Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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geichen

geichen
für gäuchen, narren, zum gauch haben:
also der teufel hie auf erden
das ellend gsind nerrt, efft und geicht.
Thurneisser archid. 76.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1881), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 2558, Z. 62.

geichen

geichen
gleich gäuchen (sp. 1533), eig. jäuchen, jeuchen (s. d.), d. h. hetzen, jagen: als er reit beiszen und sein hund (plur.) einen hasen geichten. S. Brant bei Zarncke s. 322ᵃ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1881), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 2558, Z. 66.

geichen

geichen,
d. i. ge-íchen, part. zu eichen, s. unter ichen.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1881), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 2558, Z. 69.

geige, f.

geige, f.
violine, fiedel (vgl. 1, d).
1)
a)
während fiedel schon im 9. jahrh. bei Otfried (fidula), erscheint geige erst im 12. jh., gîge, beim empfange eines herren (vgl. unter 3, d a. e., Sam. 18, 6):
mit vigelen jouch mit gîgen,
mit rotten jouch mit lîren,
mit härphen jouch mit springen,
mit tanzen jouch mit singen
chômen si im engegene.
Diemers ged. 139, 11 (Judith),
vergl. das. 117, 21 das ältere stück, wo es nur heiszt mit phigilin unde suegilbeinin, mit rottin unde mid lyrin; diesz vigele ist eine nebenform von videle, mlat. figella, vigella Ducange 6, 860, noch im 15. jh. bei Dief. 234ᵃ, nov. gl. 173ᵇ neben fidella, auch figela und fiella, viella, dazu figellina fidelbogen, vergl. mhd. 12. jh. Figilbogo, name eines geigers Mones zeitschr. 14, 489; die form mit -g geht wol nur auf altfranz. viele, vielle zurück (vgl. volksmäsziges figeline für violine). wie dort vigelen und gîgen, so erscheinen mhd. videle und gîge, altfranz. viele und gigue, mnl. videle und ghighe, altn. fiđla und gígia, altschwed. fiþla und gigha (Rydqvist 3, 275) neben einander, als verschieden, s. A. Schultz höf. leben 1, 431, z. b.:
harpfen, rotten hât si vil,
psalterien, videlen, gîgen.
Reinfr. v. Braunschw. 23293;
mnl. vedelen, ghighen, herpen, rotten.
Flor. ende Bl. 3871;
cil sert (spielt) de harpe, cil de rote,
cil de gigue, cil de viele.
Erec et En. 2035 (Haupt 10, 425).
dagegen steht auch eins fürs andere, z. b. in den Nib. für gîge 1771, 3. 1900, 3 in A videle in BC, und Volkers geige heiszt auch in A wechselnd videle 1643, 1 und gîge 1771, 3, wie sein geigen videlen 1643, 3 und gîgen 1773, 3 (videlen B), vergl. gîgen ûf videlen MSH. 3, 211ᵇ, auch lat. figella, fidella in den vocc. bei Dief. sowol als fidel wie als giga (voc. opt. 35ᵇ), gyge, geig. im 16. jh. gibt z. b. Trochus l 3ᵇ chelis, vigella als feddel, chelis major als eine geigen. übrigens auch mlat. giga z. b. Reinard. 3, 2161 ff. der unterschied muszte also ursprünglich gering sein, dasz er auch übersehen werden konnte. warum aber die verschiednen namen für wesentlich dieselbe sache?
b)
fiedel scheint von romanischem, geige von deutschem ursprunge, ist aber auch zu den Romanen, wie jenes zu den germ. völkern gelangt (bis ins altn., ags.): altfranz. gigue, auch gigle, prov. altsp. ital. giga, nach Diez 173 (1, 214) vom mhd. gîge, mit verweisung auf Grimm gramm. 2, 47, wo unter verlornen starken verba ein geigan gáig gigun fidibus ludere angesetzt ist, 'mhd. noch erweislich' (selbst nhd. noch, s. u. geigen 1). doch die paar beispiele starker form können schwerlich so viel und so weit rückwärts beweisen, sie scheinen nichts als späte umbildung durch das sprachgefühl, das durch verwandte anklänge sich gern zu der wolklingenderen starken bildung auch bei schwachen zeitwörtern verleiten liesz (z. b. bei eichen, s. unter ichen); mhd. gîgen wird vielmehr erst von gîge entnommen sein, wie franz. giguer von gigue, altn. gîgja geigen von gîgja f. Aber andern guten anhalt findet das wort wirklich im germ., der ihm im rom fehlt, in dem uralten stamme gag (gig), der in reichster ausgestaltung wesentlich eine gaukelnde bewegung bezeichnet (s. unter gagen, vgl. Diefenb. goth. wb. 2, 381. 395 über g-g 'motitare'); das eigentlich unterscheidende bei der geige gegen andere tonwerkzeuge ist der gebrauch des streichbogens (das zittern, von dem Wacrernagel den namen ausgegangen sein läszt, trifft ja auf alle saitenspiele), und dessen bewegung scheint eigentlich in gîge bezeichnet, wetterauisch geigen bedeutet noch jetzt 'mit dem fiedelbogen auf und ab fahren' Diefenb. a. a. o. (vgl. geigen 5, b). mit i zeigt sich der stamm auch, mit ablautsspiel, in schwäb. gigen gagen schwanken, s. E. Meier kindersp. aus Schwaben 114 (vergl. mhd. gugen gagen von der wiege sp. 1143), aargauisch gigagge sich in den hüften wiegen Hunziker 105, mhd. in gigen garren Heinr. Trist. 5169 von einem narren und seinem gaukelnden gehn und thun (gîgengarren Bechstein), mit ei in tirol. gaiggern zweifeln, schwanken Schöpf 168, altn. geiga von der rechten richtung abirren, schräg gehn, von geschossen Egilsson 228ᵇ, Fritzner 196ᵇ, eig. vielleicht vom gange des narren oder trunkenen, vgl. bei Egilsson vom umgehn des bechers in der runde. vgl. übrigens unter geigen 5, a, wo sich noch eine andere möglichkeit ergibt.
