Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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kleinlich

kleinlich,
verstärktes klein, eig. kleinartig (vgl. groszartig), es erscheint vielfach wie ein verkleinertes klein, Rädlein z. b. erklärt kleinlicht 'ein wenig, ziemlich klein' 544ᵇ, Frisch dasselbe als minutulus. diesz kleinlicht, im 15. jh. cleinlicht Dief. 267ᵇ, zeigt die nhd. vermischung zweier verschiedner bildungen, genauer oberd. kleinlecht (s. 2, a), bei Maaler kleinlächt (alem. erweitert kleinlechtig Dasyp.), es fuszt auf einem anzunehmenden mhd. kleineleht, von kleinlîch verschieden, aber die scheidung ist nhd. nicht mehr thunlich. auch nl. kleinlick bei Kil., nur als adv., exiliter, exigue. entlehnt dän. kleinlig (s. 1, b a. e.). s. auch kleiniglich.
1)
nach klein in seiner alten bedeutung.
a)
ahd. chleinlîhho subtiliter, diligenter Graff 4, 562, nur so als adv., fein, genau (s. klein sp. 1089 unten), die sinnliche bed. ist nur zufällig unbezeugt. ebenso mhd. z. b. cleinlîcher verstân genauer erkennen Haupt 10, 120. als adj., z. b. von der vernunft: diu vernunft, ie kreftiger unde kleinlîcher si ist, ie mêr daʒ (mit ihr) vereinet wirt daʒ si bekennet. Eckhart 272, 10. ähnlich vom auge: diu sêle hât eine kraft in den ougen, dâ von ist daʒ ouge sô subtîl unde sô kleinlich u. s. w. 270, 8, im gegensatz zur grobheit der gegenstände des sehens, das zu sehende musz vorher kleinlich in dem lufte gebiutelt werden 139, 15. 107, 14 (zur sache s. unter kleinfüge 1). es war überhaupt, wie kleine, kleinfüege, ein wort der mystiker, um den gegensatz zur grobheit der sinnlichen welt zu bezeichnen, daher auch von der geistlichen minne: die noch nicht kleinlich enkunnen minnen. Germ. 6, 146, auch Melbers klein, geistlich sp. 1089 unten kann so gemeint sein.
b)
zart, fein, zierlich u. ä.: kleinlich tener, tenellus, teneriter kleinlichen, kleinlich Dief. 577ᶜ, voc. opt. Lpz. 1501 Ee 1ᵇ. bei Stieler z. b. ein kleinlich gesichte facies subtilis, auch noch kleinliche sachen gleich kleinodien mit der vermutlich ersten bed. von speise wie sie verwöhnte brauchen (wie niedlich früher):
si fûren (führen) wîpliche wîse
mit kleidirn und mit tranke
und gebrûchin kleinlicher spîse.
J. Rothe ritterspiegel 3287.
daher nd. klenlicheit mollicies, weichlichkeit Chytr. Hamb. 1594 501. noch nd. klenlig zart Dähnert 242ᵃ, nach Adelung auch hd., z. b. ein kleinliches kind, zart, schmächtig: sah ich einen kleinlichen schmächtigen menschen mit groszer schnelligkeit querfeldein daher laufen. Münchhausens reisen 82 (1822 s. 84). auch dän. kleinlig so, nordfries. kleinnalk Johansen 148. 156ᵃ.
c)
besonders mager (s. klein sp. 1089 unten), kleinlich oder mager, gracilis voc. th. 1482 q 5ᵇ, vgl. gracilis, cleinlich, nd. klenlic Dief. 267ᵇ; bei Maaler 245ᵈ kleinlächt, ran, mager aus mangel der speis.
d)
dazu merkwürdige nebenformen. Stieler 981 gibt neben kleinlich durchaus auch klüllich, das ll wie in mhd. küllinc aus künlinc verwandter, in älter thür. melch, eig. mellich unusquisque aus menlich, aber das ü? es ist wol eig. klillich und weist auf altthür. klin neben klein (sp. 1087 unten). Eine nd. nebenform die aber jetzt die herschaft hat, ist knenlik schmächtig, zart Brem. wb., knenlich Richey, knenlig Dähnert, westf. knelk, im 15. jh. knelic gracilis Dief. 267ᵇ, genauer mit ll knellicheit mollicies Chytraeus Rost. 1592 576. ebenso meklenb. knäglich kläglich, elsäss. 15. jh. knuͤclich für kluͤclich weisth. 4, 75, es ist wie in knäuel, knoblauch u. a., wo sich zwei l so in zwei silben folgen. Schottel brauchte knenlich selbst hd., z. b.: derer (der kleinlaute, umlaute) knenlicher geschöbelter ausspruch (aussprache). haubtspr. 863, was er s. 202 kleinlich nennt.
