Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (WDG)

WDG, 1. Band, 1967

Ansehen, das

WDG, 1. Band, 1967
Ansehen, das; -s, /ohne Pl./
1. jmdn. (nur) von, vom A. (vom Sehen, nach dem Äußeren) kennen /übertr./ geh. ohne A. der Person (ohne Rücksicht auf die Person, unparteiisch) urteilen, entscheiden
2. geh. sich das A. geben sich den Anschein geben: Der alte Graf aber gab sich das Ansehen, als nähme er's [das Gesagte] ernsthaft Fontane Petöfy 26
3. Achtung, Wertschätzung: (großes) öffentliches, politisches, literarisches, künstlerisches A. genießen; in hohem, allgemeinem A. stehen; sein A. erhöhen, stärken, verteidigen sich /Dat./ A. verschaffen, erwerben; (an) A. gewinnen, verlieren; zu Macht und A. gelangen; jmds. A. wächst, steigt, sinkt, schwindet; etw. hebt jmds. A.; jmds. A. schmälern, schädigen, untergraben; jmdn. um Ehre und A. bringen
4. veralt. Aussehen: vor fünf Jahren … hatte sie [die Stadt] schon dasselbe graue, altkluge Ansehen Heine 3,16 (Harzreise)

WDG, 1. Band, 1967

ansehen

WDG, 1. Band, 1967
ansehen(er sieht an), sah an, hat angesehen
/vgl. angesehen /
1. jmdn., etw. anblicken, die Augen auf jmdn., etw. richten
a) jmdn. fest, scharf, durchdringend, prüfend, fragend, erwartungsvoll, groß, erstaunt, verwundert, starr, bittend, freundlich, lächelnd, spöttisch, finster, böse a.; /bildl./ du siehst alles durch eine goldene Brille an H. Mann 1,149 (Schlaraffenland) ; Die Stadt … gefällt einem am besten, wenn man sie mit dem Rücken ansieht (wenn man sie verläßt) Heine 3,15 (Harzreise) ; /übertr./ jmdn. scheel a.; jmdn. von oben herab, über die Achsel, die Schulter a. (auf jmdn. herabsehen) umg. das Geld nicht a. eine Geldausgabe nicht scheuen: er hat d. Kosten, Groschen (dabei) nicht angesehen; salopp /als Ausdruck des Erstaunens/ sieh mal (einer) an (was du nicht sagst)! sieh mal einer den Faulpelz, diesen Gernegroß an (so ein Faulpelz, Gernegroß)!
b) etw. ist hübsch anzusehen, umg. sieht sich hübsch an etw. ist ein hübscher Anblick: der vom Unwetter zerstörte Stadtteil war schrecklich anzusehen; [das Nachahmen des Lehrers] sah sich sehr komisch an Hesse 1,238 (Camenzind) ; /bildl./ umg. etw. sieht sich an wie … (kommt einem vor wie …)
c) sich /Dat./ etw., jmdn. a. etw., jmdn. eingehend, prüfend betrachten: sich e. Buch, Gemälde, Bauwerk (genau, interessiert, fachmännisch) a.; sich e. Veranstaltung, Theaterstück, Film, Ausstellung a. (besuchen) verhüll. wenn Sie sich demnächst den Rasen von unten ansehn (wenn Sie gestorben sind) Fontane I 5,433 (Stechlin) ; der Arzt sieht sich den Patienten an; ich sehe mir Ihren Sohn (zur Einstellung als Lehrling) erst einmal an /bildl./ ich werde mir d. Fall, Sache einmal näher a. (werde mich eingehender damit befassen) salopp /als Ausdruck der Entrüstung/ sieh dir das mal an (das ist doch allerhand)!
2. jmdm., einer Sache etw. a. etw. am Äußeren eines Menschen, einer Sache erkennen: jmdm. die überstandene Krankheit, die großen Strapazen, das schlechte Gewissen a.; jmdm. seine Unzufriedenheit, Freude, seinen Kummer, Ärger (am Gesicht) a.; man sieht dir dein Alter nicht an; es war seiner Miene, seinen Augen anzusehen, daß …; salopp man sieht es ihr an der Nasenspitze an; man sah ihren Händen doch die Arbeit an Viebig Berl. Novellen 144; einem Buch a., daß es viel benutzt wird;
3. jmdn., etw. a. für, als jmdn., etw. für jmdn., etw. halten
a) nach dem Augenschein: jmdn. für einen Ausländer, Gelehrten, als einen Künstler a.; ein Gemälde als das Original, eine Kirche für ein spätbarockes Bauwerk a.; man hatte ihn für seinen Bruder angesehen;
b) aus innerer Überzeugung: jmdn. für seinen besten Freund, als einen verläßlichen Menschen, einen leichtfertigen Burschen a.; umg. wofür siehst du mich an?; etw. als, für eine Beleidigung, einen Scherz, ein gutes Zeichen a.; ich sehe es als meine Pflicht an; Damit sehe ich die Sache als erledigt an H. Mann 4,300 (Untertan) ; umg. jmdn. nicht für voll a. (jmdn. nicht ernst nehmen, nicht anerkennen)
4. etw. beurteilen, einschätzen: ich sehe die Sache so an; wie man den Fall auch a. mag; etw. ganz anders, von einem anderen Standpunkt aus a.; Wie du nur … alles so falsch ansehen kannst Fontane Petöfy 153
5. umg. etw. ertragen, dulden: /meist verneint/ ich kann diese Zustände, Ungerechtigkeiten nicht (länger, ruhig) mit a.!; Ich kanns nicht mehr mit ansehen, wie du abmagerst O. Ludwig 1,156 (Himmel u. Erde) ; ich habe mir diese Unordnung, Bummelei, dieses (schlechte) Benehmen lange genug (mit) angesehen!;

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Zitationshilfe
„ansehen“, in: Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (1964–1977), kuratiert und bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/wdg/ansehen>.

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