Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (WDG)

WDG, 2. Band, 1967

Gemüt, das

WDG, 2. Band, 1967
Gemü̱t, das; -(e)s, -er
1. /Pl. ungebräuchl./ tiefe und warme gefühlsmäßige Veranlagung, Empfindungsvermögen: die Gedichte drücken alle einen Zustand seines Gemüts aus; in seinem Gesicht zeichneten sich die Bewegungen seines Gemüts ab; das Erlebnis bewegte, erregte, ergriff das weiche, sanfte, empfindsame G. des Kindes aufs heftigste; Daß er dafür bestraft wurde, hatte sein Gemüt erschüttert Musil Mann 73; die Ereignisse beunruhigten sein G.; Nun sie es [das schöne Zimmer] hat, bohrt sich ihr ein spitzer … Schmerz ins Gemüt Kästner Lottchen 77; das hat sich auf ihr G. gelegt, ist ihr auf das G. geschlagen (hat sie schwermütig gemacht) spött. das, dieses Lied ist etwas fürs G. (ist sentimental, rührselig) ein gutes, warmes, einfaches, schlichtes, freundliches, goldenes, edles, frommes, liebevolles G. haben; er hatte ein zaghaftes, ängstliches, kindliches G.; seine Frau war immer heiteren, sonnigen Gemüts; jmd. hat, besitzt (kein) G.; salopp du hast ein kindliches G. (bist naiv, weltfremd) er hat ein G. wie ein Fleischerhund, Schaukelpferd (ist herzlos)
2. /im Pl./ umg. Menschen: die Gemüter (Einwohner) der kleinen Stadt erhitzten sich darüber das Gemunkel über eine Erhöhung des Butterpreises beunruhigte die Gemüter (Verbraucher) der Artikel bewegte die Gemüter (Leser) lange Zeit; erregte Gemüter besänftigen, beruhigen, beschwichtigen; im Sg. mit bestimmten Adjektiven/ Mensch: sie ist ein ängstliches, war immer ein ehrliches G.;
3. /in bildl. Wendungen/ umg. sich /Dat./ etw. zu Gemüte führen
a) etw. beherzigen: hast du dir meine Worte zu Gemüte geführt?; wenn man all so was weiß und sich immer wieder zu Gemüte führt … denn is es nich so schlimm Fontane I 3,130 (Irrungen)
b) umg. scherzh. etw. Gutes mit Genuß essen, trinken, zu sich nehmen: sich /Dat./ ein Stück Torte, eine Flasche Wein zu Gemüte führen; jmdm. etw. zu Gemüte führen jmdm. etw. (eindringlich) vorhalten: einen Bataillonschef dieser Sorte hielt er für überflüssig, und er wünschte sehr, dies dem Herrn zu Gemüte zu führen A. Zweig Erziehung 364; veralt. sich /Dat./ etw. zu Gemüte ziehen sich etw. zu Herzen nehmen: Die Tante zog sich das sehr zu Gemüte E. T. A. Hoffm. 3,134 (Serapionsbrüder)

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Zitationshilfe
„Gemüt“, in: Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (1964–1977), kuratiert und bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/wdg/Gemüt>.

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