Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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gehen

gehen,
gähnen, s. unter gäuen.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1880), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 2376, Z. 31.

gehen

gehen
für geen, d. i. gegen, s. sp. 2195; z. b.: bin ich auf dem see gehen Genef gefaren. Ernstinger raisbuch 129; sein wir wider gehen Tours. 205 u. ö.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1880), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 2376, Z. 32.

gehen

gehen
gleich gähen, eilen, s. dort. auch als adv. zu gehe, gähe, rasch, plötzlich:
und was in vor (dem bade) langsam macht krank,
det es itzunt gehen und bald.
Folz lere von den baden, Kellers fastn. sp. 1265,
wenn er nach dem bade diätfehler begienge; es musz wol gekürzt sein aus in der gähen (s. unter gähe f. sp. 1146), vgl. in aller gâchen, mhd. kurz allen gâhen sp. 1127, aber schon ahd. auch blosz gâhun subito Graff 4, 130. s. auch gehend gleich gähe.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1880), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 2376, Z. 35.

gehen, gehn

gehen, gehn,
ire, ein nach form und gehalt überaus reich entwickeltes wort, dessen erschöpfende behandlung ein werk für sich wäre.
I.
Form, ausbildung und ursprung.
1)
die vollere form, die uns noch im subst. gang zur hand ist, wie im part. gegangen, auch in gängeln, hatte von haus aus auch im praes. statt, wie stellenweis noch ins nhd. herein.
a)
goth. gaggan (spr. gangan), wie gagaggan, anagaggan, fauragaggan u. s. w., z. b.: blindai ussaíhvand jah haltai gaggand. Matth. 11, 5 (die blinden sehen und die lamen gehen Luther); gaggiþ faírra mis. 25, 41 (gehet hin von mir). ebenso alts. gangan, z. b.:
thô he ina gangan gesah.
Hel. 1130;
thô quam thâr ôk ên wîf gangan.
503;
ik gangu imu at êrist tô.
4821.
ferner ahd. gangan, streng alem. kankan, z. b.: thô gangantê thiê pharisei giengun in girâti, abeuntes ph. consilium inierunt. Tat. 126, 1; ob ih gangu, si abiero. 162, 1;
in gotes gibotes suaʒî (subst.)   lâʒ gangan thîne fuaʒi.
Otfrid I, 1, 47;
zi akare sie ni gangent   joh ouh wiht ni spinnent.
II, 22, 10;
folge mir io thanne,   thâr ih fora imo gange (conj.).
III, 13, 30;
ebenso ags. gangan (gongan), imp. gang (gong), altfries. gunga (part. gangen, gengen), altn. ganga.
b)
wenn die vollere form im mhd. gegen die kürzere schon stark in den hintergrund tritt, so dasz sie von den dichtern entschieden gemieden wird, so erscheint sie doch noch im nhd., besonders im alem. gebiete.
α)
auch noch ich gange, ind.:
an dem tanz sprang ich vast vor (als jung) ..
nun gang ich kriechend an ainem stab.
Hätzl. 41ᵇ;
ich gang lieber uf den fuͦszen,
dann ich uf dem haubet tanz.
suber und glat gang ich dar von.
Gengenbach gouchm. 372;
itineror, ich wandere, gange. Dasyp. 105ᶜ; patro, ich begange. 174ᵇ; meo, gratior ich gang. 134ᶜ. 88ᵇ; digredior ich gang hinweg das.; ito, ich gehe oder gang emsig. 62ᶜ (selbst itio ein gangung das.), neben ich gon das., im deutschen theil aber nur gohn und gehen, d. h. schriftmäszig, jenes mundartlich (vgl. sto ich stand, ich stehe 233ᵃ, stohn 434ᵈ); ich gang ich komm, ich komm ich gang. Fischart Garg. 169ᵃ (Sch. 310ᵃ), als spiel; seltner im pl.: wird hohe ämpter erlangen, die ihn nit angangen. groszm. 67. und so noch in alem. mundarten, z. b. schwäb. im Remsthal:
jetz gang i ans brünnele,
trink aber net.
L. Erk liederhort s. 204.
auch in schweiz. mundarten, desgl. elsäss. i gang gê Fromm. 2, 558 (vergl. dazu II, 10, e), schwäb. 1, 291, auch wir u. s. w. ganget Weinhold alem. gr. s. 331; im Appenzell i gang (auch gô, gôna) neben er gôd, mer gönd Tobler 231ᵇ. bair. i gang, mir gangen (wie stand, standen) Schmeller gramm. s. 357.
β)
besonders doch im conj., auch neben anderer indicativform (vgl. 3, d, β), auch md., meiszn. noch im 15. jh.: man seit von dem groszen meister Albrecht, daʒ er spreche (d. i. spræche, gesagt habe): ich gan nimmer an die port (vors stadtthor), ich gang minrer wider in. Susos briefe h. v. Preger s. 30, d. i. dasz ich nicht kleiner, demütiger heim gienge, gehe (aber ich gehe ist auch uns eben nicht mehr conjunctivisch); das du denn gangest an den gemainen blatz. Apoll. v. Tyrus h. v. Schröder 114, meiszn. 15. jh., wie gang imp. 97, 14;
ich gang, sitz oder wo ich stan,
musz ich dannocht die fröwlin gruͤszen.
Gengenbach s. 71;
meint iemant das ich in nit ruͤr,
der gang zuͦn wysen für die thuͤr.
Brant narr. vorr. 102;
me leid geschicht eim narren dran
das er sicht ettlich vor im gan,
dann er hab freüd das im sunst all
nochgangen.
68, 24;
ob es sich bgeb dir, das gangstu
mit eim der besser (im range) sy dann du ..
facetus 221 (s. 139ᵇ).
aber oft auch im sg. noch später mit voller endung: so du wilt ein ding über ein haus werfen, als gange es dich nit an. Frank spr. 2, 23ᵇ; es ist mir vonnöten das ich da dannen gange. Maaler 155ᵈ; es gange wie es wölle. 156ᵃ;
so bitt ich dich, du Adelger,
du wöllest mich laszen hangen
in meiner wat, wie ich doch gange.
Uhland volksl. 148;
sitz uf das ein (ross) und rit darvon,
nit acht wie es mir gange.
Körners hist. volksl. 78;
redt sy (der wirt die gäste) oft an, sy solten guͦter dingen sein, es gange noch alles umb sunst zuͦ. Wickram rollw. 24, 3; strafet die tochter seer bei verlierung seiner huld, wo sy des edelmanns nit muͤszig gange. 134, 22, ihn sich aus dem sinn schlage; got geb das es wol gang. Schertlin br. 9, sein ind. ist geen, gehen;
wo ir wölt das ich dem nach gang,
wert ir im ghricht nit sitzen lang.
H. Sachs 1, 115ᵃ;
ich wil und kan noch mag nit zu im, es gange im recht (gerade) wie gott will. Th. Platter 74; der (teufel) wil, dasz dein leib ... also bald mit deiner seel zu grund gange. Amadis 212;
du sagst, dasz die histori hang
und nur auf zwo personen gang.
Fischart 1, 18 Kurz;
wies auf dem meer so schrecklich gang.
1, 178;
gepürt sich, das ich ... achtung het,
wie es mein kirchenstürmern gang.
2, 34;
vorab die, so kein eifer (eifrige sorge) haben,
wie es gang, wann sie seind vergraben.
3, 358 (klost. 10, 117);
zum baw musz man sich zuvor rüsten lang, auf das der baw geschwinder aufgang. ehz. 66. Im plur. (alem. auch mit -i in in der endung): sol man den lüten gebieten, daʒ si zeman gangin von ieglichem dorf sundrig .. und huld tun .. weisth. 1, 325 (14. jh.); (der ferge) sol ein laden han (als landebrücke) ... dʒ die lüt trucken darüber in dʒ schiff gangint. weisth. 4, 353;
der (thiere in der arche) solt du achten, darzuo sorgen,
sy kriechind, gangind, was (gleich swaʒ) hat s'läben.
Ruff Ad. u. Heva 5460;
unser hirt will dʒ wir gangen den saubren reinen weg der keüscheit. Keisersb. irrig schaf A 5ᵃ; söllen sy mit schiff und anderm fischgeschirr .. bereit sin .. darnach gangen sy zuͦ dem keller und nemen von im das morgenbrot. G. Oheim 57, 9, sein ind. ist gon, wie ston; aber es sei nit one, das kais. maj. und dero räte in emsiger uͤbung seien ... auch gangen starke practica an Hessen (wird mir gesagt). Schertlin br. 35; es ist uns lieber, das die jenige, welche nach solcher speis .. leckert, selbs unter die metzig gangen. Fischart bien. 1588 86ᵃ. so noch z. b. schwäb. (auch stand stehe conj.).
γ)
auch im imp., und da weit über das alem. hinaus, wie mhd. ganc entschieden vorherschte (auch genc, ginc, vgl. 6, f), ahd. gang, alts. ags. gang (altn. gakk):
stand auf und gang mit mir.
Vintler 3290;
gang her, herr Lucifer,
ich wil dir sagen neue mär.
fastn. sp. 505, 22;
drum luog und gang im fliszig no (nach).
839, 3;
gang, ler (lerne) ein ander hantwerk denn ablasz schriben.
N. Manuel 131 Bächt.;
lieber portner, sagt der waller, gang hinein zuͦ allen heiligen .. Wickram rollw. 9, 2; gang dein straasze, gang voranhin u. ä. Maaler 155ᵈ;
lauf, gang gen Boppart zu dem wirt,
dem du nit zalen kondst die irt (zeche).
Fischart 1, 41 Kurz.
auch am Niederrhein noch im 15. jh.: ganck hyn, vade, apage. Teuth. 99ᵃ, noch mit dem mhd. auslaut, wie mnd. gank (neben gâ) Sch. u. L. 2, 9ᵃ. in Mitteldeutschland:
ach Maria, des (darum) gang mit mer (mir).
Alsfeld. pass. 6142;
du peltenersen, gangk din straiszen.
1931;
du kirchenfistern, ganck von mir.
1934 u. o.;
da sprach unser liebe fraw aber: gang her sicherlichen zu mir mit meinem geleit. Luther 6, 501ᵃ, in einer legende, darum im volkston, er brauchte aber die form urspr. auch auszerdem (s. Dietz 2, 42ᵇ), z. b.: gang hyn und sags yhm. an den chr. adel C 1ᵃ; ganck und thu was du wilt. H 3ᵃ. so noch im 17. jh. in Schlesien aus volksmunde: Matthes gang ein, Pilatus gang aus, ist eine arme seele draus. A. Gryph. 1, 768 (Horrib. 16 Braune), aus einer beschwörungsformel, also noch wie in dem alten gang ût, nesso, hd. gang ûʒ, nesso u. s. w. Müll. u. Sch. denkm. IV, 5; auch noch bei Stieler 1385 gang anich, abi, aufer te abhinc! noch alem., z. b. vorarlb. gang Fromm. 6, 254, 49. 3, 211, auch bair.
δ)
selbst im inf. noch im 16. jh., ergangen, in dem landsknechtliede von der einnahme von Kufstein 1504, die belagerten, sich überwunden sehend:
sie sahen über die mauren aus,
'es wird uns nit wol ergangen'.
Soltau 2, 44, Liliencron 2, 55;
der sachen haben wir nit recht ..
es wird uns nit wol ergangen.
das.,
durch den reim herbeigeführt. das ist selbst mhd. nicht bezeugt, musz aber doch im volksmunde fortgelebt haben. auch mnd. noch:
so wil ik den wînkôp angangen (: untfangen).
Theophilus von Hoffm. v. F. s. 53 v. 86;
wultu dat anegangen,
so wil ik dy to dînste enfangen.
s. 57 v. 197 (s. s. 86).
ε)
auch nordengl., schott. noch gang, nordfries. gonge, saterl. ganga; altengl., altdän. gange, gonge (Diefenb. goth. wb. 2, 372).
c)
bemerkenswert eine volle nebenform gengen (Weinh. bair. gr. s. 285, al. gr. 331), nicht zu verwechseln mit gengen gehn machen (s. gängen):
dô hieʒ er îlen gengen,
die chunige gewinnen.
Diemer ged. 234, 25. 32, 20,
neben gên, ergangen 235, 3. 24, gênt, gie 236, 5. 22, aber gench imp. 339, 27 (vgl. si îlten gâhen 240, 28). auch auf alem. gebiete: dʒ ich denne hain genge. Grieshaber pred. 1, 8; trîbe si, dʒ si her în gengen. 44; wildu, sô gengen wir hin. 2, 38. wol auch mnl. nach genginge wallfahrt Oudem. 2, 504. ich weisz nicht ob norw. gjenge ind. praes. Aasen 207ᵇ auch dazu gehört oder nur vom altn. part. genginn ausgegangen ist, vergl. norw. gjengd gehend 219ᵇ mit altn. gengr adj., unser gänge. und noch in bair. mundarten, im pl. mir gängen (wie ständen stehn), imp. pl. gängts Schmeller gr. s. 357, östr. z. b. gengama gen eamus Höfer 2, 285, d. i. gengen wir gên (s. II, 10, e), kärnt. gengen, gengin auch als inf. Lexer 112; z. b.:
natürli genga sie ja oft
wie dcavalier daher.
Kobell ged. in oberbair. m. (1846) 186;
in oan spreng (springen) schir (lebhaft)
gengen dglockkühr (schellkühe).
Schosser naturbilder 50;
heut gengan wir keiner
nit lari (leer) davon.
34.
auch anderwärts, in Nürnberger mundart:
su gäng' mer aff die Schütt.
Grübel 1, 64 (s. 3, 260);
(ich dächte) mer gengetn all zwou.
3, 23;
dei genga dortn ei und aus.
Fromm. 1, 287ᵇ;
mir genga eizet langsam ham.
2, 81ᵇ.
das weist denn auf ein ahd. gengian, gangian, schwache nebenform zu gangan, wie z. b. vallan ein vallian neben sich hatte, mhd. vallen ein vellen, d. h. fallen (s. gefällen 2). und schon fürs goth. ist es ja bezeugt in dem praet. gaggida.
2)
im praet. gilt die volle form von anfang allein und nhd. wieder, nur in der mitte von einer gekürzten und auch nur theilweis unterbrochen (s. 5, c).
a)
ahd. giang, dann gieng, alts. gêng, gieng, ags. gieng, gêng, geong, altn. gékk (schwed. gick, dän. gik), goth. aber nicht entwickelt (dafür iddja, noch ags. eode); mhd. gienc, doch auch gie (5, c), mnd. gênk, gînk, d. h. urspr. gewiss lang, nachher doch genk, gink (so Sch. u. L. 2, 9ᵃ), wie mnl. ginc, kurz (vgl. J. Grimm gr. 1³, 274), nnl. ging; vgl. zu der kürzung Weigand oben sp. 480. die nhd. form macht aber eigne schwierigkeit mit einer kleinigkeit.
α)
das volle gieng (fieng, hieng), d. h. noch mit doppellautigem ie gesprochen, ist im oberd. das überlieferte und gilt so noch heute. wie in den wörterbüchern seit dem 16. jh. da nur gieng Dasyp. 62ᶜ, Maaler 182ᵈ, Henisch 1433, 27, M. Krämer teutsch-it. wb. 518 ff. (gienge), so bei den oberd. schriftstellern auch noch im 18. 19. jh., wenn sie genau schrieben (vgl. β und γ a. e.), z. b.:
ich will dich sehen, wie du giengest,
wie traurig, wann ich abschied nahm,
wie zärtlich, wann du mich umfiengest ..
Haller 225;
(einst) gieng eine stadtmaus auf das feld.
vgl. auch im reime ding : fieng s. 134;
dasz eine selge schaar von geistern ihn empfieng
und sich um seinen hals ihn sanftumarmend hieng.
Bodmer crit. lobged. (1747) 90;
oft giengen sie zu der rosenstaude. S. Geszner 2, 35;
wann Chloe mir entgegen gieng (: hieng).
Schiller I, 309;
ein jeder gieng beschenkt nach haus.
XI, 198;
wollts gott, er gieng und liesz uns seinen hut.
XIV, 350 (Tell 3, 3);
er gieng an meiner seite.
Uhland (1820) 264;
noch lange traf der bauer, der hinterm pfluge gieng,
auf rostge degenklinge, speereisen, panzerring.
375.
J. Grimm hielt, auch fürs wb., an gieng u. s. w. fest auf grund seines geschichtlichen standpunktes; hier aber ist in den beispielen die wirkliche schreibung der verschiedenen schriftsteller zu bewahren, eben auch vom geschichtlichen standpunkte.
β)
aus dem mitteld. stammt das schwanken; auch da ist gieng zwar lange in geltung, obschon nicht mit der oberd. aussprache, doch auch mit länge, wie denn gîng (fîng, hîng) noch jetzt sich findet, z. b. in einem groszen theil von Sachsen, auch in gebildetem munde. im 16. jh. schrieb z. b. Luther gieng (gienk), selten ging nach Dietz 2, 42ᵇ. von wbb. gibt im 17. jh. blosz gieng Stieler 625, im 18. Ludwig 715, Frisch 1, 330ᵃ (sie meinen wahrscheinlich gîng), doch ging der Schlesier Steinbach 1, 538; nur gieng aber wieder Gottsched sprachk. (1762) 330 fg., wie auch z. b. Gellert, Rabener, Weisze. dagegen ging Adelung, mit berufung auf die kurze aussprache, obwol man es gemeiniglich gieng schreibe,welches ein überbleibsel einer gedehnten oberd. mundart ist, welche gí-eng in zwey sylben spricht“. aber ging findet sich schon seit der mitte des jahrh. immer öfter, z. b. bei Lessing im j. 1750 (s. u. c), bei Klopstock in den oden 1771, wie später im Messias, bei Göthe schon von anfang, in den mitschuldigen:
er ging noch erst herauf.
d. j. G. 1, 174;
und ging es nicht?
215,
wie brieflich: wir gingen geschwind. 1, 372 (G. u. Werther 169); und so später:
ich ging im walde
so für mich hin.
werke (1825) 1, 27;
doch hurtig in dem kreise gings,
sie tanzten rechts, sie tanzten links.
12, 55;
und wie nach Emmaus weiter gings ..
prophete rechts, prophete links.
26, 283,
d. h. mit der mhd. aussprache des schlieszenden -g, die bei Luther vorhin mit gienk bezeichnet ist (s. sp. 1105). und auch Süddeutsche nahmen es an, wie schon Schiller neben gieng (s. u. α):
und unter ihrer fahne ging sie zitternd.
XIII, 296;
er möchte gerne, dasz ich ginge.
XII, 124;
denn als von eurem angesicht
ich heute ging ..
XI, 254 (mus. alm. 1798 s. 316),
vgl. empfing 349, 39; gingen mit ihren heerschaaren über den Rhein. Hebel 3, 41;
(dein ruhm) ging schier mit deiner kunst kapot.
Usteri 3, 66;
und sein cimbal am baum hing ..
über sein herz ein traum ging.
Lenau 1, 176;
mir ists zu wohl ergangen,
drum gings auch bald zu end.
Scheffel tromp. v. S. 237.
γ)
die alte md. form ist eben gîng, gînc, im 11. jahrh. z. b. inginc Haupt 15, 23, doch auch oft gieng, gienc geschrieben, z. b.:
in disen zîden ane vieng
ein hungernôt, die umme gieng
alle dûsche rîche.
heil. Elis. 3478;
wanne die stille ane gienc
unde der priester ane vienc.
2679;
di sâ dugentliches leben
bî kindes aldere ane vîng
und ielanc mê in gnâde gînc.
1066.
aber auch im reime auf kurzes i, schon im 12. jh., woraus doch über die kürze von gîng im allgemeinen noch nichts zu schlieszen ist (vergl.hant : gânt u. ä.);
wîser zallen dingen,
ze râte si dô giengen.
Alex. 2159 W. (vgl. den herausg. s. CXI);
mit sînem jungelingen
ze sturme si dô giengen.
2199;
der wol geborne jungelinc
den mâhen er frôlîche entfienc.
1911;
swâ eʒ in di nôt gînc,
der was ein edele jungelinc.
1620, vgl. 5880;
als er dannen gînc,
dô bequam im ein jungelinc.
Herbort 17994 u. ö. (s. Fromm. s. 225).
Auch oberd. erscheint doch früh ging geschrieben, selbst ahd. schon (Weinh. bair. gr. 286), aber ohne bürgschaft für kürze, da man dort oft und früh auch i (und u) schrieb und das ie (uo) der aussprache überliesz (wie den umlaut), z. b.:
dô ginc daʒ kint Laban
in sînes vater hûs stân.
Diemer ged. 20, 12 (gî z. 11), gingen 16, 21 u. o., gienge 212, 20;
nach adelichen sitten   Krenhilt da gen in ging,
da si di schon Brunhilde   gar tugentlich enpfing.
Nib. nach d. Piaristenhs. 581, 3. 4;
ee dann der Titus, der euch (Juden) ving (zu gefangnen machte),
dem seit kein jud noch nie entging.
fastn. sp. 806, 15;
und gingen zu dem auf der por.
H. Folz bei Haupt 8, 528;
in des die pawrn zu opfer gingen,
diser begunt auch zu hin dringen.
527,
vgl. flihen : zihen s. 522, schier : dir 538, gieng : empfieng 537, giengen 539. so noch im 17. jh. bei dem Baier Schönsleder neben gieng T 2ᶜ auch ging S 8ᵈ. T 3ᵇ, er sprach aber und meinte gewiss nur gieng.
δ)
erwähnenswert ist du giengt noch im 16. jh.: wenn giengt zum tor yn? Zwingli touf r 2ᵇ (s. u. kommen I, 10), wie im 15. jahrh. alem.:
Brinhilt, wau (wa) giengt zuo schuol?
Herm. v. Sachs. mörin 2099.
b)
daneben einzeln gung, d. h. wie bei allen ursprünglich reduplicierten praet. (s. sp. 479 fg. Weigand, vgl. zu Soltau 2, 85); belege aus dem 17. jahrh. sp. 480 aus Moscherosch, es ist aber älter, schon im 15. jahrh.:
er da mit zichten gung (: jung)
hin für den Berner stan.
heldenb. 613, 32 K.,
d. h. als willkommene reimform aus der volksrede aufgenommen (der reim ist dort sonst gie), wahrscheinlich oberrheinisch; der künig güng zuͦ der tochter und sprach. Apoll. v. Tyrus h. v. Schröder 107, 25, meiszn. 15. jahrh.; das sie bald wieder hin weg güng. 123, 28, das ü ist wol aber hs. uͤ, d. i. uͦ, u;
bald guͦng ein doppelhoken ausz,
auch andre büchsen mit schallen.
Uhland volksl. 507 (16. jh.);
es guͦng so mancher schutz (schusz) herausz.
das.;
iedoch so gab gott genad, das die finstre verguͦng. erschrockenl. newe zeit. v. 12. junij 1542 A iijᵃ;
bisz das der abend herein trung,
das ider frölich haim zu gung.
Fischart glückh. schiff 1132.
es ist noch jetzt z. b. meisznisch, genauer gunk (wie funk, hunk), auch hennebergisch gung Fromm. 6, 515, 13, im conj. güng in Sonneberg Schleicher 56; in der Wetterau gong, nach Weigands auffassung (s. spalte 480), gleich gung; auch niederd., z. b. im Göttingischen gung neben ging, plur. auch güngen Schamb. 59ᵃ, altmärk. auch sg. gung und güng Danneil. 61ᵇ; desgl. schweiz., appenz. gueng (neben gieng) conj. Tobler 231ᵇ. vgl. auch lusz liesz Uhl. volksl. 702, ruf rief Soltau 2, 267, thür. hûsz hiesz Fromm. 3, 548ᵇ, hess. ûr gleich mhd. ier sp. 2102 unten. gerade bei gung, guͦng könnte stund, stuͦnd einflusz gehabt haben, denn gehn und stehn sind in der entwickelung hand in hand gegangen, auch mit wechselwirkung in der form (s. c a. e.).
c)
aber auch gang für gieng; man hört es z. b. in Sachsen hie und da, daher selbst bei Lessing, im conj.: nicht weil es mir jezo eben schlecht in Berlin gänge, sondern weil ich es ihnen versprochen habe (nach Göttingen zu gehen). 12, 15, briefl. an s. vater vom j. 1750 (dasz es mir sehr schlecht ginge s. 18); so musz es auch möglich sein, dasz alles, was evangelisten und apostel geschrieben haben, wiederum verloren gänge. 10, 10 (zur gesch. u. liter. 4, 495). auch appenz. i gäng conj. Tobler 231ᵇ, bair. i gang, stand, gienge, stünde Schmeller gramm. s. 358, tirol. gang conj. Schöpf 185, kärnt. Lexer 112, österr. Schosser naturb. 11. 136; bei Schmeller ein beleg um 1600 aus einer hausinschrift bei Amberg:
bis Noah in die archa gang,
die ganze welt in wasser schwam ..
alsbalt nur Loth aus Sodom gang (: bran).
auch diesz gang wird von stand praet. beeinfluszt sein, das freilich selber der erklärung bedarf (urspr. stûnd, mhd. stuont), vielleicht aus dem conj. stünde, wie fand, sang u. s. w. neben conj. fünde, sünge. auch die nl. volksform gong (nl. wb. III, 23) ist wol nach stond umgebildet, diesz aber wieder auch zu stong, offenbar dem gong zu gefallen, ja zu sting, damit es mit ging überein käme; das gehört zu den merkwürdigsten beispielen, wie gehn und stehn (vgl. II, 4) im sprachgefühl sich gesucht haben; noch merkwürdiger doch spät mhd. stie für stuont (Weinhold mhd. gr. s. 316), d. i. nach gie, s. 5, c. zu gang (auch ags.) vergl. übrigens unter 6, f.
d)
das part. praet., jetzt gegangen, war mhd. meist gangen, und dieses auch nhd. noch, im 16. jh. sehr beliebt, z. b. (s. auch unter e): Laban war gangen seine herde zu scheren. Luther 1 Mos. 31, 19 u. o., aber oft auch gegangen; ich bin alle tage zur messe gangen. summa des chr. leb. (1533) B 1ᵃ; ist .. ein seer tiefer bach gewesen, und gar ein schmaler steg darüber gangen. Wickram rollw. 14, 13; wie es zuͦ ist gangen. 45, 5; zuͦhanden gangen. 71, 10; ist inen ir tail ires legers angangen und .. verbrunnen. Schertlin br. 7, aber auch ein sturm (acc.) wider ine angegangen 9;
als sie nun gangen warn.
H. Sachs 1, 96ᵃ.
auch im 17. jahrh. noch oft genug, auch bei Norddeutschen: bis alles darauf gangen ist. Olear. Lokm. 26 u. ö.; da ich aus dem pennaljahr gangen. Schuppius 245; die zwei vornehmste prediger, die jemals auf erden gangen. 595 u. ö.; wem es übel gangen im alten jahr, dem wolle gott heut ein neues glück verleihen. Otho 94; dasz (mit dem 17. jahrh.) die teutsche sprache und die teutsche ruhe zugleich übern haufen gangen. Leibnitz erman. an die Teutsche (weim. jahrb. 3, 104). noch in mundarten, daher gern im volksliede, und nach diesem:
der vater im hain
ist gangen die wölfe zu schieszen.
Göthe 3, 3 (ballade).
e)
das perf. übrigens, in der regel mit sein, findet sich doch auch mit haben, schon ahd. bei Notker, s. aus Boeth. habet follegangen Graff 4, 75 (auch ags. Beowulf 2631), mhd. (wb. 1, 463ᵃ, 30, Lexer 1, 734), besonders doch in md. mundarten, auch nrh.: die die strengen hervart ane ergangen habent. hoh. lied h. v. J. Haupt 107, 6; alse der cins von aldere gegangen hat unde furbaʒ gehin sal. cod. dipl. Sax. II, 2, 166 (14. jh.); unde (es, das erbe) zu wegin unde stegin mit ir gegangen hat. Magd. frag. s. 105; unde sie hat mit uns zu strosze gegangen in der stad. 229, hat sich öffentlich mit uns sehen lassen;
ich han all mein tag zu acker gangen.
fastn. sp. 344, 18;
kleine kindere ... die sust nicht usz deme huse hetten gegangen ane geheisze der eldern (liefen mit zur wallfahrt). K. Stolle Erf. chr. 212ᵇ, Haupt 8, 309; is lief manch meidichen .. das nicht vor die thor (thür) ane der mutter .. willen hette gegangen zu ores nakeburs kinden. 311 (214ᵃ); das bruch zu Sweinheim hait von alters gangin und geet noch .. an dem hertwege an. weisth. 1, 523, vom Untermain 15. jh.; hie is die schole gestanden, da inne unse lieve vrauwe in ieren kintlichen dagen zo scholen hat gegangen. Harf pilg. 177, 36, cölnisch; wie wir denn sehen, das es gangen hat. Luther 5, 334ᵃ; du hast zu Tolpel in die schul gangen. ders. bei Dietz 2, 42ᵇ; also hats diesen mördern auch gangen. das.; wolt ihr es besser haben, als die zwei allervornehmste männer, die jemals auf erden gangen haben? Schuppius 308; ein jeder examinire sich selbsten und denk, wie lang er in die narrenschul gegangen hab. 651; wie hat dirs denn gegangen? Schlampampe 48; erzähl mir nun auch, wie es dir gegangen hat und wie es dir nun geht. Stilling wand. 100; so hat es schon vielen gegangen. Tischbein in Mercks br. 1, 318. noch jetzt hört man in Sachsen, Thüringen z. b. bei einem besuch fragen wie hat es denn immer gegangen? neben dem gewöhnlichen wie ist es g.? merkwürdig auch beides gehäuft, in sorgsamem canzleistil, aus Frankfurt a. M. vom jahre 1294: zweiunge und missehellunge .. der sie (die streitenden) uf uns (den Frankf. rat) gegangen hatten und waren. Riegers heil. Elis. s. 48, vgl. in Baurs hess. urk. 1, 517: daʒ wir (klosterfrauen) allir werntlicher sache .. sin gegangen uffe Bernharten von Guse, nachher aber ebenda daʒ wir allir geistlichen sache han gegangen uffe meister Theodrichen (zur sache s. II, 9, g). so noch nd. ek hebbe gegân Schamb. 59ᵃ, nl. hij heeft achter hem gegaan (nach umständen doch auch mit zijn).
3)
neben der längeren tritt aber ziemlich früh eine kürzere form auf, die sich vom praesens aus allmälich über das ganze wort vorrückend erstreckt hatte (s. 5), aber im nhd. wieder auf das praes. zurückgedrängt worden ist und auch da die bequeme einsilbigkeit des stammes theilweis wieder eingebüszt hat, auf die sie von haus aus gerichtet war, diesz wiederum wie bei stehen.
a)
ahd. neben gangan auch gân inf.; bei Otfr. beides (Graff 4, 66), und früher schon in den andern formen des praes., in der übers. benedictinerregel inkaat ingreditur Hatt. 1, 32, anakânt succedunt cap. 32, kânt eunt 65, anagât 21, kekât 64, ûʒ kânte exeuntes 48 neben kankanti ambulans 7 (s. 56). 64, kangant vadunt 7, in kankanne in ambulando 64 (s. 121), conj. kangê s. 29ᵇ. 38ᵇ. 52ᵇ u. ö. (praet. keanc 49ᵇ); vergl. stân 31ᵇ. 92ᵇ. 94ᵇ. dazu in der 1. pers. sg. neben gân anfangs auch gâm, s. anagâm invado Graff 4, 79, ingâm 80, pikâm 91, zoagâm aggredior 95. auch im part. später gândo und gâendo Graff 4, 68 fg., im imp. gânt und gêt, doch im sing. nur ganc das.
b)
auch die merkwürdige e-form, gên (die entstehung s. 6, b), die nhd. den sieg davon tragen sollte, ist schon ahd. entwickelt, doch nicht gleich früh mit der a - form, aber gleich von anfang keineswegs von ihr geschieden, sondern damit gemischt (und mit der vollen form), wenn auch nicht in gleicher mischung; so bei Otfried (Kelle bei Haupt 11, 15), im Tatian, z. b. ir gêt O. III, 16, 24. V, 9, 14, und zwar in allen hss., wie im folg.:
thâr liuti after wege gênt,   thie in themo akare stênt.
II, 22, 14,
während im sg. nur gigât, zigât, im inf. nur gân vorkommt; aber auch im conj. (neben gange, aber nicht gâ):
thaʒ worolt irri ni gê (: in thesemo erdringe).
im Tatian gâmês eamus 166, 4 und erstêt inti gêmês surgite, eamus 182, 8, im ind. neben gân ire 46, 5 u. ö. gân eo 123, 5, gât 42, 1, öfter gêt it, ite u. s. w. (neben gengit), gênti iens (neben gangenti). aber im oberdeutschen tritt die e-form nicht so früh auf.
c)
auch auszer dem hd. gebiete. alts. gleichfalls zuerst mit â, im Hel. nur erst einmal fulgân in der Münchner hs. von 1473 für das gewöhnliche fulgangan, das auch dort die engl. hs. hat; dann in den ps. öfter gân, in der Freckenh. heberolle gânde gerund. (dort neben gange conj., gangende part.), in dem stück aus Beda aber begêd (Heyne kl. denkm. 64. 118ᵇ, vgl. unter e); vgl. nrh. im 11. 12. jh. gên neben gân Zacher 10, 136 ff. ags. nur gân, neben gangan z. b. im Beowulf, wo auch schon gegân als part. perf. 2631 (s. 5, a); nordhumbr. gaa ire, vadere neben gonga (Bouterw. 323ᵃ). altfries. neben gunga auch gân, part. gênd, wie gât und gêt it, auch im part. perf. gên, wie ags. gegân (Richth. 788ᵃ). auch altn. neben ganga einzelnire, gâr it, vergl. gâfagr adj. gleich gangfagr, von schönem gange (Egilss. 217).
d)
mhd. greift die bequeme kurze form um sich, erobert namentlich entschieden das praes., in dem die volle form nur im imp. das übergewicht behält und im conj. sich zu behaupten sucht; die kürze ergreift aber auch das praet. und tastet selbst das part. perf. an (s. 5), woran im ahd. noch nicht zu denken war.
α)
dabei gehen gân und gên neben und durch einander, in welcher vertheilung oder mischung und kreuzung, bleibt noch genauer zu untersuchen, vgl. mhd. wb. 1, 462ᵇ, 23, Lexer 1, 733, Weinh. bair. gr. s. 284; das ältere gân hält sich oberd. fester, besonders im alem., das jüngere gên aber (das z. b. Wolfram entschieden bevorzugt), greift doch immer weiter um sich, wie stên neben stân. in den Nib. z. b. herscht wol gân noch vor, aber beide auch nah beisammen, wie blosz zur abwechselung:
dô bat si zeime venster   eine maget gân.
diu sach den küenen Gêren   an dem hove stân.
684, 1;
si sprach zuo dem künige   'sehet ir wâ si stênt,
die mit dem starken Gêren   ûf dem hove gênt?'
685, 2 (in J stânt, gânt);
Gêren den vil rîchen   bat man an den sedel gân (: man).
688, 4;
'erloubet uns die botschaft,   ê wir sitzen gên,
uns wegemüede geste,   lât uns die wîle stên.
689, 1 (stât 689, 4), in J gân, stân;
man bat die juncvrouwen   hin ze hove gên (: stên).
1618, 2;
man hieʒ die juncvrouwen   ze kemenâten gân.
1625, 2;
welhe sicher bestênt,
die uns niht abe gênt.
krone 1161 (vgl. gên : zwên 6938);
obe daʒ aber niht ergât,
ist iemen hie der mich bestât.
1168;
ir hânt sie sô umbe stalt,
daʒ sie niender mac gegân.
wie lange sol sie alsô stân,
daʒ ir sie niht gên lât,
dâ ir herze hin mit willen stât?
10988 ff.,
wie im conj. sowolim reime s. 78ᵇ (stê 89ᵇ) als gâ 308ᵇ (s.β), neben herschendem stân auch stên 366ᵇ. aus dem Iwein s. z. b. unter II, 2, d gât und gêt. und so schon früher im südosten, die jüngere form auch auszer dem reime:
der herre hiʒ (l. hieʒ) in gên dare ..
dô îlte er an daʒ velt gân.
Diemer ged. 23, 15. 18,
vergl. gên 22, 26, gân (: getân) 20, 19. 19, 24, auch stên 21, 6. 18, 9, stân 20, 13 (s. auch unter 1, c);
die zuͦ den zinnen mohten gân ...
dâ der Jordan ûʒ gêt.
205, 8. 14.
auch md. beides, z. b. bei Ebernand, doch â vorwiegend (sieh Bechst. s. xxvii), beides auch in der erlösung (Bartsch s. 353), in der heiligen Elis. (Rieger s. 377ᵃ), bei Jeroschin; auch nah beisammen:
ist aber daʒ du wol bestêst
und gesunt hinabe gêst.
pass. K. 443, 38;
als daʒ schif .. undergât,
ob man im niht widerstât.
443, 77,
wo doch das â auch noch entschieden vorherscht, s. z. b. 248, 15. 42. 49 (gêt 275, 36, stêt 140, 19, stên 412, 62); im 14. jh.:
so mag si vorbaʒ nicht gegên (: lên).
Haupt 17, 361, 5;
ûf sulchim velde si gât (: stât).
362, 6;
dâ begonde si irn wec gâ (: nâ) ..
dô sach hers in ein hûs gê (: spê).
Bartsch md. ged. 86, 74. 76.
man muszte aber darauf verfallen, die verschiedene form auch verschieden zu verwerten.
β)
das ê ergriff besonders den conj. (mhd. wb. 1, 462ᵇ, 35), für den man damit offenbar eine unterscheidung vom ind. suchte, nachdem das volle gange (1, b, β) im gewählten stil auch da zurücktrat. bei K. Flecke hat es Sommer s. 290 beobachtet, er hat gut alem. nach dem reime nur gân (stân), doch im conj. noch gange (stande), aber auch gê (stê), wie noch später alem., z. b. beim Büheler:
das ich erfare, wie es ir ge.
königst. v. Fr. 2766,
aber gleich darauf auszer reim:
wie es gang minem lieben wib.
2771.
auch bei Neidhart nach Haupt s. 221 im reime nur gân, gât (stân, stât), aber im conj. gê (stê). ebenso bei Hartmann, Gotfr. v. Str., die sonst noch an gân (: stân) festhalten, aber im conj.:
swie nâhe er mînem herzen gê.
Iwein 5487;
daʒ ich im nihtes abe gê,
daʒ im ze dieneste stê.
4909;
und enweste niht, wieʒ dem ergê (: sê).
Greg. 648;
daʒ ich ze vollem lobe gestê.
nu enweiʒ ich niht wie daʒ ergê ..
1876;
wie dîn muot darumbe stê (: wê).
arm. Heinr. 1095;
daʒ er ze sînem herren gê (: mê).
Trist. 269, 27. 335, 31. 208, 40;
daʒ dîn dinc alsô volgê,
daʒ eʒ nâch dînem willen stê.
113, 13;
swie kumberlîch eʒ aber nû stê,
swie kûme sô mîn schîbe gê.
363, 36;
swie sô eʒ aber dar umbe ergê,
swie harte eʒ mir ze vâre stê.
374, 11,
vergl. stê 116, 39. 320, 33. 328, 12. 370, 39. 376, 17, sonst aber gân, stân, wie bei Hartmann. auch bei Konrad z. b. im troj. kr. neben gân, stân conj.s. 157ᵃ. 194ᵇ. 219ᵇ (Kell.), wie stê 179ᵃ. 182ᵃ. 215ᵃ, im Parton. gê 217. 9971 (stê 4909. 5439);
daʒ es iht von herzen gê (: wê).
Walther 13, 34.
md. im pass. K. ebenso gê 14, 35; gê wir uber zu Bethleem. myst. 30, 25. auch schon im 11. 12. jh.:
(kaufen) ê der marchet zegê.
Diemer 304, 23;
die gên (sollen gehen) beide hin dan.
genes. 157, 9 D.
auch das beginnt schon ahd., s. bei Otfried unter b. der conj.ist geradezu selten (Weinh. bair. gr. s. 284), gâ wir eamus Trist. 274, 5; doch s. noch bei Luther gahe unter 7, b, wie im 13. jh. md. (nd.):
als iʒ in .. nicht missestâ
unde ouch gnêdichlîche irgâ.
Eike Sachsensp. vorr. 186.
damit war denn freilich die möglichste kürze erreicht.
γ)
auch im imp. wird, wie es scheint, das ê bald vorgezogen, z. b.:
nu gêt der stiege nâher.
Nib. 2045, 2 (in allen hss.);
nu begêt genâde an mir.
Iwein 8123 (stêt ûf 8132);
stêt ûf, her Tristan, unt gêt her.
Trist. 268, 30;
ich wil gên, sô gêt ouch ir.
373, 28 in MF (gân, gânt HW);
daneben doch gât 390, 9, wie im sg. gâ 270, 24. 33. 278, 39. 285, 31, auch mit ganc nahe beisammen:
geselle, sprach er, gâ hin abe.
dâ stât ein kiel in der habe,
dâ ganc geswâslîche hin.
269, 21 ff.,
gleich darauf conj.z. 27. erst später auch im sing. imp. gê, wahrscheinlich nach dem pl.:
gê her und nim si ze rehter ê.
Renner 1690;
wîch von mir balde und gê bî (zur seite).
pass. K. 112, 6 (neben ganc 721ᵃ);
gê, gang dich erhenken.
lieders. 2, 704.
möglich dasz der imp. gêt dann auch auf die entsprechende form des ind. zurückwirte; bei Hartmann z. b. neben eʒ stât: eʒ gât 4077 fg. im plur.:
ich sihe wol daʒ ir stêt
unde rîtet unde gêt.
Iw. 4036 (in allen hss.);
vergl. schon ahd. unter b ir gêt (Otfr.), gêt imp. (Tat.). auch im part. (schon im Tat. gênti, s. u. b) z. b. gênte, stênte dicht neben gân Diemer ged. 10, 11, vgl. gên (: bringen) 11, 1, selbst im reim auf getân geschrieben gên 190, 12. 191, 12. aber die weitere auseinandersetzung und der kampf der zwei formen bedarf genauerer untersuchung. im allgemeinen zeigt sich die jüngere form im vordringen, hauptsächlich im bair. und md. sprachgebiete, wo sie denn auch endlich zum siege kommt, zum theil schon vor der nhd. zeit. denn in prosa herscht sie schon im 14. jahrh. bair. z. b. in den gesta Rom.: ich wil gen zuͦ meinem vatter. 1; wenn ein kint überget seines vater gepot. das.; daʒ der tag auf ge. 2 u. s. w.; ebenso md. im 14. jahrh. östlich in Beheims evang. allein (Bechst. s. 258ᵇ, vgl. stên 298ᵇ), westlich bei Herm. von Fritzlar, wie der schreiber der heil. Elis. gên bevorzugt (Rieger 377ᵃ), wo stên auch beim dichter überwiegt (406ᵇ). so wird das gân, stân der dortigen dichter mehr fortgeführte kunstüberlieferung von früher sein, während schon Wolfram auch darin mehr dem leben folgte.
e)
auszer dem hd. und md. behauptet sich dagegen die a-form im nrh., cölnisch z. b. im 13. jh. in G. Hagens reimchron. gain 547 (stain 564) städtechr. 12, 37 fg., im 14. jh. gain und stain 279, 10, nur dasz das ai auch in ei ausweicht in gein wir, geit (s. 4, d, δ) s. 406ᵃ; noch im 16. jh. in der Cölner gemma 1511 gaen L 5ᵇ. J 6ᵈ. Z 3ᵃ u. o., bei Harf gayn 10, 33. 36, 29 u. o., dabei geyt 7, 5. 8, 19. 9, 33, wie geit bei Hagen. auch nd. bei Sch. u. L. 2, 9 nur gân, auch ik gâ, conj. und imp. gâ, part. praet. gegân, gân, aber wieder auch geist, geit (selten gât), wie noch jetzt Brem. wb. 2, 479, Schamb. 59ᵃ, Danneil 61ᵇ, gân, aber überall geist, geit. ebenso mnl. gaen, nnl. gaan, dort aber und noch landschaftlich gleichfalls auch geit und geet (neben gaet, gaat), das denn mit dem alts. begêd unter c eins sein wird. Auch auszerdeutsch, altengl. gân, gâ, früh auch zu gôn, gô geworden (wie hd., s. 4, b). aber neben älterem gâst, gâđ bald auch gêst, gêđ (gleich jenem geit) Stratm. 232; neuengl. go, wie schweiz. ebenso dän. gaa, gaae (part. gangen und gaaet), schwed. gaͦ (part. gaͦngen), landsch. auch noch ganga Rietz 184ᵃ, wie norw. neben ga, gaa noch ganga Aasen 207ᵇ.
4)
auch nhd. geht das schwanken zwischen gan (gon) und gen noch länger fort, in mundarten bis heute.
a)
gan setzt sich länger fort nicht blosz im oberd., obwol da vorzugsweise:
ich gah auszhin auf mein dörfelein.
Gengenbach 329 v. 718;
gha annen (d. i. anhin) du, ich kumm hernach.
das. v. 715;
si stand mit ern hinder der tür,
so die fürsten gand herfür.
Uhland volksl. 427, vom j. 1450,
ein adelicher wider die stolzen städte, die (d. h. ihre vertreter) auch auf reichstagen nun den fürsten sich gleich stellen;
den fürsten gats ze herzen.
429;
es gat in als si hand verschuld.
431;
so musz es euch an das leben gan.
fastn. sp. 281, 12;
damit ein end und pald darvon,
wann wir noch weit haben zu gan.
282, 1 (vgl. Brant, Ayrer nachher);
ich urteil, das ein sollich man
drei kalt winter sol parfusz gan.
308, 17;
wie wol ich uf der gruͦben gan (: lan).
Brant narr. 5 überschr.;
gant siben wol uf ein quintin (quentchen).
10, 34;
als solt es nachts zuͦ metten gan (: stan).
102, 26;
bruͤderlich lieb ist blind und dot,
uf btrogenheit ein ieder gat.
102, 6 (vgl. von : gan vorhin);
noch mach kein suppen usz dem brot,
das dir noch in dym mundt umb gat.
facetus 240;
gib lob dym wirt, wann du hin gast (: stast).
288;
gaast du zuͦ deinen gesellen. Wickram rollw. 76, 29; gastu noch da? 42, 28 (oft auch gon); der welt glaub stat, der recht glaub gath. S. Frank parad. (1558) 256ᵇ, daneben 257ᵃ geht und gehet, jenes offenbar gewichtiger;
und leget seinen kittel an
und must darinn gehn kirchen gan.
H. Sachs 1, 497ᵇ;
als könn er gar nicht gahn (: an).
Ayrer 3040, 11;
wie es so wol drinn thu zugahn (: davon).
2951, 28.
auch md., z. b. bei Luther anfangs (Dietz 2, 42ᵇ): laszens immer einher gahn. an den adel K 1ᵃ; liesz er ehe die welt untergahn. L 1ᵃ; da grosze kost auf gaht. F 1ᵃ; wer das erste mal gen Rom gaht. G 1ᵃ; das ein keiserlich gesetz aus gahe. E 4ᵃ; gaht und staht es (so). M 3ᵃ, vgl.bestan F 4ᵃ, aber auch: leszt bapst und bischof hie gehen was do geht. G 4ᵃ, was ihm wol an sich die geläufige form war, jenes die gewählte (s. 3, d a. e). Auch im 17. jahrh. noch, z. b. bei Henisch 1333 gahn (neben gehen), abgahn, ausgahn, mit beispielen, wie: was weit hindan, das laszt man gahn; je mehr der geizige hat, je mehr ihm abgaht, aber auch ohne reim: es gaht ihm so viel ein (aus seinen gütern), kommt ein. schweiz. noch in der Zürcher bibel v. 1638 sy gahnd ps. 45, 6, ja warum gahn ich so traurig hereyn ps. 43, 2, erst 1667 in gehen umgesetzt (Mezger gesch. der schweiz. bibelübers. 245). sprichwörtlich noch später, auch nicht oberd.: kleider aus kleider an, essen, trinken, schlafen gahn, das ist die arbeit welche die lutherische thumherren han. Schuppius 75, wo der reim das alte fest hielt. auch in volksliedern noch und bei dichtern die der alten schule folgten; z. b. Spee (vergl. sp. 1622 fg.):
so musz es allen feinden gahn.
Soltau 2, 388;
der handel thut von statten gahn.
389;
auch höret man
im grünen gahn
spazieren laut und geigen.
Spee trutzn. 8, 49 (s. 27 Balke);
wann früh vor hellen tagen
die morgenröt aufgaht (: hat).
6, 18 (s. 18),
und so oft, aber wechselnd mit gehn und gohn (s. b), nach reimbedürfnis (vgl.besteht und bestahn s. 19); doch auch noch auszer dem reim:
(die nymphen) gahn spielen, scherz und schimpfen.
8, 24 (s. 26),
bei gehn lächlend umb
8, 9;
auch werdens gahn herummer.
33, 109 (147).
doch schon bei Weckherlin nicht mehr, geschweige bei den Schlesiern, es galt nun für meistersingerisch, pritschmeisterisch. aber im 18. jh. wieder in alterthümelnder haltung:
doch mag er frei seiner wege gahn,
nur hör er noch zwei wörtchen an.
Göthe 13, 72 (fastn. v. pat. Brey).
b)
gân ward aber auch zu gôn (wie mhd. ân zu ôn, ohne, vgl. engl. unter 3, e), besonders alem. (hier auch gaun), seit dem 14. jahrh.: sie (die juden) süllent gaun in ir rehte schuͦle. Straszb. chron. 97 vom j. 1322 (vorher îngân); wie si (die pfaffen) gônt so gar unpheflîche. Merswin 9 felsen 30. 39 u. o.; solte got die welt lôsen undergôn. 52, wie stônt, stôt 35 u. o. (aber gêt 32. 131); der gern zuͦ kirchen gôt. Closener Straszb. chr. 115, 9; wider in sînen orden gôn. Königshofen 671, 30;
die doch des rechten nit verston
und blintlich an den wenden gon.
Brant 2, 4;
so ainer darus gon wurde. G. Oheim Reichenauer chron. 129, 2 u. oft (staut und stât 89, 2); das er als spät nummen me getörfte (sich getraute) gehen Biberach gohn. Baumann qu. zur gesch. des bauernkr. in Oberschwaben 280 (gaun 165), aber gat 289; adeo ich gon herzuͦ, exeo ich gon ausz. Dasyp. 62ᵈ (daneben abeo ich gehe hinweg, tempus abit die zeit gat hin, auch ich gange, s. 1, b); gohn, aufgohn, entgohn u. s. w. 343ᵈ (gehen 337ᶜ fg.); bei Maaler 189ᶜ ff. nur gon, kein gan oder gehen;
aber in ein helgen orden gon
kanstu on sünd nit abschlon.
N. Manuel 170 Bächt.;
und werd im kloster müeszig gon
und dört das ewig leben han.
145 u. ö. (vgl. unter a von : gan);
daneben doch mit a (vgl. c, α):
der wiler wirt dir wol anstan,
wirst nun (nur) im garten umbher gan.
142, auch gan : an das.
auch auszer dem alem., z. b. bei H. Sachs, Ayrer (Weinh. bair. gr. s. 284):
darum tetens all gon (: von).
H. Sachs 1, 204 Göd.;
so ge vor, ich wil dir nachgon (: person).
3, 144;
wen schir das alter her will gohn (: von).
Ayrer 3169, 24.
da ist es freilich nur noch reimwort, wie gan wol auch schon, denn in prosa heiszt es bei Ayrer z. b. die drei landsknecht gehn ein 2950, 31, wie in den dialogen des H. Sachs gen, sten. auch im 17. jh. noch bei Spee:
Daphnis müszt zu grabe gohn (: mon).
trutzn. 45, 240 (s. 210 B.);
wer heiszt die flüsz von felsen gohn (mon).
25, 19 (s. 105).
daher noch bei A. Gryphius als meistersingerisch:
der frische brunn kommt einher gohn (: mon).
P. Squenz 28 (s. 29 Br.),
ich fürchte es werd' mir immer gehn (: geschehn).
27.
c)
dieser wechsel mit den schwankenden formen, den dichtern willkommen, findet sich aber auch in prosa.
α)
so gan und gon alem., auch nah beisammen: und wo der far hine gat (auf die weide) .. do sol er gon one einunge. weisth. 5, 482, vom j. 1380, els.; für andern kosten .. so darüber gat (wird aufgezählt) und für andern kosten so darüber gon musz. Tschudi 2, 158ᵃ, münzvertrag v. 1425; ob sach were das ainer an das far kæm (zum überfahren) .. der sol dristunt ruͤfen. komt der fer (ferge) nit, so mag er in das wirtshus gan und uf des fern costen ain masz win trinken und dann wider dar gon und aber ruͤfen. Mones zeitschr. 5, 380, vom j. 1497; es gadt aber zuͦ diser zyt glych wie zuͦ der apostel zyt. Zwingli vom predigampt A ijᵃ (stadt A 4ᵃ); sölte es also zuͦgon. A iijᵃ; so ir in das hus gond. B ijᵇ. iijᵃ (understond A 4ᵇ, verston E 1ᵇ); auf das schlosz gon Wickram rollw. 90, 12, gand hin (imp.) 91, 2, gan 88, 8 (also geht es 88, 20). in einem Thurgauer weisth. von 1521 gond 4, 416 fg., gon 420 und gat 419 fg. daher denn auch bei den dichtern, wie Manuel unter b, Brant (s. Zarncke s. 286ᵇ), Gengenbach, Murner, auch ohne einflusz des reimes:
vil gandt gar stoltz in schuben har (einher) ..
dann (einmal) gont sie bald, dann vast gemach.
narrensch. 9, 1. 5;
ob er (der fremde) vor dir anhin will gan,
soltu in gern gon vor dir lan.
facetus 219 (s. 139ᵇ);
lasz als gon recht wie es gat.
Murner narrenb. 19, 121 Göd.;
sunst lon sies gon recht wie es gat.
62, 15;
unt tracht nit, wa es usz möcht gon (: ston) ...
sin narrenspil wil uszher gan (: zan).
84, 4. 29.
der gesprochene laut mochte noch zwischen â und ô mehr in der mitte stehn, wie das landschaftlich, z. b. in Thüringen noch jetzt vorkommt; vgl. au, ou und o bei Herm. v. Sachs. unter β.
β)
aber auch gen und gan (gon) so, gleichfalls alem.: und sol (der ferge) den nachgenden zuo dem hindren gransen (des schiffes) us lan. weisth. 4, 354, den verfolger, neben gan, gat 353; ain mensch in ainem closter, dʒ also anhin gat (so dahin lebt), es geet zuͦ capitel, zuͦ chor u. s. w. (gewohnheitsmäszig). Keisersb. has im pf. b 3ᵈ; das es nit also glat dar geet, als du mainest es dir dar geen solt. b 1ᵇ; er gat nit stäts der sachen nach. das. (geen ist doch schon häufiger); so tag und nacht scheidet, gond sy (die hähne) gen schlafen. Heuslin Gesners vogelb. 78ᵇ (s. dazu II, 10, e); der in dörnen gahn will, wie kann er ohn zerrissen herauskommen. Parac. 1590 9, 112, nachher das.: der für sich sicht do er geht .. der fallt nicht. auch nürnb.: gan, als eim wol oder ubel get, succedere, prosperari wolgeen. voc. 1482 k ijᵃ. bei alem. dichtern:
wann das der stett gewalt uf gee.
die würden durchainander gon.
4185;
in zirkelmaus (masz) der himmel get (: seit).
4410;
zwinzen sol gen zwieren gon.
1621;
was aber an das leben gaut.
2046. 1593;
da det der Eckhart für her goun (: getoun).
1150. 2057 (: kron),
wie bestoun (: won) 3143, ou als mitte von au und ô (vgl.α a. e.);
was get min frouwen an dü gab.
2018,
also auszer reim get, wie stet 1972;
myn sorg ist, wir verlieren me
und das es uns noch übler gee.
Brant narr. 88, 34;
oder sie in ein kloster gee.
facetus 488,
neben gang conj. (1, b, β), gat, got ind., wie bei Herm. v. Sachs. auszer gee auch gang 1677;
hör, jüd, es must also ergan.
fastn. sp. 806, 24;
und keiner wirt dardurch eingeen.
807, 2.
im 15. 16. jh. auch bei mitteld. dichtern:
engel gotes, wie wirt is irgen
adir wie wirt is geschen,
adir wie sal is zu gan,
das ich sal enphan.
hess. weihnachtsspiel h. v. Piderit v. 35 ff.,
frage der Maria bei der verkündigung ihrer empfängnis;
sie sprach: du magst an galgen gahn (: mann).
B. Waldis Es. II, 62, 25;
wer weisz, wie mags uns denn ergohn (: von).
39, 14;
wöllns auch nit lahn fürüber gehn (: stehn).
31, 212,
in prosa aber in der widmung gehn, gehen. aber auch auszer reim noch in einem sächsischen liede vom jahre 1593:
drümb last es gahn, gleich wie es geht,
in aller welt es übel steht.
Soltau 2, 285.
im alem. kreuzen sich dabei auch gân und gên, d. i. geben (sp. 1667), z. b. in dem Straszb. narrenspiegel von 1545, vom verfall des kramhandels:
auf wolfeil gehn gaht jederman.
Zarnckes Brant s. 51ᵇ,
bei Brant selbst 102, 36. 48 gent geben und gont gehen, in einem schweiz. weisth. 4, 416 ff. neben gon gehen gen geben, verkaufen s. 417.
γ)
das schwankende verhalten ist fest geblieben gerade in alem. mundarten (vgl. Weinh. al. gr. s. 330); schweiz. z. b. bei Stalder 1, 435 es gohd mer im muul ume (liegt mir auf der zunge) und de muest dsach andrist angah, angehn, angreifen, bei Tobler 231ᵇ goh, god und mer gönd, imp. pl. gönd, bei Hebel im gloss. goh inf., aber auch:
sie göhn uf verborgene pfade.
alem. ged. (1820) 13;
asz (dasz) dfüürer nit usgöhn.
24,
wie (reben) stöhn uf 30. 17, aber (er) goht, stoht 25. 16, de gohsch 17, goh inf. 25; zu dem ö s. d, α. auch nd. noch ähnlich gân und geist, geit nebeneinander, s. 3, e.
d)
bemerkenswert sind noch, als nebenformen zu gehn
α)
jenes alem. gönd, gön plur. neben gon inf. (vgl. Weinh. s. 47), es geht gleichfalls weit zurück:
das er sie (der vater die kinder) losz irr gon on straf,
glich wi on hirten gönt die schaf.
Brant narr. 6, 6,
vergl. verstoͤt 68, 1 (Zarncke s. 286ᵇ), stön weisth. 1, 260, alem. 15. jh.; von den schiffen, die wasser uff und ab gönde. G. Oheim 102, 24. es musz doch eigentlich gênt, gênde gemeint sein, aber unter einer gesuchten vermittelung mit gôn, also ö als durchschnitt von e und o. vergl.kömen für kommen V, 1627 mit ähnlicher entstehung.
β)
ähnlich gän, worin ebenso für gân und gên eine vermittelung gesucht scheint, schon im 15. jh.:
man spricht, wenn narren zmerch gänt,
dasz die kremer gelt enpfänt.
fastn. sp. 846, 16;
sie gänd har wie die wilden thier.
Brant narr. vorr. 122;
der gaͤnd luft, aura spirans. Maaler 155ᵇ; in einem Thurgauer weisth. 1, 267: das best häsz (kleid) als er an aim sonnentag gäht, vorher und nachher das. goht und gaht; vgl. noch schweiz.Winteler Kerenzer mundart 154 (II, 10, e, γ), bei Stalder 1, 421 abgaͤnd, übergaͤnd part., das abgaͤnds überbleibsel, eingaͤnds einkommen u. a. auch bair.:
und in rechter üppigkait
wellen si nemen das vich, das vor der helle gät.
fastn. sp. 483, 12 (vgl. gat : rat 490, 34).
noch später, fränk.: dieweyl nuͤn also der todt weder di lebendigen oder di todten angähet. Schwarzenberg teütsch Cicero 58ᵃ; leib und seele vergähet. das., vergäht 57ᵇ, auch verstäh das., stähet 58ᵃ u. s. w.; noch jetzt henneb.gehen Fromm. 6, 515, 13.
γ)
aber auch gîn (wie stîn), so in sächs., thür. bauernmunde, ich gî u. s. w., schles. in Gryph. Dornr., s. z. b. giht II, 3, g;
do mûsz ma a (den) ganza tag schtîn
aͦn a ganza tag gîn ..
Peter volksth. aus östr. Schlesien 1, 390;
auch fränk., in Sonneberg gîa, gî inf. Schleicher 82. 56, desgleichen tirol. gia neben gea Schöpf 185 fg. (-a für -en), kärnt. gien neben gean Lexer 112. und auch das geht weit zurück, z. b. nürnb. im 14. 15. jh.: der sol gin zu dem amptman .. und sol in bitten umb urlaub. Ulm. Stromer Nürnb. chron. 1, 29, 12; si (die perlen) gin ir 36 an ain garat. 101, 2 u. ö. (neben gen), s. s. 307; begin begehen anz. d. germ. mus. 1879 sp. 10 u. ö.; auch gien (s. 7, b): das dy leut aus den heusern nicht gien mochten (vor schnee). Nürnb. chron. 1, 357, s. auch 2, 553ᵇ. auch tirol. gien schon 14. jh., oberbair. 15. jh. Weinh. bair. gr. s. 284, wie md. nrh. im 13. jh. Weinh. mhd. gr. s. 326; für thür. gîn im 13. jh. bürgt stîn für stên im 13. jh., wie nürnb. im 14. jh. städtechron. 1, 42, 3 (Weinh. mhd. gr. s. 318):
(Christus) der der hôchvart widerstîst,
den ôtmûtigen gnâde gîst.
es ist die bewegung des e, das von a ausgieng, auf ihre spitze getrieben; vgl. z. b. sp. 1730 gebîrde für mhd. gebærde, durch gebêrde hindurch, auch gefîren unter gefähren 3.
δ)
verbreiteter, ja stellenweis in allen hauptmundarten mit ei, geit, geist sing. praes. (wieder auch steist, steit); so hauptsächlich im rheinischen, altfränkischen bereiche, aus ahd. bis in nhd. zeit, bei Otfried (s. Kelle bei Haupt 12, 15. 8):
thaʒ thu nakot ni geist (: weist).
II, 22, 21;
ob iʒ zi thiu thoh gigeit (: tumpheit).
I, 2, 19 u. ö.,
wechselnd mit er gât (ir gêt); das ist aber eigentlich ge-ist, ge-it, ursprünglich gê-ist (auch aus ga-it, gâ-it begreiflich), d. h. mit deutlicher endung neben gêt mit halber endung (s. 6, b), wie bei Otfried duit, thut neben duat u. ä. (Haupt 12, 140 fg.), d. i. du-it für dua-t. reimt doch nrh. noch im 12. jh. das -it auch noch für sich (gê-it):
(die sonne) diu inzuschin erden unti himili gêit,
beiden halbin schînit.
Anno 584.
noch im 17. jh. geit bei Spee als reimwort, aus der mundart:
schau, die wässer seind entronnen,
alles voller speichel geit.
trutzn. 253 (183 Balke, 263 Br.);
was von blut herauszer geit (: beid).
294 (212. 304).
in mhd. zeit einzeln auch alem., bair., s. Weinh. alem. gr. s. 330, bair. gr. 284 (vgl. jetzt oberpf. gêin Schmeller 2, 5, stêin 3, 595), hauptsächlich doch rheinisch, auch ins md. hereinreichend (Weinh. mhd. gr. s. 326), z. b.:
van der sunnen ûʒ geit (: arbeit).
Müll. u. Sch. denkm. XXXVIII, 2. XXXIII, 11;
daʒ sie geint wider heim.
Roth. 3171,
neben gân im reim 3157 u. o., ich gê 1942;
geit (imp.) in daʒ ungeschaffen.
Germ. 15, 99 (vgl. sân sagen v. 31);
iʒ ist alliʒ ein îtelicheit,
daʒ di sunne umbegeit (umkreist).
Alex. 26, vgl. steit, auch deit 147 fg.
nordthür. 13. jh.: sô geit iʒ ume (ihm) an sînen hals. Mühlh. rechtsbuch bei Stephan stoffl. 1, 30. 49 u. ö., wie steit 47 u. o., auch virgein 37 für vergên vergangen, aber auch beir für bêr 56, geiste für geste 37, guit für gût 37, tuit für tût 36 (inf. gê 36). so im 14. jh. in einer predigt Eckharts, wahrscheinlich mainzisch: der da geit oder steit. Haupt 15, 383, 54; stein .. gein (inf.) 384, 1. 373, 15 fg.; ubirgein 385, 58 fg., auch als inf., aber oft auch hait für hât u. ä., guit für gût, auch stait für stat 383, 39, beisten für besten 378, 68, teit für tet 379, 85, sodasz hier wie dort ein anderer einflusz hereinspielt. rheinisch: wanne unses herrn herbst .. anegeit. weisth. 2, 222; wanne der kelter geit. das. (neben geen), aus Bacharach. in Leipzig: alsus geyt der eid, den der burgermeister .. thun sal. stadtbuch 14. jh., mitth. d. deutschen ges. 1, 114 (get, stet 119), wie steyt in Meiszen 14. jh. cod. dipl. Sax. II, 1, 305. 2, 92. 93; das du alleine geist in meine kammere. Apoll. v. Tyrus h. v. Schröder 42, 5, meiszn. 15. jahrh. (gat 114, 24); vgl. noch bei Gottsched vern. tadl. 1, 178 als Leipziger aussprache: ich soll zur hochzich geyen, in de kirche geyn, tut mir der kop wey (genauer gêⁱn, wêⁱ). besonders auch niederrh.:
entfanc van sîneme munde die sûʒicheit,
die ûʒer sîneme sûʒilîchen munde geit.
Marienl. Haupt 10, 39, 30;
dâ he geit up mont Oliveet,
wie sêlich sît ir, di bit (mit) ime geet.
46, 34 u. ö.,
s. W. Grimm s. 138, vergl. entfeit 139; im 16. jh.: dae geyt dat Eetzland an. Harf pilgerf. 7, 23 u. o., wie steyt (auch deyt thut 60, 30. 97, 20 u. o.), s. dazu 3, e und ebenda nd. geist, geit neben gân, nl. geit neben gaan, also noch wie bei Otfried, d. h. in den formen die überhaupt ursprünglich mit -i gebildet wurden, nicht in denen mit ursprünglichem -a o. a.; mnd. z. b.: dene witten wech, de over dene himel geit. deutsche chron. II, 263, 29;
ik sprak: wô geit it mit ju, ôm?
Rein. vos 5976.
doch findet sich auch inf. stein heil. Elis. 5492, wie gein vorhin Haupt 15, 384.
ε)
so sind aber im vocal wirklich fast alle möglichkeiten vertreten: gân, gên und gôn, gaun und gein (geit), gän und gön, gîn und gûn, denn auch das letztere, d. h. mit ô vollends zu û erhöht (wie ê zu î) zeigt sich in schweiz. gu für go, gân, d. i. gegangen (s. 5, a) Winteler Ker. m. 154. über diese zerfahrende manigfaltigkeit aber hat sich gên siegend erhoben (s. 6, b).
e)
und zwar so kurz und einsilbig aus ahd. zeit her bis in die gegenwart, da die dichter wie die aussprache es noch jetzt fortführen, wie früher z. b.:
ge oder ich gib dir eins an ein or.
fastn. sp. 273, 26;
das er zuo keiner andern gee.
319, 2;
ste auf und gee mit uns zum wein.
Folz b. Haupt 8, 528;
stee still, geh für dich. S. Frank weltb. 197ᵇ;
das wir in guten frieden stehn,
der sorg und geizes müszig gehn.
Luther 8, 362ᵇ,
in prosa müszig gehen 380ᵃ. auch im 18. jh. noch z. b. im conj.:
denke nach, wie scharf es beisze? denke doch, wie nah es geh,
dasz ein sohn durch seinen vater zwischen furcht und hoffnung steh.
Günther 855 (nicht geh').
jene zerdehnung ist aber auch alt, s. weiter 7.
5)
die kürzung hat vorübergehend auch vom praet. den ind. und das part. ergriffen.
a)
für gegangen auch gegân mhd. wb. 1, 463ᵃ, 18 ff. (wie gestân gestanden):
duͦ si zuo dem burgitor chômen gegân.
Diemer ged. 162, 3 u. ö.;
dô kam her Îsingrîn gigân.
Heinr. d. Glich. Reinh. 858;
diu edel marcgrâvinne   für die burc was gegân.
Nib. 1601, 1.
und noch im 15. 16. jh., auch nd.; z. b.:
und wär das also für sich gegan.
Vintler 3103, var. gan;
er (ir) in der lude erbeit sijt gegan (: gethan).
Alsf. pass. 1398;
das ich hinweg gegahn (bin).
Waldis Es. I, 24, 14;
über sie ist das gegahn.
Soltau 2, 73, Lil. 3, 278ᵇ;
wô isset ju gegân in desser vart?
Rein. vos 2850.
und wie gangen, auch gân, hd. und nd.: daʒ si des willikleich paider seit auf uns gan sein. Nürnb. chron. 1, 75, 6 (zur sache s. II, 9, g);
wann ich etwa fur sy was gan.
Beheim Wiener 340, 24. 348, 31 u. ö.;
als er war ein zum schneider gan.
H. Sachs 1, 496ᵈ (s. u. kittel 1, b);
ik hebbe wol êr bî nachte gân.
Rein. vos 6288.
auch gôn, alem. (noch schweiz. in dem Kerenzer gu vorhin):
(unrecht gut) wie gewunnen, so verton,
wie es komt, so wider gon.
Murner narrenb. 80, 102,
was denn mit engl. gone gegangen, fort zusammentrifft.
b)
und wieder auch gegên, wie im praes., wenn auch nicht nhd. (Weinh. mhd. gr. s. 325):
du was unser herre gegên
in eine burch diu hieʒ Effrêm.
Diemer ged. 249, 20;
besonders md.: alsô di âchti ubir in gigên is. Mühlh. rechtsb. 29; swanni di nacht virgein ist. 37 (vergl. vorhin unter δ);
si wêre gerne drîn gegên.
Bartsch md. ged. 94;
daʒ wir nit mite sîn gegên!
hess. spiel von den 10 jungfrauen, Germ. 10, 325 v. 316,
gleich darauf gegangen v. 317, auch gegân 340; beides auch bei Bartsch md. ged. s. 220 (94. 87). gegehn für gegangen noch bei Frisch 1, 334ᵃ 'in der markt Brandenburg'.
c)
nur mhd. und auch da nur sehr beschränkt gie für gienc, d. h. noch nicht ahd. und nicht mehr nhd., und überhaupt nicht nd. oder nl.
α)
im 15. jh. machen dichter noch gebrauch davon, z. b.:
zuͦ dem palas er in gie (knie).
Büheler Diocl. 1137;
do mit er enweg gie (: hie).
5659;
nun hören fürbas wie es gie (: sie).
königst. von Frankr. 6448;
wanne ich falscheit nie begie (: hie).
2323;
wie es aber fürbasz ergie,
das sollent ir mich hören hie.
2509,
doch nur so im reim (wie lie 3065), wie beim folgenden:
damit der Eckhart fürher gie (: hie).
der marschalk ainig zuo mir gie (: hie).
4076. 4126. 2862,
auszer reim aber gieng er 4033. 4047. 1113, wie fieng 1372. 1698. und auch im reim gieng da, wo nicht ein echtes -ie im gegenreim jene form verlangte, z. b. beim Büheler:
in ir kamern si do gieng,
ein weinen si da ane fieng.
Diocl. 1969;
zuͦ stunt er zuͦ der küngin gieng,
gar zörneklich er ane vieng.
6041. 5545. 6494 u. s. w.;
ich sag üch fürbas wie es ergieng
und was der künig anefieng.
königst. v. Frankr. 57;
der marschalk zuo dem hus ingieng (: hieng).
594. 557. 847 u. s. w.
das ist aber schon ebenso auf der höhe der mhd. zeit, z. b. im Iwein gie im reim auf verlie 1700, auf ie 3354. 4059, auf hie 2216. 4170. 4820. 6294. 6597 u. s. w., aber auch wo es sich mit vienc, hienc begegnet, die ja eine gleiche nebenform boten, steht doch voll gienc : vienc, z. b.:
und dô eʒ an den âbent gienc,
einen stîc ich dô gevienc.
Iwein 273,
wie 313. 353. 673. 3503. 4673. 5779. 5941. 6127. 6239. 7347 u. a.; nur ganz ausnahmsweise, und nicht in allen hss.:
dô in diu grævinne enpfie
unde engegen ime gie.
3792.
auch auszer reim zwar gie, z. b. gie dan 2245, des gie im nôt 2050 (enpfie 8040), aber die volle form ist da erst durchaus vorherschend: gienc dan 779, gienc si u. ä. 1374. 1788. 2200. 6583. 6760, gienc und .. 1220, ergienc 1047. im Trist. gie im reime auf ie 140, 40. 414, 18. 431, 7, nie 98, 19. 132, 25. lie 140, 29, die 273, 12, auch gie dan 284, 38. 342, 23, gie hin 374, 38, aber gieng er 236, 15. 277, 38, gieng eʒ 382, 22, gieng ouch u. ä. 293, 26. 374, 40. 299, 24. im Reinhart 830 gienc : gevienc (s. auch 366. 1745) neben begie : hie 838 (1540). vergl. in dem alten bruchstück gie : lie bei J. Grimm s. 18. 21 u. ö. (auszer reim 13. 29, ginc er 21). ebenso später und md. z. b. im pass. K. zwar gie auf sie, lie u. ä. reimend 37, 47. 58, 89. 134, 95. 300, 59. 355, 50. 456, 78. 465, 12, auch gie hin 93, 70. 131, 90, aber gienc hindan u. ä. 91, 78. 448, 58. 528, 44, und gienc : vienc, hienc 90, 89. 139, 13. 287, 80. 363, 97. 364, 47. 398, 48. 468, 2. 525, 45. im Reinfried z. b. s. 158 gie : nie, aber gienc : vienc, wie s. 381. 397. 656. doch enpfie : gie Trist. 133, 2. 315, 26. 414, 36, Wig. 292, 4. behie : gie Ebernand 3766. es fordert eben weitere mühe.
β)
so erweist sich gie wesentlich als reimwort, das aber aus einer mundart aufgenommen sein musz, wahrscheinlich einer oberdeutschen, denn wenn es im 14. jahrh. in mitteld. werken ganz fehlt, wie in prosa in Beheims evang., selbst im reime in der heil. Elisabet (s. Rieger 377ᵃ) trotz der überlieferung in der kunst. so kann es doch wol dort gar nicht bodenständig gewesen sein. aber im bair. sprachgebiete schon früh in allseitiger verwendung:
dô si den mahelscaz inphie,
mit dem waʒʒere si dane gie.
Diemer ged. 20, 11;
mit girde si ime zuogie,
mit geluste er sie vie.
7, 26,
geschr. inphi, gi (s. dazu 2, a, γ), neben ginc daʒ kint z. 12; aber auch auszer reim do gie (geschr. gei) deu frowe 7, 21, gi 11, 6. 7. 13, 15 u. s. w.;
die herberge er fie,
unter sîn vihe er gie.
genes. fundgr. 47, 20, Diem. 94, 4,
also auch in dem falle wo in der nachherigen kunst fienc, gienc herschend war (s.α). so hat die bair. hs. G des Parz. oft begie: enphie, s. Lachm. zu 110, 21, auch auszer reim öfter als im texte. so früher auszer reim:
der herre ire (der braut) gegen gie,
vil wole er si enphie.
er vie sie behende,
er gie mit ir spilende.
gen. fundgr. 35, 29, D. 44, 6.
auch in prosa bair. im 14. jh. (Weinh. bair. gr. s. 285): dô ich in dein palast gie. gesta Rom. 3; daʒ er .. her wider gie. 43; also begie Adam todsünd, do er gottes gepot übergie. 4 u. ö., neben gieng 30. 39. 40. 60. 63 u. o., jenes hauptsächlich am schlusse von sätzen oder satztheilen; der gie zuͦ den chaufleuten. spieg. deutscher leute s. 2; daʒ Joseph in daʒ haus gie. 3. 9. 16 u. s. w., begie 24. 25, wie es scheint, immer (auch lie 35). gewiss schon früher, wie alem. schon im 12. 13. jahrh.: dô ich ruowen gie. hoh. lied v. Haupt 22, 1; der gie fure von Jesse. 58, 30 (gienc 107, 28); dô nu der guͦte sâme ûf gie, dô gie der knülle ... ôch ûf. Grieshabers pred. 2, 37; dô unser herre got hie ûf ertrîche gie. Schwabensp. 1, 2. 203 u. ö.; und ê das zil ergie, dô gîng der krieg wider ûf. Straszb. chr. 830, 19. bair. ist wol auch das gie im Rother (s. d, α), da er in Baiern wenigstens umgearbeitet ist. das im Orendel aber (Edzardi Germ. 18, 415) und im Oswald weist auf frühen gebrauch oder aufkommen in der volksmäszigen spielmannsdichtung überhaupt, zu welcher der Rother doch auch gehört.
γ)
übrigens gab es eigentlich nur ich gie und er gie, keinen pl. dazu (vgl. d, γ), keinen conj., und wenn ein spätes du gie doch vorkommt im reim, sogar ir gînt (Weinhold mhd. gramm. s. 325 fg.), so sind das nur einzeln gebliebene versuche, nicht viel mehr wert als stie für stuont (s. 2, c a. e.); gie conj. z. b.:
maneger spricht: ob einer gie
von der helle und seite uns hie,
waʒ man dort ungemach erlite ...
Teichner 91 (319) Kar.
aber gie im ganzen ist nur ein versuch, der nicht weit gedieh.
d)
dazu aber eine aufklärende zwischenform gien, gîn, die gieng mit gie vermittelt.
α)
so oberd. wie md., bis in ahd. zeit zurück: mit mînan fuoʒun gien ih ... Müll. u. Scherer denkm. lxxvi, 23, in der Würzb. beichte (9. jh.);
zô kemenâten gîn daʒ megetîn.
Rother 1557 (1565) hs.;
dô gîn daʒ listigeʒ wîf ..
1942 (1950),
im reime neben gieng (: sint) 1837 auch gie 3949 (3957); gînge dan die man vure (und klagte) ... sô gîniʒ geme (jenem, dem schuldigen) an sînen hals. Stephan stofflief. 1, 27, den gîniʒ an urin hals 28, nordthür. 13. jh.; do unser frawen kapellen stet, gin auch ain gasz auf und ab. Nürnb. chron. I, 26, 14. jahrh. (vorher gingen hewser auf und ab); also gin der purgraf von dem rechten (verliesz das gericht) und wolt den ausspruch niht horen. 27, 8; daʒ eʒ den steten in Swoben ubel gin. 46, 15 (vergl. 307); bair. begien, vergien, abgin 14. 15. jahrh. Weinhold bair. gr. 176. 286; auch elsäss.: wurden die zamen vogel .. wild, flogen in die weld. es gin alles entpor. Stöbers Alsatia 1875 s. 314.
β)
das ist eine erleichterte, raschere aussprache von gieng; kommt doch auch im inlaut für -ng bequemeres -nn vor, schon Otfr. II, 16, 18 in F giganne für gigange, bair. (s. Weinhold a. a. o., mhd. gr. 183), auch md. Haupt 16, 277. und auch ags. erscheint gien für gieng Grein 1, 368, vergl.gende für gengde 438 (Dietrich centralbl. 1865 sp. 690), auch alts. anagenni initium Heyne kl. d. 100ᵃ für anagengi. aus gien aber ward weiter, noch bequemer auch gie, wo das -n (oder -ng) nicht durch folgenden vocal o. ähnl. gestützt war, d. h. besonders am ausgang der rede, des satzes, des verses. allerdings erscheint solcher abfall von -n so früh sonst nur im nebenton oder bei enttonung, aber die meistgebrauchten wörter eilen immer der entwickelung voraus; doch vgl. schon im 13. jahrh. ma Weinh. alem. gr. 171, wie in den schweiz. weisth. früh amma für amman, ambetman.
γ)
auch ein plur. gien erklärt sich ähnlich:
si gien drumbe siben stunt.
Mones anz. 8, 45, 39,
d. h. um Jericho bei der eroberung, bei Müll. u. Sch. xliv, 4, 3 in giengen berichtigt;
di schif mit hûten (häuten) bezien (hs. bezihen),
daʒ di unden (wellen) darin nit ne gien.
Alex. 1042 W.,
in den folg. stellen in der hs. zwar gihen (wie zihen, flihen), aber gien ist das gemeinte, d. i. giengen, wie z. b. 2159. 2199 steht (: dingen) und wie dort die Vorauer hs. auch gegen den reim setzt, das -h soll wol zweisilbige aussprache anzeigen, wie in enphihe Rol. 52, 5;
unde lârtin (lehrte ihn) die seiten zien
daʒ alle tône darinne gien.
Alex. 210;
(wollte) nie neheine wîs geflien,
swî ime sîne dinc dâ irgien.
122.
das ist aber eigentlich gien'n, für giengn, wie der sing. gien für gieng; jenes auch ausgeschrieben gienen z. b. in der hs. G des Parz. 186, 15, bair.; solche stark gekürzte bequeme sprechform erscheint im 12. jh. oft genug auch geschrieben, ja im reim verwendet, z. b. van für vanen Rol. 3, 10. 11, 2. 20, 20. 309, 11 (: an) u. ö., für chomen im reime chom (eigentlich chomn) Rol. 213, 5. 266, 31. 293, 2. 298, 29. 304, 20, ja im 11. jh. bei Notker ztschr. f. d. alt. 23, 213, 36; ebenso später in der sinkenden kunst z. b. ban (: man) für bannen Wartb. 18, 5, kun für kunnen fastn. sp. 1219, pren (prennen), din (dienen) Haupt 8, 512. 514, spurweise sogar in der guten zeit, z. b. lerns für lernens Freid. 78, 18, dienn Licht. 657, 11. das streben nach grammatischer wiederherstellung (vgl. sp. 1597 fg.) in der zeit der steigenden kunst hatte das möglichst beseitigt, aber gie selber erscheint als rest davon, der doch auch einer beschränkung unterlag.
e)
auch eine andere kürzung erklärt sich so mundartlich, giegen für giengen, s. gramm. 1, 935, mhd. wb. 1, 463ᵃ, Weinh. alem. gr. 168, aus dem 12. jh. Müll. u. Sch. denkm. 269 (281), gigen Diemer 156, 18. 191, 19 (gingen z. 4), wie viegen für viengen wb. 3, 202ᵃ. es ist eigentlich giegn (genauer giegng), d. h. beide laute unter näselung wie zu éinem laut vermischt, den man besonders im bair. hört und der denn eine auflösung fürs schreiben sowol in -gn als -ng zuliesz. daher z. b. auch jugen für jungen in der hs. G Parz. 175, 11. 181, 21 (neben junge 161, 17. 360, 3), aber auch anderseits gangenwurt für gagenwurt gegenwart (gangn aus gagng) Haupts hoh. lied 108, 4. 144, 11, alem. 12. jahrh., engenge (: lenge) jüng. Tit. 1152, 1 für engegne, wie umgekehrt jenes giegn für giengn; daher im 15. 16. jh. auch gegang für gegangn (wie volbring inf. Haupt 15, 228, vgl. gefänglich aus gefängnlich), z. b.:
du pist mir auch die zeit lang
umb meinem maitumb nach gang.
fastn. sp. nachl. 252, 32.
wenn auch im sing. vorkommt giege conj. Weinh. mhd. gr. 325, wie fieg al. gr. 168, enpfieg Parz. 712, 26 D, dig neben ding fastn. sp. 833, 28, brig für bring 839, 20, so musz wol für manchen schreiber jener doppellaut auch auf das einfache g übergegangen sein. vergl. schon ahd. gagantan für gangantan ambulantem Tat. 81, 2, auch intfiegen 109, 2, intfagana 208, 3, s. Sievers Tat. s. 22 (mit anderer auffassung), immer mit folgendem -n, das zurückwirkte; mit intphiec denkm. lxxiv², 12 kann es nicht anders sein als mit mhd. enpfieg vorhin.
6)
ausbildung und ursprung der doppelform, verwandtschaft.
a)
dasz gegân für gegangen, auch gie für gieng, wie sie mhd. auftreten (die zweite dazu sehr beschränkt), nicht ursprünglich sind, sondern bequeme kürzung im dienste rascheres sprechens, ist wol nach dem vorgeführten verlauf der entwickelung deutlich genug; wenn man gie nach vie, hie gebildet sein, diese aber aus vieh, hieh entstanden sein läszt, so müszte doch ahd. oder mhd. von vieh, hieh, viech, pl. viehen wenigstens eine spur bewahrt sein (das enphihe, intphiec vorhin taugt nicht dafür); eher haben wol vie, hie von gie einflusz erfahren, da gân doch auch mehr in gebrauch war, als vâhen, hâhen. nach gegân für gegangen, gevân für gevangen musz man aber auch bei gân an kürzung aus gangen denken, vermittelt durch eine sprechform gangn (s. 5, d, γ). wer der ahd. zeit solches zusammendrängen im sprechen noch nicht zutrauen mag, den kann das handschriftlich und metrisch gesicherte lâʒ bei Otfr. IV, 24, 6 für lâʒis (s. Piper, Kelle bei Haupt 12, 34) beruhigen; eine sprechform der art ward eben beim schreiben möglichst berichtigt (wie jetzt, s. sp. 1597), taucht daher nur selten auf. gangn ist nicht gewagter als diesz lâʒ(s), der übergang in gann, gân (vgl. b a. e.) ist begreiflich schon nach dem giganne für gigange 5, d, β.
b)
für die kürzung spricht auch und erklärt sich damit gên, dessen ê, wie bei stên, doch nur begreiflich ist aus einer einwirkung des e der endungen, das sich in den stamm eindrängte, der ja mit seiner einen silbe nun die endung zugleich darzustellen hatte (vergl. 7). wenn Otfried schon ir gêt, si gênt braucht (3, b), so gehn diese eben hand in hand mit den -et, -ent, die bei ihm für -at, -ant schon herschend sind (Haupt 12, 36 fg. 50. 99), wie seinconj. zusammen geht mit gange; im inf. war ihm aber -an noch fest, daher hier noch kein gên, nur gân, wie er gât, weil seine 3. sg. praes. noch nicht -et, nur -it. hat (Haupt 12, 155. 34). wie er in seinem sorgfältigen sprachlichen wie metrischen denken auch des endungsvocals gedachte, zeigt z. b. dû duis, er duit, für duas, duat u. ä. Haupt 12, 140 fg.; so war, wie hier, bei gênt u. ä. das endungsgefühl befriedigt auch bei noch bleibender einsilbigkeit (vgl. weiter 7), in gân neben gangan aber desgleichen. im Tat. dann auch part. gênti, hand in hand mit gangenti neben ganganti. ob auch bei dem gengen für gangen 1, c dieser einflusz mit im spiel ist? eine rückwirkung von gên? auch die vocallänge der kurzen formen wird weniger von ersatzdehnung kommen, als von dem gefühl der mit darin vertretenen endung.
c)
freilich das ahd. ih gân oder gâm begreift sich nicht aus ih gangu, aber wol gân ih aus gang ih, besser gangih, was z. b. Otfrieds form wäre (Haupt 12, 33. 96), also wie das ahd. gien ih (l. gienih) aus gieng ih, giengih unter 5, d, α; gâm folgte dann der spur von tuom, pim, lepêm u. s. w., auch mit seinen weiteren formen, die dann auch in gât u. s. w. das -n einbüszten, den rest des stammes gang; versuche, das -n zu retten, s. unter 7, a. in ich gân, gên war es noch mhd. fest und in mundarten weit länger, aber wie ahd. schon im conj. ohne -n (3, b), so mhd. einzeln auch im ind. schon früh:
ich gê zô den herbergen sîn.
Rother 1942,
zugleich der ansatz zu nhd. ich gehe (s. 7).
d)
so findet ein stamm ga neben gang, den man seit Bopp für die kurzen formen annimmt, im thatbestand näher betrachtet keinen wirklichen anhalt; gangan ist, wie im goth., so überall der ältere bestand, aus dem sich durch das bedürfnis des zusammendrängens des massenhaft gebrauchten wortes im leben die kürzern formen als jüngere so gut erklären, wie bei mhd. hân, lân für haben, lâʒen, blosz mit theilweiser ausnahme des ahd. praes. im ind., das mir aber nicht genügt um es von dem sonst geschlossenen ganzen herauszunehmen, mit dem es doch auch wieder unzerreiszbar zusammenhängt. und es wird mit stehn, stân, stantan dasselbe sein. da freilich bot der alte arische stamm sta, sanskr. stha zu jener annahme eine unumgängliche handhabe, und gewiss liegt unserm stant jenes sta zu grunde. aber das sanskr. gam gehen, das man nach Bopp jenem lange zu grunde legte, in der lautverschiebung nicht treffend, ist ja nun für griech. βαίνω, lat. venire, unser kommen in anspruch genommen.
e)
aber gangan findet in der nähe einen genügenden anhalt, in einem worte, das zwar nur volkswort geblieben, aber mit seinem stamme sich über das ganze germanische gebietet verbreitet, also germanischer urbesitz ist.
α)
gankeln (s. d.) heiszt md. und oberd. baumeln und baumelnd gehen, schlendern u. ä., schweiz. auch völlig in bildliches gehn übertretend: er lâts ganggle, 'läszt alles gehn wie es mag' Stald. 1, 423; spuren von altem bestand gibt z. b. unter gangeln 1 das spät mhd. mit einem ganggeln, so und so umgehn, eigentlich ihn führen (wie einen blinden), noch älter, nur mit andrer auslautstufe (s. dazu u. f, gankeln 2, b. c) u. 3 dort das ahd. gangarôn ambulare, ags. gangelwäfre spinne, 'im gehend webend' Grein 1, 500, auch in den gemeinden am Monte Rosa, die viel ältestes bewahren, ganglbein, langbeinige spinne, nd. kankelbein (s. u. gankeln 3, a), deutlich von der bewegung der beine, di als ein gangeln, gankeln, kankeln bezeichnet ist.
β)
dabei ist zu beachten, wie die benennung des gehens in den sprachen überhaupt keineswegs die dauer hat, wie der schwesterbegriff stehn; wie in diesem grosze stätigkeit, so ist in jener grosze bewegung. so sind ja lat. ire und meare in den töchtersprachen eingegangen, so im engl. das ags. praet. gieng (ersetzt durch went), und schon im ags. selbst stand neben gieng eine bildung von anderm stamme, eode, wie goth. iddja neben dem nur einmal bezeugten gaggida, d. h. der rest eines eingegangenen wortes oder stammes, gaggan, gangan aber eine jüngere bildung, ungefähr wie it. andare, franz. aller neben io vo, je vais, d. h. lat. vado. die wörter für gehen verbrauchen sich bald und brauchen öfter nachschub, der gern aus dem kreise sinnlich bezeichnender kraftwörter genommen wird; so z. b. bei dem alten haupt, nun durch kopf, eig. schädel, fast verdrängt (zuerst in der kampfsprache), das aber nun selbst wieder durch schädel einbusze erfährt.
γ)
so kann gangan, das schon vor der trennung der germ. völker aufgekommen sein muszte (durch iddja, eode, d. i. den alten stamm i- nur bei zweien überdauert), urspr. das gehen neu bezeichnet haben als ein baumeln der beine, als welches es dem blick erscheint, wie lat. ambulare wol auch, das man doch schon bei den komikern auch in ein gehen überhaupt übertreten sieht; also wie jetzt bei uns schlendern, daneben eine fülle landschaftlicher kraftwörter, z. b. bair. klanken, schlanken, kärnt. glangkeln, schwäb. glunken (s. unter klanken 2, b. d), kärnt. klacheln (s. d. 2), schwäb. u. a. gackeln, gageln (s. d. 2), nd. z. b. dungeln (s. auch gaukeln II, 1, f), die alle eigentlich ein baumeln bezeichnen, wie auch das neuere bummeln, eigentlich das gehen ohne zweck und thätigkeit, das blosze gehen. wie auch gehen eigentlich die bewegung der beine bezeichnet, ist noch im 16. jh. zu erkennen, s. II, 1, a.
f)
auch mit ablaut stimmt gangan zu gankeln u. s. w.; denn wie dieses auch als gunkeln baumeln erscheint, schwed. in mundarten neben kanka schlendern auch kinka baumeln, neben kangla tändeln auch kunkla, neben gängla wackeln auch gingla und gunga schaukeln (s. unter gankeln 2), so zeigt das ags. neben gang auch (mit eo für i) geong m. meatus, iter, neben gangan auch geongan ire mit praet. gang, für die spinne neben gangewifre auch geongewifre, s. Grein 1, 499 fg., nordh. gegeonga ambulare Bouterw. 330ᵃ. auch im hd. liesze sich das wiederfinden in dem mhd. imp. ginc neben ganc (und genc) und in dem landschaftlichen praet. gang (sp. 2381), falls diese alt genug wären. auszer zweifel ist das wol bei einem mnd. ging, gang, mal, vom ackergange bezeugt im 14. jahrh. Schiller u. Lübben 2, 113ᵃ, noch jetzt im Göttingischen ging, der 'gang' beim weben, d. h. eine anzahl von 40 fäden Schamb. 64ᵃ. s. auch unter h.
g)
urverwandtschaft bietet litt. żèngti schreiten, gehen (Bopp gl. 133ᵃ), am bedeutsamsten aber ein altind. stamm, der zugleich die bei uns noch erkennbare urbedeutung zeigt, ǵam̃h zappeln, ǵaňghâ das bein vom knöchel bis zum knie Fick vergl. wb. d. indog. spr. (1874) 3, 99, jenes genauer 'mit den flügeln oder beinen schlagen, zappeln', dazu ǵaňghâla schnellfüszig, als subst. antilope u. ä., ǵaňghâ-kara, läufer, eigentlich mit den beinen arbeitend Böhtl.-Roth 3, 9, vgl. 73; das subst. auch im zend, zañga m. 'der obere fusz' (wol vielmehr bein), nizañga 'der untere fusz', s. Justi 120ᵇ. 172ᵃ. vergl. auch Diefenb. goth. wb. 2, 373.
h)
nun tritt aber auch herzu, zumal nach dem ablaut u. f, ein hd. wort für verlangen, begier: ahd. gingo Otfr. V, 23, 42, kingo intentio, voluntas Germ. 8, 13, mhd. ginge m. f. wb. 1, 527ᵇ; auch mnd. gink lust und belieben Sch. u. L. 2, 113ᵃ; dazu ahd. gingên begehren, trachten (mit gen. oder thara, wohin) Otfr., auch gigingên aspirare, kingên sequor, imitor Graff 4, 217 fg.; s. auch sp. 1236 aus rom. gebiete venez. ganga absicht, wälschtir. lust u. ähnl. wenn ich jenes sp. 1140 zu ginen hiare zog, so kommt es nach dem vorigen besser hier unter, da das begehren auch bezeichnet wird nach dem begehrenden arbeiten mit armen und beinen (wie noch kinder thun), vgl. z. b. streben mit bair. strabeln, 'hände und füsze regen, zappeln' Schm. 3, 676 (auch strappeln 688, strampeln), mhd. streben die glieder regen, eifrig arbeiten nach etwas, trachten, verlangen (auch kämpfen). so kann denn ahd. gingo, nordit. ganga auf jenes 'zappeln' zurückgehn, das altind. bezeugt ist und in gangan, gankeln auf die bewegung der beine beschränkt.
i)
endlich ein subst. zu gang- ohne das -n, goth. gahts in innagahts f. oder innatgahts eingang, framgahts f. fortgang (auch adj. unatgahts unzugänglich); ahd. bettegâht concubiae Notker Cap. 46 (36), d. i. bettgehzeit Grimm gr. 2, 995, Graff 4, 1277, vgl. auch altn. gâtt f. thür; mhd. aber giht Lex. 1, 1014, kirchgiht kirchgang, sunnegihten dat. pl. Johannis (mhd. wb. 1, 518ᵃ). für ausfall des -n, den Fick 3, 99 annimmt, spricht ahd. gâht, doch bei giht ist das unmöglich. es bietet sich aber ein nebenstamm gag (wie stat neben stant), breit entwickelt und alt gestützt, mit der gleichen bed. baumeln, zappeln, schlendern u. ä., s. gageln und gagen sp. 1142 fg. (auch gagen pl. und gigl beine). auch gicht als krankheit, mhd. giht, eigentlich krämpfe, zuckungen (mhd. wb. 1, 517ᵇ) tritt nun passend in den kreis nach der urbedeutung zappeln.
