Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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dach, n.

dach, n.
ahd. dach (Graff 5, 103), angels. þah, altnord. þak, niederl. dak, schwed. tak, engl. dafür roof. vergl. decke. das starke verbum von dem es abstammt, ist verloren (Gramm. 2, 53); hierher gehört das griech. στέγω und das lat. tego. wir gebrauchen ein schwaches verbum dachen in abdachen, schon im mhd. bedachen Ben. 1, 294. ahd. und mhd. sowol tegmen als tectum.
1.
im mhd. kommt dach als decke in vielfachen beziehungen vor. dach ist sowol etwas unmittelbar aufliegendes als etwas in der nähe oder aus der ferne umspannendes, schutz gewährendes. es gilt von kleidern, von dem mantel, von dem überzug des kleides im gegensatz zu dem unterfutter, von helm und schild (Benecke 1, 293). häufig bildlich, schön sagt Wolfram die brust ist des herzens dach, Parz. 3, 22. 11, 4 und Walther nennt den leib die decke des menschen,
frowe, ir habet ein werdez tach
an iuch geslouft, den reinen lîp
62, 36.
die bäume sind das dach der vögel. dann im allgemeinen,
trunzûne wurdens veldes dach bedeckten den kampfplatz.
Wolframs Wilhelm 351, 24.
Ulrich vom Türlein
dô (bei dem kampf) wart den bluomen bluotes dach.
Wilhelm 5ᵇ.
manc ros wart hie veldes dach
128ᵃ.
wîp sint lieber dinge ein dach
MSHag. 2, 323. oder
aller wünne dach
Troj. krieg 19735.
wîbes güete dêst ein dach sie hegen und pflegen alles gute.
Lichtenstein 446, 22.
2.
in dieser allgemeinen bedeutung kommt es jetzt nur noch in einigen besondern ausdrücken vor. habichte die schwarze augen und dunkelschwarzes dach (rücken zwischen den flügeln) haben, werden für die besten gehalten Hohberg 2, 652; so auch beim falken Nemnich 1, 1569. in Baiern heiszen tauben mit blauen oder rothen flügeln blawdachet, rotdachet Schmeller 1, 351; vergl. dachente. ferner im bergbau, die bergleut nennen es (den wiszmut) des erzes dach, darumb dasz gern silber hernach bricht Mathesius 100ᵇ. Bechius Agricola 82. auch wird bei ihnen das gestein das unmittelbar über einem gange oder einem flötze liegt das dach (superficies) genannt. s. dachschale. dachkohle. dachstein. In niedriger sprache für kopf, hirnschädel, da ist gleich feuer im dach er ist ein hitzkopf. er gab ihm etwas aufs dach einen schlag auf den kopf. schon im Passional, diu hant dâ mite si sluoc ûf sîn dach 314, 84. er hat etwas im dach ist angetrunken. das mädel ist schön, schlank, führt seinen netten fusz. unterm dach mags aussehen wies will: darüber guckt man bei euch weibsleuten weg. Schiller 181ᵇ.
3.
auszer dieser uneigentlichen bedeutung beschränkt sich der begriff heute fast ganz auf tectum, wie bedachung; soll das schützende hervorgehoben werden, so gebraucht man obdach. die beispiele sind so gewählt dasz sie auf die verschiedenheit und beschaffenheit der dächer hinweisen.
diu burc was schœner türne vol
und palast bî der mûre.
si was der mange (maschine zum steinschleudern) entwahsen gar,
es wart nie stein geworfen dar,
ern kæm dann von der schiure:
dâ für hât si ein rîcheʒ tach
gemachet wol von blîge.
Ecke 203 Laszb.
Friesens tach man bessern mag
Ring 31ᶜ, 39.
da wölt er (der teufel) in angon (angehen) mit uppiger eer und nam den herren uf sich und fuͦrt in uf das kirchendach. es warent da nit decher als wir hond, es waren flache decher, das man daruf gieng als noch in den landen seind. Keisersberg Fastenpredigt 41ᵇ. es waren flache tächer, man gieng auf den tächern spazieren drafter ders. Postille bl. 150ᵇ. gleich als ein zerbrochen dach ders. Sünden des munds 42ᵃ.
