Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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thal, tal, n.

thal, tal, n.
vallis.
I.
formen und herkunft.
1)
goth. dal n., ahd. tal, dal n. (m. bei Otfr. 1, 23, 23), mhd. und md. tal n. (md. auch m.), nhd. tal und gedehnt thal (thaal Fleming 76, tahl Lehman 589, 6. Zesen rosenm. A 2ᵃ) n., bei md. und besonders schles. schriftstellern m. (s. unten und J. Grimm kl. schriften 2, 193. Kehrein volksspr. in Nassau 1, 404), alts. dal n., mnd. dâl n. m. (Schiller-Lübben 1, 476ᵇ), nd. daal, ags. dael del, engl. dale und dell (kleines thal, grube), altfries. del deil (Richthofen 682ᵃ); altn. dalr m.
2)
der plur. des n. lautet ahd. diu tal und telir, mhd. diu tal und teler, nhd. die tal (Jes. 22, 7. 40, 4. Luc. 3, 5), thal H. Sachs 11, 200, 20 und thale (eigentlich ein plur. des m.), noch bei dichtern gebräuchlich; auch umgelautet mit übergang in die i-declination (vgl. tag I, 2): die thäl Reiszner Jerus. 1, 22ᵇ. Gryphius trauersp. 65 P., die thäle Kirchhof milit. disc. 101. Kehrein kirchenl. 2, 190, 12.
3)
das wort stammt nach Kluge⁴ 353ᵇ mit ags. denn dene (thal, waldthal) aus der indogerm. wurzel dho niedrig sein, und ist urverwandt mit altslav. dolu grube, thal Miklosich 170ᵇ. vgl. auch Fick³ 3, 146. Meyer goth. spr. § 282. Feist nr. 117.
II.
Bedeutung und gebrauch. thal bedeutet im allgemeinen eine niederung, vertiefung (altslav. dolu grube, graben, tiefes loch, schlucht, goth. dal grube Luc. 6, 39, alts. dal, ahd. tal baratrum, schlund, abgrund Graff 5, 396), im besondern als gegensatz zu berg und hügel ein zwischen den anhöhen liegendes tiefland.
1)
im ausgesprochenen gegensatze zu berg, hügel, höhe (siehe berg 1, hügel 1, höhe 1, g):
berga sculun suinan   ther nol (gipfel) then dal rînan;
irfullent sih zi nôti   thes dales ebonôti.
Otfr. 1, 23, 23;
daʒ waʒʒir vlôʒ ubiral   beidiu berge unde tal.
Milstätter genesis 28, 21;
ich hân tal unde berc
mit maneger tjost überzilt (erreicht, durchwandert).
Parzival 787, 26;
swie dicke man mich siht
ûf bergen und in allen taln.
H. v. Wildonie 4, 77 Kummer;
sô hôher berg, sô tiefer tal.
Boner 39, 37;
der was geloffen berg und tal. Tristr. 176, 17 Pfaff; alle tal sollen erhöhet werden, und alle berge und hügel sollen genidriget werden. Jes. 40, 4. Luc. 3, 5; berg und tal zittern, wenn er heimsucht. Sir. 16, 18;
(man sucht ihn) in der wildnusz durch berg und thal.
H. Sachs 16, 245, 14;
(dasz ich) dem herrn bereit sein weg zumal
und mach eben den berg und die thal.
11, 200, 20;
gemeiniglich ist unter den brüdern, blutsverwandten und schwägern, welche mit bergen und thalen von einander gesetzt sein, ein gröszere lieb. Schuppius 757; ich dachte, ihr wäret schon über berg und thale (schon längst abgereist). Rädlein 873ᵇ;
(ziehen) durch gebirg und thal.
Schiller 14, 337 (Tell 3, 1);
wenn der herbst mit nassem flügel
daher rauscht über thal und hügel.
Tiedge werke 2, 116;
schon ward es laut an hügeln und in thälern.
3, 4;
(gott,) dem die höhe gebührt, doch auch die thale sind heilig.
Hölderlin 1, 111.
sprichwörtlich: viel rauhen wind auf bergen als thalen man find. Lehmann 2, 449; berg und thal kommt nit zusammen. Simplic. 1, 608, 7, kommen nicht zusammen. G. Keller Seldw.⁴ 2, 128; ein berg in ein thal werfen, connivere. Denzler 284ᵇ. übertragen (vgl. 4): sie liesz den käfer auf ihrer hand herumkriechen, zwischen berg und thal ihrer finger. Auerbach ges. schriften 9, 43.