7)
endlich gehen als siegende praesensform.
a)
das sprachgefühl war mit der erreichten einsilbigkeit doch nicht lange zufrieden, das grammatische bewusztsein daneben verlangte eine befriedigung des endungsgefühls. dabei ist das -n auch als stammhaft behandelt worden (was es ja eigentlich auch ist), in allen drei hauptmundarten; genend gehend im 14. jh.: it. 2. lb. den genenden knechten in die rais (als kosten, fuszknechten). städtechron. 4, 86 anm. 6; im 15. jahrh.: die müeszig gener und stener für müesziggeer und steer 3, 130, 30 var. (beides nürnb.), wo wir noch nachempfinden können, wie das bleibende -n eine gefühlte lücke ausfüllte. dann auch im inf.: genen, meare, gradi, limitare in einem md. voc. 15. jh. Dief. 352ᵇ. 268ᵃ. 330ᵇ; auch gene vadere 604ᶜ, ire 309ᵃ, gradi 268ᵃ, ledik gene ociari 392ᵇ, gane meare 352ᵇ, eingane ingredi 298ᶜ, nrh. gayne 309ᵃ. 352ᵇ; gêne hessisch 14. 15. jahrh. z. b.: wart mit scharpfen worten ime zûgêne. myst. 10, 17; were in das gmein wasser fischen wil ghene. weisth. 2, 456; nürnb. 14. jh.: ich wil in nimmer lôʒʒen zergêne. offenb. d. Ad. Langmann 74, 24, vgl. meistersingerisch:
welcher nit heim kan gene (: zwene).
H. Sachs 1, 118 Göd.
noch jetzt nordfränk. in Sonneberg genna (neben gîa) Schleicher 56, in Kärnten geanen Lexer 112, vgl. tirol. gêner geher, auch der umgênete (für genende) schuster, der ewige jude Schöpf 186. appenz. i gôna gehe Tobler 231ᵇ, gônig, 'gehenig', im schwange gehend 233ᵇ. auch nd.: westf. gaunen (wie staunen für stân, slaunen für slân, dônen für dôn) Diefenb. goth. wb. 2, 372; vgl. mnd. ganden 14. jh. Sch. u. L. 2, 10ᵃ, auch, wie mir Bech zeigt, oberd. vorkommend: eʒ gande sîn lîp oder guͦt an (hs. an gut). Augsb. stadtb. s. 74, und md.: ab .. den bürgen .. an mîme vatere .. icht abe giende (bei der verbürgten leistung), daʒ ich daʒ sal ervüllen. henneb. urk. I, 68, 44; were ouch, daʒ der bürge einer abe giende (mit tode). 68, 19, vergl. abegienge 87, 32; da ist der laut gang irrig umgesetzt in gand, zunächst und vielleicht blosz für die schrift, denn standen kann doch kaum darauf gewirkt haben (s. 2, c).
b)
richtiger und überwiegend erweiterte man doch den vocal, der ja den der endung verschlungen hatte. so gahen für gân im 16. jh., s. z. b. Soltau 2, 75 anm., selbst als reim auf an, wie auf stan:
(du solt) uff dissem tuch gahen
und vor den richter stân.
Alsfelder pass. 3782,
sonst das. gehen, gehin oder auch gan, gain, s. Grein s. 308 fg.; noch bei Luther: das er noch ein jar in die schul gahe. vom bapstum D ijᵇ (Diez 2, 42ᵇ); das iemant eine gotliche ordnung recht zu herzen gahe. A 4ᵃ; zum dritten, das ein keiserlich gesetz auszgahe .. an d. adel E 4ᵃ, wie mhd. gâ (sp. 2384); vgl. auch gahet für gaht bei Diez. ebenso ward gîn zu gien, schon im 14. jh., s. sp. 2388 (vgl. auch das gön, gän sp. 2387), wie man sîn im 15. jahrh. zu sîen ausweitete, im 16. jahrh. seien H. Sachs 2, 4 Göz, jenes z. b.:
wir syend (ind.) selb im land doch gest.
H. v. Sachsenheim Mörin 1886;
herr marschalk, syend ir berait?
1515;
wer sien die von Wirtenberg?
4048.
ist doch schon bei Otfried duet für duat, duen für duan u. ä. (Kelle bei Haupt 12, 141), obwol einsilbig, nicht anders gemeint als zur befriedigung des endungsgefühls, wie im 14. jahrh. tuen cod. dipl. Sax. II, 2, 97, tuhen 185.
c)
den sieg trug aber gerade deshalb gên davon, dessen ê ja schon vom endungs-e herrührte (6, b). auch seine ausweitung beginnt schon bei Otfried mit geit, trotz einsilbigkeit (sp. 2388); auch im Tatian ist wol geet neben gêt schon mit so gemeint, wie späteres geen im 14. 15. 16. jh.; ebenso im Boeth. gâendo neben gândo Graff 4, 68. 79. befriedigt wird das streben endlich durch aushelfendes -h, gehen; vgl. schon im 12. jahrh. geht Diemer 188, 4. 9. 190, 27; besonders md. seit dem 13. jahrh.: daʒ geht ime an die hant. Höfer urk. 43 (get 44); daʒ sîne vrûndichîn mit ime mûʒen herîn gehn ... sô sal he geen in den creiʒ. Freib. stadtr. Schott 3, 232, gehn neben gen 263. und so dann zweisilbig, auch besonders md. (vgl. gahen u. b): dar hine gehen. evang. übers. 14. jahrh. Haupt 9, 269, nidder gehende von dem schiffe 274, neben ghen 273. 275, ich ghe 276; daʒ im .. nicht doran (am zinse) sal abe gehen. cod. d. Sax. II, 2, 103, vom j. 1369 (stehet 266), gehin 166; das her nicht von dem dinge gehe. Magd. fragen s. 164; von ym gehen. 171 (gan 172. 111), vergl.stehende eigen 97 neben stende eigen 96 (geen noch voc. opt. Lpz. 1501 O 5ᵇ. Q 5ᵃ);
mit sogetaneme spele ir umme gehit (: flehit).
Rothe rittersp. 31. 1225. 3101;
er danne man zu strite gehit ..
den cristin eʒ gar wole stehit ..
3101;
wo man sicher sulle gehin (: sehin).
114. 3049;
daʒ si gehin in frischir erdin.
2210,
nebeninf. (: mê) 3035, vorgê 3323, vergl. übrigens Bartsch s. 220; ein grosze processien zu gehene. K. Stolle Erf. chr. bei Haupt 8, 307, lieszen stehe und lie (liegen) was da was 309, vgl. lîn, liegen (: Augustîn) rittersp. 1204. 3826, h. Elis. 935, aber auch das zu lîhen zerdehnt 861 (s. Rieger s. 36), wie bei Stolle lîe, lîhe gemeint ist, so sehr schwankten die formen;
ich bin nit wirdigk, dasz ich gehen,
dasz min augen sollen sehen
die hohe von dem himmelrich.
Alsf. pass. 2008 (nu gen ich 6046);
nu gehen ich doch vor uch in den toit.
3323;
dasz dich an gehe alles leit!
4101 (ge 5942);
gehe mit mer dan.
5950,
öfter noch ganck, s. Grein s. 308 fg. noch in dem Erfurter sog. Engelmannsbuche um 1500 wechseln geen und gehen (s. z. b. II, 6, d Michelsen).
d)
gehen wird dann Luthers form nach anfänglichem schwanken mit gan, gahn, ghan (4, a), seltener gehn; er schreibt gehe, gehest, gehet, imp. gehe, z. b.: wenn du ... mit ir zu bette und tisch gehest. hochzeitpr. 1536 B 1ᵃ (Diez 2, 43ᵇ); ich bin nicht werd, das du unter mein dach gehest (conj.). Matth. 8, 8; wer bin ich, das ich zu Pharao gehe (conj.). 2 Mos. 3, 11; wo ein scharrhans gehet odder stehet. confit. 1530 B 4ᵃ; dise .. weise gehet itzt zu Wittemberg (im schwange). Diez 2, 44ᵃ vom j. 1522; gehet ewre strasze. Jos. 2, 16; gehe aus dem kasten. 1 Mos. 8, 16. auch oberd. dringt es früh vor zwischen den alten formen; bei Maaler zwar noch blosz gon 189ᶜ fg., aber schon Dasypodius z. b. setzt im j. 1537 wesentlich gehen an 337ᶜ fg., neben gohn 343ᵈ (vgl. 1, b, α). auch bei schriftstellern, z. b. bei Wickram also geht es rollw. 88, 20, neben gan 88, 8 (gon 90, 12), wie freilich schon mhd. sp. 2383, aber das -h zeigt die einwirkung der neuen strömung.
e)
endlich wird das -h als notwendig und wesentlich angesehen, wie auch bei stehen, und auch die endung voll ausgeführt, im 18. jh. z. b.: es gehet leider nicht an. Liscow 442, wie verstehet 519 (auch scheinet, suchet u. s. w.);
und Töffel gehet mit.
Lichtwer fab. 3, 4 (s. u. II, 6, e);
zwar auch gehn, bei schriftstellern die dem leben sein recht geben, z. b. Rabener (1755) 3, 247. 249 neben gehen 246 (gestehn 3, 269. 4, 441), gehen und gehn noch beisammen bei Göthe u. 23 a. e. (gehn im satze, gehen am satzende), aber auch noch:
ja, wer durchs leben gehet ohne wunsch ..
Schiller Wallensteins tod 2, 2;
so gehe denn, mein kind, und sprich
in andacht ein gebet für mich.
gang nach dem eisenhammer.
nun doch wieder geh, geht (wie scheint, sucht u. s. w., noch bei Adelung gehet, das selbst Campe noch fest hält), in der aussprache aber auch gehn, d. h. gên, also in wahrheit noch wie mhd.; vergl. 4, e.
II.
Bedeutung und gebrauch.
1)
schreiten, schritte machen, so und so gehn, ahd. für gradi, ambulare; vgl. gang I, 1 als schritt.
a)
auch von éinem schritte, noch um 1500: (das kamel) geyt niet loufende noch dravende, dan (sondern) mit eime slechten langen gange, so wijt as ein man seer gain maich (vermag). Harf pilg. 116, 34, einen starken schritt thun, gang schritt, ausschreiten, vgl. eine brücke vierdehalf hundert genge lank 239, 16. so für treten, die füsze setzen: du thuͦst wie ein sau, die gat (gedruckt gatt) mit den fuͤszen in den trog (beim fressen). Keisersb. sünd. d. m. 82ᵃ. s. auch einen schritt gehn bildlich 24, f und schritt gehen 3, d a. e.
b)
schritte machen: beducht si, si möchten das wasser erwaten (als welches sie einen mondschein ansehen) .. und als si im gan waren, huoben si die fuͤsz hoch uf, als dann lüt pflegen so durch wasser waten. Tünger facet. 142 nr. 46 (lat. inter eundum). gradi ist in den vocc. gan, geen u. s. w. Dief. 268ᵃ (nov. gl. 196ᵇ), ingredi ingaen 298ᶜ. mhd., auf der wahlstatt:
von den rossen si vielen (stiegen rasch ab),
ûf den tôten si giengen,
ir iegelîch suͦchte den sînen.
Rol. 241, 22;
und giengen ûf den tôten hin.
Stricker Karl 8315,
muszten schreiten, einher treten. daher beim tanze, von künstlichem schreiten, treten:
waʒ obe si gêt an disem tanze?
Walther 75, 5;
an einem tanze, dâ si gie
wol mit êren bî den schœnen vrouwen.
MSH. 2, 91ᵃ;
dâ si bî dem tanze
gie, er gie ir an der hant.
Neidhart 98, 13;
da (bei hofe) zôch ich aber schâchzabelspil ...
und gie vor manigen schœnen tanz.
Virginal 113, 11 (heldenb. 5, 22ᵇ),
vgl. einen tanz treten Helmbr. 940.
c)
daher auch gên lernen, wie das kind: man muͦste ime (dem bei den wölfen im walde gefundenen kinde) einen lenen anbinde, biʒ iʒ gelernte (so l.) gê also ein mensche. deutsche chron. II, 309, 37 (thür.); spat gehen lernen Frisch 1, 330ᵃ; vgl. gehkorb, gehwagen. von der art des ganges: geh gerade! ruft die mutter dem kinde zu, geh sachte, langsam u. ä.;
ein junges weip gerad und stolz,
die aufgericht get sam ein polz.
fastn. sp. 265, 11;
so haiszt man mich ein narren darumb,
das ich ge mit den pein so krumb.
261, 5;
meister mondschein, ey gehet nicht so krumb!
A. Gryphius P. Squenz 19;
Pickelhering (als Thisbe) gieng so enge und redete so klein (fein), als wenn es ein mägdlein von zehen jahren gewesen. Rist die allered. belust. 107, machte so kleine schritte, vgl. mhd. enge schrite machen unter gang I, 1, b. auf krücken, auf stelzen gehn.
d)
gegensatz ist stehn (s. dazu 4), reiten, fahren:
ich sihe wol, daʒ ir (als freier, ungefangen) stêt
unde rîtet unde gêt
swar iuch iuwer wille treit.
Iwein 4036;
ieclich man sal ouch wesen zolles vrî, her vare oder rîte oder gê, swâ er schiffes (zum überfahren) oder brucken nicht bedarf. Sachsensp. II, 27, 2; wer (von dem kriegsheer gegen die Hussiten) .. aus dem land zu Pecham rit oder gieng oder fuͤr ân seines hauptman willen (kriegsflüchtig) ... deutsche chron. II, 364, 24. vergl. übrigens gehn auch vom fahren u. ä. 6, b.
e)
bemerkung verdient wol, dasz auch den schachfiguren ein gehn und gang beigelegt wurde, wie man sie überhaupt sprachlich lebenden wesen gleich behandelte, zum theil noch jetzt (wie die kinder ihre bleisoldaten); z. b. im 14. jh. in dem schachbuch des pferrer zû dem Hechte:
und wen der kung sal ûʒgên
von velde dô he phlît zu stên.
zeitschr. für d. alt. 17, 355, 19;
ouch mag die kunginne gên
ân den kung in ir lên.
357, 19;
zû der rechtin hant gêt si stân
vor den schrîber ûf den plân.
360, 11;
sô mag he (der roch) ouch wol vor sich gân
zu siczin vor den koufman.
354, 33;
ein rittir der ûf swarzim stât,
ûf ein wîʒ velt he gât.
367, 5;
vgl. 352 von des kungis gange, 360 von der kuniginne ganc, 366 von der rittir gange;
daʒ îclichir (alde) ûʒschrît
und gêt alum des bretis wît
nâch des cirkils swange
und irvullit an dem gange
sechse sîner genge.
365, 35 ff.;
der rechte (alde) der hât genge zwên:
wen he trit ûʒ sîme lên,
he gêt vor den gebûrisman u. s. w.
364, 9 ff.
f)
bemerkenswerte sprichwörter z. b. bei Henisch 1436: es ist gut schwimmen beim schiff und gut gehen beim wagen; neben dem ross ist gut gehen; man musz bei den stülen und benken gehen, bisz man könne allein gehen; mit guter musz gehet man auch fern (kommt man weit); mit langsam gehen kompt man das fernest. 1435; wer sorglich geht, fällt nicht hart. Aler 868ᵇ.
2)
auch von thieren, ursprünglich ohne unterschied vom gehn des menschen (vgl. u. kind II, 13, essen 3), s. schon 1, a von der sau (und ihren füszen).
a)
daʒ dritt stuck des puochs (von der natur) schol sagen von allerlai tiern, und des êrsten von den die dâ gênt ûf der erden. Megenberg 114, 7, geberndeʒ gêndeʒ tier 226, 33, vierfüsziges, aber auch schlangen, fische:
kinder, hie (im walde) gêt slangen vil!
MSH. 3, 31ᵃ;
auf deinem bauch soltu gehen. 1 Mos. 3, 14; die visch die in der tiefen gênt. Megenberg 243, 5 (lat. habitant); die pesten häring gênt pei Schottenlant 245, 18. von vierfüszlern: alles was auf tappen gehet unter den thieren. 3 Mos. 11, 27; das sich reget und gehet auf vier füszen. 21; es gehen nicht alle esel auf vier füszen. Henisch 1323, 34. aus biblischer quelle wol noch im 18. jh., in alter einfachheit:
den thieren jeder art, wer kann die zahl bestimmen?
die kriechen oder gehn, mit nassen federn schwimmen,
und deren leichter flug hoch in den wolken eilt ..
Uz 1, 91.
jetzt ist da im leben laufen das wort, als niedriger, derber (wie fressen gegen essen u. ä.); eigen nur, dasz nun auch die kinder laufen lernen, nicht mehr gehn.
b)
besonders noch jetzt doch vom vieh, das zur weide geht u. ä.: die heingassen, da dʒ vihe usz und in gat (im dorfe). weisth. 1, 418, s. unter gasse sp. 1444; und wo der far (zuchtstier des vogtes) hine gat, in matten oder in korn, do sol er gon one einunge (busze). 5, 482; wo meiner frauwen der meisterin muͤszig vich fürgehet, soll der zweien dörfer vich nachgehen. 477, gleiches weiderecht haben mit der herschaft; der kälhoffer von Schwamendingen ward beklagt, er habe auch ein stier ghan über die zal. Hotz Züricher urk. 1, 84; auch so mag unser vihe gen trinken in die Werse. weisth. 1, 577; sieben .. küe .. gingen an der weide im grase. 1 Mos. 41, 2;
die geisz .. wolt weiden gehn.
Alberus Es. 41;
so fehlt uns keine mehr, die (kuh) geht am weitsten.
Schiller Tell 1, 1,
s. dazu gang I, 6, d, weidegang, henneb. das hämmele soll noch zum gang gehn, zur weide Fromm. 4, 310.
c)
von pferden:
ein ros daʒ willeclîchen gât,
swer daʒ mit sporn ouch bestât,
sô gêt eʒ deste baʒ ein teil.
Iwein 2395;
daʒ pfärt gienc einen smalen wec.
Parz. 514, 25;
und hatten (könig und kurfürsten) ir pherde hinden uber die Hoe gen Limpurg zu gen Collen laszen geen (während sie selbst zu schiff fuhren). Frankf. reichscorr. 2, 48; mein eltester bruder ... bracht mir ein hölzins röszlin, das zoch ich an eim faden vor der thür, do meinet ich gänzlich, das röszlin könde gan. Th. Platter 6; meine drei pferde (vor der postkutsche) schliefen im gehen. Gellert (1839) 8, 301. die rosse gehn zu acker, zu felde mit dem bauer (auch der pflug, s. 12, c a. e.); vgl. veltgênde vihe Ssp. I, 20, 1, aber zu velde gên zur weide gehn II, 54, 5. III, 49. gahnpferd und stahnpferd weisth. 2, 397, bei weinfuhre für den herrn, d. i. gânde, stânde (s. 4, a).
d)
besonders von der gangart (s. gang I, 6, a):
man sach ir pferit schône gân.
Lanz. 7176;
eʒ gienk ebene in den wech,
sanfte und balde genûch (zugleich).
Eneit 148, 40;
ir ros in giengen ebene.
Nib. 72, 4;
sîn ors .. gienc mit sprungen ..
under im vor sîner schar.
Wolfr. Wh. 368, 26;
under im gie in sprunge
sîn ors, daʒ was behende.
krone 7445;
er reit ein ravît daʒ was rôt,
daʒ gie ensprunge schône.
Wigal. 15, 14;
iwer meidem gie nie enzelt,
er dravete unde schûfte.
Helmbr. 1780;
eins ein rotschimmel .. das ander war ein schimmel, so bede gute zelt giengen. Breun. v. Buchenb. 48; ein zältner, ein ross das im zält gat. Maaler 245ᵈ (vgl.klepper); asturco, ein zeltner, der im stapf gat. Frisius 131ᵇ; den pasz gahn, den mittelpasz, den trosz, den tritt, den schritt, den trab, den trott u. s. w. Garg. 132ᵇ (Sch. 240); das pferd gehet einen guten trab. Comenius orbis pictus 2, 14. den galopp gehen. Rädlein 318ᵇ. selbst von der heftigsten bewegung des scheuen thieres einfach durchgehen, vgl. der schimmel geht ins zeug, ins geschirre, zieht scharf an.
e)
von wild; ahd. z. b. vom eber:
der heber gât in lîtun,
tregit sper in sîtun.
Müll. u. Sch. denkm. ⅩⅩⅤⅠ;
dô gie er (Dankwart) vor den vînden   alsam ein eberswîn
ze walde tuot vor hunden.
Nib. 1883, 3;
bald si funden an eim trit do,
das ein wilpret gegangen wer.
Teuerd. 44, 21.
mhd. auch mit dem merkwürdigen umsprung des subj., wie ein tisch sitzt vol (gäste) Uhland volksl. 628, diu venster sâʒen vrouwen vol Mor. v. Craon 878 (s. V, 2209, vgl. gänge II, 3, a):
ouch gienc der walt wildes vol.
Iw. 3272.
noch weidmännisch: nebengänge thut ein hirsch, auch ein hase, wenn sie auf ihrer hingegangenen spur gleich drauf wieder zurück gehn. Göchhausen 124. vergl. kirchgang des hirsches, gang 6, b. c. wild geht dem bauer ins feld; als landgr. Philipp von Hessen einen erlegten fetten hirsch lobte und ein dabeistehender bauer sagte: ja gn. fürst und herr, das kostet unsere gute körnlein, die sie uns im feld abetzen, dem antwortet er: es ist wol zu erbarmen, dasz ich ewre kühe lasse in meine wälder gehen, und ihr weigert mir, meine kühe in ewer feld zu gehen. Zinkgref 1, 121. von fischen s. Megenb. unter a, daher noch im wortspiel in einem hochzeitsgedicht für einen mag. Joh. Hecht:
gott der lasz euch beide sehen
viel paar junger Hechtlein gehen.
Rist Parn. 786.
3)
das an sich intransitive wort wird doch auch unter umständen zum trans., tritt auch ins pass. (f), wird reflexiv (h).
a)
noch jetzt geläufig und alt einen weg gehn:
swer zwêne wege welle gân,
der muoʒ lange schenkel hân.
Freid. 129, 23;
welchen weg (von zweien) musz ich gehn? ich bin einen falschen weg gegangen; so solt du deinen weg fort gehn. weim. jahrb. 4, 267 (s. u. b); vieleicht saget er uns den weg, den wir gehen (conj.). 1 Sam. 9, 6; ir seid den weg vor hin nicht gegangen. Jos. 3, 4; darnach gehet ewre strasze. 2, 16;
doch laszt uns ein paar gassen gehen,
da seht ihr wie die sterne stehen.
Göthe 3, 192.
auch bildlich z. b.: wenn ich eine andere laufbahn gienge und statt des schlachtfeldes den sessionstisch wählen ... dürfte. J. Paul uns. loge 1793 1, 301 (vgl. 24, g);
komm, komm (Asterie) und lasz uns gehn den weg der ewigkeit.
Opitz 2, 143 (poet. w. 4. b., an die deutsche nation).
anders geh deinen weg, d. h. fort von mir, von hier: ir habt ain andre herschaft, darumb so get eurn weg. weisth. 6, 180 (bair. 16. jh.), abweisender bescheid eines richters an einen kläger. auch geh wĕg ist ja entstanden aus ganc den wec Ulr. Trist. 2407 (557, 27 M.), durch enweg (inweg) und eweg hindurch, vgl. noch im 15. jh. enweg und eweg neben einander weisth. 1, 656.
b)
auch einen, seinen gang gehn: mühle, gehe du deinen gang, und ich will gehn meinen gang. weim. jahrb. 4, 267, soll der wandergeselle zur mühle sagen (s. sp. 1221); Johann gieng seinen steifen gang (s. d. I, 1, d). Möser phant. 2, 267. einen botengang gehn u. ähnl., auch den schneckengang, krebsgang u. ähnl., den galgentritt, galgengang:
so muͦsz er gon den galgentritt.
Murner narrenb. 45, 37 Göd.;
eins tages gienc er den weideganc (auf die jagd).
Parz. 120, 11.
einen gemeinen gang gehn, flurbegang, s. sp. 1222 m., kathol. einen bittgang gehn u. ähnl. (s. das.), eine procession oder mit deutscher betonung und endung: gebôt der lantgrâve .. dem covent, daʒ si keine procéssien gên ... soldin. Ködiz 50, 21; an einem liehtmessetag, dâ der covent processen gienk. nonne v. Engelthal 22, 21; der (pabst) bestalte ein grosze processien zu gehene an des heiligen blutes tage. K. Stolle Erf. chr. 250 (Haupt 8, 307).
c)
gewöhnlich doch mit gen. geh deines weges, deiner wege (vgl. Grimm gr. 4, 680 fg.): gehe widerum deines weges. 1 kön. 19, 15; also gieng das weib hin ires wegs. 1 Sam. 1, 18; wer bei nacht dieses weges ging, entfernte sich von dem hügel so weit er konnte. Wieland 8, 190, wie dieses weges kam. auch bildlich, vom lebenswege (23): besser, man läszt sie ihres weges gehn, und erwartet was daraus werden mag. Wieland 8, 159 (Danischm. 19); man scheint sich nur verbunden zu haben, damit eins wie das andre nunmehr seiner wege gehe (in der ehe). Göthe 17, 118, wahlv. 1, 10; vgl. seines pfads gehen 23, e a. e. auch bei gang, seines ganges gehen Jes. 47, 15, wie noch gerades wegs, raschen schrittes, s. unter gang sp. 1221; vergl. bair. éines gêns, auf der stelle Schm.² 1, 858, wie mhd. éines ganges sp. 1221 m. (vergl. 1223), noch alem. eis gangs Hebel alem. ged. 35. ahd. gang thînes sinthes (weges) Otfr. III, 4, 28. wie man schwankte, zeigt z. b. Megenberg 56, 9 alle planêten gênt ir kraiʒ zuo der lenken hant, mit var. irs kreiszes.
d)
mhd. auch mit acc. der gegend, durch die der weg geht, durch die man musz, z. b. eine wise (s. Haupt zum Er. 3106):
ich solde eines morgens gân
eine wise breite.
MSH. 3, 444ᵃ;
si giengen holz und heide   die zwêne küene man,
ân trinken und ân spîse.
Wolfdietr. 417, Haupt 4, 449, heldenb. 3, 229.
ähnlich bildlich nhd. folgende gewagte wendung: war mein buch ... wider die religion und den staat, so ging es die censur. Herder III, 370, muszte es ja durch die censur, wo zugleich an franz. passer gedacht sein wird.
e)
noch ganz anders nhd. mit obj. acc., wirklich trans.:
der dritt .. des laufens ungewant (ungewohnt),
er geht bald den wolf, kamp und blasen.
H. Sachs 1, 531ᶜ,
geht sich den wolf, zieht sich mit wandern zu; ich hab mich müde gegangen. Frisch 1, 330ᵃ. und noch anders einen guten schritt gehen, von pferden Frisch, auch von wanderern. anders, zu a: ich möchte keinen tritt mehr gehen in dieser sache. M. Krämer 518ᵇ; sie sind nur wenige schritte gegangen, als .. Schiller IV, 276, 20, vergl. eine viertelstunde mochte man gegangen sein 276, 15, eine meile gehn u. s. w., und noch anders schritt gehn, im schritt, wie soldaten, auch von pferden.
f)
auch im pass., unter umständen: des wart in (den streitenden) dach bescheiden und wart an rât gegangen. Höfer urk. 83, man 'gieng zu rate' (s. 9, h); wo sich der haubtman einer stat nehet (mit dem heere), wart im mit der procession und heiligtumb entgegen gangen. Wilw. v. Sch. 115; nun ward zu tische gegangen, gewöhnlich doch nun gieng man oder gieng es zu tische; hier wird nicht durchgegangen, ist kein durchgang. vergl. auf ihrer hingegangenen spur (von wild) Göchh. u. 2, e. Nur ein grammatischer scherz mit dem reiz, das unmögliche zu wagen, ist es als wirkliches pass. in der neueren wendung er ist abgegangen worden, zum abgange veranlaszt oder entlassen worden, lange nur mündlich gebraucht, und doch nun auch im zeitungsstil u. ähnl.: das endliche gegangenwerden dieser männer (der minister) ist nur die nachholung einer allzu lange versäumten anstandspflicht. Weserzeit. 1872 11. sept.
g)
das part. gegangen aber auch nicht passivisch für sich gebraucht, seltener zwar als z. b. gekommen, eigentlich nur in gegangen kommen (5, f), wo es doch keine perfectbedeutung hat, aber auch ungegangenes tuch, das man nicht hat lassen eingehen (s. d. 7, vgl. unten 15, f) im wasser: an anschlägen und ungegangenem tuche giht vil ab. Gryphius Dornr. 73, 2 P. (lustsp. 1878 s. 286); das ungegangene und das gegangene tuch unterschieden in einer schneiderinnungsordnung des 17. jahrh. in Halle, s. neue mittth. des thür.-sächs. v. 11, 473; bair. aufgangene nudeln, aus gegornem teige Schm. 2, 5 (s. gehn vom gären 15, f). vergl. vergangene zeit, ergangener spruch, auch das hochalterthümliche sonneganges umme gegangen sp. 1234 unten.
h)
eigentlich passivisch ist auch die refl. wendung nach franz. art hier geht sichs gut u. ä., im 17. jh.: 'der haber zeucht, der wein gehet' (sprichw.), d. i. wann die pferd haber essen und die wandersleut wein trinken, so zeucht und gehet sich wol. Henisch 1428, 53. früher aber auch sich gehn nur als verstärkung von gehn, reflexivisch, wie sich kommen (s. dort II, 37):
es ging sich unser frauwe
des morgens in dem tauwe.
Limb. chron. 19 R.;
wir leben in reichem schalle (lust und lärm),
damit gehn sich die wochen weg.
H. Witstat weim. jahrb. 4, 456;
der freitag geht sich auch daran.
das.;
he gink sik vor den könink stan.
Schiller u. Lübben 2, 9ᵃ.
vgl. mit refl. dat. alts. gang thi fan them crûce niđer Hel. 5586; gêng im thô bî Jordanes stađe 1127 u. oft, unser sich vertritt schon lange zugleich den dat., auch schon ahd., vgl. dô stuont imi ûf der guote man Anno 614, ûf erstuont sik G. Georgsl. 28. vergl. franz. s'en aller, it. andarsi, andarsene fortgehen. mhd. auch sich ergân, von dingen: und het sich daʒ ergangen, ê sie sturbe. Schwabensp. 128; sich vergân von der zeit. nhd. sich ergehn z. b. in schmähungen.
i)
auch eine merkwürdige verstärkung mit -sen kann hier ihren platz finden; von der heuschrecke, die für den winter zu sammeln versäumte: schemet sich (nachher) gleichwol zu betlen, hat nicht arbeiten, dienen und leiden gelernet. darumb cito cadit et perit, sie gehetsen dahin, wie sie den namen bein Lateinern daher füren sol, dasz sie bald stirbt und verdirbt (d. i. cicada ausgelegt als 'quae cito cadit'). Mathesius Sar. 25ᵃ. s. die beobachtungen von Palm über diesz -sen (auch sent, sach u. a.) im 16. 17. jahrh. in md. volksmäsziger rede bei Fromm. 6, 185 ff., z. b. bei dem Meiszner Hayneccius zur schulen hin wil ichsen gan, auch ich hab sen genug geliert (gelernt); es ist doch nichts als mhd. sîn als gen. n., in abgebrauchter form, wie noch erzgeb., thür. ich habs'n genug, j'en ai assez, dann auch in der bedeutung (wie mhd. es gen. n.) in bezug darauf, in folge davon, daher, damit u. ä. (wieder wie franz. en), daher: sie gehetsen dahin, geht davon, daran zu grunde; auch 'also', als folgerung aus den verhältnissen, z. b.: zeuch dussen wider anheim. Liliencr. 4, 414ᵇ, zieh du nur also wieder heim. s. auch J. Grimm unter es III, 1138 fg. (wesentlich jenes mhd. es gen.).
4)
der begriff hebt sich gut ab gegen stehn, mit dem es vielfach gesellt wird im gegensatz; im sprachbewusztsein lagen sich beide so nahe, dasz auch ihre formen auf einander gewirkt haben (I, 2, c a. e.).
a)
gehn und stehn als formel welche ruhe wie bewegung oder alle möglichen formen des verhaltens umfaszt, z. b. rechtlich: sô vrâge ik .. eft .. ik .. moge vor ju (dem richter) und vor juwe richte gân unde stân, vorwert unde tô rügge, nedderwart unde upwart, af unde tô sunder vâr (s. sp. 2063). Hom. richtst. landr. s. 101, vgl. Hartmann unter 1, d; ist das er in vindet (der herr den schuldner des hofzinses) .. wa er denn in dem hof stat oder gat oder sitzet (darf er ihn vor den probst laden). weisth. 1, 407. als merkmal der gesundheit, z. b. bî gôndem stôndem lîbe, in gesunden tagen: dô (von der angeblichen schuld) gehôrte er weder bî sîm gônden stônden lîbe noch dô er krank wart, nie nützit von ime. Scherz 561 aus Straszb. rathsacten, vergl. bei gehendem leibe 6, c a. e.; (die schenkung ist gemacht) mit wolbedachtem mute ... als er leibs und muts frisch und gesund was, zur kirchen und straszen gereiten, gegehn und gestehn mocht. Haltaus 617 (s. mehr dort). ein erschöpfter kann nicht 'sten noch gen':
nun kan ich icz nit sten noch gen.
Folz bei Haupt 8, 535, vgl. 530;
(sie) mit süszen herben pfeilen
lauft, geht und steht verwund.
Spee trutzn. 40 Balke (11, 60).
von der haltung einer schauspielerin: dasz ein solches wesen. nicht kommt und geht und steht als wenn zuschauer dabei wären, vielmehr wie ein schmied vor seinem feuer, um heisz herauszunehmen was er kalt hineinlegt ... Zelter an Göthe 2, 191. s. auch gahnpferd und stahnpferd sp. 2398. noch nl. gaande en staande zijn, bei guter gesundheit.
b)
erweitert vom verhalten überhaupt, z. b. rechtlich von freiem gebaren in einem ganzen gebiete: und A. Strenzel sall auch in ern Götzen gerichten und gebieten frei und sicher geen, steen und handeln und keins argen von im wartende sein. Haltaus 617, nach dem handeln deutlich erstreckt auf alles thun; amor sui, liebe zuͦ im selbs, also das ain mensch ganz gericht würt auf sich selbs ... in klaidungen, in gon und ston ... Keisersb. siben schwerter g 4ᵇ; das es noch stinket, wo ein scharrhans gehet odder stehet. Luther bei Dietz 2, 42ᵇ. so vom verkehr, umgang (vgl. 23, d):
he drûch bunt, sulver unde golt,
he stûnt unde gynk mit den besten.
Haupt 5, 385, nrh.
mnd. z. b.: dâr de lêve Jesus Christus silven hadde ghân unde stân. Lüb. chr. 1, 55 (Sch. u. L. 2, 9ᵃ). auch alles was geht und steht: sie haben schöne rinder, schaf, viel freund, kinder, auf dem felde sind alle ding wol geraten, und singet alles das da stehet und gehet. Luther 4 (1556), 534ᵃ, alles lebendige, eigentlich aber alles vorhandene (s. unter d).
c)
noch jetzt z. b.: wo man ging und stand, verwickelte man sich in die jungen sprossen. Lichtenb. 7, 47. auch als halbdeutliche formel, z. b. komm mit wie du gehst und stehst, wie du eben bist (worin zugleich c mit anklingt); er hat nichts als wie er geht und steht. Frisch 1, 330ᵃ; in der judengasse war ein heftiger brand entstanden. mein allgemeines wolwollen .. trieb mich, gut angekleidet wie ich ging und stand, dahin. Göthe 48, 19 (aus m. l. 16); da mir das ganze (vom plan der Eugenie) vollkommen gegenwärtig war, so arbeitete ich am einzelnen, wie ich ging und stand. 31, 146, doch mehr zu a, wofür aber wo für wie nötig wäre, so dasz die verhältnisse mit gemeint sein müssen, z. b. er verfolgt mich, wo ich gehe und stehe. nl. z. b. daar ben ik nu, zooals (wie) ik er ga en sta.
d)
auch auf dinge, verhältnisse übertragen, wie ja von gang und stand der dinge die rede ist: obs recht ist, das einer sold neme oder (wie sie es nennen) dienstgelt oder mangelt .. das er sich verbindet dem fürsten zu dienen .. wie der brauch jetzt gehet und stehet. Luther 3, 326ᵇ; da sind (um zu zeigen was wir eigentlich wollen) meine schrift und offentliche bekentnis .. da stehet und gehet umb her unser confessio und apologia. 6, 19ᵃ, steht auf den bücherbretern und geht durch die hände (19, a). auch von einer wirtschaft, einem hofe z. b. ich übernehme alles wie es geht und steht, wo mit gehn urspr. leute und vieh gemeint sein müssen (sonst auch wie es steht und liegt); gegenwärtiges haus .. so wie es steht und geht (in einem testamente). J. Paul 26, 7; alles, wie es gehe und stehe, gehöre seiner frau. Fibel 50. nach verhältnissen fragt man auch nachdrücklicher wie gehts? wie stehts? in einem athem. ähnlich dann: so lange die erde (welt) geht und steht. J. Paul 26, 7. s. auch unter 17, c und 36, h, γ.
e)
wie auch auszer dieser verknüpfung beide im sprachvorrat zusammen gehn, zeigt vielfältig noch der übertragene gebrauch, z. b. die thür geht auf und steht auf, saat geht auf und steht gut, eine uhr steht (still) und geht wieder. s. auch vom zaun, der steht und geht 18, g. Aber merkwürdig auch ohne unterschied, gehn für stehn, kleiden, wol anstehn: geht mir diese locke? Klinger 1, 227; was sagst du von der farbe (des haarbandes?) 'sie geht vortrefflich zum schwarzbraunen dieser seidnen haare'. das. (Elfride 3, 1);
ein wenig mehr gehirne,
Pervonte, sollte, dächt ich, nicht
so übel gehn zu dieser schönen stirne.
Wieland 18, 140 (165);
wol nur nach dem franz., wo aller à qu., eigentlich passen, auch kleiden heiszt, wie ital. ein kleid non mi va, steht mir nicht. s. ebenso kommen (mhd.) V, 1643 m.
5)
Ein nahes begriffliches verhältnis haben auch gehn und kommen, jenes als ein hingehn, dieses als ein hergehn, als fortbewegung und annäherung; zu vergl. ist kommen II, 1, z. b. wenn ihr kämt, so ging ich. Göthe und Werther s. 147, an Kestner, ein ewiges gehen und kommen 40, 311;
wenn du nicht (zu David) gehst, so komm ich nicht zu David.
Klopstock 10, 15.
a)
bloszes gehn für fortgehn (s. 8, f, für sterben 23, c), schon ahd. mhd.: (Judas) gangenti erhieng sih, abiens se suspendit. Tat. 193, 3;
herre, swaʒ ir mir wellet sagen,
daʒ saget mir, wand ich wil gân,
ine mac niht langer hie gestân.
Trist. 371, 37;
si (die gefangne maus) sprach: herr löwe, lânt mich gân.
Boner. 21, 4.
nhd.: das gon und wider kommen, itus et reditus. Maaler 190ᵃ; wenn nur Jobsen nicht wieder kömmt. ich dächte, sie giengen itzt? Weisze kom. op. 2, 160;
wo ist der kerl? wenn ich ihn spüre,
er soll mir nicht lebendig gehn!
Göthe 12, 118;
Egmont. leb wol! Ferdinand. ich kann nicht gehn. 8, 295; leb wol! 'ich gehe nicht!' 296;
lebe glücklich, sagt er, ich gehe ..
40, 335 (Herm. u. Dor.);
ich geh und überlasse dich dir selbst.
Schiller XIV, 58 (braut von Messina 65);
der bruder will allein sein.   laszt uns gehen.
Piccol. 2, 4;
mit breiten ästen
deckt ihn (den sohn) der baum bei seiner wiederkehr,
der sich zur gerte bog, als er gegangen.
1, 4;
er (Max) kommt mir nicht zurück, wie er gegangen.
1, 5 (vgl. Maaler vorhin);
wollts gott, er gieng, und liesz uns seinen hut.
Tell 1804 s. 124 (3, 3).
das ist hausdeutsch: gehst du schon? wer geht mit (fort)? übrigens auch kurz gleich weiter gehn (was ja fort gehn eig. auch ist nach unterbrochnem gange), z. b. Tell zu seinem knaben:
was kümmert uns der hut? komm, lasz uns gehen.
Wilh. Tell 3, 3 (1804 s. 128);
vgl. mit fort bei der begegnung mit dem landvogt im Schächenthale:
mit der hand nur
winkt' er mir schweigend, meines wegs zu gehn.
da gieng ich fort, und sandt' ihm sein gefolge.
3, 1 (1804 s. 110).
b)
besonders auch im imp.: geh, lasz mich allein; geh! geh! ich will nichts weiter hören; geh! dich auf ewig zu verbergen! geh! sag ich. Lessing 2, 189, der prinz zu Marinelli (Em. Gal. a. e.), dazu einen gehn heiszen;
(Leicester zu Burleigh) was ich
mit meiner königin zu verhandeln habe,
braucht keinen zeugen. geht!   Elis. bleibt, ich befehl es!
Schiller M. Stuart 4, 6.
auch zum henker u. ä.: ei nun get zum henker! Steinh. Bocc. 157ᵃ (72); gehe an galgen! noch im 18. jahrh. Rädlein 338ᵇ, Ludwig 715. Diesz geh! ist im leben so viel gebraucht, abgebraucht, dasz es auch als abweisung überhaupt dient, ohne alles fortgehen: geh! du bist nicht klug; ach geh, du willst mir was weis machen, das glaub ich nicht u. ä.; ach geh (mir) mit deinem gesinge! hör auf zu singen;
und willst ein dichter sein? geh, lasz den schweren namen,
zum dichter trägst du kaum den ungekeimten samen.
Lessing 1, 173 (zu sich selbst);
o gehen sie, riefen die Abderitinnen, sie wollen uns bange machen. Wieland 19, 132; nein, geh! es war hübsch von ihm .. Göthe 42, 4 (d. j. G. 2, 45), abweisung eines tadels, im munde eines fuhrmanns (Gottfr. v. Berl.); geh, geh! du bist der mann nicht, das rachschwert des obern tribunal zu regieren. Schiller II, 96, 22, Karl Moor zu sich selbst. und noch gewagter oder gelinder: und deine mutter wartet und behütet dein kind mit voller liebe? fragte die königin. geh! erwiderte Walpurga (als amme). Auerbach auf der höhe 1, 80, d. h.: wie kannst du nur so fragen, das versteht sich doch von selbst! in bäuerlichem munde. sogar gê, sei gscheid, bleib da! Schmeller bair. gramm. s. 508, gengens, bleibens da!
o herrgott im himmel,
geh schenk mir jetzt ruh!
südd. volkslied.
also zur bloszen aufforderung geworden, wie franz. allez! und also mit komm! zusammenstoszend, s. V, 1633. vgl. auch unter 10, e, δ.
c)
aber gehn erscheint auch wirklich als ein hergehn, herbeigehn, herkommen. bloszes gehn freilich nicht gerade, z. b.: der gon wirt, aditurus. Maaler 189ᶜ; gonde, iens, adiens. 190ᵃ. es sind bestimmungen nötig zur ausmalung, z. b.: und da derselbige (bote) gieng und erzu kam .. 2 Sam. 18, 25, d. h. während er näher kam (vgl. das hebr.). am einfachsten mit her, ahd. hera: wuo giengi thu hera in, quomodo huc intrasti? Tat. 125, 11, wie konntest du herein kommen (zur hochzeit), vergl. gêt hina recedite 60, 13. mhd. gê her, z. b. bei einer eheschlieszung, an den bräutigam:
gê her und nim si ze rehter ê.
Renner 1690.
aber wirklich auch mit hin von kommen, hin ze hûse gên, in einer mahnung an die ehefrauen, dem gatten mit liebe zu begegnen: du solt gein in ûf springen, sô er gê hin ze hûse oder rîte unde solt imʒ gewant enpfâhen (abnehmen) .. Berth. 330, 35, vielleicht nur wegen des gegensatzes zu rîte. ûʒ gên, heraus kommen:
ein stählîn tür entsloʒʒen was,
dâ giengen ûʒ zwei werdiu kint.
Parz. 232, 11.
in die werlt gên, zur welt kommen. Megenb. 106, 24 (s. 23, c). nhd.:
got gruͤsz euch alle, got gruͤsz euch ..
sagt mir auch, ob ich hie ge recht.
fastn. sp. 275, 24,
an den richtigen ort komme (vgl. 8, a); gang her, komm her:
gang her, herr Lucifer,
ich wil dir sagen neue mär.
505, 22;
hoff, Agripina werd mir zu theil,
wird bald hieher von kirchen gehn.
H. Sachs III, 2, 42ᵈ (1588).
jenes gê her bei Hugo v. Trimb. (vgl. Luther unter hergehen) ist noch fränk., thür., z. b. geh her und isz mit, wenn ein besuchender eben zu tische kommt.
d)
vielfach auch in weiterer, übertragner bedeutung: und von dem bischof wer gemainen steten wol ein hilf gangen, daʒ er in mit einer summe spieʒ (fuszknechte) gedient het. Nürnb. chron. 1, 161, 10, mit dat. wie mir kommt hilfe (s. auch 35, h); erhebt sich ein .. siroco, das die wellen aus dem mer herein gehn. Kiechel 250; das wir dir (könig Ruprecht dem herz. von Lothringen) din schulde, die doch von dienstes wegen, den du uns von des richs wegen getan hast, herruret und geet, gern bezalen wollen. Frankf. reichsc. 1, 734, herkömmt, vergl. 16, g; wie der münche und aller tollen heiligen selberwelte werk sind, die kein gottes wort haben und nicht aus der liebe gehen. Luther 6, 55ᵇ, wo wir auszer kommen doch auch noch hervorgehen sagen; wer nun will aus dieser armseligen welt in den himmel gehen ... Schuppius 649, wie im 15. jh.: werdt ir nit .. als die kleinen, ir geet nit in das reich der himmel Nürnb. bibel 1483 Matth. 18, 3, bei Luther kommen, aber auch im 16. jh.: in welchs reich nichts befleckts gehn mag Frank parad. 240ᵃ, auch jetzt noch eingehen, und auch Luther ähnlich: es ist nie kein gemeines noch unreines in meinen mund gegangen. ap. gesch. 11, 8. dem kaiser Max prophezeite 1493 Seb. Brant:
Turk, heiden, all erdrich wirt gon
under din gwalt, gebot und kron.
Liliencr. hist. volksl. 2, 312ᵃ.
einzeln auch noch in neuerer zeit:
o kenntet ihr die reine lehre,
rein wie sie von dem lehrer ging,
eh nutz und eigennutz mit lumpen sie behing.
Gotter 1, 399, ausgieng;
vgl. auch zu nutzen, zu gute gehen, wie kommen 19, g a. e., in strafe gehn, kommen: der soll ... in unser straf gehen. österr. weisth. 1, 5 (wie in einen kreis den er betritt); umgekehrt strafe geht über einen 30, e.
e)
lehrreich sind besonders fälle, wo man das sprachgefühl selber zwischen gehn und kommen schwanken sieht, z. b.: eʒ sprechent etleich vorscher, daʒ die jungen vögel mit den füeʒen des êrsten in die werlt gên (conj.). iedoch die andern tierl koment des êrsten mit iren haupten. Megenb. 193, 32;
mordio, mordio, thuond uf die thür!
ist neiszwar (irgend wer) drinn, der komm herfür!
Ruff etter Heini 382,
in der andern hs. geändert der gang herfür;
'mein burgvogt, komb heraus zu mir'.
er geht heraus und sagt:
was sol ich, zarte jungfrau rein?
Ayrer 2040, 9,
er geht ein, herein ist die gewöhnliche bühnenweisung.
was im menschen nicht ist, kommt auch nicht aus ihm.
Göthe 40, 258 (Herm. u. D. 3),
im 16. jh. aber: wo nichts guͦts innen ist, da gehet nichts guͦts aus. S. Frank spr. 1, 88ᵇ. Neander spr. 28 Lat. (ubi non est intus, nihil fit extus Mathes. Sar. 155ᵃ). aber auch da schon in scharfer unterscheidung, z. b.:
kinder sein lieb, kommen vom herzen,
gehn wider zu herzen mit schmerzen.
Froschmeus. I, 2, 6.
aber auch beide vereinigt, als eins: durch die taufe gehen und kommen wir zum christenthumb. Mathes. Luther 62ᵇ. s. auch Luther unter 35, a. s. auch es geht und es kommt Göthe 36, c, γ.
f)
geläufig ist ihre verbindung in gegangen kommen (s. dort II, 4), sich gehend nähern oder herbeikommen:
dar kom ich gegangen
an einen anger langen.
Walther 94, 15;
dô kom von Tronje Hagene   zuo sîner vrouwen gegân.
Nib. 806, 4;
wer kommt da gegangen? u. dergl. noch jetzt. s. auch unter 12, d und Göthes geht zu kommen 10, b.
6)
Auch das eigentliche gehen ist aber nach begriff und gebrauch sehr manigfaltig.
a)
es heiszt auch ausdrücklich zu fusze gehn (s. sp. 994), daher fuszgänger, mhd. ze fuoʒ gân (auch stân) wb. 3, 444ᵇ: zefuͦsz gon, pedibus ire, ambulare, pedibus iter facere. Maaler 190ᵃ; wie der zusatz durch umstände dienlich oder nötig wird, zeigt z. b.:
daʒ mîn rîten bî in übel stêt,
sît man und wîp ze fuoʒ hie gêt.
Parz. 450, 16;
da sie (erschreckt) sahen den künig rich
fuͤren und also zuo fuosz gon.
Büheler königst. v. Fr. 2802,
er war vor bestürzung und schwäche (über den gemeldeten tod seiner gemahlin) vom pferde gefallen, man bringt ihn geführt; um meinen hiesigen aufenthalt (in Gotha) mit einem abenteuer zu endigen, will ich morgen früh sechse in forma hier abfahren, in Siebeleben aussteigen, über die Gleichen, Ichtershausen, Dienstedt nach Kochberg zu fusze gehen. Göthe an K. Aug. 1, 22. früher auch genauer zu füszen (sp. 994) und in aller deutlichkeit, kräftiger, z. b. in Rüdigers munde, da er zum kampfe wider die Burgundenkönige aufgefordert wird:
hêr künic, nu nemt hin widere   swaʒ ich von iu hân ..
ich wil ûf mînen füeʒen   in daʒ ellende gân.
Nib. 2094, 4.
vergl. auch fusz für fusz gehn sp. 997, auf freiers füszen gehn und den scherz im volksliede:
wenn er fragt, wie mirs geht?
sag auf zwei füszen.
auch vom fusz selber: was zeither vorfiel, war gehendes fuszes, war auf der treppe. Hippel lebensl. 3, 30, war im gange, im herankommen. auf den knien geen, rutschen, s. knie II, 1, b, β.
b)
überdiesz wird es auch auf reisen u. ä. überhaupt erstreckt, also wie älteres faren, man geht auch zu wagen, zu schiffe, selbst zu pferde (die ja alle auch gehn, s. 12, c. 13, a): weil wegen schnee und frost, so damahls eingefallen, die groszen herren nicht mehr zu pferd, sondern zu schlitten giengen. Olearius pers. reis. 1, 14, anders als mhd. ze rosse gân, zum rosse, es besteigen fundgr. 1, 35, 20, noch jetzt zu schiffe gehen, navem conscendere Frisch 1, 330ᶜ; wir steigen zu pferde und gehen in die gebürge. Göthe an fr. v. St. 2, 85 (bergmännisch s. 9, f); sobald mir der bote antwort bringt, werde ich mich aufs pferd setzen, um ihnen nach Ilmenau entgegen zu gehen. Schiller und Lotte s. 68; wenn der könig ohne allen gebrauch seiner füsze sich ins feld bewegen läszt, thut man ihm doch die ehre an und spricht nicht anders, als: er geht zur armee. Seume 3, 4 (mein sommer 1805 s. iv);
treibend schwang sie (Nausikaa) die geisel, und laut nun trabten die mäuler,
strengten sich ohne verzug, und trugen die wäsch' und sie selber.
nicht sie allein, es gingen zugleich auch dienende jungfraun.
Voss Od. (1806) 6, 84.
daher auch für sich begeben, ohne besondere vorstellung des gefährtes o. ä. (s. 12, c): nun, liebes töchterchen, weiszt du, dasz du heute oder morgen mit mir in die stadt gehst? Weisze kom. op. 3, 249, vom landgute, wie umgekehrt aufs land aus der stadt; ich beneide alle welt, die nach Sachsen geht. Göthe nov. 1768 aus Frankf. an Öser (d. j. G. 1, 37);
als ihn die lust, im neuen veränderten wesen zu wirken,
trieb nach Paris zu gehn.
40, 335 (Herm. u. D. 9);
über des bräutigams tod, der, ein edler jüngling ...
selbst hinging nach Paris und bald den schrecklichen tod fand.
298 (H. u. D. 6),
reisen wäre da störend oder unmöglich. so geht man in die ferien, in die sommerfrische, ins ausland (auch auszer landes), nach Amerika (auch übers meer), d. h. dem ausdruck und auch dem wesen nach noch wie der handwerksgesell in die fremde geht, fort in die weite welt. auf der post gehen, cursu publico uti Frisch 1, 330ᵇ, über meer und über land gehen, mari terraque proficisci 330ᶜ. wie freilich diesz umfassende gehn zu misverständnissen die hand bietet, zeigt was V. K. Schwarz aus Augsburg erzählt vom j. 1561: es was verbotten, das niemant sollt in die mummerey geen (zur fastnacht), da fueren wir darin. Reichard M. u. V. K. Schwarz 145, das faren war natürlich in dem obrigkeitlich verbotnen geen mit gemeint.
c)
bloszes gehen ist aber auch hin und wieder gehen, umhergehen, spazieren gehen (10, d), wandeln u. ä.: arstant inti gang, surge et ambula. Tat. 54, 6, worte Christi an den gelähmten, goth. urreis jah gagg Luc. 5, 23, nordhumbr. ârîs and gaa (wandele Luther, wandere Beheims ev.);
eines tages dô der jungelinc
in der pälenze gînc (in geschäften).
Alex. 325;
si sprâchen: her, wâ welt ir hin?
er sprach: ich muoʒ ein kleine gân.
lieders. 2, 647,
ein wenig spazieren gehn, mich ergehn, mhd. sich ergân;
ich habe nichts zu thun, was heiszen tausend schritte?
im gehen, glauben sies, bin ich ein rechter Britte.
Hagedorn 1, 62;
komm, sieh einmal mit mir die hiesgen gärten an (vor Leipzigs thoren).
und alsobald gehn sie, dem zufall überlassen (sich überlassend).
Zachariä ren. 3, 357, gehn aus, spazieren;
was wirds erst werden, wenn wir wieder in Leipzig ums tohr gehn! Göthe an Öser febr. 1769 (d. j. G. 1, 57), spazieren um die stadt, es war der Leipziger ausdruck, rheinisch vor die pfort gehen, pedem portâ efferre Aler 868ᵃ (an die port Suso sp. 2377); wer geht, sieht ... mehr als wer fährt ... ich bin der meinung, dasz alles besser gehen würde, wenn man mehr ginge. Seume 3, 4 (mein sommer 1805 s. iv). daher bei gehendem leibe, wenn man noch gehen kann, noch umhergeht, auch als kranker: aber gleichwol bin ich bei gehendem leibe übel auf gewesen. Schweinichen 2, 266, vollständiger mhd. bî gândem stândem lîbe unter 4, a.
d)
diesz gehend, jetzt selten (so häufig stehend noch ist), war einst auch sonst in vielfachem gebrauch; z. b. ein gehender bote, im gegensatz zum reitenden (vgl. bote gehn 9, k): also ist .. mir ein augspurgischer geender pott zukomen, der sagt das dem also seie (dasz kaiser Karl auf Regensburg ziehe), dann er seie gestern one weit von Geisenfeld durch des kaisers heer gezogen. Schertlin br. 135, es wird aber ein regelmäszig gehender bote sein, der vorläufer des heutigen postboten, der landschaftlich auch noch kurzweg der bot heiszt, z. b. im Bregenzerwalde; für geheime dinge (vergl. sp. 2357) gieng ein geschworner, vereidigter bote: wil ich üch wider schriben, sobald ich innen wird das ein geschworner bott von Lucern gan Fryburg gat. H. Salat 79. ähnlich gehende zolner im unterschied vom stehenden oder sitzenden brückenzolner, s. bei Michelsen Mainzer hof die dry geende zolner s. 34, die dry gehende zolner 22, sie muszten in ihrem amte in den straszen herum und vor die thor geen (auch gehen). mhd. der gênde, fuszgänger: der rîtene (für rîtende) wîche deme wagene (auf der strasze) und der gênde deme rîtene (so). Sachsensp. II, 59, 3, vgl. vuͦʒgengêre 27, 1, pedester fuszgeender Dief. 420ᵃ;
und lief (der löwe) ouch sâ den gênden man
vil unbarmeclîchen an.
Iwein 5377;
mîn harnasch was ze swære,
daʒ ichʒ niht gênde enmohte getragen.
777.
auch von fuszknechten, söldnern, pedites: 21 geender wegen mitsampt den geenden schützen. Nürnb. chr. 2, 34, 10; unter dasselb türlein tags ein geender soldner (als wache). 3, 157, 16. 25; das geende volk. reichstagsacten II, 47, 8; schon mhd.:
darzû rîten (für rîtene, rîtende) alsô vil ..
unde zweitûsint gânde.
Jeroschin 24020.
auch gehend werden, in gang kommen (vgl.rasend werden): wenn die alten geule gehend werden, so sind sie nit zu halten. Neander spr. 32 Lat., s. dazu unter gaul sp. 1570; die ganze stehende armee meiner neigungen wurde gehend. J. Paul teuf. pap. 1, 144. ich will dich gehend machen, will dir beine machen! Ludwig 716.
e)
auch krieger gehn ursprünglich, wie gender soldner vorhin, z. b.: es sol nieman an dhainen krieg gan noch riten .. on erlobung ains vogtherren. weisth. 1, 202, vgl. 9, c;
da dat man im sin harnesch an,
als ein herr zu strit solt gan.
Liliencron 2, 35ᵇ;
wan ein stift (das Mainzer) zu felde leit und ein (der) vitzdum mit dem Ryngauwe (den rheing. kriegspflichtigen) .. daby weren .. und durch daʒ reisige here geent .. sollent (sie) unter eins marschalks bannyr odir wimpel geen. weisth. 1, 531, marschieren, vgl. gang I, 4, d für marsch. beim angriff:
er was unz an die porte mit grôʒer kraft (schar) gegân.
Gudr. 1454, 1;
er (der hauptmann) macht sein ordnung und trat in ainer engen gassen, da nit mehr denn sechs man neben einander gehn mochten, gegen den veinden. Wilw. v. Sch. 113. auch von einem ganzen heere, unter umständen noch jetzt, z. b. es geht über den Rhein (vgl. übergang), über das gebirge, ein truppentheil geht voran, zum aufklären u. ähnl., geht vor zum angriff, geht zurück in seine deckung u. a., auch in die flucht: dasz der feind in die flucht ging. Steinbach 1, 539 aus Hoffmannswaldau; der könig geht zu felde, educit exercitum etc. das. 540;
die Sachsen dringen ein, gehn bis nach Mähren hinter,
und Töffel gehet mit.
Lichtwer fab. 3, 4.
das heer ist da eigentlich als ein lebendiges ganzes gedacht, als ein 'körper', vgl. truppenkörper und dazu körper 5, auch unter kampf 2, b, kopf V, 1753 (b), ganz deutlich in der mhd. wendung von einem helden an jagen (verfolgen) ein houbt, an fluht ein zagel (des heereskörpers) Greg. 1826. s. auch in den krieg gehen 9, c.
7)
Die art des gehens wird vielfach näher bezeichnet, z. b.
a)
mit klingen gehen, von übermütigen bauern:
da gen si mit klingen,
schamper liedl si singen.
fastn. sp. 441, 18 (Neidhartspiel).
im 18. jahrh. im degen gehn (der degen wie ein kleid, als kleidungsstück, s. u. b), von studenten: er hat wirklich studiert, und ich habe ihn mit meinen augen zu Leipzig in dem degen gehen gesehen. Rabener (1755) 2, 146. mhd. mit swerten, schilten, under helme gân, gleich gewâpent gân. anders mit kreuzen gehn, im kirchlichen bittgang u. ä., s. u. kreuzgang 1, a; wenn er (der sigrist) mit dem krütz gat. das. 1, c. mit dem klingelbeutel gehn, mit fackeln u. s. w.
b)
von der kleidung, in der einer erscheint, heiszt es einfach so und so gehn, einhergehn, daherkommen (vgl. von der haltung 24, a); selten gekleidet gehn, z. b.: er geht gekleidet, als ob er vom galgen gefallen wäre. Ludwig 684. blosz gehn schon mhd. ahd.: thaʒ thu (mensch) nakot ni geist. Otfr. II, 22, 21;
ist aber ein witwe freuden rîch
und daʒ si sich kleit kosteclîch
und man si siht iht schône gân,
man giht, si strîch sich ûf die man.
Lichtenstein 619, 27,
ganz wie noch jetzt im hausdeutsch die geht aber schön!;
si giengen in ir hemeden   diu wâren beidiu naʒ.
Gudr. 1216, 1;
mit strûbendem hâre   sâhen si si gân.
1218, 1,
das haar und sein schmuck als theil der kleidung, wie es von der jungfrau heiszt dasz sie mit ehren den kranz tregt und im (offnen) haar gehet Luther 2, 242ᵃ, noch in haaren und im kranze gehet 8, 129ᵇ, noch im 18. jahrh. in haaren gehen, s. unter haar III, 2, jetzt auch im bloszen kopfe gehen (vergl. barhaupt gen unter gehen n.), wie in der haube, im hute; lasz die har abscheren und gehe kalh (zur trauer). Micha 1, 16. von kleidung: du solt des tags ân ain underjoppen nicht gen, wildu nicht krank werden. anz. d. germ. mus. 10, 320, in einem unterricht für pilger nach dem heil. lande; gehe hin und zeuch ab den sack von deinen lenden und zeuch deine schuch aus von deinen füszen. und er that also, gieng nacket und barfusz. Jes. 20, 2;
in syden kleidt sich iederman,
kein landtman kan on sammat gan.
Ruff etter Heini 248;
was plagen wir uns mit dem flor
und gehn, ich weisz nicht wie, im leide (trauer)?
Chr. Gryphius p. w. 1, 638;
das volk (in Käsmarkt in der Zips) braucht höfliche deutsche sitten, theils männer gehen deutsch, theils ungrisch, theils halb deutsch und halb ungrisch, so visirlich raus kommt. ungr. Simpl. 60; sonderlich aber gehen die Zipser (weiber) etwas anders als die oberungarische weiber, indem sie ihre schleier u. s. w. das.; reinlich und nett soll ein junger mensch gehen. Chr. Weise erzn. 55; und gehen als wenn sie vom galgen gefallen wären. Schoch stud. E; sie werden uns visite machen — ja wie, wenn ich grün mit rosenroth gienge? Klinger theat. 2, 285;
und morgen geh' ich wieder bunt (lege die trauer ab).
Gotter 1, 97;
freilich geh' ich nie geschnüret
noch gepudert und frisiret.
Voss (1825) 2, 56;
Hafis auch und Ulrich Hutten
muszten ganz bestimmt sich rüsten
gegen braun' und blaue kutten:
meine (gegner) gehn wie andre christen.
Göthe 5, 99;
auszen mags in glätte, mag in farben gehn (erscheinen).
3, 125.
ebenso schweiz. kommen, z. b. schön kommen, s. V, 1679.
c)
frauen gehen mit einem kinde, schwanger u. ä. (s. kind II, 1, g):
sich dîn muome Elisabêt
ouch mit einem kinde gêt.
erlösung 2640;
von den zaichen allen maht du wol erkennen, ob diu fraw mit ainem knäblein gê oder mit aim dirnlein. Megenb. 41, 13; is enwere dan das eine frauwe swanger ginge mit eime kinde und des wilts gelustet (die kann sich wild fangen lassen). weisth. 2, 454, die vollständigste wendung, die wol die ursprüngliche ist; an der fürstin, die kints grosz schwanger gieng. Wilw. v. Sch. 57; das weib gehet schwanger adder gehet schwer. Luther bei Dietz 2, 43ᵃ; hastu gemerkt, wenn die hirschen schwanger gehen? Hiob 39, 1; man sech die an, die in der ee sind .. so werden sy mit kinden geen (für geend). Keisersberg spinn. O 1ᵃ;
ich ge mit einem kinde.
Uhland volksl. 206;
gehst du mit eim kindlein klein,
ich will der vatter sein.
Garg. 92ᵃ (Sch. 160), vergl. bei Uhland a. a. o. und 674;
wisz dasz ich gehe mit einem kind u. s. w.
Ayrer 970, 9.
auch bloszes gehn so:
dasz frauen, wenn sie gehn, ein blinder appetit
auf wunderliches zeug und tumme speisen zieht.
auch von der zeit oder dauer der schwangerschaft: und sihe, Elisabet .. ist auch schwanger mit einem son .. und gehet itzt im sechsten mond. Luc. 1, 36; (dasz sie) hochschwanger wäre und nur noch wenige tage mehr zu gehen hätte. ehe eines mannes 226. in andrer auffassung zum kind gehn, parturire Schönsleder e 7ᵈ, zur geburt, genauer mhd.: sô daʒ wîp des kindes zuͦ kemenaten sal gê. zeitschr. f. myth. 2, 77 (s. V, 528 m.), zu dem gen. s. kind II, 1, h. zur geburt gehn, schwanger sein Schöpf tir. id. 186. auf der zeit gehen, der geburtsstunde nahe sein Frisch 1, 330ᵇ.
d)
mit einem gehn, zugleich mit mancherlei nebensinn:
ir zwei mit ein ander gêt (imp.).
Parz. 549, 4;
peit mein, so wil ich mit dir gan (zum abt).
fastn. sp. 203, 30.
junkfrewlein, sol ich mit euch gan
in ewern rosengarten?
Uhland volksl. 104;
wer in die fremde will wandern,
der musz mit der liebsten gehn.
Dorothea, als sie sich entschlieszt auf Hermanns antrag:
ja, ich gehe mit euch, sobald ich die krüge den freunden
wiedergebracht und noch mir den segen der guten erbeten.
Göthe 40, 309,
wo denn das mit gehn zu einem mitleben wird. im leben heiszt es von einem pärchen einfach sie gehn mit einander, lassen sich zusammen vor den leuten sehen, sie geht mit einem, sie waren schon lange mit einander gegangen. auch sonst auf zusammen leben überhaupt erstreckt (vgl. u. 24, g), mit gen. der beziehung mhd.:
daʒ sim unrehte wolten lônen (seine mannen)
der triuwen, der er mit in habe gangen.
Alex. 592 W.,
in der er mit ihnen gelebt. auch von sachen, Maria Magdalena z. b. verwünscht ihr bisheriges leben, ihre eitlen kleider, zuletzt:
wes ich nu mit uch gegangen han,
des wel ich vorbasz nu men (mer?) lan.
Alsf. pass. 2032.
deutlicher ausgemalt mit einem, mit etwas umgehn, das leben und treiben als in krümmen oder kreisen gehend gedacht. von dingen z. b. mhd. mit ubilen siten umbe gân wb. 1, 468ᵃ, 22, alle die mit dem kessel umbe gent, mit der brauerei zu thun haben Nürnb. pol. 210, deutlicher noch von einem händler mit seiner waare: und wenn man mich fraget (unter dem thore): womit gast umb? so sagt ich: ich tragen huͤnder (hühner) zu verkoufen. Th. Platter 46. von menschen aber auch im kampfe, von kämpfern die einander im kreise herum treiben (vgl.eʒ umbe trîben u. 33, b, γ), z. b. Dietrich im streit mit einem ungethüm:
mit dem vâlande er umbe gie
wol unz über mitten tac.
Dietrichs flucht 1652 (Berl. held. 2, 82ᵃ);
swâ ich in herten stürmen mit den vînden umbe gie.
Alph. 261, 2. 164, 2.
e)
vom zusammengehen in öffentlichen aufzügen, die im alten leben gröszeren raum und gröszere bedeutung hatten, rührt z. b. her in der mitte gehen, als hauptperson:
die zunge hats gethan, dasz niedriges geblüte
auf hohen stühlen sitzt, und gehet in der mitte,
und fährt mit sechsen her, verachtet fürsten-blut u. s. w.
Logau 2, 1, 38.
über einem gehen, ihm zur rechten hand gehen, den vorzug haben Adelung. anders, der reihe nach, ahd.: er gât under zwisken, est medius (inter Aristotelem et stoicos) Graff 4, 70;
me leid geschicht eim narren dran,
das er sicht ettlich vor im gan,
dann er hab freüd das im sunst all
nochgangen ..
Brant narr. 68, 21 ff.
von der rangordnung dabei (vergl. u. kommen 23, a, γ) stammt auch noch das bildliche vorgehn, fürgehn (s. dort. 14), voran gehn, z. b.:
darunter dann der mensch nichts edlers finden kan,
als sich den menschen selbst, der billich geht voran
für wilder thiere schaar, für pflanzen und metallen u. s. w.
Opitz 1, 25;
ein freies volk ihr bleiben sollt,
die freiheit geht für geld und gold.
Scheibles flieg. bll. 8.
noch jetzt im hausdeutsch der oder das geht vor, musz den vorrang haben, zuerst dran (an die 'reihe') kommen, z. b. bei auszahlung von verdientem lohn, lidlon, in erbfällen, wird bestimmt dasz der vor allen dingen gan sol und bezallt werden. Lucerner stadtr. 103ᵇ. 104; schon früher bildlich, aber noch in voller anschauung, mit für, mhd. vor (mit über s. 21, b): ehr gehet für gut. Neander spr. 12 Lat.;
schön bin ich nicht, mein höchster hort ..
lieb geht für schön an manchem ort.
wunderh. von Birl. u. Crecelius 2, 58 (16. jh.).
zu für vgl. u. 21, b; ursprünglich vor mit dat.:
guot was ie genæme, iedoch sô gie diu êre
vor dem guote u. s. w.
Walther 31, 17;
tiuschiu zuht gât vor in allen.
56, 37;
sîn (gottes) lop gêt vor allem prîse.
78, 30;
sehen gehet vor hören Henisch 1428, kunst gehet für kraft, natur gehet für lehr 1431. und entsprechend einem nâch gên, eigentlich ihm im aufzuge den vorrang lassen, weil an wert geringer (anders unter 30, f, als notwendige folge):
der liebe gêt diu schœne nâch.
Walther 50, 4,
was man nun mit steht nach erklärt, d. h. ins abstracte verwischt, denn auch bei dem nachstehn denkt man sich nichts deutliches mehr (eigentlich: hinter oder zurück treten). aber noch bei Aventin heiszt es für vorstand, vorsteher vorgang, s. Schm. 2, 55, wie goth. faúragaggja m. verwalter, oberhaupt des hauswesens, faúragaggi n. haushaltung, verwaltung, was doch aus dem kriegsleben stammen wird, führer, führung im kampfe, nachher in der arbeit u. s. w., vgl. ahd. forakango praevius Graff 4, 104. das nachgehen aber auch so: wie Tscherning, der meines erachtens dem Opitio gleich nachgehen kan. (J. H. Schill) der teutschen sprach ehrenkranz Straszb. 1644 s. 118, der nächste ist.
f)
auf socken gehen, möglichst unhörbar (wie diebe), auch bildlich (s. 24, c) vorsichtig, geheim gehen. so bei Göthe selbst auf fingerchen (s. d.).
8)
Richtung und ziel des gehens.
a)
recht oder unrecht gehn, den rechten oder unrechten weg: Kosinsky (zu den räubern). meine herren, verzeihen sie, ich weisz nicht, geh ich recht oder unrecht? Moor. und wer müssen wir sein, wenn sie recht gehn? Schiller II, 120, zugleich doch vom anlangen, gleich recht kommen, vgl. aus dem 15. jh.: ob ich hie ge recht? fastn. 275, 24 unter 5, c;
ich mein, du sigest nit gangen recht (kommst nicht zum rechten).
fastn. sp. 835, 24.
auch irre gehn (schon ahd.) oder in der irre, auch bildlich (vgl. 23, d Brant, mhd. 25, b): wer vil fragt, der geht vil irr. S. Frank sprichw. 2, 205ᵇ. sicher gehn, den sichern weg, aber auch unangefochten (vgl. 24, b). fehl gehen, worin fehl (s. d. 3. 4.) nun doch allgemein als adv. empfunden und behandelt wird, wie bei Schamb. 258ᵇ nd. in feile gân, entsprungen vom schieszen, besonders auf dem schieszstande, zuerst einen fehl schieszen, dann fehl schieszen. das fehl gehn hiesz auch darneben gen (wie schüsse neben dem ziel weg), verfehlen, nicht erhalten:
dan duoch und gelt hat er behan (behauptet),
so ir trü hant müeszen dar neben gan.
fastn. sp. 848, 26.
b)
hin und her gehn, fort und zurück, auch hin und wieder, früher auch her und dar:
er gieng beide her und dar (vor unruhe),
bis er des tages wart gewar.
Büheler Diocl. 4919.
aus und ein gehn, vom hause, daher bei einem aus und ein gehn, in seinem hause verkehren. auf und ab, auf und nieder gehn, nach der sinnlichen erscheinung, dasz auf dem wege vor uns das sich entfernende aufzusteigen scheint, daher z. b. auch mhd. ûf hôher stân, weiter zurück treten (vgl.angehn u. d a. e., auch u. 9, f). auf und nieder aber auch in bezug aufs bett (das erstere sonst aufstehen, d. h. treten): nur bitt ich hiermit für das ganze jahr ... früh morgens beim auf- oder abends beim niedergehen meiner eingedenk zu sein. Wieland an Merck in dess. br. 2, 218, wie mhd.:
nochdem sie nachts nit nider gat
vor mitnacht.
Büheler königst. v. Fr. 4664;
des nachtes sie nit nider gat
vor mitternacht vint man sie knüwen
vor dem bett.
5748.
vorwärts und rückwärts gehn (vgl. d) u. s. w.
c)
heraus und herein gehn, herauf und herab, herunter u. s. w., hinunter, hinauf, hinab, hinein, hinüber u. s. w., wobei zu bemerken, dasz der sinnlich malende unterschied des her und hin neuerdings immer mehr verwischt wird, indem man jenes mit für dieses nimmt (vgl. u. herausgehen 6), herein, herüber u. s. w. mit für hinein, hinüber verwendet. so schon im vorigen jahrh. landschaftlich gewiss älter:
allein das bild ist schwer, ich kanns allein nicht tragen,
zum fenster gieng es wol heraus (hinaus zu werfen, s. 17, b).
Gellert 1, 286 (die witwe);
er (der schmetterling) lockte mich von strauch zu strauch, bis an den bach. auf einmal war er herüber. Lessing 10, 261 (Ernst und Falk, 2. gespr.), d. h. hinüber über den bach (und damit hin, fort für mich); von da (Regensburg) denken wir die Donau herunter zu gehen (nach Wien). Eva König an Lessing, briefw. 224;
und ich! mein jedes staubtheil (atom) ruft mit schalle:
herauf! ein mensch, ein gott! herauf!
Herder lebensb. I, 1, 190;
so gieng er mit seinen sängern heraus an den Preysinger hügel. Stilling jünglingsj. 86, hinaus aus dem dorfe; Göthe nahm sie (die cocons) vom tische ... und sagte sodann zu seinem knaben: trage sie herein, heute kommen sie schwerlich. J. Falk Göthe 38; ein fremder staat, Schweden, ist nun glücklich aus Deutschland heraus. Zeune an Görres (1816) in dess. briefw. 2, 486. es geht von Norddeutschland aus, wie z. b. darin für die gebildeten Leipziger Berlin muster ist; ist doch landschaftlich dort hin ganz entfernt, z. b. in Krefeld woher, doher, wohin, dorthin, waͦ jêste här? wo gehst du hin? Fromm. 7, 73. woher aber diese wunderliche verdrehung? das -r von den längst vergessenen war wohin, dar dahin kann doch nicht darauf gewirkt haben?
d)
das vorwärts, rückwärts gehn hiesz früher für sich, hinter sich gehn; das letztere z. b.:
der krebʒ gât alleʒ hinder sich.
Freid. 142, 5,
sachlich genauer (vgl. auch mhd. unter krebsgang): krebs, die eben so bald hinter sich als vor sich gehen. Opel u. Cohn 30j. kr. 390. das eigentlich richtige für sich (s. sp. 620) doch auch noch länger: wir waren nicht viel fürsich gangen, da bekamen uns etliche bettler. Schupp. 694 (s. dazu sp. 818); vgl. Platter unter gehen n. vom seiler;
ich ging im walde
so für mich hin.
Göthe 1, 27,
wo nun die neigung ist, es als für mich allein zu nehmen, wie denn Göthe selber auch für uns deutlicher vor sich braucht (vgl. sp. 620), auch in alterthümelndem ton:
grad, edel vor sich hin sie geht.
13, 126 (H. Sachs).
das hin ist uns jetzt dabei notwendig geworden (vgl. schon H. Sachs sp. 817), denn vor sich gehn ist nun auf bildlichen gebrauch beschränkt (34). das für sich gehn ist übrigens nun auch mit durch weiter gehn vertreten, lasz uns weiter gehn u. ä., vgl. sp. 817 unten; früher fürbasz, fürder gehn, auch ánhin gehn, rascher gesprochen annen (daher schweiz. nun ane):
gha annen du, ich kumm hernach.
Gengenbach 329 v. 715;
anhin gân ist aber verstärktes, ausgemaltes an gân, eigentlich eben vorwärts gehn, genauer aufwärts (s. u. b).
e)
einem aus dem wege gehn, den weg frei machen oder auch seine wege meiden, um nicht mit ihm zusammenzutreffen. jenes auch sinnlicher aus den füszen, s. sp. 986, bildlich: aber wer übermäszigen witz scheuet, gehe mir jetzt aus den füszen. J. Paul Hesp. 1, 213. auch einem aus dem lichte gehn (im lichte stehn), aus den augen, dem gesichtskreise (s. u. auge 8):
und gee mir aus den augen trat (gleich, vgl. gedrat).
fastn. sp. 669, 7;
geh aus meinen augen! Schiller II, 221, 14; gegensatz einem unter augen gehn (noch bei Logau, Hagedorn u. a., s. I, 792 fg.), ihm offen entgegen treten: weil herzog Georg seinen kopf aufsetzt, ist mein sorge, er thue wie diabolus incarnatus (ein teufel als mensch, 'eingefleischt'), bis so lang man im richtig und klerlich unter augen gehe. Luther 4, 315ᵃ (337ᵃ); s. auch 35, f. abweisend auch gang mir aus den bonen, dem bohnenfelde, s. bohne 3, vgl. 9, b einem in die schoten gehn, als dieb, ins gehege u. a., zu schaden: wenn sie wollen kühe halten, so sollen sie solche auf ihrem grund und boden halten und meinen anvertraueten nicht lassen zu schaden gehen. A. Gryph. Dornr. 101, 15; vgl. auf eines schaden gehen unter 9, b.
f)
diesz fortgehn, unter umständen bloszes gehn (5, a), deutlicher hingehn (s. d. 3), dahin gehn, weggehn (s. 3, a), fortgehn (diesz eigentlich weitergehn), am einfachsten und ältesten abgehn, wird, wie eben mit aus, auch mit einfachem von ausgemalt: ob ein man ane merklich ursach von sim ewib gienge und nit mit ir hushaben welte .. Lucerner stadtr. § 12, das fortgehn zugleich ein fortbleiben, vergl. vom dienste gehn 9, a; da sie von Pharao giengen. 2 Mos. 5, 20;
gieb ihm (dem boten) denselben wink, mit welchem süszen blicke
du neulich von mir giengst.
Fleming 641;
sie (die tugend) wird im letzten augenblicke,
wenn alle traurig von dir gehn,
in himmlischer gestalt zu deiner seite stehn ..
Gellert 1, 165 (Herodes u. Her.);
denn als von eurem angesicht
ich heute ging, verzeiht ..
Schiller XI, 254 (gang nach d. eisenh.);
Max, bleibe bei mir! geh nicht von mir, Max!
XII, 310 (Walt. tod 3, 18);
wenn menschen von einander gehn,
so sagen sie auf wiedersehn.
auch gehäuft vom (von) hause fort, weg gehn, davon, von dannen gehn, ursprünglich einfach dannen (s. d.):
ge dannen, das dich schüt der rit!
fastn. sp. 172, 25.
aus dem lande gehn von einem angestellten: lassen sie lieber sechs solche leute, wie ich und meines gleichen aus dem lande gehen als einen Ernesti. Gellert (1839) 8, 195, an den minister Brühl, als Ernesti einen ruf nach auswärts hatte; so im 15. jahrh. von ein- und auswanderung: ferner so weist der scheffen dat land von Dreiborn ein frei offen land, dat ein ieder man mag heut darin gehen, morgen widerumb darusz. weisth. 2, 766. im rechtsleben der busze ledig g., wie frei ausgehn: (kann er sich mit eid reinigen) so gehet er der boszen ledig. weisth. 2, 468, eigentlich geht unbehelligt von dannen.
g)
dagegen zu einem gehn, meist mit besonderer bedeutung, zu hofe u. a. (was zugleich ins folgende übergreift):
ich wil, daʒ mîn herre   ze hove nâch urloube gê.
Nib. 1450, 4;
wer bin ich, das ich zu Pharao gehe (conj.)? 2 Mos. 3, 11, zu hofe, um den könig zu bitten, vergl. an den könig gehn u. ä. 24, l; zu seiner frau gehn, auch im ehelichen sinne (dagegen extra gehn, nebenaus u. a.). auch zu bette gehn, zu tische, zu stuhle (vgl. gang II, 1, g) u. a., mhd. ze bette, nhd. auch nach bette u. ä., hauptsächlich nordd.: ich musz essen und nach bett gehen. Elis. Charl. v. Orl. 3, 397; als ich zuletzt nach der Angelica ging (zum besuch). Herder reise nach Ital. 158 (ging froh zu bett das.); vgl. Leisewitz in s. tageb.: nach tische ging ich wieder zu Lessingen, der mich nach Daveson bestellte. Heinemann zur erinnerung an Lessing 132, d. h. 'zu Davesons' (vergl. nach Angotts hause 130). nach hause gehn ist nun schon fest als hd., während zu hause auch da das ursprüngliche und noch im leben gültig genug ist (s. haus 5, e. i): abents wenn die kinder zu haus gehen (aus der schule). Luther bei Dietz 2, 43ᵇ, mhd. ze hûse, auch schon ze hûs. sonst ist nach einem oder etwas gehn, auch ihm nachgehn (auszer der bedeutung 7, e) seiner spur nachgehn, ihm nachtrachten, es aufsuchen u. ä. (vgl. 24, i), wie schon mhd. nâch spîse Freid. 143, 14 (vom falken), nâch âventiure gên u. ä., nâch dem almuͦsen gên Schwabensp. 23 G., nhd. z. b. nach brot gehn (ps. 37, 25) oder dem brote nachgehn, nach einem mädchen oder e. m. nachgehn (dazu 'gang mir nach', philtra Maaler 155ᵈ, liebestrank); vgl. auch einem zu gefallen gehn sp. 2101 (f).
h)
feindlich gegen, wider, noch älter auf einen (los) gehn: ihre waffen conjungirten und giengen wider den erbfeind des christlichen glaubens oder wider andere verfolger der christlichen kirchen. Schuppius 398. mit auf:
hier sahe man dich jagen ...
und auf die löwen gehn.
Opitz lob d. kriegsg. 375;
sie giengen mit steinen und bengel auf mich. Schuppius 746; dér hund geht auf den mann. eine disputation als zweikampf: liesz ich den praesidem und opponenten aufeinander gehen, wie könig Gustav und Tylli bei Leipzig. Schuppius 816; vgl. unter gängen 3. auch einem zu leibe gehen, auf die haut (s. d. I, 3, auch bildlich), wie mhd. einem nâhe gên, als übermächtiger gegner, Haupt 1, 474 (s. 27, e), während zu und auf sonst auch nur das ziel ausmalen: ich gieng auf ihn zu; die gestalt gieng .. gerade auf den altar zu. Schiller IV, 216, 11. dem feindlichen auf ähnlich mit an (aber auch angehn nicht feindlich), noch in der kriegssprache: wie ein soldat .. der an den feind zu gehen geschworen und davon seine besoldung hat. Simpl. 3, 17, 20 Kz. daher noch drauf gehn (auf den feind), früher auch dran gehn (s. II, 757 Maaler):
nochdann so hielt er still (der feind),
dran zu gan was nit sin will.
Lenz Schwabenkr. 117ᵃ.
daher auch der ruf drauf! auch drauf und dran! s. II, 760. 765 und den kampfruf an in! sp. 210, schon mhd.:
balde an in
mit dem langen spieʒe!
MSH. 3, 274ᵇ.
kriegerisch auch zu sturme gehn: lad din redelichste büchse mit heyl (hagel), wann dann din feint zu storm gont, so losz sie los. mittelalt. hausb. 38, 1, in dem unterricht für einen burghauptmann; da man (der feind) solte zu sturm gehen .. (kommt befehl) dasz sie sich stelten (die bürger von Limburg) und gingen davor zu sturm (kämen dem angriff zuvor). Limb. chr. 38 R.
i)
noch fehlt manches, wie voran, voraus oder vorauf gehn, hinten nach, hinterdrein gehn, vorüber, vorbei, entgegen, auch nebenher, zur seite, anders bei seite, dazwischen (vgl. unter 9, g) u. s. w., es ist nicht zu erschöpfen. zu erwähnen ist doch noch einher gehn, ursprünglich gleich herein gehn, d. h. vor den augen der leute herein, in den gesichtskreis gehn, vergl. daher gehn (lieber kommen); ähnlich wechseln noch herum und umher gehn. ferner übergehn, untergehn, aufgehn, úmgehn u. s. w., dann umgéhen, hintergéhn, übergéhn, auch begehn, entgehn, ergehn, vergehn, zergehn, alle von sinnlichem ursprung; zergehn z. b.:
und wenn der Zurzech merkt zergat,
so kumpt er har in dise stat.
fastn. sp. 829, 16,
d. h. eigentlich: wenn vom Zurzacher markte die leute aus einander, heim gehen.
k)
beachtenswert auch gefangen gehen, als gefangener: und du Pashur solt mit allen deinen hausgenossen gefangen gehen und gen Babel kommen. Luther Jer. 20, 6, vulg. ibitis in captivitatem; Adelung nahm es für 'gefangen werden', wozu einen anhalt das merkwürdige verloren gehen bieten kann, s. u. 16, f.
9)
Ziel, zweck und aufgabe des gehens, wobei denn dieses schon vielfältig ins unsinnliche hinüber tritt; z. b.
a)
zu acker, zu felde gehn, vom ackersmann:
zi akare sie (die vögel) ni gangent   joh ouh wiht ni spinnent.
Otfr. II, 22, 10,
von den beiden seiten der hausarbeit, der männlichen und weiblichen; were ein man, der guter in Allensteter gmark het und sesz nit in der mark .. so möcht her (doch) .. sich der gmein geprauchen (alle gemeinderechte genieszen), also lang he do zu acker ginge. weisth. 3, 456; Hesiodus sei hinter dem pfluge gegangen. Opitz poet. c. 3;
zu der zeit, wenn das dorf zu felde pflegt zu gehn
und die erwachte stadt allmählich auf zu stehn.
vergl. zu felde gehn, zur weide 2, c a. e., aufs feld, ins holz gehn, zu feld- oder waldarbeit. dagegen müszig gehen (vergl. auch muszgen unter geher), früher vielfach bildlich: einem, der kein glück hat, ist nichts bessers dann muͤszig gehn (nichts unternehmen). Frank spr. 1, 71ᵇ; es ist guͦt groszer herrn muͤszig gehn. 1, 18ᵃ;
könt ich des narren nit müeszig gan?
fastn. sp. 846, 31,
gar nichts mit ihm 'zu thun haben';
das wir in guten frieden stehn,
der sorg und geizes müszig gehn.
Luther 8, 362ᵇ.
zu markte gehn: für die entfernteren gegenden im gebirge, woher zu markte zu gehen für jeden einzelnen arbeiter zu weit wäre. Göthe 23, 49.
b)
auf die jagd gehn, wo dann das gehn auch zu rosse, zu wagen geschieht (6, b), mhd. an daʒ gejeide gân u. ä. auf die suche gehn im walde, auf den bettel u. ä. diesz auf dann auch von dem gesuchten, auf das man aus geht (aus ist), auch ganz ins unsinnliche übergehend (s. 24, i) und auch ohne diesz aus ursprünglich:
ich will sein (n.) nimer gelan,
ich will gen (dasz ich nicht gehe) auf sein schaden.
fastn. sp. 453, 20;
auf etwas böses gon, scelus anhelare. Maaler 189ᶜ; darauf gon, das man uns volge, assensionem captare das. (vgl. hin gehn bei abstimmung unter h);
ists darumb dasz wir nur nach gold und gelde streben,
auf pracht und ehre gehn ..
Opitz 1, 26,
völlig gleich der pracht und ehre nachjagen, wie Breitinger forts. d. cr. dichtk. 52 bemerkt, der dort solche alte wendungen als kräftiger gegen abstract bildlose verficht. vgl. nach brot g., dem brote nachgehen u. ähnl. 8, g. in die kirschen, in die nüsse gehn u. ä., zum pflücken, von einer kirschpflanzung:
die baurn darein in dkirschen gehn.
P. Lewe 661, weim. jahrb. 6, 447;
einem in die schoten gehen, als dieb; vgl. unter 8, e.
c)
in den krieg gehn (vgl. 6, e, auch u. 24, g und V, 2221):
wen sie (die bauern vor zeiten) in ain krieg giengen,
ir mantl si auf die achsl hiengen.
fastn. sp. 440, 19.
ähnlich unter die soldaten gehn, wo doch der begriff des ganges zugleich zu dem des lebensweges erweitert ist (s. 23), wie unter die schauspieler gehn, er ist unter die schriftsteller gegangen, schriftsteller geworden; unter die Herrnhuter zu gehen. Göthe 19, 249 (lehrj. 5, 16).
d)
an die arbeit gehn: um zwei uhr geht er wieder an seine arbeit, und síe gehn ins bette. Rabener (1755) 3, 247; älter ans werk, in älterer wendung zu werke, ahd.: gât mannolîh ze sînemo werche. Notker 103, 23, an seine arbeit. diesz zu werke gehn gilt jetzt für so und so verfahren überhaupt, eigentlich die arbeit, eine aufgabe so oder so angreifen oder 'in angriff nehmen' und weiter führen: der tischer muszte mit leimen, hobeln und zurichten derselben (der bohlen) aufs genauste zu werke gehen. Göthe 24, 242 (a. m. l. 4). einem zur hand gehn, helfend bei der arbeit. auch mit an allgemeiner, an etwas gehen, daran gehen, an ein geschäft, an die aufgabe (vergl. 24, i), wie der schüler an ein exempel, der schriftsteller an ein schweres capitel (s. auch mit über unter i): ich möchte gern sogleich an meine Malteser gehen. Schiller an Humb. 161; auch gewichtiger:
hat er es denn beschlossen,
so will ich unverdrossen
an mein verhängnis gehn.
