Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

text, m.

text, m.

eingebettete Stichwörter in diesem Artikel

(tex Zimm. chron.² 1, 27, 38), mhd. tëxt aus lat. textus, das weben und gewebe, daher die zusammenfügung, der zusammenhang; mlat. textus, gewebe der schrift, da ein sentenz hin geflochten ist in den andern. Dief. 582ᵇ.
1)
der text oder die wort eines gesangs, so unter die noten geschriben und gleichsam gewebet ist. Roth dict. E 2ᵇ (vgl. lieder-, operntext); schöner text und schöne noten. Luther 8, 140ᵃ; der text ist der noten seele. Mathesius Syr. 3, 24ᵇ; dasz auch der rechte text in allen liedlin nicht vorhanden, kann ich nit für, dann ich wol weisz, wie groszen fleisz ich lange zeit gehabt, dasz ich die rechten text der liedlin bekommen möcht, hat aber nit sein wöllen. dieweil wir aber nicht der text, sondern der composition halber, die liedlin in druck geben, haben wir in die liedlin, darunter wir kein text gehabt (damit sie nicht ohn text wären) andere text gemacht; wiewol wir auch etlich text mit fleisz, als die fast ungereimt gewesen, hinweg gethan, und andere dafür gemacht. G. Forster teutsche liedlein (1539) vorr.; so verwirft man nicht leicht eine musikalische komposition, weil der text dazu elend ist. Lessing 7, 3; die sogenannten texte der sonntägigen kirchenmusiken, welche jedesmal gedruckt zu haben waren, studirte ich fleiszig .. und ich durfte wohl glauben, dasz die meinigen, deren ich mehrere nach der vorgeschriebenen art verfertigt hatte, eben so gut verdienten componirt und zur erbauung der gemeinde vorgetragen zu werden. Göthe 24, 226;
sobald sie geendet (das lied),
fragt' ich dem texte nach.
40, 255.
2)
die zusammenhängenden worte einer schrift, einer rede: so stehet es auch zum heftigsten unsauber, wenn allerlei lateinische, frantzösische u. s. w. wörter in den text unserer rede geflickt werden. Opitz poeterei 27 neudruck; unter den texten waren ihm (Lachmann) am liebsten die schwersten und die dem critiker die vielseitigsten handhaben darböten. J. Grimm kl. schriften 1, 152; besonders der original-, grund-, urtext im gegensatz zur übersetzung: vermuthlich ist die verderbung des textes auf folgende art entstanden. Liscov 21; der schnitzer .. kann kein druckfehler sein, weil er sowohl über dem texte als über der übersetzung steht. Lessing 3, 438.
3)
die hauptworte einer schrift im gegensatz zu den erklärungen und anmerkungen, im engeren sinne der grundspruch (bibeltext) einer predigt oder rede:
ir hœret wol, diu heilic schrift
sî ein vellung und ein gift,
sô mans nâch dem text verstât
und die glôs dar zuo niht hât.
Teichner 55 Karaj.;
aus diesem texte (Ephes. 4) hab wir sehr
zwo gar guter christlicher lehr.
H. Sachs 15, 414, 37;
(lehrer,) der nun den text (Luc. 15) luter und klar
von wort zuͦ wort wirt legen dar.
Salat verl. sohn v. 201;
in seiner rede nam er den text 'es segne uns gott und aller welt ende förchte ihn.'
dasz ich den wahren und klaren text ablese, und etlicher leuth darneben gemachte falsche glossas ablaine.
Albertinus landstörzer 2;
es seind glossen und deuteleien, wir bleiben beim text .. und diesz ist der text:
allein die tugend edel macht.
wolan! der text ist klar, darf keiner glossen.
eselk. 128 f.;
ein lehrhafter text (der spruch, dasz der wolf den gänsen predige).
ganskönig H 1ᵃ;
das (der angeführte bibelspruch) ist ein text für geistliche, die ihr heiliges amt durch ein ärgerlich leben unehren.
ich verlese eigentlich in diesem werkchen nur texte, über die ein jeder, der lust hat, predigen kann.
Hippel über die ehe 35.
— bildlich und übertragen:
und ist die tafel seiner thaten
ein wahrer text für fürsten und soldaten.