c)
ist aber dem so, so müszte das deutsche wort, indem es neben oder auch für das rom., also vornehmere wort eintrat, zugleich in der sache eine neuerung, einen fortschritt mit sich gebraucht haben, der auch das rom. gebiet eroberte; dieser fortschritt soll aber in der einführung des griffbretes bestanden haben, das der videle fehlte (Schultz a. a. o. 432), während der alte fidelbogen auch für die geige fort dienen konnte (vergl. unter geigenbogen); dasz wirklich deutsche tonwerkzeuge auch ausgeführt wurden, zeigt z. b. die altengl. erwähnung von rotys of Almayne (neben solchen of Spayne) Wolf lais, sequ. u. l. 247. die weitere ausführung und entscheidung steht freilich der musikgeschichte zu. bemerkenswert ist, wie noch Luther zwischen fiedel und geige schwankte 1 Sam. 18, 6, wo das volk dem könig Saul entgegenzieht mit pauken, mit freuden und mit geigen, ursprünglich aber mit fiddeln.
d)
wie übrigens die geige die ältere fiedel endlich verdrängte (baurengeige, fiedel Rädlein 340ᵇ), dasz sie auszer dem gebrauch bei dichtern nun höchstens als strohfiedel noch lebt, wie der fiedler nur noch als bierfiedler und ähnlich (doch fideler Göthe 12, 228), so ward die geige seit dem 16. 17. jahrhundert aus Italien her von der violine, ursprünglich viole bedrängt und zum theil verdrängt. so ist im nl. das alte wort schon im 16. jahrh. geschwunden, denn Junius nom. 245ᵇ. 246 nennt nur veele (fidel), veelken, Kilian nur vele und vioole, franz. viole und vioolonsse, franz. violon; jetzt viool f. (hd. violen pl. schon F. Platter 222). ebenso dän. nur fiolin, schwed. fiol m., die giga nur noch als mungiga maultrommel; doch norw. noch gigja neben fiol m. und fela f. (fiedel) Aasen 215ᵃ. 150ᵃ. Bei uns hat sich doch geige in einer gewissen ehre erhalten oder ist wieder dazu gekommen, zwar nicht im hause und alltagsleben, wo man lieber violine lernt und spielt, als geige, das da nicht vornehm genug klingt, aber in der höheren kunstsprache, wo geige, geigenspiel, selbst ein groszer geiger höher klingen können als das alltägliche violine, violinist u. dgl., wenn z. b. Jac. Stainer, ein geigenmacher im 17. jahrh. aus Absam in Tirol, der vater der deutschen geige genannt wird (allg. zeit. 1880 s. 3974ᵇ). das wird aber eine neuere bewegung sein, denn bei Adelung ist noch umgekehrt geige das wort des gemeinen lebens und der vertraulichen sprechart für das herschende violine (fiedel nur in den niedrigen sprecharten), und schon bei Comenius orb. p. ist das deutsche wort in den winkel gestellt: pandura die viole (geige). 1, 205. in den nd. mundarten gigel f. (vergl. altfranz. gigle unter b), gigeln geigen, auch brummgigel baszgeige Richey 74, ostfries. gigel stockgeige Stürenb. 70ᵃ, altmärk. schlechte geige Danneil 64ᵃ, schon im 16. jh. gygel geige, s. Sch. u. L. 2, 110ᵃ, aber auch gyge Chytraeus 252. im engl. hat fiddle sich erhalten neben violin, auch viol bratsche.