Fleming 289 (Lapp. 237).
mit mut oder zagen, schwer oder leicht daran gehen, auch mit inf.: wir giengen nun daran, die hinterlassenen papiere zu ordnen; auch, wie oft, mit nur gedachtem gehn, z. b. er wollte durchaus nicht dran. ein andres dran gan, an den feind, s. 8, h. der arbeiter übrigens geht auch auf die arbeit, d. h. aus der wohnung in die fabrik u. ä., wie der kaufmann früh ins geschäft. s. auch es geht an die arbeit u. ä. 36, c, γ.
e)
diesz auf deutet eigentlich einen höheren ort an. wie man auf das schlosz geht, so auf das amt, das gewöhnlich auf dem schlosse oder ähnl. eingerichtet ist, dann aufs gericht, rathhaus u. ä., selbst auf die apotheke (I, 609 unten, V, 1000 u. klaret), auf die kneipe, aufs casino, die beide damit als höhere lebensstellen behandelt werden. auch innerhalb des hauses auf den boden, auf die kammer (s. d. 1, b), eigentlich wirklich höher gelegen ohne jenen nebensinn, auch auf den fechtboden, tanzboden. mit dem nebensinn von innerer höhe auch aufs gymnasium gehn, früher 'auf schulen', aber in die bürgerschule, in die schule gehn. von schulkindern (auch zur schule) sowol vom einzelnen gange wie vom schulbesuch überhaupt, und noch anders z. b. auf die universität gehn, vom gymnasium weg, wie auch z. b. er verliesz den kaufmannsstand und gieng in eine fabrik, nahm dort eine stelle an, auch gieng ins fabrikwesen, ins baufach über u. ähnl., auf die bühne, aufs theater: er werde .. nunmehr unter direction eines Serlo aufs theater gehen. Göthe 18, 83. ebenso in arbeit, in dienst gehn, arbeit, einen dienst annehmen und damit in ein pflichtverhältnis eintreten; vom dienste gehn, ihn verlassen:
ich wolte von ir dienste gân.
Walther 65, 35;
welcher dienst (dienstbote) ane redlich ursach von sim dienst gat .. Lucerner stadtr. 103.
f)
in die kirche gehn, älter zur kirche, mhd. ze kirche gân u. ähnl. (auch sîn), s. kirche II, 1, wo auch von weiterem sinn der wendung, z. b. mit einer zu kirchen gehn u. ä.; kath. in die oder zur messe gehn, zum opfer gehn Schmeller 1, 89. aber nur ins theater, ins concert gehn (auch zu wagen, s. 6, b), dagegen auf den ball, die maskerade (vgl. auf den tanzboden vorhin), älter zu tanze gehn, mhd. ze tanze. auch auf den jahrmarkt, auf die messe gehn, wol weil die grosze fläche rings höher erscheint, wie bei aufs feld, aufs land gehn, das von der stadt, vom hause aus gesehen ebenso erscheint (vgl. u. 8, b), also wie auf die see, auf den berg, aufs gebirge, während der bergmann ins gebirge geht: gebürge verstollen, d. i. mit stölln in das gebürge gehen. Chemn. bergwerkslex. 238ᵃ, vergl. beim brunnengraben u. ä. man muszte noch tiefer gehen.
g)
im alten rechtsleben
α)
vor den richter gehn, klagen gehn (s. 10, c Lichtwer); mhd.: eʒ wirt ein ander rihter (bestellt), der klager gêt für den und klaget im. Schwabensp. 91; für gricht gon Maaler 189ᵈ, jetzt aufs gericht (wie aufs amt, s. e), auch bildlich mit einem ins gericht gehn. vgl. übrigens gang I, 5, a.
β)
auf einen gehn, sich auf ihn berufen, ihn anrufen, zuziehen als schiedsmann u. ä. (s. schon I, 2, e a. e., auch kommen 35, c): das .. der gerbermeister mit allen seinen gewerken .. und .. der schustermeister mit allen seinen gewerken .. alle öre (für aller irer) ufloufte, zwitracht und kryge .. sie beiderseit zu entscheiden uf uns (den rath) gegangen sint .. Leipz. urk. 1, 47; so vrage, op gi des tu rechte icht uppe de ummesaten scolen gan. richtst. landr. 26, 6, die nachbarn als zeugen zuziehen, vergl. den richtsteig lehnr. 29, 3; das die gnanten .. sulcher ire spene, zweitrechte, forderunge und vehde in der gutlicheit uf uns gegangen unde komen sint. urk. d. herz. Wilh. v. Sachsen v. j. 1460, Mencken scr. 1, 801, Haltaus 618. auch mit zu und an für auf, s. Haltaus, der auch hinder so belegt: des si beider sîten hinder uns vier gegangen sîn und an uns gestalt hân zu frûntschaft und zu recht sie darum zu entscheidin. Senkenb. sel. j. 2, 324; dâ kom für uns (den kaiser) in geriht her Fr. vom Stain ain seit unde her Hainrich .. zuͦ der ander seit unde verjâhen .. si wêrn aller mishellung .. gegangen hinder die beschaiden ritter herrn Ch. .. unde wêren versuͤnt. Höfer urk. 293; daher hintergang, compromiss Schm. 2, 54. die entstehung und ursprüngliche vorstellung ist noch zu entnehmen aus der heutigen wendung sich hinter einen stecken, dasz er vermittele oder ähnl., eigentlich ein streben und streiten aufgeben, aus dem kampfe gehn und hinter einen dritten treten (s. der dritte mann II, 1423, auch Göthe 60, 273 von Schiller), dasz er für uns eintrete. und ähnlich jenes zu, an, auf, das letztere wol zur bezeichnung des dritten als höher stehend.
γ)
vom schiedsmann hiesz es dâ zwischen gên, zwischen die streitenden: swô wunden oder tôtslege gebeʒʒert werden mit râte (beratung) .. daʒ biderbe lûte dâ zwischen gên und teidingen alsô lange biʒ daʒ man iʒ in in die hant gibet beider sît, die gên denne zusamene und râten, wie si daʒ ebenen wollen. Freiberger stadtr. § 14, Schott 3, 200; vgl. dazwischenkunft, intervention. s. auch bei Scherz 501 zu eines sachen gen, sich ihrer schiedsrichterlich annehmen.
h)
aus dem alten leben stammt auch zu rate gehen, eigentlich zur beratenden versammlung mit mâgen unde man u. ä., vergl. vorhin zusamene gên und râten; später für rat halten überhaupt: mit vilen sol man die feind schlagen, mit wenig zu rath gehn. Frank spr. 1, 85ᵇ; indem man nun zu rathe gehet, was für einen tod man ihm anthun soll. Olearius ros. 7, 20. jetzt fast nur noch mit sich zu rate gehn, d. h. mit seinen eignen gedanken (s. sp. 1958 fg.), wobei denn das gehen völlig entleert ist. mhd.:
Rôthere .. bat sîne liebesten man
vor sich an den rât gân.
kön. Roth. 549;
der herre gieng ze râte,   mit im sîne man.
dô sprach (in der beratung) gedrâte   der grâfe Herman ..
Wolfdietr. 1930 Holtzm.;
ze râte giengen si gemein
und kâmen des al überein ..
Boner. 26, 11.
auch mhd. ist doch das gân da schon oft verblaszt. auch an (den) rât gên, s. u. 3, f wart an rât gegangen. ahd. in girâti gangen, consilium inire s. Tat. u. I, 1, a. Bei der abstimmung aber geht man nach zwei verschiednen seiten hin: zweiet sich der rat (kann sich nicht einigen), wo dan die meist menig hin gehet, dem sollen si (alle) volgen. Leutenberger stadtr. (15. jh.) bei Michelsen rechtsd. aus Thür. 429; das n. dem zeigt, dasz auch diesz hin gehen da schon auf die abstimmung überhaupt (itio in partes) erweitert war; vgl. von richtern: ob man aber wol im handel (bei der verhandlung) spürete, wo die richter hin giengen, doch kondte man (das gericht) nicht fürüber, man muste das bergbuch bei ehren erhalten. Mathes. Sar. 21ᵇ, eigentlich wohin sie (im geiste) giengen bei der entscheidung, abstimmung, auf welche seite sie sich stellten oder schlugen, wem sie beitraten, in welchen wendungen das alte bild auch noch zu erkennen ist; man fragte sich gewiss vor der entscheidung: wohin geht ihr (bei der abstimmung)? daher noch heute meine meinung geht dahin, s. 29, c.
i)
über einen, über etwas gehn, auch das urspr. sinnlich: darnach muͦsz der (jüd.) beschneider als ein arzt etlich tag über das kindlein gehn, dʒ es nit bluͦte. Frank weltb. 153ᵃ, es als arzt besorgen;
dô kom diu küniginne   über in gegân,
den starken Îringen   klagen si began.
Nib. 2003, 1,
sie stellt sich 'über' den todten und beginnt so die todtenklage, wie Morungen von seinem leichenstein und dem wanderer, der 'darüber kommt':
swer dan über mich gât,
daʒ der lese dise nôt ..
minnes. frühl. 130, 3.
von einer aufgabe, 'über' die man sich macht (sie unter sich nimmt), sie zu bewältigen, z. b.: ein karg weib gehet oft übern kasten. Henisch 1435, 63, um geld und vorräte zu zählen, sprichw.; er läszt sein gesinde nicht über alle kisten und kasten gehn. Steinbabh 1, 540; nun giengen wir über die papiere, sie zu sichten, gewöhnlich mit ausmalendem her dabei, lieber auch mit es (s. 36, c, δ) z. b.: nun gieng es über den vorrat, über den braten her u. ä. (vgl. mit an unter d). auch feindlich, beim plündern, rauben, stehlen: geh mir nicht über meine äpfel, in spaszigem tone; er (der ladendiener) ist über die casse gegangen;
wir wend ietz über sin teschen gan
und unser geltli widerum han.
k)
grammatisch am alterthümlichsten und wertvollsten bote gehn, als bote (vgl. geender pot 6, d), s. J. Grimm unter bote 1, der es wol aus Hessen noch wuszte, wie mir in Thüringen eine botenfrau aus Schmalkalden sagte: ich gehe nach Dietendorf bote; auch in Sachsen, in der Lausitz er geht bote. aus Schwaben bezeugt es Schiller III, 358, 14: wer einen grusz an das liebe fleisch zu bestellen hat, der darf nur das gute herz boten gehen lassen. Miller in cab. u. l. 1, 1, wo denn bote richtig in den acc. tritt, vgl. botengehn (acc. c. inf.) unter gehen n. ebenso noch nhd. (als) curier reiten (s. kurier 3): von Leipzig bis Weimar courier geritten mit dem herzog. Göthe tageb. 21. dec. 1776, d. h. carrière; s. auch unter gast 9, a. mhd. mit gên so:
aller wîbe wünne   diu gêt noch magetîn.
minn. frühl. 10, 10.
l)
mit der leiche gehen, im leichengefolge, auch mit der hochzeit, im hochzeitszuge. M. Krämer teutsch-it. wb. 518ᵃ, später mit zur leiche, mit zur hochzeit g. Rädlein 337ᵇ, wie jetzt.
m)
zu erbe gehn, erben, eigentlich zur erbtheilung gehn, wenn sie nach dem dreiszigsten im hause des erblassers vor sich geht: so mancher der erben ist, die zu erbe gont, die alle sollen geben einen träger und ein huobrecht. weisth. 1, 715, elsäss.
10)
Zweck und aufgabe des ganges werden auch durch ein andres zeitwort angegeben.
a)
das zweite zeitwort in gleicher form daneben gestellt:
α)
im eigentlichen sinne:
Greti, nun gang und rüst mir zuo (zum ausgehen),
bring mir den huot und die nüwen schuo.
fastn. sp. 830, 19;
so gee und bring den mulner her.
202, 23;
geh und hole wasser; sie gieng und holte den korb;
doch willst du eine tugend kaufen,
so geh und gieb dein herz dafür.
d. j. Göthe 1, 94;
gehn einige und zünden reisholz an!
Schiller Tell 2, 2.
auch ohne das und, kräftiger:
mait Els, ge, sich zum fenster aus.
fastn. sp. 280, 3;
geh, lasz mich in ruhe; vergl. geh, bleib da u. ä. 5, b a. e., geh her und isz mit u. ä. 5, c; gehe hin und thue des gleichen. Luc. 10, 37; unterdessen .. werde ich hingehen und den bewuszten liebesbrief aufsetzen. Schiller cab. u. l. 3, 1.
β)
auch anders gemeint: dasz mancher mensch, wenn er das seine .. durchgebracht, hernach gehet und klaget, gott .. wolle ihm nicht helfen. Olear. Lokman 16, d. h. klagend geht, nicht aufhört zu klagen, s. dazu d, auch b a. e.
γ)
ebenso bildlich: und er (Isaac) ward ein groszer man, gieng und nam zu, bis er fasz grosz ward. Luther 1 Mos. 26, 13, nahm stetig zu; der knabe Samuel gieng und nam zu. 1 Sam. 2, 26, vergl. 5, 10; David aber gieng und nam zu, und das haus Saul gieng und nam abe. 2 Sam. 3, 1. in der vulg. heiszt es an erster stelle ibat proficiens atque succrescens (in den andern nur proficiebat atque crescebat, proficiens), im hebr. aber in allen fällen ebenso. doch musz wol Luthern eine entsprechende wendung aus der volksrede zur hand gewesen sein, wie z. b. auch die Franzosen ähnlich sagen le mal va toujours croissant.
b)
das zweite zeitwort im inf., durch zu verknüpft: Laban war gangen seine herde zu scheren. 1 Mos. 31, 29; menner, die gegangen waren das land zu erkunden. 4 Mos. 14, 38;
(die) wider ursach gen zu kriegen.
Murner schelmenz. 43, 2;
ich gieng einsmahls ein haus zu kaufen. Olear. p. ros. 4, 9; das der könig einsmahls gieng den geistlichen mann zu besuchen. 2, 28;
der fisch der gieng zu schwimmen
aus seinen ufern vor.
wuszt ich (Thoas) denn nicht, dasz ich mit einem weibe zu handeln ging. Göthe 57, 42, Iphig. 1, 3 in pros. fassung, in versen nachher ohne das zu (s. c); der die Ungern schlug und die slavischen völkerschaften und endlich auch den nordischen feind, die Dänen .. zu zähmen ging. Dahlmann dän. gesch. 1, 69. ganz ungewöhnlich, aber in der sache begründet:
fängt das mädchen (bis dahin nur bild) an den fusz zu rühren,
geht zu kommen, nähert sich dem orte ..
Göthe 2, 190 (Amor als landschaftsmaler),
beginnt schritte zu machen (s. 1), um heranzukommen, oder: und kommt heran, was in der that mit gemeint scheint, wie in umgekehrter wendung nd.: de pastor kam .. äwer den kirchhof tau gahn. Reuter stromtid 1, 58 (vergl. kommen II, 5, b. 6, a). also wie das gehet und klaget bei Olear. unter a zuletzt. so deutlich von gleichzeitigem im 16. 17. jh. zu schlipfen gen, beim gehn gleiten, u. ä.:
darum sein trit nindert zu schlipfen get.
Melissus ps. P 7ᵃ;
o ihr weiber-mäuler, ihr unhärige! in den löffel-jahren gehet ihr zu zopfen, zu trillen, zu ropfen (am bärtchen), bisz die gauchs-haar heraus wollen. Philander ges. 2, 77 (1644 s. 633), hört nicht auf, wie a a. e.; es ist noch alem., z. b. schweiz. in Saaner mundart: der hätti drs dür tân (durchgethan, die lust vertrieben), i ds bûr gan zmützeren u zbunjen, immer in dem milchkeller zu mausen. Fromm. 6, 395, 20. 407.
c)
das ursprüngliche aber ist da der blosze inf. (vgl. kommen II, 5), schon goth., ahd., wie alts., ags., altn. (Grimm gr. 4, 96 fg.): gagg thuk ataugjan, ὕπαγε, σεαυτὸν δεῖξον. Marc. 1, 44; ih gangu gicorôn irô, eo probare illa. Tat. 125, 4; mhd. sehr entwickelt (s. wb. 1, 643ᵇ fg.), z. b.: als man danne gotes dienst begangen hât, sô sult ir heim gên eʒʒen. Berth. 269, 7;
ein bote, der von dem wirte quam,
der hieʒ uns beidiu eʒʒen gân (zu tische kommen).
Iw. 351;
zuo der gienc er sitzen.
2722;
Volkêr der vil snelle   mit sîner videlen dan (hin)
gie gezogenlîchen   für Gotelinde stân (treten).
Nib. 1643, 2;
die tumben und die wîsen   giengen, sô man tuot,
vrâgen umbe mære.
711, 1;
wênc wart in bette und kulter brâht,
si giengn et ligen ûf ein bâht.
Parz. 501, 8;
ê daʒ er slâfen gienc.
552, 24;
der gê sterben ..
MSH. 2, 318ᵃ.
auch nhd. bis in die gegenwart: als wolten sie beten gehen. Judith 3, 11, schlafen gehn 5 Mos. 31, 16, aufs eis tanzen Luther bei Dietz 2, 43ᵃ;
gang zuͦ schuͦlen lernen basz.
Murner narrenb. 72, 58;
in der fischgruben hab ich fisch,
welche ich wil ablaszen gahn (zum kochen).
P. Lewe 598, weim. jahrb. 6, 443;
der (fremde) möcht in die bach ghen fischen. weisth. 3, 456; ach ach es gadt der tag sich neigen und die abent schatten einfallen. Züricher bibel 1530 bl. 352, Jer. 6, 4 (Luther ey es wil abend werden); ich muszt in kilchen gan mäsz helfen singen. Th. Platter 64;
ich wil gehn schreiben umb den knaben.
Seb. Wild zwölf comöd. Ddd 8ᵃ;
von seinen trabanten wol zehen
giengen allzeit hinter ihm stehen.
Froschmeus. H 4ᵇ (I, 1, 2, 66);
verwirrt in blinden pflichten,
wen, wo sie suchen geht.
Spee trutzn. 41 B. (11, 68);
den nicht der bürgerkrieg an bettelstab gebracht,
der noch nicht borgen geht.
A. Gryphius 1, 306;
dein mann, der ist der finger, fraw Vana du der ring.
schaw, das nicht mit dem ringe wer fälschlich siegeln gieng.
Logau 3, 6, 96;
wenn dem esel zu wol ist, so gehet er aufs eis tanzen. Schuppius 351;
wie ofters musz ich nicht zu bette wachen gehn (statt schlafen).
Petz (der bär) kehret einmal heim.   da schlummert sein Orest
zur schwülen mittagszeit.   er gehet bei ihm liegen,
bewacht den schlafenden.
Hagedorn 2, 38,
das ist nd., lîn gân, z. b. hei geit under det bedde lîn Schamb. 59ᵃ, ebenda sitten gân, auch stân gân sich stellen, wie mhd. und vorhin im Froschm., z. b.:
as Hennke to Bremen binnen quam,
gink hei vor enen schipper stan ..
Uhland volksl. 448.
schon mnd. liggen gan auch von fallenden in der schlacht, freilich als hohnwitz:
dar muste mancher liggen gan
und one wunne sterven.
Liliencron 1, 36ᵇ;
up die knie sitten gan, niederknien Lüntzel stiftsf. 229, auch ik ga sterven Sch. u. L. 2, 9ᵇ. md. ist klagen gehen, wasser holen u. ä.:
die rache kam ihm zwar ein neues schock zu stehen,
denn schulzens Hadrian ging klagen ..
Lichtwer fab. 3, 4;
wasser holen geht die reine ..
Göthe 3, 11;
ja wählet den entfernten (garten) aus, den ihr
in ganzen jahren nicht besuchen geht.
9, 235 (Tasso 5, 4);
wuszt ich nicht,
dasz ich mit einem weibe handeln ging?
9, 22 (Iph. 1, 3),
vgl. zu h. u. b;
fahre wohl,
ich geh' mit freien leuten freiheit finden.
10, 272 (Claud. 3);
wohin, o herr, willst du ihn suchen gehn?
Schiller XV¹, 17 (Phädra 1, 1);
kein klingeln konnte den kammerdiener erwecken, der auszer dem hause bei einer operistin schlafen gegangen war. IV, 278, 17; die kraft seiner lenden ist versiegen gegangen. II, 29, 17 (räuber 1, 2); deklamazion ist immer die erste klippe, woran unsere mehreste schauspieler scheitern gehen. 347, 14 (vergl. zu scheitern gehn 16, f);
sprach, eh sie von den andern scheiden ging ..
Rückert ges. ged. 1, 134;
ich sollte wieder fragen gehn.
Platen 252.
es ist noch lebendig in verschiedenem landschaftlichem gebrauch, s. z. b. vorhin aus Schambach; in Leipzig z. b. wir wuszten seine wohnung nicht, muszten also in der stadt suchen gehn; allgemein baden gehn (nie zu baden), spazieren gehn, betteln gehn (s. dazu d), obschon nun feiner wird ins bad gehn; aber z. b. noch im volksliede:
es wolt ein mägdlein tanzen gen.
Uhland 66 (nur aus neueren quellen);
es wollt ein mädchen rosenbrechn gehn
wol in die grüne heide.
Herder volksl. 1, 109.
d)
in dem betteln, spazieren gehn tritt aber die gleichzeitigkeit wieder auf (s. a a. e., b a. e.): so muͤste er (der hochmeister) einen stab in die hand nemen und betelen geen von hus zu hus. scr. rer. pruss. 4, 166. man geht nicht nur aus, um zu spazieren, sondern das spazierende gehen selber heiszt so, sodasz gehn eigentlich überflüssig scheint (doch nicht neben spazieren fahren, reiten). und so auch mundartlich, z. b. nd. von vögeln fleigen gân, dâ gât se fuste hen fleigen, da fliegen sie oft hin Schambach 59ᵃ. so im 15. 16. 17. jh. bei dichtern, gewiss aus der mundart:
wan mir die faulkeit gar wol dut,
so ich ge auf der gassen glunkern (schlendern)
und mich selb schatz fur einen junkern.
fastn. sp. 792, 18;
gieng murrn und schelten immerdar.
Ringwald tr. Eck. F 7ᵇ;
gieng stocken als ein ander thor.
K 8ᵇ;
man, weiber, jungfrawn und gesell ...
gehn schwenzen und für schminke gleiszn.
laut. warh. 102 (1621 s. 91);
also soll man den gmeinen man
auch nicht verächtlich schawen an,
ob er gleich fern vom heupte steht
und in dem kot umbwaten geht.
147 (132);
ohn sinn und ohn gedanken ..
bald hin bald her geht wanken (Maria),
geht schweben allerwärts.
Spee trutzn. 59 (43 B.);
frisch hin und her gehn wanken
die klare bächlein krumb.
113 (82);
ein groszen hünerhan,
der haupt und hals geht schwenken
als nie kein edler schwan.
218 (159);
die bäumlein, reich von zweigen,
auch sangweis sausen gahn.
79 B.;
auch wald- und wassernymphen
nun wieder frisch in grünem holz
gahn spielen, scherz und schimpfen.
26 u. o.;
wer kan die schand erreichen,
die der erdulden musz,
der durch den tod gieng schleichen
ins grab ohn' alle busz.
Rist himl. lied. 4, 245;
dieselbe wiese soll im zaun beschlossen stehen,
darinnen du dein vieh wilt grasen lassen gehen.
Olearius arab. sprichw. 43.
das vieh geht grasen, d. h. den ganzen tag, nicht blosz beim ausgang früh, also entschieden für geht grasend. der inf. ist fürs part. praes. eingetreten, wie bei unserem fut., es wird grasen, früher auch ist grasen. dasz im sprachgefühl beides noch spät im 16. jh. unsicher schwankte, zeigt z. b. schlafend gehen, also verfehlte genauigkeit (vergl. sp. 1603): gehet sie (die sonne) spat schlafend, so mach du früh feyrabend. Fischart groszm. 22 (Sch. 560), der reim wirkte mit darauf. dem wanken gehn von bächen, sausen gehn von bäumen bei Spee entspricht mhd. wackelnd gên von der erde bei erdbeben, s. unter 16, c. das betteln gehn ist zwar schon mhd. betelen gên, aber es musz bei dem vielgebrauchten worte die kürzung früh eingetreten sein, und der inf. war da doch auch denkbar; ahd. aber ist betolônti gangan zu erkennen bei Otfr. III, 20, 37 (s. die stelle u. betteln 1), wie ir gêt drûrênto V, 9, 14 im 16. 17. jahrh. ir get trauren heiszen würde. mhd. auch, wie bei Spee, von einem bächlein:
wie sanft eʒ alleʒ rûschen gê.
Konr. v. W. goldn. schm. 93,
aber die meisten und älteren handschriften geben noch rûschende oder runselunde, d. i. rünselende; später:
es solt ouch die lîrerîn ..
ainen tanz machen,
das es gienge krachen.
teuf. netz 12065;
das es (der gesang) recht hin gieng clingen.
11726;
der marschalk gieng truren von dan.
Büheler Diocl. 4908.
e)
gehn mit inf. des zweckes ist besonders oberd., am meisten im alem. entwickelt, bis zu einer ganz verwischten wendung; vgl. J. Grimm gr. 4, 97 anm.
α)
wie gehn neben dem zweiten inf. seinen eignen nachdruck einbüszte, zeigt schon seine stellung im folgenden: wir wöllend in gon heimsuͦchen (besuchen). Maaler 190ᵃ; der münch sprach, ich muͦsz sy (die kranke) gon besehen, ob ich ir helfen künte. Wickram rollw. 36, 21, es trennt heimsuͦchen, besehen von seinem obj., d. h. ist wie nur ein stück vom hauptverbum geworden; Eva im paradies von den äpfeln:
ouch kan ich mich nit überhan,
ich muosz (dasz ich nicht) sy gon ein klein versuochen.
Ruff Ad. u. Heva 1369;
dir will ich (gott dem Adam) schaffen gon ein garten ..
634,
wo sachlich zugleich das gon überflüssig wird, wie für unser denken freilich auch in gehe hin und thu desgleichen (a a. e.). noch deutlicher, wo gên selbst wieder so zu gên gesetzt wird, schon mhd. und dann immer häufiger:
dô gienc der künic von Grippiâ
hêrlîch zuo sînem tische gân.
herz. Ernst 3170,
vgl. Bartschs anm. s. 157, der das häufige giengen stân zuzieht und das homerische βῆ ἴμεν, βὰν ἴμεν; nhd., schwäb.:
ich will gehn zu meim bulen gahn.
Seb. Wild zwölf comöd. Ddd 8ᵃ.
β)
dann besonders das zweite gên als blosze einführung eines anderen inf.: antwortet 'das wil ich thun, meister' und gadt in dem hin gen beichten. Wickram rollw. 125, 9; die wil gieng ich gan heischen. Th. Platter 15, um gaben bitten als schüler; giengen wir im summer nach dem nachtmal in die bierhüser gan bier heischen. 23 (gieng heischen 24); und gieng do ouch gan essen. 39, 43; wen ir meinent, das niemand mer kumme gan klopfen (dann legt euch nieder). 70; als aber der cardinal .. in kilchen (d. h. dkilchen) gieng gan firmen. 6 u. o., es trifft aber zusammen mit gan für gegen (sp. 2196), z. b. giengen wir gan Lucern 60, gieng ich gan Kappel 57 u. o.; gang gen spatieren, abi deambulatum. Frisius 4ᵇ, als inf. gen spazieren gon Maaler 379ᵃ; so tag und nacht scheidet, gond sy (die hähne) gen schlafen. Heuslin Gesners vogelb. 78ᵇ; so du gen schlafen gon wilt. 128ᵇ, wo denn gen gleichfalls für gegen zu nehmen wäre, vgl. bair. gen essen, gen trinken sp. 2212; wegen des wechsels der formen übrigens vgl. vorhin bei Wild gehn und gahn und sp. 2386 fg. s. auch mit doppeltem imp. gê gang dich erhenken lieders. 2, 704.
γ)
in den alem. mundarten ist das dann weiter entwickelt bis zur völligen abschwächung oder bis zur übertreibung. das letztere z. b., wenn es schweiz. selbst dreifach gehäuft wird, z. b. in der Kerenzer mundart bei Winteler 154 nicht blosz er ischko gä melechä, ist melken gegangen, eigentlich ist gôn gên melken (s. sp. 2386), sondern auch er goko go m., d. i. gôt gôn gôn m., d. h. das letzte und ursprüngliche gôn melcha war im gebrauch schon so zu bloszem (gewollten) melken gediehen (vgl. unter α), dasz es ein neues gôn als einführung (s.β) vertragen konnte, vgl. zürch. gohst goh geh Grimm gr. 4, 97. die abschwächung aber auch äuszerlich zeigt sich schon im 15. jh. schweiz.:
alde, min gfatter, ich muos gagan (: fân).
fastn. sp. 834, 24,
d. i. gâgân mit betonter letzter silbe, hd. wäre es: ich m. géhen gehn. jetzt ist es im schweiz. sprachgefühl zur partikel geworden, s. ge (auch go, gi) bei Tobler 216 fg., der, anfangs noch selbst unsicher, es an der hand älterer belege doch auf goh, gehen zurückführt; s. auch Stalder id. 1, 412, dial. 57 fg., Frommann 5, 433 u. ö. auch vorarlb. z. b. ga güggla, lugen gehn Fromm. 3, 212, 10, oberels. gang i gê diene 2, 558, 40. schwäb. z. b. bei Schmid 224 du wirst geh fallen, auch es wird geh regnen.
δ)
auch im bair. sprachgebiete, doch in abweichender entwickelung,wirklich zur bloszen partikel abgenutzt, mit der man besonders behauptungen mildernd färbt, s. Schmeller 2, 4 fg., z. b. des is der gê en unglück! da war i (wär ich) gê glei ferti! es klingt da oft wie zuredender oder auffordernder imp. (vgl. 5, b a. e.), z. b.:
an stadei (kleinen stadel) woasz i, da is fried (ein sichrer ort),
da leg mer uns geh nei.
Kobell oberbair. ged. (1846) 266;
was werns sagn geh zu dir?
295 (anrede an sich selbst);
da fang i'n geh, 'n Sepp den buabn.
288.
Schmeller war sich des ursprungs nicht ganz sicher,vermuthlich der ungenäselte inf. von gên“, das denn auch noch zu erkennen ist z. b. in i mues mer gê e geld herrichtn zon zaln (bezahlen). ganz deutlich in Tirol bei Schöpf 186 i gea enk (euch) a maͦsz zaͦln, je vais payer, i gea gên, werde gleich gehn, je vais aller. deutlich auch österr. bei Höfer 2, 245 gengama gen, eamus (vgl. I, 1, c), vgl. bei Schmeller so gemmer gê gê als kehrreim eines liedes.
ε)
aber auch im westlichen Niederlande, und zwar, wie oft, dem alem. gebrauch im Oberlande entsprechend, z. b. in fläm. mundart von Brügge: e gheel (ganz) groot peerd .. gink gon ploegen. Germ. 14, 85, gieng gehn pflügen; s. auch das. die up die hofsteê gingen weunen, die auf der hofstatt wohnten, eig. wohnen giengen; im volksliede:
ik was te wege naer myn zoetelief (süszlieb),
maer (aber) nu gae ik wederom keeren.
94;
dat zal ik u gaen zeggen.
93.
und bemerkenswert auch völlig zur vertretung des fut. entwickelt:
en den (nom.) hoend go morgen trouwen (wird heiraten),
en wie (wer) got de speelman zijn?
89.
jene doppelung übrigens auch bei fangen, fahen:
der stab fieng an fa gruͤnen.
Uhlard volksl. 772.
11)
gehn lassen sei hier eingereiht auf dem übergange zur übertragenen verwendung, den es zugleich mit darstellt in ziemlicher manigfaltigkeit.
a)
einen gehen lassen, nicht anhalten oder den angehaltenen, gefangenen frei lassen: swer den andern vindet an sînem schaden (z. b. in seinem felde), der mac den phenden âne des rihters urloup. wert er im (aber) daʒ phant, er sol in lân gên und sol dem rihter klagen. Schwabensp. 232, 1 G.;
eis tages ein löwe .. gevieng
ein mûs, die er tôt wolte hân.
si sprach: her löwe, lânt mich gân ...
der löwe lieʒ sîn zürnen sîn (wurde mild)
und lieʒ gân vrî daʒ miuselîn.
Boner. 21, 4. 22,
zugleich und als hauptsache wie noch jetzt: thut mir nichts zu leide. auch wie in der Schwabenspiegelstelle, noch jetzt, z. b. Tell zu den wächtern beim hute:
was wollt ihr? warum haltet ihr mich auf? ...
freund, lasz mich gehen.
Schiller Tell 3, 3.
von einer frau beim könig, die er mit gewalt in der kammer hat, der marschalk redet ihm zu:
herre, der tag kumpt an der stette,
umb gottes willen, lant si gan.
Diocl. 4913.
so noch in mädchenmunde, wenn sie von burschen angefochten werden: lasz mich gehn! lasz mich ungeschoren, ungeheit (sp. 2343 fg.); der läszt kein mädchen gehn;
hör, schalk, lasz mir die jungfraw gehn,
was gwalts wilt du dich unterstehn?
H. Sachs 1, 113ᵇ.
laszt den bawren die gäns gahn! Garg. 50ᵃ (79 Sch.).
b)
diesz dann auch so dasz an gehen nicht mehr gedacht wird: mein nachbar läszt mich gar nicht gehn! klagt ein schüler dem lehrer, auch auf der bank sitzend, wegen neckerei;
Siebel. für was siehst du den fremden (Mephist.) an?
Frosch. laszt mich nur gehn! bei einem vollen glase
zieh ich .. den burschen leicht die würmer aus der nase.
Göthe 12, 108,
laszt mich nur ungestört machen, meinen eignen weg gehn (s. dazu 24); auslachen thun die lustigen leut jeden .. wenn einer das auslachen nicht haben könnte, so müszte er pfarrer werden, das ist der einzige mensch in der gemeinde, den man gehen läszt. Felder Nümmam. 111. auch das schon im 12. jh., sogar noch schwächer, in Reinmars beschwerde:
si jehent daʒ ich ze vil gerede von ir
und diu liebe sî ein lüge diech von ir sage ...
si möhten tuon als ich dâ hân getân
unde heten wert ir liep und lieʒen mîne frowen gân.
minnes. frühl. 197, 14,
kümmerten sich gar nicht um sie, klatschten nicht von ihr. auch so: was weit hindan, das leszt man gan. Frank spr. 1, 9ᵃ, d. i. aus den augen aus dem sinn.
c)
auch schon von dingen mhd., sich nicht weiter darum kümmern, sie fahren lassen (eigentlich wie und wohin sie wollen), wie das jetzt lieber heiszt, z. b. von der Dido, nachdem Eneas ir man worden was, und von Helena in gleicher lage:
eʒ was ir (Dido) unmâre (einerlei),
swaʒ ieman dar umbe gesprach.
si lieʒ êre unde gemach
al zeiner hant gân,
dô siʒ hâte getân.
Veldeke En. 66, 5;
man unde kint, liut unde lant
lie si (Helena) dâ zeiner hende gân
und wolte lützel ahte hân
ir êren und ir guotes.
Konrad troj. kr. 22963.
auch persönlich so, z. b. einen freier, den man abweist: geh. rath. damit es Reinhold nicht werde (in der ehe elend), ist es heilsam, dasz sie ihn haben gehen lassen. madem. Sternberg. der mann kann nicht kläglicher werden als er ist. Iffland 9, 2, 69 (hagest. 3, 7). ähnlich von einem wunderlichen menschen, auf den andere vergebens einzuwirken suchen: den musz man gehen lassen, seine wege gehen lassen, derber laufen lassen (wie von dingen schwimmen lassen):
man kann nicht immer zusammen stehn,
am wenigsten mit groszen haufen.
seine freunde die läszt man gehn,
die menge läszt man laufen.
Göthe 2, 252.
d)
ähnlich die dinge gehn lassen (s. 33, f), wie sie nun einmal gehen, sich in ihren 'lauf' fügen, auf das 'eingreifen' verzichten, es gehn lassen (s. 36, h, ζ):
der ernste mann wil ganz nicht weichen ...
der gelinde leszt alles gehen,
wil still sein und dem spiel zu sehen.
Rollenh. froschm. Ff 6ᵃ (II, 3, 4, 93);
rathet ihr was ihr wolt, so thue ich was ich wil. lasset es in gottes namen gehen. Schuppius 22;
ihr durchstudirt (als arzt) die grosz und kleine welt,
um es am ende gehn zu lassen,
wies gott gefällt.
Göthe 12, 99;
dasz die stadt (Frankfurt) in frühern zeiten von menschen müsse regiert gewesen sein ... die nur so nothdürftig hinregierten und alles gehen lieszen wie es konnte. 43, 41 (in unserer zeitungssprache franz. das beliebte laisser aller u. ä.); noch weisz ich nicht, wie es weiter mit mir werden wird. alles will mich auf ostern nach Rom zurück haben. ich will es ganz gehen lassen. 28, 50.
e)
auch von der zeit (s. 22), einem bestimmten zeitpunkte: die .. den hülfetag haben lassen gehen. Luther br. 3, 95, wie jetzt hingehen, vergehen, verstreichen lassen, d. h. eigentlich für, vorbei gehn, streichen (s. 22, c), ohne ihn gleichsam anzuhalten und zu benutzen. so von gelegenheit, state:
sô lieʒen si die state gân
mit dem gemeinen willen hin.
Trist. 413, 8.
f)
in der canzlei, vor gericht, im amte dinge gehn lassen, nicht weiter verfolgen, ihnen keine weitere folge geben u. ä. (ganz anders s. unter 30, a, α):
(der verstand) die brief besonders nimt zur hand,
als des königreichs groszcanzler,
und lesset gehn was nicht ist schwer ('wichtig').
ist aber an der sach gelegen,
das man sie ferner sol bewegen (erwägen) u. s. w.
Rollenh. froschm. II, 3, 3, 46,
sie gehn gleichsam ihren weg weiter (s. 33, d, bes. Luther a. e.). auch anders gewendet, für zulassen, durchlassen: es kommen felle, die einen auszug gewinnen (ausnahme vom strengen rechtsgange), und wo man nicht den auszug liesze gehen, so were es das allergröszest unrecht. Luther 3, 318ᵃ, ihm seinen gang liesze, ihn gleichsam durchliesze, 'passieren' liesze; die olunge (letzte ölung), so man sie nach dem evangelio hielte, liesze ich gehen, aber das ein sacrament daraus zu machen sei, ist nichts. 3, 512ᵇ. auch einem etwas gehn lassen, wie jetzt durchlassen, passieren lassen, einen fehler ungestraft:
musz man euch dann, ihr soldaten,
lassen gehen alle thaten?
Logau 1, 8, 13, 'soldatenfreiheit'.
g)
auch sich gehen lassen, sich keinen zwang anthun, seiner natur freien lauf lassen u. ä. (vgl. gehen vom leben, thun 23. 24):
mit fremden menschen nimmt man sich zusammen ..
allein bei freunden läszt man frei sich gehn.
Göthe 9, 184 (Tasso 3, 4);
jeder mensch musz nach seiner weise denken .. nur darf er sich nicht gehen lassen, er musz sich controliren. 22, 220. 49, 22; ob ich nun gleich gar keine ursache hatte mich gegen sie (die Stael) zu verstellen, wiewol ich, auch wenn ich mich gehen lasse, doch immer von den leuten nicht recht gefaszt werde. 31, 171 (jahresh. 1804); eine Römerin der art, die sich im natürlichen gespräch heiter gehen läszt. 29, 124; ich .. lasse mich gehen und bin mir (doch) immer bewuszt. an frau v. Stein 2, 177. einem leichtlebigen, verstimmten, einem überscharfen kritiker u. ä. sagt man: du läszt dich zu sehr gehen. es mag ursprünglich vom rosse entlehnt sein, dem man die zügel zu frei läszt, daher auch sich zügeln, ungezügelt, der leidenschaft freien lauf lassen u. ähnl.
h)
gerade vom rosse war es von alters her in gebrauch, so abgebraucht dasz man sich mhd., ja schon ahd. das object sparte (Grimm gr. 4, 640 fg., mhd. wb. 1, 466), z. b. beim beginn der schlacht:
diu ros wurden an verlân (zum anritt, var. gelân),
dô lieʒen si zesamene gân (d. h. diu ros),
die kristen hin, die heiden her.
Stricker Karl 7310.
auch swert, schif ward so weggelassen, auch geschôʒ, pfeil:
sie hâten vil wîte erzogen
mit geschôʒe manigen starken bogen,
dâ mite sie lieʒen ûf sie gên.
herz. Ernst 3789.
auch hiebe, schläge, ûf eines rücke lâʒen gân Trist. 139, 16 u. ä.:
Tristan mit dem swerte sîn
lieʒ ôt vaste umbe gân.
Heinrich v. Fr. Trist. 6249,
vgl. sp. 1683 fg. umbe geben, d. h. um sich herum schlagen, ohne das gedachte slege oder swert o. ä.;
er lieʒ mit slegen umbe gân (den kolben).
5219;
der povel und daʒ gebüebe
lieʒ anders (sonst) alleʒ ûf in gân.
Heinzelein vom ritter u. pf. 203 (s. 107 Pf.),
würden alle auf ihn los schlagen, d. h. zugleich schmähen, schelten, die scheltworte als schläge gedacht (s. sp. 1687). s. auch unter 36, c, δ aus d. Simpl.
i)
nhd. reste davon fehlen nicht, z. b.:
her, her, all instrumenten,
so seind in ganzer welt ...
her, her, all menschenstimmen,
laszt immer, immer gahn (zum preise Christi).
Spee trutzn. 20, 86 (s. 80 B.);
das her her! stimmt zu dem schlachtrufe der landsknechte (s. u. her I, 2), und laszt gahn! erklang bei ihnen sicher auch noch, dann auf frisches anfangen überhaupt erstreckt. es wird aber auch das spiel dazu gesetzt, z. b. von den spielleuten auf der fechtschule im 16. jahrh.: die spilleut sollen one befelch des maisters, so die schul helt, das spil nicht geen laszen (als zeichen des anfangs). Augsburger ordn. der fechtschule bei Adrian mitth. 279, das spiel geht an, geht los, wie vorher gebunden, vergl. 20, a.
k)
mit mhd. gebrauch stimmt auch noch die augen gehn lassen (vgl. unter 15, i und unter auge 14):
sô lâ du diniu ougen gên
an einen andern man.
minn. frühl. 10, 5;
si lieʒ ir ougen umbe gân ..
wâ si die besten sæhe.
Konrad troj. kr. 1326;
ach könte doch ein mensch auf einer warte stehen
und über dieses reich die augen lassen gehen ..
Opitz 1, 8.
l)
anders gleich dem heutigen fahren lassen, los lassen: liesz die tartsch (schild) gehn (dasz sie fällt, 'zu boden geht' 16, d), nam seine lanze zu beiden fäusten. Harnisch 41; den strick gehn lassen, fahren lassen Adelung. haare gehn lassen, hergeben:
des guten esels schwanz ... läszt nicht auf einmal ganz
die starken haare gehn. man musz jetzt eines nehmen,
dann wieder, und so fort.
Opitz 1, 96.
m)
und noch anders hende und füsze, die arme gehen lassen, lasciar le braccia M. Krämer 519ᵇ, kraftlos sich selbst überlassen, gehn lassen wie sie wollen gleichsam (vergl. 16, e), z. b. als ausdruck des verzweifelns, zuerst etwa von einem, der bei überschwemmung einen balken umklammert hatte, dann auch als redensart: darumb müsse er an im selbs verzweiveln, hende und füsze gehen lassen, sich als einen untüchtigen menschen für gottes augen klagen .. Luther 1, 176ᵃ, im gegensatz zu dem trotzigen vertrauen auf die eigne kraft; ein kuxbesitzer erzählt, wie ihn die kuxkrenzler mit hoffnung hinhalten:
wenn sie merkten, ich ward verdrossen
und wolt hend und füsz lassen gehen,
mit meiner gewerkschaft abstehen ..
Froschmeus. M 4ᵇ (I, 2, 14, 103).
vgl. auch von einem schwerkranken auf dem lager: er läszt alles unter sich gehn; dasz ich wie die kinder bin und dasz es umstände gibt wo ich alles unter mich gehen lasse. Göthe 36, 88 (Ram. neffe); es kompt, es kompt, sagt Krause, und liesz (d. h. liesz's) ins hembde gehen. Neander sprichw. 12 Lat.; vgl. 15, h.
n)
ein bildliches gehen lassen aus .. bei Schönsleder T 1ᶜ: man laszt mir nichts daraus gehen, nullius momenti sunt mea dicta, non respicior, ad meas res nullus est respectus; man laszt ihren underhandlern nichts draus gehen, ejus negliguntur internuntii; man hat ihm umb dessen hail vil aus seinem fürbitten gehn lassen, magnum ad salutem momentum preces attulere; man laszt nichts mehr aus diesem brauch gehen, hunc morem vita jam communis explosit. Cic.; auch Schmeller 2, 6 gibt davon nur die bedeutung: etwas statthaft, beachtenswert finden oder nicht, aber keine erklärung. vergl. allenfalls sich nichts draus machen, auch das gehen (einkommen) von früchten, gewinn, nutzen 19, g, doch ist noch irgend ein andres bild im spiel.
12)
Der übergang in bildliche anwendung hat sich sicher ganz früh und von mehreren punkten aus zugleich vollzogen. so ward es vom eigentlichen gehen erstreckt auf den weg, auf brücke, treppe, wagen, waare, räder u. s. w.
a)
wie der wandernde auf dem wege oder einen weg geht, so geht auch der weg, gleichsam mit ihm, oder vor ihm her (als führer, er 'führt' ihn), und auch vorher und nachher in gedanken behandelt er den weg als gehend (genauer: geht ihn entlang in gedanken, s. 18, l. 25, a): der hô gândo weg, celsa via. Graff 4, 70;
krumbe wege die gênt bî allen strâʒen.
Walth. 113, 25;
mîne stîge gânt an iuwer strâʒe.
Neidh. 48, 24;
nu gie ein stîc, der was smal,
nâch bî einem sê ze tal.
Hartm. Greg. 2599;
so geht der weg auch in ungeschickter weise bald herauf, bald herab, bald durchs wasser, bald über steine. Göthe 17, 71 (wahlv. 1, 6). rechtlich: es ist auch zu wissen, das ein weg soll gan hinab gen Mül bei dem zaun u. s. w. weisth. 3, 654; vgl. gang I, 1, b. wie die beiden begriffe des weges für sich oder für alle und des weges als gang in der vorstellung des gehens zusammentreffen, zeigt z. b. mein weg, den ich zu gehen habe oder den ich suche, mir mache o. ä.: mein weg gieng nun (aber auch führte mich) durch den wald;
der leichenweg gieng dicht an einer hecke hin.
Gellert 1, 183.
ebenso in es oder das geht (s. 36, a, β), d. h. das gehen und der weg in es zusammengefaszt: nun giengs steil den berg hinauf; da kann sie nicht in den himmel kommen. das geht hoch hinauf. O. Ludwig Heiterethei 295, vgl. ahd. der hô gândo weg vorhin. auch die reise selber geht, z. b. von statten, d. h. von der stelle, vor sich, d. h. eigentlich vorwärts (s. 8, d), geht gut, schlecht u. a.: wir hoffen, dasz seine rückreise bei dieser schlimmen jahreszeit so gut gehen wird, als es wahrscheinlich ist. d. j. Göthe 1, 37. auch die spur, fuszspur: die spur des diebes gieng im schnee dem zaune nach; es gehen vil keisers spor in Rom, aber wenig wider heraus. Henisch 1436.
b)
ebenso dann die strasze, nun die bahn, eisenbahn: stig ab! do ged die strasz uf Salzburg. Th. Platter 30, das sagt ihm ein fuhrmann, der ihn auf dem wagen mitgenommen und nun eine andere strasze fährt, auch hier geht die strasze ab; eine alte strasze geht (führt) mitten durch den wald, bei führt ist sie mehr in benutzung im bestimmten falle gedacht, bei geht mehr als bleibende einrichtung, wie man sie sich auf der landkarte denkt; die neue bahn geht durchs gebirge, geht bei den schieferbrüchen vorbei, geht über Stockheim nach Eichicht u. ä., geht über den flusz, mit brücke, die auch von jeher als gehend behandelt wird (mit überschreiten als in schritten, bogen über den flusz gehend):
daʒ si di brücke funden,
diu über daʒ breite waʒʒer gie.
Lanz. 7655;
ein schifprücke ûf einem plân
gieng übr einen waʒʒers trân.
Parz. 60, 28.
ähnlich im hause die stiege, treppe, gleichsam eine steigende brücke, auch das ist alt:
ouh gîngen ûf den berc ...
zwei dûsint grâde (stufen).
Alex. 5276 W.;
sie (die guten werke) gânt alsam ein stege enbor
gên des himelrîches tor.
Rud. Barl. 102, 35;
die grosze stiege (in der burg zu Nürnberg), die aus dem unteren in den oberen sall get. Tucher baumeist. 299, 1. 17. s. auch 18, c vom gang im hofe u. ä.
c)
aber auch alles, was sich auf dem wege, der strasze nach dem ziele bewegt, geht, nicht blosz der gänger, auch der wagen (s. e), schlitten, vieh, pferde, wie auch der reitende, fahrende selber (s. 6, b), selbst für die schnellste bewegung des dampfwagenzuges wird noch das alte gehn festgehalten, wo es sich um den weg handelt, den er zu machen, das ziel das er zu erreichen hat: der eilzug geht von Berlin über Minden nach Köln, wie einst die post, und diese nun mit dem zuge, der bahn; der zug, wie die post, geht ab (wie sie vorher stand), geht weiter, geht durch ohne aufenthalt u. a., immer noch eigentlich wie der wanderer; selbst der gedankenschnell fliegende drahtbericht geht z. b. nach Köln, unterseeisch nach New-York, wie der draht der strasze, der bahn entlang, das kabel im grunde des meeres geht. auch der pflug geht zu acker (vgl. die sichel unter d), s. mhd. wb. 2, 1, 512ᵇ, auch geht flach oder tief: al schatz under der erden begraben tiefer den ein pflûg gê ... Sachsenspiegel I, 35, 1.
d)
auch was der gehende, der wagen trägt oder bei sich, mit sich führt, geht mit ihm fort (s. auch besonders unter 19): ach! unser bestes geräthe geht fort! Weisze kom. op. 2, 209, bei einer auspfändung; der krug geht so lange zu wasser bis er bricht, s. dazu krug II, 1, b; ebenso die sichel in die ernde, bei der ebenso der träger gleichgültig ist und wechselt, die sichel bleibt jahrelang dieselbe, sodasz der anscheinend blosz dichterische ausdruck zugleich die wahrheit scharf bezeichnet (vgl. auch 33, d):
und als die sichel zu felde ging ..
Bürger 1789 2, 170 (pfarrerst. v. Taub.).
wie ernstlich das eigentlich gemeint ist, zeigt noch das witzwort etwas mitgehn heiszen, ungefragt mitnehmen, stibitzen, stehlen, im 17. jahrh. er hats lassen mitgehn, secum abstulit Schönsl. T 2ᵈ; so von beute auf dem schlachtfelde, als kriegswitz, im j. 1519, sicher weit älter:
unzellich ist geblieben (auf der wahlstatt) ..
von harnisch und von pferden,
von spieszen und von swerden.
alles das uns mochte werden,
das muste mit uns gahn.
Soltau 2, 75, Lil. 3, 279ᵇ.
auch ausdrücklich und ausgemalt kommt gegangen (s. 5, f) von getragenem u. ä., jetzt nur noch kommt:
hiemit (indem) kam das essen gegangen (l. gangen),
der knabe dem babst zuͦ essen truͦg.
Büheler königst. von Frankr. 5374;
swaʒ ûf redern kom gegangen.
Parz. 306, 2, von belagerungsgeräte.
daher von waare u. ä. (vgl. 19, b): vögel und thiere, die er auf der jagd erlegte, wurden mir vorgezeigt, ehe sie nach der küche gingen. Göthe 19, 266. schon mhd. von waare: er (der henker) sol auch alles veiles kornes huͤten, daʒ her in die stat gât (könnte auch heiszen her în gât) unde uber naht ûf dem kornmarkte stât. Augsb. stadtr. 71 (27, 4), vergl.swaʒ der lîpnar in dise stat kumt s. 131. jetzt z. b. das vieh, das getraide geht (oder kommt) nach Berlin. mit der post gehn briefe zu ihrem ziele: das vorige blatt ist gefaltet und gesiegelt, um morgen fortzugehen. Göthe an frau v. Stein 1, 341. und auch das gân in die stat vorhin oder herîn gân lebt noch nach in eingehn, briefe oder nachrichten gehn ein mit dem boten, der post, wie sie abgehn, ausgehn ins land, durchs land gehn (vgl. 19, b. c).
e)
an dem wagen gehn aber eigentlich die räder (im Parz. 206, 2 vorhin deutlich als des wagens füsze behandelt, s. auch 15, a): und dieselbigen reder .. wenn sie gehen solten, kondten sie in alle ire vier orter gehen. Ezech. 1, 17; und wenn die thier giengen, so giengen die reder auch neben inen. 1, 19; sie gehn im gleise, aus dem gleise u. ä.; ein rad ist ihm über den fusz gegangen; gebrechliche (schadhafte) räder gehn oft am längsten. sprichw. bei Schmitz Eifel 1, 195. der wagen selber: so der wag mit dem öl ... geschmirt ist, so geet er still und kürt nit mer (d. h. die räder). Keisersb. pred. 126ᵇ, vergl. der pflug geht kirkar 20, c, s. auch mhd. er gât ebene (bildlich) 33, b, β; der wagen ging weiter, und Wilhelm eilte auf dem fuszpfade voraus. Göthe 18, 70;
und sie grüszte mich noch, und sprach den herzlichsten dank aus,
trieb die ochsen, da ging der wagen.
40, 247,
d. h. kam in gang, gieng an wie das früher hiesz; mhd.: swilch wagen êrst ûf die brucke kumt, her sal êrst uber gân. Sachsensp. II, 59, 3;
unde gewunnin zwelf wagine,
die gîngin sibin nacht geladine.
kön. Rother 1037.
noch im 16. jahrh. ganz wie ein lebendes wesen: felt der karn, so steigt iederman drab, und kommt nimmer drauf bisz er wider aufrecht geht. Frank spr. 2, 27ᵃ, auch wann das schif uffrecht geht, so wil iederman schiffman sein 2, 102ᵃ.
f)
auch in anderm sinne: der wagen geht noch ein jahr, z. b. ein alter eisenbahnwagen, thut seine pflicht noch, braucht noch nicht ausrangiert zu werden, wie das knarrende rad. auch ein schuh geht noch ebenso, der schuh geht ja aber eigentlich eben so wie der fusz, das bein, der mann, und auch von menschen heiszt es so: ach der geht noch verschiedne jahre (vgl. gehen 23, b vom lebenswege). dann aber auch: ach die handschuhe gehen schon noch (z. b. glacés), gehen noch einmal oder noch mit (mit dem andern staat, der ihre mängel deckt), und so dann von allem ohne schranken: die lampe geht noch für heute, ist noch brauchbar; es ist wahr, ihre gesichtsfarbe geht noch mit, ihre züge sind so so ... Wieland 1, 99 (Agathon 2, 6), passiert, vgl. 36, h, λ. so geht der begriff, hier wie an andern stellen, wie ausstrahlend ohne ende ins weite. es ist hier nur möglich den wichtigsten dieser stellen in ihrem ausstrahlen nachzugehen.
13)
Von schiff, flusz, see, wasser, wind, wolken u. s. w.
a)
wie man auch zu schiffe geht über see u. ä. (6, b), ebenso das schiff selber: das schifflein gehet für wind, fertur secundo vento. Henisch 1427, vor dem winde; das meer das so grosz und weit ist .. daselbs gehen die schiffe. ps. 104, 26;
unde hîʒ balde (gleich) wider gân
di schif in di habe (hafen).
Alex. 916;
in der selben zîte   dô was ir schif gegân
der burc alsô nâhen ..
Nib. 377, 1;
an den tîden lêt de koning Karl (d. gr.) ênen grôten graven maken van der Altmune wante an de Radenze unde wolde dat de schepe gingen van der Donowe wante an den Rîn. Eike v. Repgow zeitb. 255ᵃ, deutsche chron. II, 149, 8; und sol ein schiff von Rapprenschwill gan (wenn dort markt ist), so arm lüt gemerktend u. s. w. (mit einkaufen fertig sind, s. sp. 1613). weisth. 4, 353, in der bestallung für den gemeindefergen; ein postdampfer geht täglich zwischen Kiel und Korsör. auch in see gehen u. ä.:
schnurr schnurr (so rasch) gieng fort das schiff, die wellen schlugen an,
sie giengen boltribol (s. u. b).
Riemer reime dich s. 91;
die flotte gieng unter segel, den strom hinauf, gieng vor anker, auch wir giengen vor anker, wie du gehst mit vollen segeln (bildlich) Göthe unter 24, c a. e. ebenso nl. onder zeil, voor anker gaan, dän. gaae under seil, til ankers.
b)
auch der flusz selber, wie die see:
si wil daʒ ich ir wende den Rîn,
daʒ er vür Kobelenze iht (nicht) gê.
Tanhuser MSH. 2, 92ᵇ;
das wasser ... daʒ dâ heiszet Treysem, und die wasser die dar în gânt ûf des gotshûses eigen, unz an den krumben, der durch Kilchzarten rinnet, dâ er gât in die Treysem. weisth. 1, 337;
alle flüsse gehn ins meer,
alle kummen dannen her.
Logau 1, 9, 95;
der bach geht mitten durch das dorf, hinterm garten her, in den teich u. s. w.; den moelgraben durch dasselbe gut geende behalde wir uns vry. Gengler cod. jur. mun. 1, 712ᵇ (aus Danzig 14. jh.). auch der flusz geht mit eis Ludwig 716. bei überschwemmung: nach dem der Meyn also grosz was, das er fern in die stat ginge. Frankf. reichscorr. 2, 432; ob wol ein sehr nasser ... sommer einfiel und (in Wittenberg) die Elbe etlich mal zun schieszlöchern durch die stadtmaur gieng .. Mathes. Luther 64ᵃ. die see geht hoch:
der föhn ist los, ihr seht wie hoch der see geht.
Schiller Tell 1, 1;
die flut geht drüber weg — ich seh's nicht mehr.
das.;
hochgehende wogen (auch der begeisterung); anders sie giengen boltribol vorhin u. a, d. h. bewegten sich wild durcheinander.
c)
im flusse, im meere gehn auch fische, s. aus Megenberg unter 2, a die pesten häring gênt pei Schottenlant, leben, haben ihren aufenthalt; ins netz gehn (wie wild o. ähnl. in die falle geht):
kundet ir nu stille gestân,
hundert (aale) wellen iezuo în gân.
Reinh. fuchs 760.
die netze der fischer: swer mit holze (floszholz) kumt in die bäche (in der stadt), der sol sîn holz heften ietwederhalp an daʒ stat (gestade), daʒ ein flecke wol danzwischen (d. i. dâ enzwischen) muge gân. Augsburger stadtb. s. 47, dasz ein netz zwischen durch sich bewegen könne;
huf und last gingen noch nicht übers eis,
netze noch nicht unter ihm fort.
Klopst. od. 1798 1, 219 (der eislauf).
d)
vom wasser heiszt gehn auch die steigende bewegung, die man am ufer u. ähnl., am eignen leibe miszt: funfzehen ellen hoch gieng das gewesser über die berge. 1 Mos. 7, 20; füret mich durchs wasser bis mirs an die knöchel gieng. Ezech. 47, 3; die flut gieng bis dicht unter die brücke, über die dämme; auch das wasser gehet hindersich, aestus recedit. Henisch 1432, die flut geht zurück, sinkt; das gedachter Thonawstraum neben der prucken, die die Spanier abgeworfen haben, wol zu waten und zu reiten ist und den rossen nit vil über die knie gehen solle. Schertlin br. 130. von der künstlichen überschwemmung, mit der Leiden im j. 1574 gegen die Spanier vertheidigt ward:
sie (die feinde) lieszen Leyden stehn,
und fürchteten, die flut möcht an die hälse gehn.
Opitz 2, 44 (zugleich nach 8, h).
bildlich: lasz dir kein unglück über die knie gehn. Frank spr. 2, 86ᵃ; wenn unglück den reichen an die knie geht, so gehts den armen bisz an den hals. Lehman flor. 1, 54, wie eine flut; doch s. dazu auch 27, c Schuppius. umgekehrt abgan, fallen, rinnen (vgl. 16, d):
dasz dir dein rosenfarbes blut
über die wangen musz abgan.
Uhland 332.
e)
der wind geht, die luft ist in fühlbarer bewegung: es ist kalt, es geht ein unfreundlicher wind. Göthe 14, 133;
wie leise gehn in feuchten büschen
die winde durch den finstern hain.
Uz 1, 174;
sieh einmal nach, wie der wind geht; der wind gehet gen mittag. pred. Sal. 1, 5;
der segel in das wasser hieng,
das (weil) der wind so stark darein gieng.
Teuerd. 32, 89;
ebenso mhd. daʒ weter (wie noch bergmännisch):
man sol den mantel kêren als daʒ weter gât.
minn. frühl. 22, 25.
bildlich: die lebensluft geht noch frisch von morgen und das ganze leben blüht wie ein maitag. J. Paul 39, 34. auch der wind, die luft geht mir rauh an den hals, geht mich rauh an;
was pösen wints get aus dem loch!
fastn. sp. 187, 13.
nebel geht übers land: auf offenem feld .. gieng, lief in (den fliehenden) ein dicker finsterer dunst und nebel hinden nach. Aventin chr. 194ᵇ, beim untergang von Pompeji. geruch, rauch geht in den hals u. ä.: und beklagt sich Wilwalt, nach deme er ime (dem sterbenden) stets zugesprochen, das im an dem ende als ein starker geruch in den hals gegangen wer ... Wilw. v. Sch. 57; denn geet im der rauch in die augen, also das er ausbricht mit weinen. Keisersb. pred. 7ᵇ.
f)
wolken, wetter gehen am himmel hin: zum blauen wehenden himmel .. worin die leichten sommerwolken gingen. J. Paul 22, 98. von einem gewittergewölk: daʒ selbig weter .. gie nach (entlang) der Tunau ze tal und erschlug alles daʒ traid. deutsche chron. II, 372, 21;
duck dich, lasz fürüber gan,
das wetter will sein willen han.
Uhland volksl. 758,
fürüber, d. h. über dich hin vorwärts (vgl. 22, c von der zeit), wie das rohr in der fabel:
ich mag dem wind niht wider stân,
ich lâʒ in oben über gân.
Boner. 83, 36;
ein wolkenbruch geht nieder, s. 16, a.
g)
sonne, mond und sterne gehn am himmel auf und nieder, unter u. a.:
diu sunne an daʒ gebirge gie (gieng auf).
Eckenlied 110, 1,
trat auf das gebirge wäre jetzt der ausdruck (vgl. 1, a);
Venus und och Jupiter
die gant vor der sunnen.
Hugo v. Montfort 8, 20 (s. 63);
(die sühne soll gelten) also wyte als die sunne uf unde tal geet. weisth. 1, 542; die sonne feiret gar keinen tag nicht, sondern .. gehet imerdar iren lauf für sich hin. Luther 4, 18ᵃ;
die sonne, wenn sie gleich aus unserm kreise geht,
läszt uns zu jeder zeit noch einen glanz zurücke.
und dasz eigentlich ein wirkliches gehen, schreiten gedacht war, zeigt zu raste, zu gnaden gehen, d. h. zur ruhe, nachtruhe, zu bette Logau 3, 7, 48, vergl. auch der mond 'tritt' hinter eine wolke;
die finstre nacht ist da, die sonne geht verborgen.
Logau 1, 1, 7.
auch der tag, tageslicht:
der dac begunde ûf gân.
Heinrich d. Gl. Reinh. 775;
der tag gieng zu dem abend,
die sonn gieng iren gang.
Uhland volksl. 246,
vergl.'sonneganges umme gegangen', wenn ein tag herum ist, sp. 1234 unten; sehen sie, wie sanft und gerührt der tag geht (fortgeht), wie erhaben die nacht kömmt. J. Paul 40, 73.
h)
auch licht und schall u. ä. haben ihren gang, wie sie ausgehn von ihrer quelle:
über sehs mîle gêt sîn (des steines) glanz.
Parz. 592, 13;
die trommeter da bliesen auf,
der hall gieng bis in himel nauf.
Frischlin hohenz. hochz. 7.
14)
Eine andere entwickelungslinie geht vom kampfe aus; s. auch 27, c. 36, f.
a)
wie ein gegner gegen oder auf den andern geht (s. 8, h), ebenso und noch unmittelbarer seine hiebe, stösze, seine geschosse, diese sogar wie selbst gehend (bildlich s. 29, a), auch die wunde (s. unter 27, c):
eʒ giengen ûf in slege grôʒ.
Parz. 212, 9;
der stach (mit dem speer) vil freislîchen
ûf den bischof Turpînen
durch den schilt sînen,
daʒ im der stich vil nâhe gie (vgl. 27, e)
und doch niht wunden (gen. sg.) enpfie.
Stricker Karl 6603;
kein hieb ging flach (an der Katzbach).
Rückert deutsche ged. 1814 s. 14;
aber er zucket (das schwert) zu schnelle fort und gieng der streich leer ab. Amadis 126; die klingen klirrten, und die stösze gingen neben aus. Göthe 24, 149; kein pölz giengen überzwerch. Garg. 180ᵇ (Sch. 332), bei Gargantuas schieszübungen; der gegner wich zur seite aus und der schusz (die kugel) gieng in die luft, in einen baum o. ä., aber auch gieng ins dickbein o. ä.; so sich jemand drauf lehnet (den rohrstab), wird er im in die hand gehen und sie durchborn. 2 kön. 18, 21; der spiesz ist durch ihn gangen. Schönsleder T 1ᵈ. beim schieszfeste:
(ein schütz) sprach: ich hab noch sechs schütz zethun,
o thettens all in dscheiben gahn.
Grob ausreden der schützen, Haupt 3, 262;
ein schutz thet in den andern gohn.
244 (vgl. 247, 11);
die fehler giengen neben hin.
das.,
zugleich: giengen ohne gewinn leer aus. ein koch klagt über seine böse herrin: ich wollte, dasz sie der henker holte! denn führt er sie einmal in die küche, so geht topf und tiegel nach meinem kopfe: pritz, pratz, ein stück nach dem andern. Weisze kom. op. 2, 12. von geschützkugeln:
do ward gar dapfer gschossen
von schlangen und karthan ..
die hagel liesz man gan.
Soltau 216, Lil. 3, 187ᵇ.
b)
aber auch das geschütz selber geht weit Frisch 1, 330ᵇ, geht in den feind, auch geht an, aus (das geschosz aus dem rohre): so laisz din darrysbüchs an geen. mitt. hausb. 39, 2;
bald guͦng ein doppelhoken ausz.
Uhland volksl. 507;
als unser grosz geschutz in sie gieng und die reuter auf sie trangen, wolten sie wider hinein (in die klinge, das thal) gegen mir. Schertlin br. 21;
sie schelten die maur wol halbig ein,
karthawnen giengen heftig drein.
Soltau 2, 113;
karthaunen, schlangen und falcon
sach man aufs kaysers leger gan.
217;
darzuͦ vier halber schlangen
hand ir ouch bi üch ghan,
die sind noch zuͦ uns gangen,
hand doch kein schaden tan.
N. Manuel 23 (schlacht von Piggoga);
das gschütz gieng wie der hagel,
noch (dennoch) lüffend wir üch an.
25,
dasz geschütz wie jetzt gemeint ist, nicht die kugeln oder schüsse, zeigt s. 26 da hend wir sgschütz genommen (erobert). ebenso das geschütz geht ab:
auch heisz anzunden unerschrocken
auf dem schloszthurm ein freudenfewr
und abgehn alles gschütz ungehewr.
H. Sachs 5, 233ᶜ,
und das gewehr geht los, eigentlich die kugel, der schusz (bildlich 29, c). doch ward wirklich beides auch vermischt: hat er (der landgraf von Hessen) acht oder zehen falkenetle ins schlosz zu Haidelberg .. geen laszen. Zimm. chr. 2, 253, d. h. schüsse, nicht 8 bis 10 geschütze.
c)
das ist aber dieselbe erscheinung, wie bei kommen (s. dort II, 10), z. b. du kommst nicht übers haus, d. h. dein stein, beim werfen um die wette, im 16. jh. gerade auch von geschützen, die kommen, d. h. die kugeln, z. b. von einem betrunknen schützen, der sich übernommen
mit zu vil weins und kondt nit kommen
in dscheiben mit keinen fugen.
Haupt 3, 251.
ebenso gehen von feuerspritzen, eine geht höher, weiter als die andere, geht bis übers dach, also sie selbst statt ihres wasserstrahls, es ist ja aber ihre that gleichsam, der strahl ihre waffe oder ihr arm, wie für das geschütz die kugel. ebenso gehn posaunen u. ähnl. statt ihrer klänge (20, b), s. auch 19, d vom ölkrug, der nit ausgeht, und unter 12, d geräte als selbst gehend statt ihrer träger.
d)
übrigens, wie jenes kommen, auch persönlich; beim vogelschieszen z. b. 'ich gehe auf die krone', nehme sie (und ihre prämie) mir zum ziel; bei einer feuersbrunst werden die leute einer spritze angewiesen: geht ihr auf den giebel! ähnlich auf dem kegelschub, wer anschiebt, geht in die vollen, eigentlich doch seine kugel.
15)
Von der eignen bewegung anderer dinge.
a)
das rad, das am wagen geht und ihn gehn macht (12, e), geht aber genauer um sich selbst, geht um, d. h. eigentlich um seine achse; Alexander z. b. kam an das ende der welt,
dâ .. der himel umbe gât
alse umbe di ahsen daʒ rat.
Alex. 5341 W.,
vgl. in zirkelmaus (masz) der himmel get.
Herm. v. Sachs. Mörin 4410.
vom mühlrad eines armen mannes:
mit jâmer eʒ umbe gie und sanc:
hilf herre got! hilf herre got!
Renner 7881.
in den zwölf nächten um weihnachten darf hie und da nichts umgehen, d. h. alle räder, auch spinnräder (Wuttke volksabergl. § 74), oder, wie es auch heiszt, es darf nichts rund gehen; da gingen noch spinn- und spuhlräder. Göthe 23, 64.
b)
durch das rad oder wie das rad gehn aber auch kunstgeräte, wie z. b. die winde: dieselben zeit hat man 12 und 14 geender winden stets gehabt, damit man gearbeit hat. Tucher baumeisterbuch 62, 18, zugleich: im gang befindlich, arbeitend, auf dem graben in Nürnberg. die kelter: wanne der kelter geit, als lange as der kelter geit. weisth. 2, 222 (aus Bacharach), so lange gekeltert wird. im bergbau gehendes zeug, auch gangbares zeug (vgl. kunstzeug), gestänge, maschine wodurch die bewegung der umtriebsmaschine auf die arbeitsmaschine übertragen wird, auch vorgelege, s. Veith 228. 547, also eigentlich vielmehr: das gehen macht.
c)
das uhrwerk, die uhr geht: es geht mit unsern urtheilen, spricht Pope, wie mit unsern uhren. keine geht mit der andern vollkommen gleich [none go just alike Pope], und jeder glaubt doch der seinigen. Gellert (1839) 4, 8; zwei uhren gehen selten überein; geht ihre uhr richtig? 'nein! sie geht nach' (oder vor), oder: sie 'steht'; es war so still in der stube (vor bestürzung), dasz jeder seine taschenuhr gehen hörte. Felder sonderl. 2, 189.
d)
an der wanduhr geht der pendel hin und her (wie etwas baumelndes im winde), in der dampfmaschine der kolben auf und ab (s. kolben II, 7, b), die kolbenstange aus und ein, und so vielfach von maschinentheilen, deren bewegung als ein gehen bezeichnet wird, wie das ganze selber geht oder steht, z. b. in einer weberstadt gehn so und so viel webstühle, oder stehn still bei arbeitsmangel. es ist wie beim schreiben, wo die hand, der arm hin und her geht, aber auch die feder:
swie snelle sîn (des schreibers) veder gât
ûf dem buochvel (pergament) hin und her ..
welsch. gast 14020.
die wetterfahne geht nach osten herum (auch geht falsch). auch glocken, daher angehn, in bewegung kommen:
die glocken gingen selber an
und lutent do selber sich.
K. Kistener Jacobsbrüder 499;
die harmonikaglocken müssen, um zu gehen, nasz erhalten werden. J. Paul 4, 132; vgl. für klingen unter 20.
e)
die thür geht in den angeln (Frisch 1, 330ᶜ), hin und her, auf und zu, auch blosz geht, bewegt sich, wird geöffnet:
dâ gesach ih ein betehûs,
di ture dî gînc selbe ûf.
Alex. 5291 W.;
wan sie (die frau) hört die thür gon, das sie sich frew das du kumpst, nit das sie erschreck als kem ein unsinniger wolf. Keisersb. narrensch. 77ᵇ;
und der tag ward immer hell und heller,
hört ich schon des nachbars thüre gehen ..
Göthe 2, 103;
hör ich das pförtchen nicht gehen?
hat nicht der riegel geklirrt?
Schiller, die erwartung.
ein verquollenes fenster geht nicht auf oder zu (s. dazu 17, a). vergl. übrigens die thür geht in den garten u. ä. 18, b.
f)
der teig zum backen musz gehn, genauer aufgehn; bei schlechtem brote z. b. ist der teig nicht (genug) gegangen, auch zu viel gegangen Adelung; vgl.aufgangene nudeln 3, g, auch das. gegangenes und ungegangenes tuch, das man im wasser eingehn läszt (vgl. krimpen 1, c), der gegensatz zu jenem aufgehn; schon mhd. în gân:
es wêr selten beschehen,
das kein (irgend ein) tuoch în gienge
von dem netzenne und empfienge
solhe kürze.
g)
ähnlich vom wachsen der pflanzen: der same geht auf;
swanne .. iʒ begunde grûnen
unde di edelen blûmen
in dem walt begunden ûf gân.
Alex. 5098;
si (die tanne) sprach: ich bin lang unde breit ..
in den luft mîn told ûf gât.
Boner. 86, 9.
und wieder im gegensatz eingehn (und vergehn), wie zu wachsen als gegensatz entwachsen. auch über sich gehn, in die höhe: das sie (die christenheit) recht stark und kreftig würde, und je mehr sie gedruckt würde, je mehr sie über sich gieng. Luther 2, 400ᵇ, wie mans von der palme sagte. das korn geht in die ähren, im 16. jh. in die hälm gon, ire in articulum Maaler 189ᵈ (vgl. vom menschen 23, a a. e.), auch der waizen geht zu lager, lagert sich Adelung (dän. gaaer i leie), auch in samen gehn, it. andar in sementa. aber auch:
hoch im norden in die breite
geht er (der stamm), wenig mehr belaubt.
Freiligrath dicht. 1, 146.
h)
haare gehn zu berge:
des wart diu angest im sô breit,
daʒ im daʒ hâr ze berge gie.
Konr. Parton. 1279;
das üch ze berg gand allü har.
lieders. 1, 146;
da gehen einem die haar zu berge. Sir. 27, 15. anderseits geht von uns (fort, ab), z. b.: ich habe wol lengest einen schwindel und das grimmen in meinem leibe gefulet. aber nu solche würm und krötengerick unten und oben von mir gehet, merk ich erst, was mir gefeilet hat. Luther 6, 112ᵇ; es ist vil blut von im gangen, ein stein Schönsleder T 3ᶜ, es gehet dünne von ihm Ludwig 716, es ist noch der ausdruck in der krankenstube (vgl. unter sich gehen lassen 11, m). auch: ein kind geht von der mutter Schönsleder.
i)
auch der atem geht aus und ein: weil in der athem geht. S. Frank spr. 2, 50ᵃ, solange sie leben; man lauscht oder fühlt beim bewusztlosen, ob der atem noch geht. beim keichen u. ä. geht aber auch die brust heftig auf und ab. auch die augen gehn (vgl. 11, k):
im gênt diu ougen umbe als einem affen.
Walth. 82, 20;
sîn ougen lieʒ er beide
verr über daʒ geböume gân.
Konrad Parton. 603;
so lasz dein augen umbher gehn
gleichwie man thut vom falken sehn.
Grobianus 233ᵃ.
k)
auch der mund geht, bewegt sich:
ich sach das in gieng der munt,
doch was ir sprache mir unkunt.
lieders. 1, 237;
am markt lert (lernt) man die leut am basten kennen .. da geht aller (gen.) mund, da gehn gleich wort und geberd. Frank spr. 2, 154ᵃ; ihr maul geht wie eine dreckschleuder (s. d.), wie eine breche (flachsbreche) u. a.; ebenso die zunge, vergl. gangbar 1, a von ihr, s. auch gänge 2, b. c.
l)
aber auch einem ums maul gehen, schmeicheln: er gehet ihm ums maul, praesentem eum laudat. Steinbach 1, 540; wer alten leuten kan um das maul gehn, der bekommt nach dem tode das meiste. das.; eigentlich aber mit der hand schmeichelnd um das kinn gehn, daher auch einem um den bart gehn, s. dazu unter kinn 2, b. 1, d.
16)
Überhaupt endlich von aller bewegung, der heftigsten wie der langsamsten oder kaum merklichen.
a)
auch von heftigster bewegung, wie z. b. schon das durchgehn wilder pferde, das in die flucht gehn u. 6, e, so vom einschlagenden blitzstrahl, der nieder geht; eben so ein wolkenbruch geht nieder, ein bergsturz:
ein ruffi (s. bergrüfe) ist gegangen
im Glarner land und eine ganze seite
vom Glärnisch eingesunken.
Schiller Tell 4, 3.
umgekehrt, wie es heiszt der theatervorhang geht in die höhe (Göthe 18, 8) oder auf, so auch ein pulverthurm geht in die luft u. ä.:
und eh er (der feuerwerker) sichs versieht, geht er zerschmettert
mit allen seinen künsten (kunstsachen) in die lüfte.
Göthe 2, 17.
so von häusern in flammen, in rauch aufgehn; wie das eig. gemeint ist, zeigt folgendes, mit bitterm kriegswitze:
durchs land man do zoch
und schickt die dörfer mit rouch
zu himele.
Lenz Schwabenkr. 118ᵇ.
wie allgemein der begriff geworden ist, zeigt z. b. dasz auch lauf doch 'geht': der gewöhnliche lauf unsrer gedanken geht so schnell. Herder urspr. der spr. 95; der wettlauf gieng den wiesenrain entlang, auch nahm seinen weg, seine richtung. auch die bewegung selbst 'geht': welcher (der himmel) von dem ersten augenblick seiner schöpfung .. seine bewegung fort für fort behält, und wo solche aufhörete zu gehen, so würde zugleich alles gewächse und gebehrung aufhören. Butschky Patm. 594.
b)
dagegen wie langsam geht ein fleck weg (entfernt sich), heraus aus einem kleide u. ä.: es wird die erlesene .. baumwolle ... gekardet, wodurch der staub davon geht. Göthe 23, 52; d'farb geht ab, color defluit. Schönsl. S 8ᶜ. wenn aber die blume in samen geht u. ä., so ist das kein gesehenes gehen mehr, nur noch ein vorgestelltes. die hauptsache bleibt die selbstständige, gleichsam selbstwillige bewegung, die den dingen damit beigelegt wird; vgl. der fleck will nicht heraus, der same will nicht kommen u. ä., s. besonders unter e. vergl. auch franz. faire en aller von flecken, die man ausmacht.
c)
schwankendes geht hin und her, stürzendes zu haufen oder durch einander u. ä. (vgl. 15, d): daʒ daʒ ertreich gêt wackelnd sam ein schef, beim erdbeben. Megenb. 108, 7; die häuser und dächer (in Pompeji) erschütteten sich an und an .. senkten sich jetzund auf die seiten, jetzund giengen sie herwider auf die ander .. Aventin. 194ᵇ;
die bäume (im winde) werden gehen die winke die wanke.
weim. jahrb. 4, 268 (s. V, 952).
zu haufen, übern haufen gehn, auf einen haufen zusammen, z. b. bei einer bauernprügelei am schlusz der fasnacht:
ein ander sie auf dem grind (kopf) umb laufen,
tisch, penk und stuͤl get als zu haufen.
fastn. sp. 385, 21;
dasz übern haufen gieng gar mancher tapfer mann (in der schlacht).
Opel u. Cohn 30j. kr. 279.
es gieng alles wild durcheinander, bunt durcheinander (II, 529, vgl. 33, i). bergmännisch beim sog. bruchbau, abbau mächtiger flötze, die man untergräbt, damit sie von selbst zusammenbrechen: entscheidet die beschaffenheit des hangenden, ob es geneigt ist (eigentlich sich schon neigt) zu bruche zu gehen oder nicht. Veith 119; fängt der bruch an zu gehn. 227; auch tiefer sinken überhaupt: wenn sich ein gehen des schachtes zeigen sollte. das. (anders zu tage gehen das.).
d)
was fällt, geht zu boden, zu grunde, auch unter sich, kurz unter: Ninive wird bald zu boden gehen. Tob. 14, 6, s. mehr II, 212, deutlich auch von den im kampfe fallenden (s. besonders aus Schertlin) und vielleicht davon ausgegangen, vgl. die tartsch gehn lassen u. 11, l; stöszet in noch tiefer in die helle, das er gar zu grund gehet. Luther 4 (1556), 28ᵃ. auch zu grund und boden: ist immer einer nach dem andern drüber zu grund und bodem gangen. Luther 8, 321ᵃ; dasz man nicht weisz wo hinaus (vor angst) und drüber zu grunde und boden will gehen. br. 3, 357, wie jetzt untergehen, eig. wie ein ertrinkender im wasser, ein gescheitertes schiff, die im eigentlichen sinne zu grunde gehen, auch zu boden, z. b. Bröseldieb, der ins wasser gefallen abwechselnd unter und auf taucht:
oftmals er auch zu bodem gieng
und kam widrum herfür gering (leicht).
Froschmeus. II, 6, 5, 97,.
wo denn zugleich das gehen recht im gegensatz zu dem sonst selbstwilligen gehen steht; unter ein eis (scholle) gehen, zu grunde, s. unter eis 4, eigentlich beim eisgang u. ä. (vgl. f a. e.). vgl. über bort gehen auf schiffen, über steuer gehen (eigentlich im kielwasser übers steuer hinaus und damit verloren), s. auch bunt über eek gehen II, 529, nl. over een kant gaan, in falscher richtung.
e)
das selbstwillige gehen von dingen tritt in manchen fällen besonders deutlich hervor, z. b. in enzwei gehen (s. entzweigehen), auch dän. gaae itu, eigentlich 'in zwei' stücke auseinander gehen (in zwei springen noch Wieland Amad. 1771 1, 179), z. b. das fasz ist aus einander gegangen Adelung, auch von einander gehen, fatiscere Henisch 1428, die erd, auch die blum geht von einander (auf) Aler 868ᵃ, schon mhd.:
dô sprach der küene Fulkêr:   ein fideler wil ich sîn.
ich kan wol gestrîchen   mit dem fidelbogen mîn.
swaʒ ich dâ mite erreiche,   daʒ muoʒ von einander gân.
roseng. 1524.
im gegensatz heiszt es auf einander gehn, eigentlich von zwei werkstücken, die z. b. der tischler leimt und die genau zusammen passen müssen, bildlich: meinet nun Lucas die statt Ephrem, so gehen die historien sehr geheb (dicht, genau) auf einander. Mathes. hist. von J. Chr. 1, 96ᵇ. geleimtes, gefügtes geht auch wieder aus dem leime, aus den fugen. übrigens, wie enzwei, 'in zwei', so auch in stücke gehen u. ä.:
wenn die glock soll auferstehen,
musz die form in stücken gehen.
Schillers glocke.
f)
auch zu scherben, trümmern, zu scheitern: die trumetter bliesen auf, sie strichen mit den spieszen zusamen, die giengen zu trümmern. Wilw. v. Sch. 159; ein glas ist am andern zu trümmern gangen. Frank spr. 1, 52ᶜ (zu trümmern springen 52ᵃ);
die ganze statt auch geh zu scherben.
Spreng Il. 492ᵃ;
dann würd es übel umb uns stan
und alls Teütschland zu scheitern gan.
S. Brant s. ⅩⅩⅩⅤⅠⅠᵃ Z.;
darumb werden sie drüber zu scheitern gehen.
Luther 4, 268ᵃ, eigentlich ihr schiff oder kahn;
so wird gott offenbar machen, wer gewunnen habe, und sie gestürzt werden und zu scheitern gehen.
139ᵃ;
hette er doch müssen .. zu scheitern gehen.
180ᵃ (vgl. scheitern gehn Schiller unter 10, c);
himmel und erde würde zu trümmern gehen.
Wieland 25, 80.
das gehen gewinnt aber da einen anklang von werden, in einen andern zustand übergehen (s. 21 a. e.). ebenso in verloren gehen (vgl. 8, k und nachher, es heiszt auch zu verlust gehen), kaput gehen, zu schanden, wie zu schanden werden: ohne hül und rettung zu schanden gehen. Philander 2, 51; deswegen bleibt sie doch eine gediegene princessin, wenn gleich die hoffnung ihres königreiches zu schanden gehet. Weise comöd. 172. auch verlustig gehen, persönlich: der früchte seines fleiszes verlustig gehen. Kant 4, 352. vgl. auch III, 1824 flöten gehn, pleite gehn, ist jenes nicht eigentlich nd. flêten (fleiten) gân, flieszen gehn, d. h. bei groszem wasser mit fort gehn? so hiesz es mhd. in ouwe, enouwe gân, eigentlich und bildlich (wb. 2¹, 454ᵇ, Lexer 2, 192), d. h. in der strömung mit fortgehn, verloren gehn z. b.:
sô môʒ dîn lant enouwe gân.
Roth. 1193 Rück.,
und auch verloren gehn kann daher entsprungen sein, denn was bei überschwemmung von habe u. ä. 'mit fort geht' (mit dem wasser), das ist verloren und man sieht es zugleich noch gehn, also ganz genau: es 'geht verloren'; vgl. auch unters eis gehn u. d a. e. in die brüche gehn, das man nun auf bruchrechnung bezieht, scheint eigentlich nd., in strafe fallen, s. Fromm. 6, 165. 169 (vgl. in strafe gehen 5, d a. e.). im 16. jh. in duchs, induchs gehn, von geld das einer in den bergbau steckt, als er dann einmal selbst die schmelzhütte besucht, versteht er endlich das latein der pochwerke dort:
sagen (ihm) all pochwerk 'baustu hie kuchs,
so geht dein geld induchs, induchs'.
Froschm. I, 2, 14 v. 136 (1, 114 Göd.), var. in duchs,
daher bei Henisch unter ducks 2; vgl. in caducas gehn (als lat. gedruckt): die memory will mir schier incaducas gehn! Garg. 154ᵇ (Sch. 285). auch in die fichten gehn, vor die hunde, s. u. hund 12 (auch Wieland bei Merck 1, 108, J. Paul 32, 80).
g)
ähnlich fällt es anderseits mit entstehen zusammen, herkommen, seinen ursprung haben (vgl. ausgehen, hervorgehen):
ûʒ iegelîchem vaʒʒe gât
daʒ eʒ innerthalben hât.
Freid. 111, 2;
aus Bethlahem wirt Messias geen.
fastn. sp. 802, 31;
der einen fladen machen wölle von fleische, der nem fleisch daʒ dô gê von dem lumbel. buch v. gut. speise § 86, zugleich mit dem praes. für das perf., wie bei kommen 17, d gleich herkommen, entstanden sein; speisz gieng von dem fresser und süszigkeit von dem starken. richter 14, 14; aus wes leib ist das eis gegangen? Hiob 38, 29; und er zeiget mir einen lautern strom .. der gieng von dem stuel gottes. off. Joh. 22, 1;
eim ungebruchten (ungeübten) ist gewon
dick schad usz seinem kriegen gon.
Brant moretus 484;
weintrauben so ganz volkommen und frisch, als giengen sie erst vom stock. Kiechel 280, kämen eben vom stock, vgl. 5, d. s. auch 15, h. 19, f.
h)
und noch anders werden dinge wie selbstwillig gehend behandelt (s. e), z. b. wenn ein erz durchs feuer musz, wolbemerkt musz, wie ungefragt, wider willen: so hat es auch mit etlichen unsern erzen die gestalt, das sie vorhin, ehe sie geschmelzt, etlich mal durchs feuer gehen müssen. Mathesius Sar. 59ᵇ; laszens (das krätzig) wider durchs feuer gehen. 63ᵇ. recht deutlich wie selbstwillig ist im spiel das knötchen, das um geht und wie der herr waltet. ähnlich die stimme geht herum, das abstimmen, die meinungsäuszerung: drauf proponirt diser president ein text (stelle) und liesz die stimm herumb gehn und höret was ein jeder darzu zu reden hette. Mathes. Luther 143ᵃ, von der art wie die bibelübersetzung gemeinschaftlich hergestellt ward. vergl. es geht reihe um 36, d, δ.
i)
ähnlich von festen dingen, die los gehn u. ä.: ihr haar, in zwei breite flechten geschlungen, die durch ihre schwere losgegangen und unter dem schleier hervorgedrungen waren. Schiller IV, 317, 30. so ein gelockerter stift, z. b. an einem strohsessel, geht von selbst heraus, eine leiste ab, ein schlosz auf, eine klappe zu u. s. w., anderseits will nicht zu gehn (oder blosz will nicht zu) u. s. w.
17)
Dabei schlich sich denn ein begriff ein und verwuchs mit gehen, der erst recht eigentlich jenes selbstwillige der dinge ausdrückt, der der möglichkeit, eigentlich der willigkeit oder unwilligkeit der dinge, wieder mit reicher entwickelung, dasz sich z. b. auch der begriff des nötigen einstellt (e).
a)
gewisse werkstücke gehen gut, leicht oder nicht oder auch blosz gehen, z. b.: der lasz sie (die form) von birnbaumholz also drehen, das man einen eisern ring daran schieben kan, der geheb (genau) daran gehet. L. Erker 8ᵃ, eben noch beweglich und doch fest; lasz dir ein solchen holen deckel machen, der geheb hinein gange. Ryff chir. 44ᵃ; 2 kufen verdeckt zu wasser, mit gelitten (gelideten, mit gelenken versehenen) panten, die halb auf gingen, das ein morterschaff (morter mörtel) dorein ging. Tucher baum. 303, 7, halb aufzumachen waren. auch ein deckel, der sich klemmt, geht nur halb zu oder nicht zu, eine kapuze, die zu knapp ist, geht nicht (ganz) über den kopf, ein stiefel, der zu eng ist, nicht an (den fusz) und der fusz nicht hinein u. s. w., im verdrusz auch: er will durchaus nicht an (vgl. unter 36, h) u. s. w., jenes schon mhd.:
sie zôch dene guldînen (schuh an)
unde nam (dann auch) dene silverînen schôch:
der gînc an den selven vôʒ.
könig Rother 2070.
der wagen geht nicht durch das thor Adelung, auch geht nicht durch. vgl. auch Gellert unter 8, c und: ich komme nicht in die stiefeln, mhd. er kumt kûme in zer tür V, 1646 m.
b)
das geht unmittelbar in den begriff des möglichen über, da es auch heiszt, mit folgendem inf. (vgl. 33, k): der stiefel geht nicht anzuziehen, der deckel geht nicht zuzumachen u. a., oder auch kurz es geht durchaus nicht, ist unmöglich. und diesz dann erweitert ohne ende, z. b.: ich wollte durchaus heute damit fertig werden, aber es gieng nicht (fertig zu machen); quäle dich doch nicht weiter, das geht nun einmal nicht oder so nicht, auch nicht so rasch u. a. s. weiter unter 33, l, auch unter 24, g was nicht zusammen geht.
c)
dann auch bejahend das geht, ist thunlich, möglich, schon im 16. jh. (s. auch 29, e): es kan oft einer ein ding, das er nit weisz .. versuͦchs so gehts. Frank spr. 2, 168ᵃ;
welch ein gedanke! kann Diana so viel wagen?
bei einer Venus, ja, da möchte so was gehn!
Wieland 10, 144;
wir haben auch in diesen tagen gelegenheit gehabt manches abzuhandeln über das was in irgend einer prosodischen form geht und nicht geht. Göthe 43, 10, brieflich. 'es ginge wol, aber es geht nicht', aus Berlin bekannt, nd. aus der Altmark bei Danneil 62ᵃ, auch im Göttingischen et ginge wol, awer et geit nich Schambach 59ᵃ. selbst mit der umfassenden formel gehn und stehn (s. 4, d):
bedenk, was gehn und stehen mag!
ich brauche wenigstens vierzehn tag,
nur die gelegenheit auszuspüren.
Göthe 12, 135,
d. h.: was menschen- oder weltmöglich ist, Mephist. sagt es, da Faust rasch ein neues schntuckkästchen für Gretchen verlangt; s. auch die entsprechende wendung es geht und steht u. 36, h, γ.
d)
auch von andrer seite her hat sich der begriff entwickelt. das zweite gehn bei Tucher vorhin, das ein morterschaff dorein ging, darin raum hatte, eig. darein gehn konnte, ist alt.
α)
mit in, hinein u. ä.: eine wittwe, die hette einen sun, der was tôreht ... und hieʒ in koufen ein pfennewert (für einen pfenning) oleyes in daʒ krüegelîn ... und gîng ouch nûwent (nur) ein pfennewert in daʒ krüegelîn ... siu gap ime daʒ krüegelîn vol, wann dô gîng nit me în. Germ. 3, 425; it. (in der städtischen volksküche in kriegsnot) 4 grosz kessel, da in iedem kessel bei 600 stück fleisch ein gien. Nürnb. chr. 2, 316, 10 (zu gien s. I, 5, d); in den groszen trock ... darein 24 züber gehen. Mathesius Sar. 125ᵇ; der spatz wirt mit eim mücklin gespeist, der stork muͦsz vil frösch und der löw ein ganz schaf .. haben, das grosz bedarf vil, in das grosz gehet vil. Frank spr. 2, 150ᵇ; den wein hat der kerl nicht gesoffen, ich habe ihn probirt, ich weisz was in ihn gehet (wie in ein fasz). Schuppius 28; das ganze (der welt) ging in euern kopf so wenig als in meinen. Göthe an Lavater 6 (d. j. G. 3, 14); von der metaphysik:
da seht dasz ihr tiefsinnig faszt,
was in des menschen hirn nicht paszt,
für was drein geht und nicht drein geht,
ein prächtig wort zu diensten steht.
werke 12, 96;
wenn die leute alle in die kirche gehn, gehn sie ja nicht alle hinein, sagt ein kind zur mutter sonntags auf dem kirchplatze (Münchner flieg. bll.). wie das von wirklichem gehn ausgegangen, zeigt z. b. das sprichw. es gehn vil gut schaf in einen engen stall. Garg. 97ᵇ (Sch. 171), vgl. u. käse 3. bemerkenswert: so viel in ein aug gehen kan, d. i. nichts. Rädlein 339ᵃ (s. u. galmei 1, b). auch bildlich, z. b.: es gehen nicht vil freund in ein haus Henisch 1435; es gehen vil armer leut in einen sack das.; spotts gehet vil in einen sack 1436;
der (eine) giebet rätzel auf, worein wol alles geht.
