Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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bundschuh, m.

bundschuh, m.
pero: ein bundschuͦch, baurenschuͦch. Dasyp. 178ᶜ; bundschuͦch conjuratio, bundschuͦchs verklagter, reus perduellionis. 310ᶜ; puntschuch oder streitschuch, cothurnus, puntschuch, gepunden schuch, culpaneus. voc. 1482 aa 1ᵃ; zu cotturnus, ohne ein deutsches wort beizufügen, setzt voc. 1475: est calceus grossus rusticanus adeo ruditer factus, ut utrique pedi positus convenerit; zu pero: genus calciamenti, quo apostoli utebantur, latum calciamentum, quod de crudis pellibus fit, rober (l. roher) schuͦch. gegensatz zu bundschuh war der feine, zierliche brisschuh, vgl. Tobler 69ᵇ. was nun den ersten theil des wortes angeht, so wird bund, wie in bundrieme, unbedenklich auf das festbinden dieser weiten, sonst nicht haftenden schuhe bezogen werden dürfen. man scheint aber statt bundschuh für dieselbe art des geschühes auch botschuh gesagt und dieses vielleicht von bosz (sp. 268), franz. botte geleitet zu haben, wofür sp. 278 belege gegeben worden sind, zu welchen in der gleich aus Diut. 1, 387 anzuführenden stelle noch ein beispiel treten wird. botschuh zeigt jedoch nur die erste, niemals die zweite bedeutung von bundschuh.
1)
in seiner ältesten bedeutung ist das wort schon mhd., reicht doch nicht in die beste zeit des 13 jh. hinauf:
ob iender von bockvelle
sî dâ ein alter buntschuoch.
wolf und geisz (Reinh. s. 308);
niht baʒ ich in ahten kan
als bî stivaln buntschuoch.
Helbl. 4, 782;
zwêne rinderîn buntschuoch.
Ls. 3, 410;
swer affen vâhen oder jagen
welle, der sol sich warnen buntschuoch.
3, 561;
butschuhe (so) an der herre stieʒ,
zu kampe was er ungereit.
Diut. 1, 387;
bei der kärntnischen huldigung heiszt es vom fürsten:
er sol sich pewegen
an seine pain ze legen
zwo hosen von graben tuech
und zwen rot puntschuech,
die man mit riemen swind
zu dem pain pind.
Ottocar 183ᵇ;
und legend im auch an zwen rautt gebunden buntschuech. Schwabensp. Wack. 418, 25. nhd. etliche meinen, es sei der troisch herzog (nemlich Hector sei) Heccard mit dem bundschuch, den setzen die unbelesenen erst lang nach Christi geburt in Beiern ... wir haben noch zwei gemeine sprichwort von den Troien, Heccard und bundschuch und ein ganz teutsche historien mit reimen. Aventin (ed. 1580) 38ᵃ; man trug dieselbige (Carl des gr.) zeit buntschuch, wie denn noch ein sprichwort von dem bundschuch vorhanden ist und herzog Eberhard (l. Eckhard) mit dem bundschuch genannt wird. der bundschuch ist die kreiden (it. grida, mhd. krîe) und geschrei gewesen, die schuhe hatten auf beiden seiten riemen dreier elenbogen lang und flocht man und schnüret sie umb die bein, und leine hosen, so damals im brauch waren, kreuzweis herumb wie ein getter, band sie also umb die bein. 289ᵃ; jenen Eberhard nennt Hunds stammbuch 1, 134 richtiger grafen Eckhart II von Scheiern, zugenannt der bundschuch, denn er richt zu nacht neben seim gezelt ein solchen schuch oder stifel mit drei roten puntriemen als sein feldzeichen; darümb wenn in (den affen) der jeger wil fohen, so thut er zwen buntschuͦ an vor dem affen und knoppelt die hört (hart) zuͦ und thut sie denn ab und losset sie under dem boum ligen, und wenn der af nieman me sicht, so stiget er ab dem boum und thut die buntschuͦh ouch an wie der jeger u. s. w. Keisersb. bilg. 97ᵃ (vgl. oben sp. 278). Der bundschuh war also grobe, bäurische tracht, wie sie könig Carl vorgeschrieben haben sollte, der rinderîn schuoch, dessen kaiserchr. 14813 gedenkt; auch Münster cosmogr. 257 nennt zwilchgippe, zwen buntschuch und filzhut als kleidung der bauern. doch scheinen auch vornehme den bundschuh zuweilen anzulegen, vielleicht um sich dem volk beliebt zu machen, oder geistliche aus demut und armut, wie eine stelle bei Brant 63, 21 bestätigt, wo die buntschuͦh von sant Claren (der heiligen Clara) genannt werden. der th. 1, 1697 ausgehobnen äuszerung Keisersbergs über den misbrauch des gebets entspricht folgende andere: nun wol, so wil ich so vil betten in unser frawen rosenkranz und in unser frawen mantel und dem heiligen das und dem das, und in aller heiligen bundschuͦch so vil. hell. lewe 62ᵃ, hier aber steht genauer bundschuh statt des handschuhes.
der puntschuch und die stifal
helfen mir aus manchem fall.
fastn. sp. 617, 23;
allein die bösen reden fieren,
damit man sol den buntschuͦ schmieren.