e)
auszer der geige im gewöhnlichen sinne, der eigentlichen violine oder discantgeige, wie sie schon im 17. jahrh. heiszt im Simpl. (s. unter 2, a), bei Stieler 620, schon bei diesem auch baszgeige, tenorgeige, altgeige, bei Mart. Agricola musica instrum. Wittenb. 1542 46ᵇ geigen auf discantus, altus, tenor, bassus (alle viersaitig); die tenorgeige heiszt auch kniegeige (s. dort), viola di gamba, violoncello (cello, schello), die altgeige auch armgeige, viola da braccio (bratsche), doch auch mit unsicherm wechseln in den namen; bei Frisch 1, 334ᶜ für violoncello mittelbaszgeige, dazu eine achselbaszgeige, violon di spalla (vulgo bassetgen). auszerdem stockgeige, bretgeige (s. geiger am ende) Stieler, jene bei Frisch auch sackgeige der tanzmeister (vgl. geiglein), bei Rädlein 340ᵇ tröschleinsgeige. für baszgeige auch blosz der basz, wie im 17. jh. für discantgeige kurz der discant (s. u. geigen 4, e). bei Stieler und noch bei Aler neben geige mit vier saiten (wie jetzt) tetrachordum auch mit fünf saiten pentachordum, wie auch schon im mittelalter mit vier, ja sechs saiten (neben dreisaitiger fiedel) nach den bildern bei Schultz 1, 433; noch bei Agricola a. a. o. 49ᵃ ff. kleine geigen, welche nür mit dreien seiten bezogen. Fischart rühmt übrigens von der laute:
sie bringt mit einem griff zuwegen
so viel als sieben menschen mögen ..
erstatt so viel als sieben geigen
oder vil pfeifen möchten zeigen.
dicht. 3, 15 Kz.
f)
eigen auch als m. oder n. im 15. jh.: dentale, spannenagel an eim wagen oder an eime gigen. Dief. n. gl. 130ᵇ; vgl. geigennagel.
2)
a)
es heiszt auf der geige spielen Stieler 620, d. h. ein stück, geigenstück, aber die geige oder nur geige spielen, das geigenspiel können. auch fiedeln, jetzt nur geringschätzig (vgl. mhd. gîgen ûf videlen unter 1, a):
wie mancher auf der geige fiedelt,
meint er, er habe sich angesiedelt ..
und glaubt auf seiner violin
ein andrer, dritter Orpheus zu syn.
Göthe 4, 359 (2, 384 H.).
genauer bezeichnet die geigen streichen Ettner unw. doct. 301;
fahr fort, o künstler, als du thust,
und streich die geige, deine lust,
lasz hören alle lieblichkeiten.
S. Dach 818 Öst.;
er hatte sich kaum ein wenig gewärmet, als er eine kleine discant geyge hervor zog ... und eins daher striche, worzu er mit dem maul so artlich humset und quickelirt (tief und hoch brummte und pfiff o. ä.), dasz einer, der ihn nur gehört und nicht gesehen, hätt glauben müssen, es wäre dreierlei seitenspiel untereinander gewesen. Simpl. 3, 157 (Springinsf. 2, vgl. unter geigen 1); überkam ich eine discant geige ... und half ihr vor den thüren und auf den jahrmärken, baurentänzen und kirchweihen in ihre leyer spielen, welches uns trefflich eintrug. 3, 260 (das. 22), vgl. aus den Züricher ordn. u. geiger 1. auch etwas auf der geige machen, s. c a. e.
b)
eine gute geige streichen, gut, kunstvoll spielen Ludwig 719, Frisch 1, 334ᶜ (wie eine gute klinge schlagen u. ä.). im orchester die erste, die zweite geige spielen, der erste, zweite violinist sein; auch bildlich, z. b. er spielt die erste geige in der gesellschaft, will überall die erste geige spielen, den ton angeben (diesz gleichfalls aus dem musikleben), der bevorzugte sein; vgl.: er war die geige jeder gesellschaft, wie man sich im englischen ausdrückt (the fiddle of every society). Sturz 2, 392, womit freilich gemeint sein wird: sie tanzte nach seiner geige (s. unter d).
c)
auch in die geige singen, noch im 17. jh.:
ist diesz der lieder dank,
die ich mein leben lang
von dir (Venus) und deinem sohne
in meine geige sang?
S. Dach 428 Öst. (131 Brockh.),
der überhaupt, selbst ein freund und meister des geigenspiels, sein dichten oder singen gern als ein geigen behandelt (vgl. u. geigen 3, a), von seiner geige spricht, wie andere zeitgenossen von ihrer leier (s. d. 3), z. b.:
indem der mey behende
jetzt von uns abschied nimbt ..
wil ich auf meiner geigen
imgleichen lustig sein.
812 (219);
meiner wol-bespielten geigen
wartet keine grabes-noht.
813 (220);
euch zu ehren spielt mein bogen
fast ohn zuthun meiner hand.
das.;
was es war, ist meiner geigen
nach zu singen nicht vergunt.
684.
vordem sang man wirklich zur geige oder in die geige, so in mhd. zeit (Wackern. lit. gesch. § 70, 8), mhd. s. z. b. unter d, aus dem 16. jh. vgl. z. b. bei Gengenbach den teufel mit der gigen, der auf die weltkinder, seine auserwelten kind weist:
auf erd hab ich nit besser fründ,
darumb ich in mach auf der gigen,
auf das sie können kurzwil triben,
es sei mit tanzen, pfifen, singen
und mit mir ad infernum springen.
s. 156 Göd.;
in einem kath. streitliede von 1583 wird u. a. klage geführt:
ein kleines was ein priester thut (auch den kleinsten fehltritt),
singt mans, machts auf der geigen.