Fleming 166 (97 L.),
d. h. vieldeutige oder vielmehr die zweideutigsten; da es aber einmal nicht in unsern plan geht .. Göthe 17, 18 (wahlv. 1, 2), nicht hinein paszt, aufnahme erlaubt. auch ital. ci va von gefäszen, was hinein geht.
β)
mit auf, darauf (s. auch unter γ):
ein wagn mit waitz, drauf ein mut gieng.
Schmelzl lobspr. 89;
die versart könnte hexameter sein .. nur zu lang müszten sie nicht werden, damit sie auf die breite eines quartblatts gehen. Sturz 2, 33 (bestellung eines Helmstädter verlegers). ebenso aber mit unter, z. b. der kasten ist zu grosz, er geht nicht drunter (unter das bett), wie ein rock nicht mehr in den koffer geht, und im verdrusz heiszt es: er will durchaus nicht hinein, oder: er musz noch mit hinein, er mag wollen oder nicht; so viel holz geht nicht unter das dach Adelung.
γ)
auch mit an, von einem masze, d. h. seinem inhalt: eʒ sol menniclich .. daʒ fuoter verkoufen und geben bî einem rehten vierteil (der sehsiu?) gên an ein ster, oder bî einem vierteil, der ahtiu gên an ein ster. Meraner stadtr. Haupt 6, 423; auch mit auf: in Günzburg giengen 5 muttle auf 4 bairische metzen. Schm. 2, 653. dann auf gewicht, münzen übertragen: si (die perlen) gin ir 36 an ain garat. Nürnb. chron. 1, 101, 2 (zur form s. sp. 2391); eines phenninges, der ein phunt an eine marc gêt. Schwabensp. 311 G.; zwanzig böhmen oder sechzehn sächsische groschen gehn auf einen gulden. Steinbach 1, 539, was dann begrifflich zugleich umschlägt in: gehören zu einer mark, sind nötig.
δ)
ähnlich mit in, inne von bestandtheilen: von plastern .. da inne geent kostliche stugke zaffran, kampir und edele gummen. Frankf. apothekertaxe von 1461, Kriegk bürgerth. 73, hineinkommen (vergl. 5), dazu gehören.
ε)
mit an auch so: die gäste gehn nicht alle an ('n) tisch, tot convivas mensa non capiet. Weber 333ᵃ; ebenso nicht unters dach, nicht auf den wagen u. a.
e)
hier erklärt sich wol auch das merkwürdige gehen auf .., drauf gehen, von kosten, aufwand der erfordert wird u. a.
α)
wie z. b. 24 groschen o. ä. auf einen thaler gehn, so und so viel metzen auf einen scheffel, d. h. dazu nötig sind, dazu verwendet, verbraucht werden, darin verschwinden gleichsam ('aufgehen'), so dann von kosten, zubehör u. ä.: und gehet vil auf macherlon, wenn man hauben, gepreme und porten knippen, klecklen und klippen sol. Mathes. hochzeitpr. K 2ᵃ; wo aber .. die schöffen des selben peinlichen gerichts nit bei einander gesessen (wohnhaft) weren, also dasz auf ir zusammen bringen überiger unkost und verzug gehen würde. Carolina 73. das mag vom kornmarkte herrühren, z. b. auf dén scheffel (des käufers) geht viel, geht zu viel (korn), im munde des verkäufers, dann: da geht viel auf (eigentlich auf den scheffel) oder drauf.
β)
diesz drauf gehn dann auch von kosten, auf einen gewissen zweck: zum kosten, der auf das opfer gehet. 1 Macc. 10, 39; was jerlich auf die opfer gienge .. 2 Macc. 9, 17; sampt allem costen und schaden, die doruf gangen (auf unterhaltung des gepfändeten viehes). weisth. 4, 205; it. mer hab ich in .. verkauft .. 2 sawen von Ach .. und sol ausrichten (auslegen) was darauf geht gen Wien. Ott Ruland 32, d. h. was die lieferung bis Wien noch erfordert; was auf den wexel gangen .. 36 gld. Breun. v. Buch. 83, in der kostenberechnung für den herz. v. Würt. von seinen geschäften in London, 'was beim geldwechseln drauf gegangen ist'. nachher für verloren oder zu grunde gehn, genauer: sich aufreiben über einem verfolgten zwecke: sie (die katze) leckete aber so lange, bisz die zunge ganz darauf gieng. Olear. Lokm. 26; bis alles darauf gangen ist. das.; ihr geht drauf, wenns so fortwährt. Lenz 1, 221. etwas anders:
so gehts mit unsern herrn (liebhabern) in dieser schlimmen zeit,
es gehen zwanzig drauf, bis dasz ein halber freit.
Göthe 7, 51 (mitsch. 1, 3),
es kostet zwanzig, die uns verloren gehen u. ä.
γ)
doch auch mit über, z. b. vom ausmünzen: darzu für andern kosten und arbeit, so darüber gat, das sige (sei) mit salz, winstein, tiglen, münzisen .. und für andern kosten so darüber gon musz. Tschudi Schw. chr. 2, 158ᵃ, münzvertrag von 1425, da ist das ursprüngliche bild schon verwischt und geht verschwimmend in ein verwandtes über (vergl. übrigens u. 36, f, ε), jenes musz also beträchtlich älter sein. auch mit lassen: welche alle das ihre darauf gehen lassen. Olear. Lokm. 26, vgl. viel aufgehen lassen, bei festen z. b., schon mhd.:
der was von arte ein milter man.
mit dem (in folge dessen) sô lieʒ er ûf gân
swaʒ er gülte (einkünfte) hæte.
Staufenberg 60,
wo doch auch ein anderes bild vorschweben wird, in die höhe gehn (vergl. aufgehen 10), gleichsam 'fliegen lassen'? ähnlich in der stelle die Jänicke dort (altd. stud. s. 42) anzieht, wo eine alte das spinnen aufgibt, um besser zu leben, und das spinnzeug in die luft und weg wirft:
lâʒ ûf gân agen unde flahs.
lieders. 2, 642.
mhd. auch mit zuo: daʒ eʒ sô gar dar zuo gêt. Amis 547, alles dabei drauf geht.
18)
In manchen fällen ist die bewegung der dinge eine blosz scheinbare, ihr gehen ein blosz vorgestelltes oder gefühltes.
a)
z. b. von röhren, canälen u. ä., in denen das wasser geht, aber auch sie selber mit, obschon sie an sich liegen, ruhen: als ob ein brunne wære, von dem drû kener (rinnen) giengen. myst. 1, 284; wô abir die wassirborne in di gassen gên, dô mag das nicht gesîn. Ortloff rechtsqu. 1, 111, die rinnsale des brunnenwassers; do geet (für die städtische wasserleitung) ein gank, der in fels gehawen ist. Tucher baum. 186, 10 (s. gang II, 2); die wasserleitung geht durch die ganze stadt, geht bis in die höchsten stockwerke. ähnlich im körper (s. gang ebend.): ain gedärm gêt .. von dem magen ze tal .. die gerben (speisereste) gênt irn weg zuo der mistporten. Megenberg 32, 13. 17; alle sennen die gond von dem hirn von inne selber oder durch den grot (rückgrat). Gersdorf 2, zur sache s. u. geäder 4. so gehn die adern durch den körper, wie in ihnen das blut.
b)
im hause geht die thür auch in anderem sinne als u. 15, e: als man uns, nach empfang der gewöhnlichen christgeschenke, vor einer thüre niedersitzen hiesz, die aus einem andern zimmer herein ging. sie eröffnete sich .. Göthe 18, 8 (lehrj. 1, 2); man sieht nicht, nach welcher seite die thür aufgieng, aber das ist auch nicht gemeint, sondern die öffnung, die sie macht, genauer der weg, den sie eröffnet (vgl. gasse und engl. gate thor sp. 1446fg.). ebenso dann das fenster geht in den garten, schon im 17. jh., wol älter: die fenster gehen in garten. M. Krämer 519ᵃ, als weg für den blick, die hand, das licht (das da herein kommt); auch meine aussicht geht ins feld, aufs gebirge; selbst ein zimmer, d. h. eigentlich seine fenster: meine stube gehet auf die gasse, in den hof, auf einen garten. Rädlein 338ᵇ; das zimmer, in welchem der herr seine toilette machte, ging nach dem hof und war gerade so gelegen, dasz unsere freunde füglich hereinsehen konnten. Göthe 23, 111 (wand. 3, 8). schon mhd., aber sicher von je her:
hie gienc ein fenster durch die want,
dâ durch rahter die hant
und leit im ûf ein bret ein brôt.
Iwein 3303;
unterdessen nam ich eine spalte gewahr, die das küchenschälterlein hatte, welches in die stube gieng. Simpl. 1, 175 Kurz (2, 17).
c)
ebenso ein loch geht in die mauer, durch die wand, eigentlich für die hand oder den blick, oder auch nur für die gedanken:
nu begunde er suochen unde spehen,
unze daʒ er durch die want
ein loch gânde vant,
und ersach si durch die schrunden (spalt) ..
Hartm. arm. Heinrich 1230;
in dem sichts im ofen ein spalt,
darzu ein loch gehend hinein.
weim. jahrb. 6, 437;
fieng ich an jederman zu fragen,
wo die löcher zum goldberg giengen.
Froschm. I, 2, 14, 19 (1, 111 Göd.).
ein kellerloch geht tief in die erde, unter das gemäuer, grosze kellerräume gehen (oder ziehen sich) unter dem ganzen schlosse hin. ein gang (s. d. II, 1, f) geht um den hof des alten bürgerhauses, wie eine galerie um den schloszhof, also wie die treppe, brücke, s. 12, a. b. zwischen häusern: ein rîe ader ein ayzucht, dy zwuschen zwên nâkebûren gêd, dy sal nicht enger sîn wen drŷ schû. Ortloff rechtsqu. 1, 109, vgl. 706.
d)
wie aber ein loch in die wand, so geht ein balken, ein kragstein u. ähnl. heraus, obwol er ruht; z. b. von dachrinnen, knäufen: wer ouch rin (d. i. rinnen) wel legen, der sal sy alsô verne lâsze gên obir dy gasse, daʒ ein geladen wayn (wagen) zwuschen der rinnen waszerfal unde deme hûse moge gegên. Ortloff 1, 109, vergl. 706; is sal ouch nymant knoufe unden lasze vorgên (in die gasse). 109. schon mhd. für herausragen überhaupt:
zwên ebers zene ir für den munt
giengen wol spannen lanc.
Parz. 313, 23.
vgl. fürgehen 3, fürausgehen 2. auch weiter hervorragen, z. b. von häusern in der gasse: als er (der städtische baumeister) .. etliche kleine alte heuser .. abprach, der eins fur das ander ging. Tucher Nürnb. baum. 262, 32. ebenso hervorstehn, aber auch hervortreten u. ä.
e)
ebenso weiter gehn, so und so weit gehn, über etwas hinaus u. a. (vgl. u. h), wie jetzt, so schon mhd.:
alsô verre sô daʒ bette gînc,
ein wînrab iʒ al umbe vînc.
Alex. 5298 W.;
eʒ sol ouch deheiner man deheinen kurzern rock dragen, dann der fur die knie abe gêt. kleiderordn. v. Speier v. j. 1356, anz. d. germ. mus. 1856 sp. 201; sie trugen weisz scharlachen hosen, die giengen gerade drei finger breit über die knie. Garg. 281ᵇ (Sch. 530), wie noch der mantel geht bis ans knie, übers knie, das kleid bis an den hals u. s. w. auch wenn zwei ihre länge an einander messen: du gehst mir gerade bis ans kinn u. ä.; auch: er geht über alle, eminet inter omnes Aler 869ᵃ (wol auch geistig, vgl. 21, b), wie mhd. von einer riesin:
über alle boum sie gie.
Wolfdietr. 1423 H.;
der ris der gieng zu guter masz (bedeutend)
über herr Dieterichen u. s. w.
Sigenot 86, 3 Sch.
auch umgekehrt von knie und hosen, von der Schweizer tracht mit bloszen knien:
die knüw gond in durch dhosen.
Liliencron 1, 386ᵇ.
f)
die blosz vorgestellte bewegung ist besonders deutlich bei gehn von baugliedern, zieraten u. ä., die sich auch ruhend dem auge und gedanken zu bewegen scheinen; die befestigung von Tyrus wird geschildert, die mauern, turne:
danzwiscen gîngen de bogen.
Alex. 794 W.,
wie eine brücke von einem ufer zum andern (12, b);
ûf durch den palas einesît
gienc ein gewelbe niht ze wît,
gegrêdet über den palas hôch.
Parz. 589, 2;
ime (dem hunde) gienc umb sîn krägelîn
ein ketene diu was guldîn.
Trist. 398, 11;
ein straif müst umb das kuss (küssen) auch gan,
darauf so müst ein S auch stan.
fastn. sp. 213, 24.
hier, wie vorhin schon öfter, gilt auch laufen, d. h. die bewegung rascher gedacht oder in gedanken vollzogen.
g)
ebenso grenze, zaun, hag, mauer u. ä. 'gehn': andirsît dem wasser Muttelâ genant .. sal eine grenicze stên (grenzstein) und alsô tweres (quer) obir vurbas gên nôch eime trêboum .. dâr ouch eine gezeichente grenicze ist .. vurbas bî neben der roslache ûfwert zu gênde .. Gengler cod. jur. mun. 1, 713ᵃ, aus Danzig 14. jahrh.; die grenze geht auf dem grat der anhöhe fort 'wie kugel walzt und wasser lauft'. Schmeller 2, 287 (s. u. kugel 3, d). wie dort in Danzig stên und gên beisammen, so ähnlich in einer grenzbeschreibung der landmarch zwischen Wartenfelser und Wildenegger gericht im 16. jahrh.: und (die) Creizinger zeün steen auf dem rechten landmarch, geen abwärts bis an ain rain .. österr. weisth. 1, 165, die einzelnen markzeichen stehn fest (und müssen das), als reihe gehn sie. ein zaun, hag u. ä. geht um ein gebiet u. ä., auch mauer, mhd.: swâ mûren umb eine stat gênt .. Schwabensp. 145, 2 G.;
niden drumbe (um die bergfeste) gienc ein hac
mit boumen starc verworren.
heldenb. 5, 36ᵇ.
eine grenze geht mitten durch ein dorf u. ä.: furter den steinweg aus bis zu Furmans hoff, und ist von alters der wisthomb, das daselbs die oberkeit durch den hoff gee. weisth. 4, 584, d. h. die grenze der oberkeit, herschaftsrechte der grafschaft Dietz und Bielstein.
h)
ebenso aber das gebiet selber geht so und so weit, geht da und da an, aus u. a., vielfältig im rechtsleben: der selben vogtîe geriht vâhet an ûffen dem Crisbalz, dâ diu frîe grâfschaft von Lags ûs gât, unde gât unz ûffen den Furke und von dannen unz gên Sant Gothart u. s. w. Pfeiffer habsb. urk. 94; eins pfalzgraven gerichte und marke zue Bacherach und in den delen get an in der Putzbach, bisz in die bach zu Heimbach, und get dieselbe bach (acc.) usz bisz in des capellans hob u. s. w. weisth. 2, 216 (14. jh.); als verre als .. der kirch herren zu Bacherach zehenden get. 217, bezirk in dem er den zehenden erhebt; das sie deilen (weisen) ûf den eid, wô der wiltban ûʒ und ane gêt. 6, 396; es seind die bürger und lehenleut dem vogt schuldig gehorsam zu sein und den gefangenen helfen liebern (dem gericht überantworten), so weit die mark gehe. 1, 233, weiter nicht (vgl. k); und hörent in denselben kelhof gericht, zwing und penn, die als weit begriffen seind (einen kreis umspannen) als das etter und das dorf gant. 1, 260, d. h. dorfzaun und dorfgebiet; ein herr von Osterreich .. ist vogt als wit das ätter und das dorf gat. 264; als wit der begriffe geet. 536, auch 4, 573 u. ö.; das gericht zu Auerbach gee an dem Urbansklingen inwendig Zwingenberg und gee obendig Auerbach uf das hochbort. 1, 477. auch das geleite, geleitsrecht, wie vorhin der zehende: auch get unsers hern von Mentze geleide hie dissit Rins von Niderdale an den linpfad us bis gein der steinen brück obendig Menze. 1, 534. hinan gehen, reichen, sich erstrecken: wo aines gründ (grundstücke) hinangehn an ein holz oder wald .. österr. weisth. 1, 37, 27.
i)
ebenso dann das recht selber, zugleich rechtsbereich: da sal unser herr von Mentze aber mit einem ross riten in den Rin und sol werfen mit einem huphammer. als ferne er gewerfen mag, so fer get sin recht. weisth. 1, 534, vorher als ferre get sin gericht, vergl. 4, 572 fg. auch gebot, recht zu gebieten, gewalt gêt über u. ä. (vergl. 30, d gerihte), erstreckt sich, reicht:
ubir Egiptelant gêt sîn (Josephs) gebot.
gen. u. ex. 100, 21 D.;
mîn gewalt gêt sô wîte ..
Roth. 1562;
ubir daʒ mere gînc sîn reht ..
wîten gînc der gwalt sîn.
Alex. 98ff.
k)
hier erklärt sich denn zu weit gehen u. ä. in ausübung seines rechtes (vgl. 24, h), über seine befugnisse hinaus gehen u. a., denn z. b. der waidmann auf der jagd, der bauer mit dem pfluge soll nur so weit gehen, als sein bann, sein gebiet, seine flur geht u. dgl., es ist aus dem rechtsgebrauch in den des gemeinen lebens übergegangen. auch: so weit geht mein auftrag, weiter geht meine vollmacht nicht (die ich nicht überschreiten darf) u. ä.; sie fragte den herzog, ob er nicht vielleicht .. befehle im rückhalt hätte, die noch weiter giengen. Schiller VII, 313, 27. auch weit gehende, weiter gehende forderungen, zumutungen, anträge u. ä., die ins gebiet oder bereich des andern theils eingreifen, ihm zu nahe gehen (vgl. 27, e), zu nahe treten u. dgl. s. auch hoch gehn von pflicht 21, c. Das überschreiten, übertreten hiesz einfach gên über ..: also dick die über das gebot giengen oder füeren (verführen), also dick mag inen der meier vil hoher gebieten (d. h. busze). weisth. 1, 715, vgl. sp. 1812 (e) gebot überfaren, auch gekürzt 'über daʒ gebot' (gehend) schon mhd. sp. 1810 (e), wie noch kürzer darüber, d. h. mit übertretung des gebots.
l)
um aber vor der hand im sinnlichen gebiete zu bleiben, wie die grenze und ihr gebiet, so geht jede linie und fläche fürs auge wie für die vorstellung, denn nur sich bewegend können wir sie denken (vgl. 12, a); mhd. z. z.:
got, aller wîte und aller lenge ein umbegênder rinc.
Reinm. v. Zweter MSH. 2, 178ᵇ.
sich kreuzende linien gehen durch einander, divergierende aus einander, (dann auch strebungen, meinungen), gleichlaufende neben einander (παρ' ἀλλήλων), obwol da das unruhigere laufen beliebter ist (aber bildlich parallel gehen, doch s. auch daneben gehen 33, c). so auch ein striemen gieng ihm über den ganzen rücken, eine narbe quer übers gesicht u. a., vgl. ahd. strîmen (in holz und stein) gâende in strâʒo wîs Graff 4, 70. von gleichgehenden linien stammt vielleicht auch und zeugt dafür mhd. gelîche enein gân, ahd. gilîcho gân, überein kommen, 'identisch' sein, u. ä., nieht gilîcho gân differre, auch ze eine gân oder einis (eigentlich weges?) gân, s. Graff 4, 70, vielleicht von wagenspuren hergenommen, deren lauf man einst als bild für parallelen brauchte (Dief. 412ᵃ).
m)
wie vielfach das gehen eine gedachte bewegung darstellt, zeigt z. b. auch der rauch, der geruch gieng (oder 'zog sich') durch das ganze haus, der nebel durch das ganze thal, über die ganze wiese (hin oder weg), eigentlich von dem wege den er zuerst genommen (wie auch z. b. die erschütterung gieng durch das ganze haus):
der pitter rauch gât überal (hin, durch den wald).
Zarnckes priest. Johannes 1, 135ᵇ, 421;
dann aber auch von dem zustande wo er zum stehen gekommen ist. so dann vielfältig bildlich, z. b. ein zug von mismut geht durch sein ganzes leben, auch durch all sein thun und denken, wie ein streifen oder eine schicht gedacht o. ä.; wunderbar und ahnungsvoll geht durch jene schöne welt (der erzväter) noch ein anderer schrecklicher zug. Göthe 24, 215; es gehen doch züge von wildheit hindurch. 214; das ist ja ein lustiger ton! 'ja der geht durchs ganze buch' oder so gehts durchs ganze buch, auch blosz geht durch (oder durchweg, durchhin); doch das geht durchs ganze buch durch. Göthe 33, 93. daher ein durchgehender ernst u. ä.
19)
In andern fällen ist das gehen der dinge eigentlich nur zum theil sichtbar und ergänzt sich im vorstellen (im vorigen sichtbar und doch nur gedacht); zugleich ist es meist das eigne gehen der dinge statt ihrer träger 12, d.
a)
was z. b. einer dem andern weiter gibt, geht aus einer hand in die andre, von hand zu hand, wie z. b. feuereimer beim löschen, ein buch das immer weiter verliehen wird; das loos ist ohne unser wissen durch verschiedene hände gegangen. Gellert loos in d. lott. a. e.; die nicht todt sind, leben noch und reiszen und beiszen sich um ein kipfelchen erde, das aus einer hand in die andere geht. Zelter an Göthe 3, 274, i. j. 1822 am todestage Friedrichs d. gr. (s. dazu f a. e.); vergl. Luther u. 4, d von seinen schriften, die umbher gehen. auch vom schriftsteller selbst, d. h. in buchform: Plinius der jüngere .. saget .. er bedächte, welch ein groszes es sei, durch der leute hände gehen. Opitz poet. 56 Br. (bei Plin. ep. 7, 17, 15 nur dare aliquid in manus hominum). auch so: es geht alles durch seine hände, er bekommt alles in die hände, im geschäftsleben auch: er führt die aufsicht, als vertrauensmann. Adelung; vergl. 33, d.
b)
waare geht beim kaufmann gleichsam aus und ein, wie sie schon mhd. in die stat gât (12, d).
α)
gesuchte waare geht reiszend ab, eigentlich fort mit dem käufer aus dem laden, vom lager, aber auch blosz geht stark, hat starken abgang Ludwig 716, geht reiszend, geht gut oder schlecht u. ä.: swer wein auf tuͦt, und dunkt der kauf ze guͦt in (dünkt ihn der preis zu billig), so sol er in doch lâʒen gên, daʒ er in nicht hôher gebe (verkaufe). Nürnb. pol. 206; das buch geht ab, geht nit ab, vendibilis, invendibilis est. Schönsleder S 8ᶜ; F. in R. druckt jetzt den Messias und die geistlichen lieder, und weg gehen sie zwar nicht wie brod zur zeit der hungersnoth, reiszend u. stürmend, aber doch wie tägliches brod. Schubart an Klopst. in dess. briefw. 270; sind die (krit.) wälder so gegangen, dasz bald an eine neue .. ausgabe zu denken wäre? Herder lebensb. 3, 264 (werke III, xv S.), brieflich an seinen verleger. auch blosz das buch geht, verkauft sich, bleibt nicht liegen. das geht wie beim bäcker die semmel Frischbier 1, 78. 2, 59. dann auch der verkauf, das geschäft geht gut (33, c).
β)
auch vom preise heiszt es: wan das chorn get umb 3 lb. oder teurer, so mueszen drei person haben umb prot all wochen 30 dl. anz. d. germ. mus. 15, 199; wan daʒ chorn get umb 6 lb. das. 200 (anf. 15. jahrh.).
γ)
auch geht durchs land, im lande u. ä.: Nürnberger hand (arbeit) geht durchs ganze land. Pistorius thes. par. 8 no. 38; so gehet das scheibsalz im Inthal (d. h. das dort gewonnene) sehr weit, wie sich vil land des salz zu Halle in Sachsen erholen. Mathes. Sar. 125ᵃ; die Sonneberger spielwaaren gehn bis nach Amerika u. ä. ähnlich: auf geschnittenen steinen gehen köpfe unter dem namen des erstern (Pirithous). Winkelmann 1, 190, gehen unter sammlern um; die schrift geht unter dem namen des Cicero. Heyn. antib. 2, 19.
δ)
vom tollen fastnachtstreiben heiszt es:
knecht, maid und kint, als wuͤten wirt,
pisz man dem gelt ein wenig geschirt (zugesetzt hat)
und als das wider die juden get,
das dennoch nôch den ostern stet.
fastn. sp. 383, 22,
von pfändern die man zu den juden trägt (wider wie bei kaufen 2, b).
c)
so besonders geld (vgl. weiter h).
α)
es geht recht eigentlich von hand zu hand u. ähnl.: gelt gehet hin wie her Henisch 1431, 57; alles geld, was er einnimmt, geht ihm gleich wieder durch die finger, musz gleich wieder fort; es geht ihm viel geld durch die hände;
(unrecht gut) wie gewunnen, so verton,
wie es komt, so wider gon (gegangen, fort).
Murner narrenb. 80, 102;
do gent zwen pfenning ungelts hin.
Folz bei Göz H. Sachs 4, 160;
wie ich das geltli han empfangen,
als ist es wider anweg (d. i. enweg, s. sp. 2399) gangen.
fastn. sp. 847, 2.
β)
auch, wie gute waare (vergl. kaufmannsgut 2), von der geltung, die man ihm beimiszt, in curs sein, curs haben: mit sechs pfunden pfenningen, die denn gewonlich ze Zürich gänd. weisth. 1, 7, 14. jh.; swenne die munzmeistere nûwe pfenninge ûʒ werfen, sô sullen si di alden verbieten lâʒen. di mugen dannoch gên vîrzehn tage. Freiberg. stadtr. 38 (s. 262 Sch.); am besten geht der batzen da, wo er geschlagen wird. Felder sond. 2, 102, sprichwörtlich;
er (der pfenning) hat ein fel, als sei er zin.
'schweig, er ist gut und get gern hin'.
fastn. sp. 272, 18,
get gern hin, wird gern genommen, auch 'gut und gern';
dann koufent sie die münz an sich.
so gilt sie doch den alten strich,
wie sie ist zum ersten gangen.
Murner narrenb, 70, 22;
drumb gieng zu der zeit lauter gut silberne und güldene münz. Mathes. Sar. 162ᵃ. solche münze, auch waare, heiszt daher gangbar, älter gänge, s. d. 4, c und 5, waare auch marktgängig.
γ)
daher auch völlig gleich gelten unter den leuten, z. b.: dieses geld gehet nicht, non corre (hat 'curs'). M. Krämer 519ᵇ, noch im 18. jh.: die münze geht hier zu lande nicht. Ludwig 716, ist nicht gut, gangbar Heyn. antib. 2, 19; ein ducaten geht für voll; wenn sie (die bauern) einen herren anschmieren können, geht ihnen das für eine hochzeit. J. Gotthelf 19, 257, ist ihnen so viel wert, so kostbar. ebenso aber von anderem, auch menschen: und sal die masz (beim liefern des pflichtweins) gahn zwei jahr vor recht, und das dritte jahr mit genaden. weisth. 2, 467; so ferne gehet aber die gemeine regel für alle christen .. Luther 5, 408ᵇ; da gieng er nun ein volles jahr vor einen leibeigenen. Olear. pers. baumg. 4, 20, d. h. ohne es zu sein ward er so gehalten; mein sohn hat keine mittel genung, eine hohe allianz zu machen. zudem wer wolte alle die übelgeborne kinder (in unehe geborenen) vor die seinigen gehen sehen? Elis. Ch. v. Orl. 3 (1874), 249; sie geht noch für eine jungfer. Ludwig 715;
ein maid, die für ain junkfrau gieng.
fastn. sp. 495, 28,
zugleich doch: als jungfrau sich trug, kleidete (7, b). s. auch recht geht, ist in geltung 31, e.
d)
vorräte, die man aufbraucht, gehen weg, fort, aus u. a.: auch soltu dich haben gericht auf den werkgezüg, nemlich brechysen, hebysen .. bech, schwefel, salpeter .. alles dinges genug, dann es get vil hin weg, wan es dar zu kompt (ernst wird). mittelalt. hausb. 36, 14, vgl. 38, 11, in einer lehre für einen burghauptmann, zur vertheidigung. von wein auf lager (vergl. unter b, α): welher auftrager in dreien tagen, nâch dem und der wein auʒ gêt, den wirt oder den weinschenken nicht verriht (bezahlt) .. Nürnb. pol. 206. auch vom fasse selber: wer auch ein fasz weins aufthut und das dann wider fürstiesz (verspundete) ee es ausgieng, und ein anders gebe und schenket. das. 251. eigentlich von dem bleibenden vorrate, der gleichfalls in einer bewegung, einem gehen ist: mein wein geht auf die neige (dann auch das geld u. a., der tag aber zur neige), geht zu ende (vgl. u. 32, a), wird mir bald ausgehn; die vorräthe von gelbholz gehen sehr zusammen. Weserzeitung 1859 sp. 4911, auch der platz (in den wagen) gehe sehr zusammen Göthe 18, 251. auch auf das gefäsz übertragen, wie u. 14, c ähnlich:
dein meid hat nichts im ganzen haus,
denn ein ölkrug, der nit geht aus.
Culman spiel v. d. wittfrau 261, bei Tittmann schausp. 1, 147.
aber auch licht, feuer, geht aus, erlischt (geht an, d. i. auf, in die höhe).
e)
ähnlich und doch anders zins u. ä. geht, eigentlich geht ein (vgl. unter 21, a Garg. 89ᵇ), wird eingebracht ins haus (wie noch gelder eingehen u. ä., vergl. einkommen), dann aber begrifflich erweitert zu dem regelmäszigen eingehen und der pflicht dazu, also aus dem sichtbaren ins gedachte: der tribut, der dahin ging (nach Rom, aus Europa). Herder id. 4, 220; wie viele summen gingen nach Rom. 222. mhd.: dâ sint ouch ander hofstette, die lêhen sint von Nûwenburg, von dien ouch enkein zins gât. habsb. urk. 99, 14; der cins .. sô von dem guot gât unser kilchen (dat.). Hotz Züricher urk. I, 5; drî schock Frîberger groschen u. s. w. alse der cins von aldere gegangen hat unde furbaʒ gehin sal. cod. dipl. Sax. II, 2, 166; einem herrn abbt gant jerlichs von dem kelhof .. zins uf s. Martistag 32 und im dritten jar 31 malter kernen u. s. w. weisth. 1, 260; söllen si den zins bringen, als vil us dem guͦt got. 407; item 1200 gangfisch gond ab den nidern fachen under Gottlieben. 4, 417, sind vom fischfang an den bischof von Constanz zu entrichten. noch jetzt z. b.: ein stück feldland, wovon jährlich 11⁄8 spint roggen an die rentei .. geht. Weserzeit. 1843 sp. 3033. ursprünglich auch deutlicher heim gên: wir grâfe Götze genant von Tüwingen verjehen, daʒ wir verkouft hân zehen malter dinkels, die uns ze (d. h. als) vogtreht ûʒ dem hofe ze Stamm heim giengen. urk. von 1328 bei Schmid pfalzgrafen v. Tüb. s. 135, eigentlich ins haus kamen.
f)
ähnlich auch und doch wieder anders zu lehen gehn.
α)
zu lehen, d. h. als lehen, das ursprünglich gedacht ist als von und zu dem herrn und seinem hofe, gute gehend (vergl.γ). das verfallene, erledigte lehen oder ein auf zeit verkauftes gut gêt heim, zurück an den herrn (vgl. von zins vorhin, von gewinn unter g): wan er also von tode abgaͮt .. so sullen uns die vorgenant kirchensetz .. und Eschingen daʒ dorf .. als unser reht aigen wider zuͦ unsern handen gefallen und haim gangen sin. monum. Zoll. 1, 492. 493 (15. jahrh.), wie noch jetzt heim oder anheim fallen, heimfall, im 15. jahrh. z. b.: dieselben (erledigten) stuͤle (in der kirche) solten der kirchen haim gefallen. Nürnb. poliz. 116. das verliehene aber get von dem herrn als (zu) lehen:
der königlichen majestat,
von der es alls zu lehen gat,
so (da) alls des reichs recht aigenthum (ist).
Liliencron hist. volksl. 2, 536ᵃ,
zugleich dann: geht aus, hat dort seinen ursprung (16, g); gleich wie herzog Hans keinen straft, in herzog Georgen land gesessen, an den gütern, so doch vom churfürsten zu lehen gehen. Luther 4, 336ᵃ (1556); der himel oder himelreich gehet nicht zu lehen vom keiser. wider Hans Worst J 4ᵇ, Dietz 2, 45ᵃ; das sein (Paulus) apostelampt nicht ist zu lehen gangen von menschen. das. (auch schr. 6, 219ᵃ mit zu, wonach unten VI, 538 zu bericht.), als lehen ausgegangen, das perf. macht die ursprüngliche vorstellung deutlicher.
β)
nachher aber auch, eigentlich misverständlich, vom belehnten selber und seinem verhältnis zum herrn: einem zu lehen gehen (auch rühren), clientem esse alicujus Frisch 1, 596ᶜ. das misverständnis ward vollständig mit bei jemanden zu lehen gehen, dessen lehnsmann sein u. s. w. Adelung 2, 1984, als zum empfang des lehens gedacht (der doch nicht lehen heiszt), die nun geläufige wendung: könige selbst sah man zuweilen bei ihren unterthanen zu lehen gehen. Schiller IX, 231, 21, wo das sah die neue vorstellung als durchgebrochen zeigt, während in zu lehen nehmen, übertragen 233, 7, 16, tragen Tell 2, 2 das alte zu (als) noch vorliegt. das wesentliche der änderung liegt übrigens darin, dass die uralte und einst durchgehende vorstellung von dem gute als der eigentlich lebendigen einheit verloren gieng, die sich nun auf den inhaber übertrug. aber auch bei Frisch 1, 596ᶜ noch: ein lehen, das auch auf anverwandte geht, ein umgehendes, ein durchgehend lehen, wie jetzt noch ein gut in andre hand übergeht, von hand zu hand geht (s. a a. e.), vergl. mhd. von einer gâbe, schenkung: eʒ mac der man, dem diu gâbe gegeben ist, verwürken wider jenen der si im dâ gab, daʒ si im slehtes ûʒ der hant gêt. Schwabensp. 22, einfach wieder ihm 'verloren geht', worin das gedachte selbstgehen der sache recht deutlich ist. morgengabe geht heim, wird fällig, ist heimzuzahlen o. ä.: morgengabt ainer ... so es zu fallen kombt, so gehets demselben, welchem die morgengab geben ist, nur halbe haimb und der ander halb tail bleibt den freunden (verwandten), die gefertigt (die urkunde mit ausgestellt) haben. österr. weisth. 1, 38, 28.
γ)
die ursprüngliche vorstellung liegt uns auch noch vor in folgender wendung, die dem alltagsleben angehört:
Terzky (zu Wallenst.) gönn' ihnen doch das fleckchen land, gehts ja
nicht von dem deinen!
Schiller Picc. 2, 5.
und eigentlich dasselbe, noch näher im sinnlichen, ist:
Kuoni (zu Rudenz). ich brings euch, junker — trinket frisch! es geht
aus einem becher und aus einem herzen.
Tell 2, 1,
zugleich: man trinkt hier aus einem becher.
g)
und noch anders von habe und einkommen.
α)
das heim gehn, eingehn von zins und lehen (e. f) auch von früchten, die vom felde u. ä. eingebracht werden, 'einkommen' ins haus, dann auch von anderem ähnlichem gewinn:
si schatzent armer pfafheit abe
ir nar .. daʒ kumt in alleʒ heim.
Frauenl. spr. 343, 20;
ir vürsten, ir sult wachen (für das wol des landes) ...
eʒ kumt iu heim an ritterlîchen sachen (bei fehde).
329, 10,
gewiss ebenso heim gân. so wider gân oder komen von der aussaat als reifer frucht (vgl. lat. reditus, franz. revenue):
der milte (gen.) lôn ist sô diu sât,
diu wünneclîche wider gât
dar nâch (nach dem wie) man si geworfen hât.
Walth. 17, 4;
ir kom (praet.) ouch kûme der sâme wider.
Parz. 214, 25.
β)
daher dann auch noch zu nutzen, zu gute gehn, als gewinn eigentlich ins haus kommen, dann allgemein zu theil (d. h. als theil) werden: wodurch ein theil des grund und bodens wieder gewonnen werden und den einwohnern zu nutzen gehen würde. Wieland 20, 257; der schuhflicker .. läszt dem staate abends wieder zu gute gehen, was er an den füszen .. verdienet hat. Weisze kom. op. 2, 154 (lustiger schuster 2, 5), wie wieder auch zu gute kommen, s. V, 1644; bemühungen des vergangenen jahrhunderts, welche nunmehr der ganzen nation ... zu gute gehn. Göthe 45, 142; es soll dir zu gute gehen, zum besten angerechnet werden, du sollst es gut behalten Adelung. schon mhd., z. b. im 15. jahrh.:
is gehe mer (mir) zu schaden ader zu fromen.
Alsf. pass. 3191;
doch stellte sich dabei auch die vorstellung des ausganges ein, vgl. 29, c; s. auch 11, n und schade geht mir aus .., kommt her, entsteht Brant unter 16, g.
γ)
alt ist wol auch, bei vertheilung, z. b. bei erbtheilung das vermögen geht in gleiche theile, geht in zwei theile. dän. von dem erben selber gaae i lige arv, zu gleichen theilen erben, vgl. zu erbe gehn, mit erben 9, m.
h)
wie aber waare, geld von hand zu hand, so geht auch eine rede, sage, gerücht unter den leuten um, im dorfe, lande (vgl. 31, d hunger so), eigentlich von mund zu mund, von haus zu haus, auch blosz gehn: fama volat, es got die mer, es schilt usz. Melber i 2ᵃ (Dief. 224ᵇ);
nun gingen umb die zeit die mer,
wie das zu Rom ein meister wer u. s. w.
H. Folz bei Haupt 8, 517;
das gemein sprichwort gehet, es sei besser .. Aimon o 1; es gehet ein gemein geschrei, das hurerei unter euch ist. 1 Cor. 5, 1 (da gieng eine rede aus Joh. 21, 23); es gehen itzt rede und geschicht unter dem pöfel wider das sacrament. Luther bei Dietz 2, 44ᵃ; es gehet ein höfliche rede in den hütten, der herr Christus sei auch ein schmelzer gewesen. Mathes Sar. 147ᵃ; wie das gerücht, die sage geht wird einer mittheilung als quelle zugefügt (s. dazu auch 31, d);
das höret nachbar Hans, die sage gehet weiter (im dorfe),
und man erzählt von haus zu haus,
der kleine Töffel geht nach Böhmen mit hinaus.
Lichtwer fab. 3, 4.
so geht ein name durch die welt, durch den mund der leute u. a.:
auch in des freundes ohr, der dort von ferne steht
und merkt, dasz so sein nam je mehr je ferner geht.
Logau 3, 217.
auch umgehn, umbe gên im lande:
sô daʒ ir lop in dem rîche umbe gêt.
20)
Denn auch töne gehn (und tonwerkzeuge), rede, worte u. ä. auch für sich selber, in eigner bewegung gedacht. vgl. auch es geht 36, d, ζ.
a)
töne, musikalisch:
der (meister) lârtin wol musicam
unde lârtin di seiten zien,
daʒ alle tône dâr inne gien (giengen, s. sp. 2391).
Alex. 210;
der dôn von rotubumbes,   tambûr und von busîne,
die giengen alle krumbes,   si muosten von gedrange lîden pîne.
Tit. 4049, 2,
vergl. ganz sinnlich es gat her oder hin clingen (der tanz, gesang) teufels netz unter 36, d, α. ζ, 'klingt daher';
wenn ich ein vöglein wär! so geht ihr (Gretchens) gesang
tagelang, halbe nächte lang.
Göthe 12, 174;
stimmen gehen durch die nacht,
singen heimlich von dem bilde.
ein tanz geht so und so, zugleich die weise und das tanzen (vgl. 36, b, γ, Arndt unter 33, e):
fiedler, fiedelt nicht so lahm ...
polisch musz hübsch lustig gehn,
dasz die röcke hinten wehn!
Voss ged. 1802 2, 56, 1825 3, 97 (reigen).
aus welchem tone geht das stück? Adelung, jetzt auch mit in, es geht in e-moll u. ä., geht aus e-moll in g-dur über. wie geht nur die melodie? ich weisz nicht, wie sie angeht. vgl. von spielleuten das spil geen laszen 11, i und Spee dort. auch s' gsang geht nit, discordat cantus, haeremus, haeretis Schönsleder T 3ᵃ, die music, der gesang geht nicht, absurde canitur etc. Aler 868ᵇ, aus dem munde des dirigenten.
b)
aber auch die posaunen, trommeln, pfeifen, glocken u. a. gehn selber, wie die geschütze auch selber statt ihrer geschosse (s. 14, c); z. b. von sturmglocken beim nahen des feindes:
vil manich man fur Braunschweig kam,
do gingen die glocken den bam den bam.
Liliencron 2, 325ᵇ;
wenn die posaune des erzengels gehen wird. Luther 5, 506ᵇ; da gehet die drummel, hie die drometen. ders. bei Dietz 2, 45ᵇ;
allwo die trommeln und die pfeifen gehn,
da ist viel tausend freude zu sehn.
ungedr. hannov. soldatenlied (L. Erk);
juchheisa! heisa! he!
so ging der fiedelbogen.
Göthe 12, 54;
die geige geht schön Frisch 1, 330ᵃ, die pfeifen gehen wie flöten, klingen Adelung; man hörte die orgel gehn;
da gehn die morgenglocken.
Eichendorf ged. 16.
auch von den mühlrädern (vgl. u. 15, a), dem wagen, dem pfluge und ihren klängen, wo doch das klingen mit dem wirklichen gehen noch eins ist:
mühle, geh du deinen klang,
ich (der handwerksbursch) will gehen meinen gang.
Haupt 4, 512;
die mühle geht klipp! klapp! oft in kindersprüchen, märchen, s. unter klippklapp 2, auch unter 1 von meidlein, die mit den pantoffeln klipp und klapp gehn (16. jahrh.). der pflug geht kirkar, knarrt, die schwalbe erzählt von ihrem leben:
darnach wenn der pflug kirkar gieng,
ich das nach zu singen anfieng.
Rollenhagen froschm. Aa 2ᵃ (II, 2, 6, 85).
die wiege (nd.) geit krick krack Simr. kinderb. nr. 151 (s. unter krack! 1). das glas gieng krach! zerbrach, s. auch es gieng krach! 36, d, η.
c)
geradezu für klingen (wie es Adelung u. a. angibt), auch von wort und rede u. a., schon mhd.; nicht blosz vom ausgehen aus dem munde oder eingehen ins ohr:
nieman lebet sô siecher,   im möhte wol gezemen (gefallen)
hœren sîne (Horants) stimme,   diu gêt ûʒ sînem munde.
Gudr. 383, 3;
(herren) us deren mund kein gut wort gat. Keisersberg brös. 2, 73ᵃ; wenn diesem jungen menschen nur ein wahres wort aus dem munde ginge. Göthe 20, 16 (s. auch 36, c, ε);
schrîet, daʒ mîn smerze
mîner frouwen herze
breche und in ir ôren gê.
Morungen minn. fr. 146, 9
sondern auch vom klange für sich:
dâ saʒ ir megde eine,
geheiʒen ouch Elizabêt,
als ouch der frouwen (herrin) name gêt.
heil. Elis. 8894;
mîn sanc gât dir vür din ôre (vorbei).
MSH. 1, 154ᵇ;
dann so er sicht den pfeningsack,
der gat im ouch dick umb die oren,
durch den er worden ist zuͦm doren.
Brant narr. 52, 9,
d. h. er musz ihn oft hören (als vorwurf), der mann der eine reiche frau genommen hat; uf disse red sol ein büchsenclapf, als ob es ein tonner wäre, usz dem himel gan. Mones schausp. d. m. 2, 248, bühnenweisung. vom klang einer sprache: die teutsch sprach, und voraus die sächsisch und niederländisch, vergleich sich fast (sehr) in allen dingen griechischer zungen, gehet fast auf die griechischen art. Avent. chr. 25ᵃ, d. h. von urverwandtem 'anklingen'. worte gehn, z. b. beim handeln auf dem markte, s. Frank unter 15, i.
d)
auch vom wortlaut, inhalt z. b.
α)
eines eides: und der eit gêt alsô (er hat zu beschwören), daʒ im derselbe man schuldic sî u. s. w. Freib. stadtr. Schott 3, 158; alsus geit der eid, den der burgermeister mid sinen kumpanen thun sal zu dem rathe. Leipz. stadtb. 14. jh., mitth. d. deutsch. ges. 1, 114; so bidde he enes ordels to lenrechte, wo (wie) sin ed gan scole. richtst. lehnr. 10, 7, Hom. Ssp. II, 1, 437; vergl. die urteil gen hören 30, c. eine geschichte:
ein histori in persischer sprach ...
geht von eim türkischen soldan,
der nam u. s. w.
Ayrer 1855, 17.
noch jetzt wie geht die geschichte an? oder weiter? oder aus (zu ende)? aber auch blosz gehn z. b. von dem wortlaute eines liedes, auf das man sich nicht gleich besinnen kann: wie geht das lied gleich? wie von der melodie u. a, schon mhd.: auf disses sang man aber ein gut lied von frauwenzuchten .. das lied ging also (folgt der anfang). Limb. chron. 23 R.
β)
früher auch vom zeugnis, urtheil, klage u. ä.: weil euer zeugnis so gut von ihm gehet. Luther br. 3, 149, lautet, doch zugleich mehr innerlich, dem inhalt nach, wie vom urtheil, jetzt ergehen, eigentlich ausgehen, in wirkung treten, zur geltung kommen (s. u. 30); das urteil gon laszen, judicium facere. Maaler 189ᶜ; ein richter:
darumb sprich ich das zum rechten (als recht),
das ir pald sollet umb sie fechten ..
nit anders sol mein urtail gan.
fastn. sp. 392, 19.
klage geht, ergeht, vor gericht, wird vorgebracht:
da manche klag nun war gegangen,
thet Reinicken auch anefangen,
entschuldigt sich ..
Reinicke fuchs 1583 J 4ᵇ.
γ)
so geding, bedingung, vertrag: darnach sol unser geding also gehen .. die weiszen schaf und was u. s. w. sol dein sein, was aber bunts geboren wird, sol mein lohn sein. Luther bei Dietz 2, 33ᵇ.
δ)
noch anders vom dichterwort und seiner wirkung:
so solltest du ein wort von meinen händen lesen,
das auch dem donner würd' an wirkung gleiche gehn.
vergl. gleiche gehn anders Fleming 24, g.
e)
ähnlich und doch wieder anders im schulgebrauche: das wort geht nach der vierten (declination), richtet sich nach ihr, vergl. u. 24, f; tradere geht wie reddere u. ä.; das ist gewiss alt, obwol es im schreiben gern als zu gewöhnlich gemieden wird: wie etliche (zeitwörter) gar auf zweierlei art gehen, kan aus dem folgenden register gesehen werden. J. Bödiker grundsätze der teutschen sprache, h. v. Frisch (1729) 145; die regelmäszige (conjugatio) ist in den verbis, so nach der gemeinen art gehen. 131, und wie das gedacht ist, zeigt ebenda: die anomalische ist in verbis, die von der gemeinen art abtreten, ihr nicht 'nachgehn'; nachstehende verba gehen eigentlich nach der ersten schwachen. J. Grimm gramm. 1, 885 (1822). ein wort geht stark, schwach heiszt es nun auch.
21)
Überhaupt geht der begriff der bewegung dabei so manigfach aus dem sinnlichen oder sichtbaren ins gedachte, unsinnliche, nur empfundene über, dasz es unmöglich ist die fälle zu erschöpfen.
a)
der verschiedene wert z. b. wird nicht blosz nach der rangordnung beim öffentlichen aufzuge vorgestellt als ein vorgehn, nachgehn (7, e), sondern auch mehr begrifflich als ein auf und ab steigen wie auf einer leiter oder stiege, ein auf und ab gehn; ein leichtsinniger z. b. singt von seinen schulden:
die parschaft mein,   was mir gaht ein (s. 19, e),
zahl ich nicht bald (d. h. gleich) zu zeiten.
die fahrend hab   gaht auf und ab,
ich habs auf andern leuten.
Garg. 89ᵇ (Sch. 154),
d. h. ich warte die beste zeit ab, weil der geldwert steigt und fällt, wie jetzt die actien u. ä. im börsenzettel hinauf und herunter gehen; dort wird aber die alte vorstellung vom glücksrade (vgl. 33, b, γ) dahinter stehen:
geluckes rait geit up unde neder.
Hagen cöln. reimchr. 1769;
vergl. von getihtes lop (ehre und ansehen der dichtkunst), das muoʒ abe gân Konr. Parton. 74, sinken, 'herunterkommen' aus ungunst der zeit. s. auch 36, d, β es geht auf und ab.
b)
in demselben bilde: eins geht über das andere, an wert, bedeutung, kraft u. a., z. b.:
ja, übers leben noch geht die ehr'!
Schiller Wallensteins lager 11. sc.,
vgl. u. 7, e ehr gehet für gut (16. jahrh.), eigentlich: weiter als das gut, ragt noch vorn darüber hinaus (vgl. Reinmar nachher), also eigentlich anders als mhd. vor dem guote ebenda;
und des kammes geruch ging über nelken und zimmet.
Göthe 40, 170,
war noch köstlicher, nd. wol rukende boven alle cinamomen Rein. vos 4969; es geht nichts über ein paar pantöffelchen von so feiner, schöner arbeit. 29, 169 (lehrj. 5, 5); ich sah ganz anders, ich sah mehr als sonst, und was über alles geht, ich sah was ich noch zu tuhn habe, wenn ich was sein will. d. j. Göthe 1, 36, was das höchste ist, am höchsten steht u. ä.; auch mit dat. der person:
es ging ihm nichts darüber.
Göthe 1, 187,
wie das geht mir über alles, das steht mir über allem, steht mir höher u. ä. übrigens auch anders als preisend, z. b. das geht übers bohnenlied (s. d.), über die hutschnur, über die pappelbäume (hess.), über die bäume, über die puppen Frischbier preusz. sprichw. 2, 59, über den besenstiel (thür.), ist zu arg o. ä.; das geht über alles da gewesene, an keckheit, ist unerhört, überragt alles, vgl. von wirklichem überragen u. 18, e. mhd. für daʒ zil, über das ziel und masz hinaus:
ich erkante (habe kennen lernen) mâʒe vil der sorgen ê,
disiu sorge gêt mir für der mâʒe zil.
Morungen minn. fr. 138, 8.
c)
auch die pflicht u. ä. geht hoch, wie an einem gradmesser abgemessen:
mein groszer freünd, bedenket,
was wir den eltern doch zu leisten schüldig sind,
wie hoch geht unser pflicht!
Rist Parn. 643.
vergl. so weit geht meine verpflichtung nicht u. ä. 18, k, ein erstrecken nach vorn statt in die höhe.
d)
ein weit gehen ist auch folgendes ganz begriffliche gehn in ganz sinnlicher fassung: seine schulden gehn in die tausende; die sprache dieses theiles (von Cronegks lustspiel) geht beinahe in das erhabne. Gellert (1839) 8, 101, das erhabne wie ein gebiet vorgestellt, in welches die sprache hinüber tritt, hinein geht; die theilung des raumes geht ins unendliche. Kant 8, 491; daher sie bei allem anschauen der natur, ja nachahmung derselben, ins abenteuerliche gehen. Göthe 44, 232, die altdeutschen künstler, eigentlich ihre kunst; die vermehrung der herden ging ins unendliche. 24, 213, wie eine linie, die sich da verliert; eine ins grosze gehende anstalt. 17, 71 (wahlv. 1, 6); das geht mir ins unglaubliche, was einer erzählt, ins bodenlose, auch mit kraftwort ins aschgraue u. ä., auch das geht über meine kräfte, meine begriffe, meinen horizont, das fasse ich nicht. dem ins abenteuerliche gehen entspricht schon älteres, z. b.: Xantus ward betrübt von den worten und gedacht von erst in im selber: weder gond díe in die aberwitz? oder ich? Steinh. Äsop 17ᵃ, betreten den bereich des wahnsinns (vgl. dazu 25, b).
e)
ähnlich und doch anders mit über, z. b. da geht der witz (der zu weit geht) in unsinn über, auch sinnlich, sichtbar, fühlbar das rot gieng unmerklich in blau über, die dämmerung gieng schon in dunkel, in nacht über, die wärme in hitze, seltner ins blau, in die nacht, während beim vorigen der art. nie fehlt; vergl. im 16. jh.: der mund und die augen gehndt in ein gällische farben. Parac. 1, 517ᵃ, beim gallenfieber (jetzt fällt ins gelbe). am ende aber geht der witz auch in unsinn auf oder unter. man sieht aber da, wie vorher schon öfter, dasz endlich jede veränderung als eine bewegung vorgestellt wird, diese aber als ein gang; s. z. b. unter 16, f.
22)
So geht denn auch die zeit, diesz gefäsz aller veränderung; schon goth. anagaggan ἐπέρχεσθαι Eph. 2, 7 (vergl. unter b). von den dingen in der zeit s. 35, a, auch es geht 36, e.
a)
wie sich das sinnlich selbst darbot, zeigt z. b.:
swanne der winter abe gînc
unde der sumer ane gînc (seinen gang antrat).
Alex. 5094 W.
so geht die sonne (13, g) und mit ihr das jahr, aber auch der tag, wie mit mond und sternen die nacht, mit den sonnen aber die jahre, die zeit; z. b.:
des (der gefahr) erlât mich disiu liebiu naht ...
dâ nâch gêt ein swære tac ..
Iwein 7411,
jetzt kommt (heran, an uns), mit gêt ist die bewegte reihe an sich gedacht. vom ablauf des jahres:
her, ich (Parz.) erkenne sus noch sô,
wie des jârs urhap gestêt
noch wie der wochen zal gêt.
Parz. 447, 22.
die zeit geht rasch, langsam (auch schleicht). vgl. kommen und gehn V, 1631, 'das jahr kommt und das jahr geht' gleich jahr ein jahr aus Pestalozzi 3, 312, vgl. mhd. ein umbe gêndeʒ jâr, d. h. ein ganzes jahr (vgl. lat. annus vertens, griech. περιπλομένων ἐνιαυτῶν):
daʒ ich sie (in der ehe) maget wolde lân
und kiusch ein umbe gêndeʒ jâr.
Heinr. v. Fr. Trist. 1079.
b)
gewöhnlich mit ausmalenden zusätzen, z. b.: wenn die nacht hergehet. Luther 4, 310ᵇ;
in (während) der red ging daher die nacht.
Teuerd. 45, 88;
es get ein frischer summer daher.
Uhland volksl. 79 (kumt 378);
es get ein frischer sommer herein (ins land).
27, 63;
dieweil herzu geht die kampfstund.
Ayrer 2009, 2;
es geht daher die morgenröt.
H. Sachs III, 1, 6;
nun geht der hauszins auch daher (der termin zum zahlen).
IV, 3, 35ᵈ.
den beginn bezeichnet auch an:
eʒ geet ein kalter winter an,
eʒ geet ein kalter winter her.
Haupt 5, 417,
mhd. nu gienc ouch diu naht an Iw. 3904, eigentlich an den himel, noch im 15. jahrh. als formel erhalten: der banwart sol ûf stân, sô der tag an den himel gât. weisth. 4, 278, d. h. wie die sonne, auch dô der tac ûf gie Iw. 4820. jetzt nur begrifflich gefaszt das jahr geht an und aus, auch zu ende, mhd. auch:
dô di zît vollengînc.
Alex. 5188.
c)
das verstreichen der zeit (streichen rasch gehen, reiten u. ä.) heiszt hin gehn, d. h. eigentlich von uns fort, in den hintergrund, auch dahin: mach dir die zeit nütz, oder sie geht wie der schat dahin. Frank spr. 1, 99ᵇ, aber auch daher, einher: die zeit geht daher, labitur. Aler 869ᵇ; mhd.:
daʒ ir der âbent wære   mit vreuden hin gegangen.
Gudrun 375, 3;
im gienc diu zît mit vreuden hin.
Iwein 3051;
alsus gêt diu zît von hin!
MSH. 3, 30ᵇ.
auch das gewöhnliche vergehn ist eigentlich vür gân (vgl. 34, e), d. h. an uns vorbei, auch mit acc. vür einen gân, daher auch einen vergân, an ihm vorbei gehen (noch nhd. einen vorbei gehn), nicht achtend, z. b.:
alsô vergie mich diu zît.
Reinmar 155, 25,
wie von der geliebten, die seiner nicht achtet:
zallen zîten fürht ich daʒ si mich vergê.
173, 36.
auch fürüber, d. h. zugleich über uns hin, wie eine hohe gewalt (vergl. von einem unwetter 13, f): thuͦ bald was du thuͦn wilt, dasz die recht zeit nit fürüber gehe. Frank spr. 2, 173ᵇ. vgl. unter 11, e eine frist, gelegenheit gehen lassen, unbenutzt verstreichen, jetzt vorüber (gehn) lassen. aber auch vom manne selber: gêt hê ubir daʒ hinwec (die gesetzte zahlungsfrist) unde leistet des geldes nicht .. Freiberger stadtr. 12 (Schott 3, 196), also die zeit, frist stehend und der mann gehend gedacht, wie sonst umgekehrt, und die zeit unter ihm, er über ihr, aber es ist ja nur ein zeitpunkt, er behandelt ihn eben nicht als hoch und grosz.
23)
Auch das ganze menschenleben wird als ein gehen behandelt, als ein gang in zeit und welt; vergl. lebensweg, lebensgang, bahn (s. unter 32, a), auch mhd. schon, ganz allgemein: die böume gelîchent den liuten, und die liute den böumen. unde dâ von sprichet ein heilige: sie gênt sam die böume. Berth. 158, 16 (Kl. 163), es geht mit ihnen wie mit den bäumen.
a)
als gang in der zeit, z. b.: wir gehen einer ernsten zeit entgegen, die aber auch auf uns zukommt (vgl. zukunft), sodasz sich beide auf einander zu bewegen:
so schleich doch unvermerkt, du sonst beliebte nacht ...
ich kan dir nicht wie sonst mit wein entgegen gehen.
Günther 631 (bei der wiederkunft der nacht);
ey! ey! da bist ja wieder (der frühling)! ..
und freun wir uns so herzlich,
entgegen dir zu gehn.
Schiller I, 271.
so geht der alternde ins alter (vergl. kommen 26, b), und das alter kommt auf ihn zu: daʒ dem pfärd sein zend weiʒen (weisz werden), wenn eʒ in daʒ alter gê. Megenb. 136, 31;
wen schir das alter her will gohn,
so hab wir frum zu werden zeit (die rechte zeit).
Ayrer 3169, 24.
man geht aus einem jahre, das man 'zurück legt', und in ein neues: in dʒ ander jar gon, annum secundum agere. Maaler 190ᵃ; da ich aus dem pennaljahr gangen. Schuppius 245, aus der schule kam; ich gieng dermals ins 25. jar. Mathes. Luther 62ᵇ; er geht nun in die achzig. auch mit an, von der annäherung an das neue lebensjahr: Diogenes. bist du in der kindheit gestorben? der schatten. ich bin an achzig jahre gegangen. Bodmer disc. d. mahl. 4, 2;
dasz ich, eh ich noch gar an vierzig jahre geh,
schon am gewünschten ziel so vieler greisen steh.
Canitz 261.
auch vom wachsthum (vergl. in die ähren gehn 15, g): in sein jugend oder sterke gon, aetatem juvenilem capere Maaler 190ᵃ.
b)
das ganze leben als ein gang, weg: gatten, freunde gehen zusammen durchs leben, den lebensweg;
das thränenthal durchgehn.
S. Dach 305.
auch ganz sinnlich auf der erde u. ä. (vergl. gân unde stân so 5, a):
wol hundert jar vorgangen sint,
das uff erden Abraham gingk.
Alsf. pass. 1761;
wolt ihr es besser haben, als die zwei allervornehmste männer, die jemals auf erden gangen haben? Schuppius 308;
er meint, die welt könnt nicht bestehen,
wenn er nicht thät drauf herummer gehen.
Göthe 13, 72 (fastnachtsp.);
vgl. auf der grube gehn, als wäre sie, wo man auch geht, schon unter den füszen:
wie wol ich uf der gruͦben gan ..
mag ich myn narrheit doch nit lan.
Brant narr. 5 überschr.;
denn ich, als der ich nu auf der gruben gehe, wil dis zeugnis .. für .. Christi richtstuel bringen. Luther 8, 174ᵃ; welchs ist ein zeichen, das sie (die welt) nicht lange stehen kan und gar auf der gruben gehet. ders. bei Dietz 2, 44ᵇ. auch einfach z. b. im Göttingischen dei geit nich lange mer, der stirbt bald Schamb. 59ᵃ (vgl. dazu 12, f):
herr, bleibet immer stark,
geht manches jahr gesund und langsam in den sark.
Rist Parn. 571.
auch auf rosen, auf kohlen gehn u. ä.:
und was hier stets auf rosen geht ...
das wird in dir (dem himml. Jerusalem) nicht leben.
S. Dach 308;
ich bin nicht allezeit in der welt auf rosen gangen. Schuppius freund in d. not 420 (55 Br.). auf kohlen gehen, spinas calcare, in summo discrimine versari. Henisch 1426, auch auf dornen u. ähnl.; auf eitel hohen spitzen gehen, per urbium pinnas ingredi. ders., gleichsam als seiltänzer, nachtwandler.
c)
auch im einzelnen, wie vom eintritt ins leben: diu erd enpfæht den menschen, wenne er des êrsten in die werlt gêt. Megenberg 106, 24 (meist kommen, s. dort 16, a), vom ausgang: ain mensch der ûʒ dirre welt gât. Grieshaber pr. 1, 25, vom ziele und ende des lebensweges, früher auch faren:
ich far und weisz nit wahin,
mich wundert das ich frölich bin;
in unserer dumpfheit, da wir nicht wissen woher wir kommen noch wohin wir gehen. Göthe 16, 205, vgl. s. 15 (Werther) und V, 1631 seine klage gegen die natur;
woher ich kam, wohin ich gehe, weisz ich nicht,
doch dis: von gott zu gott! ist meine zuversicht.
Rückert weish. d. br. 8, 38,
vom tode, mit bestimmungen, wie den weg aller welt, alles fleisches gehn Adelung, auch einfacher dahin gehen II, 688 oder ganz einfach gehn (franz. s'en aller, vgl. 5, a):
di tusent jor erlebten (conj.) schon,
di muͤsten doch zuͦ letst ouch gon.
Brant narr. 85, 58,
vgl. v. 52 wann von dem lib die sel usz got, auch von dannen müssen, fort müssen u. ä.; mir wärs besser ich gienge. Göthe Werther 175 (d. j. G. 3, 343), vgl. s. 180 (347) die auffassung Wilhelms im prosaischen sinne, für die Werther doch dankt; mit tode abgehn, früher auch vergehn; Egm. wie steht es um Richard, meinen schreiber? Ferd. er ist dir vorausgegangen. sie haben ihn .. enthauptet. Göthe 8, 295;
sie fangen an zu singen
ein süszes grabelied, und gehn von diesen dingen
mit solcher fröligkeit ..
Opitz 1, 61 (Vielguet);
auch heim gehen (s. unter heim), in den himmel, s. 5, d Schuppius;
welcher well in den himmel gon,
der muͦsz all zitlich begierd verlon.
so werd ich schön und selig gehn
zum vater von der erden.
P. Gerhard 164 Göd.;
zur seligkeit eingehen u. ähnl., zur unsterblichkeit: landgraf Wilhelm ist es werth, neben dem heldenreichen stamme der Ernestinen zur unsterblichkeit zu gehen. Schiller VIII, 97, vergl. den weg der ewigkeit gehn Opitz 2, 143 (s. 3, a), auch zum christenthum durch die taufe Mathesius 5, e a. e. zum teufel gehen, noch in verwünschungen (auch von dingen). vom besitz eines herzensfreundes aber heiszt es:
mit diesem bundsgesellen
verlach ich pein und noht,
geh auf dem grund der hellen
und breche durch den tod.
S. Dach 708.
d)
auch von der art und führung unsres lebens: so gehet die welt, sic vivitur, ita nunc mos viget. Henisch 1428; der recht gehet, soll nicht zuruck sehen. 1435;
ja, wer durchs leben gehet ohne wunsch,
sich jeden zweck versagen kann ..
Schiller XII, 243 (Wall. tod 2, 2);
einfach gehst du und still durch die eroberte welt.
XI, 70 (der genius am ende).
schon mhd., z. b. ebene gân, geistlîche gân u. a.: all dî mit andâht ôn tôtsünde sint gegangen .. den wil ich geben daʒ êwig leben. offenb. des Ad. Langman 72, 27;
mîn junger herre (landgraf Ludwig von Thür.) ist milt erkant, man seit mir er sî stæte,
dar zuo wol gezogen: daʒ sint gelobter tugende drî.
ob er die vierden tugent willeclîchen tæte,
sô gienge er ebene und daʒ er selten missetræte.
Walther 85, 23,
missetreten, wie jetzt einen fehltritt oder falschen schritt thun (gebildet lieber franz. faux pas), noch völlig im alten bilde;
uns lêret geistlîche gân
und dirre welte willen lân
der guote sanctus Paulus.
Rud. v. Ems Barl. 102, 7;
wir volgen einander in blinden (so l.?) wîse
und gên ûf zwîveltrôstes (s. l.) îse.
Renner 3434 (vgl. eis 6).
maget gân, als jungfrau leben (vgl. sp. 2414):
ich wil ouch immer magit gân,
mir newerde der helit lossam (lustsam, herrlich).
kön. Rother 2231.
auch nhd. in manigfacher weise, z. b.: ain mensch in ainem closter, dʒ also anhin gat, es geet zuͦ capitel, zuͦ chor u. s. w. Keisersb. has im pf. b 3ᵈ, so gewohnheitsmäszig hin lebt;
das er sie (der vater die kinder) losz irr gon on straf (zucht),
glich wie on hirten gönt die schaf.
Brant narr. 6, 6;
das volk ouch irrt,
wo nit recht gat der hirt.
kloster 8, 883;
ir werdet fest stehen, nicht strauchlen noch sündigen, sondern richtig herdurch und frisch von statten gehen. Luther 2, 400ᵇ (von statten, 'von der stelle' kommen); weil er ... gieng in dem wesen, das gott gefiele, ward im die welt feind. 6, 180ᵃ; es were wol viel von dem elenden wesen zusagen, die jugent hat niemand der fur sie sorget. es geht ydes hin, wie es geht. an den adel M 3ᵃ; David gehet in deinem gehorsam. 1 Sam. 22, 14; sie giengen in allen geboten und satzungen des herrn untaddelich. Luc. 1, 6; wer aber in deinem befelh gehet, des werk ist recht. spr. Sal. 21, 8, vgl. wandeln, lebenswandel;
sein geweckter frommer sinn
wird in einfalt gehen.
P. Gerhard 165 Göd.
wie deutlich das einst vorgestellt wurde, zeigt gehn und stehn in derselben bed. 5, a (he stûnt unde gînk mit den besten, lebte in der vornehmen gesellschaft), besonders auch folgendes wec mhd.: ir sult ouch dar umbe niht tanzen an dem ruowetage (sonntage) oder spiln oder toppeln, daʒ ir niht ze tuonne habet. „wie, bruoder Berhtolt, du wilt uns den wec gar enge machen! .. wie suln wir danne tuon, daʒ wir den tac vertrîben?“ Berth. pred. 268, 33 (65 Kl.). auch in sein verderben gehen Frisch 1, 330ᶜ.
e)
auch mit zugesetztem weg ausgemalt, und so noch jetzt in frischem gebrauch (vgl. unter weg):
wer sein zeit musz darinn (in der alles tadelnden welt) vertreiben,
der musz sich nit anfechten lan,
dasz er der welt nit recht kan than,
sonder geh immer fürsich hin
den rechten weg und bleib darinn.
H. Sachs 1 (1590), 324ᵃ;
schau, wie die armut wont mit mangel,
wie geht sie so viel herter weg.
3, 548 K.;
o wie klug ist der sinn,
der diesen weg (der furcht des herrn) verstehet
und fleiszig darauf gehet.
da werd ich dem (lehrer) den dank bezahlen,
der gottes weg mich gehen hiesz.
Gellert 2, 230 (nach einer prüfung kurzer tage v. 10).
s. auch unter 3, c einen seines weges gehn lassen, thun lassen was er will, s. z. b. Wieland und Göthe dort seiner wege gehn, in der ehe; ach ich lasse gern die andern ihres pfads gehen, wenn sie mich nur auch könnten gehn lassen. Werther 1775 s. 121. s. auch sich gehen lassen 11, g.
24)
Auch von thun, handeln, gebaren, leben im einzelnen falle, wieder in groszer manigfaltigkeit; vergl. von schritten, die man thut, noch jetzt allgemein (vgl. mhd. missetreten unter 23, d). s. dazu 32 unser thun und treiben selbst als gehend.
a)
auch noch im anschlusz an das wirkliche gehn:
ich will dich (im geiste) sehen, wie du giengest,
wie traurig, wann ich abschied nahm,
wie zärtlich, wann du mich umfiengest,
wie freudig, wann ich wieder kam.
Haller 225 (auf den tod seiner Mariane),
deutlich: wie du dich hieltest, wie dein gebaren war, ganz wie schon ahd., mhd. z. b. in der frage Christi an die jünger, wie es komme, dasz
ir iwerêro worto   gêt sus drûrênto?
Otfr. V, 9, 13;
sehet, wie lieb hie en (er ihn) hat,
dasz hie dorch sin liebe gat
weinende also sere!
Alsf. pass. 2273;
es schlieszt sich an das gehen 7, a von kleidung, eig. äuszerer erscheinung. vom gebaren der leute, der ganzen welt im jungen frühling:
die welt geht wie im springen,
es freut sich was nur kann.
S. Dach 411 Öst.
ähnlich ist eigentlich auch folgendes unter sich gehn, sich herablassen, sich neigen, von der liebe, d. h. dem liebevollen: leszt er sich auch herunter, wie der liebe art ist, das sie unter sich gehet gegen dem nehesten, wie der glaube über sich feret. Luther 2, 417ᵇ.
b)
sicher gehen, im einzelnen falle den sichern weg wählen, vorsichtig sein, sich sichern, auch unangefochten gehn: fleisz (sorgfalt) geht sicher auf dem eis. Frank spr. 1, 17ᵇ;
leg wir (frauen) dann mannes kleider an
und main (für main'n) dest sichrer gan,
so pald sie erfarn einer oder zwen,
so wils keiner allein laszen gen.
fastn. sp. 388, 1;
wenn man sicher gehen will (beim hausbau), sollen die ziegel, ehe sie zum bau verwendet werden, ein oder zwei jahre an der luft und wetter liegen. öcon. lex. Lpz. 1731 sp. 2762;
er that, was wenige in seinem falle thaten,
allein, was jeder soll, der sicher gehen will.
Wieland 11, 11 (Musar.);
ich wollte sicher gehen und erlaubte (dem bräutigam) durchaus keine freiheit, als welche ebenfalls die ganze welt hätte wissen können. Göthe 19, 288. auch geistig: um in seinen aussprüchen am sichersten zu gehen. Kant 5, 114, vgl. mhd. der wârheit irre gên 25, b.
c)
vom verfahren und handeln im bestimmten falle, zu bestimmtem zwecke; schon mhd., wenn z. b. Thomasin gewissenloses gebaren der herren straft, die die treue ihrer diener zu schlechten aufträgen misbrauchen:
got gebiut uns tuon rehte,
sô gebiutich mînem knehte:
'tuo dem unde dem gewalt' ...
sô sprech wir zunsern liuten: 'tuot
swaʒ ir welt. ich gestên
iu wol bî, swie ir welt gên'.
welsch. gast 7910,
man bemerke: swie, nicht swâ, d. h. ziemlich wie noch jetzt: wie ihr auch vorgehen möget, gleich verfahren, das selbst eig. nichts als für faren, vorwärts gehn, procedere (s. fürfahren 9 und 11). nhd.: der stark und groszmütig ist, läszt von keins unfals wegen nach, sonder geht durch alle anstösz immer fort. S. Frank spr. 1, 22ᵇ, gerade durch (vgl. unter e). besonders mit adv., wie sicher (s. b), vorsichtig, behutsam, langsam, sachte gehn, mhd. samfte gân:
hete mîn bruoder Hagene   sîn wâfen an der hant
und ouch ich daʒ mîne,   sô möhten samfte gân
mit ir übermüete   alle Prünhilde man.
Nib. 421, 3,
zahmer auftreten hier am hofe. dem liebekranken wird geraten:
ey wol! geh behutsam nur,
dasz man nit komm auf die spur ...
wilt du handeln recht gescheid,
ey so gehe nicht so weit.
Simpl. 4, 321 Kurz;
ich wolte, dasz man von beiden seiten langsamer gegangen und mir zum wenigsten die sache erst kund gemacht hätte. Mosheim an Gottsched bei Danzel Gottsch. 104;
und selbst die tugend nimmt nicht alles so genau,
wenn man hübsch sachte geht.
d. j. Göthe 1, 209.
auch auf socken, auf fingerchen gehn, s. 7, f. der dichter führt sich das gehn auch wieder in voller sinnlichkeit aus, z. b. im gespräch zwischen Oranien und Egmont: O. wer sich kennt, kann sicher vor und rückwärts gehen .. es ist klug und kühn dem unvermeidlichen übel entgegenzugehen .. wir haben nicht für den leisesten fusztritt platz mehr, der abgrund liegt vor uns. E. ist des königs gunst ein so schmaler grund? O. so schmal nicht, aber schlüpfrig. Göthe 8, 224, wendungen die doch auch in der alltagsrede nun eindringen; er (der scherzende) musz überdiesz immer in den ketten gewisser zurückhaltungen gehn. Klopstock 11, 244. auch mit einmischung eines andern bildes, Antonio zu Tasso:
du gehst mit vollen segeln! scheint es doch,
du bist gewohnt zu siegen, überall
die wege breit, die pforten weit zu finden.
Göthe 9, 154 (Tasso 2, 3), vgl. u. 13, a.
ferner einem mit gutem beispiel voran gehen u. ähnl. (vergl. S. Frank unter e), mhd.:
nu gât er uns doch harte vaterlîchen vor,
wir volgen ime u. s. w.
Walther 33, 13.
d)
krumme wege, schleichwege, umwege gehn u. ä.:
darumb bin ich gegangen mangen krumben gank,
ê daʒ ich diu mære sô rehte 'ervâren' hân.
MSH. 3, 312ᵇ.
auch blosz krumm gehn (vgl. unter e):
der geht sehr krumm, der stets die höchste macht (gott) will richten!
krumm geht, wer laster lobt, und tugend kan vernichten.
A. Gryphius 1, 448 (Papin. 5, 232).
auch einen mittelweg, den wahrheitsweg u. ä., schweiz. den gutzelweg gehn den leuten schmeicheln (s. kitzeln I, 4, a. II, 3, b) statt die wahrheit zu sagen: was wär aber darusz erwachsen? dʒ ouch mine nachkommen (nachfolger) glych den gutzelwäg gangen wärind wie ouch ich gethon hette (wie man verlangte), und wär alle dapfergheit der leer zuͦ eim schmeichlen verkert worden. Zwingli vom predigamt D ijᵃ. den umwegen, die man geht (oder sinnlicher 'einschlägt', was man jetzt vorzieht), entspricht umgéhen, z. b. schwierigkeiten, eigentlich hindernisse im wege, denen man aus dem wege geht (s. 8, e).
e)
dagegen den rechten, geraden weg gehn, auch gerade aus, gerade darauf los (8, h), gerade durch u. ä.: der recht voran geht (führt), dem geht man recht nach. Frank spr. 1, 20ᵃ; wenn gott zürnen wil .. ist kein irrthum so grob, der teufel gehet damit hindurch. Luther 6, 317ᵇ, zugleich: kommt durch (5, d); ir werdet .. richtig herdurch .. gehen. 2, 400ᵇ, von den frommen (s. u. 23, d); sie aber rund durch gienge und sagte, ihr name wäre Justitia. Philander 1, 31, ohne 'umschweife'.
f)
auch einen schritt gehn, sonst thun: Ferd. (zu Egmont). dú kannst dich fassen .. den schweren schritt (gedr. streit) an der hand der nothwendigkeit heldenmäszig gehn. Göthe 8, 293, den letzten, zum tode, in den tod gehn; s. dazu gehen gleich schreiten 1, a. b. auch gehen und .. in diesem sinne:
den aber, der da gehet
und suchet meinen tod.
P. Gerhard 180 Göd.,
der auf meinen tod ausgeht.
g)
auch von bestrebungen und thun im groszen, z. b.: woher kömmt es also, dasz diese jenen (die neuern dichter den alten) nicht gleich kommen können? gehen sie vielleicht nicht auf eben dem wege einher, auf dem die alten giengen? oder, wenn sie auch, wie jene, den weg der natur betreten, gehen sie ihn vielleicht nicht mit gleichen kräften, mit gleicher vorsichtigkeit u. s. w. Gellert 5, 264;
mitleidig wollt er mich die kühnen wege lehren,
wo uns die welt nicht hört, doch künftge welten hören ..
'du siehst, wo Opitz ging' ... voll zorn verliesz er mich.
Lessing 1, 173;
du gehst dem Opitz nach, du witterst Flemmings spuren.
eine laufbahn gehn J. Paul, s. 3, a, vgl. auch Freidank das. von den zwei wegen, die einer gehen wollte. einer bestrebung gegen gehen, dagegen auftreten als kämpe (vgl. kommen 24, c):
(heldenmut) der allem gegen geht, was wider warheit kümmt (jetzt geht, s. 29, a, β).
Logau 2, 7, 50.
auch vom gröszten thun und wollen, wie im politischen leben, in krieg und frieden, z. b.: in Deutschland ist zwar vieles controvers, aber es gehet alles wider den kayser. Gundling bei Moser von d. deutschen nationalgeist 26; es blieb ihm also nur die wahl, entweder dem kaiserthron von seinen rechten zu vergeben, oder mit dem pabst in den kampf zu gehen. Schiller IX, 239, vergl. von wirklichem kampfe (9, c):
wir wagten es, ein schwaches volk der hirten,
in kampf zu gehen mit dem herrn der welt?
XIV, 286 (Tell 1, 2);
Deutschland und Österreich gehen nun zusammen, auch hand in hand; ob Ruszland mit Frankreich gehen wird?;
was nicht zusammen geht, das soll sich meiden.
Göthe 2, 292 (die zudringlichen),
vielleicht zugleich nach 17, b (geht gleich paszt);
drum soll der sänger mit dem könig gehen,
sie beide wohnen auf der menschheit höhen.
Schiller jungfr. v. Orl. 1, 2;
'mit dem volke soll der dichter gehen',
also les ich meinen Schiller heut.
Freiligrath ges. dicht. 3, 32,
d. h. wie im kleinen leben, mit dem einfachsten oder kinderbilde, z. b.: was du auch vor hast, ich gehe mit dir; nein, da kann ich nicht weiter mitgehen; vgl. dazu 7, d, besonders mhd. mit einem der triuwen gân, wie triuwe begân mit einem. von treue in getrennter liebe:
nein, ich will feste stehn.
sie, wie sie mir verspricht,
wird auch mir gleiche gehn
und wanken nicht.
Fleming 530 (Lapp. 432),
vergl. er geht dir gleiche, in una serie ambulatis. Steinbach 1, 539 (vgl. 20, d, δ). sprichw. der nicht für sich gehet, der gehet hinder sich Henisch 1435, 59, stillstand ist rückschritt.
h)
besonders auch mit weit vielfach; wie vorhin nicht weiter mitgehen, so gehe nicht so weit Simpl. 4, 321 u. c, von dem, der gefährliche liebeswege geht, jetzt auch gern noch deutlicher im bilde wage dich nicht so weit vor, wie der krieger vorm feinde u. ähnl., bildlich von allerlei thun und streben: zu weit gehen, exorbitare, dabei die stern können nicht zu weit gehen ('exorbitare') Aler 867ᵇ; auch vom gebaren, gesinnungen, reden, meinungen: er läugnete auch nicht, dasz der verstorbene im hasse gegen seine familie vielleicht zu weit gegangen sei. Schiller IV, 275, 14; es kann sein, dasz einige in ihrer hochachtung gegen diesen oder jenen dichter und redner unter den Griechen und Lateinern zu weit gehen. Gellert (1784) 5, 262; er gieng so weit, zu behaupten u. dgl. in unbegränzter ausdehnung, auch eine weitgehende behauptung, weiter gehende bestrebungen, auch zumutungen u. ä., s. dazu 18, k, auch vom denken 25, b. kann man sich wol denken, dasz die verblendung so weit gehen sollte? Adelung. die sparsamkeit musz nicht bis zur kargheit gehen. ders.
i)
auch mit praep., an, auf, nach, von, vom ziel, zweck, richtung des weges, z. b. an eine aufgabe, ein unternehmen gehn (s. 9, d):
(der weise) der mit gelassenheit, nicht stoisch aufgebläht,
an sein bestimmtes leiden geht.
Uz 1, 228.
mit auf (s. auch k), wie auf beute u. ä., so auf pracht und ehre gehn Opitz 1, 26 u. ä. (s. 9, b, vgl. 29, a), jetzt ausgehn; auf etwas gehn, urgere, instare, incumbere. Schönsleder T 1ᵃ; aus den religionsunruhen in Solothurn 1533 heiszt es:
uf einen donstag es beschach,
das man den lutherschen anschlag sach (an den tag kommend),
daruf sie lang sind gangen.
Soltau 2, 146, Lil. 4, 65ᵇ;
auf wolfeil gehn (geben, verkaufen) gaht jederman,
und ist doch ganz kein werschaft dran.
Zarnckes Brant s. 51ᵇ anm.;
und wie das leid in unmuͦt steht (unbeweglich),
also die freud auf kurzweil geht.
Fischart gl. schiff 142.
mit in: in ein vertrag gon, conditionem paciscendi accipere Maaler 189ᵈ, jetzt eintreten (auf verhandlungen); in ein anstand des kriegs gon, inducias inire. das., jetzt eingehen; s. auch 25, c. mit nach (8, g), jetzt fast nur noch nachgehn mit dat., nachtrachten, doch auch noch, von der richtung: ich gehe genau nach meiner instruction, nach der ordnung, reihe, regel u. ä. (vergl. das grammatische gehn nach ... 20, e), auch nach gunst gehn statt nach verdienst, beim austheilen, nach geld gehn beim freien. mhd. auch vom ziele:
mîn herz nâch ander minne gêt.
Parz. 606, 21.
mit von, den gemeinsamen weg verlassen, z. b.: so hab ich mich ganz gehalten gemesz wie es die löblichen rehte mit mir geschafft (vereinbart) haben, und bin vom vertrag nicht gangen. Eck bei Luther 1, 161ᵃ (wie dän. gaae fra sin ord, sein wort brechen), hochd. jetzt abgegangen, d. h. wie bei ausgehn u. a. vorhin, mit verstärkung des verblassenden bildes, z. b. ich weisz wozu ich verpflichtet bin und davon geh ich nicht ab (auch lasse mich nicht abdrängen u. a.).
k)
die richtung wird aber auch mit auf bezeichnet (s. auch 29, a), z. b.: er geht in allen dingen auf die wahrheit. Weber 333ᵇ; ich gehe nur dárauf, er hat mir versprochen u. s. w., richte mich nur danach, habe und halte das fest im auge, also im grunde wie bei dem auf oben; das ists worauf er gehet oder fuszet, that is his ground or moving reason. Ludwig 716; auf dieses ist nicht zu gehen, hoc nullius momenti est Frisch 1, 330ᵇ; darauf ist nicht zu gehen, man kann sich nicht darauf verlassen Adelung; ich gehe auf ihn, nitor ipsius autoritate. Aler 869ᵃ, wo für das ziel doch mehr der grund und boden eintritt.
l)
auch von 'schritten' im einzelnen, die man thut, z. b. an den rath, an die landesregierung gehen, sich mit einer klage oder bitte an dieselbe wenden Adelung, besonders vom sog. instanzenzug: ich gehe bis an den kaiser, wenns alles nichts hilft, u. ä.; vgl. von den angelegenheiten selber 33, d, besonders unter γ mhd. lênunge gêt an den keiser.
25)
Es ist aber längst auch in den geist und in die gedanken versetzt, d. h. deren thun und verfahren als eine bewegung aufgefaszt.
a)
man geht auch in gedanken (vgl. 12, a und gedanke 11, a, auch 9, b): wir sehen nur immer eine seite, an der wir uns bald satt gesehen, und deren allzuschneidende auszenlinien uns gleich an die täuschung erinnern, wenn wir in gedanken um die übrigen seiten herumgehen wollen. Lessing 7, 98 (hamb. dram. 22. st.), von dem mangel der rundung, des körperlichen in den bühnencharakteren; man könnte freilich von allen seiten herumgehen, um den gegenstand aus allerlei gesichtspunkten zu betrachten. allein man setzt sich auf dies oder jenes wort (philos. schulwort) als eine alte ruhestäte und sieht — was alle menschen vor uns sahen. Herder fragm. (1767) 3, 48, von der philos. schulung des denkens. allgemein heiszt es z. b. wenn ich in gedanken die reihe durchgehe u. ä. schon mhd.: auch di menschen, dî niht dar gênt mit wallen (wallfahrt nach Aachen), dî dar gênt mit irem gepete und gern (wirklich) dar gîngen .. offenb. der Ad. Langmann 52, 9; und gênt mit irem gepet dar andêhticlîchen. 52, 16, mit betenden gedanken; auch vom ganzen geistesleben: die wîle er ûswendig der sêle ist (vgl. 28, a), das ist die wîle er mit sînen sinnen und vornuft ûswendig umb gêt und nit in sich selber kêret und lernet erkennen sîn eigen leben, wer und was er sî. theol. deutsch c. 9.
b)
unser denken als weg, auf dem wir 'der wahrheit nachgehn', schon mhd., gewiss älter (vergl. a. e): doch sagent sumelîche liute, die der wârheit irre gênt (vgl. u. 8, a), daʒ sich eigenschaft hüebe (knechtschaft begonnen habe) an Kayn. Schwabensp. 256, 4 G. (im Ssp. III, 42, 3 irre varen), vgl. der rede giengen si dô nâch. Iw. 4153; weiter gehen (vgl. 24, h):
so listig schützt sich eure tücke, denn lernten sie zu viel verstehn,
so habt ihr furcht, sie möchten endlich mit schlusz und denken weiter gehn.
ein geist, der auf dem pfad, den man vor ihm gegangen,
nicht weiter kommen kann ...
Lessing 1, 168,
der das bild oft und ausgeführt anwendet, s. z. b. 11, 463 von dem weg links und rechts, den er vorauslaufen will, um zu sehen, wohin sie beide führen, dann so sind wir wieder im geleise; das unvollkommenste werk, das ein sterblicher schrieb und in dem er dir ('groszes wesen') nachzusinnen, nachzugehen wagte. Herder ideen, vorr. a. e.; herr A. v. J. ist nicht weit von der gewöhnlichen methode abgegangen. er setzt aus (gleich geht aus) von dem allgemeinen schicksal, geht alsdann auf den menschen .. über .. Göthe 33, 102, auch methode, μέθοδος ist ja eigentlich der weg, richtweg dem man nachgeht; auf eben diesem wege gingen die alchymisten fort. 53, 129; die naivetät, womit Kircher um die sache herumgeht. 206; wie zufrieden ich bin .. auf meinem wege fortgegangen zu sein, da es nun scheint, als wenn wir, nach einem so unvermutheten begegnen, mit einander fortwandern müszten. an Schiller 17. aug. 1794, vgl. auch: mein inneres leben geht unverrücklich seinen gang. an frau v. Stein 1, 215; aus einem mittelpunkte, wo er (Schuberth) seine sämmtlichen menschenkräfte gar einig beisammenhält, geht er aus nach allen seiten u. s. w. an staatsr. Schultz 217;
willst du ins unendliche schreiten,
geh nur im endlichen nach allen seiten.
werke 2, 228.
der forschende geht einer sache auf den grund, in die tiefe (tiefgehende forschung), auf die quellen zurück, in die breite u. a. auch von schwierigkeiten ist die rede, die man umgeht, denen man aus dem wege geht (ausweicht) u. ä., von neuen, noch nicht versuchten bahnen auf denen noch niemand gegangen, von irrwegen auf denen man fehl geht, von denen man umkehren musz; 'wir werden nicht irre gehen, wenn wir annehmen oder mit der annahme' (zeitungsdeutsch) u. s. w., auch noch sinnlicher: ich trete zu meiner materie (nach den einleitenden bemerkungen). Abbt 4, 64, d. h. das bild vom gehn und wege wird in vollster sinnlicher manigfaltigkeit zum ausdruck der bewegung des gedankens gebraucht, wovon die ausführung unter weg gehörte (vgl. gang III, 2, b). wenn Herder vorhin (gott) nachsinnen mit nachgehen deutlicher macht, so ist sinnen ursprünglich wirklich eben gehen, ahd. sinnan proficisci, tendere. s. übrigens auch in die aberwitz (wahnsinn) gehn 21, d a. e.
c)
früher auch gehen in, durch, wie jetzt eingehen, durchgehen, mit denken (und reden, s. d): müsten wir zu gleich in alle ihr öffentliche misbruch gehen. Melanchthon apol. 182 im corp. doctr. chr. Lpz. 1560, uns darauf einlassen (auch darauf eintreten); wir wollen durch der zeugen person (pl.) gehen und deliberiren, was wir von eines jeden wissenschaft halten. Ayrer proc. 2, 6; gehe durch die alte historien, du wirst finden .. Schuppius 228; damit sich jederman lerne erkennen, so gehet Christus in unserm evangelio durch alle stände und giebet einem jeden seinen text. 640; ich will ordentlich in die sache gehen und zum allerersten anzeigen .. J. G. Hesz zuf. ged. üb. d. heldeng. der Messias Zür. 1749 s. 30. einer sache auf den grund gehen Adelung.
d)
ebenso vom sprechen, ausgesprochnen denken, wie schon u. c zugleich; der lehrer z. b. geht (oder nimmt) etwas durch mit dem schüler u. a.; der erzählende geht weiter, zu etwas anderem über, übergeht (überspringt) etwas, geht rasch darüber hin u. a.; auch diesz schon mhd., gewiss älter:
hiemit sollen wir fürbas gan.
Büheler königst. v. Fr. 6034.
auch im gegensatz hier wollen wir für jetzt stehn bleiben, wo sind wir stehn geblieben? ebenso beim lesen: als mir diesz büchlein in die hände kam, schlug ich es .. auf, gerade in der mitte, und las die sechs stanzen der beiden seiten. diese zogen mich an und nöthigten mich vor- und rückwärts zu gehen. Göthe 45, 225.
e)
auch die gedanken selber gehen (vgl. gedanke 12, c), wie der geist, verstand (vgl. gang III, 2, b): der verstand geht in diesem denken ganz mechanisch seinen angebohrnen gang. Fichte sittenl. 140;
es wollen die gedanken (im rausch)
nicht richtigs weges gehn, sie wollen immer wanken.
oft ist eines verstand nicht daheim, wenn es zeit ist, musz man die gedanken heiszen heim gehen. Lehmann flor. 1, 133, d. h. in sich gehen (28);
wär ich der gedanken los,
die mir herüber und hinüber gehen
wider mich!
Göthe 12, 200 (Gretchen im dom);
gedanken gehn uns durch den kopf (sinn), im kopfe herum, auch es geht mir u. s. w., s. V, 1761 m., auch das ding geht mir im kopfe herum. schon mhd.:
nu begunden in die vrouwen
durch ir gedanke lâʒen gân:
er dûhtes alle drî getân
schône und sæleclîche.
Trist. 273, 15,
d. h. den vor ihnen sitzenden helden.
26)
Auch von mut (gemüt), sinn, seele.
a)
einem zu mute gehn, zu gemüte:
im gêt niht ze muote unser aller schephære,
er ist im vil unmære.
warnung 2240, Haupt 1, 499;
kaiser. rat uns, lieber herr marggraf von Paden,
was dunkt euch zu den dingen gut?
markgr. herr keiser, es get mir nit zu mut.
was ich ie guts riet zu euren sachen,
das west eur apt als pesser zu machen.
fastn. sp. 199, 23,
es geht mir nicht nahe genug, fast gleich geht mich nicht an (eigentlich an mich heran), er lehnt im verdrusz die innere betheiligung ab; vgl. das ding gehet mir nicht in kopf, non mi entra M. Krämer 519ᵃ, es will mir nicht zu sinn, findet gleichsam keinen eingang, es geht mir nicht zu herzen (27, c).
b)
in der seele, durch die seele.
in der bewegten seele ging mir auf und ab,
was alles ich heut zu erwarten habe.
Göthe 10, 10 (Elp. 1, 2);
lasz doch diese herbe schmerzen,
frecher sünder, dir zu herzen,
ja durch mark und seele gehn.
Brockes passion (bethl. kinderm. 1734) 313.
c)
ebenso, ganz sinnlich gefaszt, es gieng mir durch mark und bein, durch alle glieder, ein schreck sowol oder angst (eig. ganz sinnlich), wie ein schmerz, ein schriller ton u. a.:
und warf mich herab überzwerch,
dasz es mir gieng durch mark und ferch.
Mörin, Wack. leseb. 1829 1003, 34 (1859 1215, 22),
der schmerz und die erschütterung;
es gaht eim gar durch bain und mark,
so giftig sind die stich und stark.
