâwen ...
den tac.
Wolfram lied. 4, 13;
wann der tag schon graut.
H. Sachs 3, 164, 10;
der begraute tag sich mehr und mehr vergüldt.
Mühlpforth glückw. ged. 50;
wann der tag schon graut.
Hagedorn 3, 47;
wenn der tag am himmel graut.
J. G. Jacobi 3, 111;
und graut im osten erst der tag.
Chamisso (1872) 2, 130;
als der tag graute. Göthe 35, 40;
der tag graut!
12, 245 (Faust 4579 Weim.);
und es fing der tag schon an zu grauen ...
und der tag ward immer hell- und heller.
2, 103 (ged. 2, 97 Weim.);
eh grauer tag
ersteht, versinkt die schwarze nacht.
F. Müller Faust 26, 16 neudruck;
wenn kaum die lerchen noch den frühen tag begrüszen.
Haller die alpen 182;
es war nicht röthe des kommenden tags.
Klopstock od., krit. ausg. 2, 127;
bildlich:
dir (Gallien) graut schon der tag (der freiheit).
2, 143.
β)
tag werden unpersönlich (vgl. tagen 1, a):
morgen, dô eʒ tac wart ...
dô wolter urloup hân genomen.
Iwein 6587;
(ich lag) nach dem traum, bisz es ward tag.
H. Sachs 3, 164, 10;
als es nun des morgens tag warde. Tristr. 125, 10 Pf., als es tag ward. 161, 4. Göthe 27, 54;
ja es wird tag!
12, 245 (Faust I. 4580 Weim.);
sprichwörtlich: es wird tag, wenn auch der hahn nicht kräht. Simrock 545; bildlich:
doch endlich legt sich jedes sturmes wut,
tag wird es auf die dickste nacht.
Schiller 13, 255 (jungfr. v. Orl. 3, 2).
γ)
der tag erwacht (s. erwachen 2):
eh der tag erwacht.
Gryphius trauersp. 445 P.;
(traum,) wie der tag schön, wenn er aufwacht.
Klopstock a. a. o. 1, 35;
der junge tag erwacht.
Uz 1, 50;
die lerche schlägt, der tag erwacht.
Schiller 11, 328.
mit schöner personification:
dort sieh! am horizont lüpft sich der vorhang schon,
es träumt der tag, nun sei die nacht entflohn,
die purpurlippe, die geschlossen lag,
haucht, halb geöffnet, süsze athemzüge,
auf einmal blitzt das aug (vgl.ε), und wie ein gott der tag
beginnt im sprung die königlichen flüge!
Mörike ged. 2.
δ)
der tag geht auf (mit der aufgehenden sonne, s. aufgehen 3), erhebt sich, bricht an, leuchtet u. dergl.:
er erwachte dô der tac ûf gie.
Iwein 4820;
(da) begunde liehten der tac.
672;
do erschein der süeʒe mære tac.
Parz. 774, 30;
der tag wol durch die wolken drang.
Ambr. liederb. 179, 1;
die nacht was nun dahin, der tag erleucht das gantz ertrich. Tristr. 146, 21 Pfaff;
gleich früh, wem sich entzündet
der silberweisze tag.
Spee trutzn. 61 (3, 1) B.;
bis der tag an den himmel kam. Schertlin br. 19; der tag wirdt von stundan .. dahär brächen. Maaler 398ᵇ;
in dem da brach daher der tag.
Teuerd. 90, 58;
inn solchem act der han ersach,
dasz itzt der helle tag anbrach.
ganskönig B 8ᵇ;
die nacht musz in die fremde wandern,
so bald der tag nach hause kömmt.
Stoppe ged. 1, 20;
so wich die grüne nacht ..
.. dem einbruch von dem tag.
wann der junge tag durch graue schatten bricht.
Uz (1768) 2, 30;
man hatte nicht bemerkt, dasz der tag völlig angebrochen war. Göthe 15, 253;
der morgen kam ...,
der junge tag erhob sich mit entzücken.
1, 3;
auf einmal schien der neue tag enthüllet.
3, 4;
ein schöner tag entsteigt dem meere.
Schiller 1, 303;
der tag, der eben lächelnd aufgegangen.
A. W. Schlegel poet. werke 2, 82;
jubelnd ist der tag erschienen,
schwingt den goldpokal der sonne.
Lenau 1, 296.
ε)
die sonne verkündigt, bringt den tag, sie ist das auge, die mutter, die fürstin, der könig des tages: die sonne wenn sie aufgehet, verkündiget sie den tag. Sir. 43, 2; die sonn bringt den tag wider. Maaler 398ᵇ;
sonne, was harrest du? ...
geh aus deinem gezelt, mutter des tags, hervor.
Hölty 66 Halm;
fern ist ganz des tages mutter (s. mutter 10, c).
F. Schlegel ged. 23;
dort kömmt der gewaltige könig des tages, im aufgang frohlockend. J. Tobler Thomsons ged. 1, 92;
mit vollem gesichte
blickt queer über die welt die holde fürstin des tages.
Zachariä (1767) 4, 11;
des tages auge müszt' ich scheuen,
entzög ich mich dem aufgebot!
Tiedge werke 6, 175.
ζ)
der morgen wird dichterisch der frühling des tags genannt Zachariä, s. frühling 1, e.
η)
früh oder spät tag machen, früh oder spät aufstehen: ich habe zu früh tag gemacht. der morgen ist so schön. Lessing 2, 115 (Em. Galotti 1, 1).
f)
das wachsen, der verlauf, der zustand und die dauer des tages.
α)
tag sein, unpersönlich:
eʒ ist nu tac.
Wolfram lied. 4, 36;
es ist tag, so lang die sonne scheint, bisz es abend wird. Wander sprichw. 4, 1002; es ist ietz lang tag gewäsen. Maaler 398ᵇ;
so lang es tag war, schlief nunmehro das gewissen.
Stoppe fabeln 1, 170;
als es tag war. Göthe 34, 240; ich machte, wie es tag war, einen spaziergang auf den hügel. Heinse Ardingh. 1, 142;
jezt bin ich wach und tag soll sein.
Schiller 5, 1, 170 (don Carlos 3, 3).
β)
der tag wächst, steigt:
alse der tac stîgende wart.
Trist. 8942;
ir sult mich morgen fruo,
als der tac erstarket,
füeren an den market.
Eracl. 699 Graef;
wolken, die mit dem wachsenden tage verschwanden. Göthe 27, 53; die frühesten morgenstunden war ich der dichtkunst schuldig; der wachsende tag gehörte den weltlichen geschäften. 48, 46;
wie regte nicht der tag die raschen flügel,
schien die minuten vor sich her zu treiben!
3, 24;
es steigt der tag und ruhig vom beginn
zum ende schlingt sich seiner stunden kette.
Geibel juniusl. 118.
γ)
junger (s. jung 11), mitter, hoher, voller tag; ahd. in mitten tag (mittags), after mittemu tage (nachmittags) Graff 5, 355;
bereit uns genuͦch ze mittem tage.
Milstätter gen. 93, 30;
eʒ was dennoch wol mitter tac.
Parzival 68, 29;
daʒ ich umbe mitten tac
ir ze helfe komen mac.
Iwein 4797;
(die engel) hielten auf die vier wind der erden
gen mittem tag und orient (s. mittag 4).
H. Sachs 15, 442, 9;
eʒ ist noch vil hôher tac.
Parzival 51, 19;
nu was eʒ hôch ûf den tac (hoch am tage).
704, 30;
es ist hoher tag, multa lux est Stieler 2247; da es noch hoher tag war. Seume spazierg. 179; wie ein liecht, das da .. leuchtet bis auf den vollen tag. spr. Sal. 4, 18;
und wälzet die sonne
sich, von dem gipfel des tags, nicht in die wellen hinab?
Göthe 1, 323 (ged. 1, 228 Weim.).
δ)
am tage: er zoch die ganze nacht, ruwet am tag. Polychorius Salust. 104ᵇ; da brennt man am tage kein licht an. J. Paul uns. loge 1, 35;
(groll,) den ich am tag geheget.
Göthe 1, 31 (ged. 1, 29 Weim.);
am tag ist's (das goldene halskettchen) eine kleine zierde,
am abend wirfst du's wieder hin.
83 (75);
du warest mein gedank am tage,
du warest jede nacht mein traum.
Gökingk 1, 82;
die sonne brannte heisz am tage.
Geibel ged. 118.
am frühen, lichten, hellen, hohen, lauten tage:
(ich muszte) früh am tage schon am waschtrog stehn.
Göthe 12, 163 (Faust 3144),
so früh am tag'!
Schiller 12, 193 (Piccol. 5, 2);
ins gebirg am frühen tag
schritt ich aus des waidmanns hütte.
Geibel juniusl. 125;
zeuch am liechten tage davon fur iren augen. Hes. 12, 3; verhofften auch, den schaden und spott, der ihnen .. bei nächtlicher weil zugefügt, am hellen tage wol zu rechen. Schütz a. Preuszen 30;
(gespenster,) die einen auch so gar am lichten tage plagen.
Stoppe fabeln 1, 177;
am hellen tage ... tritt das Voltairische gespenst aus seiner gruft hervor. Lessing 7, 52;
der himmel droht in feuerbächen sich
herabzugieszen, und am hellen tag
ists nacht.
Schiller 13, 310 (jungfr. von Orl. 5, 1);
der glocke nach ists hoch am tag.
13, 62 (Macb. 11, 12);
am hellen lichten tage. Hebel (1843) 3, 198; am helllichten tage. Auerbach ges. schriften 2, 53;
und was ich am lauten tage (gegensatz zur leisen nacht)
dir nimmer sagen kann.
Geibel ged. 70.
ε)
bei tage (s. auch bei nacht und tag theil 7, 147):
hêrre, dirre stein
bî tage und alle nähte schein.
Parzival 592, 2;
wo jemand bei tag essende früchte neme. Carolina 23, art. 167; den (weg) hatte ich wol bei tag geritten. Götz v. Berl. 69 neudruck; (sprichwörtlich) bei tag steckt man kein licht an, manifesta non egent probatione Aler 1871ᵃ; leset sie (Homers werke) bei tage, und überleget sie bei nacht. Drollinger 198; weil ich dieses geschäft noch bei tage zu endigen gedachte. Göthe 35, 55;
mancher grüszet uns freundlich bei tage; doch käm' er im finstern
uns in den weg, es möchte wol kaum zum besten gerathen.
Rein. 3, 33.
bei lichtem, hellem, hohem tage: ire sonne sol bei hohem tage untergehen. Jer. 15, 9; solche commissarii aber bedörfen ... desz liechts beim hellen tag. Albertinus hirnschleifer 165, beim hellen lichten tag 167; der bekam das consilium abeundi und ward .. bei hellem tage zum thor hinaus gebracht. Liscov vorr. 47; (der ort) lag uns noch bei hellem tage vor gesicht. Haller tageb. 120 Hirzel;
(volk, das) bei hellem tage, schon vor vieren
mit stöszen sich bis an die (theater-)kasse drängt.
Göthe 12, 10 (Faust I. 53 Weim.).
ζ)
in dem tage: wie ein nachtkleid in dem tage auch ein nachtkleid (bleibt). Weise erzn. 66 neudr.;
(treiben) das lieben bei der nacht, im tage die gesetze.
Mühlpforth hochzeitged. 80;
weit im tag hinein, ad multam diem, in multum diei Aler 1871ᵃ; in den tag oder in den tag hinein schlafen u. dergl.; ich erwachte nicht wieder bis wol in den tag hinein. Simpl. 1, 29, 22 Kurz; er schlief bis in den tag. Hebel (1843) 3, 191; in tag hinein schlemmen, usque ad diurnam stellam crastinam convivari Stieler 1827; jetzt (beim tagesgrauen) war er auch des zweifels ledig, ob er in den tag hinein arbeiten wolle, bis man ihn bemerke. Auerbach ges. schriften 8, 26.
η)
über (den) tag, den tag über; s. auch über nacht und tag theil 7, 147 und vgl. C, 10, b:
sie zâlâtun siu io ubar dag.
Otfrid 1, 20, 13;
wande sî gedâhten dô
dâ ze ruowen über tac.
Erec 3485;
(sie) liegt am fenster uber tag
zu schawen auf die jungen knaben.
H. Sachs 5, 238, 25;
des wesens treibt sie ubern tag.
5, 64, 5;
blätter, welche den tag über gezeichnet ... werden. Göthe 27, 220; noch schwankte die meinung den tag über. 30, 79; heute den tag über waren sie zu Darmstadt. br. 227 (2, 166) Weim.; mit dem adverbialen genetiv tages: des tages über, tags über Rädlein 864ᵇ; über der erde schwebt ein duft des tags über. Göthe 27, 282; ohne artikel zusammengerückt tagüber: ich lief in den nächsten wald und daselbst tagüber mich in eine höle versteckte. S. v. Birken Marg. 169;
als ob tagüber sie gefangen
im kranz die rosen all im thal.
A. Grün ges. werke 1, 127.
θ)
unter (dem) tage, während des tages, plur. under tagen, zur tageszeit, interdiu Maaler 398ᵇ; mit dem adverbialen genetiv tags: unter tags, interdiu Aler 1871ᵃ, gegensatz zu des nachts Wieland Luc. 4, 37; schweiz. unter tags, nach mittag Stalder 1, 257.
ι)
zu tage, s. zu nacht und tage theil 7, 147 (vgl. auch zu tage bei 4, b).
κ)
adverbialer genetiv oder accusativ (s. auch g).
αα)
des tages oder ohne artikel tages, tags, am, bei tage (vgl. nachts und tags theil 7, 211): ahd.
sô wer sô dâges gengit (si quis ambulaverit in die).
Otfrid 3, 23, 35;
lêrt er dages ubarlût.
4, 7, 89;
mhd. ein tiurer stein,
dâ tages de sunne lieht durch schein.
Parz. 223, 18;
tages sô suln wir rîten jagen.
Trist. 3725;
nhd. tags, bei tag Dasyp. Q 1ᵃ;
tages stellten wir späher umher auf den luftigen höhen.
Voss Od. (1781) 16, 365;
tages arbeit! abends gäste!
Göthe 1, 199 (ged. 1, 182 Weim.);
ich versprech dir ...,
nicht mehr tags zum wein zu gehn.
P. Heyse ges. werke 2, 185.
des tages: des tages war er lernend im tempel, aber nachts gieng er usz und wonet an dem ölberg. Keisersberg der passion B 1ᵃ;
und wer des tages wandlen mag,
der selbig der stöst sich nicht,
weil er das licht des tages sicht.
H. Sachs 11, 246, 31;
des tages dreimal (beten). Tectander reise nach Persien (1610) G 2ᵃ; nun liesz mich der wackere .. castellan des tages frei herum gehen, auch ward ich des nachts nicht .. eingeschlossen. Göthe 34, 319;
(ich) werde des tages
emsig reisen und nachts.
Rein. 10, 453.
ββ)
den tag (vgl. tag und nacht theil 7, 146 und oben f, η den tag über): inti wonêtun mit imo then tag (et apud eum manserunt die illo). Tatian 16, 2; den tag lig er still. Fronsperger kriegsb. 1, 133ᵇ;
den tag arbeiten bisz in die nacht.
Ayrer 1125, 11;
plur.:
das er bei ihr drei nacht und tag
kan wachen.
1727, 2,
andere beispiele theil 7, 156 f., ohne zählung:
voller gefühl des jünglings, weil ich tage
auf dem ross.
Klopstock od., krit. ausg. 2, 59.
g)
langer, ganzer, halber tag (s. auch 7):
darumb an dem langen tage (vgl. 6, b)
merke dir es liebe brust:
jeder tag hat seine plage
und die nacht hat ihre lust.
Göthe 19, 197;
noch geht ein .. ganzer tag vorbei.
Hagedorn 2, 156.
besonders im adverbialen genetiv oder accusativ:
α)
wir haben ganzen tages aines überfalls gefürcht und sturmbs. S. Bürster 98; während des ganzen tages. Scheffel Ekkeh. 246.
β)
ahd. allen then dag, den ganzen tag Otfrid 2, 8, 20, mhd. al disen tac Parz. 22, 5 (vgl. 5, c); nhd. sy rittent den gantzen tag bisz umb die vesperzeit. Tristr. 101, 9 Pfaff;
(spazieren) den lieben langen tag.
Ambr. liederb. 108, 1;
der kumt den ganzen tag nit hein.
fastn. sp. 564, 15;
er lauft herumb den gantzen tag.
Ayrer 341, 17;
sie bleibt den ganzen tag in ihrer stube eingeschlossen. Lessing 2, 4; sie schreien ... den ganzen tag. Göthe 27, 73. 28, 59; der himmel war den ganzen tag bedeckt. 159; (das pförtchen) ist den ganzen tag offen. Schiller 14, 131; o könnte ich dir streiche auftischen den langen tag, dasz du's fressen drüber vergäszest. 2, 253 (räuber, trauersp. 2, 7); plur. (in verbindung mit nacht, vgl. theil 7, 156):
(er wacht) bei ihr drei gantz tag und nacht.
Ayrer 4626, 16.
halber tag (theil 4², 186): er bliebe einen halben tag in einer solchen stube. Weise erzn. 168 neudruck; so beschäftigte er sich oft den halben tag. Moritz A. Reiser 198, 18 neudruck, halber tag, viertelstag Stieler 2246.
h)
das abnehmen und ende des tages:
nu begunde ouch strîchen der tac,
daʒ sîn schîn vil nâch gelac.
Parzival 638, 1;
der tac het ende und kom diu naht.
376, 1;
der tag gieng zu dem abend.
Ambr. liederb. 150, 5;
als sich tag und nacht solt scheiden (in der abenddämmerung). U. Stromer 70, 15, schweiz. zwüschend tag und nacht Tobler 128ᵇ. Seiler 70ᵃ; da nun der tag fast dahin war. Marc. 6, 35; der tag hat sich verlauffen, transiit dies Maaler 398ᵃ;
wenn sich der tag geendet nur,
solt ihr ihn eilend einlassen.
Ayrer 3011, 24;
die sonn hat sich verkrochen,
der tag ist gantz dahin.
Opitz (1637) 1, 104;
wann müd und lasz geloffen
der tag sich riegelt zu.
Spee trutzn. 19 (6, 28) B.;
alsbald der tag erblichen,
kommt .. das heer der angst geschlichen.
Gryphius trauersp. 34 P.;
eh der tag geschlossen.
71;
nachdem der reine tag sein heil'ges auge (s. e, ε) geschlossen hat. J. Tobler Thomsons ged. 1, 148;
frei musz sie sein, noch eh der tag sich endet.
Schiller 13, 323 (Turandot 5, 8);
der tag neiget sich, dies inclinat in vesperam Stieler 2246;
nun kompt! der tag der neigt sich immer.