Körners hist. volksl. 253,
macht ein lied daraus und singt es vor der menge. s. auch von der wahrheitsgeige unter e, und das angedrohte tanzlied unter geigen 2, b, und von siegesliedern das. 3, a. noch in Ayrers fasnachtspiel von Fritz Dölla mit seiner gewünschten geigen (die alle hörer zu tanzen zwingt) heiszt es von dessen spiel: er geigt und sagt (folgt das tanzlied) 2839, 13, also die worte nur gesprochen (doch gewiss nicht als blosze prosa), die weise aber der geige überlassen. wird doch der klang der geige selber ein singen genannt, in dem nd. gedichte der gigeln klang in der köste (hochzeit):
de fiddel singt zierlik, singt süverlik sot.
Lauremb. 125 Lappenb.
d)
auch diesz tanzen nach der geige (wie noch in der tanzstunde u. ä.) geht in mhd. zeit zurück (Wackern. a. a. o.):
mich hât daʒ rîche und ouch diu krône an sich genomen!
wol ûf, swer tanzen welle nâch der gîgen!
Walther 19, 37, vgl. 114, 36;
zippelzêhen, hüpfen nâch der gîgen.
MSH. 3, 280ᵇ, als bauerntanz;
(er will) daʒ man ein liedlîn von im sing
und daʒ wol ûf der gîgen klîng,
sô man eʒ spring (zugleich singend)
ze Breitensteten ze tanze.
3, 306ᵇ;
auch abwechselnd mit dem tanze nach gesang (vgl. Helmbrecht 939 ff.):
sô die voretanzer danne swîgen (mit singen),
sô sult ir alle sîn gebeten,
daʒ wir treten
aber ein hovetänzel nâch der gîgen (d. h. meiner).
Neidhart 40, 24, vgl. 227, 13.
diesz tanzen nach éiner geige beim feste lebt noch als redensart: er musz nach seiner geige tanzen, z. b. ein älterer bruder dem jüngeren in allem zu willen sein; besonders auch von einer mehrheit, die sich durch éinen wie willenlos lenken läszt: alle lehrer tanzten nach seiner geige, alle welche vor gericht muszten, stimmten nach seinem pfiff. Gotthelf erz. 3, 184 (das zweite bild vom musicieren, pfiff zu pfeifen blasen); vgl. die englische redensart unter b. noch heiszt es volksmäszig, z. b. auf dem Hundsrück bei die gei gehn, zum tanze gehn Rottmann 134ᵇ (gei für geig auch pfälz., luxemb.), ein opfer bringen ohne frucht ebbes in die gei genn das. (112), eigentlich zum tanzvergnügen geben ohne eignen mitgenusz, wie franz. il paye les violons (et les autres dansent), vgl. Wieland unter geiger 1. neufranz heiszt übrigens ein tanz selber gigue, geige.
e)
auch das singen zur geige lebt noch in redensarten von der sog. wahrheitsgeige (s. unter geigen 4, a): welcher die warheit geigt, schlecht man die geigen umb den kopf. Pauli schimpf u. ernst 133ᵃ; alte geige der wahrheit mit einer neuen quinte (und dieser allein, einsaitig) nennt sich eine politische flugschrift aus dem 30jähr. kriege, die Wahrheit klagt:
wie kömmts doch, dasz allein
ich armes jungfräulein
musz so verhasset sein
mit meiner geig so fein?
den text gar scharf ich geig,
wahrheit ich nicht verschweig,
ich geig sie kurz und rund
von meines herzen grund u. s. w.
Opel u. Cohn 30jähr. krieg 397,
also den text, nicht die weise blosz, d. h. geigen gleich geigend singen; es ist dabei ursprünglich ein fahrender sänger gedacht, der in einer gefährlichen sache seine oder die öffentliche meinung in ein lied bringt und singt, wie z. b. der dichter Königsberg von einem politischen morde im j. 1400 Liliencron hist. volksl. 1, 207 ff., wo auch von der gefahr eingehend die rede ist, z. b.
ich möcht der warheit so vil sagen,
mir würd min lip enzwei geslagen u. s. w.
208ᵃ;
die wahrheit bringt kein brod, wer ihre geige streicht,
musz, wenn der bogen oft um haar und schädel fleucht (fliegt),
sich leider allzu oft mit schimpf und spott bequemen,
anstatt des dichters lohn nur stüber (aber nasenstüber) ein zu nehmen.
auch wahrheitgeige, der die saiten gesprungen sind:
und wäre davon viel zu sagen,
aber es darf es niemand wagen,
dieweil der alten wahrheitgeigen
die saiten gsprungen, musz sie schweigen.