Fischart flöhh. 884 Sch.;
Maria klagt beim leichnam Christi:
möcht ich din bittern dot entphaen,
das were mim herze süsze,
als dir der smerzen geht durch hend und füsze.
Alsf. pass. 6718.
ebenso aber ursprünglich durch das herz (vgl. 27, d), von der hochzeitsmusik zu Hechingen im jahre 1598 heiszt es:
ein solchen klang der saal da gab,
das ich mich hab verwundert drab.
wann der trommeter anefieng,
der klang eim durch das herze gieng.
Frischlin hohenz. hochz. 50.
mhd. auch mir gêt in mîn hirn, 'macht kopfschmerzen';
daʒ sêle baʒ veile (wolfeiler) sint danne birn,
daʒ unbilde gêt mir in mîn hirn.
Renner 10911.
d)
auch die seele selber geht (wie die gedanken) z. b. sehnend nach oder mit dem ersehnten, z. b. mit der geliebten:
meine seele gieng mit dir,
und kommt nicht zurück.
Seume 8, 54 (Adelaide);
o dann wählte die seele falsch,
und doch würdig! das webt keiner der denker auf,
was vor irren sie damals ging (nach Fanny).
Klopstock od. 1, 122 (an Cidli).
e)
in der seele gehn ahnungen u. ähnl.: es geht mir vor, praesagit animus mihi, es geht mir nichts guts vor. Schönsl. T 3ᵈ, Aler 869ᵃ.
27)
Auch sonst vielfach von bewegungen im herzen, ins herz, vom herzen.
a)
im herzen geht z. b. liebesleid:
mir gât eineʒ ime herzen,
dâ von lîde ich manegen smerzen.
minn. frühl. 85, 23.
b)
aus, von dem herzen geht (vgl. IV², 1215), was da verborgen lebt und sich äuszert, was aus der tiefe kommt, besonders von der wahrheit der empfindung:
eʒ gât mir vonme herzen,   daʒ ich geweine.
minn. frühl. 9, 13;
wie trûrich sie wiefen (wehrufend klagten)!
wie trûrich iʒ ûʒ ir herzen gienc!
Rother 380;
sô gie von herzen gar swaʒ mîn munt wider si gesprach.
Reinmar 162, 21;
maneger frâget waʒ ich klage
unde giht des einen, daʒ eʒ iht von herzen gê.
Walth. 13, 34;
gib, das nicht bet allein der mund,
hilf, das es geh von herzen grund.
was soll zu herzen gehen, das musz von herzen kommen in predigen. Henisch 1436; ach dasz ich thränen vergieszen könnte, die von herzen giengen! Haller tageb. 2, 227;
wie alt ist nicht der wahn, wie alt und ungerecht,
als ob dir, weibliches geschlecht,
die liebe nicht von herzen gienge?
Gellert fab. 1748 1, 70 (die zärtliche frau);
von herzen ging mir jener wunsch.
Schiller Wall. tod 2, 6.
Dorothea gelobt Hermann, da sie mit ihm geht:
alles was ich gelernt und was ich von jung auf gewohnt bin,
was von herzen mir geht, ich will es dem alten erzeigen.
Göthe 40, 318.
selbst geberden (beim tanz), ein angebotner trunk:
an worte statt sind liebliche geberden,
die zwar im takt, jedoch von herzen gehn.
Göthe 13, 227 (die romant. poesie);
ich brings euch, junker — trinket frisch! es geht
aus einem becher und aus einem herzen.
Schiller Tell 2, 1.
anders von einer sorge, einem druck auf dem herzen: ach wan ich es numen (nur) einem menschen gesag, so würd (wird) mir dester lichter (leichter), so gat es mir ein wenig von dem herzen. Keisersberg bilg. 88ᵃ. und noch anders, an die zuschauer des passionsspiels a. e.:
das enlat uch usz dem herzen nit gehen.
Alsf. pass. 8075,
haltet es im sinne fest. s. auch von kindern Rollenh. u. c.
c)
an, in das herz, zu herzen:
der heiden von dem gaste
eine wunden in ein bein enpfie,
diu im an daʒ herze gie.
Wigal. 195, 14,
d. h. ans leben, den lebenssitz, ze verhe gienc (Iw. 7234), dasz er schwach ward, vgl. durch mark und ferch unter 26, c;
dô der gast sîn ungemach (schlimme lage)
beidiu gehôrte unde gesach,
daʒ begund im an sîn herze gân.
Iwein 4509;
was der mutter an das herz gehet, das gehet dem vater nur an die knie. Neander spr. 31 Lat.; ich war damals ein junger mensch und liesz mir auch keine sorg über das knie, viel weniger an das herz gehen. Schuppius 133, zu über das knie s. Frank u. 13, d und zur vorstellung u. knie II, 1, f; gewiss nicht worte, es waren thaten die mir ans herz gingen. Pestal. 2, 116. ins herz:
swer hât bescheidenheit (klugheit) sô vil,
daʒ er âventiure wil
gerne merken und verstân
und im lât in sîn herze gân.
ritter Staufenberg 4;
die red gieng ir gar suͤsze
in ires herzen grund.
Uhland volksl. 859.
meistens mit zu (s. unter herz 4, f):
und hern Gâweins swester kint,
diu mir ze herzen gênde sint.
Iwein 4906;
nu wol ûf, alle die ich hân (mannen),
lât iu mîn leit ze herzen gân!
Dietrichs flucht 1588 (heldenb. 2, 81ᵃ);
oberkeit, lasz dirs zu herzen gan!
Liliencr. 3, 603ᵇ;
du must der andern geprechen und durft (not) dir zu herzen laszen gehen. Luther bei Dietz 2, 44ᵇ;
kinder sein lieb, kommen vom herzen,
gehn wider zu herzen mit schmerzen.
Rollenhagen froschm. I, 2, 6, 92;
wie denn ehre, tugend, glimpf und hoflichkeit mehr liebet und zu herzen gehet, dann wann eine mit lauter golde, sammet .. behengt were. Mathes. hochzeitpr. J 2ᵇ;
verschwiegne saiten, stimmt euch wieder ..
belebt mit tönen meine lieder ...
nur töne die vom herzen kommen,
nur töne die zum herzen gehn.
Haller 201.
d)
durch das herz geht sehnen, schreck, schmerz u. ähnl. (durch die seele 26, b): da sie aber das höreten, giengs inen durchs herze. ap. gesch. 2, 37; wir haben unsre liebe liebe Holk verloren. es ist mir recht durch das herz gegangen. Klopstock br. 331 L.; auch es gieng mir wie ein stich durchs herz u. ä.: es ward der alten angst, und gieng ihr ein stich durch das herz. b. d. liebe 211ᵈ; jedes wort, das sie sprach, ging mir wie ein schwert durchs herz. Göthe 16, 107. s. aber auch angst geht mir unter augen 31, a.
e)
dazu es geht mir nahe, eigentlich ans herz u. ähnl.:
mir gêt ze herzen ir klage
nâher denne ich ieman sage.
Iwein 1433;
sît si jehent, eʒ sî niht ein kinde spil,
dem ein wîp sô nâhen an sîn herze gê.
Morungen m. frühl. 138, 6.
aber früh auch blosz mir, und selbst ohne dat.:
nein, schœniu tohter, nein, lâ stân,
lâ dir diz niht sô nâhen gân.
Trist. 233, 40;
nû gît mir doch des bilde
dirre lewe wilde ..
daʒ rehtiu triuwe nâhen gât.
Iwein 4005,
'das ganze herz ergreift' (d. h. des treuen selber), vergl. nâhe gênde swære, minne u. ä. mhd. wb. 2¹, 286ᵃ. 285ᵇ;
denke nach, wie scharf es beisze? denke doch, wie nah es geh,
dasz ein sohn durch seinen vater zwischen furcht und unruh steh?
Lessings tod ist mir innig nahe gegangen. Klopstock br. 303;
wer in dem gestern heute sah,
dem geht das heute nicht allzu nah.
Göthe 4, 337.
s. auch vom stich des speers, der dem gegner vil nâhe gie Stricker unter 14, a, d. h. nur äuszerlich, nahe an den leib, und vom sieger selber:
der tiuvel in ze hant bestêt,
ir ieglîchem er nâhe gêt ..
umbe schulde er in twinget.
Haupt 1, 474 (warn. 1300).
auch nahe angehn, eigentlich mit acc., doch auch mit dat. nach dem vor.: Cramer geht mir so nah an, als ich mir selbst. Klopstock briefw. 247 Lapp.
28)
Dazu auch in sich gehn, eigentlich in sein herz; auch griech. εἰς ἑαυτὸν ἐλθεῖν, vergl. in sich kommen unter kommen 30, b, in sich kehren V, 421, diesz schon mhd., s. z. b. 25, a a. e., aber gewiss auch schon gên so. s. auch V, 546 sich erkennen für in sich gehn, sich kennen Liliencr. 2, 238ᵃ, sich erkennen 3, 606ᵇ. 4, 431ᵇ, sich bekennen Soltau 2, 193.
a)
in sein herz gehn:
dasz hie dem (der sünder dem teufel) moge widderstehen
und in sin selbes herze gehen.
Alsf. pass. 1143;
ir seid so erschrocken uber diesem wort, so ir höret 'ich (Christus) werde nicht mehr bei euch sein', das ir nicht gedenket (nachdenket) noch in ewer herz gehet weiter darnach zu fragen, wo ich doch hingehe. Luther 7, 180ᵇ, das herz als sitz des tiefsten denkens; wenn nu uber dich komet dis alles .. und in dein herz gehest .. 5 Mos. 30, 1; in einer ansprache der Neuberin an die Hamburger im theater:
geht selbst in euer herz, das wird euch deutlich sagen,
warum ich euch so frei die (rügende) wahrheit vorgetragen.
Devrient gesch. d. d. schausp. 2, 47.
b)
in sich gehn: tabescit, geet in sich selbs, wirt glich (d. h. wie) erschlagen in im selbs. Melber z 3ᵃ, von zerknirschung; zuͦ dem letsten gieng er in sich selber und gewan rüwen und laid. Oheim Reich. chron. 123, 18; das reich gottes ist in uns, darumb gehe nun ein jeder in sich selbs und geb seinem unmuͤszigen auslaufen (s. 25, a a. e.) die schuld, wenn er von gott und seinem wort nicht weisz. S. Frank de vanitate 120ᵇ;
vergnüge dich an dir .. schau alle sachen an,
disz alles ist in dir! lasz deinen eitlen wahn,
und eh du förder gehst, so geh in dich zurücke.
wer sein selbst meister ist und sich beherrschen kann,
dem ist die weite welt und alles unterthan.
Fleming 576, Lapp. 472 ('an sich');
ich erinnere mich .. dasz, wenn ich über einige vor jahren gestellete bücher, deren autor ein guter ehrlicher alter Teutscher, wiewol sonst ein schlichter mann gewesen, in mich gangen, ich mich fast mein selbst und unsrer zeit geschämet, wenn ich betrachtet, wie alles so deutlich, so nachdrücklich und dabei so rein und natürlich gestellet .. Leibnitz ermahnung an die Teutsche, weim. jahrb. 3, 104; das ist leider der einzige dinst und trost, so ich denen, so mir nahe und lieb sein, geben kan, sie in sich selber zu gehen machen und ihre eigene vernunft zu erwecken .. Elis. Charl. v. Orl. 3, 145; sie (die meisten menschen) wollen .. in zerstreuung gebracht werden, der strohm musz sie in der welt mit fortreiszen, damit sie nicht ruhig werden und zeit bekommen, in sich selbst zu gehen. Bodmer mahler d. sitten 1, 224;
dort suchte dich (Elisabeth) der schmeichler nicht. früh lernte,
vom eitlen weltgeräusche nicht zerstreut,
dein geist sich sammeln, denkend in sich gehn
und dieses lebens wahre güter schätzen.
Schiller M. Stuart 2, 3.
c)
dagegen aus sich heraus gehn, von einem der viel 'in sich lebt', verschlossen ist, zugeknöpft o. ä.: er geht schwer, geht nie aus sich heraus (vgl. auszer sich kommen V, 1669). anders nicht aus seinem charakter gehen, den kreis, den die angeborne art beschreibt, nicht überschreiten: rohe kriegsleute gehen wenigstens nicht aus ihrem charakter (d. h. wenn sie roh auftreten). Göthe 17, 260, wahlv. 2, 5. anders dän. gaa fra sig selv, wahnsinnig werden, vgl. auszer sich kommen.
29)
Auch dabei tritt aber das selbstgehen der dinge auf, wie in der sinnlichen welt (s. 12 ff.).
a)
wie z. b. die gedanken, der geist u. ä. (25, e), die seele (26, d), so gehen
α)
auch sorgen, wunsch, triebe, verlangen, zweck (absicht) u. ä. z. b. auf ein ziel (vgl. 24, k), darauf, wenn das ziel vorher oder nachher bezeichnet wird:
ich weisz noch wol die liebe zeit,
in der ich mich genug gefreut ...
mein sorgen gieng auf lust und scherz.
unserer natürlichen triebe, die auf die erhaltung des lebens, der gesundheit und anderer zeitlichen güter gehen. Gellert (1784) 5, 56; ein solches verlangen .. welches blosz auf die befriedigung unsrer sinne und unsrer einbildung geht. 4, 156; aller studien und wissenschaften zweck gehet dahin, dasz man erlerne was das nothwendigste ist. Schuppius 418;
so denket dasz der zweck des krieges einig gehet
auf eintracht und vertrag: krieg ist des friedens knecht.
Opitz 1, 52 (Vesuv a. e.);
da der zweck ihrer (der gehirntafeln) organisationen auf empfindung, auf glückseligkeit eines geschöpfs geht. Herder id. 1, 195, der zweck, eigentlich das auf den zweck (d. h. ziel, eigentlich nagel in der scheibe) gerichtete auge (und geschosz) des schützen, wie es bei Opitz gleich darauf heiszt: wer auf was anders sieht (eigentlich: visiert); in demselben bilde spricht man noch von absicht die auf etwas geht, d. h. eigentlich das zielen, das absehen (am korn des gewehrs, s. unter korn 7); vgl. 14, a. b von geschossen, hieben die auf einen gehn.
β)
auch geistig, überzeugung u. ä.: die (vom philos. gesuchte) überzeugung geht .. auf alles dasjenige, was wir als gut oder nicht gut auf unsern zustand beziehen. Abbt 4, 124, es ist ihr gesuchtes ziel (s. 24, i). dagegen: das geht gegen meine überzeugung, widerspricht ihr, s. 33, m.
γ)
in völliger abschwächung für 'sich beziehen auf': gesetze a priori, welche auf den verstand überhaupt gehen. Kant 1, 335, vgl. darauf gehen eben die gesetze, hoc ipsum spectant, volunt Weber 333ᵇ. aber das sich beziehen, mit dem die philosophie nun gern dem bewegungsbilde entrönne, enthält doch auch ein solches, vgl. im 16. jahrh.: also das sich die wort in der schrift aufs menschen gewissen ziehen, und nachher wohin sie zu ziehen sind. Luther 4 (1556), 17ᵇ, ziehen, wie fäden.
b)
in anderem bilde, dem des weges oder ganges dáhin gehn, z. b.: mein streben, verlangen, wunsch gieng immer dahin, die gegensätze zu versöhnen; oder er muszte, wohín auch sein wunsch ging, der gesellschaft eine ganz neue gestalt geben. Göthe 19, 143 (lehrj. 5, 1), worauf er gerichtet war, was man unn vorzieht, das ziel ist dabei wieder deutlicher; s. auch unter d.
c)
auch ein vorschlag, antrag bei beratungen geht dáhin, 'meine meinung, mein rat geht dáhin', man möge u. s. w., was in dem alten hingehen nach zwei seiten beim abstimmen (s. 9, h) seinen sinnlichen ursprung hat; sagte man doch im 16. jh. auch noch ich gehe dahin für mein rat, meine meinung, z. b.: dahin geht auch Salomon 'förcht got und halt sein gebot, das ists alles'. Frank spr. 2, 134ᵃ u. o. auch ein rat geht zu gute, hat das gute oder beste der beratenen zum ziel (vgl. doch auch unter 19, g):
horet auch, ir herren, minen raid,
der gar wole zu gude gaid,
ab er uch alle dunket gut.
Alsf. pass. 2467.
auch ein beschlusz geht dáhin, nachdem vorher ein vorschlag durchgegangen ist; das letztere scheint mhd. folg. über gên, im Freiberger stadtr. § 14, von einer gewaltthat, zu deren schlichtung schiedsmänner bestellt werden: die gên (conj.) denne zusamene und râten wie si daʒ ebenen wollen. alse denne der rât ubergêt, waʒ si denne dâ setzen unde benennen (bestimmen), daʒ mûʒ vor sich gên. Schott 3, 200, wie der beschlusz ausfällt, durchgeht.
d)
noch deutlicher erscheint der wunsch (s. b) als selbstgehend, vom wünschenden gelöst und wie eigenwillig, d. h. mehr das gewünschte als das wünschen, fort gehen (vgl. Jeroschin u. 33, f):
aber mein wundsch geht doch nicht fort.
Ringwald tr. Eck. H 1ᵃ (G 4ᵃ),
hat keinen fortgang, wie es auch hiesz, jetzt geht nicht in erfüllung, früher auch gieng aus;
aber mein wunsch geht doch nicht an.
J 6ᵃ (1ᵇ),
an, d. h. vorwärts, fort (von statten 33, h). ähnlich los:
denn was ich rieth, wolt und beschlosz,
das gieng in allen puncten los.
H 1ᵃ (G 4ᵇ),
d. h. gleichfalls wie das geschosz, gewehr (14, b a. e.) auf sein ziel.
e)
auch blosz gehen, glücken, z. b. ein anschlag (eigentlich des gewehrs): dieser anschlag nicht gehen wollte. Schweinichen 1, 264, eigentlich in gang kommen; vgl. das geht nicht 17, b a. e., auch noch das geht nicht an, d. h. eigentlich vorwärts, stöszt auf unüberwindliche hindernisse, aber: es wird schon gehen 36, h, κ (s. auch 33, k). auch zurück geht ein anschlag, plan, absicht: welcher (der wind) inen aber wider ihr hoffnung zuwider gewesen und also ihre anschlege zuruckgegangen. Fischart klost. 10, 1070 (von der span. armada), vergl. hinter sich gehn 34, d.
30)
Auch spruch, rede, klage, urtheil u. ä. gehn nicht nur aus dem munde (der feder) 20, c, vgl. unter c nachher, sondern auch für sich dann weiter wie wirkende kräfte o. ä., daher auch gericht, recht, strafe geht über einen u. ä.
a)
ein spruch u. ä. geht,
α)
er geht so und so: hie sehen wir .. das der spruch (bibelspruch) so stark gehet, das auch die erneeret und gekleidet werden, die keine sorge dafür haben. Luther 4, 30ᵃ (1556 33ᵇ), so starke, nachdrückliche bedeutung hat. auch blosz gehen: da gehet der spruch Salomo prov. 16, das im der mensch etwas fürschlecht (vorsetzt), aber gott fuͤret es hinaus. 4 (1556), 37ᵃ, d. h. hier tritt ein, tritt in wirkung, geltung. von letzterer auch: so füret gott seine werk (behält die leitung), das er uns im glauben behalte, leszt sein wort gewis gehen. 33ᵇ, dasz es nicht zu fall komme, nichtig werde, also das gerade gegentheil von dem gehen lassen 11, f.
β)
geht dahin, 'zielt' dahin, hat das im auge (vgl. 29, b): das ist die deutung (bedeutung) dieser historien, also, das es alles dahin gehet .. das man halte am reinen gottes wort. Luther 4 (1556), 120ᵃ; die summa und inhalt alles sontagspredigen gehet dahin: mensch, es werde liecht in deinem herzen. Schupp. 191; dahin ist des Pertinax scherz gegangen. Olear. pers. reis. 2, 3. mhd. auch mit dar, war, wohin:
dat is nîman mit spotte verstê,
he ne mirche, war duse rede gê.
Wernh. v. Nied. 30, 12.
γ)
auch auf, darauf (29, a):
diz bîspel ûf den menschen gât,
der keine witze ze êren hât.
Freid. 144, 5 (2. ausg. s. 259);
unter euch ich zwar noch einen spür ...
'zwar, dise red die get auf mich'.
fastn. sp. 229, 17;
also das der spruch eigentlich auf dén verstand (bedeutung, sinn) gehe, das der mensch geschaffen ist in das leibliche leben. Luther 4, 16ᵇ (19ᵃ); das stücke gehet beide auf den man und das weib. bei Dietz 2, 45ᵇ. noch jetzt z. b. geht das auf mich, was sie da sagen? es wird ursprünglich dasselbe auf sein wie von geschossen (14, a). auch darauf hinaus gehn, jetzt beliebt (auch mit laufen): nun fing er an, schwatzte allerlei verkehrtes zeug, das darauf hinaus ging: ihr hättet ihn übereilt, er sei euch keine pflicht schuldig u. s. w. Göthe 8, 70. 42, 97. 305, das hinaus malt das ziel besser aus, auf das man doch warten musz.
δ)
auch mit über: das gehet nu nicht allein über die, die in sünden sind, sondern auch über die gleubigen. Luther 4 (1556), 34ᵇ; und gieng der spruch Mosi deut. 32 mit vollem schwank über sie, sie haben mich erzürnet .. so wil ich sie erzürnen. 8, 81ᵇ, d. h. traf ein bei ihnen, traf sie, wie ein richterspruch, s. folg. und das gehen α a. e.
b)
vor gericht geht über einen urtheil und clage (vgl. 20, d). ursprünglich doch auch mit auf, der beklagte heiszt im Ssp. der uffe den die clage gêt, nd. uppe den de klage gât I, 62, 9 (neben cleger). II, 9, 2 u. ö., der ûf den diu klage gêt Schwab. 78. 79, 2 (ursprünglich gewiss auch als angriff gedacht, wie ein geschosz), wie man ûf einen claget Ssp. II, 8, Schwab. 244; mit über, wie auch im Ssp. über einen clagen II, 4, 1 (vgl. urteil über und ûf unter c):
gesell, antwort und dich versprich,
ein grosze klag get uber dich.
fastn. sp. 156, 13;
gar pald verantwort hie die clag,
die über dich geet von uns allen.
784, 7.
ebenso das urteil, mit ûf: jener, uffe den daʒ urteil gât. Ssp. II, 12, 7; mit über: dasz der arme gute mann .. durch e. k. f. g. befehl eines urtheils und hülfe, so über ihn gangen ist, merklich beschädigt .. ist. Luther br. 3, 95. auch über die klage, als entscheidung: wollens (das fendlin, fähnlein) auf dissmal nicht mehr fliegen lassen, bisz uber solche klage ein urtheil gehe. Reutter kriegsordn. 64.
c)
auch das (oder die) urteil get schlechthin, ergeht heiszt das jetzt, wird ausgesprochen, daher es gen hören (vergl. gên vom wortlaut 20, d):
darnach fuͤrt man in für gericht
und seiner knecht wol zwen ..
si hörten die urtail (sg.) gen ..
Uhland volksl. 351.
mit seiner wirkung aber gêt es auch an die êre u. ä.: schephenbâre lûte mûʒen wol urteil vinden uber ieclichen man, eʒ enmûʒ aber ûf sie nieman urteil vinden, daʒ an ir lîb oder an ir êre oder an ir erbe gât, he insî in ebenburtig. Ssp. II, 12, 2, d. h. in der ausführung. ähnlich Theophilus, da er seine seele dem Satanas verschreibt:
dat ik dy einen breif sal schriven,
dei my an myne sele geit.
Theoph. 646 (332) Hoffm.
s. auch eʒ gêt ze hûte und ze hâre 36, f, β.
d)
daher auch das gericht oder recht geht über .., der rechtsspruch als spruch und in der ausführung: nu vernemet umb ungerichte (rechtsbruch), wilch gerichte dar uber gê. den dieb sal man hengen u. s. w. Ssp. II, 13, 1, auch ergên, von der ausführung: swilch richter ungerichte nicht enrichtet, der ist des selben gerichtes schuldic, daʒ uber jenen solde ergên. 13, 8. nhd.: es wird gar ein scharf gericht gehen uber die oberhern. weish. Sal. 6, 6;
leszt uber in gehn stracks das recht,
da wird keimand gefreiet von,
es sei bawr oder eddelman.
J. Sander trag. v. Joh. P 2ᵇ;
man .. leszet kreidenrecht (s. d.) über sie gehen. Mathesius hochzeitpr. 68ᵇ. auch gerihte als gerichtsbarkeit: swelich pfaffenfürste sô getân gerihte hât, daʒ über menschenbluot gêt. Schwabensp. 95, 4; vergl. gebot, reht gêt über .. 19, i.
e)
auch strafe, rache u. ä. geht über einen:
disiu zuht und dirre gerich
gienge billîcher über mich.
Iwein 1678;
es wird eine strafe uber euch gehen. Luther Hos. 5, 1; der zorn gottes u. ä. als strafe:
uber die burc gie der gotes slac.
Diemer ged. 17, 22;
gleich wie mein zorn und grim uber die einwoner zu Jerusalem gegangen ist, so sol er auch uber euch gehen. Jer. 42, 18; dein grim gehet uber mich. ps. 88, 17; vergl. von unglück 35, e, auch es geht über 36, c, δ. f, ε. auch der mann selber geht in strafe 5, d a. e.
f)
wie das ursprünglich als ein selbstgehen gedacht war, zeigt z. b. deutlich vom gerihte: nu vernemet umbe ungerihte, welh gerihte dar nâch gange. den diup sol man henken u. s. w. Schwabensp. 148, 1 G., d. h. wie in einer bewegten reihe (vgl. u. 7, e, s. auch 35, a), jetzt: welche strafe es nach sich ziehe, worin der ursächliche zusammenhang deutlicher ist, doch in demselben bilde. ähnlich in der natur, von innerer notwendigkeit des zusammenhanges:
waʒ meine ich danne mit der fruht,
diu nâch getihtes (der dichtkunst) blüete gât?
Konr. v. Würzb. Parton. 61.
in der capucinerpredigt in Wallensteins lager würde es für hinter dem U kommt gleich das W noch im 16. jahrh. lieber geheiszen haben nach dem U geht das W (nach dem S folgt das T Abr. a S. Cl.). s. auch folg.
31)
Auch freude, trauer, liebe, mut, angst u. ähnl. gehen, kommen an uns, wie selbstwillige gewalten und gestalten.
a)
mhd. z. b.:
nâch vröuden (vröude?) dicke trûren gât,
manec trûren vrœlich ende hât.
Freid. 117, 16,
kommt gleichsam hinter ihnen geschritten, wie unter f vorhin gerihte nâch dem ungerihte; vgl. noch nhd.: darnach kommet forcht ... und denn gat hernach frävel oder geherz (kecker mut). Keisersb. par. d. seel. 204 bei Scherz 501, 'kommt hinterdrein'; wie wir noch sehen, wenn es dahin kompt, das einer verurteilt wird zum tode, gehet einem solche angst unter die augen (s. 35, f), das er nicht weisz ob er man oder weib sei. Luther 4, 27ᵇ (24ᵃ), wo es freilich auch bedeuten kann: tritt ihm ins gesicht, für die andern sichtbar, aber doch auch von auszen kommend gedacht, wie in mhd. zuo, an gên, z. b.:
alrêrst gêt mir angest zuo.
Iwein 5983;
sô mich der minnende unsin (rasende liebe) ane gêt.
minn. frühl. 117, 33.
s. auch unter 7, e êre die vor dem guote gât, schœne nâch der liebe u. ä. (in andrer anwendung). das bild ist noch ganz deutlich im 16. jh.:
der faulkeit thut armut nach gan
stark wie ein gewapneter man.
H. Sachs 1, 332ᵃ (3, 492 K.).
vergl. die schöne dänische redensart lykken gaaer ham med, das glück geht mit ihm (vgl. einem mite gân mhd.).
b)
das ist von neuern dichtern wieder gebraucht, als sog. personification, während es vordem gar nicht blosz dichterisch war, z. b.:
über, unter, ümm und neben,
vor und hinter uns ist lust ..
wo wir liegen, wo wir stehn,
sehn wir freude mit uns gehn.
Fleming 426 (Lapp. 345).
Hagedorn und Giseke .. gingen neben einander (bei einer art vision im Thüringer walde). zwischen ihnen ging die männliche freude. Klopstock bei Kl. Schmidt, Kl. u. s. freunde 1, 74. auch die trauer, von verstorbenen geliebten heiszt es:
ist ihnen wohl: wer kan als ich sie stören?
im fall sie noch mich weinen sehn!
ha! kan mein dulden ihre ruhe mehren:
so soll die trauer gehn!
Gökingk 3, 211,
d. h. fortgehn (s. 5, a); das ist doch auch noch dem gebrauch des lebens gemäsz, denn jedermann sagt, ohne dichten zu wollen, der trauer, dem ärger den laufpass geben u. ä.
c)
liebe: aus voller rechter liebe, wie die rechte gottesliebe ist und gehet. Luther 6, 57ᵃ; bei den andern, die den glauben nicht anfechten, sol liebe und gedult gehen. 3, 266ᵇ (vorher gelten, vgl. 19, c, γ); wo bliebe denn (dann) glauben und liebe? sollen sie (etwa) hernach komen (als folge)? warumb sollen sie nicht voran gehen? 3, 36ᵇ; liebe gehet umb. Petr. 82ᵃ, d. h. im kreise, herüber und hinüber, ist gegenseitig, alles zugleich nach 32 (s. werk der liebe u. b dort). in einem hochzeitgedichte:
lieben hat nur gott gemacht,
liebe kommt von ihm gegangen.
Rist Parn. 574.
d)
im lande aber geht hungersnot, der hunger, mhd.:
der hunger gie überal.
Diut. 3, 101 (gr. 3, 782),
wie lat. grassatur, schreitet hin und her, vgl. sp. 2380 hungernôt gieng umme alle dûsche rîche; so noch im 16. jh. hergehen, z. b. vom kriege, einherschreiten:
daraus die kinder (schüler) lernen sollen,
wie krieg durch gut und blut hergehe.
Froschmeus. 2, 120 Göd.
auch noch jetzt: eine seuche geht um (einem gespenst ähnlich), die blattern gehn um. auch ein geist, gespenst geht um u. ähnl. (vgl. es geht irre 36, b, δ):
es geht ein finstrer geist durch unser haus.
Schiller Piccol. 3, 9.
vgl. auch gerücht das geht, umgeht 19, h.
e)
noch anders: nâch demôl daʒ (sintemal) hŷ sechsisch recht gêt (im lande), sô bitte ich ... blume v. Magd. s. 76, es erinnert zugleich an gehen für gelten 19, c, γ, vergl. von recht und ordnung Luther unter 32, c. ähnlich auch: Christus reich ist ein geistlich reich, gehet hie auf erden und ist doch nicht irdisch. Luther 3, 424ᵃ.
f)
wieder anders das recht geht seinen gang (s. gang II, 2, c, α), wie ähnlich die wissenschaft (s. das. β); mhd.: gerichte und recht mûste gê. Ködiz 20, 28, deutlicher vür sich gên 34, b, ungehinderten fortgang haben. auch innerhalb der wissenschaft u. ä.: schon in der ersten christlichen kirche war aus der neuplatonischen philosophie in mehrere secten mystik gegangen. Herder id. 4, 324.
32)
Auch das was wir thun und treiben, wird manigfach selbst als gehend oder als selbstgehend bezeichnet; vergl. u. 24 gehen vom handelnden menschen selber, z. b. sicher gehen. vgl. auch gang III, 2, a.
a)
unser thun z. b.: weil sein thun im glauben und gehorsam gottes gehet. Luther 8, 318ᵇ; nun ists gut, ich bin zufrieden, und mein thun geht wieder aus dem ganzen. Göthe 42, 297; mein inneres leben geht unverrücklich seinen gang. an frau v. Stein 1, 215;
'wie weit soll das noch gehn!
du fällst gar oft ins abstruse,
wir können dich nicht verstehn'.
werke 3, 266.
als bahn, laufbahn gedacht (vgl. 23 lebensweg): es sind bedenkliche zeiten .. unsere bahn geht zu ende. 8, 134 (Götz 4. act am ende), welches zu ende gehen übrigens die ausgedehnteste verwendung hat, als gegensatz zu angehen, z. b. ebenso gut ein spiel, theaterstück, ein buch, eine arbeit geht zu ende (wie an), wie eine nacht, ein jahr, das leben selber, ebenso gut vorräte (19, d) wie einnahmen, leiden und freuden u. s. w., alles wie einen bestimmten weg durchlaufend gedacht. wie bei unserm thun und treiben wir auch von diesem selbst abhängig sind, zeigt z. b.: o madame! unser eins (die postmeisterin) hat so wenig zeit zu weinen als leider zu beten. das geht sonntage und werkeltage. Göthe 10, 132 (Stella 1), und den trefflichen spruch im 17. jahrh.: wenn der handel (s. 33, f) nicht wil gehn, wie du wilt, so gehe du wie er wil. Lehmann flor. 1, 91, vergl. vorher man musz oft ein ander geig nehmen und spielen wie die geig wil. dagegen lehrt das sprichwort auch: wie mans treibt, so gehts, s. 33, b, γ.
b)
im 16. jh. das werk geht so und so oder geht überhaupt, d. h. was wir thun, treiben, betreiben (vgl. unter c): zum vierten sollen nu gehen die werk der liebe gegen dem nehesten, mit sanftmut. Luther 3, 37ᵃ, gegen, auf ihn gerichtet. vgl. die guten werk sollen nu gehen gegen dem nähesten br. 2, 343; ein gut werk, das gottes namen zu ehren geschicht und in seinem willen und dienst gehet. schr. 3, 267ᵇ; was das beste an einem werk ist, nemlich das es gehet in gottes geist, nicht angesehen wie lang, grosz oder schweer es ist oder wer es gethan hat. 4 (1556), 121ᵃ; gleich wie der bapst nicht darnach fragt, wo glaube oder liebe bleibe (vgl. unter 31, c), wenn nur die werk seines gehorsams und gesetzes gehen. 3, 36ᵇ; wie oft geschichts (nicht), das eim dinge ein böser name bleibet, wenn das böse weg ist? .. und schadet nichts, weil (so lange) herz, mut und alle werk anders gehen denn der name lautet. 3, 52ᵇ; das man die werk und stende, so in der welt gehen müssen und von gott geordnet sind, für unrein gehalten hat. 5, 357ᵃ. auch im werk gehen: das ist nu der artikel, der da imerdar im werk gehen und bleiben musz. 4, 413ᵃ; vgl. im schwange gehn 33, g.
c)
so von bestimmten werken, wie gottesdienst, predigt, lehre, auch recht und ordnung u. a.: fein were es, wo in einer iglichen herrschaft der gottesdienst auf einerlei weise gienge. Luther 3, 277ᵇ; das die predigt und sacrament recht gehen und getrieben werden. 5, 421ᵃ, wo das treiben die vorstellung deutlich macht (s. unter d); der gottesdienst, der itzt allenthalben gehet, hat ein christliche feine ankunft, gleichwie auch das predigampt. 2, 257ᵇ; der zeitlich fried .. ist eigentlich eine frucht des rechten predigampts. denn wo dasselbige gehet, bleibt der krieg, hadder und blutvergieszen wol nach (vgl. unter e), wo es aber nicht recht gehet, da ists auch nicht wunder das da krieg sei. 5, 176ᵃ; weil aber wir die gnade haben, das die lere recht bei uns gehet. 6, 297ᵃ; darumb gehöret hieher, was von den sacramenten zu predigen ist, und summa das ganze evangelium und alle empter der christenheit, welchs auch not ist das('s) on unterlas gehe. 4, 413ᵃ; wenn das evangelium nicht gehet, so ist der teufel in der welt. 3, 430ᵃ; wie es denn pflegt zu gehen in stedten und lendern, da kein recht noch ordnung gehet. 3, 230ᵃ, gehalten wird; dem folgen auch .. der grosze haufe der welt, da auch keine göttliche liebe, sondern eitel rauben und stelen gehet. 6, 47ᵃ.
d)
allerdings musz sich da wol gehen als umgehen im lande, wie unter 31, d. e einmischen, z. b. bei recht und ordnung; aber dasz es Luther auch wirklich als thun oder üben (genauer: geübt werden), auch bewusztes, auffaszte, zeigt schon das 'gehen und getrieben werden' 5, 421ᵃ (s. u. e), auch folg.: also thut er (gott) hie auch .. so lesset im (Abraham) gott in einem frembden lande das weib auch nemen .. also gehen alle gottes werk, er gibt uns die sterkesten verheiszung, so meinen wir denn, es sol gehen wie wir denken, aber so spricht er, ich wils uber dein denken und vernunft machen. 4, 122ᵃ (113ᵃ), gottes werke gehen, er verfährt so, wie vorher persönlich und mit es ebenso: so schlieszen wir nu aus dieser historien, das wir uns fürsehen sollen .. das niemands in einigem stand oder wesen (lebensstellung) gehe, er wisse denn das gottes wille ist. das.; im ehelichen stande sol es auch also gehen. wer da fület das er nicht jungfraw kan sein, der hat seinen beruf (zuruf gottes) das er ehelich werde. das., 'soll es ebenso gehalten werden', soll man es ebenso halten; also das nicht allein Adam befohlen ist kinder zu zeugen, sondern auch bei gott für gut angesehen, das es im wolgefellet und noch immer so gehen musz. 17ᵃ, in übung bleiben soll.
e)
wie aber das gehen deutlicher vorgestellt, eigentlich gemeint war, zeigt hergehen in gleichem sinn: was nu dergleichen ist (wie jenes ehelich werden vorhin), das sind eitel (lauter, alles) werk, die sicher hergehen auf gottes wort. Luther 4 (1556), 122ᵃ, einhergehn wie auf sicherm pfade. das bild vervollständigt sich unter c aus 5, 176ᵃ in dem krieg, hadder u. s. w., die, wo das predigampt gehet, 'nach bleiben', d. h. sie bleiben vor ihm zurück, werden von ihm überholt, kommen ins hintertreffen o. ä. nach dem 'gehen und getrieben werden' aber ist ursprünglich an vieh gedacht (oder pflug, wagen), wie in wie mans treibt, so gehts, s. 33, b, γ. s. auch im schwang gehn 33, g.
33)
Das selbstgehen der dinge, die wir betreiben, tritt in manchen fällen besonders deutlich hervor.
a)
die arbeit, z. b. in einer spinnfabrik (vgl. werk geht 32, b): nun war man schon bekannter geworden (die besucher mit den spinnerinnen), die arbeit jedoch ging ihren gang. Göthe 23, 54, auch neben oder über dem verkehr fort; briefgarnspinnen geht nämlich langsamer als spinnen am rade. 55; ein jeder sorgte nun für seine sachen, sie abzupacken .. bei dem éinen lichte ging alles sehr langsam. 18, 256; das lernen geht rasch, wenn mans nur richtig betreibt, angreift u. ä., auch gieng nun rasch vorwärts (kam zum ziele u. a.);
schüler. kann euch nicht eben ganz verstehen.
Mephist. das wird nächstens schon besser gehen.
Göthe 12, 96;
die arbeit geht auch von der hand, flink, frisch (s. IV², 354), schon im 16. jahrh.: und hat freude und ein senlich gefallen an solcher jungfrauen zucht und ehrerbietigkeit, zumal weil ir die arbeit von der hand gieng. Mathesius hochz. J 2ᵇ, wie gleichsam selbstwillig, vergl. mit 'will':
wil dir denn nichts gehn aus der hend?
H. Sachs III, 1, 237ᵈ,
es klebt ihm gleichsam in der hand, womit er zu thun hat.
b)
das alte gân bietet da eine lehrreiche betrachtung.
α)
mhd. hiesz es von allem, was einer betreibt oder wie er lebt, mîn dinc (vergl. f) gât so und so, z. b. wol, auch ebene, gut, gedeihlich, 'glatt' vorwärts (wie schiffe, rosse u. ä. ebene gânt):
manec man vil vriunde hât,
die wîl sîn dinc im ebene gât.
Freid. 96, 6;
sô mir mîn dinc niht ebene gât, swar ich kêre in dem lande,
sô denke ich sâ gein Nüerenberc, wie sanfte mir dâ wære.
Tanhuser MSH. 2, 93ᵇ.
auch allgemeiner gât mir ebene (s. 36, g), eig. mîn dinc:
und sol (man) dâ von niht gar verzagen,
gât eʒ im under wîln niht eben.
Haupt 6, 496.
β)
eigentlich steht aber dahinter der pflug, der in derselben wendung und bedeutung im gange war, wie in anderen entsprechenden wendungen (s. J. Grimm Reinh. fuchs s. 104, mhd. wb. 2¹, 512ᵇ, vergl. Freid. unter 34, a), ursprünglich beim bauer:
ein gebûre vile rîche,
der saʒ gemelîche (hauste fröhlich, glücklich) ..
vil harte ebene gienc sîn pfluoc.
fuchs Reinhart 18;
im (dem bûman) gêt sîn pfluoc harte wol,
sîn hof ist alles râtes vol u. s. w.
Hartm. arm. Heinr. 779 (var. eben unde wol).
das bild und sein sinn vervollständigt sich trefflich durch krumme furchen machen bildlich, schlecht in der wirtschaft gedeihen mit einer schlechten frau Brant 32, 24 (s. V, 2448), es hiesz gewiss auch mir gât der pfluoc krumbes, ich gedeihe nicht. man sagte aber auch den pfluoc trîben (auch den wagen), d. h. eigentlich die zugthiere:
den plôg kanst du wol drîven.
Uhland volksl. 447 (wol, nicht krumm);
dô wart dâ manich starc wagen
zû getriben al geladen.
Veldeke En. 188, 17.
γ)
daher denn noch wie mans treibt (d. h. sein ding), so gehts, im 16. jh. auch deutlicher: treibs, so gehts. S. Frank spr. 1, 22ᵇ. 12ᵃ, vergl. noch dens. u. 36, h, α, auch: wann ein ding gehet wie es gehen soll, so darf es niemand treiben, Henisch 1436; man treibt ein pferd, so lang es gehn kan. das.; was man nur mit gewalt vom platze bringt, geht leicht zu weit, wenns einmal geht. Felder sond. 2, 50, wobei der bauer gewiss noch an zugthiere und wagen gedacht hat; vgl. nd.: dat geit nich an (vorwärts), wenn alle sträng rite (reiszen). Frischbier preusz. spr. 1, 84. noch jetzt haben diesz gehn und treiben nahe beziehung und vertreten sich, z. b.: das geht oder du gehst zu weit (24, h) und du treibst es zu weit; da geht es arg her, und da treibt mans arg. und so je mehr, je weiter rückwärts, s. z. b. 32, c bei Luther predigt und sacrament, die recht gehen und getrieben werden; solch ding (misbrauch der geistlichen stifte) solten bapst, bischof, doctores besehen und beschreiben, so seint sie, die es am meisten treiben, laszens immer einher gahn, was nur gelt bringt. an den adel K 1ᵃ; vergl. auch mhd. für sich gên und für sich trîben unter 34, a und für das umbe gân im kampfe 7, d einen oder eʒ umbe trîben:
er begunde si umbe trîben   al ûf der heide wît.
Alph. 268, 3;
ich trîbe eʒ mit im umbe.
65, 1.
übrigens schoben sich auch andere bilder unter, z. b. von dem glücksrade, der glücksscheibe (vgl. u. 21, a, s. Grimms myth. 826):
trîp dîne schîben, sô si gât.
Amur 2012;
dem sîn schîbe als ebene gie.
Neidhart 68, 19;
daʒ ze wunsche gât sô wol mîn schîbe.
13, 39;
dem gêt wol sîn schîbe enzelt,
slehtes unde krumbes (s. u. krumm II, 4).
91, 13.
aber wie da mit enzelt zugleich der gedanke an das ross herantritt, so in schîbe zugleich der an das wagenrad, denn es heiszt z. b. auch: up vier schîvin lîf der wagin Wernh. v. Nied. 52, 20. 51, 26. daher auch daʒ gelücke schîbet, auf rädern oder als rad auf einer bahn gehend gedacht, wie die schîbe selbst auch:
swem sîn gelück begunte schîben
alsô daʒ eʒ gieng ûf sælden ban.
lieders. 1, 157;
sus gie vür sich (s. 34) mit toufe der kristen schîbe.
Lohengr. 7546,
machte das christenthum im lande einen groszen fortschritt.
c)
noch jetzt ist uns das bild nur leicht verhüllt, nur dasz uns dabei eine unbestimmte gestalt vorschwebt: disz handwerk geht nicht mehr, abjectum 'jacet' Frisch 1, 330ᵇ; ein geschäft geht gut, ist im besten gange, auch geht flott oder flau, lahm u. a., auch stockt, steht still oder lieber liegt darnieder, mhd. ist gelegen, d. h. eigentlich hat sich (erschöpft) hingelegt, ist zu fall gekommen, z. b. nachdem Helmbrecht und seine raubgesellen endlich beseitigt sind:
ûf den strâʒn und ûf den wegen
was diu wagenvart gelegen.
die varent alle nu mit fride ..
Helmbr. 1920.
fuhren gehen stark, der straszenverkehr der fuhrleute (die wagenvart mhd.): da .. seit einem jahre an keine wegbesserung zu denken gewesen ist und überdiesz die holzfuhren stark gehen .. Göthe 15, 35. auch der verkehr selbst, verkauf, vertrieb u. ä. (vgl. von der waare selbst 19, b): der vertrieb dieser waare ging auszerordentlich stark. 24, 246. werbungen, das werbegeschäft: um eben diese zeit war der siebenjährige krieg ausgebrochen, und die werbungen giengen stark. Schiller IV, 81, 18. auch von staatsgeschäften: der schlendrian der geschäfte geht ordentlich. Göthe an Knebel nr. 37, ist in regelmäszigem gange, fortgange; die angelegenheiten unsers kleinen staates gehen so sachte vor sich hin. ders. b. Beaulieu-Marc., Anna Am. u. s. w. 215 (vgl. 34, a). auch daneben gehen, wie parallel (vgl. u. 18, l): demungeachtet kann daneben das ruhige geschäft gehen, welches wir jetzt miteinander machen. Freytag v. handschr. 3, 17, auch deutlicher daneben her gehen, z. b. ein neues unternehmen neben einem älteren. im 17. jh.: der handel gehet nicht, il traffico non corre. M. Krämer 519ᵇ; auch die einkommen gehen nicht, le rendite non corrono das., zugleich zu 19, g.
d)
auch im einzelnen von bestimmten angelegenheiten, fragen u. ä. im geschäftsleben, die ihren eignen weg gehen müssen (s. δ).
α)
ein bericht, gesuch u. a. geht ein, bei einer behörde (vgl. unter 12, d), die sache geht weiter, bis ans ministerium; eine streitsache geht an ein höheres gericht, geht durch alle instanzen; ein gesetzentwurf im reichstag geht an die ausschüsse u. s. w., das selbstgehen ist eigentlich wie bei der sichel u. ä. 12, d, d. h. die sache und ihr weg bleiben dieselben, die hände durch welche sie geht, wechseln oder sind gleichgültig; zugleich ist das gehen wieder ein sichtbares, wie beim buche u. ä. 19, a, vergl. im 16. jahrh. von briefen, eingängen in der canzlei: (der canzler) lesset gehn was nicht ist schwer (wichtig) Rollenh. u. 11, e; s. auch 19, a a. e; es geht alles durch seine hände; alle verrichtungen gehen (passano) durch seine hand. M. Krämer 519ᵃ.
β)
aber auch mit verschweigen der hand, vom menschen selber: ich hatte dabei niemals unmittelbaren auftrag, sondern alles ging durch ein gutes weib, welche .. Göthe 21, 24 (wanderj. 1, 2), und so schon im 16. jahrh.: weil alles durch den grand thresorier geen musz (um zur königin zu gelangen), ist nit ein geringer feel begangen worden, das ihme in specie hierunder kein schreiben zukommen. Breun. v. Buch. 68 von seiner sendung in London.
γ)
das gehn von geschäften übrigens schon in mhd. zeit, auch mit an: swâ man bischofe ... nicht enkûset binnen sechs wochen, dâ die lênunge an den keiser gêt ... Sachsensp. III, 59, 2 (vgl. zu lehen gehen 19, f). davon dann angehen, das geht mich nicht an, ist nicht meine sache, nicht meines amtes, es wird aus der canzlei stammen, wie so manches. s. auch persönlich an die regierung gehen 24, l.
δ)
man hiesz oder liesz etwas auch seinen weg gehen, was einen nicht angeht: obs Adam nicht also (ebenso) zugericht hat wie wir, das gehe seinen weg. Luther 4 (1556), 16ᵇ; warumb aber Moses eben (gerade) also redet, das gehe seinen weg, er hat seine eigene mysteria. 18ᵇ, lasse ich an mir vorüber gehn ('fahren'), lasse ich 'dahin gestellt' (eigentlich sein).
e)
übrigens von allem, was wir betreiben, das zugleich halb oder mehr selbstwillig geht: es ging alles im hause nach des vaters kopfe. Steinbach 1, 540. auch z. b. eine schlacht, von deren gang die rede ist:
die schlacht geht frisch, die schwerter stehn im saft.
Uhland Ernst v. Schw. 132,
vergl. mhd. der strît stêt, 'kommt zum stehen':
der strît wart ob dem künege stên
und beidenthalp an kumber gên.
Mai 121, 17 (hs. stênt, gênt),
vergl. unter kummer III, 1, d. die schlacht als tanz (vergl. Voss unter 20, a):
der tanz ging ihnen zu mächtig
auf Kolbergs grüner au.
Arndt ged. 218.
auch ein spiel geht seinen eignen gang (wie im spiel z. b. das knötchen 16, h), dem die spielenden folgen müssen, geht an, geht weiter, geht ums ganze (s. 36, f, δ) u. a., vergl. vor sich gehen von einem schauspiel 34, b. ein schauspiel, eine oper geht über die bühne, geht in scene.
f)
zusammenfassend die dinge, sachen (vgl. mhd. b, α) gehen glücklich, gut, nach wunsch, krumm, schief u. a.:
ein mann, dem guͦt und ehr zufleuszt ..
und all sein sach im glücklich geht.
eins freiharts pred. Frankf. 1563 L 8ᵇ;
wann im die sach umbeschlecht und nit, wie er verhoft hat, über eck geet. Frank weltb. 38ᵃ, deutlich vom wagen beim wenden an einer schwierigen stelle, ecke; wer weisz, warumb unser sachen so krumm gehen, vielleicht gehen unser ampt (unser treiben) für gott .. auch krumm (diesz zu 32, c). Luther br. 5, 254, vgl. mhd. krumbes gên u. b, γ, deutlich mit vorstellung eines krummen weges, der vom ziel ab in die irre führt, noch jetzt z. b.: die frauen .. begehrten alles zu regieren, und wenn etwas krumm gehe, so sollten es die männer gerade machen. Gotthelf 2, 357. auch die sache gieng schief, wie ein wagen, der vom wege kommt:
das henkersding geht schief!
Göthe 7, 94.
auch einfach schlecht gehen, schlimm (eigentlich schief), älter übel, als gegensatz zu wol gehen (mhd. b, α, vgl.slehtes gleich ebene unter b, γ):
wo diese sach ist falsch, die etwa übel gieng,
ist Christus sache falsch, die ihn ans creuze hing.
Logau 1, 4, 25 (die gute sache).
die dinge gehen lassen wie sie (selber) gehen, s. 11, d, auch wie sie wollen (vgl. u. 16, i. 17, a), auf die lenkung oder das 'eingreifen' verzichten (vergl. den rat bei Lehmann 32, a a. e.); mhd. z. b.: (der sterbende) der denne alliu weltelîchen dinch lât gân als si gânt. Grieshaber pr. 1, 25. auch alles geht gut, nach wunsch, z. b.:
sus alliʒ daʒ si griffin an
mit urloige hî und dort,
daʒ gîng in wol nâch wunsche vort.
Jeroschin 120ᵃ (vgl. 29, b Ringw.);
darnach im alles das glucklich gieng,
was er (könig Sigmund) uf aller erd anfieng.
Liliencron 1, 237ᵃ;
Amalia ist ein spiel meines willens .. kurz! alles geht nach wunsch. Schiller II, 289, 25.
g)
vom ungestörten gange hiesz es besonders im schwange gehen (auch sein), womit die sache recht sinnlich ihre eigene bewegung erhält (vgl. ein werk in gang und schwang bringen Schm. 3, 541), von gutem und bösem: das er (gott) die creaturen in irem schwang und orden liesze gehen, wie er sie gemacht hatte. Luther 4 (1556), 15ᵇ; unter so viel patriarchen gottes wort im schwang gieng. bei Dietz 2, 44ᵇ; wenn das freie evangelisch leihen im schwank gienge (im geschäftsleben). 2, 45ᵃ;
die tugend geht im schwange,
weil (so lange) sie der friede schützt.
wir haben blutbad, die empörung ist im schwange gegangen. Tieck 5, 421; vgl. unter schwang. eigen zu zotten, zoten gehen: die gelübde, die itzt zu zoten gehen, haben gemeiniglich drei feil. Luther 4, 157ᵃ (168ᵇ), von den klostergelübden; das ... des unfletigen, wüsten unördigen wesens weniger würde, so itzt allenthalben zu zotten gehet. 401ᵇ.
h)
einfacher von statten gehen, eigentlich vom flecke kommen, wie ein wagen (auch für sich gehen 34, a): man sol nit gleich abstehn, wann nit des ersten rucks ein ding nach unserm willen von stat wil gehn .. felt der karr ein mal umb, heb in wider auf .. wer weisz an welchem ort das glück lig, oder wann sein zeit sei, das da geh was sich lang hat gesperrt. Frank spr. 1, 22ᵇ, das ruck und sich sperren zeigt deutlich das bild des wagens (s. 36, h, α); gehet im dazu von statten, was er fürnimpt. Luther 8, 318ᵇ;
der handel thut von statten gahn,
wie zeitung ist einkommen!
Soltau 2, 389,
von Gustav Adolfs siegreichem kriegszuge; ich zeige dir solches an, dasz du deinen willen darein gebest (zu der hochzeit), auf dasz es tapfer und glückselig von statt gange. b. d. liebe 202ᵈ. s. auch 29, d ein rat, beschlusz geht los, ein wunsch geht fort, in erfüllung.
i)
von verwirrung und untergang dagegen durch einander (vgl. u. 16, c), zu grunde gehn u. ä.:
wir bedürfen des helden werd,
als wol ietzo die sachen stan
und in der welt durch einander gan.
Teuerdank a. e.;
da (in der verlassenheit) verliert sich die gedult, da vergiszt man sich und alles,
läszt es durch einander gehn, strauchelt oft aus furcht des falles.
Günther 862 (schr. an seinen vater);
höchstens gabst du einmal den fünften act, wo alles recht bunt durch einander ging und die leute sich erstachen. Göthe 18, 49;
mag alles durch einander gehn,
doch nur zu hause bleibts beim alten.
12, 51.
im 15. jahrh. in deutlicherem, kühnem bilde, von allgemeiner verwirrung:
wann das der stett (reichsstädte) gewalt uf gee,
ich forcht, es tett dem adel wee (schweren schaden) ..
der Necker, Tounow und die Blaw
die würden durchainander gon.
alles drunter und drüber, wie bei einer bauernprügelei alls get zu haufen u. 16, c: wie leicht konnte das ansteckend werden und alles drunter und drüber gehn. Göthe 30, 113 (camp. in Fr. 4. oct.), vom plündern einiger soldaten im quartier, das bald verhindert wird (vergl. u. es geht 36, d). vom untergang, der mit dem niedergang beginnt, heiszt es zu grunde gehen, früher auch zu boden gehen, s. u. 16, d in eigentlicher und bildlicher bedeutung, auch zu sumpfe: wenn man dise ding (kirche, schule), recht und gericht) nimmer achten will, so zeucht gott hand abe, und musz alles zu sumpf gehen. Mathes. Sar. 90ᵇ. vgl. auch zu scheitern gehn u. ä. 16, f.
k)
bemerkenswert mit einem nachfolgenden inf.: dasz e. k. f. g. wol selbs sich werden wissen zu schicken in die sachen, so itzt gehen auszurichten. Luther br. 3, 334, im gange sind und ein eingreifendes richten fordern, auszurichten sind. nahe liegt der deckel geht nicht zuzumachen u. ä. 17, b, aber dort mit dem begriff der notwendigkeit, hier der möglichkeit.
l)
auch das blosze gehn so von möglichkeit, thunlichkeit, d. h. die dinge wie selbstwillig behandelt (s. schon 17, b. c), z. b.:
und du bist Petrus art, mein sinn! wenn man dich dränget,
so fragst du zornig stracks: wie, soll ich schlagen drein?
nein, nein, das gehet nicht!
Fleming 269 (L. 222);
Alcest. ei, lass' er sich den kopf mit warmen tüchern reiben!
vielleicht verzieht es sich (das kopfweh) ...
Söller. ja, das geht nicht so leicht.
Göthe 7, 104 (mitsch. 3, 9);
man äfft (mit dem ackerbau) die natur nach, die ihre samen überall ausstreut, und will nun auf diesem besondern feld diese besondre frucht hervorbringen. das geht nun nicht so, das unkraut wächst mächtig u. s. w. 16, 205 (br. aus d. Schw.); wenn ich nicht alle stärke .. auf ein object würfe und das zu packen und zu tragen suchte, so viel mir möglich, und was nicht geht, schleppe ich. an Salzmann 28. nov. 1771 (d. j. G. 1, 301), von seinem arbeiten am Götz, was widerstrebt, schwierigkeiten macht; jetzt also oder nie wirds gehen. Gräter an Klopstock in dessen briefw. 405 Lapp.; was nicht bei tage geht, das geht bei nacht .. ich war denn also alle nächte .. bei der Magdalis. Immermann Münchh. 4, 31;
ein rad zu schlagen, aufm kopf zu stehn,
das mag für lustige jungen gehn.
Göthe 3, 264.
das ist alles zugleich hausdeutsch, s. schon im 16. jahrh. Frank u. 17, c, Schweinichen u. 29, e, zu der letzten stelle aus Göthe: was nicht geht, musz getragen (gefahren) werden. Frischbier preusz. sprichw. 2, 60; vgl. auch u. 12, e die lampe geht noch u. ä. und es geht (an) 36, h, κ.
m)
auch kann etwas gegen, wider unser thun, denken, empfinden, wollen gehn, z. b.: das geht gegen meine überzeugung, widerspricht ihr, steht mit ihr im gegensatz; es geht etwas wider mein wesen, auf meine kosten .. einige allgemeine wahrheiten zu sagen. Seume 1, 3, in der einl. zu seiner selbstbiographie, die er auf fremden wunsch schrieb;
er ist nun einmal nicht gemacht, nach andern
geschmeidig sich zu fügen und zu wenden,
es geht ihm wider die natur, er kanns nicht.
Schiller Piccol. 1, 3;
umzukehren und vor ihr sich zu verstecken
schien wider die regeln des wohlstands zu gehn.
Wieland Amadis 12, 24.
auch das geht mir wider den strich (den ich verfolge), etwas was ich thun soll oder was in meinem kreise geschieht. kräftiger wider den strom (in dem ich schwimme): gott schickt inen (den gerechten) alles unglück auf den hals, also das sie dünket, es gehe alles widern strom. Luther 4, 504ᵇ (533ᵇ), doch zugleich: es gehe die welt verkehrt, das wasser gleichsam bergauf.
34)
Besonders entwickelt ist vor sich gehn, mhd. vür sich gân, eigentlich vorwärts gehn oder kommen, im gegensatz zu hinter sich gehen (d), jenes auch vorgehen (e).
a)
das eigentliche für sich gehen, jetzt vor sich hin gehn (s. 8, d) ist früh bildlich verwendet für gedeihen, 'vorwärts kommen' (vgl. Göthe u. 33, c), von statten gehn (33, h), wie vom menschen selbst: früe satt selten für sich gaht Henisch 1431, so von seinem thun:
wande er flîʒet sich dar zuo,
daʒ für sich gê diz werc von mir.
Konr. Parton. 217,
vgl. entsprechend für sich trîben, eigentlich den pflug, die zugthiere (s. 33, b, γ), z. b. von tumben wîben,
die wellen für sich trîben
swaʒ in gevellet in den muot.
das. 12070;
des wuochers pfluoc ist sô geriht ...
sîn gewin alleʒ vür sich gât,
sô al diu werlt ruowe hât.
Freid. 27, 19
(vgl. wucher treiben);
so geet für sich dein begirlichs werben.
Rosenblut, s. sp. 620;
es thu nu der teufel odder mensch, ein schalk odder fromer solch werk .. so gehet gleich wol die ordnung und befelh gottes für sich. Luther bei Dietz 2, 45ᵃ, in beiden fällen schon mit einschlusz des erreichten zieles.
b)
denn es bezeichnet nachher auch den ganzen verlauf einer sache bis zum ende: es gehet alles wol vor sich, omnia ex sententia procedunt. Stieler 627, gut von statten;
der Eckhart gern zu land uns brecht
den Sachsenspiegel Schwebschn recht,
das lauszen, frow, nit für sich gan!
Herm. v. Sachs. Mörin 1851,
laszt es nicht dazu kommen, verhindert das. auch mit dat.: früe auf den rosmarkt kam, vil schöner ross er feilset und darumb kaufet (handelte), doch kein kauf im für sich gieng. Steinh. dec. 78, 35. md. vor sich:
nu swiget, lieben lude,
und lat uch betuden (bedeuten),
wie dit spiel sal vor sich gehen.
Alsf. passionsspiel 87 (vgl. u. 33, e).
schon in mhd. zeit diesz md. vor, z. b. im rechtsleben: ist aber daʒ si iʒ dâ intscheiden, wes (für swes) si bekennen dâ, daʒ mûʒ vor sich gên. Freib. stadtr. § 12, Schott 3, 195, was sie erkennen, erklären, musz zur ausführung kommen; und waʒ die wîle geteidinget wirdet .. daʒ hât craft und mûʒ vor sich gên zu rechte. § 32 (259); vgl. u. e vür gân. dazu mhd. vürganc, md. vorganc: dirkennen dy ratman .. das ist der stat .. bequêmelich (förderlich) sî, sô sal is vorgank habin. dirkennen si abir, das es unbequêmelich sî, sô sal is abe gên. cod. dipl. Siles. 8, 58, nicht gelten.
c)
so noch vor sich gehn von allerhand dingen:
es soll die heirath vor sich gehen.
Hagedorn 2, 146;
und so geht es vor sich? Gotter 3, 55, d. h. es kommt auch dazu, wird was draus; da die analysis eines verstandesbegriffs nicht auf andere art vor sich geht. Kant 3, 186, zugleich: auszuführen geht, sodasz es auch an das blosze gehn 33, k angrenzt.
d)
als gegensatz entsprechend ist ursprünglich hinter sich gehen, wie z. b. noch in dem Leipziger kinderspruche beim auszählen zum spiel:
sechs mal sechs ist sechs und dreiszig,
und der mann ist noch so fleiszig,
und die frau ist lüderlich,
geht die wirtschaft hinter sich.
im 16. jh. z. b.: und im sein narung hinder sich ging. Eulensp. s. 43 Lapp., s. unter hinter IV², 1494, z. b. auch von anschlägen (plänen) die hintersich gehn, zuruck 29, e (vergl. rückgang), jetzt die sache geht rückwärts statt vorwärts, geht den krebsgang, auch das glück (als zweiseitig gedacht), eigentlich zu 35:
das kan aber leichtlich geraten (dazu kommen),
das unser glück geh gar zurück,
denn glück hat gar viel böser tück.
Froschm. III, 1, 11, 127.
e)
für vor sich gehn aber auch einfach vorgehn, mhd. vür gân. noch jetzt fragt man was geht hier vor? oder was geht hier vor sich? mhd.:
valsch geziugen stalt er dar ..
wie sölt daʒ reht dâ vür gân?
Boner. 7, 20, in B für sich gân;
an untriuwe, wâ diu vür gât,
ein guoteʒ ende selten stât.
6, 35.
noch im 16. 17. jh. fürgehn (s. d. 4, auch 7). aber auch vergehn, durch enttonung des vür, z. b.:
da sollichs geschach und vergieng (der kampf),
uf der walstatt man anfieng,
zu suchen die eidgenoszen.
Lenz Schwabenkr. 114ᵇ.
s. auch bei Schm. 2, 6 das recht hat sich vergangen, das gericht ist vorüber, eigentlich ist vor sich gegangen (vgl. process, procedieren). ebenso persönlich so und so verfahren, eigentlich vür varen, und zu etwas verschreiten, eigentlich vorschreiten. s. auch bloszes gehn für geschehen, wechselnd mit vergehn u. 35, b.
35)
Eignes gehen der dinge ganz unabhängig von unserm betreiben (s. 33, b) oder eingreifen.
a)
wie die zeit (22), so gehen die dinge in und mit der zeit: geht die bequem zeit hin, so geht das ding, derselben zeit eigen, mit hin, das mans in volgender zeit nimmer finden mag. S. Frank spr. 1, 99ᵇ; die zeit gehet und wir mit ihr. Henisch 1435, 62; sein alter (auch er) geht mit der jahrzahl Adelung. die zeit und dinge in ihrer folge gehn auf oder nach einander (vgl. 30, f): der rath soll gehen vor der that. Henisch 1435, 60, jetzt vorhergehen; daher ist die gewonheit ... blieben, das man das evangelium hart vor der predigt zu latinisch lieset .. aber weil die predigt drauf bald gehet und die (fremde) zunge verdeudscht .. warumb solt ichs verdamnen? Luther 3, 58ᵇ; wenn wirs unter uns ansehen (d. h. die creatur, eine gegen die ander), so kompt imerdar eins nach dem andern, der son nach dem vater, ein jar, ein tag nach dem andern. aber das alles, wie es nach einander gehet, ist für gott als ein augenblick. 4 (1556), 17ᵇ, vgl. 5, e kommen und gehn wechselnd; wenn man nu die welt ansiehet, vom anfang bis zum ende, so gehet für den leuten eins nach dem andern, für gott aber alles mit einander zu gleich. das.; damit ist noch nicht ausgedruckt, wie dasselbe alles zugangen ist (die schöpfung 1 Mos. 2), darumb holet ers in diesem cap. wider, thut viel wort dazu, das ers erklere, wie es nacheinander gangen sei. 18ᵇ, zugleich als bild für unser entwickelung, das sehr jung doch schon sehr verblaszt ist, vgl. das heutige hervorgehen des einen aus dem andern, oben 16, g gehen aus oder von, entstehen, herkommen, auch unter 5, e S. Frank. noch im 18. jahrh.: es geht eins aufs ander, est quaedam series rerum. Aler 868ᵇ. dichterisch gehen auch für vergehen, eigentlich fortgehen (s. 34, e):
der jugendflor der wangen,
die rosen sind gegangen,
all gegangen einander nach.
Rückert 369 (vgl. engl. gone).
b)
auch kurz für geschehen; mhd., in einer betrachtung des allgemeinen todes:
nu muoʒ eʒ über al gên:
unser keiner mac hie bestên.
warnung 3009, Haupt 1, 520.
aber auch mit benanntem subj., schweiz.:
vil mord, todschlag bim win gand,
huory, eebruch nit müeszig stand (beim wein).
Ruff etter Heini 399,
wo nach dem stând freilich mord und todtschlag als umgehende gestalten gedacht sein können (s. 32, d, auch c a. e. von rauben und stelen), aber die spätere hs. bessert gand in vergond, also eigentlich vür gânt, vorgehn (s. 34, e). noch jetzt: es hatte ihn wunder genommen, was gehe, darum war er hergekommen (ins rathaus). Gotthelf 8, 302, d. i. er war neugierig, was vorgehe; umsonst sprang der weibel herum und sagte, der herr venner liesze bitten zu pressiren (zu eilen, mit der wahl), sonst sei es zu spät, und gott wisse, was dann gehe. 305, geschehen werde, oder was dann komme, denn auch das gehen scheint nach dem gleichbedeutenden zugehen zugleich als ein herankommen gemeint; vergl. folgendes.
c)
auch wie es gieng, 'zugieng', ist eigentlich dasselbe (vergl. mhd. unter b und 36, h, ι):
zur wachtel, welche der gefahr,
dem garne kaum entronnen war,
liesz sich der stolze hänfling nieder.
mich dauert, sprach er, dein gefieder,
o sage, wie es immer gieng,
dasz du nicht flohst und man dich fieng.
Gellert (1839) 3, 424,
gewöhnlich: wie es kam, wie das so kam? eigentlich daher kam, an dich heran kam, oder in gleichem bilde wie das zugieng, diesz schon mhd., auch ohne dat.:
wie daʒ aber zû gienc ...
daʒ lât ûch hie zû dûte sagen.
pass. H. 156, 68;
wie kan es nun (nur) zuo gan,
dasz ein nar zwen witzig man
beschiszen sol durch sine list
und doch siner red beroubet ist?
fastn. sp. 845, 23.
auch es geht so und so ist eigentlich dasselbe, ausgemalt es geht zu oder her (daher): wenn es so sol in deudschen landen gehen, so ist mirs leid, das ich ein Deudscher geborn bin. Luther 5, 185ᵇ; so ungefähr ging es in Burgdorf (als nun die Franzosen da waren). Gotthelf 8, 306; drauszen sagte sie zu ihren mägden, drinnen gehe es kurlig, sie könne sich nicht darauf verstehen. 7, 86; in der kirche (bei der trauung) gings wie üblich, einige freundinnen der braut weinten u. s. w. 382. ebenso z. b.: das kann nicht so fort gehn, ich bin doch neugierig, wie das weiter gehn, wie das ausgehn wird, für letzteres aber ursprünglich ergehn, mhd. ergân. auch schon ags. gangan geschehen, verlaufen Grein 1, 368 und goth. gagaggan Phil. 1, 19: vait ei þata mis gagaggiþ du ganistai, οἶδα ὅτι τοῦτό μοι ἀποβήσεται εἰς σωτηρίαν.
d)
die natur geht ihren eignen weg: du wollest oder wollest nicht, so musztu thun, wie die natur ist, oder gehet doch andere wege, das solcher jamer draus folget. Luther 4 (1556), 15ᵃ, vergl. 14ᵇ die natur .. musz iren gang haben, es ist von der unnatürlichkeit des coelibates die rede; auch gottes wille, der zorn gottes als strafe:
was das (gottes wort) sagt, musz geschehen
und geht gewisslich fort.
Ringwald laut. w. 445 (398);
der zorn gottes .. der bisher gangen ist .. und noch gehet. Luther 4, 105ᵃ, im unaufhaltsamen gange; vgl. mit über 30, e.
e)
unglück, leiden geht über einen (vgl. 34, d a. e. vom gange des glücks): so ist alle dis grosz unglück über uns gegangen. Luther Dan. 9, 13, und wisset, das eben dieselbigen leiden über ewer brüder in der welt gehen. 1 Petr. 5, 9; ich bitte gott umb ein gnedigs stündlin, das er mich von hinnen neme und nicht sehen lasse den jamer, so über Deudschland gehen musz. schr. 5, 185ᵇ, über es hereinbrechen. den neid (ein ungewitter) lassen über sich gehen, subire tempestatem invidiae Aler 868ᵇ, vgl. 36, f, ε. auch fürüber, eigentlich über uns hin (s. vom gewitter, sturm unter 13, f, s. auch 22, c):
dück dich, lasz ('s) fürüber gan,
das unglück wil sein willen han.
Uhland volksl. 758.
das entgegenkommen hiesz auch wider gân mit dat., wie noch widerfahren (s. unter g):
dâ was daʒ leide,
daʒ im wider gie ..
leseb. 1839 812, 32.
f)
auch unter augen (d. h. dasz wirs vor uns sehen) geht uns was uns 'widerfährt' (vgl. unter g) in der alten vorstellungsart: und ist hie zu merken, das dieser psalm nimermehr wird gründlich verstanden oder gebetet, es gehe denn dem menschen der unfal unter augen. Luther 3, 2ᵃ; vgl. auch angst geht mir unter augen u. ähnl. 31, a, 36, g, β, s. einem unter augen gehen, offen entgegen treten unter 8, i, man muͦsz dem glück under augen gehn Frank spr. 1, 12ᵇ, dem übel soll man entgegen gehen Henisch 1431.
g)
noch sinnlicher, ursprünglicher zu handen, eigentlich in handnähe, dasz man nur darnach zu greifen braucht, oder auch sich wehren musz o. ä., oder auch in hant, als gabe, auch als aufgezwungen:
dis bîschaft (beispiel, fabel) sî zuo den geseit,
die dâ went (wollen) ân erebeit
wollust, lop und êre
besitzen iemer mêre.
daʒ mag in nicht zuo handen gân (nur dem fleiszigen).
Boner. 4, 35;
wænst du, sprach her Hildebrant,
daʒ dir die (so l.) risen gânt in hant?
wir müeʒen mit in vehten.
Virginal 894, 2. 469, 11 (s. Berl. heldenb. 5, 275);
mac mir diu stunde (gelegenheit) gân in hant,
îch gibe iu silbers hundert marc.
369, 11;
sô gât uns danne gelucke in hant.
465, 11;
er kam gen Frankrych in das land,
nun hörend zuͦ grosz abenthür,
ouch (welch) lieb und leid gieng im zuͦ hand.
Körners hist. volksl. 75.
deutlich auch vom zufall, der uns etwas 'in die hand spielt' u. ä., auch schlimmes: zuͦ seinem groszen schaden, so im dann widerfaren und zuͦ handen gangen was. Wickram rollw. 71, 10; niemand hett sich versehen, dasz dem Reymund solcher handel zu handen gangen oder widerfahren were. b. d. liebe 264ᶜ, er hatte nämlich durch unglücklichen zufall seinen herrn getödtet; er förcht, im woll dʒ oder dʒ zu handen gehen. Keisersb. seelenp. 204 (Scherz 501); noch jetzt von dingen, die uns der zufall entgegenbringt, es gieng mir gestern in die hand, z. b. auch eine wichtige stelle beim lesen, eine günstige gelegenheit im leben.
h)
daher wol auch das mhd. mir gât nôt, z. b.:
er begunde weinen,   des gie dem helde nôt.
Nib. 2252, 2;
nu wert iuch ellenden,   dêswâr des gât uns nôt.
1867, 3;
weinens gêt mir michel nôt.
Erec 5350,
s. mhd. wb. 2¹, 410 fg., nur selten und erst später mich gât nôt, s. Berl. heldenb. 4, 284 (das letztere übrigens wie homerisch χρειώ με ἱκάνει); bei dem acc. mochte hinter gân in gedanken an gân stehen, das J. Grimm unter angehen 1 als das ursprüngliche annimmt und auch belegt, mhd. und noch nhd. aus Luther, z. b.: so wir daselbs offenberlich beider gestalt bekand und verteidingt haben, und soltens nu heimlich verleugnen oder endern? was gienge uns not an? Luther 6, 18ᵃ, was nötigte uns dazu? aber der dat. ist einmal mhd. das ursprünglich herschende, und wenn bloszes gehn mit dat. auch sonst nicht unerhört ist, s. z. b. u. 5, d gemainen steten wer ein hilf gangen (gekommen), so kann das jenen dat. doch nicht genügend erklären, wie auch nicht die wendung mir ist nôt mit gen. oder mir widergât leide u. ä. (s. unter e), die doch dabei im sprachgefühl mitwirkend gewesen sein mögen. es hiesz aber wol ursprünglich mir gât nôt ze handen, in derselben vorstellung wie sô haben wir strît an der hant, auch den tôt u. ähnl., wie arbeit, kumber, bedrängnis, not:
arbeit, diu gât uns dâ in hant.
Virg. 10, 11;
kumber ist in gegân in hant.
535, 11 u. ö.,
wie es umgekehrt von glück heiszt (vergl. Boner unter g):
eʒ hatte in Nîflande
gegân im wol ze hande.
livl. reimchr. 8085;
auch abgeschwächt von guten fortschritten im lernen, z. b. von einer schülerin im harfenspiel:
dô gienc eʒ wol ze handen ir.
Konr. troj. kr. 15823 K.
statt zu handen übrigens auch umb die hand (d. i. in gefährlichster nähe); von der not, in die er vom riesen kommen würde, wie ihm Hildebrand warnend vorausgesagt, sagt Dietrich, als er in der not ist:
und was mir ye gesagt Hiltebrant,
das geet mir yetzund umb die handt.
Sigenot Nürnb. 1521 D 3ᵇ, 90, 5 Sch.
noch jetzt ist mit not eine entsprechende wendung gangbar von höchster alterthümlichkeit: wenn not an mann geht, im äuszersten notfalle; so weist du weder aus noch ein, wenn nun noth an den mann geht. Klopstock 12, 122 (gel. rep. 134), eigentlich: wenns zum kampfe, zur entscheidung über das dasein kommt.
36)
Endlich es geht, wieder mit eigner reicher ausbildung.
a)
im allgemeinen ist zu bemerken,
α)
wie sonst, ist es auch hier oft nicht eigentlich das allgemeine subject, das als unbestimmter begriff doch so bestimmtes zu leisten hat (s. b), sondern der vertreter eines im zusammenhange ausgesprochnen oder verborgnen begriffes, der das subject darstellt, s. z. b. daʒ spil gêt und eʒ gêt unter f, γ; ähnlich:
des wart ich dô ze spotte hie,
daʒ eʒ mir an mîn herze gie.
Iwein 4170,
eʒ, das spotten und das weh davon, vgl. 4509 daʒ begund im an sîn herze gân (s. 27, c) und nhd. es geht mir nahe dich so zu sehen; swer nachtes gehowen gras oder gehowen holz stilt, daʒ sal man richten mit der wid. stilt her eʒ des tages, eʒ gêt zu hût und zu hâre. Sachsensp. II, 28, 3, dasgewiss noch betont gesprochen. nhd. z. b.: ich hatte .. verschiedenes geschrieben und wieder ausgelöscht, als ich ungeduldig ausrief: es will nicht gehen! desto besser! sagte das liebe mädchen .. ich wünschte es ginge gar nicht. Göthe 24, 269;
Kuoni. frisch, fährmann — schaff den biedermann hinüber!
Ruodi. geht nicht.   ein schweres ungewitter ist
im anzug.   ihr müszt warten.
Schiller Tell 1, 1.
es verflieszt aber so vielfach mit dem wirklichen allgemeinen es, dasz eine scheidung nicht möglich ist.
β)
auch das tritt ein, wie für dieses vertretende es (vgl. II, 965 fg.), so in nachdrücklicher rede selbst für das allgemeine es; mhd. z. b., wie vorhin Iwein 4509:
daʒ (was) er dir leides hât getân,
daʒ sol ime an daʒ leben gân.
Alex. 3516 W.;
er hât mir leides vil getân,
daʒ muoʒ im an daʒ leben gân.
Sigen. 16, 5 (heldenb. 5, 210ᵃ),
wo eʒ (d. h. betont) eben so gut mhd. wäre. auch wirklich für eʒ, nachdrücklich:
weiʒ got, daʒ mûste ouch ubern lîp
mit maniger villâte gân.
pass. K. 619, 26 (s. c, δ);
so für das allgemeine es nhd. z. b. in der capuzinerpredigt (vgl.hüt dich für dem, das hoch hergehet Henisch 1431):
das geht ja hoch her.   bin auch dabei.
Schiller Wallenst. lager 8.
sagt man doch auch das regnet aber heute! vergl. auch das geht hoch hinauf für da geht es hoch hinauf O. Ludwig unter 12, a.
γ)
anderseits wird aber es auch ganz unterdrückt, wie das vertretende (s. Schiller u. α), so das allgemeine: handel recht, so hast du recht, und gehet dir recht. Henisch 1435;
und wenn punt uber eck wil gen,
zeucht (er) den kopf aus der schlingen.
meistergesang (s. II, 529);
nach dem mein eltern also ging,
war ich verstörzt gar ob dem ding.
Fischart flöhh. 2265 (2, 61 Kz., klost. 10, 840);
wie aber mein freunden sei gangen,
hab ich erst zeitung heut empfangen.
2283;
denn wenn die junkherrn raufen, schreien,
müszn die baurn ihr har darzu leihen
und geht über unschuldigs blut.
Froschm. III, 1, 11, 106;
als den hunden sol gangen sein.
190;
als ehe gieng zu Athen und Rom.
II, 3, 4, 175 (wenn nicht als's gemeint ist).
noch jetzt alem., z. b.: ihm gehe beim betteln so gut, dasz er nicht nöthig habe zu stehlen. Felder Nümmam. 189. schon mhd. mir missegie, giengs übel. s. auch Maaler und Göthes geh wies will h, ζ.
b)
die eigentliche meinung des es wird recht klar bei es geht von wirklichem gehen und bewegen.
α)
vom wege und dem gehenden oder fahrenden: wo gehts denn nach Weimar? fragt der wandernde; hier gehts nach Weimar, und da gehts nach Jena kann die antwort sein; es sind im stillen alle da gehenden gemeint, die vorigen und die künftigen alle, also eigentlich das gehen da überhaupt, begrifflich, zugleich aber der weg der alle bestimmt, und diesz alles faszt eben es zusammen und sagt das gemeinte also noch genauer als man geht oder der weg geht, sagt alles zusammen, was so ins unbestimmte ausläuft, doch aufs allerbestimmteste. Aber auch vom einzelnen gehenden oder fahrenden, vom einzelnen gange, z. b.: etiamne ambulas Plaut., gehts noch nit fort? Schönsl. T 2ᵃ; die müden rosse werden angeredet:
nun geht frisch drauf, es geht nach haus,
ihr rösslein, regt die bein.
P. Gerhardt 248 Göd.;
nun giengs steil bergan, vgl. das geht hoch hinauf u. a, β; es gieng trepp auf trepp ab, in einem weitläuftigen gebäude; der bote (garnträger) ... handelte das gespinnst ein, theilte frische baumwolle aus (in den spinnerhäusern), dann ging es rasch hinabwärts, wo mehrere häuser .. stehen. Göthe 23, 50 (wanderj. 3, 5), führte ihn der weg und das geschäft;
und, wie nach Emmaus, weiter gings
mit sturm- und feuerschritten.
26, 283.
Und noch anders:
donnerstag (gehts) nach Belvedere,
freitag gehts nach Jena fort (weiter).
Göthe 1, 166 (die lustigen von Weimar);
heut gehts aufs eis, ihr lieben, ade. Göthe u. Werther 235 (d. j. Göthe 3, 47), freilich eigentlich: ich gehe, und doch davon noch bestimmt unterschieden, zugleich: heute hält mich nichts, ich gebe mich dem zuge, der gelegenheit hin wie andere u. ä., kurz ein recht unbestimmtes subj. doch bestimmt empfunden und in es ausgesprochen. und das alles ist allgemein als hausdeutsch, in den büchern doch meist gemieden, und doch mit seiner vollen lebenswahrheit durch nichts zu ersetzen.
β)
auch ist es gewiss alt, gewiss schon mhd. (schon nach c, β); im 17. jahrh.: wir lärten (beim erstürmen des städtchens) die gassen bald, weil nidergemacht ward, was sich im gewehr befand, und sich die bürger nicht hatten wehren wollen. also gieng es mit uns in die häuser (zum plündern). Simpl. 1, 275, 15 Kurz (3, 8); das mit setzt erst recht die bestimmende kraft des unbestimmten es ins licht. noch jetzt heiszt es z. b. nun giengs mit uns rasch bergab, auch mit dem wege, auch heute gehts mit uns aufs eis; s. auch d, γ. ε. h, ε, bes. g, ζ. auch bildlich z. b. wenns lange geht mit ihm (dem schwindler), so treibt ers noch ein jahr. daher auch so: wenns lang umbher gehet, so musz doch der dieb an galgen. Henisch 1436, 42.
γ)
auch von anderer bewegung, z. b. vom reiten (vgl. u. α):
rasch auf ein eisern gitterthor
ging's mit verhängtem zügel.
Bürger ged. (1778) 95.
vom tanzen (vergl. polisch musz lustig gehen 20, a, auch von gesang unter d, ζ):
doch hurtig in dem kreise ging's.
Göthe 12, 55.
zugleich bildlich: wie von unsichtbaren geistern gepeitscht gehen die sonnenpferde der zeit mit unsers schicksals leichtem wagen durch .. wohin es geht? wer weisz es? 8, 216.
δ)
von geistern, gespenstern (s. 31, d) heiszt es gern so unbestimmt: es geht um in dem hause; es geht umb, lemures vagantur. Schönsleder T 3ᶜ;
im garten des pfarrers von Taubenhain
geht's irre bei nacht in der laube.
Bürger ged. (1789) 2, 165.
c)
auch anderes, selbst eignes thun stellt man unter umständen so gleichsam von sich weg jenem allgemeinen subj. zu, d. h. der macht der verhältnisse.
α)
gern mit dem gleichfalls allgemeinen inf., z. b. es geht zum scheiden, ans scheiden:
Carolus. komt, edlen, helft uns kleiden,
disz ist der letzte dinst, es geht nunmehr ans scheiden.
A. Gryphius Stuardus 2, 289;
als es zum scheiden ging. Göthe 22, 60; nun giengs ans ausarbeiten, einschreiben u. a.
β)
so namentlich mit an und dem unbestimmten artikel beim inf. (vgl. III, 133 u. 12):
sine mugen niht langer hie gestên,
eʒ muoʒ nu an ein scheiden gên.
Parz. 331, 2;
sît daʒ eʒ an ein gelten gât.
Walth. 104, 13,
da es nun zum bezahlen kommt, zum scheiden (s. u.α), und ein ist da eigentlich nicht der unbestimmte artikel, sondern jenes alte ein das noch bestimmter ist als der bestimmte artikel: das unvermeidliche scheiden, bezahlen, vergl. sô eʒ an daʒ gelten kumt Haupt 1, 474;
dô muose eʒ an ein strîten   von den von Tenemarke gân.
Nib. 2006, 4;
daʒ rât ich ûf die triuwe mîn,
ald eʒ gât an ein sterben.
Eckenlied 137, 12;
da ging es nun an ein ausreiszen. Mathes. Sar. 12ᵇ;
da gehts an ein picken,
an ein schlürfen, an ein hacken ..
Göthe 2, 90 fg. (Lilis park);
nun ging es an ein beten und flehen.
47, 225;
und nun ging es an ein fragen, an ein untersuchen. 18, 271; nun ging es an ein fragen nach der familie .. 20, 135; nun geht es an ein fragen und erzählen. 22, 153; nun ging es an ein mahlen. 38, 62. auch es ging an ein groszes geschrei Steinb. 1, 539, da gieng es an ein geschrei, ortus est clamor Frisch 1, 330ᵇ, für an ein schreien.
γ)
mit praep. und subst., gleichfalls schon mhd.:
ich half dir ie ze schimphe,
nu hilf ich dir alrgernest,
sît eʒ gât an den ernest.
Barl. 19, 12;
das notenlesen ging zuerst an, und als dabei kein spasz (von seiten des lehrers) vorkommen wollte, trösteten wir uns mit der hoffnung, dasz wenn es erst ans clavier gehen würde, wenn es an die finger käme (vgl. 5, e), das scherzhafte wesen seinen anfang nehmen würde. Göthe 24, 185 (a. m. l. 4); diese woche vergeht unter anhaltender theaterqual, dann soll es wieder frisch an vorgesetzte arbeiten gehen. an Schiller 27. jan. 1795; vgl. ich gehe an die arbeit 9, d. so übrigens unbeschränkt wenns in den krieg geht, wenns zu tanze, zu tische, aufs eis geht, auf die jagd u. a., nun gehts zu bette ordnet der vater an, auch nun gehts weiter der führer z. b. zu einem gefangenen, der doch selber geht.
δ)
besonders auch mit über (vgl. 9, i), in mehrfachem sinn, wesentlich von einer gewalt, übergewalt, auch schon mhd.:
hie gieng eʒ über der schilte rant,
dô si zesamne trâten (zum kampfe).
Erec 9137,
wie noch z. b. es ist recht über meinen hut gegangen, wenn er etwa zu einem spiele gedient hat (oder bei einer wanderung), es ist ihm stark zugesetzt worden, schaden geschehen;
swie eʒ ouch gienge ubern lîb.
pass. K. 173, 77,
obwol es das leben kostete; nach dem aus diesem buch (Liechtenbergers) ein fast gemeine rede ist entstanden gewest, es würde einmal über die pfaffen gehen, und darnach wider gut werden. Luther 3, 405ᵇ;
wird aber krieg gelaufen an,
so gehts über die unterthan.
Froschm. III, 1, 11, 106;
erst gehts uber den beutel dein,
die hebamm must du zalen par u. s. w.
H. Sachs 1, 441ᵃ (4, 343 K.).
auch mit lassen: nach dem dieser auf sein gebratens warten und also mit dem essen ein wenig pausiren muste, liesze ers über das trinken gehen. Simpl. 3, 155, 12 Kz. (Spring. 2), vgl. u. 11, h. z. b. eʒ ûf einen gân lâʒen, auf ihn los schlagen, wovon jenes eine weitere anwendung ist; es geht über den beutel, requiruntur sumtus. Steinb. 1, 540 (zugleich nach 9, i); lassen sie ja alles recht weich kochen und braten, dasz ich nicht sehr kauen darf. es wird mir gar zu sauer, und es geht auch so über die zähne. Gellert lustsp. 309 (loos i. d. l. 3, 8), es geschieht ihnen schade;
bei tafel, freund, beginnt erst meine noth,
da geht es über meine flaschen.
Schiller VI, 30 (d. berühmte frau).
etwas anders mit her (vgl. d, α): nun giengs über den wein her, auch über die arbeit u. a., wie man machte sich drüber her, d. h. mit einer gewissen tapferkeit, wie über einen feind den man zu vernichten entschlossen ist. vergl. auch unter f, ε von schlimmen folgen, strafe u. ä.
ε)
anders von reden: 'was hat es denn eigentlich gegeben?' .. 'worüber es ging?' antwortete Gabriel, 'ich hab's nicht gehört, aber das kann ich ihnen genau sagen, es ging über die alten Römer'. Freytag handschr. 1, 25. vergl. 20, d eine histori geht von .., handelt, erzählt. Auch von flieszender rede heiszt es: ich möchte sie predigen hören, es geht ihnen vortrefflich vom munde. Gellert 1784 4, 104 (2. br.); aber auch von gewandtem lügen: Röse. ich lüge nicht. richter. ich glaube ihr wiszt es selbst nicht, so glatt gehts euch vom maul. Göthe 14, 297 (bürgergen. 12), vgl. denselben unter 20, c.
ζ)
besonders bezeichnend ist es geht vom leder, man zieht die degen: damit gieng es vom leder. zwene giengen zugleich auf ihn los. Riemer polit. stockf. 286.
d)
überhaupt von allerlei thun und treiben, das da als selbstgehend behandelt wird oder doch von den verhältnissen geleitet, denen man es denn mit es geht zuschiebt; s. 32. 33, besonders wie mans treibt, so gehts 33, b, γ, eigentlich eine berichtigende antwort auf das vielgebrauchte es geht.
α)
es geht lustig in gesellschaft, gewöhnlich mit zu oder her (vgl. u. c, δ), aber ursprünglich und auch noch spät ohne diesz: ha, ha, da gehts volle wol. Garg. 81ᵃ (Sch. 138);
wo's fröhlich klang und lustig ging,
da rührten sich meine füsze.
Göthe 41, 319 (Faust 2. th. 5. act).
vom tanze (vgl. unter 20, a), es gat her clingen, krachen:
es solt ouch die lîrerîn ..
ainen tanz machen (aufspielen),
das es gienge krachen.
teuf. netz 12065;
so tuonts denn danzen und springen,
das es recht her gat clingen.
das. 12198.
es geht bei einem gelage auf allgemeine kosten, auf regiments unkosten u. ä., im soldatenleben:
gehts auf kosten des bürgers und bauern,
nun, wahrhaftig, sie werden mich dauern,
aber ich kanns nicht ändern.
Schiller XII, 54 (Wallenst. lager 12).
es geht aber auch bunt über eck u. ä., bunt durch einander (s. 33, i), z. b. in der fasnacht:
gnippen und gnappen, tanzen und gumpen
treibt junk und alt, grosz und klein.
dann get es durch einander rein,
knecht, maid und kint als wuͦten wirt.
fastn. sp. 383, 19.
sonst es geht bunt, toll, wild her oder zu.
β)
ähnlich und doch anders auf und ab: zuletzt kam die nachricht, ihr wäret blessirt. da war nun gar kein auskommen mehr mit ihr, den ganzen tag gings auf und ab, bald wollte sie reisen, bald bleiben. Göthe 11, 53 (Lila 1), schwerlich im hause trepp auf trepp ab (b, α), wol mit der stimmung, wechselndem entschlusz und unmut; vgl. andres auf und ab gehn 21, a, auch von andern zuständen heiszt es es geht (wechselnd) auf und ab, z. b. mit dem gedeihen eines geschäftes, dem befinden eines kranken (g, β), s. auch hoch und tief unter h, β.
γ)
was wir betreiben, mit dem geht es so und so (vgl. b, β): also geht es auch mit der beicht (d. h. man nimmts leichtsinnig) .. also gieng es auch mit diser guͦten frawen, die kam für den beichtvatter .. Wickram rollw. 88, 20. 22. es geht langsam mit der arbeit u. ähnl.: es geht verflucht langsam mit unserer verschanzung. Göthe 14, 97; es geht jetzt etwas heftig mit der rekrutirung. 11, 309. es geht lahm mit einem geschäfte, rasch mit dem wiederaufbau eines abgebrannten hauses, zu ende mit einer unternehmung (zum ziele oder zum aufhören vor dem ziele), immer wird in das es der hemmende oder fördernde einflusz der verhältnisse gelegt, die neben uns wie ihren willen für sich haben.
δ)
im spiele u. ä. heiszt es z. b. es geht reihe um, nach der reihe, und der einzelne musz sich dem es fügen, darf die reihe nicht durchbrechen wollen; ebenso bei einer abstimmung (s. 16, h), beim austheilen u. a., beim rundtrunk, da gehts aus éinem becher (19, g, γ Schiller), beim zutrinken mit brüderschaftmachen, von einem zum andern (vergl. V, 1680), z. b. bei der fasnacht:
fressen, und saufen stark dazu,
darnach gets umb 'da, du! da du!'
fastn. sp. 385, 17,
zugleich vom zuruf, s. unter ζ.
ε)
aber auch es geht aus dem spiele, tritt aus dem kreise des spiels in den ernst hinüber (oder hinaus):
dô gieng eʒ ûʒer deme spile.