Ayrer 897, 26;
lasz uns gehen, es neigt sich der tag.
Göthe 40, 314;
die sonne geht schon niedrig, und scheint sich immer mehr auf der neige des tags zu verbreiten. J. Tobler a. a. o. 1, 195;
dort des tages sinkendes gold.
Klopstock od., krit. ausg. 1, 155;
schon senkte sich der tag und der abend rückte näher. Heinse Ardingh. 1, 101; der tag ging eben unter (mit der untergehenden sonne). Schiller 4, 245;
o! lösche deine fackel, tag!
11, 208;
des tages flammenauge selber bricht
in süszem tod und seine farben blassen.
209;
beim schweigsamen
sterben des tages.
Göthe 3, 215;
wieder lischt
ein tag aus, und wie seine kohle bleibt
die nacht zurück.
Grabbe 2, 272.
i)
morgen, mittag und abend werden poetisch die jahreszeiten des tages genannt Zachariä (1767) 4, 4 und demnach heiszt der morgen der lenz 5, der mittag der sommer 53 und der abend der herbst des tages 129.
4)
der tag in bezug auf das gestern, heute und morgen, zunächst im eigentlichen sinne von A (gegensatz die gestrige nacht u. s. w.), dann aber auch im engeren oder weiteren sinne von C (namentlich bei b von der gegenwart, vgl. C, 12).
a)
der gestrige oder vorige tag: der gestrige tac Diut. 3, 15; tûsent jâr sint (im himmel) alsô kurz, alsô der gesterige dag, der nuͦ für ist. Alemannia 2, 199; alles ist vergenklich als der gestrig tag, der vergangen ist. der ackermann aus Böhmen 54, 6;
vom heut'gen tag (s. b), von heut'ger nacht
verlange nichts
als was die gestrigen gebracht.
Göthe 5, 115 (divan 117 Weim.);
hier haben sie .. ungefähr den inhalt meines gestrigen tages (vgl. 7). an Schiller 356 (3, 238). adverbial:
ir habt mich auf gestrigen tag (gestern)
gebeten.
Teuerdank 2, 6;
ob zwar gestrigen tags vier stuck zue unnuz gangen. S. Bürster 71; stunde, in der gestrigen tags der kampf begonnen. Scheffel Ekkeh. 220; vorigen tags, die pristino Stieler 2247; weil er den vorigen tag einen ziemlichen excess im trinken begangen. Weise erzn. 120 neudruck; er war tags vorher nach Bamberg geritten. der junge Göthe 2, 91;
denn des tages vorher war
jener schreckliche brand.
werke 40, 249.
b)
der heutige tag s. theil 4², 1297 (vgl. 5): was der heutige tag gebracht. Göthe 28, 41;
ich mag vom heut'gen tag (vgl. 7) dir nichts vertrauen.
3, 11;
darumb versuch' ichs gleich am heutigen tage.
3, 5.
bis an, bis auf den heutigen, auf den heutigen tag (th. 4², 1298):
daʒ man dâ von sagen mac
hinz an den heutigen tac.
H. v. Neustadt Apoll. 3949
(an die heutigen zît
11244);
auf (bis auf) heut den tag.
Teuerdank 4, 55;
noch auf den heutigen tag.
7, 15;
wie noch auf den heutigen tag.
H. Sachs 1, 85, 82;
heut auf den tag (heute).
2, 8, 4.
des heutigen tages oder heutiges tages (th. 4², 1298): noch heutigs tages sie uns darumb verdammen. Luther wider H. Worst 8 neudruck;
wie ich heutiges tags ...
hab mit mein leibling augen gesehen.
H. Sachs 12, 78, 7;
heutiges tages die beste freiheit ist, wider die gesetze zu streben. Weise erzn. 21 neudruck; aufklärung, deren wir uns heutiges tags erfreuen. Schiller 9, 100. — ebenso heut des tages, heut den tag oder den heutigen tag, heut bei oder zu tage (theil 4², 1297):
als ir noch hiutes tages (= hiute des tages) seht.
Trist. 6290;
gesetz, das ich euch heuts tags für lege. 5 Mos. 4, 8; noch heut des tages. Fischart glückh. schiff 308;
er stirbt noch heut den tag.
Ayrer 1774, 33;
erlaubt mir, dasz ich den heutigen tag
gesellschaft mit euch machen mag.
Stoppe fabeln 1, 95;
heut bei tag buch d. liebe 266ᵈ. 273ᵃ. 300ᵈ; possen die wir heut bei tage in schulen lernen. Schuppius 849; weil heute zu tage die ehre nichts als ein bloszer titel. Weise a. a. o. 7; heut zu tage Schiller 7, 26; statt dessen auch blosz zu tage: sie (die schilfrohre zum schreiben) sind auch noch zu tage im gebrauche der orientalen. Denis bücherkunde 1, 46 (Heynatz 2, 464);
kaffee, ohn den zu tag (der tag d. j. G. 3, 218)
kein höcken weib mehr leben mag.
Göthe 13, 59;
denn die armee ist popular zu tage.
2, 463 H.
schweiz. noch tags, jetzt noch Gotthelf schuldenb. 279; vergl. altn. í dag, nd. von dage, heute Möbius 57. Schiller-Lübben 1, 470ᵃ. Frommann 4, 139, 8. 5, 143, 4, altmärk. von dag an, von heute an Danneil 30ᵃ.
c)
der morgige (morgenige, morgende, mornde) tag theil 6, 2565. 2571. 2587. 2589 mit zahlreichen belegen für die verschiedenen formen, so dasz hier wenige neue genügen:
es kompt doch morgen auch ein tag.
Scheidt Grob. 2410;
des keiner hat ein sicherheit,
das er erleb den morging tag.
H. Sachs 3, 121, 8;
der morgende tag kam. Weise erzn. 98 neudr.; der morgende tag kam herbei. Schelmufsky 38 neudr. der vollständigen ausg.; den morgenden tag desto besser zu nutzen. Göthe tageb. 1, 221 Weim.; wir sollten den morgenden tag noch zugeben. 30, 179;
von heut pis auf den morgigen tag.
Raber Sterzinger spiele 2, 247;
(weil er kommt) auf den morgigen tag.
Ayrer 1479, 22;
morgen am tag. Schiller 2, 91. 159; genetivisch: dasz er sie (der henker die mörder) morgendes tages alsbald rädere. schausp. der engl. komöd. in Deutschland 123 Tittmann, morgen des tages 2 Mos. 9, 29 (goth. gistradagis Matth. 6, 30, vergl. ahd. êgester, übermorgen Graff 4, 273). der begriff morgig wird in der erzählung umschrieben durch folgend, kommend, künftig, nächst (vgl. auch der andere tag bei C, 8, c):
wann ihm der nächste tag ..
des fundes werth .. verdächtig macht.
Hagedorn 1, 129;
der folgende tag gab uns die auflösung des räthsels. Göthe 30, 272; auf den nächsten, künftigen tag. Teuerd. 45, 4. 62, 8; folgendes tages Weise a. a. o. 201, des kommenden tages Klinger 10, 59; den nächsten tag war ich .. bald eingewohnt. Göthe 30, 194; anderen tag hernach .. kam er. S. Bürster 96, auch blosz den tag hernach, darauf Weise a. a. o. 162, 170, oder genetivisch des tages drauf 2 Mos. 29, 38, tags darauf Göthe 35, 125; folgenden tag war die hochzeit angesetzt. Weise a. a. o. 158; ob man nicht künftigen tag weiter reisen wolle. 161.
5)
an 4, b reiht sich dér, dieser tag (vgl. die umschreibung von morgig bei 4), besonders in adverbialen fügungen.
a)
ahd. thes dages, an diesem tage Otfrid 4, 12, 12. 5, 9, 3, mhd. des tages Iwein 6947. Parz. 391, 9. H. v. Freiberg Trist. 2362, wofür md. auch artikelloses tagis steht Jeroschin 23956, nhd.
tages noch vor seinem tode.
Herder Cid 66.
des, dieses tages: laszt mich disz tages unbekümmert. buch der liebe 241ᵈ, des tages 243ᵃ;
die soll noch dieses tages spatt
gestellt werden für eur majestatt.
Ayrer 920, 26;
(er) sucht sie des tags, so weit sein fusz ihn trägt.
Wieland 10, 230;
und ich wär gleich des tages .. weggegangen, wenn. Göthe 35, 30.
b)
an diesem tage 5 Mos. 4, 20; auf diesen (den), bis auf diesen, bis diesen tag: ich weisz noch uf diesen tag nit .. Götz v. Berl. 87 neudruck;
das soll nit sein auf diesen tag.
H. Sachs 2, 8, 11;
nun seid ir ledig auf den tag.
12, 558, 6;
dasz mir das läger noch auf diesen tag gewogen.
Gryphius trauersp. 596 P.;
es ist das alte leid auf diesen tag (heute) vergessen.
Mühlpforth hochzeitged. 91;
denn bis auf diesen tag muszt ich gewaltsam
des herzens fröhliche ergieszung theilen.
Schiller 14, 27 (braut von Mess. 1, 3);
nach dem hunde nennt sich's (das carcer) bis diesen tag.
12, 33 (Wallenst. lager 7).
c)
dén, diesen tag, an diesem tage: keiner .. sich den tag mannlicher gehalten hat. buch der liebe 243ᵃ; den andern gesellen hab ich disen tag nit gesehen. Eulensp. 131 (85) neudr.;
du solst den tag nicht henken mich.
Ayrer 912, 22;
du solst den tag
gesund von deiner krankheit sein.
Mühlpforth hochzeitged. 64;
ich liebe dich noch diesen tag
so sehr alsz ich vor lengst schon pflag.
Opitz (1637) 1, 248;
es hatte sich diesen tag viel gesellschaft eingefunden. Göthe 17, 95; der denn auch diesen tag nicht in mein haus kam. 35, 125.
6)
der tag in bezug auf die jahreszeit und witterung (vgl. C, 1, i).
a)
kurzer, langer (kürzester, längster), ab- oder zunehmender, wachsender tag:
ouch sint die tage unmâʒen lanc.
Iwein 2137;
(wenn) der tag wider abnimpt. Tucher baumeisterb. 61, 24; wie der tag zu und abnimpt. weish. Sal. 7, 18; zeit, da der tag wieder zu nimpt. Colerus 1, 109ᵇ; man sagt, wann der tag begint zu langen, so kompt die kält gegangen. 112ᵃ;
wo die täge kurtz, wo die nächte lang.
Logau 3, zugabe 1;
Föbus kürzt nun ab die tage.
Fleming 321;
auch nimpt der tag zu allgmach,
dasz wider gut wird unser sach.
Spangenberg anbindbr. M 7ᵃ;
der tag wächst Fischart pract. 22, streckt sich Aler 1871ᵃ; wie der tag wuchs. Göthe tageb. 1, 188 Weim.;
wann sie (die sonne) den stier durchstreicht, uns längre tage giebet.
Hagedorn 1, 19;
bei langem tage schwatzt sich viel.
Schiller 1, 254;
da (im sommer) sind die tage lang genug.
Uhland 1, 37;
die tage wurden klein.
Lichtwer 49 (2, 1);
die westliche sonne entzeucht den gekürzten tag (des herbstes). J. Tobler Thoms. ged. 2, 68; in den kurzen tagen essen wir um 6 uhr zu nacht. Gotthelf erz. 3, 36. — kürzester, längster tag:
(diese lehre) bei dem kürtzesten tag betracht.
Spangenberg anbindbr. M 6ᵃ;
(der greis) scheut so den kürzesten, als längsten tag im jahre.
Hagedorn 1, 121;
wenn es am kürzesten tage gefrieret, so fällt das korn im preise. rockenphil. 463 (3, 73); da sich aber denn doch der längste tag endlich zum abend bequemt. Göthe 21, 142;
der längste tag, wo allerhöchst
die sonne steht und niederglänzt.
Wackernagel ged., auswahl 239.
b)
sonniger, heller, klarer, lichter, heiterer, blauer, schöner tag (vgl. B): lichter tag Agricola sprichw. nr. 228 (auch name der pflanze augentrost Nemnich 1, 1548); es wird ein schöner tag werden, denn der himmel ist rot. Matth. 16, 2; schöner tag one gewülk, heiter und häll. Maaler 397ᵈ; zur zeit, da die heitere jungfrau (des thierkreises) die schönsten tage schenket. J. Tobler Thomsons ged. 2, 4;
der wind zog endlich ab, der tag ward wieder helle.
Stoppe fabeln 296;
der goldgelockte tag Clodius ged. 126; es ist heute ein recht schöner tag; es ist vortrefflich im grünen (ein gespräch einleitend). Klemm der grüne hut 12, 12 neudruck;
wen die heitre labt des goldenen tages.
Klopstock od., krit. ausg. 2, 21;
ein heiterer schöner tag. Göthe tageb. 1, 311 Weim.; der tag war klar und warm. 329; ein herrlich schöner tag. br. 504 (3, 101); ein heller, freundlicher tag. werke 27, 222;
wenn der blick an heitern tagen
sich zur himmelsbläue lenkt.
4, 381;
heiter lacht' ein blauer tag
auf die schöne segensfülle.
Bürger 72ᵇ;
nun strömet klar von oben
der (herbst-)tag ins land herein,
aus tiefem blau gewoben
und lichtem sonnenschein.
Geibel juniusl. 23;
in diesen blauen tagen,
die so licht und sonnig flieszen.
25.
finsterer, dunkler, grauer, trüber, regnichter tag: ein finster tag, ein tunkel tag, ein wolkiger, ein nebliger tag. Joel 2, 2; timberer oder dunkler finsterer tag. Maaler 398ᵃ;
wie ein trüber tag,
wie wetter, die sich langsam fortziehn.
Klopstock od., krit. ausg. 1, 67;
in tagen ohne sonnenlicht.
Thümmel reise 2 (1791) 295;
da mich graulicher tag hinten im norden umfing,
trübe der himmel und schwer auf meine scheitel sich senkte.
Göthe 1, 269 (eleg. II. 148 Weim.);
der grauste tag 30, 252; halbbedeckter tag tageb. 2, 185 Weim.; es ist ein trüber tag. br. 261 (2, 205); regnichte tage werke 27, 212. Chamisso (1872) 2, 260, s. regnicht. milder, gelinder, warmer, schwüler, heiszer tag:
der tac was vil heiʒ,
harte muͦte sî der sweiʒ.
Rolandsl. 12, 28;
ihr warmen tage! bleibt doch hier!
Stoppe Parnasz 413;
(wenn die sonne) die luft in schwühlen tägen
durch geradern strahl erhitzt.
Brockes 1, 345;
in den schwühlen sommer-tägen.
367;
scheuet nicht des tages schwüle,
achtet nicht des abends kühle!
Göthe 2, 26;
es war ein herrlicher gelinder tag. tageb. 1, 150 Weim.; auch der abend ist .. milde wie der tag. werke 27, 36; nach einem sehr warmen tage. 15, 127;
wenn euch fortan am heiszen tage der trunk labt.
40, 312;
am heiszen italischen tag.
Rückert 2, 219.
rauher, kalter tag: ein rauher tag macht noch den winter nicht. Wander sprichw. 4, 998; kefer, die sich an die zeune lagern in den kalten tagen. Nahum 3, 17; heut ists wieder so ein kalter tag. Göthe br. 572 (3, 142) Weim.; das .. wird euch trübe und kalte tage machen. tageb. 1, 312;
ein trüber tag, den die sonne
nicht scheinend erfreuen mag.
Chamisso (1872) 2, 127.
7)
der (ganze, halbe) tag in bezug auf das leben, erleben und wirken:
âne sorgen nieman mac
geleben einen ganzen tac.
Freidank 58, 12;
wünneclîch er altet
im enwirret niht ein halber tac.
Walther 102, 2;
lebendiger tag s. lebendig 11; ein jeder tag (vgl. C, 9, b) hat seine plage, s. plage 2;
ein ieder tag erträgt sein eigne plag und sorgen;
der abend leistet nicht, was oft versprach der morgen.
Logau 1, 9, 11;
jeder tag hat seine plage
und die nacht hat ihre lust.
Göthe 19, 197;
dem tage
gehöret seine plage: spaltet holz,
karrt steine, wenn die noth es von euch heischt.
Chamisso (1872) 2, 151;
schöpfungstag 1 Mos. 15 ff., arbeitstag der taglöhner u. s. w. Tucher baumeisterb. 60 f. (zeit vom garaus zum garaus, s. garaus 5, 2), henneb. ein aller tag, ein werkeltag Spiesz 250; geschäftvoller tag. Hermes Soph. (1776) 4, 314;
was pflegt ein tag wol einzutragen (an lohn)?
Hagedorn 2, 67;
die arbeit füllt den tag und ruh besetzt die nacht.
Haller die alpen 74;
ich habe dir in heiszer ernte tagen ..
die frucht geschüttelt deiner reichen äste.
Rückert 2, 114;
sprichwörtlich auf den abend sol man den tag loben. Aler 1872ᵃ und schon mhd.:
tac man zâbende loben sol.
Laurin 938;
den tag verleben, verbringen, zubringen (mit, in), anwenden, nutzen u. s. w.:
dâ mit er sich wol bejage
und ouch vertrîbe die tage.
Iwein 7180;
mit andern dergleichen gesprächen ward der tag zugebracht. Weise erzn. 54 neudruck; den folgenden tag brachten sie zu in .. besuchung vornehmer leute. 91;
bisz dasz der halbe tag ist fleiszig durchgebracht.
Rachel 6, 79;
der sorgenlose tag wird freudig durchgescherzt.
Haller die alpen 258;
und nach jedem späten morgen
folgten ungenutzte tage.
Göthe 2, 100;
so wie der tag ist wohl vollbracht.
3, 284;
den tag habe ich bestmöglichst angewendet. 27, 166; so verbrachte ich den ganzen tag. 28, 74; die treue, womit sie halbe tage lang an seinem lager aushielt. 15, 120;
zwei tage und zwei nächte hatten
wir auf diese weise verlebt.
30, 124;
den tag leben mit:
volk, das mit spazieren den tag lebt.
werke 40, 304.
Der zustand wird bestimmt durch ein adjectiv oder einen genetiv (vgl. D, 2, c).
a)
guter tag (vgl. C, 7): ein guter tag fängt morgens an. Simrock sprichw. 545; den guten tag musz man erst am abend loben. Wander 4, 994; um sich zu belustigen, um sich einen guten tag zu machen. Göthe 18, 279;
(freunde,) die mit uns am guten tag
sich im stillen freuen.
1, 135;
ich wollt', du hättest mehr zu thun,
als mich am guten tag zu plagen.