Scheibles flieg. bll. des 16. 17. jh. 55.
f)
geigen und pfeifen (d. h. blasinstrumente): weib und mann können wol friedlich und freundlich leben ... so der mann des nachts und die fraw des tags das regiment führt und (so) geigen und pfeifen zusammen stimmen. Lehman flor. 1, 161. harfen und geigen sprichwörtlich gesellt, noch nhd., s. 3, d (auch harpfer, geiger unter geiger 1).
g)
alte geige mit neuen saiten: dieweil man doch wol ein alte geige mit newen seiten mag beziehen. Fischart bien. A iijᵃ, von seiner übersetzung des Marnix; einer hat ein ganz alt weib genommen, das verwiesen ihm andere, zu denen sagt er: über alte geigen zeucht man auch newe seiten. Weidners Zinkgref 3, 259.
3)
andere redensarten, die zugleich die alte bedeutung der geige weiter beleuchten oder fragen aufwerfen.
a)
auch wovon einer viel redet oder wie er redet, heiszt seine geige (vergl. geigen 4, b), aus dem sängerleben verallgemeinernd entnommen; z. b.: vorzeiten het der heilig vater der bapst und die bischof (sagt ein chorherr in einem streit um Luthers lehre) solchen als der Luther und ander mer, die auf sein geigen predigen, das predigamt aufgehebt. H. Sachs dial. 24, 12, mit acc., wie auf seine art und weise (vergl. weise melodie und dazu unter b, γ), ein zeichen wie abgebraucht und alt die wendung schon war. auch von eines meinung: also blib er auf seiner geigen. Dürers reliquien, her. v. F. Campe s. 68, vgl. unter b; dann auch von thun und gebaren:
bleib all auf deiner geigen.
Scheit grob. G 1ᵃ.
auch 'meine geige ist mir die beste':
was tuͦt man aber mit den lüten,
die sich nit wisen lont zuͦ ziten,
den all ir gigen ist die best,
so sind es doch jung geuch im nest.
Murner narrenb. 85, 77.
selbst von dem was einer erfährt, erlebt, wie es ihm ergeht, ein sänger des 14. 15. jh. klagt über unerwiderte liebe:
es ist mir nu beschehen zwir,
was min nit wil, das liebet mir,
dés holz (d. i. holzs) han ich ein gigen.
Hugo v. Montfort s. 64 Bartsch,
also ist meine geige nun einmal gebaut, zuerst wol als entschuldigung für gesang der nicht gefällt (auch Hugo sang tanzlieder, s. s. 68, wol auch zur geige). es gab gewiss viel solcher redensarten. man sieht da den fahrenden sänger, dem seine geige alles war.
b)
dazu besonders éine geige, dieselbe, die alte geige.
α)
immer auf éiner geige ligen Agricola sprichw. (vgl. über den büchern liegen), von einem thema nicht wegkommen: damit man nit alweg auf einer geigen lig. Wilw. von Schaumb. 125, um endlich auf etwas anderes zu kommen; es ist die selbe geige, darauf er immer fiddelt. Luther bei Dietz 2, 49ᵇ (wider die himl. proph. K 4ᵃ), er bringt immer wieder dasselbe vor. noch im 17. jahrh.: auf einer geige bleiben, una chorda oberrare, eandem cantilenam canere Stieler 620, auch kurz allzeit ein geige, cantilenam eandem canit Henisch 1442; daher als sprichwort: man musz ein andere geig nehmen, wann man die erst nicht gern hört. Lehman flor. 1, 198 (vgl. dazu unter γ).
β)
die alte geige, das alte lied, die alte leier, von allerhand thun und treiben, auch behaupten und denken: auf der alten geygen sein, cantilenam eandem canere. Maaler 181ᵃ; iemerdar auf der alten gygen ligen, oberrare eadem chorda (vergl. unter γ). 202ᵇ;
des waren gottsdienst thun sie schweigen,
tanzen nach irer alten geigen.
H. Sachs II, 1, 88ᵇ (6, 381 K.);
hie scharren sie gleich wie jene mit irer alten geigen 'ja es ist unser althergebrachter glaube, und die kirche hats nu lang also gehalten'. Luther 8, 268ᵃ; das also nicht das concilium wider den bapst, sondern der bapst wider das concilium frei sei, das ist die alte geige des bapsts. 8, 211ᵃ; das macht itzt den bapst und die seinen toll und töricht, das wir nicht können ihre alte geigen menschlicher gesetze leiden. 8, 319ᵃ; die (juden) noch heuts tages auf irer alten geigen bleiben und harren auf einen messias. ders. bei Dietz; wann dann etwan ein oder ander darauf stichelte (auf die schlechte kost), so fieng er (der wirt) einen erbärmlichen hader mit seinem weibe an, dasz wirs hörten, heimlich aber befahl er ihr, sie solte nur bei ihrer alten geigen bleiben. Simpl. 1, 350, 31 Kz. (3, 24); alle handwerk und andere ding werden von tag zu tag besser excolirt und steigen immer höher ... aber in artibus liberalibus geiget man immer auf der alten geigen (beim unterricht). Schuppius 51 (49). also ganz wie die noch geltende alte leier (s. d. 2), auch diese schon im 16. jh. geläufig, z. b.:
beichten nach der alten leyren.