Veld. En. 21, 8;
dô giengeʒ ûʒ der kinde spil.
Parz. 79, 20,
aus dem waffenspiel der lernenden oder kinder in bittersten ernst mit den speeren. daher von schlimmen dingen, von unglück:
it gingh dair buiszen schimp ind scherz,
der brandt wart groisz sunder maisz.
Wierstraat Neusz 846;
Herodes heeft der kinder ghedodet veel,
het gaet der nu al uut den speel.
hor. belg. 10, 62;
het gaet mit mi al uten spel.
178;
auch mit dat., wie jetzt das ist mir doch auszer dem spasze, das geht mir doch über den spasz:
daʒ gienge mir ûʒer deme spil.
Eneit 343, 3;
eʒ gât mir ûʒ dem schimphe.
Pfeiffers altd. übungsb. XIV, 129;
do gink it Reinken ût deme spele.
Rein. vos 1822;
nu gaet (d. i. gaet't) Reinaerde al uten spele.
Reinaert 1890.
sachlich ähnlich das geht mir zu weit (ihr treibt es zu weit, vgl. 33, b, γ):
Alcest (zornig und entschlossen). mein herr, nun gehts zu weit!
heraus! was wollen sie?
Göthe 7, 106 (mitsch. 3, 9).
ζ)
auch von singen, rufen, reden, lesen heiszt es es geht, es gieng, mit folgendem wortlaut (vergl. von tönen 20), ähnlich dem es gieng vom tanzen unter b, γ:
und soltinds leren lesen und singen (die lehrer die schüler),
das es recht hin gieng clingen,
wenn man ein (schüler) ze wihe sant (zum priester weihte).
teufels netz 11726;
weiter hielt unser Gurgelgrosz die zinskappige Martinsnacht .. da gieng es 'post Martinum bonum vinum' u. s. w. Fischart Garg. 50ᵃ (Sch. 79), da erklang der gesang; die heilig fantastnacht .. die war sein göttin .. da giengs: es kompt ein zeit heiszt fasenacht u. s. w. das. (80);
eichel, schellen, grün und herz
bringen dir bald freud bald schmerz.
bald gehts: jetzt hab ich gewonnen!
bald heiszts: mein geld ist zerronnen!
Simpl. 4, 321 Kurz;
vgl. es get umb da du! unter ε.
η)
es ist übrigens eigentlich dasselbe, wie von dingen die sich hören lassen, z. b.:
und auszen, horch! gings trap trap trap,
als wie von rosseshufen.
Bürger ged. (1779) 87,
sie sieht den reiter nicht, sie rät ihn nur. so besonders, wenn man nicht weisz was den laut gab: auf dem boden giengs knack knack! aber auch ohne diesz: in der mühle gehts klipp klapp den ganzen tag; da gings krach! und um schlug der wagen. Gotthelf 11, 302; krack ists an d'vordere achs gangen, krick an d'hindre (vom rasenden fahren). Eipeldauer br. 1, 7. vgl. 20, b die trommel geht u. ä., der pflug geht kirkar u. ä.
θ)
auch von thun und gebaren überhaupt, besonders von gewohntem thun:
siehst du des tischlers da drüben für heute geschlossene werkstatt?
morgen eröffnet er sie, da rühret sich hobel und säge,
und so geht es von frühe bis abend.
Göthe 40, 323.
ein lehrling erzählt wol von einem bösen meister: du esel, du schafkopf! so gehts in einem fort. aber auch von schlägen: wenn er prügelt, da gehts immer gleich aus dem ff. (wie beim singen aus a-moll u. ä. 20, a), wie auch von anderm gebaren, z. b. wenn die kinder im spiel den bauer darstellen: beim säen gehts so, beim dreschen gehts so (macht mans so, vgl. kommen 36, g), aber auch z. b. von unsaubern kindern, die alles an den ermel wischen es geht immer gleich auf den ermel. vgl. wort und geberd gehn, von lebhaftem reden mit geberden Frank unter 15, i.
e)
für das selbstgehen der zeit (s. 22) ist es geht besonders geeignet und längst in gebrauch:
dô eʒ an den âbent gienc.
Iwein 273;
sus reit sî allen einen tac ..
unz daʒ eʒ an die naht gienc.
5779;
der winter der ist gar gelegen ..
es get gen des maien zeit.
fastn. sp. 410, 25;
und (da) es ietzund gegen der nacht gienge. Bocc. 1, 71ᵇ (1580); worauf gehts? quelle heure sonnera-t-il? es geht auf zehen uhr (los). Rädlein 338ᵃ; bruder, es geht stark auf fünf. Fr. Müller 3, 27; es ging jetzt gegen abend. J. Paul biogr. bel. 1, 132; es gehet in die vierte woche, dasz ich ihnen geschrieben habe. Campe. wie aber zeit und verhältnisse im begriffe sich verflechten, zeigt z. b.:
nu gie eʒ an die heimvart.
Stricker Karl 10967,
wie vorhin an die naht.
f)
es geht vom gang der dinge und verhältnisse und ihrer wirkung auf uns.
α)
im kampfe geht es ans leben u. ä.:
do sprach der ungefuͤge man:
erst wil mirs an die riemen gan.
Sigenot 83, 5 Sch.,
d. h. an die riemen, die dem helme, der rüstung u. s. w. ihren halt geben, er hat eben eine wunde erhalten; noch im 16. 17. jh. als redensart:
es wird nun an bindrimen gan,
man wird aufn schwanz der schlangen stan.
Fischart flöhh. 3755 (2, 99 Kz., 886 Sch.);
ich liesze den gecken murren, bisz der bartputzer kame. als ich sahe, dasz es an den bindriemen gehn wolle, sagte ich .. Schuppius 610, wie: dasz es zum treffen kam. ans leben, mhd. auch an den lîp (d. i. leben):
daʒ er (Siegfried) sich hât gerüemet   der lieben vrowen mîn,
dar umbe wil ich (Hagen) sterben,   eʒ engê im an daʒ leben sîn.
Nib. 810, 4;
und ist der starke Sîfrit   komen in mîn lant (Brünhilds)
durch willen mîner minne,   eʒ gât im an den lîp.
395, 3;
vgl. 27, c von wunden, die ze verhe, an daʒ herze gânt, auch 14, a vom stich der nâhe gât (an den leib). aus dem kriegsleben auch: sacer manipulus, es geht an die zehend garb (beim mähen) odder es geht an die letzst rott (in der schlacht). Frank spr. 1, 14ᵃ, zugleich übrigens zu d, ζ, bei der garbe ist daran zu denken, dasz sie dem bauer verloren geht als zehnte. vergl. es wäre an die letst not gangen, der garaus wär da gewäsen, ad extrema ventum foret Maaler 156ᵃ, bei Stieler 622 es geht auf die letzte, ventum est ad extrema. ähnlich bei einer hinrichtung von gefangenen, von der ein betheiligter erzählt: da nam man min gesellen und schlug in och die köpf ab. und do es an mich gieng, da ersach mich des kungs (sultans) sun und schuf, das man mich leben liesz. Schiltberger 55 (c. 2).
β)
dann auch an die êre, triuwe, d. h. aus dem kampfe in das leben übernommen, wie so viele wendungen:
nieman weiʒ wâ er vriunde hât,
wan swâ eʒ an lîp und êre gât.
Freid. 96, 10;
doch wære diu eine magt
dâ wider schiere verclagt ..
gieng eʒ mir an die triuwe niht.
Iwein 4902.
im rechtsleben, von urtheilen: ordêl ne mût ên man ôk nicht vinden (als schöffe) over sînen herren unde over sînen man unde over sîne mâge, dâr't in an ir lîf oder an ir gesunt oder an ir êre gâ. Sachsensp. II, 12, 1; die dienstman .. mugen drîer dinge (in drei fällen) niht geziuc sîn über die frîen liute: dâ eʒ in an ir lîp oder an ir êre oder an ir erbe gêt. Schwabenspiegel 230 G.; dagegen mit zu: stilt erʒ (das gras oder holz) bî dem tage, eʒ gêt im ze hût und ze hâre. 170 (vgl. 169 hût und hâr ab slahen), vgl. übrigens unter a, α. im 16. jh.: sparen ist zu spat, wann es geht an die hoffstat oder hausrath. Frank spr. 2, 153ᵃ; s. auch es geht einem ans herz unter a, α, ins, durchs herz, zu herzen 27, c ff.
γ)
auch um das leben u. ä. geht es:
ê daʒ ich iu entrinne,
eʒ muoʒ mir umb (var. an) daʒ leben gân.
Rabenschl. 394,
d. h. ich wage das leben daran, setze es daran (eigentlich aufs spiel); wenne eʒ im (dem fuchse) umb daʒ leben gêt von siechtuom. Megenberg 163, 16;
es geht ums leben.   sei barmherzig, fährmann!
Schiller Tell 1, 1;
ich aber denke (in der rauferei), hier gehts noch um haut und haar. Immermann Münchh. 4, 32, es handelt sich ums leben, das leben 'steht auf dem spiele'.
δ)
denn aus dem spiel und seiner sprache ist das entnommen (s. 33, e), wie es da jetzt noch heiszt z. b. im skat es geht um die ganzen, um die halben; 'um was gehts denn?' es geht ums ganze, wo alles aufs spiel gesetzt wird. daswird hier unmittelbar für spil eingetreten sein, vgl. z. b. in der warnung 1312 und 1320:
daʒ er gedenkt, wieʒ denne gestêt,
ob daʒ spil an die verlust gêt ...
des spiles im niemen gestêt (steht bei),
im an die vlust gêt.
Haupt 1, 474.
ε)
vom ausgang, den folgen unsres oder fremden gebarens, wie er uns trifft (vgl. ausgehen 5): was ich gethan, geht an mir aus, ich muesz(s) büszen. Schönsl. T 1ᵇ. mit über (vgl. c, δ): wenn sich grosze herren raufen, gehts über der unterthanen haare. Steinbach 1, 540 (zugleich nach c, δ); über dich wirds gehen, thou shalt pay for it. Ludwig 716; ich will alles über mich gehen lassen, I'll be suffering. das.; vgl. die kösten über sich gehen lassen, detrahere de suis commodis Aler 868ᵃ (anders koste gât über etwas 17, e, γ), wie neid, unglück 35, e, auch 30, e rache, strafe geht über einen.
g)
besonders mit dat. mir geht es so und so.
α)
man fragt wie geht dirs? schon mhd.: der bîhter gêt dicke zuo der tohter (beichttochter) unde sprichet 'sage mir, wie gêt eʒ dir nû?' si sprichet 'eʒ gêt mir übel, mir ist himel und ertrîche ze enge'. Eckhart 464, 26; diu tohter kam für den bîhter unde sprach 'wie gêt eʒ iu nû?' er sprach 'von herzen wol'. 475, 11. auch hier ist die entstehung vonzu erkennen, eigentlich mîn dinc, meine dinge, angelegenheiten, s. 33, b, vgl. auch das. unter β mir gêt der pfluoc wol, ebene (gleichmäszig) u. ä., daher mhd. auch eʒ gât mir eben (das. α). auch glatt dar, gleichmäszig vorwärts: und solt darumb nit auf hören (mit beten), das es nit also glat dar geet als du mainest es dir dar geen solt. Keisersberg has im pf. b 4ᵇ.
β)
es schoben sich aber auch andere vorstellungen unter, z. b. eʒ gât mir wol ze hande, eigentlich in die hand, s. u. 35, h, oder unter augen, wie z. b. unglück 35, f: es würde euch nach absterben N. N. sauer unter augen gehen. Luther br. 4, 397. auch auf und ab, wechselnd (vgl. d, β): varie valeo, es gehet mir uf und ab, ietzt gesund, ietzt krank. Alberus Q 3ᵃ; es geht mir weder auf weder ab, mihi nec seritur nec metitur. Aler 868ᵇ. auch greift man scherzhaft auf das sinnliche gehen zurück, z. b. nd. wô (wie) geit et? antwort up'n foiten an'n besten, oder jümmer dôr den dreck, d. h. mäszig gut Schambach 59ᵃ, vergl. die antwort auf zwei füszen 6, a, auch Göthe, unter h, β.
γ)
es heiszt mir gehts wol oder übel, gut oder schlecht, schlimm u. a. (s. schon unter α mhd.), sowol von dauernden zuständen wie von erfahrungen im einzelnen:
myn sorg ist, wir verlieren me
und das es uns noch übler gee.
Brant 88, 33,
dasz wir noch schlimmeres erfahren, erleiden werden; der zarte neidhart, dem es leid ist, das es einem andern wol gehet. Luther bei Dietz 2, 46ᵃ; das im und seiner verzweivelten bubenschule viel erger gehen würde im concilio, weder es zu Costnitz dem bapst Johanni gangen ist. das.; auf das (d. i. das's) uns wolgehe alle unser lebtage, wie es gehet heuts tages. 5 Mos. 6, 24; so sage doch, du seist meine schwester, auf das mirs deste bas gehe umb deinen willen. 1 Mos. 12, 13, dasz ich bessere behandlung finde; es ist guͦt gedultig sein, wann es eim wol geht. Frank spr. 2, 102ᵃ; wems zu gut geht, der wird übermütig;
o ungeschränkte majestät (Christus am kreuze),
wie kömmts, dasz dirs so kläglich geht?
das macht dein huld und treue.
P. Gerhardt 42 Göd.
auch von gegenständen, doch mehr in spaszhaftem ton: Georg. ich hohlt meines vaters altes schwerdt .. lief auf die wiese und zogs aus. Götz. und hiebst um dich herum? da wirds den hecken und dornen gut gegangen sein. d. j. Göthe 2, 246. als abschiedsgrusz: lasz dirs wol gehn, bene tibi sit. Schönsleder T 3ᵈ.
δ)
das wol oder übel auch auf andre weise ausgedrückt, oder allgemeiner, vom inneren wie äuszeren ergehen, vom gröszten wie vom kleinsten (vom erstern gern ergehen):
es gat in als si hand verschuld.
Uhland volksl. 431;
wie es einem gehet, also gebaret er. Frank spr. 2, 23ᵃ (nachher wie es eim ieden umbs herz ist); mit rechten leuten gehts eim recht. 2, 154ᵃ; sie sprachen zu mir (Aaron), mache uns götter, die fur uns her gehen (als führer), denn wir wissen nicht, wie es diesem man Mose gehet, der uns aus Egyptenland gefüret hat. 2 Mos. 32, 23, was er für glück hat (vulg. nescimus quid acciderit), vergl. wie es einem geht und er glück hat, also stelt er sich (gebaret) Frank spr. 2, 145ᵃ; legt das kind drein und legt in in den schilf am ufer des wassers. aber seine schwester stund von ferne, das sie erfahren wolt, wie es im gehen würde. 2 Mos. 2, 4, was mit ihm werden würde; der könig aber sprach zu Cusi, gehet es dem knaben Absalom auch wol? Cusi sprach, es müsse allen feinden meines herrn königes gehen, wie es dem knaben gehet. 2 Sam. 18, 32; da sprach sie zu irem vater, mein herr zürne nicht, denn ich kan nicht aufstehen gegen ihr, denn es gehet mir nach der frawen weise. 1 Mos. 31, 35, ich bin schwanger; es ist ihr unrichtig gegangen (Steinbach 1, 538), sie hat abortiert, bei Rädlein es ist ihr übel gegangen (mit einem kinde) 338ᵇ; also gieng es der biblia unter dem bapst auch, die man öffentlich ein ketzerbuch hiesz. Luther 6, 316ᵃ; sagten sy, ich solte schweigen, esz mecht mir auch also gon (d. h. verbrannt zu werden), wil ich auch Lutheraner. F. Platter 157;
(mein geist) spielt oft das widerspiel, und da er weinen soll,
so läuft, so springet er und jauchzet lachens voll,
und so auch gieng mirs itzt.
Fleming 106 (Lapp. 177);
der major, als er in sein zimmer trat, fühlte sich wirklich in einer art von taumel .. wie es denen geht, die schnell aus einem zustande in den entgegengesetzten übertreten. Göthe 22, 60.
ε)
der dat. wird auch unter umständen unterdrückt (d. h. nur gedacht), der arzt z. b. fragt den kranken wie gehts denn heute? der besucher im hause wie gehts denn allerseits? wie ist es denn immer gegangen? bei Rädlein 338ᵃ wie gehts, wie stehts (s. h, γ), wie hält das leben? antwort z. b. es geht noch so erträglich, it is indifferent Ludwig 715. so erzählt Th. Platter 62 do fiengs an woll gan, besserte sich unsere lage. anderseits wird auch es unterdrückt: mir geht gut, wie mir gangen sei, s. a, γ.
ζ)
auch mit dient wieder (s. b, β):
ik sprak: wô geit it mit ju, ôm?
Rein. vos 5976;
wie gehts heute mit dem kranken? mit dem befinden? mhd. dafür auch umbe, z. b.:
lûte rief dô Dancwart   daʒ gesinde alleʒ an
'ir sehet wol, edel knehte,   wie eʒ umb uns wil gân'.
nu wert iuch ellenden ..
Nib. 1867, 2 (vgl. Lachmanns anm.),
wie noch jetzt bei stehn, man fragt wie es um einen steht (neben mit einem), es mögen eigentlich die 'umstände' gemeint sein, die wirkenden verhältnisse um uns, während bei mit das es noch mehr persönlich wird; vergl. auch mit einem gehen, leben 7, d und beides in mit einem umgehn, ihn so und so behandeln.
η)
auch es will mir nicht gehen, mihi nihil procedit, res meae haerent Aler 868ᵇ, zugleich zum folgenden.
h)
Endlich es geht von den dingen, umständen, verhältnissen, die da wie selbstgehend, ja selbstwillig behandelt werden, wie schon im vorigen oft, vergl. das mhd. wil vorhin, nhd. unter 17, a.
α)
was hinter dem es eigentlich steht (zunächst das ding, s. g, α), war noch im 16. jh. deutlich: lein dich dran, so muͦsz es gon (l. gan). S. Frank spr. 1, 26ᵃ (muͦsz, auch wenns nicht will); noch ein zug, so gehts. 2, 68ᵃ, eigentlich der wagen, karren, (greif ans rad, so geht der karrn 1, 12ᵇ), der so viele bilder und lehren fürs leben hergegeben hat (s. z. b. u. 33, f. h Frank), natürlich zugleich mit gedanken an das zugvieh, wie noch deutlicher in wie mans treibt, so gehts, s. dazu 33, b, γ Frank und noch Felder; im 17. jahrh.:
wenn jeder thut so vil er soll,
so gehet ross und wagen wol.
Henisch 1435, 38;
gehet es wol, so gibt man zoll. das., sprichw., doch wol aus fuhrmanns munde, von guter strasze, wie vom schmieren der räder: es geht als wann es geschmiert wäre, res it bene Aler 868ᵃ, noch jetzt es geht wie geschmiert, glatt, glücklich von statten, aber nun auch: es geht wie mit dampf, so rasch.
β)
das gehen darin wird auch noch jetzt beim worte genommen, wie von dichtern so auch im gemeinen leben, z. b.:
Mephist. was sich nur ansah (damals, in der vorigen zeit), waren feinde ...
denn leben hiesz: sich wehren — nun, das ging.
Faust. es ging, es hinkte, fiel, stand wieder auf,
dann überschlug sichs, rollte plump zu hauf.
Göthe 41, 261 (Faust 2. th. 4. act),
vergl. im sprichwort wie es gehet, so gehets, wie es fellt, so fellts Henisch 1436, 53; im leben heiszt es auf die frage wie gehts? auch z. b. es schleicht nur, geht lahm u. ä., s. auch die scherzenden antworten g, β. im 17. 18. jh. auch noch sinnlicher daher, her gehen (wie jetzt noch zugehen), vergl.laszt es anhin gehn Bebel, laszens immer einher gahn Luther unter ζ; was wird aber nun geschehen? wie wird es nun ferner daher gehen, o du tolles und thörichtes Teutschland? Rist friedewünsch. Teutschl. 52;
so geht es leider her: man lobt uns auf der bare,
und haszt uns auf der welt.
auch in anderm bilde auf und ab, hoch und tief (s. d, β); zwei freunde begegnen sich:
wie gehts? fragt' einer. wie solls gehn?
bald hoch, bald tief u. s. w.
Gotter 1, 161,
wo denn die vorstellung des glücksrades nachwirkt (21, a).
γ)
aber auch hier wieder das zusammenfassende 'gehn und stehn' (4, d), wie u. 17, c was gehn und stehn mag, menschenmöglich ist (Göthe 12, 135): drumb gaht und staht es auch (in der welt) wie wir sehen. Luther an den adel M 3ᵃ; ihr erfahret ja heut wol, dasz es desto besser in der welt steht und geht, weil man canzel und canzelei vermenget. Fischart Garg. 150ᵇ (Sch. 278), 20. cap. a. e.;
weil (so lange) man glauben helt,
so stehets und gehets recht in der welt.
Henisch 1435;
Martha. er liebte nur das allzuviele wandern,
und fremde weiber, und fremden wein ..
Mephist. nun nun, so konnt' es gehn und stehen,
wenn er euch ungefähr so viel
von seiner seite nachgesehen.
Göthe 12, 155.
fragt man doch nach denselben dingen wie stehts? und wie gehts? (auch verbunden g, ε), mit jenem nach dem 'zustande', dem stätigen, mit diesem nach dem fortgange, dem bewegten, und aus beiden sind doch menschliche und weltdinge allemal gemischt.
δ)
das gehen meint denn eigentlich auch ein fortgehen, weiterkommen, als welches auch das gedeihen, gelingen, glücken u. ä. gedacht wird: res progressum habet, es geht. Schönsleder T 1ᶜ; gehet es nit zum ersten mal, so gehet es zum andern mal. Frank spr. 2, 68ᵃ, auf den ersten anlauf, beim ersten versuche; versuchs nur, es geht schon; aber der müde ruft es geht nicht mehr! der verzagende es geht nicht! auch es will nicht gehen, non succedit Henisch 1426 (vgl. Göthes was nicht geht, schlepp ich u. 33, l), es will nicht mit ihm gehen, il n'avance point Rädlein 339ᵃ; s. dazu u. λ. auch deutlicher es geht vorwärts, von statten u. ä. (s. 33, h), es geht rasch, flott, glatt (s. schon Keisersb. u. g, α), glücklich, nach wunsche, über erwarten gut u. s. w., auch blosz fort (s. 33, f), früher auch dar (g, α), daher, einher, anhin (s.β) u. a.; wann es wol geht, so ist guͦt rathen. Frank spr. 2, 102ᵃ; ihr wiszt, es geht noch wol, wann schon ein ganz dorf verbrent und nur des pfaffen haus aufrecht bleibt. Garg. 154ᵇ (Sch. 286); wenns gut geht, sind wir übers jahr am ziele u. ä.
ε)
aber auch es geht rückwärts, z. b. mit einem geschäft (s. b, β), einer unternehmung, früher zuruck, hinter sich (s. 34, d): genug, es ging mit dem mann rückwärts. Göthe 21, 199. auch es geht schief, krumm (d. h. vom wege ab), schlecht u. a., auch zum ende mit einem, zum garaus u. a.: jederman hätte vielleicht gedacht, dasz es nunmehro mit dem armen Simplicissimo zum garausz gehen würde. Simpl. 1685 1, 77; es geht mit ihm zur neige. Steinbach 1, 540. auch bei bedenklichem gebaren als entschuldigung: es geht ihm darnach, ses aventures le poussent à cela, son désastre le veut ainsi. Rädlein 339ᵃ.
ζ)
das selbstwillige des es tritt deutlicher hervor (vergl. u. d): es gange wie es wölle, quocunque res cadent. Maaler 156ᵃ; krebs die im schlitten zihen, darbei der spruch 'es geht wie es mag' (als apothekerzeichen). Garg. 1590 s. 26; brautvater. wie meinst du? bräutigam. wir wollen (nach Speier zur anzeige), gehs wies geh. d. j. G. 2, 302, vgl. vorher: geh aber wies will, processiren thu ich mein tag nit mehr. 301, geh ohne es (s. a, γ), wie im 16. jh.: gange recht wie es möge, sed haec fors viderit. Maaler 156ᵃ. daher es gehen lassen, wie es geht, wie es will, kann u. ä., s. schon u. 11, d: laszt es anhin gehn, wie es doch geht. Bebel fac. 72ᵇ; derhalben dünkt michs wol verantwortet, das (d. i. das's) e. gestrenge müsse im churfürstenthum lassen gehen, wie es gehet, und nicht macht haben, etwas zu endern. Luther 4 (1556), 336ᵃ; laszens immer einher gahn, was nur gelt bringt. an den adel K 1ᵃ (s. unter 33, b, γ);
drümb laszt es gahn, gleich wie es geht,
in aller welt es übel steht.
Soltau 2, 285.
dagegen auch: lasset es in gottes namen gehen. Schupp. 22;
es gehe wie es gehe,
dein vater in der höhe
weisz allen sachen raht.
Fleming 290 (in allen m. thaten a. e.);
sei nur still und harr auf gott ..
es musz gehen, wie er will.
kirchenlied von H. Elmenhorst.
η)
daher auch vom verlauf der dinge, wie er eben geht (im gegensatz zu dem es geht, schreitet fort zum ziele u. δ), auch deutlicher zugehn, hergehn, einhergehn u. ä. (s.β), schon mhd. zuo gân (35, c):
sus gât eʒ in der welte:
verderb ich dich, verrât du den u. s. w.
Reinfried von Br. 26318;
wie es denn itzund in der welt für augen gehet (mit unzucht). Luther 4, 15ᵃ; sihe, dise stad ist belegert .. und wie du geredt hast, so gehets. Jerem. 32, 24; da sprach Jesus zu im (Petrus), stecke dein schwert an seinen ort .. wie würde aber die schrift erfüllet? es musz also gehen. Matth. 26, 54, griech. γενέσθαι (vgl. so muszte es kommen); wir sehen das also gehet wie er sagt. Luther bei Dietz 2, 45ᵇ; wie es itzt leider gat. das.; aber itzt gaht es, das iderman zur pfafferei und muncherei gezogen wird. an den adel M ijᵇ;
so gahts, wann man ungehorsam ist.
Fischart flöhh. 838 Sch.;
so gehts wenn man im krieg veracht
guten rath, kundschaft, fleiszig wacht.
Froschmeus. Zz 8ᵇ (2, 253 Göd.),
geläufige formel bei nutzanwendung aus einer thorheit;
und soll es nun nicht anders gehen,
ich musz von ihr gehasset sein?
Fleming 407 L.;
wie es in solchen fällen zu gehen pflegt. Weber 333ᵇ;
's ist hier just, wies beim einhauen geht,
die pferde schnauben und setzen an u. s. w.
Schiller XII, 54 (Wallenst. lager 11);
bei Kolberg auf der grünen au
gehts mit dem leben nicht zu genau.
Arndt ged. 217.
im leben: wenns nach mir geht, musz er ein medicus werden. Lessing; wenn es nach verdienste gehen sollte. Adelung.
θ)
auch für das weitergehen, den weiteren verlauf:
wie es nun geht (mit der schlacht), es musz sich zeigen.
doch mich verdrieszt die halbe flucht, das weichen.
Göthe 41, 265.
auch mit weiter, fort u. a. (vgl. vor sich gehn 34): der roman ist .. so glücklich im gange, dasz sie, wenn es so fort geht, heute über acht tage das achte buch erhalten können. Göthe an Schiller 18. juni 1796; es kann gar nicht so fort gehen; ich bin doch neugierig, wies weiter gehen wird mit ihm, auch wie es noch ausgehen wird; ich will gerne sehen, wie es einmal damit gehn wird. Rädlein 338ᵃ. in einem fastnachtspiel vom rosengarten der Kriemhild:
nu merket, wie es weiter gat.
Germ. 22, 421ᵃ.
auch wenn etwas geschehen ist, fragt man wie es gieng, zugieng, gerade so kam:
o sage, wie es immer gieng.
Gellert 3, 424 (s. sp. 2463);
Octavio (zu Butler). steckt ein.   sagt ruhig, wie es damit ging. ich will
genugthuung nachher euch nicht verweigern.
Schiller XII, 258 (Wallenst. tod 2, 6).
ι)
aber auch wieder von möglichkeit, thunlichkeit, in hinsicht auf eine hemmung, die dem es in den weg tritt, s. schon 17, b und 33, l, mit benanntem subj.; mit es (zum theil schon dort): sie wissen doch, dasz man (in der deutschen rechtschreibung) nach und nach die nur sichtbaren und nicht hörbaren consonanten wegwirft. das wollte man ehemals auf einmal thun, und so ging es nicht. aber nach und nach wird es denn doch zuletzt gehn. Klopstock br. 245 Lapp. (auch in gang kommen); zur bestimmten stunde kamen weniger wagen als man erwartet hatte .. man theilte sich in die wagen, so gut es gehen wollte. Göthe 18, 251 (lehrj. 3, 3), denn auch da wird dem es ein wille beigelegt, es will durchaus nicht gehen; gehts? oder soll ich helfen? zu einem den man sich abmühen sieht; versuchs nur noch einmal, es wird schon gehn; auch mit folg. inf.:
und ihm (dem kaiser) beliebt' es falsch zu schlieszen,
es könne wol zusammengehn ..
regieren und zugleich genieszen.
Göthe 41, 260,
wo das gehn durch das zusammen wieder sinnlicher wird (vgl. hand in hand, daneben, neben einander gehn u. 24, g. 33, c). aus dem hausdeutsch ist auch folg.: marquise. lassen sie sehen, nichte, wie finden sie sich in das neue kleid? nichte. nicht eben so ganz, als wenn es mein eigen wäre. marquise. nun, nun, es geht schon! es kleidet sie alles. Göthe 14, 208 (Groszc. 4, 4), wo es doch auch das kleid meinen kann (vgl. λ), wie es heiszt das kleid geht schon noch einmal, auch geht noch mit, s. unter 12, f. auch dazu zeigt sich der ansatz schon im 16. jh., s. versuͦchs, so gehts Frank unter 17, b, bei dem das bild des stockenden wagens dahinter noch erkennbar ist, s. unter h, α, und eigentlich auch noch in dem gleichbedeutenden es geht noch an, d. h. eigentlich vorwärts, wenn auch langsam, auch es geht nicht an, ist nicht thunlich vor hindernissen, auch dän. dat gaaer ikke an.
κ)
endlich beides, es geht und es geht an im hausdeutsch mit noch andrer färbung, die schon auf den letzten beispielen unter κ mit liegt, wie auf Wielands ihre gesichtsfarbe geht noch mit 12, f, d. h. es ist eben noch möglich, zulässig, erträglich, gut genug u. ähnl.; z. b. auf die frage bin ich denn gut genug angezogen für die gesellschaft? die beruhigende antwort: na, es geht (meist s' geht), mit einem gewissen tone gesprochen (sangartig), der doch wieder verschieden sein und verschiednes bedeuten kann, entweder: es geht gerade noch (mit sinkendem tone), oder: es geht noch ganz gut (mit steigendem tone). ebenso auf die frage nach dem befinden eines leidenden, nach dem gange eines geschäftes o. a.: es geht, wieder entweder: es geht gar nicht schlecht (steigend), oder: es geht eben (sinkend), d. h. es stockt noch nicht gerade, also immer noch dicht bei der sinnlichen bedeutung (vgl. es schleicht unter β). aber auch auf die frage sind die schmerzen grosz? als antwort es geht, d. h. sie sind noch nicht so schlimm, oder auf die frage nach dem ertrage der ernde o. ä.: es geht, er ist gering, aber ich will doch zufrieden sein. ebenso nl. z. b. lijdt hij veel pijn? 'dat gaat, dat gaat' (wb. III, 81). man sagt auch franz. es passiert, eigentlich geht noch mit fort (mit den andern), läuft mit unter o. ä., es kan hingehn, ferri poterit Schönsleder T 2ᵇ, das geht noch mit hin, questo passa, cela passe Rädlein 338ᵇ, es geht wol hin, res est quotidiana (es geht einmal nicht anders) Aler 868ᵃ, wie eigentlich auch es geht an, auch dän. dat gaaer an, schwed. det gaͦr an, ist so ziemlich. nd. aber et vergeit sik Richey 69, it geit un steit Brem. wb. 2, 479.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1880), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 2376, Z. 45.

gehen, n.

gehen, n.
der inf. gehen als subst.
1)
einfach z. b.: gieng derowegen aus demselben unglückseligen dörflein und kam ungefähr auf eine stund gehens in ein lustiges wäldlein. Simpl. 3, 322 Kurz; das gehen wird ihm schwer;
armes kind, wie glüht von der sonne brand das gesicht dir,
und von des gehens erhitzung!
Kosegarten Jucunde 69;
stark im gehen (vergl. Hagedorn sp. 2405), müde vom gehen, von vielem gehen, alem. 16. jahrh. vom gon ermuͤdet Maaler 190ᵃ; gon éins gons, oft gon, itare. 189ᶜ, eigentlich in einem weg, noch bair. éines gêns, auf der stelle Schm.² 1, 858, s. u. gehen II, 3, c.
2)
auch in zusammengesetzten wendungen:
sam sie .. nie gespürt het noch gesmeckt
dar mit man parhaupt gen befleckt.
H. Folz bei Haupt 8, 516,
d. h. womit eine das recht als jungfrau im offnen haar zu gehen verwirkt; der Cratander schankt mir ein Plautum .. do nam ich (beim arbeiten auf der seilerbahn) ein bogen nach dem andren, stakt in in ein gäbelin und das gäbelin stakt ich in den hanf ... so las ich im hindersich und fuͤrsich gan. Th. Platter 54 (vgl. sp. 2409); on weiter gon, ne longius abeam. Maaler 190ᵃ;
mit langsam gehen
kompt man das fernest.
Henisch 1435.
3)
in voller zusammensetzung:
seht, frau, ir müszt euch weisen (strafen) laszen,
so sol er (der mann) sich seins weingens maszen.
fastn. sp. 255, 29,
seltner zum weine gehn; seine kleider werde er sich durch botengehen verdienen. Auerbach neues leben 2, 33, zu bote gehn sp. 2414.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1880), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 2475, Z. 40.

virgatum, gehen

virgatum gehen,
eigentlich: zu einem schulfest ausziehen; dann müszig gehen Schmeller bayer. wb. 1, 848; 956.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1926), Bd. XII,II (1951), Sp. 371, Z. 39.

gehen, gehn

gehen, gehn,
ire, ein nach form und gehalt überaus reich entwickeltes wort, dessen erschöpfende behandlung ein werk für sich wäre.
I.
Form, ausbildung und ursprung.
1)
die vollere form, die uns noch im subst. gang zur hand ist, wie im part. gegangen, auch in gängeln, hatte von haus aus auch im praes. statt, wie stellenweis noch ins nhd. herein.
a)
goth. gaggan (spr. gangan), wie gagaggan, anagaggan, fauragaggan u. s. w., z. b.: blindai ussaíhvand jah haltai gaggand. Matth. 11, 5 (die blinden sehen und die lamen gehen Luther); gaggiþ faírra mis. 25, 41 (gehet hin von mir). ebenso alts. gangan, z. b.:
thô he ina gangan gesah.
Hel. 1130;
thô quam thâr ôk ên wîf gangan.
503;
ik gangu imu at êrist tô.
4821.
ferner ahd. gangan, streng alem. kankan, z. b.: thô gangantê thiê pharisei giengun in girâti, abeuntes ph. consilium inierunt. Tat. 126, 1; ob ih gangu, si abiero. 162, 1;
in gotes gibotes suaʒî (subst.)   lâʒ gangan thîne fuaʒi.
Otfrid I, 1, 47;
zi akare sie ni gangent   joh ouh wiht ni spinnent.
II, 22, 10;
folge mir io thanne,   thâr ih fora imo gange (conj.).
III, 13, 30;
ebenso ags. gangan (gongan), imp. gang (gong), altfries. gunga (part. gangen, gengen), altn. ganga.
b)
wenn die vollere form im mhd. gegen die kürzere schon stark in den hintergrund tritt, so dasz sie von den dichtern entschieden gemieden wird, so erscheint sie doch noch im nhd., besonders im alem. gebiete.
α)
auch noch ich gange, ind.:
an dem tanz sprang ich vast vor (als jung) ..
nun gang ich kriechend an ainem stab.
Hätzl. 41ᵇ;
ich gang lieber uf den fuͦszen,
dann ich uf dem haubet tanz.
suber und glat gang ich dar von.
Gengenbach gouchm. 372;
itineror, ich wandere, gange. Dasyp. 105ᶜ; patro, ich begange. 174ᵇ; meo, gratior ich gang. 134ᶜ. 88ᵇ; digredior ich gang hinweg das.; ito, ich gehe oder gang emsig. 62ᶜ (selbst itio ein gangung das.), neben ich gon das., im deutschen theil aber nur gohn und gehen, d. h. schriftmäszig, jenes mundartlich (vgl. sto ich stand, ich stehe 233ᵃ, stohn 434ᵈ); ich gang ich komm, ich komm ich gang. Fischart Garg. 169ᵃ (Sch. 310ᵃ), als spiel; seltner im pl.: wird hohe ämpter erlangen, die ihn nit angangen. groszm. 67. und so noch in alem. mundarten, z. b. schwäb. im Remsthal:
jetz gang i ans brünnele,
trink aber net.
L. Erk liederhort s. 204.
auch in schweiz. mundarten, desgl. elsäss. i gang gê Fromm. 2, 558 (vergl. dazu II, 10, e), schwäb. 1, 291, auch wir u. s. w. ganget Weinhold alem. gr. s. 331; im Appenzell i gang (auch gô, gôna) neben er gôd, mer gönd Tobler 231ᵇ. bair. i gang, mir gangen (wie stand, standen) Schmeller gramm. s. 357.
β)
besonders doch im conj., auch neben anderer indicativform (vgl. 3, d, β), auch md., meiszn. noch im 15. jh.: man seit von dem groszen meister Albrecht, daʒ er spreche (d. i. spræche, gesagt habe): ich gan nimmer an die port (vors stadtthor), ich gang minrer wider in. Susos briefe h. v. Preger s. 30, d. i. dasz ich nicht kleiner, demütiger heim gienge, gehe (aber ich gehe ist auch uns eben nicht mehr conjunctivisch); das du denn gangest an den gemainen blatz. Apoll. v. Tyrus h. v. Schröder 114, meiszn. 15. jh., wie gang imp. 97, 14;
ich gang, sitz oder wo ich stan,
musz ich dannocht die fröwlin gruͤszen.
Gengenbach s. 71;
meint iemant das ich in nit ruͤr,
der gang zuͦn wysen für die thuͤr.
Brant narr. vorr. 102;
me leid geschicht eim narren dran
das er sicht ettlich vor im gan,
dann er hab freüd das im sunst all
nochgangen.
68, 24;
ob es sich bgeb dir, das gangstu
mit eim der besser (im range) sy dann du ..
facetus 221 (s. 139ᵇ).
aber oft auch im sg. noch später mit voller endung: so du wilt ein ding über ein haus werfen, als gange es dich nit an. Frank spr. 2, 23ᵇ; es ist mir vonnöten das ich da dannen gange. Maaler 155ᵈ; es gange wie es wölle. 156ᵃ;
so bitt ich dich, du Adelger,
du wöllest mich laszen hangen
in meiner wat, wie ich doch gange.
Uhland volksl. 148;
sitz uf das ein (ross) und rit darvon,
nit acht wie es mir gange.
Körners hist. volksl. 78;
redt sy (der wirt die gäste) oft an, sy solten guͦter dingen sein, es gange noch alles umb sunst zuͦ. Wickram rollw. 24, 3; strafet die tochter seer bei verlierung seiner huld, wo sy des edelmanns nit muͤszig gange. 134, 22, ihn sich aus dem sinn schlage; got geb das es wol gang. Schertlin br. 9, sein ind. ist geen, gehen;
wo ir wölt das ich dem nach gang,
wert ir im ghricht nit sitzen lang.
H. Sachs 1, 115ᵃ;
ich wil und kan noch mag nit zu im, es gange im recht (gerade) wie gott will. Th. Platter 74; der (teufel) wil, dasz dein leib ... also bald mit deiner seel zu grund gange. Amadis 212;
du sagst, dasz die histori hang
und nur auf zwo personen gang.
Fischart 1, 18 Kurz;
wies auf dem meer so schrecklich gang.
1, 178;
gepürt sich, das ich ... achtung het,
wie es mein kirchenstürmern gang.
2, 34;
vorab die, so kein eifer (eifrige sorge) haben,
wie es gang, wann sie seind vergraben.
3, 358 (klost. 10, 117);
zum baw musz man sich zuvor rüsten lang, auf das der baw geschwinder aufgang. ehz. 66. Im plur. (alem. auch mit -i in in der endung): sol man den lüten gebieten, daʒ si zeman gangin von ieglichem dorf sundrig .. und huld tun .. weisth. 1, 325 (14. jh.); (der ferge) sol ein laden han (als landebrücke) ... dʒ die lüt trucken darüber in dʒ schiff gangint. weisth. 4, 353;
der (thiere in der arche) solt du achten, darzuo sorgen,
sy kriechind, gangind, was (gleich swaʒ) hat s'läben.
Ruff Ad. u. Heva 5460;
unser hirt will dʒ wir gangen den saubren reinen weg der keüscheit. Keisersb. irrig schaf A 5ᵃ; söllen sy mit schiff und anderm fischgeschirr .. bereit sin .. darnach gangen sy zuͦ dem keller und nemen von im das morgenbrot. G. Oheim 57, 9, sein ind. ist gon, wie ston; aber es sei nit one, das kais. maj. und dero räte in emsiger uͤbung seien ... auch gangen starke practica an Hessen (wird mir gesagt). Schertlin br. 35; es ist uns lieber, das die jenige, welche nach solcher speis .. leckert, selbs unter die metzig gangen. Fischart bien. 1588 86ᵃ. so noch z. b. schwäb. (auch stand stehe conj.).
γ)
auch im imp., und da weit über das alem. hinaus, wie mhd. ganc entschieden vorherschte (auch genc, ginc, vgl. 6, f), ahd. gang, alts. ags. gang (altn. gakk):
stand auf und gang mit mir.
Vintler 3290;
gang her, herr Lucifer,
ich wil dir sagen neue mär.
fastn. sp. 505, 22;
drum luog und gang im fliszig no (nach).
839, 3;
gang, ler (lerne) ein ander hantwerk denn ablasz schriben.
N. Manuel 131 Bächt.;
lieber portner, sagt der waller, gang hinein zuͦ allen heiligen .. Wickram rollw. 9, 2; gang dein straasze, gang voranhin u. ä. Maaler 155ᵈ;
lauf, gang gen Boppart zu dem wirt,
dem du nit zalen kondst die irt (zeche).
Fischart 1, 41 Kurz.
auch am Niederrhein noch im 15. jh.: ganck hyn, vade, apage. Teuth. 99ᵃ, noch mit dem mhd. auslaut, wie mnd. gank (neben gâ) Sch. u. L. 2, 9ᵃ. in Mitteldeutschland:
ach Maria, des (darum) gang mit mer (mir).
Alsfeld. pass. 6142;
du peltenersen, gangk din straiszen.
1931;
du kirchenfistern, ganck von mir.
1934 u. o.;
da sprach unser liebe fraw aber: gang her sicherlichen zu mir mit meinem geleit. Luther 6, 501ᵃ, in einer legende, darum im volkston, er brauchte aber die form urspr. auch auszerdem (s. Dietz 2, 42ᵇ), z. b.: gang hyn und sags yhm. an den chr. adel C 1ᵃ; ganck und thu was du wilt. H 3ᵃ. so noch im 17. jh. in Schlesien aus volksmunde: Matthes gang ein, Pilatus gang aus, ist eine arme seele draus. A. Gryph. 1, 768 (Horrib. 16 Braune), aus einer beschwörungsformel, also noch wie in dem alten gang ût, nesso, hd. gang ûʒ, nesso u. s. w. Müll. u. Sch. denkm. IV, 5; auch noch bei Stieler 1385 gang anich, abi, aufer te abhinc! noch alem., z. b. vorarlb. gang Fromm. 6, 254, 49. 3, 211, auch bair.
δ)
selbst im inf. noch im 16. jh., ergangen, in dem landsknechtliede von der einnahme von Kufstein 1504, die belagerten, sich überwunden sehend:
sie sahen über die mauren aus,
'es wird uns nit wol ergangen'.
Soltau 2, 44, Liliencron 2, 55;
der sachen haben wir nit recht ..
es wird uns nit wol ergangen.
das.,
durch den reim herbeigeführt. das ist selbst mhd. nicht bezeugt, musz aber doch im volksmunde fortgelebt haben. auch mnd. noch:
so wil ik den wînkôp angangen (: untfangen).
Theophilus von Hoffm. v. F. s. 53 v. 86;
wultu dat anegangen,
so wil ik dy to dînste enfangen.
s. 57 v. 197 (s. s. 86).
ε)
auch nordengl., schott. noch gang, nordfries. gonge, saterl. ganga; altengl., altdän. gange, gonge (Diefenb. goth. wb. 2, 372).
c)
bemerkenswert eine volle nebenform gengen (Weinh. bair. gr. s. 285, al. gr. 331), nicht zu verwechseln mit gengen gehn machen (s. gängen):
dô hieʒ er îlen gengen,
die chunige gewinnen.
Diemer ged. 234, 25. 32, 20,
neben gên, ergangen 235, 3. 24, gênt, gie 236, 5. 22, aber gench imp. 339, 27 (vgl. si îlten gâhen 240, 28). auch auf alem. gebiete: dʒ ich denne hain genge. Grieshaber pred. 1, 8; trîbe si, dʒ si her în gengen. 44; wildu, sô gengen wir hin. 2, 38. wol auch mnl. nach genginge wallfahrt Oudem. 2, 504. ich weisz nicht ob norw. gjenge ind. praes. Aasen 207ᵇ auch dazu gehört oder nur vom altn. part. genginn ausgegangen ist, vergl. norw. gjengd gehend 219ᵇ mit altn. gengr adj., unser gänge. und noch in bair. mundarten, im pl. mir gängen (wie ständen stehn), imp. pl. gängts Schmeller gr. s. 357, östr. z. b. gengama gen eamus Höfer 2, 285, d. i. gengen wir gên (s. II, 10, e), kärnt. gengen, gengin auch als inf. Lexer 112; z. b.:
natürli genga sie ja oft
wie dcavalier daher.
Kobell ged. in oberbair. m. (1846) 186;
in oan spreng (springen) schir (lebhaft)
gengen dglockkühr (schellkühe).
Schosser naturbilder 50;
heut gengan wir keiner
nit lari (leer) davon.
34.
auch anderwärts, in Nürnberger mundart:
su gäng' mer aff die Schütt.
Grübel 1, 64 (s. 3, 260);
(ich dächte) mer gengetn all zwou.
3, 23;
dei genga dortn ei und aus.
Fromm. 1, 287ᵇ;
mir genga eizet langsam ham.
2, 81ᵇ.
das weist denn auf ein ahd. gengian, gangian, schwache nebenform zu gangan, wie z. b. vallan ein vallian neben sich hatte, mhd. vallen ein vellen, d. h. fallen (s. gefällen 2). und schon fürs goth. ist es ja bezeugt in dem praet. gaggida.
2)
im praet. gilt die volle form von anfang allein und nhd. wieder, nur in der mitte von einer gekürzten und auch nur theilweis unterbrochen (s. 5, c).
a)
ahd. giang, dann gieng, alts. gêng, gieng, ags. gieng, gêng, geong, altn. gékk (schwed. gick, dän. gik), goth. aber nicht entwickelt (dafür iddja, noch ags. eode); mhd. gienc, doch auch gie (5, c), mnd. gênk, gînk, d. h. urspr. gewiss lang, nachher doch genk, gink (so Sch. u. L. 2, 9ᵃ), wie mnl. ginc, kurz (vgl. J. Grimm gr. 1³, 274), nnl. ging; vgl. zu der kürzung Weigand oben sp. 480. die nhd. form macht aber eigne schwierigkeit mit einer kleinigkeit.
α)
das volle gieng (fieng, hieng), d. h. noch mit doppellautigem ie gesprochen, ist im oberd. das überlieferte und gilt so noch heute. wie in den wörterbüchern seit dem 16. jh. da nur gieng Dasyp. 62ᶜ, Maaler 182ᵈ, Henisch 1433, 27, M. Krämer teutsch-it. wb. 518 ff. (gienge), so bei den oberd. schriftstellern auch noch im 18. 19. jh., wenn sie genau schrieben (vgl. β und γ a. e.), z. b.:
ich will dich sehen, wie du giengest,
wie traurig, wann ich abschied nahm,
wie zärtlich, wann du mich umfiengest ..
Haller 225;
(einst) gieng eine stadtmaus auf das feld.
vgl. auch im reime ding : fieng s. 134;
dasz eine selge schaar von geistern ihn empfieng
und sich um seinen hals ihn sanftumarmend hieng.
Bodmer crit. lobged. (1747) 90;
oft giengen sie zu der rosenstaude. S. Geszner 2, 35;
wann Chloe mir entgegen gieng (: hieng).
Schiller I, 309;
ein jeder gieng beschenkt nach haus.
XI, 198;
wollts gott, er gieng und liesz uns seinen hut.
XIV, 350 (Tell 3, 3);
er gieng an meiner seite.
Uhland (1820) 264;
noch lange traf der bauer, der hinterm pfluge gieng,
auf rostge degenklinge, speereisen, panzerring.
375.
J. Grimm hielt, auch fürs wb., an gieng u. s. w. fest auf grund seines geschichtlichen standpunktes; hier aber ist in den beispielen die wirkliche schreibung der verschiedenen schriftsteller zu bewahren, eben auch vom geschichtlichen standpunkte.
β)
aus dem mitteld. stammt das schwanken; auch da ist gieng zwar lange in geltung, obschon nicht mit der oberd. aussprache, doch auch mit länge, wie denn gîng (fîng, hîng) noch jetzt sich findet, z. b. in einem groszen theil von Sachsen, auch in gebildetem munde. im 16. jh. schrieb z. b. Luther gieng (gienk), selten ging nach Dietz 2, 42ᵇ. von wbb. gibt im 17. jh. blosz gieng Stieler 625, im 18. Ludwig 715, Frisch 1, 330ᵃ (sie meinen wahrscheinlich gîng), doch ging der Schlesier Steinbach 1, 538; nur gieng aber wieder Gottsched sprachk. (1762) 330 fg., wie auch z. b. Gellert, Rabener, Weisze. dagegen ging Adelung, mit berufung auf die kurze aussprache, obwol man es gemeiniglich gieng schreibe,welches ein überbleibsel einer gedehnten oberd. mundart ist, welche gí-eng in zwey sylben spricht“. aber ging findet sich schon seit der mitte des jahrh. immer öfter, z. b. bei Lessing im j. 1750 (s. u. c), bei Klopstock in den oden 1771, wie später im Messias, bei Göthe schon von anfang, in den mitschuldigen:
er ging noch erst herauf.
d. j. G. 1, 174;
und ging es nicht?
215,
wie brieflich: wir gingen geschwind. 1, 372 (G. u. Werther 169); und so später:
ich ging im walde
so für mich hin.
werke (1825) 1, 27;
doch hurtig in dem kreise gings,
sie tanzten rechts, sie tanzten links.
12, 55;
und wie nach Emmaus weiter gings ..
prophete rechts, prophete links.
26, 283,
d. h. mit der mhd. aussprache des schlieszenden -g, die bei Luther vorhin mit gienk bezeichnet ist (s. sp. 1105). und auch Süddeutsche nahmen es an, wie schon Schiller neben gieng (s. u. α):
und unter ihrer fahne ging sie zitternd.
XIII, 296;
er möchte gerne, dasz ich ginge.
XII, 124;
denn als von eurem angesicht
ich heute ging ..
XI, 254 (mus. alm. 1798 s. 316),
vgl. empfing 349, 39; gingen mit ihren heerschaaren über den Rhein. Hebel 3, 41;
(dein ruhm) ging schier mit deiner kunst kapot.
Usteri 3, 66;
und sein cimbal am baum hing ..
über sein herz ein traum ging.
Lenau 1, 176;
mir ists zu wohl ergangen,
drum gings auch bald zu end.
Scheffel tromp. v. S. 237.
γ)
die alte md. form ist eben gîng, gînc, im 11. jahrh. z. b. inginc Haupt 15, 23, doch auch oft gieng, gienc geschrieben, z. b.:
in disen zîden ane vieng
ein hungernôt, die umme gieng
alle dûsche rîche.
heil. Elis. 3478;
wanne die stille ane gienc
unde der priester ane vienc.
2679;
di sâ dugentliches leben
bî kindes aldere ane vîng
und ielanc mê in gnâde gînc.
1066.
aber auch im reime auf kurzes i, schon im 12. jh., woraus doch über die kürze von gîng im allgemeinen noch nichts zu schlieszen ist (vergl.hant : gânt u. ä.);
wîser zallen dingen,
ze râte si dô giengen.
Alex. 2159 W. (vgl. den herausg. s. CXI);
mit sînem jungelingen
ze sturme si dô giengen.
2199;
der wol geborne jungelinc
den mâhen er frôlîche entfienc.
1911;
swâ eʒ in di nôt gînc,
der was ein edele jungelinc.
1620, vgl. 5880;
als er dannen gînc,
dô bequam im ein jungelinc.
Herbort 17994 u. ö. (s. Fromm. s. 225).
Auch oberd. erscheint doch früh ging geschrieben, selbst ahd. schon (Weinh. bair. gr. 286), aber ohne bürgschaft für kürze, da man dort oft und früh auch i (und u) schrieb und das ie (uo) der aussprache überliesz (wie den umlaut), z. b.:
dô ginc daʒ kint Laban
in sînes vater hûs stân.
Diemer ged. 20, 12 (gî z. 11), gingen 16, 21 u. o., gienge 212, 20;
nach adelichen sitten   Krenhilt da gen in ging,
da si di schon Brunhilde   gar tugentlich enpfing.
Nib. nach d. Piaristenhs. 581, 3. 4;
ee dann der Titus, der euch (Juden) ving (zu gefangnen machte),
dem seit kein jud noch nie entging.
fastn. sp. 806, 15;
und gingen zu dem auf der por.
H. Folz bei Haupt 8, 528;
in des die pawrn zu opfer gingen,
diser begunt auch zu hin dringen.
527,
vgl. flihen : zihen s. 522, schier : dir 538, gieng : empfieng 537, giengen 539. so noch im 17. jh. bei dem Baier Schönsleder neben gieng T 2ᶜ auch ging S 8ᵈ. T 3ᵇ, er sprach aber und meinte gewiss nur gieng.
δ)
erwähnenswert ist du giengt noch im 16. jh.: wenn giengt zum tor yn? Zwingli touf r 2ᵇ (s. u. kommen I, 10), wie im 15. jahrh. alem.:
Brinhilt, wau (wa) giengt zuo schuol?
Herm. v. Sachs. mörin 2099.
b)
daneben einzeln gung, d. h. wie bei allen ursprünglich reduplicierten praet. (s. sp. 479 fg. Weigand, vgl. zu Soltau 2, 85); belege aus dem 17. jahrh. sp. 480 aus Moscherosch, es ist aber älter, schon im 15. jahrh.:
er da mit zichten gung (: jung)
hin für den Berner stan.
heldenb. 613, 32 K.,
d. h. als willkommene reimform aus der volksrede aufgenommen (der reim ist dort sonst gie), wahrscheinlich oberrheinisch; der künig güng zuͦ der tochter und sprach. Apoll. v. Tyrus h. v. Schröder 107, 25, meiszn. 15. jahrh.; das sie bald wieder hin weg güng. 123, 28, das ü ist wol aber hs. uͤ, d. i. uͦ, u;
bald guͦng ein doppelhoken ausz,
auch andre büchsen mit schallen.
Uhland volksl. 507 (16. jh.);
es guͦng so mancher schutz (schusz) herausz.
das.;
iedoch so gab gott genad, das die finstre verguͦng. erschrockenl. newe zeit. v. 12. junij 1542 A iijᵃ;
bisz das der abend herein trung,
das ider frölich haim zu gung.
Fischart glückh. schiff 1132.
es ist noch jetzt z. b. meisznisch, genauer gunk (wie funk, hunk), auch hennebergisch gung Fromm. 6, 515, 13, im conj. güng in Sonneberg Schleicher 56; in der Wetterau gong, nach Weigands auffassung (s. spalte 480), gleich gung; auch niederd., z. b. im Göttingischen gung neben ging, plur. auch güngen Schamb. 59ᵃ, altmärk. auch sg. gung und güng Danneil. 61ᵇ; desgl. schweiz., appenz. gueng (neben gieng) conj. Tobler 231ᵇ. vgl. auch lusz liesz Uhl. volksl. 702, ruf rief Soltau 2, 267, thür. hûsz hiesz Fromm. 3, 548ᵇ, hess. ûr gleich mhd. ier sp. 2102 unten. gerade bei gung, guͦng könnte stund, stuͦnd einflusz gehabt haben, denn gehn und stehn sind in der entwickelung hand in hand gegangen, auch mit wechselwirkung in der form (s. c a. e.).
c)
aber auch gang für gieng; man hört es z. b. in Sachsen hie und da, daher selbst bei Lessing, im conj.: nicht weil es mir jezo eben schlecht in Berlin gänge, sondern weil ich es ihnen versprochen habe (nach Göttingen zu gehen). 12, 15, briefl. an s. vater vom j. 1750 (dasz es mir sehr schlecht ginge s. 18); so musz es auch möglich sein, dasz alles, was evangelisten und apostel geschrieben haben, wiederum verloren gänge. 10, 10 (zur gesch. u. liter. 4, 495). auch appenz. i gäng conj. Tobler 231ᵇ, bair. i gang, stand, gienge, stünde Schmeller gramm. s. 358, tirol. gang conj. Schöpf 185, kärnt. Lexer 112, österr. Schosser naturb. 11. 136; bei Schmeller ein beleg um 1600 aus einer hausinschrift bei Amberg:
bis Noah in die archa gang,
die ganze welt in wasser schwam ..
alsbalt nur Loth aus Sodom gang (: bran).
auch diesz gang wird von stand praet. beeinfluszt sein, das freilich selber der erklärung bedarf (urspr. stûnd, mhd. stuont), vielleicht aus dem conj. stünde, wie fand, sang u. s. w. neben conj. fünde, sünge. auch die nl. volksform gong (nl. wb. III, 23) ist wol nach stond umgebildet, diesz aber wieder auch zu stong, offenbar dem gong zu gefallen, ja zu sting, damit es mit ging überein käme; das gehört zu den merkwürdigsten beispielen, wie gehn und stehn (vgl. II, 4) im sprachgefühl sich gesucht haben; noch merkwürdiger doch spät mhd. stie für stuont (Weinhold mhd. gr. s. 316), d. i. nach gie, s. 5, c. zu gang (auch ags.) vergl. übrigens unter 6, f.
d)
das part. praet., jetzt gegangen, war mhd. meist gangen, und dieses auch nhd. noch, im 16. jh. sehr beliebt, z. b. (s. auch unter e): Laban war gangen seine herde zu scheren. Luther 1 Mos. 31, 19 u. o., aber oft auch gegangen; ich bin alle tage zur messe gangen. summa des chr. leb. (1533) B 1ᵃ; ist .. ein seer tiefer bach gewesen, und gar ein schmaler steg darüber gangen. Wickram rollw. 14, 13; wie es zuͦ ist gangen. 45, 5; zuͦhanden gangen. 71, 10; ist inen ir tail ires legers angangen und .. verbrunnen. Schertlin br. 7, aber auch ein sturm (acc.) wider ine angegangen 9;
als sie nun gangen warn.
H. Sachs 1, 96ᵃ.
auch im 17. jahrh. noch oft genug, auch bei Norddeutschen: bis alles darauf gangen ist. Olear. Lokm. 26 u. ö.; da ich aus dem pennaljahr gangen. Schuppius 245; die zwei vornehmste prediger, die jemals auf erden gangen. 595 u. ö.; wem es übel gangen im alten jahr, dem wolle gott heut ein neues glück verleihen. Otho 94; dasz (mit dem 17. jahrh.) die teutsche sprache und die teutsche ruhe zugleich übern haufen gangen. Leibnitz erman. an die Teutsche (weim. jahrb. 3, 104). noch in mundarten, daher gern im volksliede, und nach diesem:
der vater im hain
ist gangen die wölfe zu schieszen.
Göthe 3, 3 (ballade).
e)
das perf. übrigens, in der regel mit sein, findet sich doch auch mit haben, schon ahd. bei Notker, s. aus Boeth. habet follegangen Graff 4, 75 (auch ags. Beowulf 2631), mhd. (wb. 1, 463ᵃ, 30, Lexer 1, 734), besonders doch in md. mundarten, auch nrh.: die die strengen hervart ane ergangen habent. hoh. lied h. v. J. Haupt 107, 6; alse der cins von aldere gegangen hat unde furbaʒ gehin sal. cod. dipl. Sax. II, 2, 166 (14. jh.); unde (es, das erbe) zu wegin unde stegin mit ir gegangen hat. Magd. frag. s. 105; unde sie hat mit uns zu strosze gegangen in der stad. 229, hat sich öffentlich mit uns sehen lassen;
ich han all mein tag zu acker gangen.
fastn. sp. 344, 18;
kleine kindere ... die sust nicht usz deme huse hetten gegangen ane geheisze der eldern (liefen mit zur wallfahrt). K. Stolle Erf. chr. 212ᵇ, Haupt 8, 309; is lief manch meidichen .. das nicht vor die thor (thür) ane der mutter .. willen hette gegangen zu ores nakeburs kinden. 311 (214ᵃ); das bruch zu Sweinheim hait von alters gangin und geet noch .. an dem hertwege an. weisth. 1, 523, vom Untermain 15. jh.; hie is die schole gestanden, da inne unse lieve vrauwe in ieren kintlichen dagen zo scholen hat gegangen. Harf pilg. 177, 36, cölnisch; wie wir denn sehen, das es gangen hat. Luther 5, 334ᵃ; du hast zu Tolpel in die schul gangen. ders. bei Dietz 2, 42ᵇ; also hats diesen mördern auch gangen. das.; wolt ihr es besser haben, als die zwei allervornehmste männer, die jemals auf erden gangen haben? Schuppius 308; ein jeder examinire sich selbsten und denk, wie lang er in die narrenschul gegangen hab. 651; wie hat dirs denn gegangen? Schlampampe 48; erzähl mir nun auch, wie es dir gegangen hat und wie es dir nun geht. Stilling wand. 100; so hat es schon vielen gegangen. Tischbein in Mercks br. 1, 318. noch jetzt hört man in Sachsen, Thüringen z. b. bei einem besuch fragen wie hat es denn immer gegangen? neben dem gewöhnlichen wie ist es g.? merkwürdig auch beides gehäuft, in sorgsamem canzleistil, aus Frankfurt a. M. vom jahre 1294: zweiunge und missehellunge .. der sie (die streitenden) uf uns (den Frankf. rat) gegangen hatten und waren. Riegers heil. Elis. s. 48, vgl. in Baurs hess. urk. 1, 517: daʒ wir (klosterfrauen) allir werntlicher sache .. sin gegangen uffe Bernharten von Guse, nachher aber ebenda daʒ wir allir geistlichen sache han gegangen uffe meister Theodrichen (zur sache s. II, 9, g). so noch nd. ek hebbe gegân Schamb. 59ᵃ, nl. hij heeft achter hem gegaan (nach umständen doch auch mit zijn).
3)
neben der längeren tritt aber ziemlich früh eine kürzere form auf, die sich vom praesens aus allmälich über das ganze wort vorrückend erstreckt hatte (s. 5), aber im nhd. wieder auf das praes. zurückgedrängt worden ist und auch da die bequeme einsilbigkeit des stammes theilweis wieder eingebüszt hat, auf die sie von haus aus gerichtet war, diesz wiederum wie bei stehen.
a)
ahd. neben gangan auch gân inf.; bei Otfr. beides (Graff 4, 66), und früher schon in den andern formen des praes., in der übers. benedictinerregel inkaat ingreditur Hatt. 1, 32, anakânt succedunt cap. 32, kânt eunt 65, anagât 21, kekât 64, ûʒ kânte exeuntes 48 neben kankanti ambulans 7 (s. 56). 64, kangant vadunt 7, in kankanne in ambulando 64 (s. 121), conj. kangê s. 29ᵇ. 38ᵇ. 52ᵇ u. ö. (praet. keanc 49ᵇ); vergl. stân 31ᵇ. 92ᵇ. 94ᵇ. dazu in der 1. pers. sg. neben gân anfangs auch gâm, s. anagâm invado Graff 4, 79, ingâm 80, pikâm 91, zoagâm aggredior 95. auch im part. später gândo und gâendo Graff 4, 68 fg., im imp. gânt und gêt, doch im sing. nur ganc das.
b)
auch die merkwürdige e-form, gên (die entstehung s. 6, b), die nhd. den sieg davon tragen sollte, ist schon ahd. entwickelt, doch nicht gleich früh mit der a - form, aber gleich von anfang keineswegs von ihr geschieden, sondern damit gemischt (und mit der vollen form), wenn auch nicht in gleicher mischung; so bei Otfried (Kelle bei Haupt 11, 15), im Tatian, z. b. ir gêt O. III, 16, 24. V, 9, 14, und zwar in allen hss., wie im folg.:
thâr liuti after wege gênt,   thie in themo akare stênt.
II, 22, 14,
während im sg. nur gigât, zigât, im inf. nur gân vorkommt; aber auch im conj. (neben gange, aber nicht gâ):
thaʒ worolt irri ni gê (: in thesemo erdringe).
im Tatian gâmês eamus 166, 4 und erstêt inti gêmês surgite, eamus 182, 8, im ind. neben gân ire 46, 5 u. ö. gân eo 123, 5, gât 42, 1, öfter gêt it, ite u. s. w. (neben gengit), gênti iens (neben gangenti). aber im oberdeutschen tritt die e-form nicht so früh auf.
c)
auch auszer dem hd. gebiete. alts. gleichfalls zuerst mit â, im Hel. nur erst einmal fulgân in der Münchner hs. von 1473 für das gewöhnliche fulgangan, das auch dort die engl. hs. hat; dann in den ps. öfter gân, in der Freckenh. heberolle gânde gerund. (dort neben gange conj., gangende part.), in dem stück aus Beda aber begêd (Heyne kl. denkm. 64. 118ᵇ, vgl. unter e); vgl. nrh. im 11. 12. jh. gên neben gân Zacher 10, 136 ff. ags. nur gân, neben gangan z. b. im Beowulf, wo auch schon gegân als part. perf. 2631 (s. 5, a); nordhumbr. gaa ire, vadere neben gonga (Bouterw. 323ᵃ). altfries. neben gunga auch gân, part. gênd, wie gât und gêt it, auch im part. perf. gên, wie ags. gegân (Richth. 788ᵃ). auch altn. neben ganga einzelnire, gâr it, vergl. gâfagr adj. gleich gangfagr, von schönem gange (Egilss. 217).
d)
mhd. greift die bequeme kurze form um sich, erobert namentlich entschieden das praes., in dem die volle form nur im imp. das übergewicht behält und im conj. sich zu behaupten sucht; die kürze ergreift aber auch das praet. und tastet selbst das part. perf. an (s. 5), woran im ahd. noch nicht zu denken war.
α)
dabei gehen gân und gên neben und durch einander, in welcher vertheilung oder mischung und kreuzung, bleibt noch genauer zu untersuchen, vgl. mhd. wb. 1, 462ᵇ, 23, Lexer 1, 733, Weinh. bair. gr. s. 284; das ältere gân hält sich oberd. fester, besonders im alem., das jüngere gên aber (das z. b. Wolfram entschieden bevorzugt), greift doch immer weiter um sich, wie stên neben stân. in den Nib. z. b. herscht wol gân noch vor, aber beide auch nah beisammen, wie blosz zur abwechselung:
dô bat si zeime venster   eine maget gân.
diu sach den küenen Gêren   an dem hove stân.
684, 1;
si sprach zuo dem künige   'sehet ir wâ si stênt,
die mit dem starken Gêren   ûf dem hove gênt?'
685, 2 (in J stânt, gânt);
Gêren den vil rîchen   bat man an den sedel gân (: man).
688, 4;
'erloubet uns die botschaft,   ê wir sitzen gên,
uns wegemüede geste,   lât uns die wîle stên.
689, 1 (stât 689, 4), in J gân, stân;
man bat die juncvrouwen   hin ze hove gên (: stên).
1618, 2;
man hieʒ die juncvrouwen   ze kemenâten gân.
1625, 2;
welhe sicher bestênt,
die uns niht abe gênt.
krone 1161 (vgl. gên : zwên 6938);
obe daʒ aber niht ergât,
ist iemen hie der mich bestât.
1168;
ir hânt sie sô umbe stalt,
daʒ sie niender mac gegân.
wie lange sol sie alsô stân,
daʒ ir sie niht gên lât,
dâ ir herze hin mit willen stât?
10988 ff.,
wie im conj. sowolim reime s. 78ᵇ (stê 89ᵇ) als gâ 308ᵇ (s.β), neben herschendem stân auch stên 366ᵇ. aus dem Iwein s. z. b. unter II, 2, d gât und gêt. und so schon früher im südosten, die jüngere form auch auszer dem reime:
der herre hiʒ (l. hieʒ) in gên dare ..
dô îlte er an daʒ velt gân.
Diemer ged. 23, 15. 18,
vergl. gên 22, 26, gân (: getân) 20, 19. 19, 24, auch stên 21, 6. 18, 9, stân 20, 13 (s. auch unter 1, c);
die zuͦ den zinnen mohten gân ...
dâ der Jordan ûʒ gêt.
205, 8. 14.
auch md. beides, z. b. bei Ebernand, doch â vorwiegend (sieh Bechst. s. xxvii), beides auch in der erlösung (Bartsch s. 353), in der heiligen Elis. (Rieger s. 377ᵃ), bei Jeroschin; auch nah beisammen:
ist aber daʒ du wol bestêst
und gesunt hinabe gêst.
pass. K. 443, 38;
als daʒ schif .. undergât,
ob man im niht widerstât.
443, 77,
wo doch das â auch noch entschieden vorherscht, s. z. b. 248, 15. 42. 49 (gêt 275, 36, stêt 140, 19, stên 412, 62); im 14. jh.:
so mag si vorbaʒ nicht gegên (: lên).
Haupt 17, 361, 5;
ûf sulchim velde si gât (: stât).
362, 6;
dâ begonde si irn wec gâ (: nâ) ..
dô sach hers in ein hûs gê (: spê).
Bartsch md. ged. 86, 74. 76.
man muszte aber darauf verfallen, die verschiedene form auch verschieden zu verwerten.
β)
das ê ergriff besonders den conj. (mhd. wb. 1, 462ᵇ, 35), für den man damit offenbar eine unterscheidung vom ind. suchte, nachdem das volle gange (1, b, β) im gewählten stil auch da zurücktrat. bei K. Flecke hat es Sommer s. 290 beobachtet, er hat gut alem. nach dem reime nur gân (stân), doch im conj. noch gange (stande), aber auch gê (stê), wie noch später alem., z. b. beim Büheler:
das ich erfare, wie es ir ge.
königst. v. Fr. 2766,
aber gleich darauf auszer reim:
wie es gang minem lieben wib.
2771.
auch bei Neidhart nach Haupt s. 221 im reime nur gân, gât (stân, stât), aber im conj. gê (stê). ebenso bei Hartmann, Gotfr. v. Str., die sonst noch an gân (: stân) festhalten, aber im conj.:
swie nâhe er mînem herzen gê.
Iwein 5487;
daʒ ich im nihtes abe gê,
daʒ im ze dieneste stê.
4909;
und enweste niht, wieʒ dem ergê (: sê).
Greg. 648;
daʒ ich ze vollem lobe gestê.
nu enweiʒ ich niht wie daʒ ergê ..
1876;
wie dîn muot darumbe stê (: wê).
arm. Heinr. 1095;
daʒ er ze sînem herren gê (: mê).
Trist. 269, 27. 335, 31. 208, 40;
daʒ dîn dinc alsô volgê,
daʒ eʒ nâch dînem willen stê.
113, 13;
swie kumberlîch eʒ aber nû stê,
swie kûme sô mîn schîbe gê.
363, 36;
swie sô eʒ aber dar umbe ergê,
swie harte eʒ mir ze vâre stê.
374, 11,
vergl. stê 116, 39. 320, 33. 328, 12. 370, 39. 376, 17, sonst aber gân, stân, wie bei Hartmann. auch bei Konrad z. b. im troj. kr. neben gân, stân conj.s. 157ᵃ. 194ᵇ. 219ᵇ (Kell.), wie stê 179ᵃ. 182ᵃ. 215ᵃ, im Parton. gê 217. 9971 (stê 4909. 5439);
daʒ es iht von herzen gê (: wê).
Walther 13, 34.
md. im pass. K. ebenso gê 14, 35; gê wir uber zu Bethleem. myst. 30, 25. auch schon im 11. 12. jh.:
(kaufen) ê der marchet zegê.
Diemer 304, 23;
die gên (sollen gehen) beide hin dan.
genes. 157, 9 D.
auch das beginnt schon ahd., s. bei Otfried unter b. der conj.ist geradezu selten (Weinh. bair. gr. s. 284), gâ wir eamus Trist. 274, 5; doch s. noch bei Luther gahe unter 7, b, wie im 13. jh. md. (nd.):
als iʒ in .. nicht missestâ
unde ouch gnêdichlîche irgâ.
Eike Sachsensp. vorr. 186.
damit war denn freilich die möglichste kürze erreicht.
γ)
auch im imp. wird, wie es scheint, das ê bald vorgezogen, z. b.:
nu gêt der stiege nâher.
Nib. 2045, 2 (in allen hss.);
nu begêt genâde an mir.
Iwein 8123 (stêt ûf 8132);
stêt ûf, her Tristan, unt gêt her.
Trist. 268, 30;
ich wil gên, sô gêt ouch ir.
373, 28 in MF (gân, gânt HW);
daneben doch gât 390, 9, wie im sg. gâ 270, 24. 33. 278, 39. 285, 31, auch mit ganc nahe beisammen:
geselle, sprach er, gâ hin abe.
dâ stât ein kiel in der habe,
dâ ganc geswâslîche hin.
269, 21 ff.,
gleich darauf conj.z. 27. erst später auch im sing. imp. gê, wahrscheinlich nach dem pl.:
gê her und nim si ze rehter ê.
Renner 1690;
wîch von mir balde und gê bî (zur seite).
pass. K. 112, 6 (neben ganc 721ᵃ);
gê, gang dich erhenken.
lieders. 2, 704.
möglich dasz der imp. gêt dann auch auf die entsprechende form des ind. zurückwirte; bei Hartmann z. b. neben eʒ stât: eʒ gât 4077 fg. im plur.:
ich sihe wol daʒ ir stêt
unde rîtet unde gêt.
Iw. 4036 (in allen hss.);
vergl. schon ahd. unter b ir gêt (Otfr.), gêt imp. (Tat.). auch im part. (schon im Tat. gênti, s. u. b) z. b. gênte, stênte dicht neben gân Diemer ged. 10, 11, vgl. gên (: bringen) 11, 1, selbst im reim auf getân geschrieben gên 190, 12. 191, 12. aber die weitere auseinandersetzung und der kampf der zwei formen bedarf genauerer untersuchung. im allgemeinen zeigt sich die jüngere form im vordringen, hauptsächlich im bair. und md. sprachgebiete, wo sie denn auch endlich zum siege kommt, zum theil schon vor der nhd. zeit. denn in prosa herscht sie schon im 14. jahrh. bair. z. b. in den gesta Rom.: ich wil gen zuͦ meinem vatter. 1; wenn ein kint überget seines vater gepot. das.; daʒ der tag auf ge. 2 u. s. w.; ebenso md. im 14. jahrh. östlich in Beheims evang. allein (Bechst. s. 258ᵇ, vgl. stên 298ᵇ), westlich bei Herm. von Fritzlar, wie der schreiber der heil. Elis. gên bevorzugt (Rieger 377ᵃ), wo stên auch beim dichter überwiegt (406ᵇ). so wird das gân, stân der dortigen dichter mehr fortgeführte kunstüberlieferung von früher sein, während schon Wolfram auch darin mehr dem leben folgte.
e)
auszer dem hd. und md. behauptet sich dagegen die a-form im nrh., cölnisch z. b. im 13. jh. in G. Hagens reimchron. gain 547 (stain 564) städtechr. 12, 37 fg., im 14. jh. gain und stain 279, 10, nur dasz das ai auch in ei ausweicht in gein wir, geit (s. 4, d, δ) s. 406ᵃ; noch im 16. jh. in der Cölner gemma 1511 gaen L 5ᵇ. J 6ᵈ. Z 3ᵃ u. o., bei Harf gayn 10, 33. 36, 29 u. o., dabei geyt 7, 5. 8, 19. 9, 33, wie geit bei Hagen. auch nd. bei Sch. u. L. 2, 9 nur gân, auch ik gâ, conj. und imp. gâ, part. praet. gegân, gân, aber wieder auch geist, geit (selten gât), wie noch jetzt Brem. wb. 2, 479, Schamb. 59ᵃ, Danneil 61ᵇ, gân, aber überall geist, geit. ebenso mnl. gaen, nnl. gaan, dort aber und noch landschaftlich gleichfalls auch geit und geet (neben gaet, gaat), das denn mit dem alts. begêd unter c eins sein wird. Auch auszerdeutsch, altengl. gân, gâ, früh auch zu gôn, gô geworden (wie hd., s. 4, b). aber neben älterem gâst, gâđ bald auch gêst, gêđ (gleich jenem geit) Stratm. 232; neuengl. go, wie schweiz. ebenso dän. gaa, gaae (part. gangen und gaaet), schwed. gaͦ (part. gaͦngen), landsch. auch noch ganga Rietz 184ᵃ, wie norw. neben ga, gaa noch ganga Aasen 207ᵇ.
4)
auch nhd. geht das schwanken zwischen gan (gon) und gen noch länger fort, in mundarten bis heute.
a)
gan setzt sich länger fort nicht blosz im oberd., obwol da vorzugsweise:
ich gah auszhin auf mein dörfelein.
Gengenbach 329 v. 718;
gha annen (d. i. anhin) du, ich kumm hernach.
das. v. 715;
si stand mit ern hinder der tür,
so die fürsten gand herfür.
Uhland volksl. 427, vom j. 1450,
ein adelicher wider die stolzen städte, die (d. h. ihre vertreter) auch auf reichstagen nun den fürsten sich gleich stellen;
den fürsten gats ze herzen.
429;
es gat in als si hand verschuld.
431;
so musz es euch an das leben gan.
fastn. sp. 281, 12;
damit ein end und pald darvon,
wann wir noch weit haben zu gan.
282, 1 (vgl. Brant, Ayrer nachher);
ich urteil, das ein sollich man
drei kalt winter sol parfusz gan.
308, 17;
wie wol ich uf der gruͦben gan (: lan).
Brant narr. 5 überschr.;
gant siben wol uf ein quintin (quentchen).
10, 34;
als solt es nachts zuͦ metten gan (: stan).
102, 26;
bruͤderlich lieb ist blind und dot,
uf btrogenheit ein ieder gat.
102, 6 (vgl. von : gan vorhin);
noch mach kein suppen usz dem brot,
das dir noch in dym mundt umb gat.
facetus 240;
gib lob dym wirt, wann du hin gast (: stast).
288;
gaast du zuͦ deinen gesellen. Wickram rollw. 76, 29; gastu noch da? 42, 28 (oft auch gon); der welt glaub stat, der recht glaub gath. S. Frank parad. (1558) 256ᵇ, daneben 257ᵃ geht und gehet, jenes offenbar gewichtiger;
und leget seinen kittel an
und must darinn gehn kirchen gan.
H. Sachs 1, 497ᵇ;
als könn er gar nicht gahn (: an).
Ayrer 3040, 11;
wie es so wol drinn thu zugahn (: davon).
2951, 28.
auch md., z. b. bei Luther anfangs (Dietz 2, 42ᵇ): laszens immer einher gahn. an den adel K 1ᵃ; liesz er ehe die welt untergahn. L 1ᵃ; da grosze kost auf gaht. F 1ᵃ; wer das erste mal gen Rom gaht. G 1ᵃ; das ein keiserlich gesetz aus gahe. E 4ᵃ; gaht und staht es (so). M 3ᵃ, vgl.bestan F 4ᵃ, aber auch: leszt bapst und bischof hie gehen was do geht. G 4ᵃ, was ihm wol an sich die geläufige form war, jenes die gewählte (s. 3, d a. e). Auch im 17. jahrh. noch, z. b. bei Henisch 1333 gahn (neben gehen), abgahn, ausgahn, mit beispielen, wie: was weit hindan, das laszt man gahn; je mehr der geizige hat, je mehr ihm abgaht, aber auch ohne reim: es gaht ihm so viel ein (aus seinen gütern), kommt ein. schweiz. noch in der Zürcher bibel v. 1638 sy gahnd ps. 45, 6, ja warum gahn ich so traurig hereyn ps. 43, 2, erst 1667 in gehen umgesetzt (Mezger gesch. der schweiz. bibelübers. 245). sprichwörtlich noch später, auch nicht oberd.: kleider aus kleider an, essen, trinken, schlafen gahn, das ist die arbeit welche die lutherische thumherren han. Schuppius 75, wo der reim das alte fest hielt. auch in volksliedern noch und bei dichtern die der alten schule folgten; z. b. Spee (vergl. sp. 1622 fg.):
so musz es allen feinden gahn.
Soltau 2, 388;
der handel thut von statten gahn.
389;
auch höret man
im grünen gahn
spazieren laut und geigen.
Spee trutzn. 8, 49 (s. 27 Balke);
wann früh vor hellen tagen
die morgenröt aufgaht (: hat).
6, 18 (s. 18),
und so oft, aber wechselnd mit gehn und gohn (s. b), nach reimbedürfnis (vgl.besteht und bestahn s. 19); doch auch noch auszer dem reim:
(die nymphen) gahn spielen, scherz und schimpfen.
8, 24 (s. 26),
bei gehn lächlend umb
8, 9;
auch werdens gahn herummer.
33, 109 (147).
doch schon bei Weckherlin nicht mehr, geschweige bei den Schlesiern, es galt nun für meistersingerisch, pritschmeisterisch. aber im 18. jh. wieder in alterthümelnder haltung:
doch mag er frei seiner wege gahn,
nur hör er noch zwei wörtchen an.
Göthe 13, 72 (fastn. v. pat. Brey).
b)
gân ward aber auch zu gôn (wie mhd. ân zu ôn, ohne, vgl. engl. unter 3, e), besonders alem. (hier auch gaun), seit dem 14. jahrh.: sie (die juden) süllent gaun in ir rehte schuͦle. Straszb. chron. 97 vom j. 1322 (vorher îngân); wie si (die pfaffen) gônt so gar unpheflîche. Merswin 9 felsen 30. 39 u. o.; solte got die welt lôsen undergôn. 52, wie stônt, stôt 35 u. o. (aber gêt 32. 131); der gern zuͦ kirchen gôt. Closener Straszb. chr. 115, 9; wider in sînen orden gôn. Königshofen 671, 30;
die doch des rechten nit verston
und blintlich an den wenden gon.
Brant 2, 4;
so ainer darus gon wurde. G. Oheim Reichenauer chron. 129, 2 u. oft (staut und stât 89, 2); das er als spät nummen me getörfte (sich getraute) gehen Biberach gohn. Baumann qu. zur gesch. des bauernkr. in Oberschwaben 280 (gaun 165), aber gat 289; adeo ich gon herzuͦ, exeo ich gon ausz. Dasyp. 62ᵈ (daneben abeo ich gehe hinweg, tempus abit die zeit gat hin, auch ich gange, s. 1, b); gohn, aufgohn, entgohn u. s. w. 343ᵈ (gehen 337ᶜ fg.); bei Maaler 189ᶜ ff. nur gon, kein gan oder gehen;
aber in ein helgen orden gon
kanstu on sünd nit abschlon.
N. Manuel 170 Bächt.;
und werd im kloster müeszig gon
und dört das ewig leben han.
145 u. ö. (vgl. unter a von : gan);
daneben doch mit a (vgl. c, α):
der wiler wirt dir wol anstan,
wirst nun (nur) im garten umbher gan.
142, auch gan : an das.
auch auszer dem alem., z. b. bei H. Sachs, Ayrer (Weinh. bair. gr. s. 284):
darum tetens all gon (: von).
H. Sachs 1, 204 Göd.;
so ge vor, ich wil dir nachgon (: person).
3, 144;
wen schir das alter her will gohn (: von).
Ayrer 3169, 24.
da ist es freilich nur noch reimwort, wie gan wol auch schon, denn in prosa heiszt es bei Ayrer z. b. die drei landsknecht gehn ein 2950, 31, wie in den dialogen des H. Sachs gen, sten. auch im 17. jh. noch bei Spee:
Daphnis müszt zu grabe gohn (: mon).
trutzn. 45, 240 (s. 210 B.);
wer heiszt die flüsz von felsen gohn (mon).
25, 19 (s. 105).
daher noch bei A. Gryphius als meistersingerisch:
der frische brunn kommt einher gohn (: mon).
P. Squenz 28 (s. 29 Br.),
ich fürchte es werd' mir immer gehn (: geschehn).
27.
c)
dieser wechsel mit den schwankenden formen, den dichtern willkommen, findet sich aber auch in prosa.
α)
so gan und gon alem., auch nah beisammen: und wo der far hine gat (auf die weide) .. do sol er gon one einunge. weisth. 5, 482, vom j. 1380, els.; für andern kosten .. so darüber gat (wird aufgezählt) und für andern kosten so darüber gon musz. Tschudi 2, 158ᵃ, münzvertrag v. 1425; ob sach were das ainer an das far kæm (zum überfahren) .. der sol dristunt ruͤfen. komt der fer (ferge) nit, so mag er in das wirtshus gan und uf des fern costen ain masz win trinken und dann wider dar gon und aber ruͤfen. Mones zeitschr. 5, 380, vom j. 1497; es gadt aber zuͦ diser zyt glych wie zuͦ der apostel zyt. Zwingli vom predigampt A ijᵃ (stadt A 4ᵃ); sölte es also zuͦgon. A iijᵃ; so ir in das hus gond. B ijᵇ. iijᵃ (understond A 4ᵇ, verston E 1ᵇ); auf das schlosz gon Wickram rollw. 90, 12, gand hin (imp.) 91, 2, gan 88, 8 (also geht es 88, 20). in einem Thurgauer weisth. von 1521 gond 4, 416 fg., gon 420 und gat 419 fg. daher denn auch bei den dichtern, wie Manuel unter b, Brant (s. Zarncke s. 286ᵇ), Gengenbach, Murner, auch ohne einflusz des reimes:
vil gandt gar stoltz in schuben har (einher) ..
dann (einmal) gont sie bald, dann vast gemach.
narrensch. 9, 1. 5;
ob er (der fremde) vor dir anhin will gan,
soltu in gern gon vor dir lan.
facetus 219 (s. 139ᵇ);
lasz als gon recht wie es gat.
Murner narrenb. 19, 121 Göd.;
sunst lon sies gon recht wie es gat.
62, 15;
unt tracht nit, wa es usz möcht gon (: ston) ...
sin narrenspil wil uszher gan (: zan).
84, 4. 29.
der gesprochene laut mochte noch zwischen â und ô mehr in der mitte stehn, wie das landschaftlich, z. b. in Thüringen noch jetzt vorkommt; vgl. au, ou und o bei Herm. v. Sachs. unter β.
β)
aber auch gen und gan (gon) so, gleichfalls alem.: und sol (der ferge) den nachgenden zuo dem hindren gransen (des schiffes) us lan. weisth. 4, 354, den verfolger, neben gan, gat 353; ain mensch in ainem closter, dʒ also anhin gat (so dahin lebt), es geet zuͦ capitel, zuͦ chor u. s. w. (gewohnheitsmäszig). Keisersb. has im pf. b 3ᵈ; das es nit also glat dar geet, als du mainest es dir dar geen solt. b 1ᵇ; er gat nit stäts der sachen nach. das. (geen ist doch schon häufiger); so tag und nacht scheidet, gond sy (die hähne) gen schlafen. Heuslin Gesners vogelb. 78ᵇ (s. dazu II, 10, e); der in dörnen gahn will, wie kann er ohn zerrissen herauskommen. Parac. 1590 9, 112, nachher das.: der für sich sicht do er geht .. der fallt nicht. auch nürnb.: gan, als eim wol oder ubel get, succedere, prosperari wolgeen. voc. 1482 k ijᵃ. bei alem. dichtern:
wann das der stett gewalt uf gee.
die würden durchainander gon.
4185;
in zirkelmaus (masz) der himmel get (: seit).
4410;
zwinzen sol gen zwieren gon.
1621;
was aber an das leben gaut.
2046. 1593;
da det der Eckhart für her goun (: getoun).
1150. 2057 (: kron),
wie bestoun (: won) 3143, ou als mitte von au und ô (vgl.α a. e.);
was get min frouwen an dü gab.
2018,
also auszer reim get, wie stet 1972;
myn sorg ist, wir verlieren me
und das es uns noch übler gee.
Brant narr. 88, 34;
oder sie in ein kloster gee.
facetus 488,
neben gang conj. (1, b, β), gat, got ind., wie bei Herm. v. Sachs. auszer gee auch gang 1677;
hör, jüd, es must also ergan.
fastn. sp. 806, 24;
und keiner wirt dardurch eingeen.
807, 2.
im 15. 16. jh. auch bei mitteld. dichtern:
engel gotes, wie wirt is irgen
adir wie wirt is geschen,
adir wie sal is zu gan,
das ich sal enphan.
hess. weihnachtsspiel h. v. Piderit v. 35 ff.,
frage der Maria bei der verkündigung ihrer empfängnis;
sie sprach: du magst an galgen gahn (: mann).
B. Waldis Es. II, 62, 25;
wer weisz, wie mags uns denn ergohn (: von).
39, 14;
wöllns auch nit lahn fürüber gehn (: stehn).
31, 212,
in prosa aber in der widmung gehn, gehen. aber auch auszer reim noch in einem sächsischen liede vom jahre 1593:
drümb last es gahn, gleich wie es geht,
in aller welt es übel steht.
Soltau 2, 285.
im alem. kreuzen sich dabei auch gân und gên, d. i. geben (sp. 1667), z. b. in dem Straszb. narrenspiegel von 1545, vom verfall des kramhandels:
auf wolfeil gehn gaht jederman.
Zarnckes Brant s. 51ᵇ,
bei Brant selbst 102, 36. 48 gent geben und gont gehen, in einem schweiz. weisth. 4, 416 ff. neben gon gehen gen geben, verkaufen s. 417.
γ)
das schwankende verhalten ist fest geblieben gerade in alem. mundarten (vgl. Weinh. al. gr. s. 330); schweiz. z. b. bei Stalder 1, 435 es gohd mer im muul ume (liegt mir auf der zunge) und de muest dsach andrist angah, angehn, angreifen, bei Tobler 231ᵇ goh, god und mer gönd, imp. pl. gönd, bei Hebel im gloss. goh inf., aber auch:
sie göhn uf verborgene pfade.
alem. ged. (1820) 13;
asz (dasz) dfüürer nit usgöhn.
24,
wie (reben) stöhn uf 30. 17, aber (er) goht, stoht 25. 16, de gohsch 17, goh inf. 25; zu dem ö s. d, α. auch nd. noch ähnlich gân und geist, geit nebeneinander, s. 3, e.
d)
bemerkenswert sind noch, als nebenformen zu gehn
α)
jenes alem. gönd, gön plur. neben gon inf. (vgl. Weinh. s. 47), es geht gleichfalls weit zurück:
das er sie (der vater die kinder) losz irr gon on straf,
glich wi on hirten gönt die schaf.
Brant narr. 6, 6,
vergl. verstoͤt 68, 1 (Zarncke s. 286ᵇ), stön weisth. 1, 260, alem. 15. jh.; von den schiffen, die wasser uff und ab gönde. G. Oheim 102, 24. es musz doch eigentlich gênt, gênde gemeint sein, aber unter einer gesuchten vermittelung mit gôn, also ö als durchschnitt von e und o. vergl.kömen für kommen V, 1627 mit ähnlicher entstehung.
β)
ähnlich gän, worin ebenso für gân und gên eine vermittelung gesucht scheint, schon im 15. jh.:
man spricht, wenn narren zmerch gänt,
dasz die kremer gelt enpfänt.
fastn. sp. 846, 16;
sie gänd har wie die wilden thier.
Brant narr. vorr. 122;
der gaͤnd luft, aura spirans. Maaler 155ᵇ; in einem Thurgauer weisth. 1, 267: das best häsz (kleid) als er an aim sonnentag gäht, vorher und nachher das. goht und gaht; vgl. noch schweiz.Winteler Kerenzer mundart 154 (II, 10, e, γ), bei Stalder 1, 421 abgaͤnd, übergaͤnd part., das abgaͤnds überbleibsel, eingaͤnds einkommen u. a. auch bair.:
und in rechter üppigkait
wellen si nemen das vich, das vor der helle gät.
fastn. sp. 483, 12 (vgl. gat : rat 490, 34).
noch später, fränk.: dieweyl nuͤn also der todt weder di lebendigen oder di todten angähet. Schwarzenberg teütsch Cicero 58ᵃ; leib und seele vergähet. das., vergäht 57ᵇ, auch verstäh das., stähet 58ᵃ u. s. w.; noch jetzt henneb.gehen Fromm. 6, 515, 13.
γ)
aber auch gîn (wie stîn), so in sächs., thür. bauernmunde, ich gî u. s. w., schles. in Gryph. Dornr., s. z. b. giht II, 3, g;
do mûsz ma a (den) ganza tag schtîn
aͦn a ganza tag gîn ..