12, 171 (Faust 3286 Weim.).
guter tag ein segenswunsch und grusz (vergl. guten morgen theil 6, 2562, gute nacht theil 7, 157):
der al der werlt ein meister sî,
der geb der lieben guoten tac.
minnes. 3, 448ᵃ;
got geb ir hiute guoten tac!
L. v. Regensburg Franc. leben 4341;
einen guten tag geb euch got!
fastn. sp. 485, 8;
gott geb euch einen guten tag!
H. Sachs 13, 37, 30;
ir hirten, gott geb ein guten tag
und was euch sonst nützlich sein mag.
Ayrer 56, 22.
einem einen guten tag bieten, sagen, wünschen:
er bôt im guoten tac.
Lanzelot 2399;
er wünscht dem müller einen guten tag.
Ambr. liederb. 173, 5;
da bot ir Ulenspiegel ein guten tag. Eulensp. 117 (67) neudr.; sie lässet euch einen freundlichen guten tag vermelden. Gryphius horrib. 68 neudruck;
verzeiht mir auch hertzliebe magd,
dasz ich euch kein guten tag gesagt.
P. Squentz 28;
vater, mutter, ich wollte euch einen guten tag wünschen. Arnim schaub. 1, 28;
(ich) wünsche jedem guten tag
so herzlich und so warm.
Uhland 1, 11.
elliptisch (wie bei morgen, nacht):
des muos hêr Walther singen
'guoten tac, bœs unde guot'.
Parzival 297, 25;
schœnen morgen, guoten tac!
Eracl. 3498 Graef;
glück zu, ir nachbawrn, ein guten tag!
H. Sachs 17, 159, 18;
ein guten tag, ehrwürdige herrn!
Hayheccius H. Pfriem 1523;
guten tag! Stoppe fab. 1, 204. Göthe 10, 93. Schiller 4, 190. Redensart: einem guten tag und guten weg sagen, sich nicht länger mit ihm aufhalten als nötig ist, um ihn zu grüszen, elliptisch nd. goden dag un goden weg. Wander 4, 1818. 1020. Hennig preusz. wb. 291. Frommann 2, 36; guten tag auch im sinne von prost die mahlzeit (theil 7, 2172):
nun wird er doch von seiner narrheit lassen?
ja guten tag! das läszt sich bald.
Burmann fab. (1773) 161.
b)
glücklicher, schöner, fröhlicher tag, tag der freude u. dgl.:
gott verleih mir ein glücklichen tag!
Ayrer 1429, 31;
vergisz der armen nicht, wenn du den fröhlichen tag hast. Sir. 14, 14; ein vergnügter tag. Göthe 15, 42;
am tag der lieb und lust.
2, 145.
sprichwörtlich ein schönen tag (vgl. 6, b) soll man abends loben. Lehmann 172, 1;
man musz den schönsten tag nicht vor dem abend loben.
Hagedorn 2, 122.
c)
böser, übler, schlimmer tag, tag des wehs u. s. w. (vgl. C, 7): gott wölle ihr einen bösen tag zusenden. Amadis ix cap. 17, 15ᵈ; du hast heute einen bösen tag gelebt. Klinger 1, 55; ich hatte einen übeln tag. Göthe br. 475 (3, 74) Weim.; trauriger, schwerer tag Klopstock od., krit. ausg. 1, 182. Herder ged. 1, 94 H., saurer tag Stoppe ged. 1, 77. Schiller 14, 325;
die stunde rennt auch durch den rauhsten tag.
13, 21 (Macbeth 1, 6),
zeit läuft und stund' auch durch den rauhsten tag.
Tieck Macbeth 1, 3,
darnach: zeit und stunde rinnt auch durch den rauhsten tag. Göthe 30, 96; sprichwörtlich auf einen bösen tag gehört ein guter abend; auf einen bösen tag folgt selten eine gute nacht. Wander 4, 992.
8)
übertragen (nach 3 und 6) auf das mit dem tage verglichene leben (vgl. D, 2, a):
der tag, das ist sein lebenszeit,
nimt ab.
Spangenberg anbindbr. M 7ᵇ;
auf! dein tag hat abgenommen,
auf! dein abend ist ankommen!
Gryphius lyr. ged. 516 P.;
noch ist es tag, da rühre sich der mann,
die nacht tritt ein, wo niemand wirken kann.
Göthe 5, 117 (divan 119 Weim.);
mein leben liegt im abendroth,
deins tritt erst ein in den sonnigen tag.
Geibel ged. 121.
sprichwörtlich es ist noch nicht aller tag abend. Fischart Garg. 198ᶜ. Schiller 12, 32.
B.
das licht eines hellen, sonnigen (A, 6, b) tages, sowie die zeit und der ort, wann und wo es scheint.
1)
das tageslicht im gegensatze zur nacht und finsternis, eigentlich und bildlich (vgl. licht 5 und 6, tag- und tageslicht): mhd.
der vinster (finsternis) man vil gar vergaʒ,
dâ mîn hêr Gahmuret dort saʒ
als wær eʒ tac.
Parzival 82, 23;
sîn blic was tac wol bî der naht.
400, 6;
er (gott) ist der tac, er ist daʒ lieht,
dâ sich dîn herze inne ersiht.
L. v. Regensburg tochter Syon 3971;
nhd. von himel da scheint auch kein tag.
H. Sachs 1, 87, 26;
fleuch hin, wo es der erde an sonn und tage fehlet.
Gryphius trauersp. 88 P.;
ihr .. seid nicht werth, dasz euch der tag bescheint.
Stoppe fab. 1, 38;
wie auf die wipfel des hains der tag sieht.
Klopstock od., krit. ausg. 1, 13,
junger tag ergieszt sich allmählig, und öffnet überall die aussicht voller ebnen. J. Tobler Thomsons ged. 1, 90; dichtgewölbter laubengang, wo kaum ein fleck von tag auf das verlängerte dunkel fällt. 1, 40;
du wirst hingehn wo kein tag mehr scheinet.
Schiller 1, 128;
es sagens aller orten
alle herzen unter dem himmlischen tage.
Göthe 12, 181 (Faust 3463 Weim.);
als er ... erwachte, schien ihm der tag ahnungslos herein. 17, 132; der reine tag dringt nicht unbesudelt durch diese verrostete gitter. F. Müller Faust 58, 5 neudruck;
golden flosz ins laub der tag.
Geibel juniusl. 70;
wo auf ein einzig wort die ganze gegend gleich
zum schönsten tage sich erhellet.
Göthe 2, 151;
(ein schwarzes felsenthor) kein tag hats noch erhellt.
Schiller 14, 424 (Tell 5, 2);
(unser gutes recht,) das doch lauter ist und klar,
gleichwie der glanzvoll ofne schoosz des tages.
322 (2, 2);
der saal hell wie der tag.
A. Grün ges. werke 3, 165;
sein verbrechen ist
klar wie der tag (vgl. 3, b).
Schiller 12, 524 (M. Stuart 4, 5).
den tag fliehen, scheuen: ein kleines thier .., genandt solifuga, dorumb dasz es den tag fleuhet. Bechius Agric. p 6ᵇ;
unrecht scheut nur tag und licht.
Stoppe ged. 1, 160;
(die gespenster) wüten nur des nachts und scheuen tag und licht.
fabeln 1, 193.
sprichwörtlich einem im tage (wie im lichte) stehen. Wander 4, 1016; der tag (wie die sonne) findet, verräth alles u. dgl. Simrock 546; die warheit verrath der tag. Frank sprichw. 2, 133ᵇ; wollte dich trotz dem verrätherischen tage in meinen armen festhalten. d. j. Göthe 2, 176;
und der tag, der alles findet,
die verlorne fand er nicht.
Schiller 11, 197;
das hiesze ja wohl dem tage ein licht anzünden. Engel L. Stark xxxiii;
dein ruhm braucht diesz bestreben
so wenig, als der tag ein licht.
Stoppe fab. 1, 288.
auf das innere bezogen (s. auch beispiele bei nacht II, B, 4, b, α):
(du) hast vielen aus der nacht
der menschentriegerei den tag herwieder bracht.
Rist Parnasz 642;
ärgernis und verbissene wuth hatten meine ganze seele umnebelt; die liebe selbst, in dem vollsten glanz des glückes, konnte sich darin nicht tag schaffen. Lessing 1, 588;
damit das gute wirke, wachse, fromme,
damit der tag dem edlen endlich komme.
Göthe 13, 171;
wo du nur die noth siehst und die plag,
da scheint mir des lebens heller tag.
Schiller 12, 53 (Wallenst. lager 11);
verhüllet, sterne, euer himmlisch licht,
damit kein tag in meinen busen falle.
13, 25 (Macbeth 1, 8);
ich kann nur zu gott bitten, dasz er es tag werden lasse in dir. Auerbach ges. schriften 11, 182.
2)
bergmännisch das tageslicht: der tag scheint herein. Gätschmann bergm. ausdr.² 99; die erdoberfläche und alles, was auf und über derselben ist, im gegensatze zu dem, was unter ihr, in den gruben sich befindet (s. nacht II, B, 2, a, ε): am tage, auch über tage, ober tags, auf der erdoberfläche; zu tage, auf der oder auf die erdoberfläche; unter tage, unter derselben, in unterirdischen grubenbauen Veith 486 (mit älteren und neueren belegen): weil man zumal an vil orten ertz unterm rasen und in der beume wurtzel am tage traff. Mathesius Sar. 95ᵇ; erz am tag antreffen. Frisch 2, 359ᶜ;
nun liegt es (salz) klar am hellen tage blosz.
Göthe 47, 123;
an tag bringen (früher auch in den tag bringen Gryphius trauersp. 308 P.), aus der grube schaffen Chemnitzer bergm. wb. 546ᵃ; treten störungen im luftdruck und in der temperatur auf der erdoberfläche (über tage, wie der bergmann sagt) ein. beilage zur allgem. zeitung vom 26. sept. 1869 sp. 4158ᵃ; ich fand .. den steiger mit seinen leuten über tage mit ausklauben beschäftigt. Göthe 51, 108; was er mir gestern über tage .. erzählt hatte. 119; etwa zwei lachtern täufe vom tage herab traf man auf ... glimmersand. 147; die (kohlen-)lager gehen häufig zu tage aus. 25, 326; auf dem wege fand ich ganze felsen fraueneis zu tage anstehend. 27, 174; (man bemerkte,) dasz der weisze glimmersand ... wirklich zu tage ausgehe. 51, 148. 181; denn dieselben arten des urgebirgs können so hüben wie drüben zu tage ausgegangen sein. 181; hier und da ragte gestein zu tage. Freytag ges. werke 6, 42; wenn ich .. in einem bergwerke arbeiten, und die ausbeute erst zu tage fördern müszte. Thümmel reise 7 (1802), 87;
(bergwerkleute,) die still das erz erst fördern in die schachte,
eh draus zu tag gefördert wird die beute.
Rückert 1, 163;
den edelstein, das allgeschätzte gold
musz man den falschen mächten abgewinnen,
die unter'm tage schlimmgeartet hausen.
Schiller 12, 243 (Wallenst. tod 2, 2).
übertragen (vgl. 3): als ich an jener schrift des Berengarius einen so reichhaltigen anbruch gleichsam zu tage zu finden das glück hatte. Lessing 9, 3; die neigung zum absurden, die sich frei und unbewunden bei der jugend zu tage zeigt, nachher aber immer mehr in die tiefe zurücktritt .., war bei uns in voller blüthe. Göthe 26, 77.
3)
darnach ist tag (ohne bezug auf den bergbau) das tageslicht, das licht der öffentlichkeit, das offenbare, augenscheinliche, klare, verständliche, wahre oder erwiesene, im gegensatze zu dem vergrabenen, verheimlichten, verborgenen, dunkeln; sinnlich und bildlich in einer menge von formeln und redensarten.
a)
tag sein, werden, klar, verständlich sein, werden Wander sprichw. 1019: hui! rief ich. es wird tag! Immermann Münchh. 1, 279;
eine macht der hölle
umnebelt deiner sinne hellen tag (klarheit).
Schiller 12, 182 (Piccol. 5, 1).
b)
am tage sein, am oder zu tage liegen.
α)
meine buͤchlin sind am tage, sind erschienen, veröffentlicht. Luther 3, 465ᵃ;
es ist am tag (zweifellos, sicher),
das ich dein nit vergessen mag.
Ambr. liederb. 201, 1;
das er thet, wie jtzt am tage ist (offenbar, eingetreten ist). 1 Mos. 50, 20. 5 Mos. 2, 30. 1 Sam. 22, 8; so ist auch am tag, das ir vil oft hetten mugen das traid dienen, aber sölichs nit gethon. östr. weisth. 6, 280, 16 (vom jahre 1391); war und klar am tag, als der pawr an der sun ligt, ist, daʒ wir .. Chmel urk. Max. nr. 235 (vom jahre 1509); das solchs herzog Thessel ie nit wol .. laugnen kunt, es war am tag. Aventin. 5, 114, 9 (quae testibus praesentibus conprobata erant annal. 1, 417, 17); es ist am tag, das die simulirung unterweilen nicht allein zulässig, sondern auch fast nöthig. Butschky Patm. 881; nun ist am tage, und dein beste schuzwer, das du dich voriger zeit allemahl wol verhalten. kanzl. 661; es ist hell am tage, solis luce videtur, clarius ante oculos est. Stieler 2246; es ist am tag, sie haben den Bambergern meinen buben verrathen. Göthe 8, 56. 42, 71;
juhe! nun ists am tage!
erwischt das räubernest!
Schiller 1, 207;
Eboli. es ist am tag. er wird erhört. sie liebt!
5, 1, 129 (don Carlos 2, 10).
β)
am tage liegen (s. liegen 11, a):
es darf nit frag,
und ligt am tag.
Ambr. liederb. 194, 2;
so es warlich am tage leit,
die liebe überwindet
all ding in dieser zeit.
253, 17;
dann es lît leider so klar am tag,
dasz ein kind die ursach merken mag.
Salat verl. sohn v. 1583;
es ligt am tag,
dasz auch der mensch wirt erger schier.
Scheidt Grobian. 4931;
ein sach die am tage liegt, deren man nit löugnen kan, confessa res Maaler 398ᵇ; es liegt am tage, wie der bauer an der sonne. Simrock sprichw. 547; dasz diesz immer der fall gewesen sei, liegt am tage. Wieland 32, 85; dasz wir in der so genannten mittlern zeit für die farbe und farbenlehre wenig gewonnen, liegt in dem vorhergehenden nur allzudeutlich am tage. Göthe 53, 113;
ihr (der komödien) nutzen liegt am tag.
Gotter 1, 79;
das zeugnisz seiner schandthat liegt am tag.
2, 233;
deines weiberhasses
verhaszte quelle liegt nunmehr am tag.
Schiller 15, 1, 62 (Phädra 4, 2).
zu tage liegen:
deutlich, wie mir see und land
hoch um mittag liegt zu tage,
so wird das von mir erkannt.
Bürger 43ᵃ.
c)
an den tag (an tag), für den tag, zu tage kommen, dringen, treten, gehen (s. kommen II, 18):
(die eingekerkerte) soll nicht eh kommen an tag,
bisz dasz sie euch die eh' zusag.
Ayrer 903, 3;
ihr stellt das weisze milch-gefäsz .. an tag (entblöszt die brüste).
Logau 3, 9, 62;
kein wunder, dasz solche schöne briefe an den tag (zum vorschein kommen), die keinen verstand in sich haben. Weise erzn. 58 neudr.; an den tag kommen, patefieri Stieler 2246; als das gar bald darnach an tag kam. B. Zink 52, 32; die weissagung wird ja noch erfüllet werden, zu seiner zeit, und wird endlich frei an tag kommen. Habakuk 2, 3; es ist ... nichts heimlichs, das nicht kund werde und an tag kome. Luc. 8, 17 (kum in offen cod. Tepl., goth. in svikunþamma qimai); es kompt alles ann tag was mann under den schnee verbirgt. Frank sprichw. 2, 133ᵇ;
denn (dann) kumpt dein bulerei an tag.
H. Sachs 3, 54, 34;
wenn unschult kompt an tag zu zeit.
Ayrer 680, 35;
ire grosze unschult an den tag kommen lassen. Galmy 252; würden viel heimligkeiten offenbahr werden und an tag kommen. Tectander reise nach Persien (1610) B 2ᵇ; jetzt kam das geheimnisz an den tag. Schiller 8, 126;
liegt der irrthum nur erst wie ein grundstein unten im boden,
immer baut man darauf, nimmermehr kömmt er an tag.
11, 120;
kein wort kömmt für den tag, das nicht auf steltzen geht.
Canitz 98;
in die erd' ist's aufgenommen, ..
wird's auch schön zu tage kommen?
Schiller 11, 313;
mich freut die süsze frühlingszeit,
wenn laub und blüte dringt zu tag.
Geibel-Heyse span. liederbuch 266;
wie das (der geheimste wohnsitz) erbaut war, wie's im frieden lag,
es kommt vielleicht vom alterthum zu tag.
Göthe 3, 139;
die wahrheit kommt zu tag.
Rückert Bostan 219, 45;
bedenke man einen solchen widerstreit, wenn er in einem vorzüglichen menschen sich ereignet und zu tage tritt. Göthe 29, 206;
groszes, redliches bemühen ...
freudig tritt es auf zum tag.
56, 46.
zu tagen gehen, zum vorschein kommen, heraus treten: wann die mutter (uterus) zu tagen gehet. Gäbelkhover 265.
d)
an den tag (für die öffentlichkeit) taugen:
würden adler, ob mein buch an den tag taug, etwa richten,
ist's gar gut; was eulen sind, denen steht es zu mit nichten.
Logau 2, 9, 73.
e)
zu tage leuchten, omnibus constare, nemini obscurum esse. Stieler 2246.
f)
an den tag (oder an tag, zu tage) bringen, fördern, leiten, führen, geben, helfen, legen, locken, setzen, stellen, thun, ziehen:
du (die ehre) hast, aus unterirdschen grüften,
die tolle zier an unsern hüften,
das schwert, zuerst an tag gebracht.
Haller über die ehre v. 12;
bücher Opitz (1637) 1, 180, ein buͤchlin Frey gartenges. titel, eine schmähschrift an den tag oder an tag bringen, veröffentlichen Lessing 4, 87; an tag bringen, patefacere Maaler 398ᵇ: (gott,) der das heimliche so an tag gebracht hatte. 2 Macc. 12, 41; auf das er .. die lere des evangelii helle und klar an tag brechte. Luther 1, 1ᵇ; und können uns mit Paulo rhuͤmen, das gott durch uns das evangelium wider an tag bracht. 6, 220ᵇ. tischr. 1, 12; die warheit an das liecht, an den tag bringen. Aventin. 4, 10, 15; er ist solcher weiszheit, dasz er disz nicht an tag bringen sol, sondern wird es stillschweigendt bei ihm behalten. buch d. liebe 207ᵃ; alle künste, so jemals durch die göttlich fürsehung an den tag gebracht worden. Fronsperger kriegsb. 1, 137ᵃ; die grosze verschiedenheit .. an den tag zu bringen, welche zwischen dem Lutherthum und Kalvinismus obwaltete. Schiller 9, 277;
die sonne bringt es an den tag.