Murner luth. narr 616;
warum tregstu an einem bein
ein stiffel und am andern kein,
sunder einen buntschuͦh grosz,
das man den schenkel dir sicht blosz?
buntschuͦh, stiffel hört nit zusamen.
2501;
ach got, thuͦn den buntschuͦh hinweg,
er hört den buren in den treck.
2922;
wer nit ein besundern sitz möcht han,
der mag wol in den buntschuͦ gan.
2958;
so will ich mein bundschuch und schwert
allher unter disen stein legen.
Ayrer 244ᵃ;
haben seltzam schuͦch oder stifeln bede mann und weib, schier wie bundschuͦch. Frank weltb. 80ᵇ; bundte bundschuch einerlei farb, wie die schwestern per omnes ordines gehen. Garg. 58ᵃ. wort und sache bestehn noch heute in Steier und Oberöstreich fort, s. Stelzhamer 123 und Seidls almer 1, 43. Wenn unpassendes geschah, pflegte man ehmals zu sagen 'reime dich bundschuch', z. b. bei Luther 2, 441ᵇ. 3, 81ᵇ und schon früher in einer schrift von 1494 heiszt es: reim dich puntschuch, hadern sein fusztuch. heute, das reimt wie die faust aufs auge. reim dich bundschuch, der macht ungereimt ding, Herculis cothurnos aptat infanti. Henisch 558, 60.
2)
weil aber im j. 1513 und wol vorher schon die fahne der sich empörenden bauern einen bundschuh als ihr zeichen trug (vgl. Heinr. Schreiber der bundschuh zu Lehen. Freib. 1824. Öchsle gesch. des bauernkriegs. Heilbr. 1830 s. 39. Gödekes Gengenbach s. 28); so begreift sich, dasz bald darauf Dasypodius bundschuoch durch empörung, bundschüher durch empörer deutete und auch bei andern zeitgenossen die wörter diesen ihnen ursprünglich und früher fremden sinn annehmen konnten. bund wurde dann nicht mehr auf das binden der riemen, sondern auf bund, conspiratio, aufruhr bezogen, vielleicht sahen die aufrührer in den bändern des schuhs ein symbol ihres bundes:
das niemans merk den argen list,
das Luthers ler ein buntschuͦh ist.
Murners luth. narr 328;
ich bin nit alt, noch (adhuc) denkt mir, das
vor me ein solcher buntschuͦh was
uf dem Hungersberg vereint.
761;
und hawen drein, das balken biegen,
ja in den spalt die buntschuͦ fiegen.
2821;
der buntschuͦ sein noch me gewesen,
man ist allzeit vor in genesen,
dann solcher bunt wer gott ein leit
in stetten aller erbarkeit.
2900;
mit dem buntschuͦ euch zuͦ neren,
dem lutherischen hauptman schweren
uf das evangelium,
wa man bletter keret umb,
das man alzeit ein buntschuͦ findt.
2915;
wem unser buntschuͦ nit gefelt,
den wöllen wir mit gewalt bezwingen,
bis wir in in den bunt herbringen.
2933;
von einem bundschuch in nidern Beiern und wie die landschaft daselbst das fürstlich regiment besetzet. Aventin 396ᵃ; da er zwei jar regiert hat, machten seine diener ein buntschuͦch wider in und erschluͦgen in. Frank chron. 56ᵃ; in disem lermen und aufgeworfen bundschuͦch wider in ward sein ganz geschlecht ermordt. 63; darumb ward von Phoca seim hauptman wider in ein bundschuͦch aufgeworfen. 161ᵃ; mach einigung, puntschuch und vertrag. Thurneisser archidoxa 143; währender zeit in der Schweiz drei bauern gemeine ehre und eigenthum wieder herstellen, wurde die absicht des bundschuhes und andrer nicht undeutlich bezeichneter bewegungen von den kaisern kaum empfunden. Mösers vorr. zur osn. gesch. s. xiii, vgl. Ranke reform. 1, 211. 2, 189. um solche zeit scheinen auch die Polen ihr bunt für aufruhr, die Böhmen ihr punt aus unsrer sprache erhalten zu haben, obschon bund = foedus an sich selbst in die vorstellung des aufstands hätte ausweichen können. auch bedeutet das böhm. punčocha f. tibiale, strumpf (Jungm. 3, 758ᵃ). das poln. bunczuk, russ. buntschuk'', böhm. bunčuk, die türkische benennung der rosschweiffahne, hat aber mit unserm bundschuh nur zufällige ähnlichkeit des lauts.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1855), Bd. II (1860), Sp. 522, Z. 45.

bundschuher, m.

bundschuher, m.
gebildet wie holzschuher, perone indutus, dann conjuratus, perduellio: ein offener feind, der in ein bundschuͦch oder zuͦsamen schwerung bewilliget. Dasyp. 310ᶜ. Pamph. Gengenbach verfaszte ein büchlein von dem fürnemen der bundschuher, das zu Basel 1514 gedruckt erschien und eben bei Gödeke s. 23—29 wiederholt wird.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1855), Bd. II (1860), Sp. 524, Z. 39.

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Zitationshilfe
„bundschuher“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/bundschuher>.

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