2)
ohne diesen gegensatz:
ouf tet sich der himil   und elliu diu talir.
Milstätter genesis 28, 20;
ich bin .. ein rose im thal. hohel. 2, 1; gott hat verordnet, dasz die thäl ausgefüllet werden. Reiszner Jerus. 1, 22ᵇ;
man stürzt die felsen hin, wo thäl und hölen sind.
Gryphius trauersp. 65 P.;
der kühle westenwind
bricht blumen durch den thal.
Fleming 585;
ach, himmel! lasz mich doch die thäler grüszen,
wo ich den lenz des lebens zugebracht.
Haller sehnsucht nach dem vaterlande v. 19;
reiszender waldstrom,
welcher halbe thäler des Harzes
in die ebenen schwemmt.
Zachariä (1767) 4, 157;
stille ruhet
noch in seinen (des waldes) thalen.
Klopstock Mess. 14, 658;
es lagen lustig da die auen und die thale (: strahle).
Schiller 1, 218;
wenn der lenz diesz thal bezieht.
Tiedge werke 2, 35;
dasz die thale
hallen mein lied und die felsengänge!
Stolberg 1, 22;
noch finster unter ihm
liegen die thale.
94;
von thal zu thal:
lasset von thal zu thal das jagdgeschrei tönen.
Zachariä (1767) 4, 112;
es wogt und rauscht
sein (des gebirges) grüner wald von thal zu thal hinunter.
Hölderlin 1, 200.
sprichwörtlich: ins thal hinein reden, schwatzen (wie in den tag, ins blaue): ein westphalischer bauer hatte ein fieber, schwätzte ins thal hinein und machte seltsame possen. Paulini dreckapotheke (1696) 9.
3)
näher bestimmt nach lage und beschaffenheit: in dem tale ze Schönowe und ze Tottenowe. weisth. 4, 501 (vom j. 1321); das tal Siddim. 1 Mos. 14, 3, Hirroth 2, 14, 2; thäler der alpen, berg-, gebirgsthäler, längen-, quer-, zwischenthäler; haupt-, seiten-, nebenthäler, Rhein-, Donauthal u. s. w.; die täler, daraus der Inn und Loysa liefen. Aventin. 5, 26, 25;
Remlings anmuthvolle thale.
Stolberg 1, 90;
in den thalen der Provence
ist der minnesang entsprossen.
Uhland 2, 87;
besonders mit einem adj. oder particip:
als ich kam ins heimatliche thal.
Schiller 14, 319 (Tell 2, 2);
oberes, unteres, weites, enges, langes, krummes, gewundenes, tiefes, rundes u. s. w. thal: tiefes tal, vallis perfunda Maaler 398ᵈ; rundes tal, allenthalben von bergen umbgeben, convallis ebenda, ein muldenförmiges thal Göthe 16, 287 (vgl. thalkessel, -mulde); wir zogen durch enge thäler ein weiten weg. Rauwolff reise 257; ein weites fruchtbares thal. 258;
Eneas sah in krummem thal ...
gar schöne bäume.
Murner En. V 3ᵃ;
lange sieht sie ihm nach, bis ihn die krümmenden thäler
ihren blicken entziehen.
Zachariä (1567) 4, 30;
durch gewundene thäler und triften.
Bürger 236ᵇ;
durch windende thal' (vgl. thalgewinde).
Voss Il. 22, 190;
ein enges thal, wo kühle schatten wohnen.
Haller die alpen v. 350;
auf einmahl sehen sie in einem engen thal
viel reiche zelten aufgeschlagen.
Wieland Oberon 3, 1;
das thal wird immer enger. Göthe 16, 276; unten im breiteren thal. 288; die fruchtbarkeit des untern thals. 28, 184; ein weites langes thal. 156; weite flache thäler. 177;
wie seinen blitz aus hohen wetternächten
der donner auf lange thale streut.
uber berg' und tiefe thale ...
grüsz' ich dich, geliebtes kind.
Geibel juniusl. 34.
grünes, schönes, fruchtbares, lustiges, blühendes, lachendes u. s. w. thal: ein .. fruchtbares thal. Rauwolff reise 258; ein lustig thal, dardurch ein wasser rint. Ernstinger raisbuch 143;