Chamisso (1872) 1, 214;
dasz er .. hinweg mich räumen möchte,
damit die heimlichkeit ich an den tag nicht brächte.
Rückert Bostan 219, 64.
zu tage bringen: er hatte durch mancherlei fragen und wendungen gar bald die gemüthsart und fähigkeiten der kinder zu tage gebracht. Göthe 17, 279; sinnlich: er griff in den rock und brachte eine lederflasche mit kleinem trinkglas zu tage. Freytag handschr. 2, 96 (lederflasche th. 6, 494 nachzutragen); früher auch vor den tag bringen: niemandt kan mehr geben als er hat, ich kan nicht mehr vor den tag bringen, als mir ubrig gelassen. Weidner apophth. 8; habt ihr ein ältern und bessern glauben, so bringt ihn vor den tag. 20; wird ferner an tag gefördert, was irgend über werkmäszige ausübung dieser (bau-)kunst zu erfahren ist. Göthe 25, 273; ihre weisheit, die doch nichts zu tage fördern wird. Gutzkow ritter⁴ 1, 267;
du sollst die todten selbst ausz ihren gräbern weisen
und leiten an den tag.
Opitz (1637) 1, 66;
ich war ein gefangener. du hast mich herausgeführt an den tag, das goldne licht und die unermeszliche freie haben mein auge entzückt. Schiller 4, 36;
nieder (in den orkus) führen tausend steige,
keiner führt zum tag zurück.
11, 200.
an den tag (an tag), zu tage geben (s. geben II, 12, d, δ und h): die den deudschen Esopum .. an tag geben haben. Luther fabeln 4 neudr.; die an tag gebung desselben büchlin. werke 1, 360ᵃ; disz mein buͤchlein ist allein von guͦter kurtzweil wegen an tag geben. Wickram rollw. 3, 18 Kurz; Agricola, Concordantia bibliorum. an den tag gegeben durch Chr. Zeisium. Frankf. a. M. 1674; eine wahrhafte beschreibung der reisen thun und an den tag geben. pers. reisebeschr. 1, 1; (den namen des erben) klärlich an tag geben. Mainzer landr. (1755) viii 317;
mein' augen geben an den tag,
was mich im herzen quälen mag.
Neumark lustw. 62;
wers besser weisz, ist ihm nicht verbotten an tag zu geben. Kirchhof milit. disc. 81;
(gott wird) mein unschult geben an tag.
Ayrer 682, 33;
verfolgung gibt an tag, was sicherheit versteckte.
Logau 1, 9, 10;
wer allzusehr mit worten pocht, gibt leichtlich an den tag,
dasz seine lunge (zunge?) ziemlich viel, das hertze nichts vermag.
1, 10, 24;
seine schwachheit gibt an tag,
wer versucht und nicht vermag.
2, 9, 58;
ein geist musz in der lust der sichern freiheit leeben,
der etwas freies thun, und an den tag soll geeben.
seine groszmütigkeit, seine gebrechen an den tag geben. pers. baumg. 1, 33. 4, 12; freie alte phrazen an den tag geben. Schuppius 572; zwar die narren lachten darüber und gaben also ihren verstand an den tag. Weise erzn. 25 neudruck; seine schwachheit an den tag geben. 31; maszen die geringste veränderung des gesichtes die unvermuthliche freude würde an tag geben. Butschky Patmos 725;
(sie) gab durch ein genädigs neigen
den beifall an den tag.
Mühlpforth hochzeitged. 12;
weil man hiedurch (durch die form des briefwechsels) ... sein eigenes empfinden mannichfach und anmuthig an den tag legen kann. Göthe 45, 308;
(worte,) in welchen ich so liebevoll mein streben
um deine gunst dir an den tag gegeben.
2, 15 (sonette ⅩⅠⅠⅠ, 7 Weim.).
reflexiv:
die sich nicht dürfen an tag geben und doch gerne wolten sieghaftig werden unter eines andern namen.
Luther 1, 263ᵃ;
sich anders stellen, als man meinet, ist ein weltstücklein, und pflegen sich kluge (machiavellische) leute solcher gestalt für der welt an tag zu geben, das nicht ein jder ihre meinung alsbald verstehe.
Butschky Patmos 62;
der sich immer mehr an den tag gebende .. bezug aller physikalischen phänomene auf einander ward mit bescheidenheit betrachtet.
Göthe 32, 162;
ernster drang, das ungeheure geheimnisz, das sich im stetigen erschaffen und zerstören an den tag gibt, zu erkennen.
58, 85.
— zu tage geben: der sich seines namens gescheuet, und selber damit gnugsamen zu tage gegeben, dasz er nicht werth einen ehrlichen namen zu führen. Schuppius 620. — an (den) tag helfen mit dativ:
(gott) hilft doch zu seiner zeit hernach
der warheit wunderlich an tag.
Ayrer 1328, 22;
(gott) meiner unschult hilft an tag.
1463, 14.
an den tag (an tag), zu tage legen (s. legen 6, e):
dein schand wil ich legen an tak.
fastn. sp. 255, 5;
was mein sinn biszher gezeugt, und die schrift an tag hin legte.
Logau 2, 10, 100;
(deshalb) will ich's im ein wenig an tag legen.
Ayrer 400, 36;
den abscheu .. dadurch an tag zu legen.
Stoppe fabeln 2, 122;
gewähltere worte an den tag legen. Thümmel reise 8 (1803), 172; um seine dankbarkeit an den tag zu legen. Göthe 19, 63; das pöbelhafte, .. welches sie durch grobheiten gegen ihre mitbrüder an den tag legen. Schiller 1, 17. — zu tage legen, palam facere Stieler 2246: eine art von berechnung, welche, wenn sie schon die gesuchten zahlen nicht selbst liefert, doch derselben möglichkeit zu tage legt. Lessing 9, 307; indem sie ihre störrige unversöhnlichkeit öffentlich zu tage legen. Wieland 7, 277. 8, 408; reflexiv: es hat sich sichtbarlich zu tage gelegt, wozu euch euer natürlicher trieb beständig gereizet. Heilmann Thucyd. 397. — zu tage locken, hervor, ans licht locken:
weniger nächte verlauf lockte zu tage das blatt.
P. Heyse ges. werke 2, 75.
an (den) tag setzen, stellen, thun, ziehen:
(welches) gottes weisen rath endlich klar an tag gesetzet.
Logau 2, 7, 7 vers 4;
die begierde, ihn zu trösten, an den tag zu stellen. Butschky kanzl. 676; die im dunkel mit feinheit und verstellung ausgeführten bosheiten und intriguen an tag zu stellen. Klinger theater 2, 111; ihm einen weg anzeigen, dardurch er seiner liebsten jungfrawen seine lieb zu wissen und an tag thun möchte. buch der liebe 235ᵈ; um in ihrer begleitung sodann das ganze desto sicherer und brauchbarer an den tag zu ziehen. Lessing 10, 469; Schweden hatte Gustav Wasa aus der knechtschaft gerissen, .. und den neugeschaffenen staat zuerst an den tag der weltgeschichte hervor gezogen. Schiller 8, 103. — in den tag jagen:
und was hält mich länger auf,
meine meinung teutsch zu sagen,
und der worte dunklen lauf
in den lichten tag zu jagen?
Stoppe ged. 1, 27.
4)
endlich bezeichnet tag den leeren luftraum, die freie luft: in den tag hinaus bauen, hangen, stehn. Augsb. bauordnung bei Birlinger 106ᵇ;
(der rüstbaum) lag noch in den tag frei hinaus.
Teuerdank 28, 7;
meszt hinausz in freien tag
anderthalb schuch.
28, 21;
Teurdank sich bald aus seiner kraft
schwang mit den füszen in den tag.
56, 39.
bildlich in den tag oder in den tag hinein, wie ins blaue (theil 2, 82):
die küsse seiner theuren
schenkt man doch in den tag nicht weg.
Schiller 1, 352;
dasz ich nicht unbesonnen in den tag hinein kaufe. J. Paul uns. loge 1, 27; besonders in den tag hinein rechnen, schreiben, reden, schwatzen, fragen u. dergl. (vgl. auch gelag 4, c):
wir rechnen in den tag hinein,
da doch die ziffern, die wir schreiben,
gemeiniglich nur nullen sein.
Stoppe Parnasz 369;
wie kann der mann nun so in den tag hinein schreiben, und seine leser glauben machen, dasz er es besser verstehe? Lessing 11, 222; poltern sie doch nicht so in den tag hinein. 10, 166; (bemerken,) wie doch so vieles grundlos, einseitig und willkührlich in den tag hinein gesagt wurde. Göthe 26, 205; von geheimnissen, an welchen (richtig an welche Frankfurter gel. anz. 1772 271, 8 neudruck) nur der tieffühlendste geist mit ahnungen zu reichen vermag, in den tag hinein zu raisonniren! 33, 109; das ist nun wieder so in den tag hinein raisonnirt. Lenz 1, 266; schweigen sie still, wenn sie nichts davon wissen, und reden nicht so in den tag hinein. 229; er haseliert da breit in den tag hinein. F. Müller Faust 14, 16 neudruck, vgl. in den tag hinein leben unten C, 1, d.
C.
tag erweitert sich (wie schon mehrfach bei A), zum begriffe von tag und nacht (theil 7, 146), oder tritt vielmehr an die stelle der früher im gleichen sinne gebrauchten nacht (7, 156), kann aber auch oft in den allgemeineren begriff von zeit übergehen: natûrlicher tag, der an der mitten naht ane gât unde zuo mitter naht ûʒ als ein umbecreiʒ. Meinauer naturlehre 9 (s. natürlich 8, a); natürlicher tag, sive tag und nacht zusammen, dies naturalis, 24 horas habens Stieler 2246; tag von 24 stunden, dies civilis Aler 1870ᵇ (s. bürgerlich 2); aus tagen werden wochen, aus monden jahre. Simrock sprichw. 546;
sît ist mir gewesen vür wâr
ein stunde ein tac, ein tac ein woche.
Hartmann lied. 9, 10;
kein jar, stund, monat oder tag (vgl. 6).
H. Sachs 1, 450, 9;
dasz jahre, tag und stunden fliehen.
Stoppe fabeln 1, 202;
die tage gleiten hin, und jahre folgen jahren.
Uz (1768) 1, 304;
tag' und jahre sind verschwunden.
Göthe 3, 50;
(du) zählst tage, wochen und monde nicht mehr.
154;
doch von der groszen schuld der zeiten
minuten tage jahre streicht.
Schiller 11, 26;
all die schaar von monden, wochen, tagen.
Rückert 2, 104.
1)
im allgemeinen der tag innerhalb einer woche, eines monats, einer jahreszeit oder eines jahres.
a)
wochentag (s. sonntag, montag u. s. w.):
(sein weib) kreist in der wochen vii tag.
Raber Sterzinger spiele 2, 81;
dann ich ein wochen nur drei tag
gefast hab mit wasser und brot.
Ayrer 2989, 3;
ja ich schmause durch die ganze woche,
jeder tag ist mir ein osterfest.
Stoppe ged. 1, 131;
sie thun alle sieben tage, was sie nur einen tag (vgl. C, 3) in der woche thun sollten. Lessing 10, 176;
das ist der tag des herrn (sonntag).
Uhland 1, 22.
b)
monatstag (vgl. d):
ein monat oder dreiszig tag.
Ayrer 237, 28;
so viele jahr als ich dem monat tage gebe.
Hagedorn 2, 115;
die liebe hat sich für diesen monat gerächet; alles das bittre was auf seine einzelnen tage vertheilt sein wollte, gosz sie über diese einzige nacht aus. Leisewitz Julius 5, 9 neudruck; am funfzehenden, .. am fünf und zwenzigsten tage des monats. 1 Macc. 1, 57. 62; am 23. tag may H. Sachs 3, 157, am 25. tag septembris 164 u. oft am schlusse; den vierten monatstag junii. Wegele gesch. der universität Würzburg 2, 135 (vom jahre 1538, s. theil 6, 2487, wo für monatstag nur ein beleg aus Uhlands gedichten steht);
der erste tag im monat mai
ist mir der glücklichste von allen.
Hagedorn 3, 85;
o gesegnet sei mir, zwölfter mai, schönster tag,
da ich die göttliche sah!
Klopstock od., krit. ausg. 1, 56;
in des maies holden tagen.
Uhland 2, 67.
c)
frühlings-, sommer-, herbst-, wintertag:
die luft ist lieblich warm wie in den frühlings-tagen (vgl. A, 6, b).
Mühlpforth hochzeitged. 150;
wenig (sind) der tage des lenzes.
Klopstock a. a. o. 2, 5;
in tagen, wo der frühling strahlet.
Göthe 2, 414 H.;
wie der bienen dunkelnde geschwader
den korb umschwärmen in des sommers tagen.
Schiller 13, 180 (jungfr. von Orl., prolog 3);
wie lang' jetzt ist es wol, dasz in des herbstes tagen
schön öpfel und viel obst bei ihren bäumen lagen?
Opitz (1637) 1, 242;
schon dreimal wechselte der tag sein herbstlich licht.
Wieland Oberon 8, 33;
es war ein tag im frühen herbst.
Freiligrath (1870) 1, 161;
wie erhellt des winters werdender tag (vgl. A, 3, e, β)
den see.
Klopstock a. a. o. 173.
die zwölf tage wie die zwölf nächte (theil 7, 160) Colerus 1, 111ᵃ. 113ᵃ.
d)
die tage des jahres oder irgend ein kalendertag desselben: leib, dessen gebeine mit den tagen des jahres einerlei zahl halten. Lohenstein Arm. 1, 1102ᵃ;
am ersten tag des jahres.
Schiller 11, 350. 13, 395;
ohne beisetzung jahres und tages (ohne datum) Stieler 2246; (anzeigen) das jahr, .. den tag (einer beobachtung). Göthe 54, 231; sprichwörtlich: den tag musz man roth in den kalender schreiben, musz man roth zeichnen. Wander 4, 1016; sie werden den tag roth im kalender zeichnen, und darunter schreiben: heute war prinz Doria lustig. Schiller 3, 19 (Fiesko 1, 5). in den tag, in (den) tag hin oder hinein leben, zunächst im eigentlichen sinne so leben, dasz man die (kalender-)tage nicht kennt und zu unterscheiden weisz: denn alsz ich mich einstmals im calender geirret, ich ein gantz halbes jahr .. in tag hinein leben müssen und keinen tag vor dem andern hab halten können. Tectander reise nach Persien (1610) G 2ᵃ, sodann (wie lat. in diem vivere, franz. vivre du jour) unbekümmert um die zeit, auf geratewol, ins ungewisse, sorglos leben Wander 4, 1018 (s. auch die beispiele bei hinein 4, leben 4, c, ε und vergl. oben B, 4):
menschen die in tag hin leben, denken nimmer an den tod.
Logau 3, 3, 91;
Scythicus führt keine sorgen, lebet immer in den tag.
3, zugabe 48;
(er) lebt immer in den tag hinein.
Ringwald Eck. (1602) L 6ᵇ;
die in voller lust, ungeacht ihrer seeligkeit, in den tag hinein leben. Philander (1650) 1, 665; ein liederlich leben führen wie in tag hinein lebende leute. Ettner unw. doct. 157;
ihr aber lebt in tag.
Mühlpforth geistl. ged. 6;
doch musz man in tag hinein
nicht gleich wilden gänsen leben (s. gans II, 1, e, β).
Knittel poet. sinnenfr. 143;
ach! ach! wie leben doch die leute
so liederlich in tag hinein.
in den tag hin (ohne vorsicht und besorgnisz leben) macht zwar dem verstande nicht viel ehre. Kant 10, 195; ich lebe etwas in den tag hinein. Göthe br. 64 (1, 240) Weim.;
mein mädchen hab' ich ihm wahrhaftig nicht gegeben,
um so in tag hinein von meinem geld zu leben.
werke 7, 41 (die mitschuldigen 1, 1);
du lebst in tag hinein; fehlt dir's, so machst du schulden.
48 (1, 2);
diese menschen, die .. ohne furcht frech in den tag hinein leben. 15, 56 (die aufgeregten 4, 2); ich gestehe dir gern, .. dasz diejenigen die glücklichsten sind, die, gleich den kindern, in den tag hinein leben. 16, 15; man glaube ja nicht, dasz er so blindlings in den tag hinein lebte. Gotthelf schuldenb. 147.
2)
ein kirchlicher fest- oder feiertag, der gedächtnistag eines heiligen, dessen namen der tag trägt, oder ein anderer festlicher tag: heiliger tag, s. heilig 4; der oberste tag, s. ober C, I, 3; hochzeitlicher tag (osterfest). Keisersberg der passion A 3ᵇ;
bedenkt den hohen tag (christtag), der alle welt erfreut.
Gryphius trauersp. 66 P.;
die (sünde) hân ich getân .. an unser frowen tage, und an der zwelfpoto tage, alder an ainem andern hailigen tage. Grieshaber pred. 2, 72; unser frawen tag zu liechtmess. U. Stromer 89, 18; am suntag nach aller heiligen tag. 90, 6; umb sant Endres tag. Tucher baumeisterb. 32, 1; von sant Peters tag pisz auf sant Johannes tag. 50, 14;
im sommer umb sant Jacobs tag,
da man das korn zu schneiden pflag.
Waldis Es. 1, 84, 17;
einst auf seinen (S. Francisci) tag,
den man gar hoch zu feiren pflag.
3, 100, 25;
Gertrautens-tag werden wir nun balde haben. Schelmufsky 52 neudruck der vollständ. ausgabe; inzwischen kam der tag der heiligen Marien heran. Göthe 34, 242; der liebe frauentag ist ein wichtiger tag. Gotthelf schuldenb. 32; nach solchen tagen geschah früher die datierung: geben an sant Thomas tag von Kandelberg. städtechron. 1, 199, 2, an dem eritag noch sant Martins tag. 204, 27, aus sampstag vor Egidien tag. 208, 22; geben zu Wien an unser frawentag conceptionis. Chmel urk. Max. nr. 21, an freitag an sand Johannstag in den heiligen weichnachtfeirtagen. 22 u. s. w.;
(sie trat daher) schön wie ein festlicher tag.
Klopstock od., krit. ausg. 1, 50;
tanzen gehört zum festlichen tag.
Göthe 1, 29;
er spart gern sein bestes
nur auf den tag des festes.
Rückert 2, 144.