Peter volksth. aus östr. Schlesien 1, 390;
auch fränk., in Sonneberg gîa, gî inf. Schleicher 82. 56, desgleichen tirol. gia neben gea Schöpf 185 fg. (-a für -en), kärnt. gien neben gean Lexer 112. und auch das geht weit zurück, z. b. nürnb. im 14. 15. jh.: der sol gin zu dem amptman .. und sol in bitten umb urlaub. Ulm. Stromer Nürnb. chron. 1, 29, 12; si (die perlen) gin ir 36 an ain garat. 101, 2 u. ö. (neben gen), s. s. 307; begin begehen anz. d. germ. mus. 1879 sp. 10 u. ö.; auch gien (s. 7, b): das dy leut aus den heusern nicht gien mochten (vor schnee). Nürnb. chron. 1, 357, s. auch 2, 553ᵇ. auch tirol. gien schon 14. jh., oberbair. 15. jh. Weinh. bair. gr. s. 284, wie md. nrh. im 13. jh. Weinh. mhd. gr. s. 326; für thür. gîn im 13. jh. bürgt stîn für stên im 13. jh., wie nürnb. im 14. jh. städtechron. 1, 42, 3 (Weinh. mhd. gr. s. 318):
(Christus) der der hôchvart widerstîst,
den ôtmûtigen gnâde gîst.
es ist die bewegung des e, das von a ausgieng, auf ihre spitze getrieben; vgl. z. b. sp. 1730 gebîrde für mhd. gebærde, durch gebêrde hindurch, auch gefîren unter gefähren 3.
δ)
verbreiteter, ja stellenweis in allen hauptmundarten mit ei, geit, geist sing. praes. (wieder auch steist, steit); so hauptsächlich im rheinischen, altfränkischen bereiche, aus ahd. bis in nhd. zeit, bei Otfried (s. Kelle bei Haupt 12, 15. 8):
thaʒ thu nakot ni geist (: weist).
II, 22, 21;
ob iʒ zi thiu thoh gigeit (: tumpheit).
I, 2, 19 u. ö.,
wechselnd mit er gât (ir gêt); das ist aber eigentlich ge-ist, ge-it, ursprünglich gê-ist (auch aus ga-it, gâ-it begreiflich), d. h. mit deutlicher endung neben gêt mit halber endung (s. 6, b), wie bei Otfried duit, thut neben duat u. ä. (Haupt 12, 140 fg.), d. i. du-it für dua-t. reimt doch nrh. noch im 12. jh. das -it auch noch für sich (gê-it):
(die sonne) diu inzuschin erden unti himili gêit,
beiden halbin schînit.
Anno 584.
noch im 17. jh. geit bei Spee als reimwort, aus der mundart:
schau, die wässer seind entronnen,
alles voller speichel geit.
trutzn. 253 (183 Balke, 263 Br.);
was von blut herauszer geit (: beid).
294 (212. 304).
in mhd. zeit einzeln auch alem., bair., s. Weinh. alem. gr. s. 330, bair. gr. 284 (vgl. jetzt oberpf. gêin Schmeller 2, 5, stêin 3, 595), hauptsächlich doch rheinisch, auch ins md. hereinreichend (Weinh. mhd. gr. s. 326), z. b.:
van der sunnen ûʒ geit (: arbeit).
Müll. u. Sch. denkm. XXXVIII, 2. XXXIII, 11;
daʒ sie geint wider heim.
Roth. 3171,
neben gân im reim 3157 u. o., ich gê 1942;
geit (imp.) in daʒ ungeschaffen.
Germ. 15, 99 (vgl. sân sagen v. 31);
iʒ ist alliʒ ein îtelicheit,
daʒ di sunne umbegeit (umkreist).
Alex. 26, vgl. steit, auch deit 147 fg.
nordthür. 13. jh.: sô geit iʒ ume (ihm) an sînen hals. Mühlh. rechtsbuch bei Stephan stoffl. 1, 30. 49 u. ö., wie steit 47 u. o., auch virgein 37 für vergên vergangen, aber auch beir für bêr 56, geiste für geste 37, guit für gût 37, tuit für tût 36 (inf. gê 36). so im 14. jh. in einer predigt Eckharts, wahrscheinlich mainzisch: der da geit oder steit. Haupt 15, 383, 54; stein .. gein (inf.) 384, 1. 373, 15 fg.; ubirgein 385, 58 fg., auch als inf., aber oft auch hait für hât u. ä., guit für gût, auch stait für stat 383, 39, beisten für besten 378, 68, teit für tet 379, 85, sodasz hier wie dort ein anderer einflusz hereinspielt. rheinisch: wanne unses herrn herbst .. anegeit. weisth. 2, 222; wanne der kelter geit. das. (neben geen), aus Bacharach. in Leipzig: alsus geyt der eid, den der burgermeister .. thun sal. stadtbuch 14. jh., mitth. d. deutschen ges. 1, 114 (get, stet 119), wie steyt in Meiszen 14. jh. cod. dipl. Sax. II, 1, 305. 2, 92. 93; das du alleine geist in meine kammere. Apoll. v. Tyrus h. v. Schröder 42, 5, meiszn. 15. jahrh. (gat 114, 24); vgl. noch bei Gottsched vern. tadl. 1, 178 als Leipziger aussprache: ich soll zur hochzich geyen, in de kirche geyn, tut mir der kop wey (genauer gêⁱn, wêⁱ). besonders auch niederrh.:
entfanc van sîneme munde die sûʒicheit,
die ûʒer sîneme sûʒilîchen munde geit.
Marienl. Haupt 10, 39, 30;
dâ he geit up mont Oliveet,
wie sêlich sît ir, di bit (mit) ime geet.
46, 34 u. ö.,
s. W. Grimm s. 138, vergl. entfeit 139; im 16. jh.: dae geyt dat Eetzland an. Harf pilgerf. 7, 23 u. o., wie steyt (auch deyt thut 60, 30. 97, 20 u. o.), s. dazu 3, e und ebenda nd. geist, geit neben gân, nl. geit neben gaan, also noch wie bei Otfried, d. h. in den formen die überhaupt ursprünglich mit -i gebildet wurden, nicht in denen mit ursprünglichem -a o. a.; mnd. z. b.: dene witten wech, de over dene himel geit. deutsche chron. II, 263, 29;
ik sprak: wô geit it mit ju, ôm?
Rein. vos 5976.
doch findet sich auch inf. stein heil. Elis. 5492, wie gein vorhin Haupt 15, 384.
ε)
so sind aber im vocal wirklich fast alle möglichkeiten vertreten: gân, gên und gôn, gaun und gein (geit), gän und gön, gîn und gûn, denn auch das letztere, d. h. mit ô vollends zu û erhöht (wie ê zu î) zeigt sich in schweiz. gu für go, gân, d. i. gegangen (s. 5, a) Winteler Ker. m. 154. über diese zerfahrende manigfaltigkeit aber hat sich gên siegend erhoben (s. 6, b).
e)
und zwar so kurz und einsilbig aus ahd. zeit her bis in die gegenwart, da die dichter wie die aussprache es noch jetzt fortführen, wie früher z. b.:
ge oder ich gib dir eins an ein or.
fastn. sp. 273, 26;
das er zuo keiner andern gee.
319, 2;
ste auf und gee mit uns zum wein.
Folz b. Haupt 8, 528;
stee still, geh für dich. S. Frank weltb. 197ᵇ;
das wir in guten frieden stehn,
der sorg und geizes müszig gehn.
Luther 8, 362ᵇ,
in prosa müszig gehen 380ᵃ. auch im 18. jh. noch z. b. im conj.:
denke nach, wie scharf es beisze? denke doch, wie nah es geh,
dasz ein sohn durch seinen vater zwischen furcht und hoffnung steh.
Günther 855 (nicht geh').
jene zerdehnung ist aber auch alt, s. weiter 7.
5)
die kürzung hat vorübergehend auch vom praet. den ind. und das part. ergriffen.
a)
für gegangen auch gegân mhd. wb. 1, 463ᵃ, 18 ff. (wie gestân gestanden):
duͦ si zuo dem burgitor chômen gegân.
Diemer ged. 162, 3 u. ö.;
dô kam her Îsingrîn gigân.
Heinr. d. Glich. Reinh. 858;
diu edel marcgrâvinne   für die burc was gegân.
Nib. 1601, 1.
und noch im 15. 16. jh., auch nd.; z. b.:
und wär das also für sich gegan.
Vintler 3103, var. gan;
er (ir) in der lude erbeit sijt gegan (: gethan).
Alsf. pass. 1398;
das ich hinweg gegahn (bin).
Waldis Es. I, 24, 14;
über sie ist das gegahn.
Soltau 2, 73, Lil. 3, 278ᵇ;
wô isset ju gegân in desser vart?
Rein. vos 2850.
und wie gangen, auch gân, hd. und nd.: daʒ si des willikleich paider seit auf uns gan sein. Nürnb. chron. 1, 75, 6 (zur sache s. II, 9, g);
wann ich etwa fur sy was gan.
Beheim Wiener 340, 24. 348, 31 u. ö.;
als er war ein zum schneider gan.
H. Sachs 1, 496ᵈ (s. u. kittel 1, b);
ik hebbe wol êr bî nachte gân.
Rein. vos 6288.
auch gôn, alem. (noch schweiz. in dem Kerenzer gu vorhin):
(unrecht gut) wie gewunnen, so verton,
wie es komt, so wider gon.
Murner narrenb. 80, 102,
was denn mit engl. gone gegangen, fort zusammentrifft.
b)
und wieder auch gegên, wie im praes., wenn auch nicht nhd. (Weinh. mhd. gr. s. 325):
du was unser herre gegên
in eine burch diu hieʒ Effrêm.
Diemer ged. 249, 20;
besonders md.: alsô di âchti ubir in gigên is. Mühlh. rechtsb. 29; swanni di nacht virgein ist. 37 (vergl. vorhin unter δ);
si wêre gerne drîn gegên.
Bartsch md. ged. 94;
daʒ wir nit mite sîn gegên!
hess. spiel von den 10 jungfrauen, Germ. 10, 325 v. 316,
gleich darauf gegangen v. 317, auch gegân 340; beides auch bei Bartsch md. ged. s. 220 (94. 87). gegehn für gegangen noch bei Frisch 1, 334ᵃ 'in der markt Brandenburg'.
c)
nur mhd. und auch da nur sehr beschränkt gie für gienc, d. h. noch nicht ahd. und nicht mehr nhd., und überhaupt nicht nd. oder nl.
α)
im 15. jh. machen dichter noch gebrauch davon, z. b.:
zuͦ dem palas er in gie (knie).
Büheler Diocl. 1137;
do mit er enweg gie (: hie).
5659;
nun hören fürbas wie es gie (: sie).
königst. von Frankr. 6448;
wanne ich falscheit nie begie (: hie).
2323;
wie es aber fürbasz ergie,
das sollent ir mich hören hie.
2509,
doch nur so im reim (wie lie 3065), wie beim folgenden:
damit der Eckhart fürher gie (: hie).
der marschalk ainig zuo mir gie (: hie).
4076. 4126. 2862,
auszer reim aber gieng er 4033. 4047. 1113, wie fieng 1372. 1698. und auch im reim gieng da, wo nicht ein echtes -ie im gegenreim jene form verlangte, z. b. beim Büheler:
in ir kamern si do gieng,
ein weinen si da ane fieng.
Diocl. 1969;
zuͦ stunt er zuͦ der küngin gieng,
gar zörneklich er ane vieng.
6041. 5545. 6494 u. s. w.;
ich sag üch fürbas wie es ergieng
und was der künig anefieng.
königst. v. Frankr. 57;
der marschalk zuo dem hus ingieng (: hieng).
594. 557. 847 u. s. w.
das ist aber schon ebenso auf der höhe der mhd. zeit, z. b. im Iwein gie im reim auf verlie 1700, auf ie 3354. 4059, auf hie 2216. 4170. 4820. 6294. 6597 u. s. w., aber auch wo es sich mit vienc, hienc begegnet, die ja eine gleiche nebenform boten, steht doch voll gienc : vienc, z. b.:
und dô eʒ an den âbent gienc,
einen stîc ich dô gevienc.
Iwein 273,
wie 313. 353. 673. 3503. 4673. 5779. 5941. 6127. 6239. 7347 u. a.; nur ganz ausnahmsweise, und nicht in allen hss.:
dô in diu grævinne enpfie
unde engegen ime gie.
3792.
auch auszer reim zwar gie, z. b. gie dan 2245, des gie im nôt 2050 (enpfie 8040), aber die volle form ist da erst durchaus vorherschend: gienc dan 779, gienc si u. ä. 1374. 1788. 2200. 6583. 6760, gienc und .. 1220, ergienc 1047. im Trist. gie im reime auf ie 140, 40. 414, 18. 431, 7, nie 98, 19. 132, 25. lie 140, 29, die 273, 12, auch gie dan 284, 38. 342, 23, gie hin 374, 38, aber gieng er 236, 15. 277, 38, gieng eʒ 382, 22, gieng ouch u. ä. 293, 26. 374, 40. 299, 24. im Reinhart 830 gienc : gevienc (s. auch 366. 1745) neben begie : hie 838 (1540). vergl. in dem alten bruchstück gie : lie bei J. Grimm s. 18. 21 u. ö. (auszer reim 13. 29, ginc er 21). ebenso später und md. z. b. im pass. K. zwar gie auf sie, lie u. ä. reimend 37, 47. 58, 89. 134, 95. 300, 59. 355, 50. 456, 78. 465, 12, auch gie hin 93, 70. 131, 90, aber gienc hindan u. ä. 91, 78. 448, 58. 528, 44, und gienc : vienc, hienc 90, 89. 139, 13. 287, 80. 363, 97. 364, 47. 398, 48. 468, 2. 525, 45. im Reinfried z. b. s. 158 gie : nie, aber gienc : vienc, wie s. 381. 397. 656. doch enpfie : gie Trist. 133, 2. 315, 26. 414, 36, Wig. 292, 4. behie : gie Ebernand 3766. es fordert eben weitere mühe.
β)
so erweist sich gie wesentlich als reimwort, das aber aus einer mundart aufgenommen sein musz, wahrscheinlich einer oberdeutschen, denn wenn es im 14. jahrh. in mitteld. werken ganz fehlt, wie in prosa in Beheims evang., selbst im reime in der heil. Elisabet (s. Rieger 377ᵃ) trotz der überlieferung in der kunst. so kann es doch wol dort gar nicht bodenständig gewesen sein. aber im bair. sprachgebiete schon früh in allseitiger verwendung:
dô si den mahelscaz inphie,
mit dem waʒʒere si dane gie.
Diemer ged. 20, 11;
mit girde si ime zuogie,
mit geluste er sie vie.
7, 26,
geschr. inphi, gi (s. dazu 2, a, γ), neben ginc daʒ kint z. 12; aber auch auszer reim do gie (geschr. gei) deu frowe 7, 21, gi 11, 6. 7. 13, 15 u. s. w.;
die herberge er fie,
unter sîn vihe er gie.
genes. fundgr. 47, 20, Diem. 94, 4,
also auch in dem falle wo in der nachherigen kunst fienc, gienc herschend war (s.α). so hat die bair. hs. G des Parz. oft begie: enphie, s. Lachm. zu 110, 21, auch auszer reim öfter als im texte. so früher auszer reim:
der herre ire (der braut) gegen gie,
vil wole er si enphie.
er vie sie behende,
er gie mit ir spilende.
gen. fundgr. 35, 29, D. 44, 6.
auch in prosa bair. im 14. jh. (Weinh. bair. gr. s. 285): dô ich in dein palast gie. gesta Rom. 3; daʒ er .. her wider gie. 43; also begie Adam todsünd, do er gottes gepot übergie. 4 u. ö., neben gieng 30. 39. 40. 60. 63 u. o., jenes hauptsächlich am schlusse von sätzen oder satztheilen; der gie zuͦ den chaufleuten. spieg. deutscher leute s. 2; daʒ Joseph in daʒ haus gie. 3. 9. 16 u. s. w., begie 24. 25, wie es scheint, immer (auch lie 35). gewiss schon früher, wie alem. schon im 12. 13. jahrh.: dô ich ruowen gie. hoh. lied v. Haupt 22, 1; der gie fure von Jesse. 58, 30 (gienc 107, 28); dô nu der guͦte sâme ûf gie, dô gie der knülle ... ôch ûf. Grieshabers pred. 2, 37; dô unser herre got hie ûf ertrîche gie. Schwabensp. 1, 2. 203 u. ö.; und ê das zil ergie, dô gîng der krieg wider ûf. Straszb. chr. 830, 19. bair. ist wol auch das gie im Rother (s. d, α), da er in Baiern wenigstens umgearbeitet ist. das im Orendel aber (Edzardi Germ. 18, 415) und im Oswald weist auf frühen gebrauch oder aufkommen in der volksmäszigen spielmannsdichtung überhaupt, zu welcher der Rother doch auch gehört.
γ)
übrigens gab es eigentlich nur ich gie und er gie, keinen pl. dazu (vgl. d, γ), keinen conj., und wenn ein spätes du gie doch vorkommt im reim, sogar ir gînt (Weinhold mhd. gramm. s. 325 fg.), so sind das nur einzeln gebliebene versuche, nicht viel mehr wert als stie für stuont (s. 2, c a. e.); gie conj. z. b.:
maneger spricht: ob einer gie
von der helle und seite uns hie,
waʒ man dort ungemach erlite ...
Teichner 91 (319) Kar.
aber gie im ganzen ist nur ein versuch, der nicht weit gedieh.
d)
dazu aber eine aufklärende zwischenform gien, gîn, die gieng mit gie vermittelt.
α)
so oberd. wie md., bis in ahd. zeit zurück: mit mînan fuoʒun gien ih ... Müll. u. Scherer denkm. lxxvi, 23, in der Würzb. beichte (9. jh.);
zô kemenâten gîn daʒ megetîn.
Rother 1557 (1565) hs.;
dô gîn daʒ listigeʒ wîf ..
1942 (1950),
im reime neben gieng (: sint) 1837 auch gie 3949 (3957); gînge dan die man vure (und klagte) ... sô gîniʒ geme (jenem, dem schuldigen) an sînen hals. Stephan stofflief. 1, 27, den gîniʒ an urin hals 28, nordthür. 13. jh.; do unser frawen kapellen stet, gin auch ain gasz auf und ab. Nürnb. chron. I, 26, 14. jahrh. (vorher gingen hewser auf und ab); also gin der purgraf von dem rechten (verliesz das gericht) und wolt den ausspruch niht horen. 27, 8; daʒ eʒ den steten in Swoben ubel gin. 46, 15 (vergl. 307); bair. begien, vergien, abgin 14. 15. jahrh. Weinhold bair. gr. 176. 286; auch elsäss.: wurden die zamen vogel .. wild, flogen in die weld. es gin alles entpor. Stöbers Alsatia 1875 s. 314.
β)
das ist eine erleichterte, raschere aussprache von gieng; kommt doch auch im inlaut für -ng bequemeres -nn vor, schon Otfr. II, 16, 18 in F giganne für gigange, bair. (s. Weinhold a. a. o., mhd. gr. 183), auch md. Haupt 16, 277. und auch ags. erscheint gien für gieng Grein 1, 368, vergl.gende für gengde 438 (Dietrich centralbl. 1865 sp. 690), auch alts. anagenni initium Heyne kl. d. 100ᵃ für anagengi. aus gien aber ward weiter, noch bequemer auch gie, wo das -n (oder -ng) nicht durch folgenden vocal o. ähnl. gestützt war, d. h. besonders am ausgang der rede, des satzes, des verses. allerdings erscheint solcher abfall von -n so früh sonst nur im nebenton oder bei enttonung, aber die meistgebrauchten wörter eilen immer der entwickelung voraus; doch vgl. schon im 13. jahrh. ma Weinh. alem. gr. 171, wie in den schweiz. weisth. früh amma für amman, ambetman.
γ)
auch ein plur. gien erklärt sich ähnlich:
si gien drumbe siben stunt.
Mones anz. 8, 45, 39,
d. h. um Jericho bei der eroberung, bei Müll. u. Sch. xliv, 4, 3 in giengen berichtigt;
di schif mit hûten (häuten) bezien (hs. bezihen),
daʒ di unden (wellen) darin nit ne gien.
Alex. 1042 W.,
in den folg. stellen in der hs. zwar gihen (wie zihen, flihen), aber gien ist das gemeinte, d. i. giengen, wie z. b. 2159. 2199 steht (: dingen) und wie dort die Vorauer hs. auch gegen den reim setzt, das -h soll wol zweisilbige aussprache anzeigen, wie in enphihe Rol. 52, 5;
unde lârtin (lehrte ihn) die seiten zien
daʒ alle tône darinne gien.
Alex. 210;
(wollte) nie neheine wîs geflien,
swî ime sîne dinc dâ irgien.
122.
das ist aber eigentlich gien'n, für giengn, wie der sing. gien für gieng; jenes auch ausgeschrieben gienen z. b. in der hs. G des Parz. 186, 15, bair.; solche stark gekürzte bequeme sprechform erscheint im 12. jh. oft genug auch geschrieben, ja im reim verwendet, z. b. van für vanen Rol. 3, 10. 11, 2. 20, 20. 309, 11 (: an) u. ö., für chomen im reime chom (eigentlich chomn) Rol. 213, 5. 266, 31. 293, 2. 298, 29. 304, 20, ja im 11. jh. bei Notker ztschr. f. d. alt. 23, 213, 36; ebenso später in der sinkenden kunst z. b. ban (: man) für bannen Wartb. 18, 5, kun für kunnen fastn. sp. 1219, pren (prennen), din (dienen) Haupt 8, 512. 514, spurweise sogar in der guten zeit, z. b. lerns für lernens Freid. 78, 18, dienn Licht. 657, 11. das streben nach grammatischer wiederherstellung (vgl. sp. 1597 fg.) in der zeit der steigenden kunst hatte das möglichst beseitigt, aber gie selber erscheint als rest davon, der doch auch einer beschränkung unterlag.
e)
auch eine andere kürzung erklärt sich so mundartlich, giegen für giengen, s. gramm. 1, 935, mhd. wb. 1, 463ᵃ, Weinh. alem. gr. 168, aus dem 12. jh. Müll. u. Sch. denkm. 269 (281), gigen Diemer 156, 18. 191, 19 (gingen z. 4), wie viegen für viengen wb. 3, 202ᵃ. es ist eigentlich giegn (genauer giegng), d. h. beide laute unter näselung wie zu éinem laut vermischt, den man besonders im bair. hört und der denn eine auflösung fürs schreiben sowol in -gn als -ng zuliesz. daher z. b. auch jugen für jungen in der hs. G Parz. 175, 11. 181, 21 (neben junge 161, 17. 360, 3), aber auch anderseits gangenwurt für gagenwurt gegenwart (gangn aus gagng) Haupts hoh. lied 108, 4. 144, 11, alem. 12. jahrh., engenge (: lenge) jüng. Tit. 1152, 1 für engegne, wie umgekehrt jenes giegn für giengn; daher im 15. 16. jh. auch gegang für gegangn (wie volbring inf. Haupt 15, 228, vgl. gefänglich aus gefängnlich), z. b.:
du pist mir auch die zeit lang
umb meinem maitumb nach gang.
fastn. sp. nachl. 252, 32.
wenn auch im sing. vorkommt giege conj. Weinh. mhd. gr. 325, wie fieg al. gr. 168, enpfieg Parz. 712, 26 D, dig neben ding fastn. sp. 833, 28, brig für bring 839, 20, so musz wol für manchen schreiber jener doppellaut auch auf das einfache g übergegangen sein. vergl. schon ahd. gagantan für gangantan ambulantem Tat. 81, 2, auch intfiegen 109, 2, intfagana 208, 3, s. Sievers Tat. s. 22 (mit anderer auffassung), immer mit folgendem -n, das zurückwirkte; mit intphiec denkm. lxxiv², 12 kann es nicht anders sein als mit mhd. enpfieg vorhin.
6)
ausbildung und ursprung der doppelform, verwandtschaft.
a)
dasz gegân für gegangen, auch gie für gieng, wie sie mhd. auftreten (die zweite dazu sehr beschränkt), nicht ursprünglich sind, sondern bequeme kürzung im dienste rascheres sprechens, ist wol nach dem vorgeführten verlauf der entwickelung deutlich genug; wenn man gie nach vie, hie gebildet sein, diese aber aus vieh, hieh entstanden sein läszt, so müszte doch ahd. oder mhd. von vieh, hieh, viech, pl. viehen wenigstens eine spur bewahrt sein (das enphihe, intphiec vorhin taugt nicht dafür); eher haben wol vie, hie von gie einflusz erfahren, da gân doch auch mehr in gebrauch war, als vâhen, hâhen. nach gegân für gegangen, gevân für gevangen musz man aber auch bei gân an kürzung aus gangen denken, vermittelt durch eine sprechform gangn (s. 5, d, γ). wer der ahd. zeit solches zusammendrängen im sprechen noch nicht zutrauen mag, den kann das handschriftlich und metrisch gesicherte lâʒ bei Otfr. IV, 24, 6 für lâʒis (s. Piper, Kelle bei Haupt 12, 34) beruhigen; eine sprechform der art ward eben beim schreiben möglichst berichtigt (wie jetzt, s. sp. 1597), taucht daher nur selten auf. gangn ist nicht gewagter als diesz lâʒ(s), der übergang in gann, gân (vgl. b a. e.) ist begreiflich schon nach dem giganne für gigange 5, d, β.
b)
für die kürzung spricht auch und erklärt sich damit gên, dessen ê, wie bei stên, doch nur begreiflich ist aus einer einwirkung des e der endungen, das sich in den stamm eindrängte, der ja mit seiner einen silbe nun die endung zugleich darzustellen hatte (vergl. 7). wenn Otfried schon ir gêt, si gênt braucht (3, b), so gehn diese eben hand in hand mit den -et, -ent, die bei ihm für -at, -ant schon herschend sind (Haupt 12, 36 fg. 50. 99), wie seinconj. zusammen geht mit gange; im inf. war ihm aber -an noch fest, daher hier noch kein gên, nur gân, wie er gât, weil seine 3. sg. praes. noch nicht -et, nur -it. hat (Haupt 12, 155. 34). wie er in seinem sorgfältigen sprachlichen wie metrischen denken auch des endungsvocals gedachte, zeigt z. b. dû duis, er duit, für duas, duat u. ä. Haupt 12, 140 fg.; so war, wie hier, bei gênt u. ä. das endungsgefühl befriedigt auch bei noch bleibender einsilbigkeit (vgl. weiter 7), in gân neben gangan aber desgleichen. im Tat. dann auch part. gênti, hand in hand mit gangenti neben ganganti. ob auch bei dem gengen für gangen 1, c dieser einflusz mit im spiel ist? eine rückwirkung von gên? auch die vocallänge der kurzen formen wird weniger von ersatzdehnung kommen, als von dem gefühl der mit darin vertretenen endung.
c)
freilich das ahd. ih gân oder gâm begreift sich nicht aus ih gangu, aber wol gân ih aus gang ih, besser gangih, was z. b. Otfrieds form wäre (Haupt 12, 33. 96), also wie das ahd. gien ih (l. gienih) aus gieng ih, giengih unter 5, d, α; gâm folgte dann der spur von tuom, pim, lepêm u. s. w., auch mit seinen weiteren formen, die dann auch in gât u. s. w. das -n einbüszten, den rest des stammes gang; versuche, das -n zu retten, s. unter 7, a. in ich gân, gên war es noch mhd. fest und in mundarten weit länger, aber wie ahd. schon im conj. ohne -n (3, b), so mhd. einzeln auch im ind. schon früh:
ich gê zô den herbergen sîn.
Rother 1942,
zugleich der ansatz zu nhd. ich gehe (s. 7).
d)
so findet ein stamm ga neben gang, den man seit Bopp für die kurzen formen annimmt, im thatbestand näher betrachtet keinen wirklichen anhalt; gangan ist, wie im goth., so überall der ältere bestand, aus dem sich durch das bedürfnis des zusammendrängens des massenhaft gebrauchten wortes im leben die kürzern formen als jüngere so gut erklären, wie bei mhd. hân, lân für haben, lâʒen, blosz mit theilweiser ausnahme des ahd. praes. im ind., das mir aber nicht genügt um es von dem sonst geschlossenen ganzen herauszunehmen, mit dem es doch auch wieder unzerreiszbar zusammenhängt. und es wird mit stehn, stân, stantan dasselbe sein. da freilich bot der alte arische stamm sta, sanskr. stha zu jener annahme eine unumgängliche handhabe, und gewiss liegt unserm stant jenes sta zu grunde. aber das sanskr. gam gehen, das man nach Bopp jenem lange zu grunde legte, in der lautverschiebung nicht treffend, ist ja nun für griech. βαίνω, lat. venire, unser kommen in anspruch genommen.
e)
aber gangan findet in der nähe einen genügenden anhalt, in einem worte, das zwar nur volkswort geblieben, aber mit seinem stamme sich über das ganze germanische gebietet verbreitet, also germanischer urbesitz ist.
α)
gankeln (s. d.) heiszt md. und oberd. baumeln und baumelnd gehen, schlendern u. ä., schweiz. auch völlig in bildliches gehn übertretend: er lâts ganggle, 'läszt alles gehn wie es mag' Stald. 1, 423; spuren von altem bestand gibt z. b. unter gangeln 1 das spät mhd. mit einem ganggeln, so und so umgehn, eigentlich ihn führen (wie einen blinden), noch älter, nur mit andrer auslautstufe (s. dazu u. f, gankeln 2, b. c) u. 3 dort das ahd. gangarôn ambulare, ags. gangelwäfre spinne, 'im gehend webend' Grein 1, 500, auch in den gemeinden am Monte Rosa, die viel ältestes bewahren, ganglbein, langbeinige spinne, nd. kankelbein (s. u. gankeln 3, a), deutlich von der bewegung der beine, di als ein gangeln, gankeln, kankeln bezeichnet ist.
β)
dabei ist zu beachten, wie die benennung des gehens in den sprachen überhaupt keineswegs die dauer hat, wie der schwesterbegriff stehn; wie in diesem grosze stätigkeit, so ist in jener grosze bewegung. so sind ja lat. ire und meare in den töchtersprachen eingegangen, so im engl. das ags. praet. gieng (ersetzt durch went), und schon im ags. selbst stand neben gieng eine bildung von anderm stamme, eode, wie goth. iddja neben dem nur einmal bezeugten gaggida, d. h. der rest eines eingegangenen wortes oder stammes, gaggan, gangan aber eine jüngere bildung, ungefähr wie it. andare, franz. aller neben io vo, je vais, d. h. lat. vado. die wörter für gehen verbrauchen sich bald und brauchen öfter nachschub, der gern aus dem kreise sinnlich bezeichnender kraftwörter genommen wird; so z. b. bei dem alten haupt, nun durch kopf, eig. schädel, fast verdrängt (zuerst in der kampfsprache), das aber nun selbst wieder durch schädel einbusze erfährt.
γ)
so kann gangan, das schon vor der trennung der germ. völker aufgekommen sein muszte (durch iddja, eode, d. i. den alten stamm i- nur bei zweien überdauert), urspr. das gehen neu bezeichnet haben als ein baumeln der beine, als welches es dem blick erscheint, wie lat. ambulare wol auch, das man doch schon bei den komikern auch in ein gehen überhaupt übertreten sieht; also wie jetzt bei uns schlendern, daneben eine fülle landschaftlicher kraftwörter, z. b. bair. klanken, schlanken, kärnt. glangkeln, schwäb. glunken (s. unter klanken 2, b. d), kärnt. klacheln (s. d. 2), schwäb. u. a. gackeln, gageln (s. d. 2), nd. z. b. dungeln (s. auch gaukeln II, 1, f), die alle eigentlich ein baumeln bezeichnen, wie auch das neuere bummeln, eigentlich das gehen ohne zweck und thätigkeit, das blosze gehen. wie auch gehen eigentlich die bewegung der beine bezeichnet, ist noch im 16. jh. zu erkennen, s. II, 1, a.
f)
auch mit ablaut stimmt gangan zu gankeln u. s. w.; denn wie dieses auch als gunkeln baumeln erscheint, schwed. in mundarten neben kanka schlendern auch kinka baumeln, neben kangla tändeln auch kunkla, neben gängla wackeln auch gingla und gunga schaukeln (s. unter gankeln 2), so zeigt das ags. neben gang auch (mit eo für i) geong m. meatus, iter, neben gangan auch geongan ire mit praet. gang, für die spinne neben gangewifre auch geongewifre, s. Grein 1, 499 fg., nordh. gegeonga ambulare Bouterw. 330ᵃ. auch im hd. liesze sich das wiederfinden in dem mhd. imp. ginc neben ganc (und genc) und in dem landschaftlichen praet. gang (sp. 2381), falls diese alt genug wären. auszer zweifel ist das wol bei einem mnd. ging, gang, mal, vom ackergange bezeugt im 14. jahrh. Schiller u. Lübben 2, 113ᵃ, noch jetzt im Göttingischen ging, der 'gang' beim weben, d. h. eine anzahl von 40 fäden Schamb. 64ᵃ. s. auch unter h.
g)
urverwandtschaft bietet litt. żèngti schreiten, gehen (Bopp gl. 133ᵃ), am bedeutsamsten aber ein altind. stamm, der zugleich die bei uns noch erkennbare urbedeutung zeigt, ǵam̃h zappeln, ǵaňghâ das bein vom knöchel bis zum knie Fick vergl. wb. d. indog. spr. (1874) 3, 99, jenes genauer 'mit den flügeln oder beinen schlagen, zappeln', dazu ǵaňghâla schnellfüszig, als subst. antilope u. ä., ǵaňghâ-kara, läufer, eigentlich mit den beinen arbeitend Böhtl.-Roth 3, 9, vgl. 73; das subst. auch im zend, zañga m. 'der obere fusz' (wol vielmehr bein), nizañga 'der untere fusz', s. Justi 120ᵇ. 172ᵃ. vergl. auch Diefenb. goth. wb. 2, 373.
h)
nun tritt aber auch herzu, zumal nach dem ablaut u. f, ein hd. wort für verlangen, begier: ahd. gingo Otfr. V, 23, 42, kingo intentio, voluntas Germ. 8, 13, mhd. ginge m. f. wb. 1, 527ᵇ; auch mnd. gink lust und belieben Sch. u. L. 2, 113ᵃ; dazu ahd. gingên begehren, trachten (mit gen. oder thara, wohin) Otfr., auch gigingên aspirare, kingên sequor, imitor Graff 4, 217 fg.; s. auch sp. 1236 aus rom. gebiete venez. ganga absicht, wälschtir. lust u. ähnl. wenn ich jenes sp. 1140 zu ginen hiare zog, so kommt es nach dem vorigen besser hier unter, da das begehren auch bezeichnet wird nach dem begehrenden arbeiten mit armen und beinen (wie noch kinder thun), vgl. z. b. streben mit bair. strabeln, 'hände und füsze regen, zappeln' Schm. 3, 676 (auch strappeln 688, strampeln), mhd. streben die glieder regen, eifrig arbeiten nach etwas, trachten, verlangen (auch kämpfen). so kann denn ahd. gingo, nordit. ganga auf jenes 'zappeln' zurückgehn, das altind. bezeugt ist und in gangan, gankeln auf die bewegung der beine beschränkt.
i)
endlich ein subst. zu gang- ohne das -n, goth. gahts in innagahts f. oder innatgahts eingang, framgahts f. fortgang (auch adj. unatgahts unzugänglich); ahd. bettegâht concubiae Notker Cap. 46 (36), d. i. bettgehzeit Grimm gr. 2, 995, Graff 4, 1277, vgl. auch altn. gâtt f. thür; mhd. aber giht Lex. 1, 1014, kirchgiht kirchgang, sunnegihten dat. pl. Johannis (mhd. wb. 1, 518ᵃ). für ausfall des -n, den Fick 3, 99 annimmt, spricht ahd. gâht, doch bei giht ist das unmöglich. es bietet sich aber ein nebenstamm gag (wie stat neben stant), breit entwickelt und alt gestützt, mit der gleichen bed. baumeln, zappeln, schlendern u. ä., s. gageln und gagen sp. 1142 fg. (auch gagen pl. und gigl beine). auch gicht als krankheit, mhd. giht, eigentlich krämpfe, zuckungen (mhd. wb. 1, 517ᵇ) tritt nun passend in den kreis nach der urbedeutung zappeln.
7)
endlich gehen als siegende praesensform.
a)
das sprachgefühl war mit der erreichten einsilbigkeit doch nicht lange zufrieden, das grammatische bewusztsein daneben verlangte eine befriedigung des endungsgefühls. dabei ist das -n auch als stammhaft behandelt worden (was es ja eigentlich auch ist), in allen drei hauptmundarten; genend gehend im 14. jh.: it. 2. lb. den genenden knechten in die rais (als kosten, fuszknechten). städtechron. 4, 86 anm. 6; im 15. jahrh.: die müeszig gener und stener für müesziggeer und steer 3, 130, 30 var. (beides nürnb.), wo wir noch nachempfinden können, wie das bleibende -n eine gefühlte lücke ausfüllte. dann auch im inf.: genen, meare, gradi, limitare in einem md. voc. 15. jh. Dief. 352ᵇ. 268ᵃ. 330ᵇ; auch gene vadere 604ᶜ, ire 309ᵃ, gradi 268ᵃ, ledik gene ociari 392ᵇ, gane meare 352ᵇ, eingane ingredi 298ᶜ, nrh. gayne 309ᵃ. 352ᵇ; gêne hessisch 14. 15. jahrh. z. b.: wart mit scharpfen worten ime zûgêne. myst. 10, 17; were in das gmein wasser fischen wil ghene. weisth. 2, 456; nürnb. 14. jh.: ich wil in nimmer lôʒʒen zergêne. offenb. d. Ad. Langmann 74, 24, vgl. meistersingerisch:
welcher nit heim kan gene (: zwene).
H. Sachs 1, 118 Göd.
noch jetzt nordfränk. in Sonneberg genna (neben gîa) Schleicher 56, in Kärnten geanen Lexer 112, vgl. tirol. gêner geher, auch der umgênete (für genende) schuster, der ewige jude Schöpf 186. appenz. i gôna gehe Tobler 231ᵇ, gônig, 'gehenig', im schwange gehend 233ᵇ. auch nd.: westf. gaunen (wie staunen für stân, slaunen für slân, dônen für dôn) Diefenb. goth. wb. 2, 372; vgl. mnd. ganden 14. jh. Sch. u. L. 2, 10ᵃ, auch, wie mir Bech zeigt, oberd. vorkommend: eʒ gande sîn lîp oder guͦt an (hs. an gut). Augsb. stadtb. s. 74, und md.: ab .. den bürgen .. an mîme vatere .. icht abe giende (bei der verbürgten leistung), daʒ ich daʒ sal ervüllen. henneb. urk. I, 68, 44; were ouch, daʒ der bürge einer abe giende (mit tode). 68, 19, vergl. abegienge 87, 32; da ist der laut gang irrig umgesetzt in gand, zunächst und vielleicht blosz für die schrift, denn standen kann doch kaum darauf gewirkt haben (s. 2, c).
b)
richtiger und überwiegend erweiterte man doch den vocal, der ja den der endung verschlungen hatte. so gahen für gân im 16. jh., s. z. b. Soltau 2, 75 anm., selbst als reim auf an, wie auf stan:
(du solt) uff dissem tuch gahen
und vor den richter stân.
Alsfelder pass. 3782,
sonst das. gehen, gehin oder auch gan, gain, s. Grein s. 308 fg.; noch bei Luther: das er noch ein jar in die schul gahe. vom bapstum D ijᵇ (Diez 2, 42ᵇ); das iemant eine gotliche ordnung recht zu herzen gahe. A 4ᵃ; zum dritten, das ein keiserlich gesetz auszgahe .. an d. adel E 4ᵃ, wie mhd. gâ (sp. 2384); vgl. auch gahet für gaht bei Diez. ebenso ward gîn zu gien, schon im 14. jh., s. sp. 2388 (vgl. auch das gön, gän sp. 2387), wie man sîn im 15. jahrh. zu sîen ausweitete, im 16. jahrh. seien H. Sachs 2, 4 Göz, jenes z. b.:
wir syend (ind.) selb im land doch gest.
H. v. Sachsenheim Mörin 1886;
herr marschalk, syend ir berait?
1515;
wer sien die von Wirtenberg?
4048.
ist doch schon bei Otfried duet für duat, duen für duan u. ä. (Kelle bei Haupt 12, 141), obwol einsilbig, nicht anders gemeint als zur befriedigung des endungsgefühls, wie im 14. jahrh. tuen cod. dipl. Sax. II, 2, 97, tuhen 185.
c)
den sieg trug aber gerade deshalb gên davon, dessen ê ja schon vom endungs-e herrührte (6, b). auch seine ausweitung beginnt schon bei Otfried mit geit, trotz einsilbigkeit (sp. 2388); auch im Tatian ist wol geet neben gêt schon mit so gemeint, wie späteres geen im 14. 15. 16. jh.; ebenso im Boeth. gâendo neben gândo Graff 4, 68. 79. befriedigt wird das streben endlich durch aushelfendes -h, gehen; vgl. schon im 12. jahrh. geht Diemer 188, 4. 9. 190, 27; besonders md. seit dem 13. jahrh.: daʒ geht ime an die hant. Höfer urk. 43 (get 44); daʒ sîne vrûndichîn mit ime mûʒen herîn gehn ... sô sal he geen in den creiʒ. Freib. stadtr. Schott 3, 232, gehn neben gen 263. und so dann zweisilbig, auch besonders md. (vgl. gahen u. b): dar hine gehen. evang. übers. 14. jahrh. Haupt 9, 269, nidder gehende von dem schiffe 274, neben ghen 273. 275, ich ghe 276; daʒ im .. nicht doran (am zinse) sal abe gehen. cod. d. Sax. II, 2, 103, vom j. 1369 (stehet 266), gehin 166; das her nicht von dem dinge gehe. Magd. fragen s. 164; von ym gehen. 171 (gan 172. 111), vergl.stehende eigen 97 neben stende eigen 96 (geen noch voc. opt. Lpz. 1501 O 5ᵇ. Q 5ᵃ);
mit sogetaneme spele ir umme gehit (: flehit).
Rothe rittersp. 31. 1225. 3101;
er danne man zu strite gehit ..
den cristin eʒ gar wole stehit ..
3101;
wo man sicher sulle gehin (: sehin).
114. 3049;
daʒ si gehin in frischir erdin.
2210,
nebeninf. (: mê) 3035, vorgê 3323, vergl. übrigens Bartsch s. 220; ein grosze processien zu gehene. K. Stolle Erf. chr. bei Haupt 8, 307, lieszen stehe und lie (liegen) was da was 309, vgl. lîn, liegen (: Augustîn) rittersp. 1204. 3826, h. Elis. 935, aber auch das zu lîhen zerdehnt 861 (s. Rieger s. 36), wie bei Stolle lîe, lîhe gemeint ist, so sehr schwankten die formen;
ich bin nit wirdigk, dasz ich gehen,
dasz min augen sollen sehen
die hohe von dem himmelrich.
Alsf. pass. 2008 (nu gen ich 6046);
nu gehen ich doch vor uch in den toit.
3323;
dasz dich an gehe alles leit!
4101 (ge 5942);
gehe mit mer dan.
5950,
öfter noch ganck, s. Grein s. 308 fg. noch in dem Erfurter sog. Engelmannsbuche um 1500 wechseln geen und gehen (s. z. b. II, 6, d Michelsen).
d)
gehen wird dann Luthers form nach anfänglichem schwanken mit gan, gahn, ghan (4, a), seltener gehn; er schreibt gehe, gehest, gehet, imp. gehe, z. b.: wenn du ... mit ir zu bette und tisch gehest. hochzeitpr. 1536 B 1ᵃ (Diez 2, 43ᵇ); ich bin nicht werd, das du unter mein dach gehest (conj.). Matth. 8, 8; wer bin ich, das ich zu Pharao gehe (conj.). 2 Mos. 3, 11; wo ein scharrhans gehet odder stehet. confit. 1530 B 4ᵃ; dise .. weise gehet itzt zu Wittemberg (im schwange). Diez 2, 44ᵃ vom j. 1522; gehet ewre strasze. Jos. 2, 16; gehe aus dem kasten. 1 Mos. 8, 16. auch oberd. dringt es früh vor zwischen den alten formen; bei Maaler zwar noch blosz gon 189ᶜ fg., aber schon Dasypodius z. b. setzt im j. 1537 wesentlich gehen an 337ᶜ fg., neben gohn 343ᵈ (vgl. 1, b, α). auch bei schriftstellern, z. b. bei Wickram also geht es rollw. 88, 20, neben gan 88, 8 (gon 90, 12), wie freilich schon mhd. sp. 2383, aber das -h zeigt die einwirkung der neuen strömung.
e)
endlich wird das -h als notwendig und wesentlich angesehen, wie auch bei stehen, und auch die endung voll ausgeführt, im 18. jh. z. b.: es gehet leider nicht an. Liscow 442, wie verstehet 519 (auch scheinet, suchet u. s. w.);
und Töffel gehet mit.
Lichtwer fab. 3, 4 (s. u. II, 6, e);
zwar auch gehn, bei schriftstellern die dem leben sein recht geben, z. b. Rabener (1755) 3, 247. 249 neben gehen 246 (gestehn 3, 269. 4, 441), gehen und gehn noch beisammen bei Göthe u. 23 a. e. (gehn im satze, gehen am satzende), aber auch noch:
ja, wer durchs leben gehet ohne wunsch ..
Schiller Wallensteins tod 2, 2;
so gehe denn, mein kind, und sprich
in andacht ein gebet für mich.
gang nach dem eisenhammer.
nun doch wieder geh, geht (wie scheint, sucht u. s. w., noch bei Adelung gehet, das selbst Campe noch fest hält), in der aussprache aber auch gehn, d. h. gên, also in wahrheit noch wie mhd.; vergl. 4, e.
II.
Bedeutung und gebrauch.
1)
schreiten, schritte machen, so und so gehn, ahd. für gradi, ambulare; vgl. gang I, 1 als schritt.
a)
auch von éinem schritte, noch um 1500: (das kamel) geyt niet loufende noch dravende, dan (sondern) mit eime slechten langen gange, so wijt as ein man seer gain maich (vermag). Harf pilg. 116, 34, einen starken schritt thun, gang schritt, ausschreiten, vgl. eine brücke vierdehalf hundert genge lank 239, 16. so für treten, die füsze setzen: du thuͦst wie ein sau, die gat (gedruckt gatt) mit den fuͤszen in den trog (beim fressen). Keisersb. sünd. d. m. 82ᵃ. s. auch einen schritt gehn bildlich 24, f und schritt gehen 3, d a. e.
b)
schritte machen: beducht si, si möchten das wasser erwaten (als welches sie einen mondschein ansehen) .. und als si im gan waren, huoben si die fuͤsz hoch uf, als dann lüt pflegen so durch wasser waten. Tünger facet. 142 nr. 46 (lat. inter eundum). gradi ist in den vocc. gan, geen u. s. w. Dief. 268ᵃ (nov. gl. 196ᵇ), ingredi ingaen 298ᶜ. mhd., auf der wahlstatt:
von den rossen si vielen (stiegen rasch ab),
ûf den tôten si giengen,
ir iegelîch suͦchte den sînen.
Rol. 241, 22;
und giengen ûf den tôten hin.
Stricker Karl 8315,
muszten schreiten, einher treten. daher beim tanze, von künstlichem schreiten, treten:
waʒ obe si gêt an disem tanze?
Walther 75, 5;
an einem tanze, dâ si gie
wol mit êren bî den schœnen vrouwen.
MSH. 2, 91ᵃ;
dâ si bî dem tanze
gie, er gie ir an der hant.
Neidhart 98, 13;
da (bei hofe) zôch ich aber schâchzabelspil ...
und gie vor manigen schœnen tanz.
Virginal 113, 11 (heldenb. 5, 22ᵇ),
vgl. einen tanz treten Helmbr. 940.
c)
daher auch gên lernen, wie das kind: man muͦste ime (dem bei den wölfen im walde gefundenen kinde) einen lenen anbinde, biʒ iʒ gelernte (so l.) gê also ein mensche. deutsche chron. II, 309, 37 (thür.); spat gehen lernen Frisch 1, 330ᵃ; vgl. gehkorb, gehwagen. von der art des ganges: geh gerade! ruft die mutter dem kinde zu, geh sachte, langsam u. ä.;
ein junges weip gerad und stolz,
die aufgericht get sam ein polz.
fastn. sp. 265, 11;
so haiszt man mich ein narren darumb,
das ich ge mit den pein so krumb.
261, 5;
meister mondschein, ey gehet nicht so krumb!
A. Gryphius P. Squenz 19;
Pickelhering (als Thisbe) gieng so enge und redete so klein (fein), als wenn es ein mägdlein von zehen jahren gewesen. Rist die allered. belust. 107, machte so kleine schritte, vgl. mhd. enge schrite machen unter gang I, 1, b. auf krücken, auf stelzen gehn.
d)
gegensatz ist stehn (s. dazu 4), reiten, fahren:
ich sihe wol, daʒ ir (als freier, ungefangen) stêt
unde rîtet unde gêt
swar iuch iuwer wille treit.
Iwein 4036;
ieclich man sal ouch wesen zolles vrî, her vare oder rîte oder gê, swâ er schiffes (zum überfahren) oder brucken nicht bedarf. Sachsensp. II, 27, 2; wer (von dem kriegsheer gegen die Hussiten) .. aus dem land zu Pecham rit oder gieng oder fuͤr ân seines hauptman willen (kriegsflüchtig) ... deutsche chron. II, 364, 24. vergl. übrigens gehn auch vom fahren u. ä. 6, b.
e)
bemerkung verdient wol, dasz auch den schachfiguren ein gehn und gang beigelegt wurde, wie man sie überhaupt sprachlich lebenden wesen gleich behandelte, zum theil noch jetzt (wie die kinder ihre bleisoldaten); z. b. im 14. jh. in dem schachbuch des pferrer zû dem Hechte:
und wen der kung sal ûʒgên
von velde dô he phlît zu stên.
zeitschr. für d. alt. 17, 355, 19;
ouch mag die kunginne gên
ân den kung in ir lên.
357, 19;
zû der rechtin hant gêt si stân
vor den schrîber ûf den plân.
360, 11;
sô mag he (der roch) ouch wol vor sich gân
zu siczin vor den koufman.
354, 33;
ein rittir der ûf swarzim stât,
ûf ein wîʒ velt he gât.
367, 5;
vgl. 352 von des kungis gange, 360 von der kuniginne ganc, 366 von der rittir gange;
daʒ îclichir (alde) ûʒschrît
und gêt alum des bretis wît
nâch des cirkils swange
und irvullit an dem gange
sechse sîner genge.
365, 35 ff.;
der rechte (alde) der hât genge zwên:
wen he trit ûʒ sîme lên,
he gêt vor den gebûrisman u. s. w.
364, 9 ff.
f)
bemerkenswerte sprichwörter z. b. bei Henisch 1436: es ist gut schwimmen beim schiff und gut gehen beim wagen; neben dem ross ist gut gehen; man musz bei den stülen und benken gehen, bisz man könne allein gehen; mit guter musz gehet man auch fern (kommt man weit); mit langsam gehen kompt man das fernest. 1435; wer sorglich geht, fällt nicht hart. Aler 868ᵇ.
2)
auch von thieren, ursprünglich ohne unterschied vom gehn des menschen (vgl. u. kind II, 13, essen 3), s. schon 1, a von der sau (und ihren füszen).
a)
daʒ dritt stuck des puochs (von der natur) schol sagen von allerlai tiern, und des êrsten von den die dâ gênt ûf der erden. Megenberg 114, 7, geberndeʒ gêndeʒ tier 226, 33, vierfüsziges, aber auch schlangen, fische:
kinder, hie (im walde) gêt slangen vil!
MSH. 3, 31ᵃ;
auf deinem bauch soltu gehen. 1 Mos. 3, 14; die visch die in der tiefen gênt. Megenberg 243, 5 (lat. habitant); die pesten häring gênt pei Schottenlant 245, 18. von vierfüszlern: alles was auf tappen gehet unter den thieren. 3 Mos. 11, 27; das sich reget und gehet auf vier füszen. 21; es gehen nicht alle esel auf vier füszen. Henisch 1323, 34. aus biblischer quelle wol noch im 18. jh., in alter einfachheit:
den thieren jeder art, wer kann die zahl bestimmen?
die kriechen oder gehn, mit nassen federn schwimmen,
und deren leichter flug hoch in den wolken eilt ..
Uz 1, 91.
jetzt ist da im leben laufen das wort, als niedriger, derber (wie fressen gegen essen u. ä.); eigen nur, dasz nun auch die kinder laufen lernen, nicht mehr gehn.
b)
besonders noch jetzt doch vom vieh, das zur weide geht u. ä.: die heingassen, da dʒ vihe usz und in gat (im dorfe). weisth. 1, 418, s. unter gasse sp. 1444; und wo der far (zuchtstier des vogtes) hine gat, in matten oder in korn, do sol er gon one einunge (busze). 5, 482; wo meiner frauwen der meisterin muͤszig vich fürgehet, soll der zweien dörfer vich nachgehen. 477, gleiches weiderecht haben mit der herschaft; der kälhoffer von Schwamendingen ward beklagt, er habe auch ein stier ghan über die zal. Hotz Züricher urk. 1, 84; auch so mag unser vihe gen trinken in die Werse. weisth. 1, 577; sieben .. küe .. gingen an der weide im grase. 1 Mos. 41, 2;
die geisz .. wolt weiden gehn.
Alberus Es. 41;
so fehlt uns keine mehr, die (kuh) geht am weitsten.
Schiller Tell 1, 1,
s. dazu gang I, 6, d, weidegang, henneb. das hämmele soll noch zum gang gehn, zur weide Fromm. 4, 310.
c)
von pferden:
ein ros daʒ willeclîchen gât,
swer daʒ mit sporn ouch bestât,
sô gêt eʒ deste baʒ ein teil.
Iwein 2395;
daʒ pfärt gienc einen smalen wec.
Parz. 514, 25;
und hatten (könig und kurfürsten) ir pherde hinden uber die Hoe gen Limpurg zu gen Collen laszen geen (während sie selbst zu schiff fuhren). Frankf. reichscorr. 2, 48; mein eltester bruder ... bracht mir ein hölzins röszlin, das zoch ich an eim faden vor der thür, do meinet ich gänzlich, das röszlin könde gan. Th. Platter 6; meine drei pferde (vor der postkutsche) schliefen im gehen. Gellert (1839) 8, 301. die rosse gehn zu acker, zu felde mit dem bauer (auch der pflug, s. 12, c a. e.); vgl. veltgênde vihe Ssp. I, 20, 1, aber zu velde gên zur weide gehn II, 54, 5. III, 49. gahnpferd und stahnpferd weisth. 2, 397, bei weinfuhre für den herrn, d. i. gânde, stânde (s. 4, a).
d)
besonders von der gangart (s. gang I, 6, a):
man sach ir pferit schône gân.
Lanz. 7176;
eʒ gienk ebene in den wech,
sanfte und balde genûch (zugleich).
Eneit 148, 40;
ir ros in giengen ebene.
Nib. 72, 4;
sîn ors .. gienc mit sprungen ..
under im vor sîner schar.
Wolfr. Wh. 368, 26;
under im gie in sprunge
sîn ors, daʒ was behende.
krone 7445;
er reit ein ravît daʒ was rôt,
daʒ gie ensprunge schône.
Wigal. 15, 14;
iwer meidem gie nie enzelt,
er dravete unde schûfte.
Helmbr. 1780;
eins ein rotschimmel .. das ander war ein schimmel, so bede gute zelt giengen. Breun. v. Buchenb. 48; ein zältner, ein ross das im zält gat. Maaler 245ᵈ (vgl.klepper); asturco, ein zeltner, der im stapf gat. Frisius 131ᵇ; den pasz gahn, den mittelpasz, den trosz, den tritt, den schritt, den trab, den trott u. s. w. Garg. 132ᵇ (Sch. 240); das pferd gehet einen guten trab. Comenius orbis pictus 2, 14. den galopp gehen. Rädlein 318ᵇ. selbst von der heftigsten bewegung des scheuen thieres einfach durchgehen, vgl. der schimmel geht ins zeug, ins geschirre, zieht scharf an.
e)
von wild; ahd. z. b. vom eber:
der heber gât in lîtun,
tregit sper in sîtun.
Müll. u. Sch. denkm. ⅩⅩⅤⅠ;
dô gie er (Dankwart) vor den vînden   alsam ein eberswîn
ze walde tuot vor hunden.
Nib. 1883, 3;
bald si funden an eim trit do,
das ein wilpret gegangen wer.
Teuerd. 44, 21.
mhd. auch mit dem merkwürdigen umsprung des subj., wie ein tisch sitzt vol (gäste) Uhland volksl. 628, diu venster sâʒen vrouwen vol Mor. v. Craon 878 (s. V, 2209, vgl. gänge II, 3, a):
ouch gienc der walt wildes vol.
Iw. 3272.
noch weidmännisch: nebengänge thut ein hirsch, auch ein hase, wenn sie auf ihrer hingegangenen spur gleich drauf wieder zurück gehn. Göchhausen 124. vergl. kirchgang des hirsches, gang 6, b. c. wild geht dem bauer ins feld; als landgr. Philipp von Hessen einen erlegten fetten hirsch lobte und ein dabeistehender bauer sagte: ja gn. fürst und herr, das kostet unsere gute körnlein, die sie uns im feld abetzen, dem antwortet er: es ist wol zu erbarmen, dasz ich ewre kühe lasse in meine wälder gehen, und ihr weigert mir, meine kühe in ewer feld zu gehen. Zinkgref 1, 121. von fischen s. Megenb. unter a, daher noch im wortspiel in einem hochzeitsgedicht für einen mag. Joh. Hecht:
gott der lasz euch beide sehen
viel paar junger Hechtlein gehen.
Rist Parn. 786.
3)
das an sich intransitive wort wird doch auch unter umständen zum trans., tritt auch ins pass. (f), wird reflexiv (h).
a)
noch jetzt geläufig und alt einen weg gehn:
swer zwêne wege welle gân,
der muoʒ lange schenkel hân.
Freid. 129, 23;
welchen weg (von zweien) musz ich gehn? ich bin einen falschen weg gegangen; so solt du deinen weg fort gehn. weim. jahrb. 4, 267 (s. u. b); vieleicht saget er uns den weg, den wir gehen (conj.). 1 Sam. 9, 6; ir seid den weg vor hin nicht gegangen. Jos. 3, 4; darnach gehet ewre strasze. 2, 16;
doch laszt uns ein paar gassen gehen,
da seht ihr wie die sterne stehen.
Göthe 3, 192.
auch bildlich z. b.: wenn ich eine andere laufbahn gienge und statt des schlachtfeldes den sessionstisch wählen ... dürfte. J. Paul uns. loge 1793 1, 301 (vgl. 24, g);
komm, komm (Asterie) und lasz uns gehn den weg der ewigkeit.
Opitz 2, 143 (poet. w. 4. b., an die deutsche nation).
anders geh deinen weg, d. h. fort von mir, von hier: ir habt ain andre herschaft, darumb so get eurn weg. weisth. 6, 180 (bair. 16. jh.), abweisender bescheid eines richters an einen kläger. auch geh wĕg ist ja entstanden aus ganc den wec Ulr. Trist. 2407 (557, 27 M.), durch enweg (inweg) und eweg hindurch, vgl. noch im 15. jh. enweg und eweg neben einander weisth. 1, 656.
b)
auch einen, seinen gang gehn: mühle, gehe du deinen gang, und ich will gehn meinen gang. weim. jahrb. 4, 267, soll der wandergeselle zur mühle sagen (s. sp. 1221); Johann gieng seinen steifen gang (s. d. I, 1, d). Möser phant. 2, 267. einen botengang gehn u. ähnl., auch den schneckengang, krebsgang u. ähnl., den galgentritt, galgengang:
so muͦsz er gon den galgentritt.
Murner narrenb. 45, 37 Göd.;
eins tages gienc er den weideganc (auf die jagd).
Parz. 120, 11.
einen gemeinen gang gehn, flurbegang, s. sp. 1222 m., kathol. einen bittgang gehn u. ähnl. (s. das.), eine procession oder mit deutscher betonung und endung: gebôt der lantgrâve .. dem covent, daʒ si keine procéssien gên ... soldin. Ködiz 50, 21; an einem liehtmessetag, dâ der covent processen gienk. nonne v. Engelthal 22, 21; der (pabst) bestalte ein grosze processien zu gehene an des heiligen blutes tage. K. Stolle Erf. chr. 250 (Haupt 8, 307).
c)
gewöhnlich doch mit gen. geh deines weges, deiner wege (vgl. Grimm gr. 4, 680 fg.): gehe widerum deines weges. 1 kön. 19, 15; also gieng das weib hin ires wegs. 1 Sam. 1, 18; wer bei nacht dieses weges ging, entfernte sich von dem hügel so weit er konnte. Wieland 8, 190, wie dieses weges kam. auch bildlich, vom lebenswege (23): besser, man läszt sie ihres weges gehn, und erwartet was daraus werden mag. Wieland 8, 159 (Danischm. 19); man scheint sich nur verbunden zu haben, damit eins wie das andre nunmehr seiner wege gehe (in der ehe). Göthe 17, 118, wahlv. 1, 10; vgl. seines pfads gehen 23, e a. e. auch bei gang, seines ganges gehen Jes. 47, 15, wie noch gerades wegs, raschen schrittes, s. unter gang sp. 1221; vergl. bair. éines gêns, auf der stelle Schm.² 1, 858, wie mhd. éines ganges sp. 1221 m. (vergl. 1223), noch alem. eis gangs Hebel alem. ged. 35. ahd. gang thînes sinthes (weges) Otfr. III, 4, 28. wie man schwankte, zeigt z. b. Megenberg 56, 9 alle planêten gênt ir kraiʒ zuo der lenken hant, mit var. irs kreiszes.
d)
mhd. auch mit acc. der gegend, durch die der weg geht, durch die man musz, z. b. eine wise (s. Haupt zum Er. 3106):
ich solde eines morgens gân
eine wise breite.
MSH. 3, 444ᵃ;
si giengen holz und heide   die zwêne küene man,
ân trinken und ân spîse.
Wolfdietr. 417, Haupt 4, 449, heldenb. 3, 229.
ähnlich bildlich nhd. folgende gewagte wendung: war mein buch ... wider die religion und den staat, so ging es die censur. Herder III, 370, muszte es ja durch die censur, wo zugleich an franz. passer gedacht sein wird.
e)
noch ganz anders nhd. mit obj. acc., wirklich trans.:
der dritt .. des laufens ungewant (ungewohnt),
er geht bald den wolf, kamp und blasen.
H. Sachs 1, 531ᶜ,
geht sich den wolf, zieht sich mit wandern zu; ich hab mich müde gegangen. Frisch 1, 330ᵃ. und noch anders einen guten schritt gehen, von pferden Frisch, auch von wanderern. anders, zu a: ich möchte keinen tritt mehr gehen in dieser sache. M. Krämer 518ᵇ; sie sind nur wenige schritte gegangen, als .. Schiller IV, 276, 20, vergl. eine viertelstunde mochte man gegangen sein 276, 15, eine meile gehn u. s. w., und noch anders schritt gehn, im schritt, wie soldaten, auch von pferden.
f)
auch im pass., unter umständen: des wart in (den streitenden) dach bescheiden und wart an rât gegangen. Höfer urk. 83, man 'gieng zu rate' (s. 9, h); wo sich der haubtman einer stat nehet (mit dem heere), wart im mit der procession und heiligtumb entgegen gangen. Wilw. v. Sch. 115; nun ward zu tische gegangen, gewöhnlich doch nun gieng man oder gieng es zu tische; hier wird nicht durchgegangen, ist kein durchgang. vergl. auf ihrer hingegangenen spur (von wild) Göchh. u. 2, e. Nur ein grammatischer scherz mit dem reiz, das unmögliche zu wagen, ist es als wirkliches pass. in der neueren wendung er ist abgegangen worden, zum abgange veranlaszt oder entlassen worden, lange nur mündlich gebraucht, und doch nun auch im zeitungsstil u. ähnl.: das endliche gegangenwerden dieser männer (der minister) ist nur die nachholung einer allzu lange versäumten anstandspflicht. Weserzeit. 1872 11. sept.
g)
das part. gegangen aber auch nicht passivisch für sich gebraucht, seltener zwar als z. b. gekommen, eigentlich nur in gegangen kommen (5, f), wo es doch keine perfectbedeutung hat, aber auch ungegangenes tuch, das man nicht hat lassen eingehen (s. d. 7, vgl. unten 15, f) im wasser: an anschlägen und ungegangenem tuche giht vil ab. Gryphius Dornr. 73, 2 P. (lustsp. 1878 s. 286); das ungegangene und das gegangene tuch unterschieden in einer schneiderinnungsordnung des 17. jahrh. in Halle, s. neue mittth. des thür.-sächs. v. 11, 473; bair. aufgangene nudeln, aus gegornem teige Schm. 2, 5 (s. gehn vom gären 15, f). vergl. vergangene zeit, ergangener spruch, auch das hochalterthümliche sonneganges umme gegangen sp. 1234 unten.
h)
eigentlich passivisch ist auch die refl. wendung nach franz. art hier geht sichs gut u. ä., im 17. jh.: 'der haber zeucht, der wein gehet' (sprichw.), d. i. wann die pferd haber essen und die wandersleut wein trinken, so zeucht und gehet sich wol. Henisch 1428, 53. früher aber auch sich gehn nur als verstärkung von gehn, reflexivisch, wie sich kommen (s. dort II, 37):
es ging sich unser frauwe
des morgens in dem tauwe.
Limb. chron. 19 R.;
wir leben in reichem schalle (lust und lärm),
damit gehn sich die wochen weg.
H. Witstat weim. jahrb. 4, 456;
der freitag geht sich auch daran.
das.;
he gink sik vor den könink stan.
Schiller u. Lübben 2, 9ᵃ.
vgl. mit refl. dat. alts. gang thi fan them crûce niđer Hel. 5586; gêng im thô bî Jordanes stađe 1127 u. oft, unser sich vertritt schon lange zugleich den dat., auch schon ahd., vgl. dô stuont imi ûf der guote man Anno 614, ûf erstuont sik G. Georgsl. 28. vergl. franz. s'en aller, it. andarsi, andarsene fortgehen. mhd. auch sich ergân, von dingen: und het sich daʒ ergangen, ê sie sturbe. Schwabensp. 128; sich vergân von der zeit. nhd. sich ergehn z. b. in schmähungen.
i)
auch eine merkwürdige verstärkung mit -sen kann hier ihren platz finden; von der heuschrecke, die für den winter zu sammeln versäumte: schemet sich (nachher) gleichwol zu betlen, hat nicht arbeiten, dienen und leiden gelernet. darumb cito cadit et perit, sie gehetsen dahin, wie sie den namen bein Lateinern daher füren sol, dasz sie bald stirbt und verdirbt (d. i. cicada ausgelegt als 'quae cito cadit'). Mathesius Sar. 25ᵃ. s. die beobachtungen von Palm über diesz -sen (auch sent, sach u. a.) im 16. 17. jahrh. in md. volksmäsziger rede bei Fromm. 6, 185 ff., z. b. bei dem Meiszner Hayneccius zur schulen hin wil ichsen gan, auch ich hab sen genug geliert (gelernt); es ist doch nichts als mhd. sîn als gen. n., in abgebrauchter form, wie noch erzgeb., thür. ich habs'n genug, j'en ai assez, dann auch in der bedeutung (wie mhd. es gen. n.) in bezug darauf, in folge davon, daher, damit u. ä. (wieder wie franz. en), daher: sie gehetsen dahin, geht davon, daran zu grunde; auch 'also', als folgerung aus den verhältnissen, z. b.: zeuch dussen wider anheim. Liliencr. 4, 414ᵇ, zieh du nur also wieder heim. s. auch J. Grimm unter es III, 1138 fg. (wesentlich jenes mhd. es gen.).
4)
der begriff hebt sich gut ab gegen stehn, mit dem es vielfach gesellt wird im gegensatz; im sprachbewusztsein lagen sich beide so nahe, dasz auch ihre formen auf einander gewirkt haben (I, 2, c a. e.).
a)
gehn und stehn als formel welche ruhe wie bewegung oder alle möglichen formen des verhaltens umfaszt, z. b. rechtlich: sô vrâge ik .. eft .. ik .. moge vor ju (dem richter) und vor juwe richte gân unde stân, vorwert unde tô rügge, nedderwart unde upwart, af unde tô sunder vâr (s. sp. 2063). Hom. richtst. landr. s. 101, vgl. Hartmann unter 1, d; ist das er in vindet (der herr den schuldner des hofzinses) .. wa er denn in dem hof stat oder gat oder sitzet (darf er ihn vor den probst laden). weisth. 1, 407. als merkmal der gesundheit, z. b. bî gôndem stôndem lîbe, in gesunden tagen: dô (von der angeblichen schuld) gehôrte er weder bî sîm gônden stônden lîbe noch dô er krank wart, nie nützit von ime. Scherz 561 aus Straszb. rathsacten, vergl. bei gehendem leibe 6, c a. e.; (die schenkung ist gemacht) mit wolbedachtem mute ... als er leibs und muts frisch und gesund was, zur kirchen und straszen gereiten, gegehn und gestehn mocht. Haltaus 617 (s. mehr dort). ein erschöpfter kann nicht 'sten noch gen':
nun kan ich icz nit sten noch gen.
Folz bei Haupt 8, 535, vgl. 530;
(sie) mit süszen herben pfeilen
lauft, geht und steht verwund.
Spee trutzn. 40 Balke (11, 60).
von der haltung einer schauspielerin: dasz ein solches wesen. nicht kommt und geht und steht als wenn zuschauer dabei wären, vielmehr wie ein schmied vor seinem feuer, um heisz herauszunehmen was er kalt hineinlegt ... Zelter an Göthe 2, 191. s. auch gahnpferd und stahnpferd sp. 2398. noch nl. gaande en staande zijn, bei guter gesundheit.
b)
erweitert vom verhalten überhaupt, z. b. rechtlich von freiem gebaren in einem ganzen gebiete: und A. Strenzel sall auch in ern Götzen gerichten und gebieten frei und sicher geen, steen und handeln und keins argen von im wartende sein. Haltaus 617, nach dem handeln deutlich erstreckt auf alles thun; amor sui, liebe zuͦ im selbs, also das ain mensch ganz gericht würt auf sich selbs ... in klaidungen, in gon und ston ... Keisersb. siben schwerter g 4ᵇ; das es noch stinket, wo ein scharrhans gehet odder stehet. Luther bei Dietz 2, 42ᵇ. so vom verkehr, umgang (vgl. 23, d):
he drûch bunt, sulver unde golt,
he stûnt unde gynk mit den besten.
Haupt 5, 385, nrh.
mnd. z. b.: dâr de lêve Jesus Christus silven hadde ghân unde stân. Lüb. chr. 1, 55 (Sch. u. L. 2, 9ᵃ). auch alles was geht und steht: sie haben schöne rinder, schaf, viel freund, kinder, auf dem felde sind alle ding wol geraten, und singet alles das da stehet und gehet. Luther 4 (1556), 534ᵃ, alles lebendige, eigentlich aber alles vorhandene (s. unter d).
c)
noch jetzt z. b.: wo man ging und stand, verwickelte man sich in die jungen sprossen. Lichtenb. 7, 47. auch als halbdeutliche formel, z. b. komm mit wie du gehst und stehst, wie du eben bist (worin zugleich c mit anklingt); er hat nichts als wie er geht und steht. Frisch 1, 330ᵃ; in der judengasse war ein heftiger brand entstanden. mein allgemeines wolwollen .. trieb mich, gut angekleidet wie ich ging und stand, dahin. Göthe 48, 19 (aus m. l. 16); da mir das ganze (vom plan der Eugenie) vollkommen gegenwärtig war, so arbeitete ich am einzelnen, wie ich ging und stand. 31, 146, doch mehr zu a, wofür aber wo für wie nötig wäre, so dasz die verhältnisse mit gemeint sein müssen, z. b. er verfolgt mich, wo ich gehe und stehe. nl. z. b. daar ben ik nu, zooals (wie) ik er ga en sta.
d)
auch auf dinge, verhältnisse übertragen, wie ja von gang und stand der dinge die rede ist: obs recht ist, das einer sold neme oder (wie sie es nennen) dienstgelt oder mangelt .. das er sich verbindet dem fürsten zu dienen .. wie der brauch jetzt gehet und stehet. Luther 3, 326ᵇ; da sind (um zu zeigen was wir eigentlich wollen) meine schrift und offentliche bekentnis .. da stehet und gehet umb her unser confessio und apologia. 6, 19ᵃ, steht auf den bücherbretern und geht durch die hände (19, a). auch von einer wirtschaft, einem hofe z. b. ich übernehme alles wie es geht und steht, wo mit gehn urspr. leute und vieh gemeint sein müssen (sonst auch wie es steht und liegt); gegenwärtiges haus .. so wie es steht und geht (in einem testamente). J. Paul 26, 7; alles, wie es gehe und stehe, gehöre seiner frau. Fibel 50. nach verhältnissen fragt man auch nachdrücklicher wie gehts? wie stehts? in einem athem. ähnlich dann: so lange die erde (welt) geht und steht. J. Paul 26, 7. s. auch unter 17, c und 36, h, γ.
e)
wie auch auszer dieser verknüpfung beide im sprachvorrat zusammen gehn, zeigt vielfältig noch der übertragene gebrauch, z. b. die thür geht auf und steht auf, saat geht auf und steht gut, eine uhr steht (still) und geht wieder. s. auch vom zaun, der steht und geht 18, g. Aber merkwürdig auch ohne unterschied, gehn für stehn, kleiden, wol anstehn: geht mir diese locke? Klinger 1, 227; was sagst du von der farbe (des haarbandes?) 'sie geht vortrefflich zum schwarzbraunen dieser seidnen haare'. das. (Elfride 3, 1);
ein wenig mehr gehirne,
Pervonte, sollte, dächt ich, nicht
so übel gehn zu dieser schönen stirne.
Wieland 18, 140 (165);
wol nur nach dem franz., wo aller à qu., eigentlich passen, auch kleiden heiszt, wie ital. ein kleid non mi va, steht mir nicht. s. ebenso kommen (mhd.) V, 1643 m.
5)
Ein nahes begriffliches verhältnis haben auch gehn und kommen, jenes als ein hingehn, dieses als ein hergehn, als fortbewegung und annäherung; zu vergl. ist kommen II, 1, z. b. wenn ihr kämt, so ging ich. Göthe und Werther s. 147, an Kestner, ein ewiges gehen und kommen 40, 311;
wenn du nicht (zu David) gehst, so komm ich nicht zu David.
Klopstock 10, 15.
a)
bloszes gehn für fortgehn (s. 8, f, für sterben 23, c), schon ahd. mhd.: (Judas) gangenti erhieng sih, abiens se suspendit. Tat. 193, 3;
herre, swaʒ ir mir wellet sagen,
daʒ saget mir, wand ich wil gân,
ine mac niht langer hie gestân.
Trist. 371, 37;
si (die gefangne maus) sprach: herr löwe, lânt mich gân.
Boner. 21, 4.
nhd.: das gon und wider kommen, itus et reditus. Maaler 190ᵃ; wenn nur Jobsen nicht wieder kömmt. ich dächte, sie giengen itzt? Weisze kom. op. 2, 160;
wo ist der kerl? wenn ich ihn spüre,
er soll mir nicht lebendig gehn!
Göthe 12, 118;
Egmont. leb wol! Ferdinand. ich kann nicht gehn. 8, 295; leb wol! 'ich gehe nicht!' 296;
lebe glücklich, sagt er, ich gehe ..
40, 335 (Herm. u. Dor.);
ich geh und überlasse dich dir selbst.
Schiller XIV, 58 (braut von Messina 65);
der bruder will allein sein.   laszt uns gehen.
Piccol. 2, 4;
mit breiten ästen
deckt ihn (den sohn) der baum bei seiner wiederkehr,
der sich zur gerte bog, als er gegangen.
1, 4;
er (Max) kommt mir nicht zurück, wie er gegangen.
1, 5 (vgl. Maaler vorhin);
wollts gott, er gieng, und liesz uns seinen hut.
Tell 1804 s. 124 (3, 3).
das ist hausdeutsch: gehst du schon? wer geht mit (fort)? übrigens auch kurz gleich weiter gehn (was ja fort gehn eig. auch ist nach unterbrochnem gange), z. b. Tell zu seinem knaben:
was kümmert uns der hut? komm, lasz uns gehen.
Wilh. Tell 3, 3 (1804 s. 128);
vgl. mit fort bei der begegnung mit dem landvogt im Schächenthale:
mit der hand nur
winkt' er mir schweigend, meines wegs zu gehn.
da gieng ich fort, und sandt' ihm sein gefolge.
3, 1 (1804 s. 110).
b)
besonders auch im imp.: geh, lasz mich allein; geh! geh! ich will nichts weiter hören; geh! dich auf ewig zu verbergen! geh! sag ich. Lessing 2, 189, der prinz zu Marinelli (Em. Gal. a. e.), dazu einen gehn heiszen;
(Leicester zu Burleigh) was ich
mit meiner königin zu verhandeln habe,
braucht keinen zeugen. geht!   Elis. bleibt, ich befehl es!
Schiller M. Stuart 4, 6.
auch zum henker u. ä.: ei nun get zum henker! Steinh. Bocc. 157ᵃ (72); gehe an galgen! noch im 18. jahrh. Rädlein 338ᵇ, Ludwig 715. Diesz geh! ist im leben so viel gebraucht, abgebraucht, dasz es auch als abweisung überhaupt dient, ohne alles fortgehen: geh! du bist nicht klug; ach geh, du willst mir was weis machen, das glaub ich nicht u. ä.; ach geh (mir) mit deinem gesinge! hör auf zu singen;
und willst ein dichter sein? geh, lasz den schweren namen,
zum dichter trägst du kaum den ungekeimten samen.
Lessing 1, 173 (zu sich selbst);
o gehen sie, riefen die Abderitinnen, sie wollen uns bange machen. Wieland 19, 132; nein, geh! es war hübsch von ihm .. Göthe 42, 4 (d. j. G. 2, 45), abweisung eines tadels, im munde eines fuhrmanns (Gottfr. v. Berl.); geh, geh! du bist der mann nicht, das rachschwert des obern tribunal zu regieren. Schiller II, 96, 22, Karl Moor zu sich selbst. und noch gewagter oder gelinder: und deine mutter wartet und behütet dein kind mit voller liebe? fragte die königin. geh! erwiderte Walpurga (als amme). Auerbach auf der höhe 1, 80, d. h.: wie kannst du nur so fragen, das versteht sich doch von selbst! in bäuerlichem munde. sogar gê, sei gscheid, bleib da! Schmeller bair. gramm. s. 508, gengens, bleibens da!
o herrgott im himmel,
geh schenk mir jetzt ruh!
südd. volkslied.
also zur bloszen aufforderung geworden, wie franz. allez! und also mit komm! zusammenstoszend, s. V, 1633. vgl. auch unter 10, e, δ.
c)
aber gehn erscheint auch wirklich als ein hergehn, herbeigehn, herkommen. bloszes gehn freilich nicht gerade, z. b.: der gon wirt, aditurus. Maaler 189ᶜ; gonde, iens, adiens. 190ᵃ. es sind bestimmungen nötig zur ausmalung, z. b.: und da derselbige (bote) gieng und erzu kam .. 2 Sam. 18, 25, d. h. während er näher kam (vgl. das hebr.). am einfachsten mit her, ahd. hera: wuo giengi thu hera in, quomodo huc intrasti? Tat. 125, 11, wie konntest du herein kommen (zur hochzeit), vergl. gêt hina recedite 60, 13. mhd. gê her, z. b. bei einer eheschlieszung, an den bräutigam:
gê her und nim si ze rehter ê.
Renner 1690.
aber wirklich auch mit hin von kommen, hin ze hûse gên, in einer mahnung an die ehefrauen, dem gatten mit liebe zu begegnen: du solt gein in ûf springen, sô er gê hin ze hûse oder rîte unde solt imʒ gewant enpfâhen (abnehmen) .. Berth. 330, 35, vielleicht nur wegen des gegensatzes zu rîte. ûʒ gên, heraus kommen:
ein stählîn tür entsloʒʒen was,
dâ giengen ûʒ zwei werdiu kint.
Parz. 232, 11.
in die werlt gên, zur welt kommen. Megenb. 106, 24 (s. 23, c). nhd.:
got gruͤsz euch alle, got gruͤsz euch ..
sagt mir auch, ob ich hie ge recht.
fastn. sp. 275, 24,
an den richtigen ort komme (vgl. 8, a); gang her, komm her:
gang her, herr Lucifer,
ich wil dir sagen neue mär.
505, 22;
hoff, Agripina werd mir zu theil,
wird bald hieher von kirchen gehn.
H. Sachs III, 2, 42ᵈ (1588).
jenes gê her bei Hugo v. Trimb. (vgl. Luther unter hergehen) ist noch fränk., thür., z. b. geh her und isz mit, wenn ein besuchender eben zu tische kommt.
d)
vielfach auch in weiterer, übertragner bedeutung: und von dem bischof wer gemainen steten wol ein hilf gangen, daʒ er in mit einer summe spieʒ (fuszknechte) gedient het. Nürnb. chron. 1, 161, 10, mit dat. wie mir kommt hilfe (s. auch 35, h); erhebt sich ein .. siroco, das die wellen aus dem mer herein gehn. Kiechel 250; das wir dir (könig Ruprecht dem herz. von Lothringen) din schulde, die doch von dienstes wegen, den du uns von des richs wegen getan hast, herruret und geet, gern bezalen wollen. Frankf. reichsc. 1, 734, herkömmt, vergl. 16, g; wie der münche und aller tollen heiligen selberwelte werk sind, die kein gottes wort haben und nicht aus der liebe gehen. Luther 6, 55ᵇ, wo wir auszer kommen doch auch noch hervorgehen sagen; wer nun will aus dieser armseligen welt in den himmel gehen ... Schuppius 649, wie im 15. jh.: werdt ir nit .. als die kleinen, ir geet nit in das reich der himmel Nürnb. bibel 1483 Matth. 18, 3, bei Luther kommen, aber auch im 16. jh.: in welchs reich nichts befleckts gehn mag Frank parad. 240ᵃ, auch jetzt noch eingehen, und auch Luther ähnlich: es ist nie kein gemeines noch unreines in meinen mund gegangen. ap. gesch. 11, 8. dem kaiser Max prophezeite 1493 Seb. Brant:
Turk, heiden, all erdrich wirt gon
under din gwalt, gebot und kron.
Liliencr. hist. volksl. 2, 312ᵃ.
einzeln auch noch in neuerer zeit:
o kenntet ihr die reine lehre,
rein wie sie von dem lehrer ging,
eh nutz und eigennutz mit lumpen sie behing.
Gotter 1, 399, ausgieng;
vgl. auch zu nutzen, zu gute gehen, wie kommen 19, g a. e., in strafe gehn, kommen: der soll ... in unser straf gehen. österr. weisth. 1, 5 (wie in einen kreis den er betritt); umgekehrt strafe geht über einen 30, e.
e)
lehrreich sind besonders fälle, wo man das sprachgefühl selber zwischen gehn und kommen schwanken sieht, z. b.: eʒ sprechent etleich vorscher, daʒ die jungen vögel mit den füeʒen des êrsten in die werlt gên (conj.). iedoch die andern tierl koment des êrsten mit iren haupten. Megenb. 193, 32;
mordio, mordio, thuond uf die thür!
ist neiszwar (irgend wer) drinn, der komm herfür!
Ruff etter Heini 382,
in der andern hs. geändert der gang herfür;
'mein burgvogt, komb heraus zu mir'.
er geht heraus und sagt:
was sol ich, zarte jungfrau rein?
Ayrer 2040, 9,
er geht ein, herein ist die gewöhnliche bühnenweisung.
was im menschen nicht ist, kommt auch nicht aus ihm.
Göthe 40, 258 (Herm. u. D. 3),
im 16. jh. aber: wo nichts guͦts innen ist, da gehet nichts guͦts aus. S. Frank spr. 1, 88ᵇ. Neander spr. 28 Lat. (ubi non est intus, nihil fit extus Mathes. Sar. 155ᵃ). aber auch da schon in scharfer unterscheidung, z. b.:
kinder sein lieb, kommen vom herzen,
gehn wider zu herzen mit schmerzen.
Froschmeus. I, 2, 6.
aber auch beide vereinigt, als eins: durch die taufe gehen und kommen wir zum christenthumb. Mathes. Luther 62ᵇ. s. auch Luther unter 35, a. s. auch es geht und es kommt Göthe 36, c, γ.
f)
geläufig ist ihre verbindung in gegangen kommen (s. dort II, 4), sich gehend nähern oder herbeikommen:
dar kom ich gegangen
an einen anger langen.
Walther 94, 15;
dô kom von Tronje Hagene   zuo sîner vrouwen gegân.
Nib. 806, 4;
wer kommt da gegangen? u. dergl. noch jetzt. s. auch unter 12, d und Göthes geht zu kommen 10, b.
6)
Auch das eigentliche gehen ist aber nach begriff und gebrauch sehr manigfaltig.
a)
es heiszt auch ausdrücklich zu fusze gehn (s. sp. 994), daher fuszgänger, mhd. ze fuoʒ gân (auch stân) wb. 3, 444ᵇ: zefuͦsz gon, pedibus ire, ambulare, pedibus iter facere. Maaler 190ᵃ; wie der zusatz durch umstände dienlich oder nötig wird, zeigt z. b.:
daʒ mîn rîten bî in übel stêt,
sît man und wîp ze fuoʒ hie gêt.
Parz. 450, 16;
da sie (erschreckt) sahen den künig rich
fuͤren und also zuo fuosz gon.
Büheler königst. v. Fr. 2802,
er war vor bestürzung und schwäche (über den gemeldeten tod seiner gemahlin) vom pferde gefallen, man bringt ihn geführt; um meinen hiesigen aufenthalt (in Gotha) mit einem abenteuer zu endigen, will ich morgen früh sechse in forma hier abfahren, in Siebeleben aussteigen, über die Gleichen, Ichtershausen, Dienstedt nach Kochberg zu fusze gehen. Göthe an K. Aug. 1, 22. früher auch genauer zu füszen (sp. 994) und in aller deutlichkeit, kräftiger, z. b. in Rüdigers munde, da er zum kampfe wider die Burgundenkönige aufgefordert wird:
hêr künic, nu nemt hin widere   swaʒ ich von iu hân ..
ich wil ûf mînen füeʒen   in daʒ ellende gân.
Nib. 2094, 4.
vergl. auch fusz für fusz gehn sp. 997, auf freiers füszen gehn und den scherz im volksliede:
wenn er fragt, wie mirs geht?
sag auf zwei füszen.
auch vom fusz selber: was zeither vorfiel, war gehendes fuszes, war auf der treppe. Hippel lebensl. 3, 30, war im gange, im herankommen. auf den knien geen, rutschen, s. knie II, 1, b, β.
b)
überdiesz wird es auch auf reisen u. ä. überhaupt erstreckt, also wie älteres faren, man geht auch zu wagen, zu schiffe, selbst zu pferde (die ja alle auch gehn, s. 12, c. 13, a): weil wegen schnee und frost, so damahls eingefallen, die groszen herren nicht mehr zu pferd, sondern zu schlitten giengen. Olearius pers. reis. 1, 14, anders als mhd. ze rosse gân, zum rosse, es besteigen fundgr. 1, 35, 20, noch jetzt zu schiffe gehen, navem conscendere Frisch 1, 330ᶜ; wir steigen zu pferde und gehen in die gebürge. Göthe an fr. v. St. 2, 85 (bergmännisch s. 9, f); sobald mir der bote antwort bringt, werde ich mich aufs pferd setzen, um ihnen nach Ilmenau entgegen zu gehen. Schiller und Lotte s. 68; wenn der könig ohne allen gebrauch seiner füsze sich ins feld bewegen läszt, thut man ihm doch die ehre an und spricht nicht anders, als: er geht zur armee. Seume 3, 4 (mein sommer 1805 s. iv);
treibend schwang sie (Nausikaa) die geisel, und laut nun trabten die mäuler,
strengten sich ohne verzug, und trugen die wäsch' und sie selber.
nicht sie allein, es gingen zugleich auch dienende jungfraun.
Voss Od. (1806) 6, 84.
daher auch für sich begeben, ohne besondere vorstellung des gefährtes o. ä. (s. 12, c): nun, liebes töchterchen, weiszt du, dasz du heute oder morgen mit mir in die stadt gehst? Weisze kom. op. 3, 249, vom landgute, wie umgekehrt aufs land aus der stadt; ich beneide alle welt, die nach Sachsen geht. Göthe nov. 1768 aus Frankf. an Öser (d. j. G. 1, 37);
als ihn die lust, im neuen veränderten wesen zu wirken,
trieb nach Paris zu gehn.
40, 335 (Herm. u. D. 9);
über des bräutigams tod, der, ein edler jüngling ...
selbst hinging nach Paris und bald den schrecklichen tod fand.
298 (H. u. D. 6),
reisen wäre da störend oder unmöglich. so geht man in die ferien, in die sommerfrische, ins ausland (auch auszer landes), nach Amerika (auch übers meer), d. h. dem ausdruck und auch dem wesen nach noch wie der handwerksgesell in die fremde geht, fort in die weite welt. auf der post gehen, cursu publico uti Frisch 1, 330ᵇ, über meer und über land gehen, mari terraque proficisci 330ᶜ. wie freilich diesz umfassende gehn zu misverständnissen die hand bietet, zeigt was V. K. Schwarz aus Augsburg erzählt vom j. 1561: es was verbotten, das niemant sollt in die mummerey geen (zur fastnacht), da fueren wir darin. Reichard M. u. V. K. Schwarz 145, das faren war natürlich in dem obrigkeitlich verbotnen geen mit gemeint.
c)
bloszes gehen ist aber auch hin und wieder gehen, umhergehen, spazieren gehen (10, d), wandeln u. ä.: arstant inti gang, surge et ambula. Tat. 54, 6, worte Christi an den gelähmten, goth. urreis jah gagg Luc. 5, 23, nordhumbr. ârîs and gaa (wandele Luther, wandere Beheims ev.);
eines tages dô der jungelinc
in der pälenze gînc (in geschäften).
Alex. 325;
si sprâchen: her, wâ welt ir hin?
er sprach: ich muoʒ ein kleine gân.
lieders. 2, 647,
ein wenig spazieren gehn, mich ergehn, mhd. sich ergân;
ich habe nichts zu thun, was heiszen tausend schritte?
im gehen, glauben sies, bin ich ein rechter Britte.
Hagedorn 1, 62;
komm, sieh einmal mit mir die hiesgen gärten an (vor Leipzigs thoren).
und alsobald gehn sie, dem zufall überlassen (sich überlassend).
Zachariä ren. 3, 357, gehn aus, spazieren;
was wirds erst werden, wenn wir wieder in Leipzig ums tohr gehn! Göthe an Öser febr. 1769 (d. j. G. 1, 57), spazieren um die stadt, es war der Leipziger ausdruck, rheinisch vor die pfort gehen, pedem portâ efferre Aler 868ᵃ (an die port Suso sp. 2377); wer geht, sieht ... mehr als wer fährt ... ich bin der meinung, dasz alles besser gehen würde, wenn man mehr ginge. Seume 3, 4 (mein sommer 1805 s. iv). daher bei gehendem leibe, wenn man noch gehen kann, noch umhergeht, auch als kranker: aber gleichwol bin ich bei gehendem leibe übel auf gewesen. Schweinichen 2, 266, vollständiger mhd. bî gândem stândem lîbe unter 4, a.
d)
diesz gehend, jetzt selten (so häufig stehend noch ist), war einst auch sonst in vielfachem gebrauch; z. b. ein gehender bote, im gegensatz zum reitenden (vgl. bote gehn 9, k): also ist .. mir ein augspurgischer geender pott zukomen, der sagt das dem also seie (dasz kaiser Karl auf Regensburg ziehe), dann er seie gestern one weit von Geisenfeld durch des kaisers heer gezogen. Schertlin br. 135, es wird aber ein regelmäszig gehender bote sein, der vorläufer des heutigen postboten, der landschaftlich auch noch kurzweg der bot heiszt, z. b. im Bregenzerwalde; für geheime dinge (vergl. sp. 2357) gieng ein geschworner, vereidigter bote: wil ich üch wider schriben, sobald ich innen wird das ein geschworner bott von Lucern gan Fryburg gat. H. Salat 79. ähnlich gehende zolner im unterschied vom stehenden oder sitzenden brückenzolner, s. bei Michelsen Mainzer hof die dry geende zolner s. 34, die dry gehende zolner 22, sie muszten in ihrem amte in den straszen herum und vor die thor geen (auch gehen). mhd. der gênde, fuszgänger: der rîtene (für rîtende) wîche deme wagene (auf der strasze) und der gênde deme rîtene (so). Sachsensp. II, 59, 3, vgl. vuͦʒgengêre 27, 1, pedester fuszgeender Dief. 420ᵃ;
und lief (der löwe) ouch sâ den gênden man
vil unbarmeclîchen an.
Iwein 5377;
mîn harnasch was ze swære,
daʒ ichʒ niht gênde enmohte getragen.
777.
auch von fuszknechten, söldnern, pedites: 21 geender wegen mitsampt den geenden schützen. Nürnb. chr. 2, 34, 10; unter dasselb türlein tags ein geender soldner (als wache). 3, 157, 16. 25; das geende volk. reichstagsacten II, 47, 8; schon mhd.:
darzû rîten (für rîtene, rîtende) alsô vil ..
unde zweitûsint gânde.
Jeroschin 24020.
auch gehend werden, in gang kommen (vgl.rasend werden): wenn die alten geule gehend werden, so sind sie nit zu halten. Neander spr. 32 Lat., s. dazu unter gaul sp. 1570; die ganze stehende armee meiner neigungen wurde gehend. J. Paul teuf. pap. 1, 144. ich will dich gehend machen, will dir beine machen! Ludwig 716.
e)
auch krieger gehn ursprünglich, wie gender soldner vorhin, z. b.: es sol nieman an dhainen krieg gan noch riten .. on erlobung ains vogtherren. weisth. 1, 202, vgl. 9, c;
da dat man im sin harnesch an,
als ein herr zu strit solt gan.
Liliencron 2, 35ᵇ;
wan ein stift (das Mainzer) zu felde leit und ein (der) vitzdum mit dem Ryngauwe (den rheing. kriegspflichtigen) .. daby weren .. und durch daʒ reisige here geent .. sollent (sie) unter eins marschalks bannyr odir wimpel geen. weisth. 1, 531, marschieren, vgl. gang I, 4, d für marsch. beim angriff:
er was unz an die porte mit grôʒer kraft (schar) gegân.
