Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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burg, f.

burg, f.
arx, castrum, in allen unsern sprachen, goth. baurgs, ahd. puruc, purc, mhd. burc, alts. burug, burg, nnl. borg, ags. byrig, engl. borough, altn. schw. dän. borg. der abkunft von baurgs aus bairgan und seiner urverwandtschaft mit πύργος, φύρκος, maced. βύργος ist 1, 1052 gedacht worden. schon Tacitus schrieb Asciburgium und nach teutoburgiensis saltus zu schlieszen Teutoburgium, Ammian 18, 2 Quadriburgium, Ptolemaeus Ἀσκιβούργιον, Λακιβούργιον, Τουλιβούργιον (wie für Τουλισούργιον zu lesen), welche neutra wol wie das mhd. vorburge, franz. faubourg zu nehmen sind. Procop de aedif. 4, 6. 7 hat mehrere ortsnamen auf βοῦργος, mlat. schriftsteller setzen burgus und burgum, nie burga. der goth. anomalie gen. baurgs für baurgais, dat. baurg für baurgai begegnet auch noch, aber undurchgreifend, ahd. puruc, burg für burgî, wenn man will, mhd. burc. Nib. 456, 1. 727, 3. dem pl. gibt Adelung in beiden ausgaben richtig bürge, wie man mhd. bürge sagte: die Walseer (Walser, Walliser) in den hohen bürgen, die doch auch nit anders meinen, ir sprach sei die ganz welt. Paracelsus chir. schr. 160ᵇ; und so schreibt z. b. Niebuhr 2, 140 mauern und bürge, neuere ziehen burgen vor:
burgen mit hohen
mauern und zinnen.
Göthe 12, 52;
wenn am bestimmten tag die burgen fallen.
Schiller 531ᵃ;
der adel steigt von seinen alten burgen.
542ᵇ.
Dem wortverstande nach war burg bergende, schützende stätte, wie von arcere geleitet arx auf der höhe, die freien blick in das land gewährte und gegen ersten anlauf schirmte, gebaut. noch engern sinn verbinden wir mit schlosz, claustrum, das den weg oder zugang sperrt, oder mit feste, burgfeste. wie burg die darunter ausgebreitete stadt, arx die umgebende urbs, beherschte πόλις und ἀκρόπολις das ἄστυ, in den gedichten des mittelalters sind darum oft burg und stat neben einander genannt, z. b. Parz. 350, 17. man hält πόλις für gleichviel mit skr. purî; sollte diesem auch πύργος und burg verwandt sein, so müste, wie der fall öfter ist, die erste wurzel eine neue, ebenberechtigte erzeugt haben. Ulfilas verdeutschte πόλις unbedenklich durch baurgs. später als gröszere deutsche städte emporblühten, blieb ihnen häufig der alte name burg (Straszburg, Regensburg, Augsburg, Magdeburg) neben berg (Bamberg, Nürnberg).
1)
gewalt und herschaft über ein gebiet werden episch durch land und bürge (wie sonst land und leute) ausgedrückt:
gisazt er sie thô scôno ubar burgî sînô.
O. IV. 7, 81;
der herre hieʒ lîhen Sîfrit den jungen man
lant unde bürge, als er hete é getân.
Nib. 40, 2;
daʒ lant zuo den bürgen si im tâten undertân.
96, 4;
lant unde bürge daʒ sol mir werden undertân.
109, 4;
die iu friden helfen die bürge und iuriu lant.
144, 3;
ir solt iuch vröun balde: iu ist undertân
mîn lant und mîne bürge unde manic wætlîch man.
573, 4;
lant unde bürge, die unser eigen sint.
639, 2;
man beschiet der juncvrouwen bürge unde lant.
1619, 1;
mîn eigen sint diu lant und die bürge und ouch die liute.
Gudr. 1029, 3;
dô bôt man Gudrûnen bürge unde lant.
1041, 3;
verkoufet lant und bürge.
1159, 4;
diz rîche lant und die guoten bürge.
1226, 1;
lant diu wîten und veste bürge guot.
1227, 2;
si hânt bürge und rîchiu lant.
Dietl. 4395;
erwern die bürge und mîn lant.
6193;
beide bürge unde lant
began si ime dâ zeigen.
krone 22375;
swenne ein lanttwinger ane siht
sîne bürge, sîn lant, so dunket in niht,
daʒ ie man ûf erden sî sîn gelîch.
Renn. 6970.
aus der groszen zahl im lande liegender burgen folgt, dasz an sich die vorstellung einer ansehnlichen stadt nicht damit verbunden sein, sondern erst zufällig daraus erwachsen konnte. noch heute bezeichnet burg vorzugsweise einen edelhof oder festen rittersitz: eine burg bauen, belagern, einnehmen, schleifen, die burg steht, ist gefallen;
was, steht die burg noch?
Schiller 547ᵇ.
2)
wie einigen thieren bau (1, 1161) und bette (1, 1725) zusteht, wird ihnen auch eine burg beigelegt. weidmännisch heiszt die höle oder der bau des bibers seine burg; Reinhart hat eine burg namens Übelloch oder Malpertuis. der ameisenhaufe wird in der thierfabel burg genannt (Reinh. 1257. 1264. 2055. 2062) und als der löwe, d. h. bär sie zu grunde getreten hatte, klagt der ameisenherre über den schaden seiner bürger (1274).
das leichte federvieh verläszt die warmen nester,
begibt sich ihrer burg.
Fleming 149.
3)
die heiden schrieben vielen ihrer götter eignen sitz, eine burg am himmel zu, noch neuere dichter nennen den himmel die blaue burg oder lassen gott über der blauen decke sitzen:
mein jammerseufzen hat die blaue burg erreicht.
Fleming 16 (18);
drum wann gott die blaue burg öfnet und ihm (dem sterbenden)
beut die hand.
Logau 1, 8, 61;
der zürnende himmel heiszt die erzürnte burg:
nach dir, herr, dürstet mich in diesem dürren harme,
wie ein entsaftet land, das sich zum himmel neigt
und der erzürnten burg die tiefen risse zeigt.
Fleming 27 (29),
nach ps. 143, 6, wo aber dies bild nicht steht. himmelsburg, sternenburg, und wolkenburg begegnen sonst. Opitz hat 3, 280 des himmels veste.
4)
wiederum heidnisch und beziehungsvoll sind die ahd. frauennamen auf burg: Diotpurc, Guntpurc, Hadupurc, Helmpurc, Hiltipurc, Itispurc, Liutpurc, Suanapurc u. a. m. sie können doch nur besagen, dasz ein höheres weibliches wesen wie Diot, Gunt, Hadu, Hilt, Itis die menschen barg. Diotpurc ist ganz Teutoburgium, aber weiblich, und örter heiszen noch heute so, z. b. Dieburg in der Wetterau.
5)
burg bezeichnet noch in andern zusammensetzungen schutz und schirm, namentlich in wagenburg. Luther sang:
ein feste burg ist unser gott;
der herr ist mein fels und meine burg und mein erretter. 2 Sam. 22, 2; herr mein fels, mein burg, mein erretter, mein gott, mein hort. ps. 18, 3; sei mir ein starker fels und eine burg, das du mir helfest. 31, 3; denn du bist mein fels und meine burg. 71, 3; meine zuversicht und meine burg. 91, 2, in welchen stellen die vulg. refugium, domus refugii setzt; die kirche hat ein feste engelburg zu Rom, die sie entgegen setzt der lutherischen feste burg ist unser gott. bienenk. 35ᵇ;
der feind hat dir dein schlosz, dein haus hinweg gerissen,
fleuch in der manheit burg, die wird er nicht beschieszen.
Opitz 3, 295;
und vor den strafen, die verstockten frevlern dräun,
sich in die burg der allesleugner retten.
Gotter 1, 397;
Freiburg ist eine sichre burg der freien.
Schiller 542ᵇ.
6)
vgl. felsenburg, hofburg, kaiserburg, ritterburg, vorburg, wasserburg.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1855), Bd. II (1860), Sp. 534, Z. 53.