3)
ein geburts- oder namenstag, sowie die jährliche wiederkehr und feier desselben (dem geburtstage ist entgegengesetzt der todestag, s. 14, b, α):
sælic müeʒe sîn der tac,
dâ iwer geburt ane lac.
Dietrichs flucht 5051;
verfluochet und verwâʒen
wart vil ofte der tac,
dâ sîn geburt ane lac.
Hartmann a. Heinrich 161;
der tag, darin ich geborn bin. Hiob 3, 3. Jer. 20, 14;
dasz ich und du auf ein tag warn
von unser frau königin geborn.
Ayrer 1013, 28;
wir sind an einem tage geboren und für einander geschaffen. Leisewitz Julius 59, 17 neudruck;
so feir' ich dir ein fest an dem tage,
welcher den Deutschen Luthern gebar.
Klopstock od., krit. ausg. 2, 131;
so fröhlich soll der (gefeierte geburts-)tag verstreichen!
ihm soll kein tag an freude gleichen.
Hagedorn 3, 73;
zu des liebsten (geburts-)tages preise
werden rings um dich im kreise
kinder sich und enkel sammeln.
Platen 1, 230.
mein, dein, sein u. s. w. tag, geburtstag: Hiob verflucht seinen tag. Hiob 3, 1; auf einer jungfrauen .. ihren tag. Fleming 464 überschrift;
(ich) freute deines tages mich.
Göthe 13, 207;
so lasz mich dir ...
ein freundlich wort zu deinem tage geben.
47, 175;
ich bringe nichts als ein gedicht
zu deines tages feier.
Schiller 11, 214.
namenstag:
(wir wünschen euch) langwyrig gesundheit zwar,
damit ihr den tag (S. Anna) manches jahr
mit freuden oftmahl mögt erleben.
Spangenberg anbindbr. J 1ᵃ;
bair.-östr. (bei katholiken) heute ist mein, dein tag u. s. w. Schm.² 1, 572. Schöpf 733. Lexer 50.
4)
sonst ein bestimmter kalendertag, an dem etwas stattgefunden hat, stattfindet oder stattfinden soll (vgl. 5): den dag widerbieten (den hochzeitstag absagen). Nicol. v. Basel 82;
wann aber soll
der tag (der ehelichen verbindung) sein?
Schiller 6, 187;
den tag der gewünschten verbindung erwartend.
Göthe 40, 291;
der rector zeigt ihm den tag (der promotion) an. Haller tageb. 44 Hirzel; tag des streits und kriegs. Hiob 38, 23; der kampf ... ward auf bestimpten tag ... vollbracht. Wurstisen 248 (kampftag 247);
(aufschreiben) die jahrzahl und den tag von dem erfochtnen siege.
Stoppe fab. 1, 184;
die schanze ist erstürmt. der tag ist unser.
Schiller 13, 273 (jungfr. von Orl. 3, 7);
ich traf sie grade an dem tag des siegs.
13, 26 (Macbeth 1, 9);
es war ein heiszer tag,
und viele tapfre helden sanken
ins blutge gras dahin.
Schulze Cäcilia 3, 43;
vergaszt ihr jenen tag der schlacht?
Uhland 1, 111;
der tag von Leipzig, Waterloo u. s. w., seit dem tage von Sedan. Freytag ges. werke 15, 408;
es ward der tag der feierlichen wahl
gesetzet.
Uhland 3, 108;
am tage der abfahrt. Göthe 29, 80; der tag des abschieds nahte heran. 30, 249;
(wanderer,) der .. auf zu der hütte sich sehnt,
zu dem ziele des tages.
1, 314 (ged. 1, 281 Weim.);
in meeres mitten stehet ein altar, ...
wohin man sieht an einem tag im jahr
meerbräute ... wallen.
Rückert 2, 311;
nach dem tage des todes kommt der tag der begräbnisz. Gotthelf schuldenb. 61.
5)
besonders ein bestimmter tag oder termin
a)
zur zusammenkunft zwecks einer gerichtlichen oder sonstigen verhandlung, wornach die (wenn auch längere zeit dauernde) verhandlung selbst der tag heiszt (vgl. gerichts-, rechtstag, raths-, hoftag, land-, reichstag u. a.); mhd. einen tac geben, legen, setzen, machen, sprechen, nemen u. s. w. mhd. wb. 3, 3ᵃ f., mnd. einen dach maken u. a. Schiller-Lübben 1, 471ᵃ f.: do machten die kurfürsten ein tag gen Vorchheim. U. Stromer 50, 27; und do man vil teg gesuͤcht het. 46, 16; man sölt ander teg machen. E. Schürstab 128, 16; die fürsten .. haben mit der cron zu Behem einen groszen tag hie gehabt. Widmann Regensb. chron. 29, 9; einen gütlichen tag halten. 44, 23 (vgl. Schm.² 1, 591); wider welche der (gerichts-)tag gehalten und die anklag gieng. Polychorius Salust. 87ᵇ; den partheien ein richtlich tag setzen (vgl. tagsatzung). notariatbuch 19ᵇ; der papst setzt dem könig Georg in Behmen, dieweil er den Hussiten geneigt war, einen tag. Fischart bienenk. (1580) 130ᵇ; das macht, dasz zu Trident im tag (concil) beschlossen ward .. nachtrab 1384; aber das ist wahr, dasz kurz darnach ein groszer tag zu Onolzbach zwischen .. gewesen. Götz v. Berl. 23 neudruck;
oft hat man ihn (den abgeordneten der stadt Hamburg) gesehn
auf groszen tagen fest und unbeweglich stehn.
Rist Parnasz 793;
Peter von Argun veranstaltete nach Baden im Aargau einen gütlichen tag. J. v. Müller 5, 151; dasz sie auf den tagen erschienen. Niebuhr 2, 33; im j. 407 erschienen kampanische gesandte auf dem tag der Römer und bundsgenossen. 3, 136; es sollen kaiserliche commissarii ernannt, ein tag ausgesetzt werden, wo die sache denn verglichen werden mag. der j. Göthe 2, 274;
(sturm,) der auf dem Regensburger tag
sich gegen dich zusammenzog.
Schiller 12, 332 (Wallenst. tod 1, 7).
einen tag leisten, der einladung oder aufforderung, auf einem tage zu erscheinen, folgen und auf demselben verhandeln (Lexer 1, 1871): die .. denselben tage da miteinander laistoten. städtechron. 1, 469, 18 (vom jahre 1440); daʒ wir ... einen gütlichen tag mit demselben fürsten zu Brandenburg geleist haben. 2, 134, 1; dasz solich grosz tag (hoftage) hie gelaist seind. Meisterlin 95, 10; als nu der tag geleistet war und man den heiligen geist ... wol entpfangen. Alberus widder J. Witzeln mammel. G 5ᵇ. vgl. tagleisten.
b)
frist, termin zum erscheinen, zur zahlung u. dergl. mhd. wb. 3, 3ᵇ. Schiller-Lübben 1, 470ᵇ f.: und gaben in (ihnen) tag auf widerstellen (zum einlager halten). B. Zink 41, 35; ein lang zil oder tag setzen. Maaler 398ᵇ; tag, daran einer die schulden bezalen musz. 398ᵃ; frist, aufschub, mhd. einen kurzen tac geben, einen tac erwerben u. s. w. wb. 3, 3ᵇ, mnd. Schiller-Lübben 1, 471ᵃ; ich gebe dir einen ganzen tag noch bedenkzeit. Schiller 2, 139 (s. einzelne hierher gehörige beispiele bei 8).
6)
offene tage (judicium peremptorium, s. offen 4, a, δ), gebundene, gebannen tage, an welchen die gerichte nicht verhandeln, keine eide leisten lassen. mhd. wb. 3, 3ᵇ (s. bannen 2). weisth. 3, 447. 4, 629. 6, 236 u. oft; gerichtsloser tag, dies nefastus Stieler 2246.
7)
in der tagwählerei gute oder verworfene tage, die vermeintlichen glücks- oder unglückstage myth.⁴ 953 und nachtr. 279. Schm.² 1, 997: wer im 23 jar nicht stirbt und im 24 nicht ertrinkt und im 25 nicht wird erschlagen, der mag wol sagen von guten tagen (von glück, vgl. D, 2, c, α). Agricola sprichw. nr. 240;
der kan vil seltzam wunder sagen
von guͦten und verworfen tagen.
Scheidt Grob. 2288;
und vil die wellent nicht wandern
an den verworfnen tagen.
Vintler 7768;
(wer) glauben hat an verworfen tag.
fastn. sp. 1372;
es ist heut ein verworfner tag.
H. Sachs 7, 115, 17;
ein bauer von Gefrees hatte einen buben, der an einem verworfenen tage, wo der teufel vom himmel fiel, geboren war. Bavaria 2, 241; überhaupt ein unglückstag, so vom todestage des vaters:
mein trübes auge hat den schwarzen tag erblickt,
der dich ... den deinigen entrückt.
o tag! verworfner tag!
ebenso verwünschter, unseliger, verfluchter tag u. dergl.: ich verwünschte den verfluchten tag, der ... Göthe 35, 243.
8)
tag mit bestimmten und unbestimmten zahlwörtern zur angabe des zeitpunktes, der zeitdauer oder des zeitmaszes (einzelnes auch bei C, 1).
a)
eín tag (manchmal auch im sinne von A), vgl. auch 11: ein tag bringt, was ein gantz jahr weigert. Lehmann 743, 2; nach dem übereilten schritt wieder mit mir selbst einig zu werden kostete mehr als einen tag. der j. Göthe 2, 298; an, in einem tage:
in einem tag will ich dich tragen
bisz gen Terfis.
Ayrer 1143, 30,
auch im tage:
man kömmt damit im tag
auch weiter, als herr A. im jahr.
Gökingk 2, 216.
auf einen tag, an einem tage (s. auf 22): er schlug hundert und zwenzig tausent auf einen tag. 2 chron. 28, 6; umbzubringen alle jüden .. auf einen tag. Esther 3, 13;
das man sie erwürg auf ein tag.
H. Sachs 1, 119, 23;
dasz so vil grosz leud auf ein tag ...
sind ermörd worden und erlegen.
Ayrer 940, 22;
(ich will dich tragen) auf ein tag zwo und zweintzig meil.
1143, 31;
der frauen mund zubricht auf einen tag
mehr, denn die greise zeit mit müh' aufsetzen mag.
Gryphius trauersp. 582 P.;
(er soff) acht quart und mehr auf einen tag.
Stoppe fabeln 1, 158;
eine epopee ist nicht auf einen tag gereimt. Göthe br. 206 (2, 146) Weim. — einen tag, einen tag lang: solt ich sy nun ein tag nit sehen, ich würd krank. Tristr. 58, 2 Pfaff;
was ich ir gedienen kan und mag,
das lasse ich nimmer ainen tag.
fastn. sp. 426, 2;
Davit aufhielt in noch ein tag.
H. Sachs 1, 240, 22;
mag er leben
nur einen tag.
Gryphius trauersp. 35 P.;
du bist nicht werth, noch einen tag zu leben.
Stoppe fabeln 1, 196;
versuch's mit uns nur einen tag — —
den einen tag nur schenke dich den deinen.
Schiller 14, 313 (Tell 2, 1).
ein (einen) tag oder zwei, oder drei u. s. w., s. theil 3, 114: ein tag oder acht (nicht über acht tage). Elis. Charl. (1881) 80, in der volkssprache gekürzt ein tager drei, ein tager acht u. s. w., s. theil 3, 114: weil ich nun einen tager sechse ... allda gelegen. Schweinichen 1, 165.
b)
zwei, drei tage und so fort:
thô inthabêt er sih sâr   giwisso zuêne daga (zwei tage lang) thâr.
Otfrid 3, 23, 26,
dativ des maszes finf dagon êr, sehs dagon fora (ante quinque, sex dies) 4, 4, 3. 2, 5; sölt ich zwen tag von ir sein, ich müst sterben. Tristr. 58, 2 Pfaff; ir wisset, das nach zween tagen ostern wird. Matth. 26, 2. P. Gerhard 30 Gödeke;
ich hof, ir bleibt noch hie zwen tag.
Ayrer 1000, 25;
(er) köndt nicht wachen die drei tag (vorher drei tag und nacht).
1626, 26;
welcher nicht käme in (binnen) drei tagen. Esra 10, 8; in drei tagen starb der papst. Göthe 34, 209; das ir nicht esset und trinket in dreien tagen, weder tag noch nacht. Esther 4, 16;
Valentin komb in dreien tagen!
Ayrer 1601, 23;
du erwachst nicht in drei tagen.
1106, 6;
darnach uber drei tag
gebar sie auch ein knäbelein.
H. Sachs 1, 243, 9;
über drei tage kommet wider zu mir. 2 chron. 10, 5; wann ein gast über (länger als) drei tag im kloster herbergte. Zinkgref 1, 155; der fürst verleiht dir nach des volkes brauch drei tage rast, drei tage kost, dann frägt der fürst das volk nach seinem willen. Freytag ges. werke 8, 13; als er nun bei dreien tagen (nahezu drei tage) da gewesen was. Eulenspiegel 59 (38) neudr.; sie hat nicht geschlafen in drei tagen. Grabbe 1, 105; adverbialer genetiv oder accusativ:
(ich) musz schlaffen drei gantzer tag.
Ayrer 1096, 12;
der krieg hat wol vier tag stillstand.
1457, 21;
das sol geschehen in sechs tagen.
1564, 33;
drei tage gaft dich jeder an.
Gökingk 1, 192;
solch schenk werden dir zugetragen
noch in den nächsten sieben tagen.
H. Sachs 16, 167, 25;
disz hat geweret siben tag (eine woche)
an einander.
2, 374, 6;
alle sieben tage (jede woche). Lessing 19, 176; acht tage als bezeichnung einer woche (weil man z. b. den montag als anfangs- und schlusztag zählt, was bei zwei wochen, 14 tagen, nicht der fall ist, doch vgl. Parzival 610, 19 und 21): wenn es (knäblein) acht tage alt. 1 Mos. 17, 12;
er wird sich wol acht tag drumb gremen.
H. Sachs 3, 62, 4;
(er muszte) acht tage lang verreisen.
Stoppe fabeln 1, 79;
es sind noch nicht acht tag, dasz mir
der herzog zwanzig goldstück reichen lassen.
Schiller 12, 369 (Wallenst. tod 5, 2);
es vergingen mehr als acht tage. Göthe 34, 149; der was vor aht tag .. in ain pain geschossen. U. Stromer 68, 19;
hab ich dir nit erst vor acht tagen
ein gulden geben?
H. Sachs 14, 155, 23;
vor acht tage (so). Göthe br. 101 (2, 31) Weim.; in (binnen) acht tagen. H. Sachs 14, 88, 14. Weise erzn. 191 neudr. Göthe 18, 279; binnen acht tage. d. j. Göthe 2, 191; von acht tagen her. Weise erzn. 74 neudruck;
sie thät schon seit acht tag nicht zanken.
Göthe 3, 192;
am sonntag u. s. w. über acht tage, auch blosz am sonntag acht tage J. Paul uns. loge 2, 96; die ersten, die andern, die dritten, die vierten acht tage (die erste, die zweite u. s. w. woche). Lessing 2, 21; alle acht tage. Ayrer 2987, 29. Göthe 21, 125;
dô si gevaren wâren   volle niun tage.
Nib. 496, 1;
kein viech sol man in (binnen) neun tagen
allhie metzeln oder schlagen.
Ayrer 744, 20;
in zehen tagen (appellieren). Nürnb. reform. 54ᵃ. statutenbuch (1572) 119ᵃ; inwendig zehen tagen. Nehem. 5, 18;
wiewol er das schweig (verschwieg) zehen tag.
Murner En. D 7ᵇ;
von heut über vierzehen tag (zwei wochen)
so kumpt herwider mit euren sprüchen.
fastn. sp. 772, 21;
(hochzeit,) die vierzehn tag lang wehren soll.
Ayrer 997, 4;
dahin wirt Jacob ...
kummen noch in (binnen) vierzehen tagen.
H. Sachs 1, 104, 26;
der soll in vierzehen tagen .. mit einlegung der clag .. im rechten fürfarn und handlen. Nürnb. reform. 15ᵃ; allein in vierzehen tagen ward ich klüger. Weise erzn. 105 neudruck, innerhalb vierzehen tagen 18; nun aber in xv tagen ward die rumor zuͦfrieden gestelt. Frank weltb. 190ᵃ;
das (kind) man tauft hat vor zweintzig tagen.
Ayrer 988, 25;
appellieren in bestimpter zeit des rechtens das ist in dreiszig tagen. statutenbuch (1572) 32ᵇ; da kam die sindflut vierzig tage auf erden. 1 Mos. 7, 17; es sind noch vierzig tage, so wird Nineve untergehen. Jon. 3, 4; (er) war alda in der wüsten vierzig tage. Marc. 1, 13;
das trieb er auch wol viertzig tag.
H. Sachs 1, 224, 4;
(er) wolt ihre gegenwart in zweimahl vierzig tagen
erwarten.
Gryphius trauersp. 208 P.;
Napoleon. wir haben seit Elba etwa hundert tage grosz geträumt. Grabbe 2, 111; und das gewesser stund auf erden hundert und funfzig tage. 1 Mos. 7, 24.
c)
mit ordinalzahlen, z. b.: ahd.
sîn friunt .. lag fiardon dag (vier tage lang) bigrabanêr.
Otfrid 3, 24, 2;
inti dritten taga (am dritten tage) arstentit. Tatian 93, 1; in themo ahtuden tage. 4, 11; mhd.
und behabte den gast bî im dâ
unz an den sibenden tac.
Iwein 6845;
hiute ist der ahte tac
nâch sunewenden.
2940;
er reit den ahten tac (acht tage).
Parz. 280, 7;
von hiute übern ahten tac.
610, 19;
von hiute am sehzehenden tage.
610, 21;
nhd. der erste tag der woche, des jahres u. s. w. (C, 1), vgl. den gegensatz der letzte, jüngste tag C, 14;
den ersten tag ein gast,
den zweiten eine last.
Simrock sprichw. 160.
der andere tag (der zweite, th. 1, 307), besonders in adverbialen fügungen (vgl. auch A, 4, c): am andern .., am dritten tag. Hagedorn 2, 77; des andern tags. 2 kön. 8, 15. Teuerd. 11, 82. Stoppe fabeln 2, 75. Göthe 17, 208. 30, 219, anders tags 10, 6; da beschiedt er uns den andern tag gen Bamberg. Götz v. Berl. 103 neudruck, auf den andern tag Weise erzn. 112 neudruck; den andern tag darauf. Schelmufsky 41 neudruck der vollständigen ausgabe; den andern tag kam ... Göthe 34, 57; den andern tag wurde mir eine ausforderung von ihm zugestellt. 70; vom tag zum andern, von einem tag zum andern. tageb. 1, 215 Weim.; einen tag um den andern (jeden zweiten tag). Immermann Münchh. 2, 179, 253, in den andern Hebel 3, 3; allemal über den andern tag. Gellert 3, 169; einen tag am andern, täglich (vgl. 5, b). ps. 96, 2, ebenso den einen wie den andern tag. Gökingk 1, 82;
er lag im grab bisz an den dritten tag.