ûf ein strowen dach
Brant Narrenschiff 92, 1.
wöllen sie dir büchlin so vil machen
als zieglen ligen uf den dachen
Murner Luth. narr 457.
die hüser reiszen mit den dachen
3874.
die (glocken) müssen hangen under den dachen
in den kirchen umb und umben
1391.
so wöllen wir lüten under den dachen
1394.
die edelleut mögen jetzt ihre schlösser kaum decken und mit dach bewaren S. Frank Trunkenheit D ijᵃ. wer auf dem dach ist, der steige nicht hernider Marc. 13, 15.
schaff dasz dein haus behangen sei
von grund auf schwarz bis unters dach
Mückenkrieg 1, 243.
die dächer der inwohnenden (bewohner des Brenners in Tirol) welche von langen brettern seitwerts gelegt und mit steinen beschwert aufgerichtet waren Ettners Unwürd. doctor 806. das dach mit neuem stroh belegen Stilling Jugend 1, 114.
das dach zu sichern vor des regens drang
Göthe 41, 201.
o stadt mit allen häusern, dach an dach
technische ausdrücke, das haus unter dach bringen. das dach aufsetzen. das haus steht unter dach und fach, ist unter dach und fach gebracht der rohe ausbau ist fertig. das haus in dach und fach erhalten in baulichem zustand. in tach und gmach gehalten sartum, tectum Maaler 397. ein dach decken mit ziegeln, schiefern, schindeln, stroh, rohr. ein flaches dach ein ganz ebenes, wie es in heiszen ländern üblich ist. ein einhängiges, ein pultdach das nur auf einer, ein zweihängiges, ein satteldach, das auf beiden seiten abhängig ist. Henisch 631 nennt das letztere ein spitziges gemeines, an beiden seiten scharfes dach tectum pectinatum. ein holländisches, ein zelt- oder walmdach das von vier seiten herabgeht, bei Henisch 631 ein viereckichtes spitziges dach tectum testudineatum. ein gebrochenes oder französisches mit einem absatz, dessen obere hälfte weniger steil abläuft als die untere. In der bedeutung von tectum auch bildlich,
dem nicht en ward des hauses gmach,
der nam den himel für sein dach
Ring 33ᶜ, 8.
he, herr Nurggel unterm tach
unter dem helm. 52ᵇ, 2.
do schlugen sie auf helmes dach
Laurin 2523 Schade.
ein stählern dach fürs haupt
ist jetzo mehr werth als ein steinern haus
Schiller 450ᵃ.
stäts wähle dich (bach) das schönste kind zum bade
und dein gebüsch umher zum dach
Hölty an eine quelle str. 2.
Hippocrates schüttet das saatgetreide der menschheit unter dem dache aus setzt die samengefäsze in die ohren J. Paul 6, 37. in der Schweiz heiszt tach der schirm, regenschirm Tobler 127. Fischart nennt öffentliche häuser, in welchen unzucht getrieben wird, halbe dächer Garg. 62ᵃ.
4.
sodann das ganze haus, die wohnung. das niedere dach, das strohdach bezeichnet zugleich den ärmlichen zustand des bewohners; im niederd. wird sogar stroh und riet, womit man die häuser deckt, dach genannt, Brem. wb. 1, 192. Quickborn 284.
ir habt geliten ungemach,
sît ir gewesen sunder dach, im freien feld.
Lichtenstein 341, 12.
in einer segensformel,
got müeʒe mîn gebet erhœren,
sô du slâfest oder wachest
in holze (im wald) oder under dache.
Fundgr. 1. 261, 18.
herr, ich bin nicht werth dasz du unter mein dach gehest Marc. 8, 8. Lucas 7, 6.
es zalens die unter den stroen dechen,
die armen bäurlein in den dorfen
Fastnachtsp. 380, 33.
einen unter sein dach nehmen in sein haus aufnehmen Henisch 650.
und ohne kampf und blut hast du kein dach zu hoffen.
bin unter dache, lasz es regnen
Göthe 4, 366.
mit jenen will ich nicht unter éinem dache bleiben, zusammenwohnen 17, 106. nicht über drei tage soll ich unter éinem dache bleiben 21, 11. nicht unbewirthet und ohne ihn eine nacht unter seinem dache behalten zu haben 18, 68.