burgen

burgen,
condere, gründen, bauen, ahd. burgôn (Graff 3, 184), serb. graditi:
burgten burg drei brüder eines leibes,
grad gradila tri brata rodjena.
Göthes kunst und alterth. 5, 2, 24;
hat er sie
fest geburgt auf wellenmacht.
Herder 4, 103.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1855), Bd. II (1860), Sp. 537, Z. 9.

bürgen

bürgen,
vadem esse, gewähr leisten:
1)
für etwas, einen: wer bürgt mir dafür?; für die wahrheit?;
des höchsten groszer sohn gibt selbst sich dir zum pfande
und bürgt für alle schuld.
Gryphius 2, 437;
gottes aug und meine hand
bürgen vor den unverstand.
hier wohnen menschen, hier bürgt uns der menschheit band
für mitgefühl und schutz.
Gotter 2, 41;
mich, henker, ruft er, erwürget!
da bin ich, für den er gebürget.
Schiller 63ᵃ;
wenn alle engel herunter stiegen, für ihre unschuld bürgten. 201ᵃ.
2)
etwas bürgen = verbürgen:
und meine rechnung bürgt ihr oder Sittah.
lebt wol.   N. die bürg ich.
Lessing 2, 259;
er schuldig selbst der doppelten verletzung
geweihter keuschheit und gelobten schwurs,
mit dem er dir des bruders rettung bürgte.
Tieck in measure for measure act 5.
3)
einen los, frei bürgen:
also ward ewre that
beschawet bis Neptun euch los gebürget hat.
Opitz 1, 91;
wenn gott gebeut zu würgen,
da mag sich keiner los von seinem tode bürgen.
Fleming 128;
unser leben frei zu bürgen,
läszt sich unser liebstes würgen.
341.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1855), Bd. II (1860), Sp. 537, Z. 16.

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Zitationshilfe
„burg“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/burg>.

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