H. Sachs 1, 325, 18;
sie kamen auf den dritten tag. Frank weltb. 211ᵇ, am dritten tag Jos. 2, 1, des dritten tags Felsenb. 1, 388, den dritten tag Möser 1, 191, den dritten tag darnach Heinse Ardingh. 1, 101; das war nun an dem vierten tag. Tristr. 51, 16 Pfaff;
nun ist je heut der vierdte tag,
dasz ich kein bissen asz noch trank.
Ayrer 774, 31;
er sucht nun auch am siebenten tag.
der j. Göthe 3, 700;
der sibend oder vierzähend tag, dies critici (einer krankheit). Maaler 378ᵃ, ebenso der neunte tag Weise erzn. 177 neudr.; und es begab sich am selben tage .. Luc. 1, 59; die clag soll er auf den vierzehenden tag .. fürbringen. Nürnb. reform. 26ᵃ; so sage ihm, dasz ich ihn zum kampfe fordere ... auf den sechsten tag von heut. Freytag ges. werke 8, 276.
d)
mit unbestimmter mehrheit, manche, viele, mehrere, einige, etliche, wenige tage (wofür auch beispiele bei C, 12), z. b.: mhd.
des ist manec tac (es ist lange her).
Nib. 1680, 1,
acc. manegen tac, lange zeit Iwein 2793. Walther 84, 9; nhd.
nun bin ich in (ihnen) vil manchen tag
vil berg und thal gezogen nach.
Ayrer 1120, 19;
du muszt noch etlich tag beleiben.
H. Sachs 1, 152, 4;
es lieffen etliche tage dahin ohne einige anzeigung zur besserung. Weise erzn. 178 neudr.; ungeachtet dieser bitte vergingen einige tage, in denen er nichts von dieser sache hörte. Göthe 20, 233; man zählt auf einige tage rast. 30, 27; nachdem ich .. mehrere tage in diesen labyrinthen .. mich herumgewunden hatte. 150; wenige tage vor seiner abreise. 276; ich hatte mich viele tage nicht im palaste sehen lassen. 35, 189.
9)
aller, jeder tag, alle tage mit dem gegensatz kein tag, übergehend in den allgemeineren zeitbegriff.
a)
mhd. und frühnhd. allen tag, täglich, jederzeit (vgl. all II, 2):
doch ringet dar nâch allen tac.
Iwein 2775;
sîn vaste diu was allen tac,
unde aʒ et waʒʒer unde brôt.
pfaffe Amis 1402;
er meint er müszt allen tag zuͦm wein gan und sich vollsaufen. Wickram rollw. 107, 5 Kurz.
b)
jeder tag (vgl. A, 7): ein einfaches leben, in dem fast jeder tag wie der andre war. Leisewitz Julius 101, 8 neudr.;
aus dem blumenreichen prangen
junger wangen
stiehlt ein jeder tag ein blat.
jeder tag beweiset es aufs neue.
Hagedorn 1, 102;
so wird's euch an der weisheit brüsten
mit jedem tage mehr gelüsten.
Göthe 12, 94 (Faust 1893 Weim.).
jeden tag, täglich:
wol dem, der ieden tag zu seiner gruft bereit.
Gryphius trauersp. 341 P.;
und die erbieten sich ...
ihm (dem löwen) jeden tag ein thier zum unterhalt zu geben.
Hagedorn 2, 135;
viele tausende starben jeden tag. Göthe 34, 73; die stürme machen mir jeden tag ein neues schauspiel. Heinse Ardingh. 1, 164; dasz jeden tag der schmerz neue anmuth und reiz von ihr wie von einem baume abschüttelt. Leisewitz a. a. o. 83, 4.
c)
alle tage, täglich, jederzeit, immerfort: ahd. unde dîn gnâda folget mir alle tage mînes lîbes. Notker ps. 22, 6, Wiener hs.; mhd.
wir wîp bedurfen alle tage,
daʒ man uns tumbe rede vertrage.
Iwein 7679;
nhd. sie gieng all tag gar herrlich daher.
Ambr. liederb. 217, 2;
all tag hant sie ein nuwen funt.
S. Brant 82, 22;
nun wart (wartet) auch des wirtes tochter all tag, wenn ir vater kem. Tristr. 197, 4 Pfaff;
der gedenkt all tag zu sterben,
der kan nymmer mehr verderben.
Frank sprichw. 1, 94ᵇ;
ietzund und forthin all tag.
H. Sachs 1, 32, 9;
(das) hab ich gsehen alle tag.
14, 318, 2;
und doch kommen schier alle tag
viel Teutscher in die hell mit haufn.
Ayrer 520, 8;
allhie unter dieser linden
da lasse ich mich all tag finden.
1096, 6;
der könig muste alle tag darinn lesen. Schuppius 5; alle tage wollte er etwas anders werden. Weise erzn. 104 neudruck;
wir sahen uns fast alle tage.
Hagedorn 2, 40;
wir werden alle tage älter. Lessing 12, 175; da kommt denn alle tage ein neuer pfannenflicker und meint so und so. der j. Göthe 2, 66; sag einer! wie sich die welt alle tage verbessert. 69; an allen tagen u. dergl., früher auch zu allen tagen:
er iszt und trinkt zu allen tagen.
H. Sachs 15, 284, 21.
d)
gegensatz kein tag, z. b.:
doch schwer (schwöre) ich, dasz kein tag mich ändern wird.
Gryphius trauersp. 701 P.;
und keinen tag soll man verpassen.
Göthe 12, 16 (Faust 226 Weim.).
mhd. nie tac, niemals Lichtenstein 122, 12, niemer tac, keinen tag mehr Hartmann arm. Heinr. 930, nimmer tag Parz. 172, 11, nhd. keinen tag, z. b. dasz sie keinen tag ohne ihn leben können. Schelmufsky 115 neudr. d. vollständigen ausg.; wenn er muthwillig ist, spricht er keinen tag wie den andern. Heinse Ardingh. 2, 101.
10)
andere zusammenfassende und verallgemeinernde zeitbestimmungen.
a)
ahd. dages, täglich; es ist das verallgemeinerte tages A, 3, f, κ, αα:
er zalta ouch dages wuntar   thên jungaron sus io suntar.
Otfrid 4, 1, 19;
nhd. des tages: die fluth tritt gewöhnlich des tages zweimal herein, und die ebbe bringt das wasser zweimal hinaus. Göthe 27, 142; verstärkt allewege des tages. 2 Mos. 29, 38.
b)
über tag wie alle tage, tagtäglich, in einem fort, immer (bis ins 16. jahrh. im gebrauch); es ist das verallgemeinerte über tag A, 3, f, η:
ahd. thaʒ waʒʒir gâbist dû mir,
daʒ ih mêr ubar tac   ne liufi hera durstac.
denkm.² X, 22;
joh eigun (haben) iamêr wêwon
sêr joh smerzun ubar dag.
Otfrid 5, 21, 24;
mhd. über tac wb. 3, 2ᵇ; nhd. luͦg, der .. predigt uber tag von almuͦsen geben ... und thuͦt es selber nit. Keisersberg bilg. 182ᵇ; besonders oft bei H. Sachs (s. Schm.² 1, 592):
schand und schaden bringt man darvon,
wie du das hörest uber tag.
3, 67, 17. 96, 1.
c)
ebenso (wie lat. diem ex die, de die, in dies) von tag zu tag, von tag auf tag (oder blosz tag zu tag, tag auf tag), von tagen, tag für tag, tag bei tag, tag um tag, tag ein tag aus. vgl. jahr 8.
α)
von tag zu tag, wofür goth. (nach dem griech.) der dativ daga jah daga 2 Cor. 4, 16; ahd. fone tage ze tage Notker ps. 67, 20. 95, 2; mhd.
och hân ich sît von tage ze tage
fürbaʒ erkennet niwe klage.
Parz. 252, 25;
geloube daʒ dir sam geschiht
von tage ze tage.
der Winsbeke 3, 4;
nhd. und sein krankheit mert sich von tag zu tag.
fastn. sp. 679, 26;
(ich will) meren das von tag zu tag.
S. Brant 88, 21;
das darnach .. von tag zu tag abnimpt. A. Tünger facet. 101 Keller; auf das er von tag zu tag fürsichtiger und behutsamer werde. Keisersberg pred. (1508) 66ᵇ; wer das nit tut (sich selbst nicht gewalt anlegt), der nimpt von tag zu tag ab und wird je böser. seelenparad. 154ᵃ; so wird doch der innerliche (mensch) von tage zu tage vernewert (griech. ἡμέρα καὶ ἡμέρα). 2 Cor. 4, 16; queleten sie die gerechte seele von tage zu tage (ἡμέραν ἐξ ἡμέρας). 2 Petr. 2, 8; da .. gebot er inen von tag zu tag gröszere thaten. Polychorius Sal. 17ᵇ; die rose von tag zu tag bleicher ward. buch der liebe 251ᵇ; der argwon von tag zu tag zunimmt. 247ᶜ; die narren präsentirten sich von tage zu tage besser. Weise erzn. 147 neudruck;
die krankheit ward nun immer
von tag zu tage desto schlimmer.
Stoppe fab. 2, 74;
da es von tag zu tag schlimmer mit euch zu werden scheint. der j. Göthe 2, 298; meine beschränkung wird mir von tag zu tage enger. 355;
die feinde sie bedrohen dich,
das mehrt von tag zu tage sich.
werke 4, 373;
fürder auch wollen von tag zu tag wir erwartend
eifern um jener verdienst.
Voss Od. (1793) 2, 206
(1781 wir wollen in steter erwartung ... wetteifern);
mir gefiel er von tag zu tag weniger. Schiller 4, 269; tag zu tag. Spee trutzn. 101 (23, 327); im plur.:
(der argwohn) mehrt sich ...
ie lenger mehr von tag- zu tagen.
H. Sachs 17, 252, 32;
ich wünsch von tag- zu tagen
dir glückes vil und alles heil.
Schade klopfan 9, 28;
hoffst du von tagen zu tagen,
was dir der blühende frühling nicht trug,
werde der herbst dir noch tragen!
Rückert 5, 67.
β)
von tag auf tag:
wo (auf der erde) nichts, von tag auf tag, als furcht und hoffnung ist.
J. Frank trauerged. (1674) 15;
in solcher wiedrigkeit
sitz ich hier tag auf tag.
Gryphius lyr. ged. 553 P.;
tag auf tag lebte Amrei so dahin. Auerbach ges. schriften 9, 58; aber als subj. der eine tag nach dem andern: tag auf tag verrann. Freytag ges. werke 8, 67.
γ)
von tagen, mnd. van daghen, in dies Schiller - Lübben 1, 470ᵃ:
die liebe war nicht stark, die sich verzehrt von tagen.
Logau 2, 6, 84.
δ)
tag für (vor) tag: wenn sie bancket, füllerei und prassen tag vor tag anrichten. Kirchhof wendunm. 50ᵇ;
den frieden lebend jetzt erhalten tag vor tag.
Opitz (1637) 1, 161;
(schule,) darin ich tag vor tag gelehrt.
Gryphius lyr. ged. 306 P.;
der gewöhnliche postwagen, welcher tag vor tag fort zu gehen pfleget. Weise erzn. 191 neudruck;
(er) gibt mir tag vor tag gehör.
Stoppe ged. 1, 54;
hier sizt er tag vor tag betrübt auf der überdachenden höhe. J. Tobler Thomsons ged. 1, 149;
das tüchtige, und wenn auch falsch,
wirkt tag für tag, von haus zu haus.
Göthe 3, 279;
wo tag für tag das bedeutendste vor unsern augen vorgeht. 30, 189;
ich sag euch, dasz er (Wallenstein) wachend, schlafend mit
nichts anderm umgeht, dasz er tag für tag
deszwegen die planeten fragt.
Schiller 12, 130 (Piccol. 3, 1).
ε)
tag bei tag:
(das bündlein) henk an dein hals, ..
trags abents, morgens, tag bei tag.
Waldis Es. 3, 94, 132.
ζ)
tag um tag:
gezwungen tag um tag zum sauren fröhnen,
der stier den pflug, ins joch gespannet, zieht.
W. Humboldt sonette 219;
(er läszt ihn) tag um tag den theuren
sohn erwarten.
Platen 4, 271.
η)
tag aus tag ein oder zusammengerückt tagaus tagein (s. aus und ein theil 1, 819):
mir ward als kind im mutterhaus
zu aller zeit, tag ein tag aus,
die ruthe wohl gegeben.
Chamisso (1872) 1, 76;
dasz sich die liebste keifen musz und necken
mit mir, und ich mit ihr, tagein tagaus.
Rückert 2, 320;
tagaus, tagein ... sasz er dort wie festgebannt. Scheffel Ekkeh. 260. ebenso einen tag und alle tage (vgl. 8, a. 9, c): sie kiften sich einen tag und alle mit ihrer mutter. Schelmufsky 111 neudruck der vollständigen ausgabe.
11)
eine ungefähre oder genaue zeitbestimmung liegt in den formeln jahr und (ein) tag, tag und stunde.
a)
über die (ursprüngliche rechts-) formel jahr und tag ist schon bei jahr III, 4 gehandelt worden, wozu hier weitere belege kommen: mhd.
drîʒec jâr (frist der verjährung) und einen tac
nieman ritter wesen mac.
Walther 88, 2. Freidank 57, 7.
nhd. im nominativ:
es ist vergangen jahr und tag,
das ich in bulens armen lag.
Ambr. liederb. 106, 2;
die zeit (frist) sei ein tag und drei jar.
Ayrer 1818, 30.
im accusativ der dauer:
wir haben uns geliebet ...
sieben ganz jar und einen tag.
Ambr. liederb. 120, 8;
am pflug da must er ziehen
viel lenger denn jar und tag.
218, 4;
diene dem künig wol jar und tag,
das er dir geb ainen rathschlag.
Weller dichtungen des 16. jahrh. 25;
(ich) wolt lieber jar und tag
fünfhundert flor (flöhe) in einem sack
zu velde tragen allen morgen.
Waldis Es. 88, 27;
so könnt ich jahr und tag so glücklich bei mir leben.
Stoppe fabeln 1, 105:
schon jahr und tag gehts mit ihm herum. der junge Göthe 2, 88; das ist brav, dasz ich dich endlich habe .. jahr und tag schon sinn ich darauf, dich zu kriegen. Schiller 4, 76; im dativ mit präpositionen:
dem haben wir verheiszen fürwar,
dasz wir innerhalb tag und jahr
ihn selbst daheimen suchen wöllen.
Ayrer 1326, 37;
da wir es kaum so weit in jahr und tage bringen.
Stoppe fabeln 1, 179;
seit jahr und tag. Göthe 15, 271; nach jahr und tag hatte der reiche mann ein unglück. Hebel (1843) 3, 10; tag oder jahr kann bei ungefährer zeitbestimmung auch im plur. stehen:
doch komb wider in jar und tagen!
H. Sachs 12, 455, 2;
wir wöllen wol in jar und tagen
unser lieb halten wol verborgen.
13, 274, 8;
dieweil man kan in tag und jahrn
viel seltzam wundergschicht erfanrn.
Ayrer 1327, 25;
und solt einer nach jar und tagn
hörn, was.
3004, 8.
b)
tag und stunde: von dem tage aber und von der stund (περὶ δὲ τῆς ἡμέρας καὶ τῆς ὥρας) weis niemand. Matth. 24, 36;
ich weis weder stund noch tag.
Ambras. liederb. 176, 2;
selig ist der tag und auch die stund,
da du'feines lieb mein wurdest kundt.
68, 6;
ich klag den tag und alle stund.
189, 1;
auf den gütern angelangt widmete er tag und stunde der besichtigung und untersuchung. Göthe 22, 73; tag und stunde (genau die zeit) bestimmen. Klinger 4, 27.
12)
der tag oder die tage in bezug auf die vergangene, gegenwärtige oder künftige zeit (vgl. A, 4), also wieder mit dem allgemeineren zeitbegriffe (s. D, 1). einzelne beispiele bei C, 8 gehören auch hierher.
a)
von langer oder kurzer vergangenheit:
die zum vergangenen
muthig sich kehren ..,
.. altem tage hold.
Göthe 2, 163;
gewöhnlich im plural:
wann ichs lasz (las) vor den tagen (vor zeiten, früher einmal).
Fischart Garg. 278ᵃ;
alte, vergangene tage:
das was ie war bei alten tagen (s. alt 2).
fastn. sp. 778, 31;
es haben aber vor alten tagen
die propheten dem volk (verkündet).
H. Sachs 11, 18, 25;
war ein redlich kerl in alten tagen (früher. sonst).
Göthe 13, 63;
glanz vergangner tage.
304 (Epim. 2, 6);
die werthen lieder aus den alten tagen.
Freiligrath (1870) 1, 176;
lange tage, lange zeit (s. lang 4):
(er hat) das verhälet lange tag
vor deiner schwester.
Murner En. (1559) B 6ᵃ;
nun geh ich schon um dich so lange tage,
und glaubst du noch nicht, dasz ich wohl dir wolle?
Rückert 2, 110;
(du,) den seit so langen tagen
entbehrt ich habe.
Chamisso (1872) 2, 123;
ich hab es vor manigen tagen
hören lesen und sagen.
Erlauer spiele 2, 33;
entschwund'ne tage ruft mir dies zurück.
Chamisso (1872) 2, 110;
ich hab vor wenig tagen
ein schreiben vom kaiser empfangen.
Ayrer 597, 11;
vor wenig tagen liesz ich mich bei ihres vaters pallast anfahren. Heinse Ardingh. 1, 207;
sie war ein kind vor wenig tagen,
sie ist es nicht mehr.
Uhland 1, 18;
sein stern war in vor kurtzen tagen
erschienen (s. kurz II, 8, c, β).
H. Sachs 11, 186, 20;
wiewol wir sie vor kurtzen tagen
ausz dem feld dreimal haben geschlagen.
12, 228, 23;
wenn ich noch bei gelt wer,
wie ich bin gewest vor kurtzen tagen.
Ayrer 410, 3;
ebenso in kurzen tagen davor oder blosz in kurzen tagen, s. kurz a. a. o.; dan er het die vordern tag gesehen den unfleisz der knecht. Steinhöwel Es. (1555) 80; das habe ich vorwichene tage zu werke gebracht. Opitz poeterei 3 neudr.; in diesen tagen waren die alliirten in Frankreich eingebrochen. Göthe 30, 4; die, diese tage im adverbialen genetiv oder accusativ (mit einer verbalform der vergangenheit), in den letzten tagen, jüngst: wenn er sich diser tagen hat sehen lassen. S. Bürster 243; wir hörten der tage viel schlimmes von ihm. F. Müller Faust 51, 30; geschichte, welche ihr dieser tage begegnet. Göthe 28, 37;
ich stund ungefähr dieser tagen (: sagen)
hinten am hollunderzaun.