H. Sachs II, 1, 85ᵈ (6, 371 K.).
γ)
aber wenn das bei dieser begreiflich ist, die, wie noch heute die leierkasten, nur wenige lieder in sich halten konnten (s. leier 1, b), so will die redensart bei geige nicht einleuchten, auszer wenn bei der alten geige eine ähnliche beschränkung statt hatte, die der heutigen fremd ist, dasz also der bau der geige (vergl. Montfort unter a), besonders die abstimmung der saiten nur auf wenige lieder berechnet war? nur dann wäre namentlich der sprichwörtliche rat bei Lehman unter α begreiflich, eine andere geige zu nehmen. denn dasz eigentlich das gegeigte lied gemeint ist, nicht etwa die schlechte klangfarbe einer ausgespielten geige, zeigt deutlich z. b. bei Luther 8, 268ᵃ die anführung von worten, die wie aus dem gegeigten, 'gescharrten' liede genommen sind, und das fiddeln auf der selben geige unter α ist nicht anders gemeint. klingt doch geige hier, auch unter a, als wäre das gegeigte lied selbst oder die art zu geigen damit bezeichnet (vgl. er spielt eine gute geige unter 2, b), also wie bei leier, das denselben übergang des begriffes zeigt. es heiszt übrigens auch auf éiner saite geigen (s. d. 4, c), was denn auch auf die heutige geige paszt, wie eine umbildung der ursprünglichen wendung. auffallend ist aber, dasz bei fiedel die redensart nicht entwickelt ist, das ist immer die alte fiedel o. ähnl.
c)
sprichwörtlich waren auch die griffe auf der geige, für kunstgriffe, geheime mittelchen, ränke u. ä. (vgl. u. geigen 3, c):
ouch wänend sie, ich (der pabst) heb den gwalt
in die hell zuͦ binden wer mir gefalt (beliebt).
das sind alles guͦt griff uf der gigen.
N. Manuel 33 Bächt.;
der wyberen sitt ist uberal,
sy bruchend den griff uff der gygen,
das eine hilft der anderen schwygen.
trag. Joh. L iij.
damit tritt denn, im unterschied vom vorigen, das geigenspiel selbst als kunst vor augen, und kunstgriff selbst (s. d.) mag mit von diesem ursprung sein.
d)
noch uns geläufig ist der himmel voll geigen:
wenn sie die wurz nimpt in irn munt,
so wirt ir so vil suͤszer freud kunt,
das sie maint, es regen eitel zucker und feigen
und der himel hang vol suͤszer geigen.
fastn. sp. 752, 2;
es gat als nach deinem willen, der himmel hankt vol geigen. Keisersb. narr. 72ᵇ; macht die zech ohn seinen wirt, schlug in den posch und fieng kein vogel, meint der himmel hang voll geigen. Garg. 130ᵃ (Sch. 236); mancher meint, der himmel hang voller geygen, so seinds kaum nuszschalen. Lehman flor. 1, 184; alsdann vermeinet der tropf im küssmonat, der himmel hang voller geigen. Simpl. (1713) 3, 14; da sucht einer gelegenheit bei dem frauenzimmer angenehm zu sein und bildet sich gleichsam im vorrath den himmel voller geigen ein, da sind lauter küsse, lauter süsze blicke .. Chr. Weise kl. leute 261 fg. (c. 8);
der purschen güldne zeit ist drinnen (in Schlesien, zu hause) zwar beschrien,
als müsten hier um uns nur lauter rosen blühn.
da heiszts, bei ihnen häng der himmel stets voll geigen,
da sich an deren statt doch nichts als leyern zeigen.
im ersten jahre meiner ehe, da hing der himmel voller geigen, hernach fielen sie herunter, und wurden lauter leyern daraus. 1000; demnach hing sein liebeshimmel überall voller geigen. Felsenb. 2, 107; hey sa! da wirds zugehen! da wird der himmel voller geigen hängen. Wieland 12, 23;
ihr himmel hängt voll ewig spielender geigen.
kein überdrusz, kein zank, kein grübelnder verdacht
stört das concert von lieblichen tagen.
Klamer Schmidt kom. dicht. 184;
doch das bewährt sich nur, so lange man berauscht
der gattin jeden wunsch vom auge weg erlauscht,
sein ja zu allem spricht, dann auch versteht zu schweigen,
so lange freilich hängt der himmel voller geigen.
Kotzebue 8, 148;
haben sie einmal eine schüssel voll blut- und leberwürste vor sich .. meinen sie, der himmel hänge voll geigen in alle ewigkeit. Gotthelf käserei (1850) 132. was das bild eigentlich meint, ist noch jetzt der volksmäszigen vorstellung nahe, z. b. in einem weihnachtspiel aus Kärnten bei der geburt in Bethlehem singen die hirten, da sie den gesang der engel hören:
potz tausnt bue! was spricht so toll,
was hör i nit für klang!
der himbl hangt mit geign voll,
es ist a englsgsang.
