Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (WDG)

WDG, 2. Band, 1967

gemein, Adj.

WDG, 2. Band, 1967
geme̱i̱n /Adj./
1. abwertend niederträchtig und übelwollend den Mitmenschen gegenüber: eine g. Tat, Handlungsweise, Gesinnung; er ist ein g. Mensch, Verbrecher, Schuft, umg. Kerl⌝; im selben Atemzug, wie er sich seines gemeinen Verdachtes schämte, kam er sich um dieser Scham willen lächerlich vor Frisch Stiller 305; sich (jmdm. gegenüber) g. benehmen; an jmdm. g. handeln; jmdn. g. behandeln; du bist g.!; das ist g. (von dir)!; sei nicht so g. zu ihm /Adv./ salopp übertrieben sehr: das tut g. weh; er hat sich ganz g. verbrannt;
2. abwertend unfein und unanständig, ordinär: ein g. Ausdruck; g. Witze, Redensarten; jmdn. mit g. Worten beschimpfen; alles, etw. ins Gemeine (herab)ziehen; grob und widerwärtig: g. Gesichtszüge, einen g. Gesichtsausdruck haben; frech, unverschämt: eine g. Lüge;
3. gemeinsam /nur in festen Verbindungen/
a) etw. mit etw., jmdm. g. haben: diese Eigenschaft haben sie, die beiden, Vater und Sohn (miteinander) g.; die Neubearbeitung des Stückes hat nichts mehr mit der alten Fassung g.; nichts mit jmdm. g. (zu tun) haben wollen
b) sich mit jmdm. g. machen sich mit jmdm., der sozial oder moralisch tiefer steht, anfreunden, verbrüdern: Jetzt können wir aufbleiben und sorgen, daß er nicht mit den Dienstboten trinkt und sich mit ihnen gemein macht Brecht Puntila 2; ich werde mich gerade mit dem Pack gemein machen! M. Walser Ehen 388
c) veralt. mit jmdm. g. Sache machen sich mit jmdm. zusammentun
4. allgemein
a) Biol. /bezeichnet in fester Verbindung mit Pflanzen-, Tiernamen die jeweils verbreitetste Art/ der Gemeine Löwenzahn; die Gemeine Stubenfliege
b) veraltend der g. Nutzen; für das g. Wohl sorgen; es besteht kein gemeiner Anspruch auf Auserwählung, wohl aber auf Berufung Rathenau Kommende Dinge 298
c) veraltend häufig: Aus seinem deutschen Verbreitungsgebiet wandert der Rübenweißling, der überall in Mitteleuropa gemein ist Natur u. Heimat 1956; in den Bergen am Rande des Deltas sind sie [die vietnamesischen Hausschweine] in den Dörfern als Familienbesitz gemein Urania 1962; üblich: es war ihm … ganz gleichgültig, daß die geheimnisvolle Verheißung mit einer nach gemeinen Begriffen schimpflichen Handlung begonnen hatte Musil Mann 845; die Leidenschaft dieser Messalina war zu mächtig, als daß man sie mit gemeinem Maß messen durfte Harden Köpfe 335; Jur. das g. (allgemein geltende) Recht Wirtsch. der g. Wert (Wert, bei dem keine besonderen Umstände berücksichtigt werden, Ggs. Liebhaberwert)
5. veraltend einfach, sich nicht über den Durchschnitt erhebend: der g. Mann; das g. Volk; er ist g. Soldat (Gemeiner) Im allgemeinen kann man sagen, daß uns gemeinen Leuten Sieg und Niederlag teuer zu stehn kommen Brecht Courage 3

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Zitationshilfe
„gemein“, in: Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (1964–1977), kuratiert und bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/wdg/gemein>.

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