die ehen sind der text, worüber jeder narr
sich seine glossen macht.
Stoppe ged. 1, 209;
ich denke, ist der alleinige text der nationalen psychologie, aus welchem sie ihre ganze weisheit auswickeln soll. Kant 2, 310; o mich dünkt immer, die gestalt des menschen ist der text zu allem was sich über ihn empfinden und sagen läszt. Göthe 10, 151; des menschen eigenes bildnisz .. gibt mehr als irgend etwas anders einen begriff von dem was er war; es ist der beste text zu vielen oder wenigen noten: nur müszte es aber auch in seiner besten zeit gemacht sein, welches gewöhnlich versäumt wird. 17, 206. — einem den text lesen, s. lesen 4, f, wozu hier weitere belege kommen:
so will ich dier (die frau dem manne) ein andern text lesen.
Raber Sterzinger spiele 2, 125;
wer ich die krämerin gewesen,
wolt im den text auch habn gelesen.
H. Sachs 17, 176, 30;
der frawen solt (du) ein text hier lesen,
die kost sei gar nichts wert gewesen.
Scheidt Grobian. 4717;
ihr laset ihm ein guten tex (: lex).
Hayneccius H. Pfriem 2127;
es ist ein böses weib gewesen
und hat mir oft den text gelesen.
Sandrub 109 (97, 13) neudruck;
(ich las) den lastern öffentlich den text der busse vor.
Stoppe Parnasz 136;
um ihm den text zu lesen wegen seines betragens gegen Sch. Lessing 12, 299; dasz er (Homer) auch sogar seine götter mit eben so läppischen leidenschaften begabte — wofür ihm denn auch Plato, Cicero und viel andere grosze männer nach verdienen den text gelesen haben! Wieland 14, 370; da sie beim ausgebot ihrer ländlichen waare den städtern gar ordentlich den text lasen. Göthe 33, 169; nachdem frau von P. dem pfaffen den text recht gelesen hatte. Schiller 3, 563;
sein pfarrer las mir oft den text,
mit vielem ernst, darüber.
Hölty 6 Halm;
drauf wird zu hause mir der text gelesen.
W. v. Humboldt sonette 80.
4)
verallgemeinert, grund und veranlassung wozu, gegenstand, sache einer rede, unterhaltung u. s. w.:
herr der wirt, ich wil euch den rechten text sagen,
warumb wir alle plobs clait tragen.
fastn. sp. 730, 18;
aber last uns von wasz anders reden! dieszer text deucht (taugt) nichts durch die post. Elis. Charl. (1871) 566; aber last uns von wasz anderst reden! dieszes bringt einen zu weit im text. 191. 251, vgl. 146. 181; das ist méine meinung von der sache; und nun weiter im text, freund Danischmend! Wieland 7, 344; doch ich komme zu weit in text. Lessing 2, 387; und bei diesem anlasz kam er sehr tief in text. Göthe 16, 65; sie redete was anders, um mich nicht tiefer in den text kommen zu laszen. 131; beim text bleiben, aus dem text kommen, vom text abkommen u. a. bei Wander 4, 1132 f.
5)
einige zusammensetzungen:
textbestimmung
grammaticale gesetze, die auf textbestimmung noch keinen einflusz gewonnen hatten.
J. Grimm kl. schriften 1, 174;
textbuch
er reichte mir sein textbuch (der oper) zum mitnachlesen.
Gotthardi, Göthes gespr. 169 (1, 211);
solche veränderungen in den rollen und textbüchern gehen an den theatern von einer generation der schauspieler auf die andere über.
Freytag ges. werke 1, 173;
textcritik
Lachmanns textcritik
J. Grimm kl. schriften 1, 152;
textlied
ein präludium zu dem textliede
Hippel 6, 61;
textsammlung
textsammlung
4, 92;
textwort
textwort
Göthe 31, 91
und texteswort Auerbach 10, 108.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1890), Bd. XI,I,I (1935), Sp. 294, Z. 70.

Im ¹DWB stöbern

a b c d e f g h i
j k l m n o p q r
s t u v w x y z -
teichschleihe thaueisen
Zitationshilfe
„text“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/text>.

Weitere Informationen …


Weitere Informationen zum Deutschen Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)