Lexer kärnt. wb. 298,
wie bei Lohenstein von derselben gelegenheit:
der himmel thut sich auf und hänget voller geigen,
die cherubinen mühn sich die geburt zu zeigen
den armen hirten an.
wundergeburt s. 14,
der himmel hat sich geöffnet, dasz man die 'harmonie der sphären' hört und sieht, die aus griechisch-philosophischer anschauung her umgekleidet eigenthum der christlichen vorstellung geworden war (s. z. b. Luther u. geigen 2, b, vgl. Wackern. kl. schr. 1, 313), wie sie noch im 17. 18. jh. die künstler auch bildlich darstellten als himmlisches orchester, das denn auch noch in unsere ziemlich verschwimmende vorstellung von der sog. sphärenharmonie mit eingieng.
e)
auch in gewagterer form: du siehst den himmel für eine geige an. Lenz 1, 91. so dient die geige und ihr klang, recht im gegensatz zu der éinen, der alten geige unter b, die der ausdruck des überdrusses wird, an sich doch als ausdruck der höchsten reinsten wonne, besonders zugleich mit der harfe, wie im 12. 13. jh., so noch später, z. b. als form des höchsten preises:
ich lob die weib für (mehr als) seiten spil,
für harpfen und für gigen.
Hugo v. Montfort 16, 48 (s. 85 Bartsch);
vgl. im Simpl. 4, 251 Kz. vom elend des krieges, wie da harfen und geigen bei kleinen und groszen ufgehenket wurden, alle lustbarkeit eingestellt, und noch z. b. in einem Eifeler volksliede, in dem ein mönch abschied von der welt nimmt:
gute nacht, ihr harfen und geien (vgl. gei u. 2, d),
ich musz euch lassen leien (liegen),
musz spielen ein ander spiel.
Schmitz Eifel 1, 134.
übrigens auch biblisch: wenn ir hören werdet den schall der posaunen, drometen, harfen, geigen, psalter, lauten. Luther Dan. 3, 5. 7; das die weiber aus allen stedten Israel waren gegangen mit gesang und reigen dem könige Saul entgegen, mit pauken, mit freuden und mit geigen. 1 Sam. 18, 6 (vergl. unter 1, a).
f)
daneben doch recht nüchtern als bild für leeren magen, die aufrührer in Würzburg im j. 1397 werden u. a. verhöhnt:
sie warn vol als die gigen,
die da an den wenden hangen ..
ir maneger hete enbissen
in drien tagen nie kein brod.
Liliencron 1, 180ᵇ.
4)
aber noch in schlimmerer verwendung.
a)
in unzüchtigem witze:
hauswirt, mein traut elich man,
ich han auf dich posen arcwan,
das ich nicht lenger mag versweigen:
du fidelst auf fremden geigen,
und dein geig doheim ist wol beseit
und ist dir tag und nacht bereit
und ist nach alle deinem willen bezogen.
noch leihest du hin dein fidelpogen,
und ich hab dir kein zug nie versagt ...
fastn. sp. 161, 6 ff.;
und wan ich ir sag von söllichen sachen,
ich woll ir ains auf der geigen machen,
so dunkt si mich so schwach und krank .. (klage eines ehemanns).
322, 24;
das er in freuden wolt erwachen
und wolt ains auf der geigen machen.
326, 20. 769, 27;
wa ich ains hab auf der geigen gespilt.
701, 17.
die entstehung ergibt sich unter geigen 5, b. dasz aber der witz ins 13. jahrh. zurückgeht, zeigt z. b. der unechte Neidhart MSH. 3, 211ᵇ mit gîgen und videl (s. geigen 2, a). noch im 17. jh. sprichwörtlich ein kleine geig ist mit einem fiedelbogen oft nit zu frieden. Lehman flor. 1, 434 (cap. hurerei).
b)
daher auch für vulva und für meretrix:
ich halte mich zur schmeichelei
und werd es künftig nicht mehr sagen, dasz Phillis das verliebte
kind
und die verbuhlte Dorimene zwei ausgespielte geigen sind.
D. Stoppe ged. 1, 103.
so noch z. b. luxemb. gei, wie fidel, s. Gangler 148. 170.
c)
wie das witzbild einst im allgemeinen bewusztsein war, sieht man daran, dasz es selbst von amtswegen verwendet wurde zur ehrenstrafe für gefallene mädchen, denen eine alte geige angehängt wurde, z. b. im Bregenzerwalde noch in diesem jahrh.: noch aus frühester kindheit her konnte sie sich schrecklich lebhaft vorstellen, was ein verführtes mädchen hatte ausstehen müssen, als es zum erstenmal am osterfeste, das strenge kirchengebot erfüllend, den gottesdienst mit der ihm von dem gemeindediener angehängten alten geige zu besuchen wagte. der pfarrer liesz die übung dieses alten landsbrauchs zu, wenn dabei der gottesdienst auch durch die rohesten späsze entweiht wurde. Fr. M. Felder reich u. arm 48. vergl. geigen darinn die huren gehen, manicae ligneae Denzler 2, 126ᵃ, bei Schönsleder T 4ᶜ manicae ligneae seu robustae, quibus adulteri ante templa stant inclusi, also keine wirkliche geige mehr, aber das neue strafwerkzeug mit dem alten namen, s. unter d.
d)
geige dann auch als eine art ehrenstrafe überhaupt, besonders für weiber, wie fiedel (s. d. 3):
sie soll dich hinfort nicht mehr schlagen
und dich herr lassen im haus sein (sagt der könig),
oder man soll sie legen ein
in die halspfeifen oder geigen.