2)
nach der nhd. gewöhnlichen bed. von klein.
a)
eigentlich, räumlich u. ä., quantillus, wie kleinlich. gemma Straszb. 1518 (in der Cölner g. 1507 woe luttelich), als adv. minutim, modice, cleinlich, nd. kleinlic Dief. 362ᵇ. 364ᶜ; minusculus, minutulus kleinlecht Schönsleder, Denzler: Pietro von Cortona ist es (d. h. kenntlich) durch das kleinliche und unterwärts platte kinn seiner köpfe. Winkelmann gesch. d. kunst d. a. 4, 2 § 14, wenn es nicht zu 1, c oder b gehört; wenn er (Zeus) lächelnd vom hohen wolkenhimmel herab die kleinlichen länder besieht. Bronner fischerged. 90 (1787); jetzt schlug die wolbekannte kleinliche dorfglocke aus. J. Paul flegelj. 1, 54 (1804 s. 78), genauer ist freilich der klang gemeint, s. klein so sp. 1089 mitte, dän. kleinlig röst schwache, feine stimme, nd. knenlich von der stimme Richey 130, Dähnert 242ᵃ; wie kann man sich niemals aus der form eines kleinlichen obelisken, einer abgestutzten säule und eines aschenkruges herausfinden? Göthe 17, 205, nämlich sie als grabdenkmal zu gebrauchen, es klingt stark in die folg. bed. hinein, durch kleinheit wertlos geworden. die eigentliche bed. scheint nun auszer gebrauch gekommen, obwol sie Adelung noch allein anführt.
b)
dem werte, range, der bedeutung nach:
ein unterthan,
ein kleinlicher privatmann, unbekannt,
solls königen in herrlichkeit zuvor thun?
Tieck 3, 282;
klein erscheinet es nun, doch ach! nicht kleinlich dem herzen,
macht die liebe, die kunst jegliches kleine doch grosz.
Göthe 1, 316;
einen offenen sinn, ein erweitertes herz .. musz man dazu (zur empfänglichkeit für das schöne) mitbringen ... (nicht) durch abstractes denken in sich selbst getheilt, durch kleinliche geschäftsformeln eingeengt. Schiller 1212ᵇ; kleinliche arbeit, die nur mit kleinlichem zu thun hat, kleinliche thätigkeit.
c)
jetzt am gewöhnlichsten in geistig sittlichem sinne, wie klein sp. 1099, geringschätzig, ja verächtlich. wer nur für das kleinliche sinn hat, hat selbst einen kleinlichen sinn, der geist der im kleinlichen befangen ist, heiszt selbst kleinlich: das giebt dem kinde einen kleinlichen, schiefen, spitzfindigen verstand. Lessing 10, 320 (erz. d. mensch. § 51), der sich kraftlos, ängstlich im kleinen verliert, 'minutiös'; sein fleisz ist ängstlich, seine absichten und entwürfe fallen ins kleinlichte. J. G. Heinzmann die pest der deutschen lit. Bern 1795 s. 351; sie (die geschichte) wird ihren geist von der gemeinen und kleinlichen ansicht moralischer dinge entwöhnen. Schiller 1007ᵃ; kleinliche selbstsucht. 961ᵇ;
ein mann der kleinlich nur nach schimmer jagt.
er dachte grosz, wie konnt er kleinlich reden.
kleinliche rücksichten, ein kleinliches urtheil, das von kleinlichen gesichtspunkten ausgeht, kleinliche mäkelei, wortklauberei u. ä. kleinlich genau z. b. von einem geschäftsmanne, auch reimend kleinlich und peinlich.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 5 (1867), Bd. V (1873), Sp. 1116, Z. 19.

kleinling, m.

kleinling, m.
kleingeistiger, kleinlicher mensch, von Herder gebraucht: kleinling des jahrhunderts, hast du dazu nicht hand und nerve, so mache du knötchen und spiele.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 5 (1867), Bd. V (1873), Sp. 1117, Z. 57.

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Zitationshilfe
„kleinling“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/kleinling>.

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