jetzt liebt sie noch zu wohnen auf den bergen,
und von der freien heide fürchtet sie
herabzusteigen in das niedere dach
der menschen, wo die engen sorgen wohnen
Stauffachers haus verbirgt sich nicht. zu äuszerst
am offnen heerweg stehts, ein wirthlich dach
für alle wandrer die des weges fahren
520.
'welche wunder' rief der graf entzückt,
'verbirgt dies niedere dach'
Fr. Kind Gedichte.
er hat uns ausgestoszen
im winter zur stadt hinaus
die hungernden nackenden bloszen,
wo finden wir dach und haus?
lasz mich die einzige nacht noch ruhn im gastlichen dache,
morgen im leeren nest findest du dieses gedicht
278.
dir ist aus dem gedächtnis wol geschwunden
dasz wir einst unter éinem dach uns fanden?
311.
5.
ebenso wird dach und fach gebraucht,
schlecht ists, uns auf eine nacht bloszes dach und fach zu gönnen.
A. Gryphius 1, 628.
nur wollte ich bitten dasz die armen leute ein etwas bequemeres dach und fach bekämen Wieland 29, 126. dach und fach, wenn im freien so manchem vertriebenen der sturm dräut Göthe 4, 316.
arbeit schafft dir täglich brot,
dach und fach und schatten
57, 126.
tritt der frühling selbst herein, so ist von dach und fach gar nicht die rede mehr: immer findet man den dichter drauszen. 33, 148. den aufenthalt unter dem schatten der bäume und in laubgängen, zimmer die ohne dach und fach im freien stehen J. Paul Biogr. belust. 1, 33ᶜ. bildlich, du bist nirgendwo so unter dach und fach wie hier fühlst dich nirgend so zu haus, so behaglich. Jacobi an Göthe 182.
schleusz aus den rauhen odem der wirklichkeit,
und nur dem duft der träume gib dach und fach
6.
technisch ein runder deckel über ein gefäsz, einen kessel, französ. dôme Beil 135.
7.
der obere theil einer laute, wo das plectrum die saiten berührt, μαγάδιον Comenius 205.
8)
adverbialisch heiszt von dach von oben, von tach ab superne Vocab. v. 1618. in Talhoffers fechtbuch ist der schlag von dach ein schwerthieb, wobei man frei über dem kopf ausholt, ital. tirar di fico. es soll keiner sein hand nider heben, damit das schwein mit seinem rüssel darein laufe, sondern die hand in aller höh haben und ihm den fang also von dach geben. Fouilloux Jagdbuch. vor lieb, o Jesu, bin ich schwach, mein herz das flammt und brinnt von dach Kathol. gesangb. (München 1660). von dach aufspringen frei in die höhe springen vor freude oder zorn Schmeller 1, 351.
9.
gleichnisse, redensarten und sprichwörter. ich wache und bin wie ein einsamer vogel auf dem dache Psalm 102, 8. es ist besser wohnen im winkel auf dem dache (einsam und verlassen) denn bei einem zänkischen weibe in éinem hause beisammen Sprüchw. Salom. 25, 24. auf den dächern predigen, öffentlich verkündigen Matth. 10, 27. Luc. 12, 3. Merk briefe 1, 162. Wieland 15, 321. in tach und gmach, hut und schirm halten Maaler 397. das feuer ist in dem dach ist heftig Günther 416. 429. da ist fewer im tach, da brinnets erst an allen orten Petr. 60ᵇ.
wan gut gemach und wahre ehr
in einem dach wont nimmermehr lassen sich nicht vereinigen.
er (der trompeter) solle blasen dasz die schindeln vom dache fielen Schweinichen 1, 115. ja so gehts, nun regnets auf mein dach nun gehts über mich her Gryph. 888. einem zu dach wollen, die absicht haben auf ihn los zu gehen. Henneberger erklärung 252. einem auf dem dache sein, sitzen ihn drängen, hinter ihm her sein, ihn beaufsichtigen.
Cosinus mit sein schnacken wich
zu seinem unglück hinter sich,