in den begrünten thaalen.
ein grüner thal, den frische blätter zieren.
124;
so hab ich im lachenden thal im schatten der erlen
... gesessen.
Zachariä (1767) 4, 78;
bald öffnet sich ein strich von grünen thälern.
Haller die alpen v. 339;
warum lieget ihr (gräber) nicht in blühenden thalen beisammen?
Klopstock od., krit. ausg. 1, 43;
in unsern anmuthig bewässerten thälern. Göthe 32, 263; das schöne wohlgebaute thal. tageb. 2, 85 Weim. einsames, stilles, ödes, wüstes, finsteres u. s. w. thal: und ob ich schon wandert im finstern tal, fürchte ich kein unglück, denn du bist bei mir. ps. 33, 5;
hier um diesen wüsten thal,
der uns mehr als tausendmahl
vor der tadelsucht verborgen.
(dorf,) welches mit mosichten hütten im einsamen thale zerstreut lag.
Zachariä (1767) 4, 110;
o wie waren wir da im öden thale zufrieden.
ebenda;
das melancholische thal, wo hangende felsen
über den see sich geneigt.
103;
die hangenden felsen
und das grausende thal.
104;
wo des rauhen krieges horden
dieses stille thal durchtoben.
Schiller 11, 316;
in stille thale wird sie (die ruhe) mich leiten.
Stolberg 1, 3;
kein windhauch zog, die ernsten thale ruhten.
Lenau neue ged. 64;
während sie so am brunnen träumte, erscholl ein rascher schritt durch das schlummernde thal. Kurz sonnenw. 286.
4)
übertragen und bildlich: der hellische dal zeitschrift für deutsches alterth. 10, 114, 1;
ê mîn gebeine
versenke sich in daʒ verlorne tal (die hölle).
Walther 123, 40;
das irdische thal, das thal der thränen, des jammers, der sünden u. s. w., die erde im gegensatze zum himmel: hier im thale Logau 1, 8, 61; alles irdische tal (die ganze welt). Wernher Mar. 174, 34;
diu werlt ein sündic tal.
minnesinger 3, 29ᵃ;
der noch das elend hier im thal der thränen baut.
Gryphius lyr. ged. 491 P.;
der fruchtstaub vieler guter ähren
noch in dem thal der zähren
um meinen hügel weh'.
Thümmel reise 7 (1802), 235;
ich bin der mensch, der vielbewegt
durchirrt das thal der mängel.
Geibel ged. 59.
das thal des todes, der (ewigen) nacht:
o du, der mich durch das dunkle thal
des todes führen wird!
Klopstock od., krit. ausg. 1, 134;
der es that, liegt längst im thale des todes verschlossen. Klinger theater 2, 369;
sieg — oder heldentod! das ist mein heiszes flehn.
allein zum thal der nacht den weg der schande gehn,..
der tod, der sei verflucht.
Gotter 2, 358;
das thal der freuden, der frommen u. s. w.; der himmel im gegensatz zu dem jammerthal, der erde:
ehe wir im stillen thal der frommen
uns der wahren freud auf ewig weihn.
Göckingk 3, 110.
sonst bildlich:
schaw ich dann in das thal und weite feld,
das thal der zarten schosz wird bald mir fürgestellt.
Opitz (1637) 1, 228;
und leise wellen treibend,
zog .. der strom durchs thal der zeit.
Tiedge werke 2, 28;
mein (der zeit) schwarzer fusz stürzt in den tal
der unergründlichen vergessenheit.
Brockes bei Weichmann 1, 19;
dich wird kein übersprung
ins thal der leidenschaft den faunen beigesellen.
Thümmel reise 4 (1794), 237;
die dicken nebel in dem thale
des aberglaubens zu zerstreun.
Göckingk 1, 11;
dieses niedersteigen von den bunten spitzen hofgletschern in die weichen thäler der mittlern stände. J. Paul Hesp. 2, 235.
5)