13, 62;
ich hab mir ein hausz kauft die tag.
Ayrer 923, 12;
ich war diese tage sehr verlegen. Göthe 14, 162; ein trefflicher mann, den ich diese tage kennen gelernt. 28, 27; diese tage her habe ich wieder mehr gearbeitet als genossen. 29, 81; baslerisch die dage, in den letzten tagen Seiler 70ᵃ.
b)
von der gegenwart.
α)
im allgemeinen von der jetztzeit, im plural:
mich jâmert wærlîchen, ..
daʒ nû bî unseren tagen
selch vreude niemer werden mac.
Iwein 50;
man sichts ietz wol bi ietzigen tagen.
Salat verl. sohn v. 1578;
die schwerste kunst in unsern tagen (vgl. D, 2, b),
die kunst, die narren zu ertragen.
Hagedorn 2, 140;
der bildende künstler unserer tage. Göthe 44, 151; ein volksdichter in jenem sinn .. dürfte in unseren tagen vergeblich gesucht werden. Schiller 6, 317;
jung und unsterblich schreitet deine (Hellas) sage
mit blüh'nden lippen noch durch unsre tage.
Geibel juniusl. 76;
heut in diesen tagen. Göthe 40, 287 oder blosz in diesen tagen 28, 70; im adverbialen genetiv oder accusativ:
caffee, ohn' den der tag (zu tag werke 13, 59)
kein höckerweib mehr leben mag.
d. j. Göthe 13, 59.
β)
prägnant der tag, die jeweilige gegenwart in bezug auf die darin herrschende richtung, geltung, gewohnheit und anforderung u. s. w. (hieher viele uneigentliche zusammensetzungen mit tages-), besonders oft bei Göthe:
jene nenn' ich die klügsten, die leicht sich vom tage belehren
lassen; es bringt wohl der tag räthsel und lösung zugleich.
1, 383;
wie auch die welt sich stellen mag,
der tag belügt immer den tag.
4, 333;
in meinem jugendlichen eifer nahm ich mir im stillen vor .., allein wie bald nahm mich der gewöhnliche tag mit sich fort. 22, 206; wie eine so gränzenlose nüchternheit und plattheit (Blumauers Äneis) doch auch einmal dem tag willkommen und gemäsz hatte sein können. 32, 177; deszhalb die schätzung von künstlern und schriftstellern immer schwankt, und einer oder der andere immer ausschlieszlich den tag beherrscht. 29, 71; in Rom, wo das hin- und wiederreden des tags wie an kleinen orten herkömmlich ist. 29, 74; was aber ist deine pflicht? die forderung des tages. 22, 215; fahrt fort in unmittelbarer beachtung der pflicht des tages. 23, 183; die bedürfnisse 15, 86, das interesse des tages 102. 32, 261;
das unbescholtene mädchen
... war nun das mährchen des tags.
1, 311;
sie waren die herren des tages.
40, 291;
was der tag hatte, was der tag brachte, was allenfalls in compendien und zeitschriften stand, das wuszten sie, das billigten sie. 51, 183; vergleichen wir die recensionen des tags im ästhetischen fache mit denen vor dreiszig jahren. 60, 24; es schien diese art so bequem zur poesie des tages und deren bedurften wir jede stunde. 48, 85; das democratische andringen des tages. Immermann schriften 2, 45; man zeigte mir ein feines, blasses gesicht, als eine notabilität des tages. 237.
c)
von der nächsten, fernen oder endlosen zukunft: nächsten tag, nächste tage, s. theil 7, 280; ehesten tages, propediem Stieler 2246; es würde ehistes tages eine zusammenkunft .. angestellet werden. Weise erzn. 60 neudruck; der burgermeister versicherte ihr, dasz man ersten tages einen rathsschlusz fassen würde. Klinger 3, 12, ehester tage Klemm der grüne hut 8, 1 neudruck, nächster tage Schiller 7, 133; über etliche (nach etlichen) tage. Marc. 2, 1. Teuerdank 17, 3. Ayrer 755, 4, nach etlichen tagen H. Sachs 2, 229, 12, in etlichen tagen Weise erzn. 198 neudruck, in wenig tagen Ayrer 589. Göthe 34, 97, wenige tage nachher 34, 24, darauf 112 (s. auch 8, d), in kurzen tagen (s. kurz II, 8, c, β):
des muoʒ ich in vil kurzen tagen (baldigst)
mir einen herren kiesen.
Iwein 2318;
nun fuͦgt es sich in kurzen tagen.
Salat verl. sohn v. 1047;
du selbert wirst in wider sehen
frisch und gesund in kurtzen tagen.
H. Sachs 1, 144, 25;
die (frau) uns wirt kummen in kurzen tagen.
2, 59, 4 und oft;
alle denken gewiss, in kurzen tagen zur heimath
wiederzukehren.
Göthe 40, 309;
(gott) wird mir hülf schicken noch kurtzer tag.
Ayrer 1370, 3;
lasz paitzen, hetzen und auch jagen,
das wir in zukünftigen tagen
haben gut vögel und wildtbret.
H. Sachs 13, 565, 19;
und so gleichst du künftgen tagen (der zukunft).
Göthe 13, 311 (Epim. 2, 9);
wenn was irgend ist geschehen,
hört man's noch in späten tagen.
Schiller 2, 299 H.
letzter, jüngster tag, s. 14; ewige tage (s. ewig 1): damit wer daʒ gantz reich geswecht .. hinfür zu ewigen tagen (für alle zukunft). E. Schürstal 127, 8; das .. zu ewigen tagen soll gehalten werden. Schütz a. Preuszen 18;
von ietzt an zu ewigen tagen (in ewigkeit).
H. Sachs 15, 89, 4;
das ist der wurm, der uns thut nagen
in der hell zu ewigen tagen.
11, 446, 17;
verflucht ist euer haus auf ew'ge tage.
Schiller 12, 391 (Wallenst. tod 5, 10).
13)
die adverbialen formeln eines tages, auf einen tag, einen tag können sich (je nach der verbalform) auf einen zeitpunkt der vergangenheit oder zukunft beziehen:
ich lasz dem wirt sin gest zu pfand,
bis ich der tag eins (= eines tages, s. einst 3) wider kum.
Salat verl. sohn v. 1248;
eines tages si Sîfrit   rûnende vart.
Nibel. 826, 1;
sam tâtens eines tages mit dirre frâge.
Walther 11, 20;
eins tages si in kapfen sach
ûf die boume nâch der vogele schal.
Parzival 118, 24.
eins tages was es gar heiter und schön. Tristr. 191, 4 Pfaff;
ich gedacht eines tages:
nun wol uff und wag esz!
Weller dichtungen des 16. jh. 5;
eines tages zog ich uber landt.
H. Sachs 5, 171, 2;
eines tages kam sy aber. Wickram rollw. 118, 23 Kurz; unter andern gab ihm eines tages ein junger rechtsgelehrter viel zu schaffen. Göthe 17, 200; eines tages kam mein vater hin. 34, 28;
da wurde eurem vater eines tages
ein seltsam wunderbarer traum.
Schiller 14, 63 (braut von Mess. 2, 5);
es begab sich aber auf einen tag. Hiob 1, 6;
als auf einen tag
einer Socratem thet ein frag.
H. Sachs 3, 121, 25;
das ich mag
den schatz erlangen auf einen tag.
Waldis Es. 2, 15, 6;
als auf einen tag
der Römer ganze zahl zu seinen füszen lag.
Gottsched Cato 3, 3;
(da) kam er einen tag das werk zu sehen. Göthe 35, 242.
14)
der letzte, der jüngste tag.
a)
der letzte tag, der eine gewisse zeitfolge abschlieszt: vom ersten tag an bis auf den letzten. Neh. 8, 18; am letzten tage des festes. Joh. 7, 37; am letzten tag (der schöpfungswoche) hat er auch den menschen erschaffen. Weise erzn. 91 neudruck; der letzte tag des jahres ist da! Thümmel reise 2 (1791), 306;
da schon dein hertz den letzten tag des glückes findt.
Stoppe ged. 1, 54.
b)
der letzte oder der jüngste tag (s. letzt 11, jung 13).
α)
der letzte tag des lebens, der todestag:
ich erledige in hiute ob ic mac,
oder iʒ ist mîn jungister tac.
Rolandsl. 300, 12;
des frumten si vil manegen   hintz ûf den jungisten tac.
Nibel. 2151 4;
diu hât nû scharten hinne vür unz an den lesten tac.
Neidhart 71, 23;
es ist kommen der letste tag (summa dies).
Murner En. (1559) E 6ᵃ;
heut ist leider mein jüngster tag. Tristr. 116, 20 Pfaff; eins jeglichen jüngster tag, wenn er stirbt. Agricola sprichw. nr. 710; den letzten tag erleben, enden, sterben Maaler 398ᵃ;
doch nunmehr wil sein letzter tag erscheinen.
Gryphius trauersp. 398 P.;
o! wenn der letzte tag mich bald doch möcht entbinden!
692;
der letste tag, den niemand mag
in disem leben meiden.
Rist himl. lied. 4, 218;
der mensch erfährt, er sei auch wer er mag,
ein letztes glück und einen letzten tag.
Göthe 2, 248;
uns mindre männer mag
der tod ereilen und der letzte tag.
Immermann schriften 3, 127.
prägnant auch blosz mein, dein, sein u. s. w. tag: unter den erschlagenen gottlosen, welchen ir tag kam. Hesekiel 21, 29; sie alle erlebten ihren tag. ich sah sie neben mir in den staub sinken. Schiller 3, 403 (kab. 2, 3); jeden ereilet endlich sein tag. 2, 49 (räuber, schausp. 1, 2).
β)
biblisch das weltende, der auferstehungstag: die welt währet heute, aber morgen ist vielleicht ihr letzter tag. Olearius sentenzen 108 (41);
der letzte tag der erden
schläft noch in dicker nacht.
Gryphius lyr. ged. 355 P.
jüngster tag, das jüngste gericht: si chumet in dero urstendi in demo iungisten tage. Notker ps. 29, 6 Wiener hs.; (dann) hoͤrt die welt uf und wurt der jungeste tag. Königshofen 234, 11; vor dem jüngsten tag werden fünfzehen zeichen vorher gehen. Agricola sprichw. nr. 711;
und dasz er sich am jungsten tag
darf gottes urthel furchten nicht.
Ayrer 3223, 27;
am jüngsten tag, wenn die posaune schalle.
Göthe 2, 45.
wortspielend mit jüngst (erst und letzt):
der jüngsten tage zehl ich zwei: den einen da die welt geboren,
den andren, da sie durch die glut wird wieder endlich gehn verloren.
Logau 3, zweite zugabe 30.
auch das ende der tage, der tag der auferstehung, des gerichtes, des zornes (dies irae), der tag der tage, prägnant jener tag (dies illa): du aber Daniel gehe hin bis das ende komme und ruge, das du aufstehest in deinem teil am ende der tage (s. ende III, B, 1). Dan. 12, 13; bis an das ende der tage. Thümmel reise 4 (1794), 363; das ende der tage ist gekommen, die schöpfung seufzet den lebendigen odem wider aus. Leisewitz Julius 118, 2 neudruck;
dann wird ein tag sein, den werd ich auferstehen.
Klopstock od., krit. ausg. 1, 64;
wenn dem tage der garben zu reifen
gesät ist meine saat.
1, 140;
als hört ich alle sünden meines lebens
am tag des weltgerichts herunterlesen.
Schiller 5, 1, 28 (don Carlos 1, 2);
dienen dir und büszen,
das will ich bis zum tage des gerichtes.
Chamisso (1872) 2, 110;
am tag seines zornes. Hiob 20, 28; der tag des verderbens, des grimmens. 21, 30;
weh, des gerichts, des zornes tag!
Wackernagel ged., auswahl 374;
dann bricht der tag des zorns herein.
Geibel neue ged. 9;
ich trage meine werke ...
bis an den tag der tage (vorher bis zu dem jüngsten tage).
Chamisso (1872) 1, 251;
er wird besser bestehen an jenem tage als der wiz aller weisen. Schiller 3, 484 (kabale 5, 2); (ich fühle,) dasz ich für eine gotteslästerung an jenem tag barmherzigkeit vom himmel erlangen kann. 5, 1, 16 (don Carlos 1, 1).
D.
endlich geht tag (wie lat. dies) über in den allgemeineren zeitbegriff (wie schon vielfach bei C), namentlich in bezug auf die lebenszeit.
1)
die zeit im allgemeinen, ahd. ther êwige dag, die ewigkeit Otfrid 5, 23, 189 (vgl. C, 12, c), mhd.
der verliuset sîne tage (seine zeit mit unnützen reden).
Walther 13, 35;
besonders mit einem genetiv oder adjectiv zur umschreibung dienend: morgens tac, morgenzeit Parz. 802, 10, künfteclîche tac, ankunft 366, 12, strîtes tac, streit Willeh. 296, 14, lieber tac, annehmlichkeit Iwein 1743, swærer tac, ungemach (vgl. 2, c) und anderes, s. mhd. wb. 3, 3ᵇ f.; nhd. kompt tag, so kompt rath. Frank spr. 1, 140ᵇ, vgl. Wander 4, 1007;
dasz er mag
genesen nicht in langen tag.
S. Brant 84, 18;
(geschlechter) blühn und wachsen bis zum spätsten tage
(vgl. C, 12, c). Göthe 2, 411 H.
plur. alte, lange, vergangene, gegenwärtige, künftige tage, s. C, 12; in tagun Hêrôdes Tat. 2, 1 (in dagun eines kuninges Otfrid 1, 4, 1); bei den tagen Noe. Salat verl. sohn v. 1654; bei der Römer tagen, zur Römerzeit. Stumpf chron. 177ᶜ;
schöne des mais begeisterte sie, in des Griechen
tage zurück sich zu dichten.
Klopstock od., krit. ausg. 2, 42;
die abscheulichen tage der weltgeschichte. Göthe 32, 176; in den ersten tagen eurer regierung. 34, 214; die tage ihrer herrschaft. Schiller 14, 383 u. dgl.; wenn ein greis .. erzählt, was in seinen und seiner väter tagen (vgl. 2, b) geschehen ist. Hebel 4, 128.
2)
der lebenstag (A, 7) erweitert sich zum begriffe von lebtag (theil 6, 469).
a)
tage des lebens, das leben überhaupt (vgl. A, 8):
heilig sei dir der tag (vgl. 12, b, β); doch schätze das leben
nicht höher
als ein anderes gut.
Göthe 40, 336;
rasch von hinnen flieht der tag des menschen,
eine kurze spanne .. der tod erwartet alle.
Platen 4, 306;
gewöhnlich im plural:
mit dagon ioh ginuhtin (mit hinreichender fülle der lebenstage).
Otfrid 1, 15, 16;
lango .. lâʒ imo thie daga sîn (schenke ihm ein langes leben).
ad Lud. 35. 77;
die furcht des herrn mehret die tage. spr. Sal. 10, 27;
(fürst,) der viel mehr länder zehlt als abgelebter tag.
Gryphius trauersp. 176 P.;
vieles wünscht sich der mensch, und doch bedarf er nur wenig;
denn die tage sind kurz und beschränkt der sterblichen schicksal.
Göthe 40, 277;
öfter, ach! verkehrt das geschick die ordnung der tage.
1, 318;
denn das beständige der irdischen tage
verbürgt uns ewigen bestand.
3, 76;
seine tage .. zubringen 15, 92, beschlieszen, e vita cedere Frisch 2, 359ᶜ; sich von tagen thun, sich ums leben bringen trag. Joh. O 6ᵇ, altmärk. sich von daogn don Danneil 30ᵃ; transitiv:
die auch han
ein weib gebracht von den tagen.
Voith dramen 281.
b)
meine, deine, seine u. s. w. tage (oft verstärkt mit all), besonders in festen zeitlichen formeln in, bei meinen tagen oder accusativisch meine tage, mein tag u. s. w. wie mein lebtag, mein lebzeit theil 6, 470. 471. vgl. auch 3, a.
α)
meine tage (ahd. auch im sing. Otfrid 3, 18, 50. 51): meine tage sind leichter dahin geflogen denn ein weberspul. Hiob 7, 6; meine tage sind schneller gewesen denn ein lauffer. 9, 6;
in leid und klag
wil ich mein tag
... volbringen.
Ambr. liederb. 182, 2;
(eher wollte ich) mein tag in ellend verzehrn.
Ayrer 1055, 7;
da bring ich meiner tage rest ..
bei erbs und wurzeln fröhlich zu.
arm am beutel, krank am herzen,
schleppt' ich meine langen tage.
Göthe 1, 198 (ged. 1, 181 Weim.);
so leb denn wohl, tyrannin meiner tage.
Gökingk 1, 89.
bei, in, zu meinen tagen:
ichn gehôrt bî mînen tagen
nie selhes niht gesagen,
waʒ âventiure wære.
Iwein 547;
des ich ie dâ gerte   in allen mînen tagen.
Nib. 584, 3;
so lob ich dich bei alle (so) meinen tagen.
fastn. sp. 556, 23;
ich hab vor bei all mein tagen
kein plobe (blaue) bruch nie getragen.
H. Sachs 14, 65, 8;
ich hab bei meinen tagen
von siben schönen hören sagen.
5, 177, 4;
wann ich hab ir bei meinen tagen
kein bissen gessen (später bei meinen lebtagen).
17, 286, 25;
ich hett doch bei all mein tagen
mit dir kein frid können tragen.
Ayrer 79, 17;
du bist nicht schön, ...
viel schön're schon sah ich in meinen tagen.
Rückert 2, 106;
so wolt ich doch zu meinen tagen
sein ungnad je nicht gern tragen.
Ayrer 613, 24.
accusativisch (mein leben lang, oft nur ein verstärktes immer oder mit negation nie, nimmer):
ahd. alle daga mîne
frew ich mih in muate   gote heilante.
Otfrid 1, 7, 5;
mhd. des hân ich allen mînen muot
dar ûf geleit die mîne tage.
Konrad Silv. 31;
diu beide (leib und gut) wil ich iemer
mit iu verswenden mîne tage.
troj. krieg 18461;
wird ich dar under mit genuht
ein riuwesære al mîn tage.
Engelh. 6157;
ich wünsche iu vrowen mîne tage,
daʒ gar mit freuden âne klage
iwer lîp hie lange lebe.