von stund an war ihm auf dem dach
Cacaniel und jagt ihm nach
Mückenkr. 3, 151.
dann er war ihm bald auf dem tach,
sein schwert ihm durch den leib auszstach
3, 467.
Myrnuca ist dir auf dein (l. dem) tach;
sich nahet jetzt dein ungemach
3, 521.
Damigens herr vater aber war ihr hierauf scharf auf dem dache und verbot ihr bei seiner höchsten ungenade nicht wieder zu mir zu fahren Schelmufsky 76.
die lilg (Frankreich) entzeucht sich deiner sach,
der adler (Deutschland) sitzt ihr auf dem dach.
Volkslied aus dem 16ten jahrh. bei Soltau 240.
wofern die herren denen bauren nicht ein wenig mit der schärfe auf dem dach säszen Bauernstandt Lasterprobe 156. weswegen sie (die hausfrau) denn sich vorsetzte der magd schärfer auf dem tache zu sein sie zu beaufsichtigen. Polit. stockf. 79. wenn ja einer sich wolte sehen lassen, war ich ihm bald in dache, dasz er sich zurück zog Ettner Hebamme 758. endlich ist Pantaleon den spitzbuben so geschwind auf dem dach dasz sich Harlekin über hals und kopf in den koffer wirft Lessing 4, 424. gern hätte sie mich noch einmal (wär ich ihr nicht auf dem dache gewesen) über den strauchdieb auf dem Fichtenberg abgehört Thümmels reise 6, 194. der teufel soll ihn holen, wenn ich ihm zu dache steige ihm zu leibe gehe Lenz 1, 104. es hat wol mehr einer aufs dach nach hasen gestellet (verkehrtes gethan) und dannoch etwas gefangen Ayrer Processus ij 8. auf ein altes haus und zurissen dach fliegen keine tauben. besser ein sperling in der hand denn ein kranich (man sagt jetzt eine taube) auf dem dach Henisch 631.
hett ich ein haus für ungemach,
das liesz ich nimmer ane dach
(aus Freidank 170, 18) das.
ein zänkisch weib ist wie ein rinnend dach im winter. wenn der sperling unter dem dach ist, so musz die schwalb herumb fliegen das.
wer will haben gemach,
der bleib unter seinem dach
das.
eim alten haus, zerissen dach
fliegen zwar nicht viel tauben nach.
Wolgemut 2, 268.
gelobt soll jeder sein
wer da grosz oder klein
arbeitet im tiefsten gemache
oder auf hochstem dache
wenn die tauben underm dach bleiben, so sind sie sicher vorm stoszvogel Lehmann 132. er zählt die ziegeln auf den dächern geht müszig Stieler 286. übers dach ausblasen, übers dach schmitzen verächtlich wegwerfen, ganz und gar gering schätzen Schmeller 1, 351. die sperlinge pfeifens auf den dächern jeder weisz es.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1855), Bd. II (1860), Sp. 660, Z. 32.

dach, f.

dach, f.
dohle monedula, s. dahle.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1855), Bd. II (1860), Sp. 663, Z. 56.

dach, n.

dach, n.
wiesenschilf, arundo calamagrostis Nemnich 487.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1855), Bd. II (1860), Sp. 663, Z. 57.

dach, n.

dach, n.
das persische dach, eine schnecke, turbo tectum persicum.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1855), Bd. II (1860), Sp. 663, Z. 58.

darge, f.

darge, f.
angel von messing, an die ein rother lappen gesteckt ist, welchen die hechte für rothaugen halten, wie Canitz das wort in folgender stelle erklärt,
nachdem du ihm gewuszt so künstlich nachzustellen
dasz er als wie ein hecht an deine darge bisz
59.
und wenn kein groszer hecht an deine darge beiszt.
118.
s. dargen.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1856), Bd. II (1860), Sp. 774, Z. 17.

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Zitationshilfe
„darge“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/darge>.

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