adverbial zu, gegen thal thalwärts, thalabwärts, dann überhaupt nach unten gerichtet, abwärts, nieder, hinab, hinunter (wie goth. dalaþ), vgl. den gegensatz zu berg theil 1, 1504 und Schm.² 1, 597.
a)
zu thal, ahd. mhd. ze tale, ze tal, zetal: ze tale flieʒen, füeren, trîben. Graff 5, 396;
die berge stigen si ze tale.
Rolandslied 20, 17;
wir suln in recken wîse   varn zetal den Rîn.
Nib. 338, 9;
(mir träumte,) wie obe dir zetal
vielen zwêne berge.
867, 2;
dô was gestrûchet Hagne   vor sîner hant zetal.
927, 1;
daʒ bluot regens wîs flôʒ
des rosses sîten hin ze tal.
Erec 5422;
sô nam eʒ (das fallthor) einen val
alsô gâhes her zetal,
daʒ im nieman entran.
Iwein 1092;
nu was diu sunne an dem tage
harte sêr ze tal gesigen.
Wolfram Willeh. 447, 9;
den (waldsteig) kêrte er .. ze tal.
Trist. 2572.
nhd. (die grenze geht) von dann ze tal. östr. weisth. 6, 20, 30 (15. jh.); wan ich will den könig zuͦ thal hinab werfen. Aimon C 3; wasser, so zu thal rinnt. buch d. l. 246ᵃ; das er mit den füszen aufgehenkt werd, das das haupt zu dal hanget. Braunschweig chir. 94ᵃ;
aber der weg ist weit und breit,
der abfürt zu verdamnisz qual,
und den wandelt darauf zu thal
der menschen gar ein grosze meng.
H. Sachs 15, 319, 10;
einer, der uff einem felsen oder höhe gehet, und zu thal herab sihet. volksbuch vom dr. Faust (1587) 36 neudruck; wann ich so dapfer aufstig, als zu thal lasz, ich wer lengst hoch im luft. Fischart Garg. 101ᵃ;
er (der strom) wandelt unaufhaltsam fort zu thale.
Göthe 2, 3;
(da kam) ein schiff zu thal gefahren.
Geibel neue ged. 139;
und steigt zu thal der winter,
soll unsre hochzeit sein.
Chamisso (1872) 1, 117;
als sie (sonne) wieder sank zuthal.
Kinkel ged. (1857) 34.
b)
gegen thal: darnach fürt man (beim leichenbegängnisse des kaisers) ain guldin rennfan mit ainem schwartzen adler des richs verkert, das haubt gen tal. städtechr. 4, 61, 23 (15. jh.); es läuft vil wasser inn ein jahr gehn thal. Lindener schwankb. 6 Lichtenstein;
(die brüste) strotzn alzeit schon gen tal.
Raber Sterzinger spiele 24, 390;
fürstengaben sind wie bäche, stürzen immer gegen thal.
Logau 2, 2, 14;
gen tal ab östr. weisth. 6, 282, 1 (16. jh.), nach thal herab 78, 13.
6)
'thal heiszt auf dem salzwerk in Halle diejenige gegend, woselbst die salzbrunnen und kothen nebst der halloren wohnungen und andere dazu gehörige gebäude befindlich sind; daher sagt man: zu Halle im thal'. Jacobsson 4, 386ᵇ; daher heiszen die halloren thalleute 387ᵃ, ihre grundstücke thalgut (auch die sole wird so genannt 387ᵃ) Adelung, ihr gericht und ordnung thalgericht, thalordnung ebenda.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1890), Bd. XI,I,I (1935), Sp. 296, Z. 62.

thalen, verb.

thalen, verb.,
s. dahlen (du wirst so lange thalen, bis sie kommen. J. E. Schlegel 2, 161).
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1890), Bd. XI,I,I (1935), Sp. 301, Z. 29.

thalen, verb.

thalen, verb.
zu thal, nieder sinken, sich senken:
und vergönne, dasz sie (die strahlen deiner hoheit) tahlen
in disz tahl.
Zesen rosenm. A 2ᵃ;
wann die sonne thalet. Weserzeitung 1853 nr. 2041, nd. dalen brem. wb. 1, 182.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1890), Bd. XI,I,I (1935), Sp. 301, Z. 31.

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„thalen“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/thalen>.

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