Ayrer 386ᶜ (1938, 26);
nach Stieler 620 pro pueris tantum et mulieribus ex trivio ob linguae volubilitatem aliosque excessus leviores, nach Schönsleder und Denzler unter c aber ursprünglich für unzucht, dann in dieser weise abgenutzt und gemildert. noch im 18. jh.: geigen für die böse weiber, bojae, numellae, die geigen anhaben, numellis prostitui, einem (so) die geigen anthun, collum numellis includere Aler 872ᵇ; nach Schmids schwäb. wb. 225 zum einspannen der hände und des kopfes, vgl. über fiedel Bernd Posen 59 (zur prügelstrafe, für männer). ähnlich auch franz. violon (vergl. Littré 4, 2501ᵇ), in Straszburg noch in Arnolds pfingstm. 93, gefängnis bei der hauptwachstube. s. auch geigen 5, d. dagegen geige, auch fidel, schnur, als folter (erste stufe) mit einer seidenen schnur am ellenbogen ausgeführt, s. Popowitsch versuch 135.
e)
aber auch ohne jene beziehung seine geige an einen henken, ihn zum gespött machen u. ä., schon im 15. jh. auch als blosze redensart:
wenn einer ümb lauft in der narren weis (zur fasnacht) ..
so wil in iederman berupfen
und wil sein geigen an in henken
und maint, er wöll im denn eintrenken,
was er im vor eim jar hat gethan (unter dem schutz der fasnacht-freiheit).
darümb so trag ich meinn harnasch an (statt ein narrenkleid).
fastn. sp. 754, 17.
ähnlich schon im 13. jahrh.:
er (der fortgeschickte knecht) kunde niht geswîgen,
die Gumpoltes gîgen
wolt er hâhen stæte an mich.
Seifr. Helbl. 9, 142,
mich zum besten, zum narren haben mit seinem geschwätz (zu Gumpolt vgl. mhd. gumpelman possenreiszer, hanswurst). es ist eine von den ungezählten bestimmteren formen in denen einem etwas anhängen erscheint (s. unter klemperlein), die geige ist wol ursprünglich die eines spielmannes, der mit seiner geige den hanswurst machte (Gumpolt, vgl. die spielmannspossen im Simpl. unter 2, a und geigen 1) und die man in lustiger gesellschaft unversehens einem andern anhängte (oder nach der ersten stelle auch der spielmann selbst), um ihn als narren zum gelächter zu machen. vergl. auch z. b. ital. appiccare il fiasco ad alcuno, eigentlich einem die flasche anhängen (daher das alberne fiasco machen, franz. faire fiasco) zum gespött. noch im 18. jh. als fasnachtscherz, wie es scheint: sie (die 'unzucht') sagt nichts anders als von weinen und greinen, von schmerzen der herzen .. abends laszt sie dich tanzen, zu morgens legt sie dir die geigen an hals, und haiszt suspendimus organa nostra (ps. 136, 2), das ist ein schönes fasnachtspiel. Conlin narrnw. 2, 53, falls das nicht mehr zum folgenden gehört. in anderer form in der sitte, die Schöpf 182 aus Tirol beibringt, denjenigen, die wenig von der gemeindealm heimgebracht, geigen auf die häuser zu malen. mhd. übrigens auch gîge (und rotte) selbst von einem, dem man im spotte mitspielt (vgl. geigenklosz):
der arme truhsæʒe was
ir gîge und ir rotte,
si triben in mit spotte
umbe und umbe als einen bal.
Trist. 286, 7. Parz. 143, 26;
vgl. franz. violon, spottsweis, ein narr, wie die spielleute meistens sind Frisch frz. wb. 1, 1639, also der spielmann selbst zur geige geworden, auf der die andern spielen, vergl. schon Walthers anklage gegen die Welt (höfische gesellschaft): und hâst mit mir dîn gampelspîl 67, 14.
5)
geige von brot in geigenform, schwäb. Schmid 225, vergl. schon bei Mencken scr. 3, 1464 den hunger stillen mit langen geigen, so man daselbst (zu Bopfingen) becht. bair. aber lange geigen, auch heugeigen, lange person Schm. 2, 21, schon bei Schönsleder, nach Frisch 1, 335ᵃ auch frz. une grande gigue.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1881), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 2567, Z. 40.

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gegenleder geilerin
Zitationshilfe
„geichen“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/geichen>.

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