Lichtenstein 591, 11;
ich hân wider gotes hulde
mîn tage getân sô vil.
L. v. Regensburg tochter Syon 1351.
nhd. unendlich oft:
nun hab ich all mein tag gehört,
wie scheiden sei ein schwere pein.
Ambr. liederb. 45, 1;
so hett ich all mein tag nicht glaubt.
250, 7;
nu hab ich mein tag nie gehort.
fastn. sp. 1, 30;
dienst, so ich all mein tag trewlichen .. gethan und zu ewigen zeitn tuen will. Chmel urk. Max. nr. 235 (vom jahre 1509);
all mein tag ist mir mein leben
nie also in groszer gefar
gestanden als heut.
Teuerdank 37, 56;
wan also hert (hörte) ich all mein tag,
das gelt und guet vill vermag.
Raber Sterzinger spiele 1, 311;
ich hab mein tag nicht beicht.
Ayrer 2987, 33;
fleisch essen wolt ich gar verschwern
und mich mein tag des kummers nehrn.
Waldis Es. 4, 3, 62;
seind du doch nie erfaren hast,
das ich dich alle meine tag
mit einem wort betrogen hab.
Ackermann dramen 102 (der ungeraten sohn v. 983);
des hab ich mein tag viel gesehen. Sir. 16, 6; ob ich wol zu Ottersleben mein tage .. nicht gewesen. Pape bettel- u. garteteufel P 6ᵇ; und musz mich immer rewen, dasz ich Engelland alle mein tag je ersehen hab. buch der liebe 244ᵇ;
ich wils mein tag thun nimmermehr.
Ayrer 472, 19;
kein mensch mich nicht bereden soll,
mein tag ein andern mann zu nehmen.
1819, 11;
ich will fort die tage mein
ewig von ihr geschieden sein.
1818, 27;
es ist so ein straff kerl, als ich meine tage einen gesehen .. habe. Schoch stud. leben D 2; ich habe mich auf die complimenten mein tage nicht gelegt. Weise erzn. 131 neudr.; ich werde es mein tage nicht vergessen. 171; der ihm mein tage nichts zuwider gethan hatte. Liscov 109; ich habe mein tage keine satyre geschrieben. 273; weil ich mich mein tage nicht bereden können, dasz .. Lessing 10, 98; ich habe mein tage gehört, dasz .. Wieland 11, 172. 12, 25; ich hab' ihr auch mein tage nichts in'n weg gelegt. Claudius 1, 33;
dasz ich ... mit dir
mein tage leben könte!
Bürger (1778) 28;
neugierig bin ich sonst mein tage nicht gewesen. Göthe 7, 64; hab mein tag so kein gaudium gehabt. 8, 138; das habe ich mein tage nicht gehört. 8, 34 (mein lebtag 42, 42);
so was hab' ich mein' tage nicht gesehn!
12, 143 (Faust 2791 Weim.);
hab' ich dich doch mein' tage nicht gesehen!
238 (4440);
ich würde drum mein' tag' nicht lieben.
151 (ich möchte drum 2921).
in verbindung mit leben: dasz ich die tage meines lebens keinen fürsten .. gesehen, der. die schausp. der engl. komöd. in Deutschland 53 Tittmann; das soll mir mein tag des lebens eine warnung sein. Schiller 2, 143 (räuber, schausp. 4, 3).
β)
deine tage:
wie du auf erden deine tag
hast zubracht mit deim sündigen leben!
H. Sachs 11, 440, 33;
(Christus) wird dein reich und deine tag abkürtzen.
Gryphius trauersp. 174 P.;
das glück deiner tage
wäge nicht in der goldwage.
Göthe 2, 248;
so mög', o fürst, der winkel dieses landes (Ilmenau)
ein vorbild deiner tage sein!
2, 152;
am heiszen quell verbringst du deine tage.
4, 121;
dasz auch deine jugendkraft entweicht,
dasz auch einstens deine tage enden.
Schiller 1, 266.
bei deinen tagen:
dieweil bei deinen tagen (in deinem leben) du
hast mit hilf gottes zu-gericht
vil mehr denn fünftausent gedicht.
H. Sachs 7, 218, 31.
accusativisch (dein leben lang):
wilt dû niht alle dîne tage
gelouben daʒ der gwære Christ
gotes sun von himel ist.
Konrad Silv. 330;
davon dein tag magst muͤssig gahn.
Waldis Es. 4, 39, 24;
hast du dein tag so ein täubchen geschn?
Göthe 2, 215.
γ)
seine tage:
ein andrer zähle seine tage (seine lebenstage, sein alter)
und rechne nicht die zeit der plage.
Hagedorn 1, 103.
bei seinen tagen:
daʒ er sô ritterlîchen wart
gewâpent nie bî sînen tagen (in seinem leben).
H. v. Freiberg Trist. 1635;
er hete ûf êre sînen vlîʒ
geleit in allen sînen tagen.
Konrad troj. krieg 12093;
von glück und allem heil
wird er mögen sagen
bei allen sein tagen.
Teuerdank 25, 72;
er wirt nit anders bei sein tagen.
H. Sachs 14, 172, 31;
ein wuchrer het bei seinen tagen
viel gelt und gut zusamen gschlagen.
Waldis Es. 3, 26, 1.
accusativisch (sein leben lang):
ern hete nie getriutet
noch gemeinet sîne tage.
Konrad troj. krieg 14719;
der wirt sein tag nicht reich fürwar.
H. Sachs 4, 66, 2;
er fieng an, die aller süesten ... wort zuͦgeben, so er sein tag je studiert und erdenken mocht. Wickram rollw. 96, 5 Kurz;
er thet sein tag kein handwerk lehrn (lernen).
Ayrer 396, 26;
er hat ihm sein tag kein leid gethan.
1123, 33;
(ein feigling,) der seine tage nicht gesehn ein tröpflein blut.
Fleming 134;
er sei noch sein tage vor keinem erschrocken. Weise erzn. 20 neudr.; ohne dasz man sein tage begreift, wer was gewinnt; mundartlich auch mit bezug auf die 1. person (sing. oder plur.):
doch ach mit allen specerein
werd ich sein tag kein (niemals ein) mädchen mehr erfreun.
Göthe 1, 164 (mir erfrein ged. 1, 149 Weim.);
wenn ich auf schläge was gegeben hätte, wäre sein tage nichts aus mir geworden. 8, 242; so können wir sein tage nicht zusammen kommen. Lenz 1, 115.
δ)
unsere tage (vgl. C, 12, b, α):
und bist du selber nicht, o wein,
ein spiegel nur und wiederschein
vom wandel unsrer tage (unseres lebens).
Geibel juniusl. 56.
bei, zu unsern tagen (unser leben lang):
dasz wir bei alln unsern tagen
nimmer wöllen thun wider sie.
Ayrer 432, 23;
dasz wir bei allen unsern tagen
kein weibsbildt lieber ghabt, als sie.
1528, 33;
ich wil zu unser beider tagen (so lange wir beide leben) solches nimmer vergessen. die schauspiele der engl. komöd. in Deutschland 184 Tittmann.
ε)
eure tage:
vermerkt ihr nicht, wie eure tag entfliehen?
Gryphius trauersp. 150 P.
bei euren tagen:
ich hab gehört
warlich bei all euren tagen (so lange ihr lebt)
von einem gröszern schwein nie sagen.
Teuerdank 17, 7.
accusativisch (euer leben lang):
ir wârent ie al iuwer tage
und sint ouch noch ein werltzage.
Hartmann armer Heinrich 1329;
und ihr solt all eur tag ein kron
von golt auf eurem haupte tragen.
Teuerdank 995, 6;
drei ringe schwarz, die habt ihr eure tage nicht geschossen. Göthe 8, 169.
ζ)
ihre tage, ahd. gen. plur. iro dago, zu ihren tagen, zu ihrer zeit Otfrid 1, 3, 37; mhd. in ir tagen:
(sie hörte) in ir tagen
die liute sprechen unde sagen.
Konrad troj. krieg 7635;
nhd. bei ihren tagen:
dann sie bei iren tagen
vil guts von euch hab vernomen.
Teuerdank 8, 26;
dieweil sie bei all iren tagen
selber in groszer unzucht lagen.
H. Sachs 11, 440, 17;
die nie gemeint bei ihren tagen,
dasz sie des Lucars weib soll wern.
Ayrer 1528, 10.
accusativisch (ihr leben lang):
und redte mit der frawen klar,
die ihr tag nie (niemals) geboren war.
Ringwald tr. Eck. D 5ᵃ;
(die katze) hatt ihre tag so vil groszer ratten erbissen. Frey gartengesellsch. 70ᵇ; die von allen menschen für ein ehrliche warhafftige frauw ir tag war gehalten. Kirchhof wendunm. 438ᵃ; aber jene witfraw ward dieser und ihrer magt ihr tage nicht gut. Henneberger pr. landtafel 49;
die kleinen (vögel), die nur zwitschern ihre tage.
Chamisso (1872) 2, 153.
c)
mit einem adj. oder genetiv zur bezeichnung des zustandes der lebenstage oder der empfindung, die sie erregen (vgl. A, 7, ac).
α)
gute, glückliche, schöne, frohe, ruhige, gesunde u. dgl. tage, die tage des glücks, der freude, der gesundheit u. s. w.: sie werden alt bei guten tagen (wolleben). Hiob 21, 13; wie man spricht und war ist, es muͤsten starke beine sein, die gute tage ertragen solten, und, ein mensch kan allerlei leiden, on gute tage. Luther 4, 109ᵇ, vgl. 3, 235ᵃ; guͦt tag wöllen stark bein haben. Frank sprichw. 1, 71ᵇ;
bei guͦten tagen und wein
wil das podagram sein.
57ᵃ;
(gott grüszt uns) biszweilen auch mit guten tagn,
die jederman nicht kan ertragn.
Ringwald l. warh. 57;
die reich sein und gute tage haben. pers. baumg. 8, 6 in der überschrift; wann manche faule magd der hafer sticht, und sie die guten tage, welche sie bei herrn und frauen hat, nicht länger ertragen kan, so. Schuppius 341;
(wer) sich vor der letzten nacht
selber gute tage macht.
man wird sich selbst zur last bei gar zu guten tagen.
Stoppe fabeln 2, 129;
es ging geld ein, er konnte nach seiner willkür leben, und wir hatten gute tage mit ihm. Göthe 19, 101; hoffnung besserer tage. 34, 361;
es reden und träumen die menschen gar viel
von künftigen besseren tagen.
Schiller 11, 264;
wenn das volk in glücklichen tagen dahin lebt.
Göthe 40, 286;
alles in der welt läszt sich ertragen,
nur nicht eine reihe von schönen tagen.
2, 243;
die schönen tage in Aranjuez
sind nun zu ende.
Schiller 5, 2, 143 (don Carlos 1, 1);
was waren das vor süsze tage!
(wer sich) goldne tage nur verspricht.
Gotter 1, 85;
stelle her der goldnen tage
paradiese noch einmal,
liebes herz!
Göthe 2, 40;
ihr bringt mit euch die bilder froher tage.
1, 5 (Faust 9 Weim.);
wann leicht und still die frohen tage flieszen.
13, 166;
denn wir haben uns nicht an fröhlichen tagen erwählet.
40, 249;
die tage der freude sollten wider kommen. Leisewitz Julius 46, 18. 85, 7 neudruck;
du fuͤrest hie die grösten klag
und hast doch gute faule tag (wolleben ohne arbeit).
H. Sachs fastn. sp. 1, 121, 230;
im kloster hat er faule tag.
2, 6, 193;
ey, du hast erst gerute tag,
bist bei dein söhnen in der kost.
werke 12, 127, 27;
stille Göthe 12, 162, friedliche tage 30, 168; er genosz ruhigere tage. 15, 25; doch war mein kopf so stark als in gesunden tagen. 34, 244; sie erwachte mit ihrem, in gesunden tagen so freundlichen aufblick. Thümmel reise 8 (1803), 99.
β)
böse tage u. a.: da kommen die bösen tage, da du wirst sagen, sie gefallen mir nicht. Butschky Patm. 234; Floramene hatte indessen böse tage. polit. stockf. 290;
wer geborn ist in bös'ten tagen,
dem werden selbst die bösen behagen.
Göthe 5, 115 (divan 117 Weim.);
in jenen unglücklichen tagen, .. als das heer der Franken in euer vaterland einbrach. 15, 81;
aber ich täusche mich nicht mit leichter hoffnung in diesen
traurigen tagen, die uns noch traurige tage versprechen.
40, 309.
schlimme, übele tage, tage der trauer, des schmerzes, der krankheit u. s. w. (s. siechtag, wehtag).
3)
das lebensalter und die verschiedenen stufen desselben:
si frâgent mich ze vil von mîner frouwen jâren,
und sprechent, welher tage si sî.
minnes. frühl. 167, 17.
a)
in bezug auf das kindliche, jugendliche, mittlere, vorgeschrittene oder greise alter:
ein junger knab bei chlainen tagen.
Wittenweiler ring 23, 29;
von minen kintlichen tagen bisz uff den heutigen tag. manuale curotorum lxxxv, 1;
von unser kintlichen tagen.
Ayrer 1013, 5;
der frühling meiner zeit und anfang erster tage
verschwand in angst und noth.
Gryphius lyr. ged. 515 P.;
wol euch, die ihr in ersten tagen
im anfang eurer zeit die crone möget tragen.
trauerspiele 695;
ist sei schön und junger tagen.
Wittenweiler ring 19, 44;
dasz er wil verzehren sein junge tag
mit einem alten weib.
Ambr. liederb. 2146;
(tod,) lasz mich der jungen tag basz nieten!
H. Sachs 1, 449, 32;
(was ich) hab in meiner wanderschaft erfarn,
in meinen jungen tagen.
9, 438, 4;
wann ich (Siegfried) hab vor bei jungen tagen
auch einen trachen todt geschlagen.
13, 351, 25;
lasz dich nicht bethören
deins weibs wort bei dein jungen tagen.
17, 148, 26;
so gehen die junge tage sampt den leibskreften schnell dahin, als hetten sie füsze. Mathesius Sar. 24ᵇ;
sie spann in ihren jungen tagen.
Spangenberg anbindbr. H 8ᵃ;
wie die narrenplagen
bei seinen jungen tagen
nicht bald erfahren will.
B. Neukirch ged. 39;
was wünscht man sich bei jungen tagen.
Gellert 1, 14;
nutze deine jungen tage.
Göthe 1, 144;
(den wald) pflanzt' ich in jungen tagen.
3, 244;
denn mir behagt's in alten tagen,
so wie es mir in jungen behagte,
dasz ich nach alt und jung nicht fragte.
4, 334;
die tage der entwürfe sind bei mir vorbei und die zeit der jugend ist vorüber. Leisewitz Julius 98, 5 neudr.; in meinen schlanken tagen (als ich noch schlank war) durfte ich mir sagen: du warst doch recht nett. Auerbach ges. schr. 13, 172; in seinen besten tagen sein, florere aetate. Maaler 398ᵇ;
sol in den besten tagen
sich einer plagen
mit liebes fantasei!
Rist Parnasz 458;
da liegt er entseelt
hingestreckt in der blüthe der tage!
Schiller 14, 91 (braut von Mess. 3, 5);
(der tod) nahm die seele weg im mittel ihrer tage.
Gryphius lyr. ged. 519 P.;
in meinen männlichen tagen. Götz v. Berl. 109 neudr.; so ist es uns in spätern tagen sehr erwünscht, wenn .. Göthe 24, 6;
vil tage ûf im hat er (er ist schon alt).
Jeroschin 9981.
kompt er zu seines alters tagen.
Ayrer 1012, 35;
alte tage:
thô er zên altên dagon quam.
Otfrid an Hartmut 79;
sîn vater und sîn mûter wâren .. komen zu iren alden tagen. myst. 1, 142, 37;
si ergazte uns mîner vrouwen   noch lîhte in alten tagen.
Nib. 1110, 3;
desz musz ich ietzt hartselig sein
und unwert in mein alten tagen.
H. Sachs 12, 127, 9;
(du) wirst ja in alten tagn
solch deine bosheit hoch beklagn.
Ringwald laut. warh. 86;
willst du mich denn so in meinen alten tagen verlassen? Klemm d. grüne hut 20, 13 neudruck; in seinen alten tagen .. seinen betrachtungen ... nachzuhängen. Wieland 7, 272; ich sei, meinte er, in meinen alten tagen noch immer ein kind. Göthe 30, 333;
denn mir behagt's in alten tagen.
4, 334;
du bist getäuscht in deinen alten tagen.
41, 332 (Faust 11834 Weim.);
wenn nun die grauen tag antreten
und mattigkeit die kräfte bricht.
Mühlpforth leichenged. 273;
in meinen eisgrauen tagen. Schiller 3, 364 (kabale 1, 2);
wir sind am abend unsrer tage (vgl. A, 8).
Hölderlin 1, 58.
b)
zu seinen tagen kommen wie zu seinen jahren kommen (s. jahr II, 6), das alter der mannbarkeit, mündigkeit, volljährigkeit erreichen (früher auch s. v. a. zu seinen alten tagen kommen mhd. wb. 3, 4ᵇ. Schm.² 1, 591):
sô er zi sînen dagon quam.
Otfrid 1, 20, 33;
kurzer muot und langeʒ har
habent die meide sunderbar,
die zuo irn tagen komen sint.
Renner 322;
ich pin wol kumen zuo mein tagen.
fastn. sp. 322, 5;
pisz wir zuͦ unsern tagen kemen.
321, 23;
so nun die kind ir jar erreichen und zuͦ irn tagen kummen. Frank weltb. 15ᵇ; wenn sie (die zwei knaben) nun zu ihren tagen kommen. buch d. liebe 7ᵇ; gegensatz under sînen tagen sîn, minderjährig sein. Mone zeitschr. 13, 119 (vom j. 1377).
III.
die zusammensetzungen zerfallen
a)
in eigentliche mit tage-, tag- (ahd. taga-, daga-, mhd. tage-, tag-), die im folgenden der übersichtlichkeit wegen alphabetisch unter (dem üblicheren) tag- aufgeführt sind.
b)
in uneigentliche mit dem genetiv tages- (tags-), die erst im nhd. auftreten, denn ahd. und mhd. noch getrennt tages lieht u. s. w. zu den uneigentliehen zusammensetzungen können im nhd. auch einige mit tage- gehören, in welchem falle tage- dann als genetiv plur. aufzufassen ist, z. b. tagelos, tagewähler u. a.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1890), Bd. XI,I,I (1935), Sp. 27, Z. 32.

Im ¹DWB stöbern

a b c d e f g h i
j k l m n o p q r
s t u v w x y z -
tannenumschattet
Zitationshilfe
„tach“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/tach>.

Weitere Informationen …


Weitere Informationen zum Deutschen Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)