Gudr. 1454, 1;
er (der hauptmann) macht sein ordnung und trat in ainer engen gassen, da nit mehr denn sechs man neben einander gehn mochten, gegen den veinden. Wilw. v. Sch. 113. auch von einem ganzen heere, unter umständen noch jetzt, z. b. es geht über den Rhein (vgl. übergang), über das gebirge, ein truppentheil geht voran, zum aufklären u. ähnl., geht vor zum angriff, geht zurück in seine deckung u. a., auch in die flucht: dasz der feind in die flucht ging. Steinbach 1, 539 aus Hoffmannswaldau; der könig geht zu felde, educit exercitum etc. das. 540;
die Sachsen dringen ein, gehn bis nach Mähren hinter,
und Töffel gehet mit.
Lichtwer fab. 3, 4.
das heer ist da eigentlich als ein lebendiges ganzes gedacht, als ein 'körper', vgl. truppenkörper und dazu körper 5, auch unter kampf 2, b, kopf V, 1753 (b), ganz deutlich in der mhd. wendung von einem helden an jagen (verfolgen) ein houbt, an fluht ein zagel (des heereskörpers) Greg. 1826. s. auch in den krieg gehen 9, c.
7)
Die art des gehens wird vielfach näher bezeichnet, z. b.
a)
mit klingen gehen, von übermütigen bauern:
da gen si mit klingen,
schamper liedl si singen.
fastn. sp. 441, 18 (Neidhartspiel).
im 18. jahrh. im degen gehn (der degen wie ein kleid, als kleidungsstück, s. u. b), von studenten: er hat wirklich studiert, und ich habe ihn mit meinen augen zu Leipzig in dem degen gehen gesehen. Rabener (1755) 2, 146. mhd. mit swerten, schilten, under helme gân, gleich gewâpent gân. anders mit kreuzen gehn, im kirchlichen bittgang u. ä., s. u. kreuzgang 1, a; wenn er (der sigrist) mit dem krütz gat. das. 1, c. mit dem klingelbeutel gehn, mit fackeln u. s. w.
b)
von der kleidung, in der einer erscheint, heiszt es einfach so und so gehn, einhergehn, daherkommen (vgl. von der haltung 24, a); selten gekleidet gehn, z. b.: er geht gekleidet, als ob er vom galgen gefallen wäre. Ludwig 684. blosz gehn schon mhd. ahd.: thaʒ thu (mensch) nakot ni geist. Otfr. II, 22, 21;
ist aber ein witwe freuden rîch
und daʒ si sich kleit kosteclîch
und man si siht iht schône gân,
man giht, si strîch sich ûf die man.
Lichtenstein 619, 27,
ganz wie noch jetzt im hausdeutsch die geht aber schön!;
si giengen in ir hemeden   diu wâren beidiu naʒ.
Gudr. 1216, 1;
mit strûbendem hâre   sâhen si si gân.
1218, 1,
das haar und sein schmuck als theil der kleidung, wie es von der jungfrau heiszt dasz sie mit ehren den kranz tregt und im (offnen) haar gehet Luther 2, 242ᵃ, noch in haaren und im kranze gehet 8, 129ᵇ, noch im 18. jahrh. in haaren gehen, s. unter haar III, 2, jetzt auch im bloszen kopfe gehen (vergl. barhaupt gen unter gehen n.), wie in der haube, im hute; lasz die har abscheren und gehe kalh (zur trauer). Micha 1, 16. von kleidung: du solt des tags ân ain underjoppen nicht gen, wildu nicht krank werden. anz. d. germ. mus. 10, 320, in einem unterricht für pilger nach dem heil. lande; gehe hin und zeuch ab den sack von deinen lenden und zeuch deine schuch aus von deinen füszen. und er that also, gieng nacket und barfusz. Jes. 20, 2;
in syden kleidt sich iederman,
kein landtman kan on sammat gan.
Ruff etter Heini 248;
was plagen wir uns mit dem flor
und gehn, ich weisz nicht wie, im leide (trauer)?
Chr. Gryphius p. w. 1, 638;
das volk (in Käsmarkt in der Zips) braucht höfliche deutsche sitten, theils männer gehen deutsch, theils ungrisch, theils halb deutsch und halb ungrisch, so visirlich raus kommt. ungr. Simpl. 60; sonderlich aber gehen die Zipser (weiber) etwas anders als die oberungarische weiber, indem sie ihre schleier u. s. w. das.; reinlich und nett soll ein junger mensch gehen. Chr. Weise erzn. 55; und gehen als wenn sie vom galgen gefallen wären. Schoch stud. E; sie werden uns visite machen — ja wie, wenn ich grün mit rosenroth gienge? Klinger theat. 2, 285;
und morgen geh' ich wieder bunt (lege die trauer ab).
Gotter 1, 97;
freilich geh' ich nie geschnüret
noch gepudert und frisiret.
Voss (1825) 2, 56;
Hafis auch und Ulrich Hutten
muszten ganz bestimmt sich rüsten
gegen braun' und blaue kutten:
meine (gegner) gehn wie andre christen.
Göthe 5, 99;
auszen mags in glätte, mag in farben gehn (erscheinen).
3, 125.
ebenso schweiz. kommen, z. b. schön kommen, s. V, 1679.
c)
frauen gehen mit einem kinde, schwanger u. ä. (s. kind II, 1, g):
sich dîn muome Elisabêt
ouch mit einem kinde gêt.
erlösung 2640;
von den zaichen allen maht du wol erkennen, ob diu fraw mit ainem knäblein gê oder mit aim dirnlein. Megenb. 41, 13; is enwere dan das eine frauwe swanger ginge mit eime kinde und des wilts gelustet (die kann sich wild fangen lassen). weisth. 2, 454, die vollständigste wendung, die wol die ursprüngliche ist; an der fürstin, die kints grosz schwanger gieng. Wilw. v. Sch. 57; das weib gehet schwanger adder gehet schwer. Luther bei Dietz 2, 43ᵃ; hastu gemerkt, wenn die hirschen schwanger gehen? Hiob 39, 1; man sech die an, die in der ee sind .. so werden sy mit kinden geen (für geend). Keisersberg spinn. O 1ᵃ;
ich ge mit einem kinde.
Uhland volksl. 206;
gehst du mit eim kindlein klein,
ich will der vatter sein.
Garg. 92ᵃ (Sch. 160), vergl. bei Uhland a. a. o. und 674;
wisz dasz ich gehe mit einem kind u. s. w.
Ayrer 970, 9.
auch bloszes gehn so:
dasz frauen, wenn sie gehn, ein blinder appetit
auf wunderliches zeug und tumme speisen zieht.
auch von der zeit oder dauer der schwangerschaft: und sihe, Elisabet .. ist auch schwanger mit einem son .. und gehet itzt im sechsten mond. Luc. 1, 36; (dasz sie) hochschwanger wäre und nur noch wenige tage mehr zu gehen hätte. ehe eines mannes 226. in andrer auffassung zum kind gehn, parturire Schönsleder e 7ᵈ, zur geburt, genauer mhd.: sô daʒ wîp des kindes zuͦ kemenaten sal gê. zeitschr. f. myth. 2, 77 (s. V, 528 m.), zu dem gen. s. kind II, 1, h. zur geburt gehn, schwanger sein Schöpf tir. id. 186. auf der zeit gehen, der geburtsstunde nahe sein Frisch 1, 330ᵇ.
d)
mit einem gehn, zugleich mit mancherlei nebensinn:
ir zwei mit ein ander gêt (imp.).
Parz. 549, 4;
peit mein, so wil ich mit dir gan (zum abt).
fastn. sp. 203, 30.
junkfrewlein, sol ich mit euch gan
in ewern rosengarten?
Uhland volksl. 104;
wer in die fremde will wandern,
der musz mit der liebsten gehn.
Dorothea, als sie sich entschlieszt auf Hermanns antrag:
ja, ich gehe mit euch, sobald ich die krüge den freunden
wiedergebracht und noch mir den segen der guten erbeten.
Göthe 40, 309,
wo denn das mit gehn zu einem mitleben wird. im leben heiszt es von einem pärchen einfach sie gehn mit einander, lassen sich zusammen vor den leuten sehen, sie geht mit einem, sie waren schon lange mit einander gegangen. auch sonst auf zusammen leben überhaupt erstreckt (vgl. u. 24, g), mit gen. der beziehung mhd.:
daʒ sim unrehte wolten lônen (seine mannen)
der triuwen, der er mit in habe gangen.
Alex. 592 W.,
in der er mit ihnen gelebt. auch von sachen, Maria Magdalena z. b. verwünscht ihr bisheriges leben, ihre eitlen kleider, zuletzt:
wes ich nu mit uch gegangen han,
des wel ich vorbasz nu men (mer?) lan.
Alsf. pass. 2032.
deutlicher ausgemalt mit einem, mit etwas umgehn, das leben und treiben als in krümmen oder kreisen gehend gedacht. von dingen z. b. mhd. mit ubilen siten umbe gân wb. 1, 468ᵃ, 22, alle die mit dem kessel umbe gent, mit der brauerei zu thun haben Nürnb. pol. 210, deutlicher noch von einem händler mit seiner waare: und wenn man mich fraget (unter dem thore): womit gast umb? so sagt ich: ich tragen huͤnder (hühner) zu verkoufen. Th. Platter 46. von menschen aber auch im kampfe, von kämpfern die einander im kreise herum treiben (vgl.eʒ umbe trîben u. 33, b, γ), z. b. Dietrich im streit mit einem ungethüm:
mit dem vâlande er umbe gie
wol unz über mitten tac.
Dietrichs flucht 1652 (Berl. held. 2, 82ᵃ);
swâ ich in herten stürmen mit den vînden umbe gie.
Alph. 261, 2. 164, 2.
e)
vom zusammengehen in öffentlichen aufzügen, die im alten leben gröszeren raum und gröszere bedeutung hatten, rührt z. b. her in der mitte gehen, als hauptperson:
die zunge hats gethan, dasz niedriges geblüte
auf hohen stühlen sitzt, und gehet in der mitte,
und fährt mit sechsen her, verachtet fürsten-blut u. s. w.
Logau 2, 1, 38.
über einem gehen, ihm zur rechten hand gehen, den vorzug haben Adelung. anders, der reihe nach, ahd.: er gât under zwisken, est medius (inter Aristotelem et stoicos) Graff 4, 70;
me leid geschicht eim narren dran,
das er sicht ettlich vor im gan,
dann er hab freüd das im sunst all
nochgangen ..
Brant narr. 68, 21 ff.
von der rangordnung dabei (vergl. u. kommen 23, a, γ) stammt auch noch das bildliche vorgehn, fürgehn (s. dort. 14), voran gehn, z. b.:
darunter dann der mensch nichts edlers finden kan,
als sich den menschen selbst, der billich geht voran
für wilder thiere schaar, für pflanzen und metallen u. s. w.
Opitz 1, 25;
ein freies volk ihr bleiben sollt,
die freiheit geht für geld und gold.
Scheibles flieg. bll. 8.
noch jetzt im hausdeutsch der oder das geht vor, musz den vorrang haben, zuerst dran (an die 'reihe') kommen, z. b. bei auszahlung von verdientem lohn, lidlon, in erbfällen, wird bestimmt dasz der vor allen dingen gan sol und bezallt werden. Lucerner stadtr. 103ᵇ. 104; schon früher bildlich, aber noch in voller anschauung, mit für, mhd. vor (mit über s. 21, b): ehr gehet für gut. Neander spr. 12 Lat.;
schön bin ich nicht, mein höchster hort ..
lieb geht für schön an manchem ort.
wunderh. von Birl. u. Crecelius 2, 58 (16. jh.).
zu für vgl. u. 21, b; ursprünglich vor mit dat.:
guot was ie genæme, iedoch sô gie diu êre
vor dem guote u. s. w.
Walther 31, 17;
tiuschiu zuht gât vor in allen.
56, 37;
sîn (gottes) lop gêt vor allem prîse.
78, 30;
sehen gehet vor hören Henisch 1428, kunst gehet für kraft, natur gehet für lehr 1431. und entsprechend einem nâch gên, eigentlich ihm im aufzuge den vorrang lassen, weil an wert geringer (anders unter 30, f, als notwendige folge):
der liebe gêt diu schœne nâch.
Walther 50, 4,
was man nun mit steht nach erklärt, d. h. ins abstracte verwischt, denn auch bei dem nachstehn denkt man sich nichts deutliches mehr (eigentlich: hinter oder zurück treten). aber noch bei Aventin heiszt es für vorstand, vorsteher vorgang, s. Schm. 2, 55, wie goth. faúragaggja m. verwalter, oberhaupt des hauswesens, faúragaggi n. haushaltung, verwaltung, was doch aus dem kriegsleben stammen wird, führer, führung im kampfe, nachher in der arbeit u. s. w., vgl. ahd. forakango praevius Graff 4, 104. das nachgehen aber auch so: wie Tscherning, der meines erachtens dem Opitio gleich nachgehen kan. (J. H. Schill) der teutschen sprach ehrenkranz Straszb. 1644 s. 118, der nächste ist.
f)
auf socken gehen, möglichst unhörbar (wie diebe), auch bildlich (s. 24, c) vorsichtig, geheim gehen. so bei Göthe selbst auf fingerchen (s. d.).
8)
Richtung und ziel des gehens.
a)
recht oder unrecht gehn, den rechten oder unrechten weg: Kosinsky (zu den räubern). meine herren, verzeihen sie, ich weisz nicht, geh ich recht oder unrecht? Moor. und wer müssen wir sein, wenn sie recht gehn? Schiller II, 120, zugleich doch vom anlangen, gleich recht kommen, vgl. aus dem 15. jh.: ob ich hie ge recht? fastn. 275, 24 unter 5, c;
ich mein, du sigest nit gangen recht (kommst nicht zum rechten).
fastn. sp. 835, 24.
auch irre gehn (schon ahd.) oder in der irre, auch bildlich (vgl. 23, d Brant, mhd. 25, b): wer vil fragt, der geht vil irr. S. Frank sprichw. 2, 205ᵇ. sicher gehn, den sichern weg, aber auch unangefochten (vgl. 24, b). fehl gehen, worin fehl (s. d. 3. 4.) nun doch allgemein als adv. empfunden und behandelt wird, wie bei Schamb. 258ᵇ nd. in feile gân, entsprungen vom schieszen, besonders auf dem schieszstande, zuerst einen fehl schieszen, dann fehl schieszen. das fehl gehn hiesz auch darneben gen (wie schüsse neben dem ziel weg), verfehlen, nicht erhalten:
dan duoch und gelt hat er behan (behauptet),
so ir trü hant müeszen dar neben gan.
fastn. sp. 848, 26.
b)
hin und her gehn, fort und zurück, auch hin und wieder, früher auch her und dar:
er gieng beide her und dar (vor unruhe),
bis er des tages wart gewar.
Büheler Diocl. 4919.
aus und ein gehn, vom hause, daher bei einem aus und ein gehn, in seinem hause verkehren. auf und ab, auf und nieder gehn, nach der sinnlichen erscheinung, dasz auf dem wege vor uns das sich entfernende aufzusteigen scheint, daher z. b. auch mhd. ûf hôher stân, weiter zurück treten (vgl.angehn u. d a. e., auch u. 9, f). auf und nieder aber auch in bezug aufs bett (das erstere sonst aufstehen, d. h. treten): nur bitt ich hiermit für das ganze jahr ... früh morgens beim auf- oder abends beim niedergehen meiner eingedenk zu sein. Wieland an Merck in dess. br. 2, 218, wie mhd.:
nochdem sie nachts nit nider gat
vor mitnacht.
Büheler königst. v. Fr. 4664;
des nachtes sie nit nider gat
vor mitternacht vint man sie knüwen
vor dem bett.
5748.
vorwärts und rückwärts gehn (vgl. d) u. s. w.
c)
heraus und herein gehn, herauf und herab, herunter u. s. w., hinunter, hinauf, hinab, hinein, hinüber u. s. w., wobei zu bemerken, dasz der sinnlich malende unterschied des her und hin neuerdings immer mehr verwischt wird, indem man jenes mit für dieses nimmt (vgl. u. herausgehen 6), herein, herüber u. s. w. mit für hinein, hinüber verwendet. so schon im vorigen jahrh. landschaftlich gewiss älter:
allein das bild ist schwer, ich kanns allein nicht tragen,
zum fenster gieng es wol heraus (hinaus zu werfen, s. 17, b).
Gellert 1, 286 (die witwe);
er (der schmetterling) lockte mich von strauch zu strauch, bis an den bach. auf einmal war er herüber. Lessing 10, 261 (Ernst und Falk, 2. gespr.), d. h. hinüber über den bach (und damit hin, fort für mich); von da (Regensburg) denken wir die Donau herunter zu gehen (nach Wien). Eva König an Lessing, briefw. 224;
und ich! mein jedes staubtheil (atom) ruft mit schalle:
herauf! ein mensch, ein gott! herauf!
Herder lebensb. I, 1, 190;
so gieng er mit seinen sängern heraus an den Preysinger hügel. Stilling jünglingsj. 86, hinaus aus dem dorfe; Göthe nahm sie (die cocons) vom tische ... und sagte sodann zu seinem knaben: trage sie herein, heute kommen sie schwerlich. J. Falk Göthe 38; ein fremder staat, Schweden, ist nun glücklich aus Deutschland heraus. Zeune an Görres (1816) in dess. briefw. 2, 486. es geht von Norddeutschland aus, wie z. b. darin für die gebildeten Leipziger Berlin muster ist; ist doch landschaftlich dort hin ganz entfernt, z. b. in Krefeld woher, doher, wohin, dorthin, waͦ jêste här? wo gehst du hin? Fromm. 7, 73. woher aber diese wunderliche verdrehung? das -r von den längst vergessenen war wohin, dar dahin kann doch nicht darauf gewirkt haben?
d)
das vorwärts, rückwärts gehn hiesz früher für sich, hinter sich gehn; das letztere z. b.:
der krebʒ gât alleʒ hinder sich.
Freid. 142, 5,
sachlich genauer (vgl. auch mhd. unter krebsgang): krebs, die eben so bald hinter sich als vor sich gehen. Opel u. Cohn 30j. kr. 390. das eigentlich richtige für sich (s. sp. 620) doch auch noch länger: wir waren nicht viel fürsich gangen, da bekamen uns etliche bettler. Schupp. 694 (s. dazu sp. 818); vgl. Platter unter gehen n. vom seiler;
ich ging im walde
so für mich hin.
Göthe 1, 27,
wo nun die neigung ist, es als für mich allein zu nehmen, wie denn Göthe selber auch für uns deutlicher vor sich braucht (vgl. sp. 620), auch in alterthümelndem ton:
grad, edel vor sich hin sie geht.
13, 126 (H. Sachs).
das hin ist uns jetzt dabei notwendig geworden (vgl. schon H. Sachs sp. 817), denn vor sich gehn ist nun auf bildlichen gebrauch beschränkt (34). das für sich gehn ist übrigens nun auch mit durch weiter gehn vertreten, lasz uns weiter gehn u. ä., vgl. sp. 817 unten; früher fürbasz, fürder gehn, auch ánhin gehn, rascher gesprochen annen (daher schweiz. nun ane):
gha annen du, ich kumm hernach.
Gengenbach 329 v. 715;
anhin gân ist aber verstärktes, ausgemaltes an gân, eigentlich eben vorwärts gehn, genauer aufwärts (s. u. b).
e)
einem aus dem wege gehn, den weg frei machen oder auch seine wege meiden, um nicht mit ihm zusammenzutreffen. jenes auch sinnlicher aus den füszen, s. sp. 986, bildlich: aber wer übermäszigen witz scheuet, gehe mir jetzt aus den füszen. J. Paul Hesp. 1, 213. auch einem aus dem lichte gehn (im lichte stehn), aus den augen, dem gesichtskreise (s. u. auge 8):
und gee mir aus den augen trat (gleich, vgl. gedrat).
fastn. sp. 669, 7;
geh aus meinen augen! Schiller II, 221, 14; gegensatz einem unter augen gehn (noch bei Logau, Hagedorn u. a., s. I, 792 fg.), ihm offen entgegen treten: weil herzog Georg seinen kopf aufsetzt, ist mein sorge, er thue wie diabolus incarnatus (ein teufel als mensch, 'eingefleischt'), bis so lang man im richtig und klerlich unter augen gehe. Luther 4, 315ᵃ (337ᵃ); s. auch 35, f. abweisend auch gang mir aus den bonen, dem bohnenfelde, s. bohne 3, vgl. 9, b einem in die schoten gehn, als dieb, ins gehege u. a., zu schaden: wenn sie wollen kühe halten, so sollen sie solche auf ihrem grund und boden halten und meinen anvertraueten nicht lassen zu schaden gehen. A. Gryph. Dornr. 101, 15; vgl. auf eines schaden gehen unter 9, b.
f)
diesz fortgehn, unter umständen bloszes gehn (5, a), deutlicher hingehn (s. d. 3), dahin gehn, weggehn (s. 3, a), fortgehn (diesz eigentlich weitergehn), am einfachsten und ältesten abgehn, wird, wie eben mit aus, auch mit einfachem von ausgemalt: ob ein man ane merklich ursach von sim ewib gienge und nit mit ir hushaben welte .. Lucerner stadtr. § 12, das fortgehn zugleich ein fortbleiben, vergl. vom dienste gehn 9, a; da sie von Pharao giengen. 2 Mos. 5, 20;
gieb ihm (dem boten) denselben wink, mit welchem süszen blicke
du neulich von mir giengst.
Fleming 641;
sie (die tugend) wird im letzten augenblicke,
wenn alle traurig von dir gehn,
in himmlischer gestalt zu deiner seite stehn ..
Gellert 1, 165 (Herodes u. Her.);
denn als von eurem angesicht
ich heute ging, verzeiht ..
Schiller XI, 254 (gang nach d. eisenh.);
Max, bleibe bei mir! geh nicht von mir, Max!
XII, 310 (Walt. tod 3, 18);
wenn menschen von einander gehn,
so sagen sie auf wiedersehn.
auch gehäuft vom (von) hause fort, weg gehn, davon, von dannen gehn, ursprünglich einfach dannen (s. d.):
ge dannen, das dich schüt der rit!
fastn. sp. 172, 25.
aus dem lande gehn von einem angestellten: lassen sie lieber sechs solche leute, wie ich und meines gleichen aus dem lande gehen als einen Ernesti. Gellert (1839) 8, 195, an den minister Brühl, als Ernesti einen ruf nach auswärts hatte; so im 15. jahrh. von ein- und auswanderung: ferner so weist der scheffen dat land von Dreiborn ein frei offen land, dat ein ieder man mag heut darin gehen, morgen widerumb darusz. weisth. 2, 766. im rechtsleben der busze ledig g., wie frei ausgehn: (kann er sich mit eid reinigen) so gehet er der boszen ledig. weisth. 2, 468, eigentlich geht unbehelligt von dannen.
g)
dagegen zu einem gehn, meist mit besonderer bedeutung, zu hofe u. a. (was zugleich ins folgende übergreift):
ich wil, daʒ mîn herre   ze hove nâch urloube gê.
Nib. 1450, 4;
wer bin ich, das ich zu Pharao gehe (conj.)? 2 Mos. 3, 11, zu hofe, um den könig zu bitten, vergl. an den könig gehn u. ä. 24, l; zu seiner frau gehn, auch im ehelichen sinne (dagegen extra gehn, nebenaus u. a.). auch zu bette gehn, zu tische, zu stuhle (vgl. gang II, 1, g) u. a., mhd. ze bette, nhd. auch nach bette u. ä., hauptsächlich nordd.: ich musz essen und nach bett gehen. Elis. Charl. v. Orl. 3, 397; als ich zuletzt nach der Angelica ging (zum besuch). Herder reise nach Ital. 158 (ging froh zu bett das.); vgl. Leisewitz in s. tageb.: nach tische ging ich wieder zu Lessingen, der mich nach Daveson bestellte. Heinemann zur erinnerung an Lessing 132, d. h. 'zu Davesons' (vergl. nach Angotts hause 130). nach hause gehn ist nun schon fest als hd., während zu hause auch da das ursprüngliche und noch im leben gültig genug ist (s. haus 5, e. i): abents wenn die kinder zu haus gehen (aus der schule). Luther bei Dietz 2, 43ᵇ, mhd. ze hûse, auch schon ze hûs. sonst ist nach einem oder etwas gehn, auch ihm nachgehn (auszer der bedeutung 7, e) seiner spur nachgehn, ihm nachtrachten, es aufsuchen u. ä. (vgl. 24, i), wie schon mhd. nâch spîse Freid. 143, 14 (vom falken), nâch âventiure gên u. ä., nâch dem almuͦsen gên Schwabensp. 23 G., nhd. z. b. nach brot gehn (ps. 37, 25) oder dem brote nachgehn, nach einem mädchen oder e. m. nachgehn (dazu 'gang mir nach', philtra Maaler 155ᵈ, liebestrank); vgl. auch einem zu gefallen gehn sp. 2101 (f).
h)
feindlich gegen, wider, noch älter auf einen (los) gehn: ihre waffen conjungirten und giengen wider den erbfeind des christlichen glaubens oder wider andere verfolger der christlichen kirchen. Schuppius 398. mit auf:
hier sahe man dich jagen ...
und auf die löwen gehn.
Opitz lob d. kriegsg. 375;
sie giengen mit steinen und bengel auf mich. Schuppius 746; dér hund geht auf den mann. eine disputation als zweikampf: liesz ich den praesidem und opponenten aufeinander gehen, wie könig Gustav und Tylli bei Leipzig. Schuppius 816; vgl. unter gängen 3. auch einem zu leibe gehen, auf die haut (s. d. I, 3, auch bildlich), wie mhd. einem nâhe gên, als übermächtiger gegner, Haupt 1, 474 (s. 27, e), während zu und auf sonst auch nur das ziel ausmalen: ich gieng auf ihn zu; die gestalt gieng .. gerade auf den altar zu. Schiller IV, 216, 11. dem feindlichen auf ähnlich mit an (aber auch angehn nicht feindlich), noch in der kriegssprache: wie ein soldat .. der an den feind zu gehen geschworen und davon seine besoldung hat. Simpl. 3, 17, 20 Kz. daher noch drauf gehn (auf den feind), früher auch dran gehn (s. II, 757 Maaler):
nochdann so hielt er still (der feind),
dran zu gan was nit sin will.
Lenz Schwabenkr. 117ᵃ.
daher auch der ruf drauf! auch drauf und dran! s. II, 760. 765 und den kampfruf an in! sp. 210, schon mhd.:
balde an in
mit dem langen spieʒe!
MSH. 3, 274ᵇ.
kriegerisch auch zu sturme gehn: lad din redelichste büchse mit heyl (hagel), wann dann din feint zu storm gont, so losz sie los. mittelalt. hausb. 38, 1, in dem unterricht für einen burghauptmann; da man (der feind) solte zu sturm gehen .. (kommt befehl) dasz sie sich stelten (die bürger von Limburg) und gingen davor zu sturm (kämen dem angriff zuvor). Limb. chr. 38 R.
i)
noch fehlt manches, wie voran, voraus oder vorauf gehn, hinten nach, hinterdrein gehn, vorüber, vorbei, entgegen, auch nebenher, zur seite, anders bei seite, dazwischen (vgl. unter 9, g) u. s. w., es ist nicht zu erschöpfen. zu erwähnen ist doch noch einher gehn, ursprünglich gleich herein gehn, d. h. vor den augen der leute herein, in den gesichtskreis gehn, vergl. daher gehn (lieber kommen); ähnlich wechseln noch herum und umher gehn. ferner übergehn, untergehn, aufgehn, úmgehn u. s. w., dann umgéhen, hintergéhn, übergéhn, auch begehn, entgehn, ergehn, vergehn, zergehn, alle von sinnlichem ursprung; zergehn z. b.:
und wenn der Zurzech merkt zergat,
so kumpt er har in dise stat.
fastn. sp. 829, 16,
d. h. eigentlich: wenn vom Zurzacher markte die leute aus einander, heim gehen.
k)
beachtenswert auch gefangen gehen, als gefangener: und du Pashur solt mit allen deinen hausgenossen gefangen gehen und gen Babel kommen. Luther Jer. 20, 6, vulg. ibitis in captivitatem; Adelung nahm es für 'gefangen werden', wozu einen anhalt das merkwürdige verloren gehen bieten kann, s. u. 16, f.
9)
Ziel, zweck und aufgabe des gehens, wobei denn dieses schon vielfältig ins unsinnliche hinüber tritt; z. b.
a)
zu acker, zu felde gehn, vom ackersmann:
zi akare sie (die vögel) ni gangent   joh ouh wiht ni spinnent.
Otfr. II, 22, 10,
von den beiden seiten der hausarbeit, der männlichen und weiblichen; were ein man, der guter in Allensteter gmark het und sesz nit in der mark .. so möcht her (doch) .. sich der gmein geprauchen (alle gemeinderechte genieszen), also lang he do zu acker ginge. weisth. 3, 456; Hesiodus sei hinter dem pfluge gegangen. Opitz poet. c. 3;
zu der zeit, wenn das dorf zu felde pflegt zu gehn
und die erwachte stadt allmählich auf zu stehn.
vergl. zu felde gehn, zur weide 2, c a. e., aufs feld, ins holz gehn, zu feld- oder waldarbeit. dagegen müszig gehen (vergl. auch muszgen unter geher), früher vielfach bildlich: einem, der kein glück hat, ist nichts bessers dann muͤszig gehn (nichts unternehmen). Frank spr. 1, 71ᵇ; es ist guͦt groszer herrn muͤszig gehn. 1, 18ᵃ;
könt ich des narren nit müeszig gan?
fastn. sp. 846, 31,
gar nichts mit ihm 'zu thun haben';
das wir in guten frieden stehn,
der sorg und geizes müszig gehn.
Luther 8, 362ᵇ.
zu markte gehn: für die entfernteren gegenden im gebirge, woher zu markte zu gehen für jeden einzelnen arbeiter zu weit wäre. Göthe 23, 49.
b)
auf die jagd gehn, wo dann das gehn auch zu rosse, zu wagen geschieht (6, b), mhd. an daʒ gejeide gân u. ä. auf die suche gehn im walde, auf den bettel u. ä. diesz auf dann auch von dem gesuchten, auf das man aus geht (aus ist), auch ganz ins unsinnliche übergehend (s. 24, i) und auch ohne diesz aus ursprünglich:
ich will sein (n.) nimer gelan,
ich will gen (dasz ich nicht gehe) auf sein schaden.
fastn. sp. 453, 20;
auf etwas böses gon, scelus anhelare. Maaler 189ᶜ; darauf gon, das man uns volge, assensionem captare das. (vgl. hin gehn bei abstimmung unter h);
ists darumb dasz wir nur nach gold und gelde streben,
auf pracht und ehre gehn ..
Opitz 1, 26,
völlig gleich der pracht und ehre nachjagen, wie Breitinger forts. d. cr. dichtk. 52 bemerkt, der dort solche alte wendungen als kräftiger gegen abstract bildlose verficht. vgl. nach brot g., dem brote nachgehen u. ähnl. 8, g. in die kirschen, in die nüsse gehn u. ä., zum pflücken, von einer kirschpflanzung:
die baurn darein in dkirschen gehn.
P. Lewe 661, weim. jahrb. 6, 447;
einem in die schoten gehen, als dieb; vgl. unter 8, e.
c)
in den krieg gehn (vgl. 6, e, auch u. 24, g und V, 2221):
wen sie (die bauern vor zeiten) in ain krieg giengen,
ir mantl si auf die achsl hiengen.
fastn. sp. 440, 19.
ähnlich unter die soldaten gehn, wo doch der begriff des ganges zugleich zu dem des lebensweges erweitert ist (s. 23), wie unter die schauspieler gehn, er ist unter die schriftsteller gegangen, schriftsteller geworden; unter die Herrnhuter zu gehen. Göthe 19, 249 (lehrj. 5, 16).
d)
an die arbeit gehn: um zwei uhr geht er wieder an seine arbeit, und síe gehn ins bette. Rabener (1755) 3, 247; älter ans werk, in älterer wendung zu werke, ahd.: gât mannolîh ze sînemo werche. Notker 103, 23, an seine arbeit. diesz zu werke gehn gilt jetzt für so und so verfahren überhaupt, eigentlich die arbeit, eine aufgabe so oder so angreifen oder 'in angriff nehmen' und weiter führen: der tischer muszte mit leimen, hobeln und zurichten derselben (der bohlen) aufs genauste zu werke gehen. Göthe 24, 242 (a. m. l. 4). einem zur hand gehn, helfend bei der arbeit. auch mit an allgemeiner, an etwas gehen, daran gehen, an ein geschäft, an die aufgabe (vergl. 24, i), wie der schüler an ein exempel, der schriftsteller an ein schweres capitel (s. auch mit über unter i): ich möchte gern sogleich an meine Malteser gehen. Schiller an Humb. 161; auch gewichtiger:
hat er es denn beschlossen,
so will ich unverdrossen
an mein verhängnis gehn.
Fleming 289 (Lapp. 237).
mit mut oder zagen, schwer oder leicht daran gehen, auch mit inf.: wir giengen nun daran, die hinterlassenen papiere zu ordnen; auch, wie oft, mit nur gedachtem gehn, z. b. er wollte durchaus nicht dran. ein andres dran gan, an den feind, s. 8, h. der arbeiter übrigens geht auch auf die arbeit, d. h. aus der wohnung in die fabrik u. ä., wie der kaufmann früh ins geschäft. s. auch es geht an die arbeit u. ä. 36, c, γ.
e)
diesz auf deutet eigentlich einen höheren ort an. wie man auf das schlosz geht, so auf das amt, das gewöhnlich auf dem schlosse oder ähnl. eingerichtet ist, dann aufs gericht, rathhaus u. ä., selbst auf die apotheke (I, 609 unten, V, 1000 u. klaret), auf die kneipe, aufs casino, die beide damit als höhere lebensstellen behandelt werden. auch innerhalb des hauses auf den boden, auf die kammer (s. d. 1, b), eigentlich wirklich höher gelegen ohne jenen nebensinn, auch auf den fechtboden, tanzboden. mit dem nebensinn von innerer höhe auch aufs gymnasium gehn, früher 'auf schulen', aber in die bürgerschule, in die schule gehn. von schulkindern (auch zur schule) sowol vom einzelnen gange wie vom schulbesuch überhaupt, und noch anders z. b. auf die universität gehn, vom gymnasium weg, wie auch z. b. er verliesz den kaufmannsstand und gieng in eine fabrik, nahm dort eine stelle an, auch gieng ins fabrikwesen, ins baufach über u. ähnl., auf die bühne, aufs theater: er werde .. nunmehr unter direction eines Serlo aufs theater gehen. Göthe 18, 83. ebenso in arbeit, in dienst gehn, arbeit, einen dienst annehmen und damit in ein pflichtverhältnis eintreten; vom dienste gehn, ihn verlassen:
ich wolte von ir dienste gân.
Walther 65, 35;
welcher dienst (dienstbote) ane redlich ursach von sim dienst gat .. Lucerner stadtr. 103.
f)
in die kirche gehn, älter zur kirche, mhd. ze kirche gân u. ähnl. (auch sîn), s. kirche II, 1, wo auch von weiterem sinn der wendung, z. b. mit einer zu kirchen gehn u. ä.; kath. in die oder zur messe gehn, zum opfer gehn Schmeller 1, 89. aber nur ins theater, ins concert gehn (auch zu wagen, s. 6, b), dagegen auf den ball, die maskerade (vgl. auf den tanzboden vorhin), älter zu tanze gehn, mhd. ze tanze. auch auf den jahrmarkt, auf die messe gehn, wol weil die grosze fläche rings höher erscheint, wie bei aufs feld, aufs land gehn, das von der stadt, vom hause aus gesehen ebenso erscheint (vgl. u. 8, b), also wie auf die see, auf den berg, aufs gebirge, während der bergmann ins gebirge geht: gebürge verstollen, d. i. mit stölln in das gebürge gehen. Chemn. bergwerkslex. 238ᵃ, vergl. beim brunnengraben u. ä. man muszte noch tiefer gehen.
g)
im alten rechtsleben
α)
vor den richter gehn, klagen gehn (s. 10, c Lichtwer); mhd.: eʒ wirt ein ander rihter (bestellt), der klager gêt für den und klaget im. Schwabensp. 91; für gricht gon Maaler 189ᵈ, jetzt aufs gericht (wie aufs amt, s. e), auch bildlich mit einem ins gericht gehn. vgl. übrigens gang I, 5, a.
β)
auf einen gehn, sich auf ihn berufen, ihn anrufen, zuziehen als schiedsmann u. ä. (s. schon I, 2, e a. e., auch kommen 35, c): das .. der gerbermeister mit allen seinen gewerken .. und .. der schustermeister mit allen seinen gewerken .. alle öre (für aller irer) ufloufte, zwitracht und kryge .. sie beiderseit zu entscheiden uf uns (den rath) gegangen sint .. Leipz. urk. 1, 47; so vrage, op gi des tu rechte icht uppe de ummesaten scolen gan. richtst. landr. 26, 6, die nachbarn als zeugen zuziehen, vergl. den richtsteig lehnr. 29, 3; das die gnanten .. sulcher ire spene, zweitrechte, forderunge und vehde in der gutlicheit uf uns gegangen unde komen sint. urk. d. herz. Wilh. v. Sachsen v. j. 1460, Mencken scr. 1, 801, Haltaus 618. auch mit zu und an für auf, s. Haltaus, der auch hinder so belegt: des si beider sîten hinder uns vier gegangen sîn und an uns gestalt hân zu frûntschaft und zu recht sie darum zu entscheidin. Senkenb. sel. j. 2, 324; dâ kom für uns (den kaiser) in geriht her Fr. vom Stain ain seit unde her Hainrich .. zuͦ der ander seit unde verjâhen .. si wêrn aller mishellung .. gegangen hinder die beschaiden ritter herrn Ch. .. unde wêren versuͤnt. Höfer urk. 293; daher hintergang, compromiss Schm. 2, 54. die entstehung und ursprüngliche vorstellung ist noch zu entnehmen aus der heutigen wendung sich hinter einen stecken, dasz er vermittele oder ähnl., eigentlich ein streben und streiten aufgeben, aus dem kampfe gehn und hinter einen dritten treten (s. der dritte mann II, 1423, auch Göthe 60, 273 von Schiller), dasz er für uns eintrete. und ähnlich jenes zu, an, auf, das letztere wol zur bezeichnung des dritten als höher stehend.
γ)
vom schiedsmann hiesz es dâ zwischen gên, zwischen die streitenden: swô wunden oder tôtslege gebeʒʒert werden mit râte (beratung) .. daʒ biderbe lûte dâ zwischen gên und teidingen alsô lange biʒ daʒ man iʒ in in die hant gibet beider sît, die gên denne zusamene und râten, wie si daʒ ebenen wollen. Freiberger stadtr. § 14, Schott 3, 200; vgl. dazwischenkunft, intervention. s. auch bei Scherz 501 zu eines sachen gen, sich ihrer schiedsrichterlich annehmen.
h)
aus dem alten leben stammt auch zu rate gehen, eigentlich zur beratenden versammlung mit mâgen unde man u. ä., vergl. vorhin zusamene gên und râten; später für rat halten überhaupt: mit vilen sol man die feind schlagen, mit wenig zu rath gehn. Frank spr. 1, 85ᵇ; indem man nun zu rathe gehet, was für einen tod man ihm anthun soll. Olearius ros. 7, 20. jetzt fast nur noch mit sich zu rate gehn, d. h. mit seinen eignen gedanken (s. sp. 1958 fg.), wobei denn das gehen völlig entleert ist. mhd.:
Rôthere .. bat sîne liebesten man
vor sich an den rât gân.
kön. Roth. 549;
der herre gieng ze râte,   mit im sîne man.
dô sprach (in der beratung) gedrâte   der grâfe Herman ..
Wolfdietr. 1930 Holtzm.;
ze râte giengen si gemein
und kâmen des al überein ..
Boner. 26, 11.
auch mhd. ist doch das gân da schon oft verblaszt. auch an (den) rât gên, s. u. 3, f wart an rât gegangen. ahd. in girâti gangen, consilium inire s. Tat. u. I, 1, a. Bei der abstimmung aber geht man nach zwei verschiednen seiten hin: zweiet sich der rat (kann sich nicht einigen), wo dan die meist menig hin gehet, dem sollen si (alle) volgen. Leutenberger stadtr. (15. jh.) bei Michelsen rechtsd. aus Thür. 429; das n. dem zeigt, dasz auch diesz hin gehen da schon auf die abstimmung überhaupt (itio in partes) erweitert war; vgl. von richtern: ob man aber wol im handel (bei der verhandlung) spürete, wo die richter hin giengen, doch kondte man (das gericht) nicht fürüber, man muste das bergbuch bei ehren erhalten. Mathes. Sar. 21ᵇ, eigentlich wohin sie (im geiste) giengen bei der entscheidung, abstimmung, auf welche seite sie sich stellten oder schlugen, wem sie beitraten, in welchen wendungen das alte bild auch noch zu erkennen ist; man fragte sich gewiss vor der entscheidung: wohin geht ihr (bei der abstimmung)? daher noch heute meine meinung geht dahin, s. 29, c.
i)
über einen, über etwas gehn, auch das urspr. sinnlich: darnach muͦsz der (jüd.) beschneider als ein arzt etlich tag über das kindlein gehn, dʒ es nit bluͦte. Frank weltb. 153ᵃ, es als arzt besorgen;
dô kom diu küniginne   über in gegân,
den starken Îringen   klagen si began.
Nib. 2003, 1,
sie stellt sich 'über' den todten und beginnt so die todtenklage, wie Morungen von seinem leichenstein und dem wanderer, der 'darüber kommt':
swer dan über mich gât,
daʒ der lese dise nôt ..
minnes. frühl. 130, 3.
von einer aufgabe, 'über' die man sich macht (sie unter sich nimmt), sie zu bewältigen, z. b.: ein karg weib gehet oft übern kasten. Henisch 1435, 63, um geld und vorräte zu zählen, sprichw.; er läszt sein gesinde nicht über alle kisten und kasten gehn. Steinbabh 1, 540; nun giengen wir über die papiere, sie zu sichten, gewöhnlich mit ausmalendem her dabei, lieber auch mit es (s. 36, c, δ) z. b.: nun gieng es über den vorrat, über den braten her u. ä. (vgl. mit an unter d). auch feindlich, beim plündern, rauben, stehlen: geh mir nicht über meine äpfel, in spaszigem tone; er (der ladendiener) ist über die casse gegangen;
wir wend ietz über sin teschen gan
und unser geltli widerum han.
k)
grammatisch am alterthümlichsten und wertvollsten bote gehn, als bote (vgl. geender pot 6, d), s. J. Grimm unter bote 1, der es wol aus Hessen noch wuszte, wie mir in Thüringen eine botenfrau aus Schmalkalden sagte: ich gehe nach Dietendorf bote; auch in Sachsen, in der Lausitz er geht bote. aus Schwaben bezeugt es Schiller III, 358, 14: wer einen grusz an das liebe fleisch zu bestellen hat, der darf nur das gute herz boten gehen lassen. Miller in cab. u. l. 1, 1, wo denn bote richtig in den acc. tritt, vgl. botengehn (acc. c. inf.) unter gehen n. ebenso noch nhd. (als) curier reiten (s. kurier 3): von Leipzig bis Weimar courier geritten mit dem herzog. Göthe tageb. 21. dec. 1776, d. h. carrière; s. auch unter gast 9, a. mhd. mit gên so:
aller wîbe wünne   diu gêt noch magetîn.
minn. frühl. 10, 10.
l)
mit der leiche gehen, im leichengefolge, auch mit der hochzeit, im hochzeitszuge. M. Krämer teutsch-it. wb. 518ᵃ, später mit zur leiche, mit zur hochzeit g. Rädlein 337ᵇ, wie jetzt.
m)
zu erbe gehn, erben, eigentlich zur erbtheilung gehn, wenn sie nach dem dreiszigsten im hause des erblassers vor sich geht: so mancher der erben ist, die zu erbe gont, die alle sollen geben einen träger und ein huobrecht. weisth. 1, 715, elsäss.
10)
Zweck und aufgabe des ganges werden auch durch ein andres zeitwort angegeben.
a)
das zweite zeitwort in gleicher form daneben gestellt:
α)
im eigentlichen sinne:
Greti, nun gang und rüst mir zuo (zum ausgehen),
bring mir den huot und die nüwen schuo.
fastn. sp. 830, 19;
so gee und bring den mulner her.
202, 23;
geh und hole wasser; sie gieng und holte den korb;
doch willst du eine tugend kaufen,
so geh und gieb dein herz dafür.
d. j. Göthe 1, 94;
gehn einige und zünden reisholz an!
Schiller Tell 2, 2.
auch ohne das und, kräftiger:
mait Els, ge, sich zum fenster aus.
fastn. sp. 280, 3;
geh, lasz mich in ruhe; vergl. geh, bleib da u. ä. 5, b a. e., geh her und isz mit u. ä. 5, c; gehe hin und thue des gleichen. Luc. 10, 37; unterdessen .. werde ich hingehen und den bewuszten liebesbrief aufsetzen. Schiller cab. u. l. 3, 1.
β)
auch anders gemeint: dasz mancher mensch, wenn er das seine .. durchgebracht, hernach gehet und klaget, gott .. wolle ihm nicht helfen. Olear. Lokman 16, d. h. klagend geht, nicht aufhört zu klagen, s. dazu d, auch b a. e.
γ)
ebenso bildlich: und er (Isaac) ward ein groszer man, gieng und nam zu, bis er fasz grosz ward. Luther 1 Mos. 26, 13, nahm stetig zu; der knabe Samuel gieng und nam zu. 1 Sam. 2, 26, vergl. 5, 10; David aber gieng und nam zu, und das haus Saul gieng und nam abe. 2 Sam. 3, 1. in der vulg. heiszt es an erster stelle ibat proficiens atque succrescens (in den andern nur proficiebat atque crescebat, proficiens), im hebr. aber in allen fällen ebenso. doch musz wol Luthern eine entsprechende wendung aus der volksrede zur hand gewesen sein, wie z. b. auch die Franzosen ähnlich sagen le mal va toujours croissant.
b)
das zweite zeitwort im inf., durch zu verknüpft: Laban war gangen seine herde zu scheren. 1 Mos. 31, 29; menner, die gegangen waren das land zu erkunden. 4 Mos. 14, 38;
(die) wider ursach gen zu kriegen.
Murner schelmenz. 43, 2;
ich gieng einsmahls ein haus zu kaufen. Olear. p. ros. 4, 9; das der könig einsmahls gieng den geistlichen mann zu besuchen. 2, 28;
der fisch der gieng zu schwimmen
aus seinen ufern vor.
wuszt ich (Thoas) denn nicht, dasz ich mit einem weibe zu handeln ging. Göthe 57, 42, Iphig. 1, 3 in pros. fassung, in versen nachher ohne das zu (s. c); der die Ungern schlug und die slavischen völkerschaften und endlich auch den nordischen feind, die Dänen .. zu zähmen ging. Dahlmann dän. gesch. 1, 69. ganz ungewöhnlich, aber in der sache begründet:
fängt das mädchen (bis dahin nur bild) an den fusz zu rühren,
geht zu kommen, nähert sich dem orte ..
Göthe 2, 190 (Amor als landschaftsmaler),
beginnt schritte zu machen (s. 1), um heranzukommen, oder: und kommt heran, was in der that mit gemeint scheint, wie in umgekehrter wendung nd.: de pastor kam .. äwer den kirchhof tau gahn. Reuter stromtid 1, 58 (vergl. kommen II, 5, b. 6, a). also wie das gehet und klaget bei Olear. unter a zuletzt. so deutlich von gleichzeitigem im 16. 17. jh. zu schlipfen gen, beim gehn gleiten, u. ä.:
darum sein trit nindert zu schlipfen get.
Melissus ps. P 7ᵃ;
o ihr weiber-mäuler, ihr unhärige! in den löffel-jahren gehet ihr zu zopfen, zu trillen, zu ropfen (am bärtchen), bisz die gauchs-haar heraus wollen. Philander ges. 2, 77 (1644 s. 633), hört nicht auf, wie a a. e.; es ist noch alem., z. b. schweiz. in Saaner mundart: der hätti drs dür tân (durchgethan, die lust vertrieben), i ds bûr gan zmützeren u zbunjen, immer in dem milchkeller zu mausen. Fromm. 6, 395, 20. 407.
c)
das ursprüngliche aber ist da der blosze inf. (vgl. kommen II, 5), schon goth., ahd., wie alts., ags., altn. (Grimm gr. 4, 96 fg.): gagg thuk ataugjan, ὕπαγε, σεαυτὸν δεῖξον. Marc. 1, 44; ih gangu gicorôn irô, eo probare illa. Tat. 125, 4; mhd. sehr entwickelt (s. wb. 1, 643ᵇ fg.), z. b.: als man danne gotes dienst begangen hât, sô sult ir heim gên eʒʒen. Berth. 269, 7;
ein bote, der von dem wirte quam,
der hieʒ uns beidiu eʒʒen gân (zu tische kommen).
Iw. 351;
zuo der gienc er sitzen.
2722;
Volkêr der vil snelle   mit sîner videlen dan (hin)
gie gezogenlîchen   für Gotelinde stân (treten).
Nib. 1643, 2;
die tumben und die wîsen   giengen, sô man tuot,
vrâgen umbe mære.
711, 1;
wênc wart in bette und kulter brâht,
si giengn et ligen ûf ein bâht.
Parz. 501, 8;
ê daʒ er slâfen gienc.
552, 24;
der gê sterben ..
MSH. 2, 318ᵃ.
auch nhd. bis in die gegenwart: als wolten sie beten gehen. Judith 3, 11, schlafen gehn 5 Mos. 31, 16, aufs eis tanzen Luther bei Dietz 2, 43ᵃ;
gang zuͦ schuͦlen lernen basz.
Murner narrenb. 72, 58;
in der fischgruben hab ich fisch,
welche ich wil ablaszen gahn (zum kochen).
P. Lewe 598, weim. jahrb. 6, 443;
der (fremde) möcht in die bach ghen fischen. weisth. 3, 456; ach ach es gadt der tag sich neigen und die abent schatten einfallen. Züricher bibel 1530 bl. 352, Jer. 6, 4 (Luther ey es wil abend werden); ich muszt in kilchen gan mäsz helfen singen. Th. Platter 64;
ich wil gehn schreiben umb den knaben.
Seb. Wild zwölf comöd. Ddd 8ᵃ;
von seinen trabanten wol zehen
giengen allzeit hinter ihm stehen.
Froschmeus. H 4ᵇ (I, 1, 2, 66);
verwirrt in blinden pflichten,
wen, wo sie suchen geht.
Spee trutzn. 41 B. (11, 68);
den nicht der bürgerkrieg an bettelstab gebracht,
der noch nicht borgen geht.
A. Gryphius 1, 306;
dein mann, der ist der finger, fraw Vana du der ring.
schaw, das nicht mit dem ringe wer fälschlich siegeln gieng.
Logau 3, 6, 96;
wenn dem esel zu wol ist, so gehet er aufs eis tanzen. Schuppius 351;
wie ofters musz ich nicht zu bette wachen gehn (statt schlafen).
Petz (der bär) kehret einmal heim.   da schlummert sein Orest
zur schwülen mittagszeit.   er gehet bei ihm liegen,
bewacht den schlafenden.
Hagedorn 2, 38,
das ist nd., lîn gân, z. b. hei geit under det bedde lîn Schamb. 59ᵃ, ebenda sitten gân, auch stân gân sich stellen, wie mhd. und vorhin im Froschm., z. b.:
as Hennke to Bremen binnen quam,
gink hei vor enen schipper stan ..
Uhland volksl. 448.
schon mnd. liggen gan auch von fallenden in der schlacht, freilich als hohnwitz:
dar muste mancher liggen gan
und one wunne sterven.
Liliencron 1, 36ᵇ;
up die knie sitten gan, niederknien Lüntzel stiftsf. 229, auch ik ga sterven Sch. u. L. 2, 9ᵇ. md. ist klagen gehen, wasser holen u. ä.:
die rache kam ihm zwar ein neues schock zu stehen,
denn schulzens Hadrian ging klagen ..
Lichtwer fab. 3, 4;
wasser holen geht die reine ..
Göthe 3, 11;
ja wählet den entfernten (garten) aus, den ihr
in ganzen jahren nicht besuchen geht.
9, 235 (Tasso 5, 4);
wuszt ich nicht,
dasz ich mit einem weibe handeln ging?
9, 22 (Iph. 1, 3),
vgl. zu h. u. b;
fahre wohl,
ich geh' mit freien leuten freiheit finden.
10, 272 (Claud. 3);
wohin, o herr, willst du ihn suchen gehn?
Schiller XV¹, 17 (Phädra 1, 1);
kein klingeln konnte den kammerdiener erwecken, der auszer dem hause bei einer operistin schlafen gegangen war. IV, 278, 17; die kraft seiner lenden ist versiegen gegangen. II, 29, 17 (räuber 1, 2); deklamazion ist immer die erste klippe, woran unsere mehreste schauspieler scheitern gehen. 347, 14 (vergl. zu scheitern gehn 16, f);
sprach, eh sie von den andern scheiden ging ..
Rückert ges. ged. 1, 134;
ich sollte wieder fragen gehn.
Platen 252.
es ist noch lebendig in verschiedenem landschaftlichem gebrauch, s. z. b. vorhin aus Schambach; in Leipzig z. b. wir wuszten seine wohnung nicht, muszten also in der stadt suchen gehn; allgemein baden gehn (nie zu baden), spazieren gehn, betteln gehn (s. dazu d), obschon nun feiner wird ins bad gehn; aber z. b. noch im volksliede:
es wolt ein mägdlein tanzen gen.
Uhland 66 (nur aus neueren quellen);
es wollt ein mädchen rosenbrechn gehn
wol in die grüne heide.
Herder volksl. 1, 109.
d)
in dem betteln, spazieren gehn tritt aber die gleichzeitigkeit wieder auf (s. a a. e., b a. e.): so muͤste er (der hochmeister) einen stab in die hand nemen und betelen geen von hus zu hus. scr. rer. pruss. 4, 166. man geht nicht nur aus, um zu spazieren, sondern das spazierende gehen selber heiszt so, sodasz gehn eigentlich überflüssig scheint (doch nicht neben spazieren fahren, reiten). und so auch mundartlich, z. b. nd. von vögeln fleigen gân, dâ gât se fuste hen fleigen, da fliegen sie oft hin Schambach 59ᵃ. so im 15. 16. 17. jh. bei dichtern, gewiss aus der mundart:
wan mir die faulkeit gar wol dut,
so ich ge auf der gassen glunkern (schlendern)
und mich selb schatz fur einen junkern.
fastn. sp. 792, 18;
gieng murrn und schelten immerdar.
Ringwald tr. Eck. F 7ᵇ;
gieng stocken als ein ander thor.
K 8ᵇ;
man, weiber, jungfrawn und gesell ...
gehn schwenzen und für schminke gleiszn.
laut. warh. 102 (1621 s. 91);
also soll man den gmeinen man
auch nicht verächtlich schawen an,
ob er gleich fern vom heupte steht
und in dem kot umbwaten geht.
147 (132);
ohn sinn und ohn gedanken ..
bald hin bald her geht wanken (Maria),
geht schweben allerwärts.
Spee trutzn. 59 (43 B.);
frisch hin und her gehn wanken
die klare bächlein krumb.
113 (82);
ein groszen hünerhan,
der haupt und hals geht schwenken
als nie kein edler schwan.
218 (159);
die bäumlein, reich von zweigen,
auch sangweis sausen gahn.
79 B.;
auch wald- und wassernymphen
nun wieder frisch in grünem holz
gahn spielen, scherz und schimpfen.
26 u. o.;
wer kan die schand erreichen,
die der erdulden musz,
der durch den tod gieng schleichen
ins grab ohn' alle busz.
Rist himl. lied. 4, 245;
dieselbe wiese soll im zaun beschlossen stehen,
darinnen du dein vieh wilt grasen lassen gehen.
Olearius arab. sprichw. 43.
das vieh geht grasen, d. h. den ganzen tag, nicht blosz beim ausgang früh, also entschieden für geht grasend. der inf. ist fürs part. praes. eingetreten, wie bei unserem fut., es wird grasen, früher auch ist grasen. dasz im sprachgefühl beides noch spät im 16. jh. unsicher schwankte, zeigt z. b. schlafend gehen, also verfehlte genauigkeit (vergl. sp. 1603): gehet sie (die sonne) spat schlafend, so mach du früh feyrabend. Fischart groszm. 22 (Sch. 560), der reim wirkte mit darauf. dem wanken gehn von bächen, sausen gehn von bäumen bei Spee entspricht mhd. wackelnd gên von der erde bei erdbeben, s. unter 16, c. das betteln gehn ist zwar schon mhd. betelen gên, aber es musz bei dem vielgebrauchten worte die kürzung früh eingetreten sein, und der inf. war da doch auch denkbar; ahd. aber ist betolônti gangan zu erkennen bei Otfr. III, 20, 37 (s. die stelle u. betteln 1), wie ir gêt drûrênto V, 9, 14 im 16. 17. jahrh. ir get trauren heiszen würde. mhd. auch, wie bei Spee, von einem bächlein:
wie sanft eʒ alleʒ rûschen gê.
Konr. v. W. goldn. schm. 93,
aber die meisten und älteren handschriften geben noch rûschende oder runselunde, d. i. rünselende; später:
es solt ouch die lîrerîn ..
ainen tanz machen,
das es gienge krachen.
teuf. netz 12065;
das es (der gesang) recht hin gieng clingen.
11726;
der marschalk gieng truren von dan.
Büheler Diocl. 4908.
e)
gehn mit inf. des zweckes ist besonders oberd., am meisten im alem. entwickelt, bis zu einer ganz verwischten wendung; vgl. J. Grimm gr. 4, 97 anm.
α)
wie gehn neben dem zweiten inf. seinen eignen nachdruck einbüszte, zeigt schon seine stellung im folgenden: wir wöllend in gon heimsuͦchen (besuchen). Maaler 190ᵃ; der münch sprach, ich muͦsz sy (die kranke) gon besehen, ob ich ir helfen künte. Wickram rollw. 36, 21, es trennt heimsuͦchen, besehen von seinem obj., d. h. ist wie nur ein stück vom hauptverbum geworden; Eva im paradies von den äpfeln:
ouch kan ich mich nit überhan,
ich muosz (dasz ich nicht) sy gon ein klein versuochen.
Ruff Ad. u. Heva 1369;
dir will ich (gott dem Adam) schaffen gon ein garten ..
634,
wo sachlich zugleich das gon überflüssig wird, wie für unser denken freilich auch in gehe hin und thu desgleichen (a a. e.). noch deutlicher, wo gên selbst wieder so zu gên gesetzt wird, schon mhd. und dann immer häufiger:
dô gienc der künic von Grippiâ
hêrlîch zuo sînem tische gân.
herz. Ernst 3170,
vgl. Bartschs anm. s. 157, der das häufige giengen stân zuzieht und das homerische βῆ ἴμεν, βὰν ἴμεν; nhd., schwäb.:
ich will gehn zu meim bulen gahn.
Seb. Wild zwölf comöd. Ddd 8ᵃ.
β)
dann besonders das zweite gên als blosze einführung eines anderen inf.: antwortet 'das wil ich thun, meister' und gadt in dem hin gen beichten. Wickram rollw. 125, 9; die wil gieng ich gan heischen. Th. Platter 15, um gaben bitten als schüler; giengen wir im summer nach dem nachtmal in die bierhüser gan bier heischen. 23 (gieng heischen 24); und gieng do ouch gan essen. 39, 43; wen ir meinent, das niemand mer kumme gan klopfen (dann legt euch nieder). 70; als aber der cardinal .. in kilchen (d. h. dkilchen) gieng gan firmen. 6 u. o., es trifft aber zusammen mit gan für gegen (sp. 2196), z. b. giengen wir gan Lucern 60, gieng ich gan Kappel 57 u. o.; gang gen spatieren, abi deambulatum. Frisius 4ᵇ, als inf. gen spazieren gon Maaler 379ᵃ; so tag und nacht scheidet, gond sy (die hähne) gen schlafen. Heuslin Gesners vogelb. 78ᵇ; so du gen schlafen gon wilt. 128ᵇ, wo denn gen gleichfalls für gegen zu nehmen wäre, vgl. bair. gen essen, gen trinken sp. 2212; wegen des wechsels der formen übrigens vgl. vorhin bei Wild gehn und gahn und sp. 2386 fg. s. auch mit doppeltem imp. gê gang dich erhenken lieders. 2, 704.
γ)
in den alem. mundarten ist das dann weiter entwickelt bis zur völligen abschwächung oder bis zur übertreibung. das letztere z. b., wenn es schweiz. selbst dreifach gehäuft wird, z. b. in der Kerenzer mundart bei Winteler 154 nicht blosz er ischko gä melechä, ist melken gegangen, eigentlich ist gôn gên melken (s. sp. 2386), sondern auch er goko go m., d. i. gôt gôn gôn m., d. h. das letzte und ursprüngliche gôn melcha war im gebrauch schon so zu bloszem (gewollten) melken gediehen (vgl. unter α), dasz es ein neues gôn als einführung (s.β) vertragen konnte, vgl. zürch. gohst goh geh Grimm gr. 4, 97. die abschwächung aber auch äuszerlich zeigt sich schon im 15. jh. schweiz.:
alde, min gfatter, ich muos gagan (: fân).
fastn. sp. 834, 24,
d. i. gâgân mit betonter letzter silbe, hd. wäre es: ich m. géhen gehn. jetzt ist es im schweiz. sprachgefühl zur partikel geworden, s. ge (auch go, gi) bei Tobler 216 fg., der, anfangs noch selbst unsicher, es an der hand älterer belege doch auf goh, gehen zurückführt; s. auch Stalder id. 1, 412, dial. 57 fg., Frommann 5, 433 u. ö. auch vorarlb. z. b. ga güggla, lugen gehn Fromm. 3, 212, 10, oberels. gang i gê diene 2, 558, 40. schwäb. z. b. bei Schmid 224 du wirst geh fallen, auch es wird geh regnen.
δ)
auch im bair. sprachgebiete, doch in abweichender entwickelung,wirklich zur bloszen partikel abgenutzt, mit der man besonders behauptungen mildernd färbt, s. Schmeller 2, 4 fg., z. b. des is der gê en unglück! da war i (wär ich) gê glei ferti! es klingt da oft wie zuredender oder auffordernder imp. (vgl. 5, b a. e.), z. b.:
an stadei (kleinen stadel) woasz i, da is fried (ein sichrer ort),
da leg mer uns geh nei.
Kobell oberbair. ged. (1846) 266;
was werns sagn geh zu dir?
295 (anrede an sich selbst);
da fang i'n geh, 'n Sepp den buabn.
288.
Schmeller war sich des ursprungs nicht ganz sicher,vermuthlich der ungenäselte inf. von gên“, das denn auch noch zu erkennen ist z. b. in i mues mer gê e geld herrichtn zon zaln (bezahlen). ganz deutlich in Tirol bei Schöpf 186 i gea enk (euch) a maͦsz zaͦln, je vais payer, i gea gên, werde gleich gehn, je vais aller. deutlich auch österr. bei Höfer 2, 245 gengama gen, eamus (vgl. I, 1, c), vgl. bei Schmeller so gemmer gê gê als kehrreim eines liedes.
ε)
aber auch im westlichen Niederlande, und zwar, wie oft, dem alem. gebrauch im Oberlande entsprechend, z. b. in fläm. mundart von Brügge: e gheel (ganz) groot peerd .. gink gon ploegen. Germ. 14, 85, gieng gehn pflügen; s. auch das. die up die hofsteê gingen weunen, die auf der hofstatt wohnten, eig. wohnen giengen; im volksliede:
ik was te wege naer myn zoetelief (süszlieb),
maer (aber) nu gae ik wederom keeren.
94;
dat zal ik u gaen zeggen.
93.
und bemerkenswert auch völlig zur vertretung des fut. entwickelt:
en den (nom.) hoend go morgen trouwen (wird heiraten),
en wie (wer) got de speelman zijn?
89.
jene doppelung übrigens auch bei fangen, fahen:
der stab fieng an fa gruͤnen.
Uhlard volksl. 772.
11)
gehn lassen sei hier eingereiht auf dem übergange zur übertragenen verwendung, den es zugleich mit darstellt in ziemlicher manigfaltigkeit.
a)
einen gehen lassen, nicht anhalten oder den angehaltenen, gefangenen frei lassen: swer den andern vindet an sînem schaden (z. b. in seinem felde), der mac den phenden âne des rihters urloup. wert er im (aber) daʒ phant, er sol in lân gên und sol dem rihter klagen. Schwabensp. 232, 1 G.;
eis tages ein löwe .. gevieng
ein mûs, die er tôt wolte hân.
si sprach: her löwe, lânt mich gân ...
der löwe lieʒ sîn zürnen sîn (wurde mild)
und lieʒ gân vrî daʒ miuselîn.
Boner. 21, 4. 22,
zugleich und als hauptsache wie noch jetzt: thut mir nichts zu leide. auch wie in der Schwabenspiegelstelle, noch jetzt, z. b. Tell zu den wächtern beim hute:
was wollt ihr? warum haltet ihr mich auf? ...
freund, lasz mich gehen.
Schiller Tell 3, 3.
von einer frau beim könig, die er mit gewalt in der kammer hat, der marschalk redet ihm zu:
herre, der tag kumpt an der stette,
umb gottes willen, lant si gan.
Diocl. 4913.
so noch in mädchenmunde, wenn sie von burschen angefochten werden: lasz mich gehn! lasz mich ungeschoren, ungeheit (sp. 2343 fg.); der läszt kein mädchen gehn;
hör, schalk, lasz mir die jungfraw gehn,
was gwalts wilt du dich unterstehn?
H. Sachs 1, 113ᵇ.
laszt den bawren die gäns gahn! Garg. 50ᵃ (79 Sch.).
b)
diesz dann auch so dasz an gehen nicht mehr gedacht wird: mein nachbar läszt mich gar nicht gehn! klagt ein schüler dem lehrer, auch auf der bank sitzend, wegen neckerei;
Siebel. für was siehst du den fremden (Mephist.) an?
Frosch. laszt mich nur gehn! bei einem vollen glase
zieh ich .. den burschen leicht die würmer aus der nase.
Göthe 12, 108,
laszt mich nur ungestört machen, meinen eignen weg gehn (s. dazu 24); auslachen thun die lustigen leut jeden .. wenn einer das auslachen nicht haben könnte, so müszte er pfarrer werden, das ist der einzige mensch in der gemeinde, den man gehen läszt. Felder Nümmam. 111. auch das schon im 12. jh., sogar noch schwächer, in Reinmars beschwerde:
si jehent daʒ ich ze vil gerede von ir
und diu liebe sî ein lüge diech von ir sage ...
si möhten tuon als ich dâ hân getân
unde heten wert ir liep und lieʒen mîne frowen gân.
minnes. frühl. 197, 14,
kümmerten sich gar nicht um sie, klatschten nicht von ihr. auch so: was weit hindan, das leszt man gan. Frank spr. 1, 9ᵃ, d. i. aus den augen aus dem sinn.
c)
auch schon von dingen mhd., sich nicht weiter darum kümmern, sie fahren lassen (eigentlich wie und wohin sie wollen), wie das jetzt lieber heiszt, z. b. von der Dido, nachdem Eneas ir man worden was, und von Helena in gleicher lage:
eʒ was ir (Dido) unmâre (einerlei),
swaʒ ieman dar umbe gesprach.
si lieʒ êre unde gemach
al zeiner hant gân,
dô siʒ hâte getân.
Veldeke En. 66, 5;
man unde kint, liut unde lant
lie si (Helena) dâ zeiner hende gân
und wolte lützel ahte hân
ir êren und ir guotes.
Konrad troj. kr. 22963.
auch persönlich so, z. b. einen freier, den man abweist: geh. rath. damit es Reinhold nicht werde (in der ehe elend), ist es heilsam, dasz sie ihn haben gehen lassen. madem. Sternberg. der mann kann nicht kläglicher werden als er ist. Iffland 9, 2, 69 (hagest. 3, 7). ähnlich von einem wunderlichen menschen, auf den andere vergebens einzuwirken suchen: den musz man gehen lassen, seine wege gehen lassen, derber laufen lassen (wie von dingen schwimmen lassen):
man kann nicht immer zusammen stehn,
am wenigsten mit groszen haufen.
seine freunde die läszt man gehn,
die menge läszt man laufen.
Göthe 2, 252.
d)
ähnlich die dinge gehn lassen (s. 33, f), wie sie nun einmal gehen, sich in ihren 'lauf' fügen, auf das 'eingreifen' verzichten, es gehn lassen (s. 36, h, ζ):
der ernste mann wil ganz nicht weichen ...
der gelinde leszt alles gehen,
wil still sein und dem spiel zu sehen.
Rollenh. froschm. Ff 6ᵃ (II, 3, 4, 93);
rathet ihr was ihr wolt, so thue ich was ich wil. lasset es in gottes namen gehen. Schuppius 22;
ihr durchstudirt (als arzt) die grosz und kleine welt,
um es am ende gehn zu lassen,
wies gott gefällt.
Göthe 12, 99;
dasz die stadt (Frankfurt) in frühern zeiten von menschen müsse regiert gewesen sein ... die nur so nothdürftig hinregierten und alles gehen lieszen wie es konnte. 43, 41 (in unserer zeitungssprache franz. das beliebte laisser aller u. ä.); noch weisz ich nicht, wie es weiter mit mir werden wird. alles will mich auf ostern nach Rom zurück haben. ich will es ganz gehen lassen. 28, 50.
e)
auch von der zeit (s. 22), einem bestimmten zeitpunkte: die .. den hülfetag haben lassen gehen. Luther br. 3, 95, wie jetzt hingehen, vergehen, verstreichen lassen, d. h. eigentlich für, vorbei gehn, streichen (s. 22, c), ohne ihn gleichsam anzuhalten und zu benutzen. so von gelegenheit, state:
sô lieʒen si die state gân
mit dem gemeinen willen hin.
Trist. 413, 8.
f)
in der canzlei, vor gericht, im amte dinge gehn lassen, nicht weiter verfolgen, ihnen keine weitere folge geben u. ä. (ganz anders s. unter 30, a, α):
(der verstand) die brief besonders nimt zur hand,
als des königreichs groszcanzler,
und lesset gehn was nicht ist schwer ('wichtig').
ist aber an der sach gelegen,
das man sie ferner sol bewegen (erwägen) u. s. w.
Rollenh. froschm. II, 3, 3, 46,
sie gehn gleichsam ihren weg weiter (s. 33, d, bes. Luther a. e.). auch anders gewendet, für zulassen, durchlassen: es kommen felle, die einen auszug gewinnen (ausnahme vom strengen rechtsgange), und wo man nicht den auszug liesze gehen, so were es das allergröszest unrecht. Luther 3, 318ᵃ, ihm seinen gang liesze, ihn gleichsam durchliesze, 'passieren' liesze; die olunge (letzte ölung), so man sie nach dem evangelio hielte, liesze ich gehen, aber das ein sacrament daraus zu machen sei, ist nichts. 3, 512ᵇ. auch einem etwas gehn lassen, wie jetzt durchlassen, passieren lassen, einen fehler ungestraft:
musz man euch dann, ihr soldaten,
lassen gehen alle thaten?
Logau 1, 8, 13, 'soldatenfreiheit'.
g)
auch sich gehen lassen, sich keinen zwang anthun, seiner natur freien lauf lassen u. ä. (vgl. gehen vom leben, thun 23. 24):
mit fremden menschen nimmt man sich zusammen ..
allein bei freunden läszt man frei sich gehn.
Göthe 9, 184 (Tasso 3, 4);
jeder mensch musz nach seiner weise denken .. nur darf er sich nicht gehen lassen, er musz sich controliren. 22, 220. 49, 22; ob ich nun gleich gar keine ursache hatte mich gegen sie (die Stael) zu verstellen, wiewol ich, auch wenn ich mich gehen lasse, doch immer von den leuten nicht recht gefaszt werde. 31, 171 (jahresh. 1804); eine Römerin der art, die sich im natürlichen gespräch heiter gehen läszt. 29, 124; ich .. lasse mich gehen und bin mir (doch) immer bewuszt. an frau v. Stein 2, 177. einem leichtlebigen, verstimmten, einem überscharfen kritiker u. ä. sagt man: du läszt dich zu sehr gehen. es mag ursprünglich vom rosse entlehnt sein, dem man die zügel zu frei läszt, daher auch sich zügeln, ungezügelt, der leidenschaft freien lauf lassen u. ähnl.
h)
gerade vom rosse war es von alters her in gebrauch, so abgebraucht dasz man sich mhd., ja schon ahd. das object sparte (Grimm gr. 4, 640 fg., mhd. wb. 1, 466), z. b. beim beginn der schlacht:
diu ros wurden an verlân (zum anritt, var. gelân),
dô lieʒen si zesamene gân (d. h. diu ros),
die kristen hin, die heiden her.
Stricker Karl 7310.
auch swert, schif ward so weggelassen, auch geschôʒ, pfeil:
sie hâten vil wîte erzogen
mit geschôʒe manigen starken bogen,
dâ mite sie lieʒen ûf sie gên.
herz. Ernst 3789.
auch hiebe, schläge, ûf eines rücke lâʒen gân Trist. 139, 16 u. ä.:
Tristan mit dem swerte sîn
lieʒ ôt vaste umbe gân.
Heinrich v. Fr. Trist. 6249,
vgl. sp. 1683 fg. umbe geben, d. h. um sich herum schlagen, ohne das gedachte slege oder swert o. ä.;
er lieʒ mit slegen umbe gân (den kolben).
5219;
der povel und daʒ gebüebe
lieʒ anders (sonst) alleʒ ûf in gân.
Heinzelein vom ritter u. pf. 203 (s. 107 Pf.),
würden alle auf ihn los schlagen, d. h. zugleich schmähen, schelten, die scheltworte als schläge gedacht (s. sp. 1687). s. auch unter 36, c, δ aus d. Simpl.
i)
nhd. reste davon fehlen nicht, z. b.:
her, her, all instrumenten,
so seind in ganzer welt ...
her, her, all menschenstimmen,
laszt immer, immer gahn (zum preise Christi).
Spee trutzn. 20, 86 (s. 80 B.);
das her her! stimmt zu dem schlachtrufe der landsknechte (s. u. her I, 2), und laszt gahn! erklang bei ihnen sicher auch noch, dann auf frisches anfangen überhaupt erstreckt. es wird aber auch das spiel dazu gesetzt, z. b. von den spielleuten auf der fechtschule im 16. jahrh.: die spilleut sollen one befelch des maisters, so die schul helt, das spil nicht geen laszen (als zeichen des anfangs). Augsburger ordn. der fechtschule bei Adrian mitth. 279, das spiel geht an, geht los, wie vorher gebunden, vergl. 20, a.
k)
mit mhd. gebrauch stimmt auch noch die augen gehn lassen (vgl. unter 15, i und unter auge 14):
sô lâ du diniu ougen gên
an einen andern man.
minn. frühl. 10, 5;
si lieʒ ir ougen umbe gân ..
wâ si die besten sæhe.
Konrad troj. kr. 1326;
ach könte doch ein mensch auf einer warte stehen
und über dieses reich die augen lassen gehen ..
Opitz 1, 8.
l)
anders gleich dem heutigen fahren lassen, los lassen: liesz die tartsch (schild) gehn (dasz sie fällt, 'zu boden geht' 16, d), nam seine lanze zu beiden fäusten. Harnisch 41; den strick gehn lassen, fahren lassen Adelung. haare gehn lassen, hergeben:
des guten esels schwanz ... läszt nicht auf einmal ganz
die starken haare gehn. man musz jetzt eines nehmen,
dann wieder, und so fort.
Opitz 1, 96.
m)
und noch anders hende und füsze, die arme gehen lassen, lasciar le braccia M. Krämer 519ᵇ, kraftlos sich selbst überlassen, gehn lassen wie sie wollen gleichsam (vergl. 16, e), z. b. als ausdruck des verzweifelns, zuerst etwa von einem, der bei überschwemmung einen balken umklammert hatte, dann auch als redensart: darumb müsse er an im selbs verzweiveln, hende und füsze gehen lassen, sich als einen untüchtigen menschen für gottes augen klagen .. Luther 1, 176ᵃ, im gegensatz zu dem trotzigen vertrauen auf die eigne kraft; ein kuxbesitzer erzählt, wie ihn die kuxkrenzler mit hoffnung hinhalten:
wenn sie merkten, ich ward verdrossen
und wolt hend und füsz lassen gehen,
mit meiner gewerkschaft abstehen ..
Froschmeus. M 4ᵇ (I, 2, 14, 103).
vgl. auch von einem schwerkranken auf dem lager: er läszt alles unter sich gehn; dasz ich wie die kinder bin und dasz es umstände gibt wo ich alles unter mich gehen lasse. Göthe 36, 88 (Ram. neffe); es kompt, es kompt, sagt Krause, und liesz (d. h. liesz's) ins hembde gehen. Neander sprichw. 12 Lat.; vgl. 15, h.
n)
ein bildliches gehen lassen aus .. bei Schönsleder T 1ᶜ: man laszt mir nichts daraus gehen, nullius momenti sunt mea dicta, non respicior, ad meas res nullus est respectus; man laszt ihren underhandlern nichts draus gehen, ejus negliguntur internuntii; man hat ihm umb dessen hail vil aus seinem fürbitten gehn lassen, magnum ad salutem momentum preces attulere; man laszt nichts mehr aus diesem brauch gehen, hunc morem vita jam communis explosit. Cic.; auch Schmeller 2, 6 gibt davon nur die bedeutung: etwas statthaft, beachtenswert finden oder nicht, aber keine erklärung. vergl. allenfalls sich nichts draus machen, auch das gehen (einkommen) von früchten, gewinn, nutzen 19, g, doch ist noch irgend ein andres bild im spiel.
12)
Der übergang in bildliche anwendung hat sich sicher ganz früh und von mehreren punkten aus zugleich vollzogen. so ward es vom eigentlichen gehen erstreckt auf den weg, auf brücke, treppe, wagen, waare, räder u. s. w.
a)
wie der wandernde auf dem wege oder einen weg geht, so geht auch der weg, gleichsam mit ihm, oder vor ihm her (als führer, er 'führt' ihn), und auch vorher und nachher in gedanken behandelt er den weg als gehend (genauer: geht ihn entlang in gedanken, s. 18, l. 25, a): der hô gândo weg, celsa via. Graff 4, 70;
krumbe wege die gênt bî allen strâʒen.
Walth. 113, 25;
mîne stîge gânt an iuwer strâʒe.
Neidh. 48, 24;
nu gie ein stîc, der was smal,
nâch bî einem sê ze tal.
Hartm. Greg. 2599;
so geht der weg auch in ungeschickter weise bald herauf, bald herab, bald durchs wasser, bald über steine. Göthe 17, 71 (wahlv. 1, 6). rechtlich: es ist auch zu wissen, das ein weg soll gan hinab gen Mül bei dem zaun u. s. w. weisth. 3, 654; vgl. gang I, 1, b. wie die beiden begriffe des weges für sich oder für alle und des weges als gang in der vorstellung des gehens zusammentreffen, zeigt z. b. mein weg, den ich zu gehen habe oder den ich suche, mir mache o. ä.: mein weg gieng nun (aber auch führte mich) durch den wald;
der leichenweg gieng dicht an einer hecke hin.
Gellert 1, 183.
ebenso in es oder das geht (s. 36, a, β), d. h. das gehen und der weg in es zusammengefaszt: nun giengs steil den berg hinauf; da kann sie nicht in den himmel kommen. das geht hoch hinauf. O. Ludwig Heiterethei 295, vgl. ahd. der hô gândo weg vorhin. auch die reise selber geht, z. b. von statten, d. h. von der stelle, vor sich, d. h. eigentlich vorwärts (s. 8, d), geht gut, schlecht u. a.: wir hoffen, dasz seine rückreise bei dieser schlimmen jahreszeit so gut gehen wird, als es wahrscheinlich ist. d. j. Göthe 1, 37. auch die spur, fuszspur: die spur des diebes gieng im schnee dem zaune nach; es gehen vil keisers spor in Rom, aber wenig wider heraus. Henisch 1436.
b)
ebenso dann die strasze, nun die bahn, eisenbahn: stig ab! do ged die strasz uf Salzburg. Th. Platter 30, das sagt ihm ein fuhrmann, der ihn auf dem wagen mitgenommen und nun eine andere strasze fährt, auch hier geht die strasze ab; eine alte strasze geht (führt) mitten durch den wald, bei führt ist sie mehr in benutzung im bestimmten falle gedacht, bei geht mehr als bleibende einrichtung, wie man sie sich auf der landkarte denkt; die neue bahn geht durchs gebirge, geht bei den schieferbrüchen vorbei, geht über Stockheim nach Eichicht u. ä., geht über den flusz, mit brücke, die auch von jeher als gehend behandelt wird (mit überschreiten als in schritten, bogen über den flusz gehend):
daʒ si di brücke funden,
diu über daʒ breite waʒʒer gie.
Lanz. 7655;
ein schifprücke ûf einem plân
gieng übr einen waʒʒers trân.
Parz. 60, 28.
ähnlich im hause die stiege, treppe, gleichsam eine steigende brücke, auch das ist alt:
ouh gîngen ûf den berc ...
zwei dûsint grâde (stufen).
Alex. 5276 W.;
sie (die guten werke) gânt alsam ein stege enbor
gên des himelrîches tor.
Rud. Barl. 102, 35;
die grosze stiege (in der burg zu Nürnberg), die aus dem unteren in den oberen sall get. Tucher baumeist. 299, 1. 17. s. auch 18, c vom gang im hofe u. ä.
c)
aber auch alles, was sich auf dem wege, der strasze nach dem ziele bewegt, geht, nicht blosz der gänger, auch der wagen (s. e), schlitten, vieh, pferde, wie auch der reitende, fahrende selber (s. 6, b), selbst für die schnellste bewegung des dampfwagenzuges wird noch das alte gehn festgehalten, wo es sich um den weg handelt, den er zu machen, das ziel das er zu erreichen hat: der eilzug geht von Berlin über Minden nach Köln, wie einst die post, und diese nun mit dem zuge, der bahn; der zug, wie die post, geht ab (wie sie vorher stand), geht weiter, geht durch ohne aufenthalt u. a., immer noch eigentlich wie der wanderer; selbst der gedankenschnell fliegende drahtbericht geht z. b. nach Köln, unterseeisch nach New-York, wie der draht der strasze, der bahn entlang, das kabel im grunde des meeres geht. auch der pflug geht zu acker (vgl. die sichel unter d), s. mhd. wb. 2, 1, 512ᵇ, auch geht flach oder tief: al schatz under der erden begraben tiefer den ein pflûg gê ... Sachsenspiegel I, 35, 1.
d)
auch was der gehende, der wagen trägt oder bei sich, mit sich führt, geht mit ihm fort (s. auch besonders unter 19): ach! unser bestes geräthe geht fort! Weisze kom. op. 2, 209, bei einer auspfändung; der krug geht so lange zu wasser bis er bricht, s. dazu krug II, 1, b; ebenso die sichel in die ernde, bei der ebenso der träger gleichgültig ist und wechselt, die sichel bleibt jahrelang dieselbe, sodasz der anscheinend blosz dichterische ausdruck zugleich die wahrheit scharf bezeichnet (vgl. auch 33, d):
und als die sichel zu felde ging ..
Bürger 1789 2, 170 (pfarrerst. v. Taub.).
wie ernstlich das eigentlich gemeint ist, zeigt noch das witzwort etwas mitgehn heiszen, ungefragt mitnehmen, stibitzen, stehlen, im 17. jahrh. er hats lassen mitgehn, secum abstulit Schönsl. T 2ᵈ; so von beute auf dem schlachtfelde, als kriegswitz, im j. 1519, sicher weit älter:
unzellich ist geblieben (auf der wahlstatt) ..
von harnisch und von pferden,
von spieszen und von swerden.
alles das uns mochte werden,
das muste mit uns gahn.
Soltau 2, 75, Lil. 3, 279ᵇ.
auch ausdrücklich und ausgemalt kommt gegangen (s. 5, f) von getragenem u. ä., jetzt nur noch kommt:
hiemit (indem) kam das essen gegangen (l. gangen),
der knabe dem babst zuͦ essen truͦg.
Büheler königst. von Frankr. 5374;
swaʒ ûf redern kom gegangen.
Parz. 306, 2, von belagerungsgeräte.
daher von waare u. ä. (vgl. 19, b): vögel und thiere, die er auf der jagd erlegte, wurden mir vorgezeigt, ehe sie nach der küche gingen. Göthe 19, 266. schon mhd. von waare: er (der henker) sol auch alles veiles kornes huͤten, daʒ her in die stat gât (könnte auch heiszen her în gât) unde uber naht ûf dem kornmarkte stât. Augsb. stadtr. 71 (27, 4), vergl.swaʒ der lîpnar in dise stat kumt s. 131. jetzt z. b. das vieh, das getraide geht (oder kommt) nach Berlin. mit der post gehn briefe zu ihrem ziele: das vorige blatt ist gefaltet und gesiegelt, um morgen fortzugehen. Göthe an frau v. Stein 1, 341. und auch das gân in die stat vorhin oder herîn gân lebt noch nach in eingehn, briefe oder nachrichten gehn ein mit dem boten, der post, wie sie abgehn, ausgehn ins land, durchs land gehn (vgl. 19, b. c).
e)
an dem wagen gehn aber eigentlich die räder (im Parz. 206, 2 vorhin deutlich als des wagens füsze behandelt, s. auch 15, a): und dieselbigen reder .. wenn sie gehen solten, kondten sie in alle ire vier orter gehen. Ezech. 1, 17; und wenn die thier giengen, so giengen die reder auch neben inen. 1, 19; sie gehn im gleise, aus dem gleise u. ä.; ein rad ist ihm über den fusz gegangen; gebrechliche (schadhafte) räder gehn oft am längsten. sprichw. bei Schmitz Eifel 1, 195. der wagen selber: so der wag mit dem öl ... geschmirt ist, so geet er still und kürt nit mer (d. h. die räder). Keisersb. pred. 126ᵇ, vergl. der pflug geht kirkar 20, c, s. auch mhd. er gât ebene (bildlich) 33, b, β; der wagen ging weiter, und Wilhelm eilte auf dem fuszpfade voraus. Göthe 18, 70;
und sie grüszte mich noch, und sprach den herzlichsten dank aus,
trieb die ochsen, da ging der wagen.
40, 247,
d. h. kam in gang, gieng an wie das früher hiesz; mhd.: swilch wagen êrst ûf die brucke kumt, her sal êrst uber gân. Sachsensp. II, 59, 3;
unde gewunnin zwelf wagine,
die gîngin sibin nacht geladine.
kön. Rother 1037.
noch im 16. jahrh. ganz wie ein lebendes wesen: felt der karn, so steigt iederman drab, und kommt nimmer drauf bisz er wider aufrecht geht. Frank spr. 2, 27ᵃ, auch wann das schif uffrecht geht, so wil iederman schiffman sein 2, 102ᵃ.
f)
auch in anderm sinne: der wagen geht noch ein jahr, z. b. ein alter eisenbahnwagen, thut seine pflicht noch, braucht noch nicht ausrangiert zu werden, wie das knarrende rad. auch ein schuh geht noch ebenso, der schuh geht ja aber eigentlich eben so wie der fusz, das bein, der mann, und auch von menschen heiszt es so: ach der geht noch verschiedne jahre (vgl. gehen 23, b vom lebenswege). dann aber auch: ach die handschuhe gehen schon noch (z. b. glacés), gehen noch einmal oder noch mit (mit dem andern staat, der ihre mängel deckt), und so dann von allem ohne schranken: die lampe geht noch für heute, ist noch brauchbar; es ist wahr, ihre gesichtsfarbe geht noch mit, ihre züge sind so so ... Wieland 1, 99 (Agathon 2, 6), passiert, vgl. 36, h, λ. so geht der begriff, hier wie an andern stellen, wie ausstrahlend ohne ende ins weite. es ist hier nur möglich den wichtigsten dieser stellen in ihrem ausstrahlen nachzugehen.
13)
Von schiff, flusz, see, wasser, wind, wolken u. s. w.
a)
wie man auch zu schiffe geht über see u. ä. (6, b), ebenso das schiff selber: das schifflein gehet für wind, fertur secundo vento. Henisch 1427, vor dem winde; das meer das so grosz und weit ist .. daselbs gehen die schiffe. ps. 104, 26;
unde hîʒ balde (gleich) wider gân
di schif in di habe (hafen).
Alex. 916;
in der selben zîte   dô was ir schif gegân
der burc alsô nâhen ..
Nib. 377, 1;
an den tîden lêt de koning Karl (d. gr.) ênen grôten graven maken van der Altmune wante an de Radenze unde wolde dat de schepe gingen van der Donowe wante an den Rîn. Eike v. Repgow zeitb. 255ᵃ, deutsche chron. II, 149, 8; und sol ein schiff von Rapprenschwill gan (wenn dort markt ist), so arm lüt gemerktend u. s. w. (mit einkaufen fertig sind, s. sp. 1613). weisth. 4, 353, in der bestallung für den gemeindefergen; ein postdampfer geht täglich zwischen Kiel und Korsör. auch in see gehen u. ä.:
schnurr schnurr (so rasch) gieng fort das schiff, die wellen schlugen an,
sie giengen boltribol (s. u. b).
Riemer reime dich s. 91;
die flotte gieng unter segel, den strom hinauf, gieng vor anker, auch wir giengen vor anker, wie du gehst mit vollen segeln (bildlich) Göthe unter 24, c a. e. ebenso nl. onder zeil, voor anker gaan, dän. gaae under seil, til ankers.
b)
auch der flusz selber, wie die see:
si wil daʒ ich ir wende den Rîn,
daʒ er vür Kobelenze iht (nicht) gê.
Tanhuser MSH. 2, 92ᵇ;
das wasser ... daʒ dâ heiszet Treysem, und die wasser die dar în gânt ûf des gotshûses eigen, unz an den krumben, der durch Kilchzarten rinnet, dâ er gât in die Treysem. weisth. 1, 337;
alle flüsse gehn ins meer,
alle kummen dannen her.
Logau 1, 9, 95;
der bach geht mitten durch das dorf, hinterm garten her, in den teich u. s. w.; den moelgraben durch dasselbe gut geende behalde wir uns vry. Gengler cod. jur. mun. 1, 712ᵇ (aus Danzig 14. jh.). auch der flusz geht mit eis Ludwig 716. bei überschwemmung: nach dem der Meyn also grosz was, das er fern in die stat ginge. Frankf. reichscorr. 2, 432; ob wol ein sehr nasser ... sommer einfiel und (in Wittenberg) die Elbe etlich mal zun schieszlöchern durch die stadtmaur gieng .. Mathes. Luther 64ᵃ. die see geht hoch:
der föhn ist los, ihr seht wie hoch der see geht.
Schiller Tell 1, 1;
die flut geht drüber weg — ich seh's nicht mehr.
das.;
hochgehende wogen (auch der begeisterung); anders sie giengen boltribol vorhin u. a, d. h. bewegten sich wild durcheinander.
c)
im flusse, im meere gehn auch fische, s. aus Megenberg unter 2, a die pesten häring gênt pei Schottenlant, leben, haben ihren aufenthalt; ins netz gehn (wie wild o. ähnl. in die falle geht):
kundet ir nu stille gestân,
hundert (aale) wellen iezuo în gân.
Reinh. fuchs 760.
die netze der fischer: swer mit holze (floszholz) kumt in die bäche (in der stadt), der sol sîn holz heften ietwederhalp an daʒ stat (gestade), daʒ ein flecke wol danzwischen (d. i. dâ enzwischen) muge gân. Augsburger stadtb. s. 47, dasz ein netz zwischen durch sich bewegen könne;
huf und last gingen noch nicht übers eis,
netze noch nicht unter ihm fort.
Klopst. od. 1798 1, 219 (der eislauf).
d)
vom wasser heiszt gehn auch die steigende bewegung, die man am ufer u. ähnl., am eignen leibe miszt: funfzehen ellen hoch gieng das gewesser über die berge. 1 Mos. 7, 20; füret mich durchs wasser bis mirs an die knöchel gieng. Ezech. 47, 3; die flut gieng bis dicht unter die brücke, über die dämme; auch das wasser gehet hindersich, aestus recedit. Henisch 1432, die flut geht zurück, sinkt; das gedachter Thonawstraum neben der prucken, die die Spanier abgeworfen haben, wol zu waten und zu reiten ist und den rossen nit vil über die knie gehen solle. Schertlin br. 130. von der künstlichen überschwemmung, mit der Leiden im j. 1574 gegen die Spanier vertheidigt ward:
sie (die feinde) lieszen Leyden stehn,
und fürchteten, die flut möcht an die hälse gehn.
Opitz 2, 44 (zugleich nach 8, h).
bildlich: lasz dir kein unglück über die knie gehn. Frank spr. 2, 86ᵃ; wenn unglück den reichen an die knie geht, so gehts den armen bisz an den hals. Lehman flor. 1, 54, wie eine flut; doch s. dazu auch 27, c Schuppius. umgekehrt abgan, fallen, rinnen (vgl. 16, d):
dasz dir dein rosenfarbes blut
über die wangen musz abgan.
Uhland 332.
e)
der wind geht, die luft ist in fühlbarer bewegung: es ist kalt, es geht ein unfreundlicher wind. Göthe 14, 133;
wie leise gehn in feuchten büschen
die winde durch den finstern hain.
Uz 1, 174;
sieh einmal nach, wie der wind geht; der wind gehet gen mittag. pred. Sal. 1, 5;
der segel in das wasser hieng,
das (weil) der wind so stark darein gieng.
Teuerd. 32, 89;
ebenso mhd. daʒ weter (wie noch bergmännisch):
man sol den mantel kêren als daʒ weter gât.
minn. frühl. 22, 25.
bildlich: die lebensluft geht noch frisch von morgen und das ganze leben blüht wie ein maitag. J. Paul 39, 34. auch der wind, die luft geht mir rauh an den hals, geht mich rauh an;
was pösen wints get aus dem loch!
fastn. sp. 187, 13.
nebel geht übers land: auf offenem feld .. gieng, lief in (den fliehenden) ein dicker finsterer dunst und nebel hinden nach. Aventin chr. 194ᵇ, beim untergang von Pompeji. geruch, rauch geht in den hals u. ä.: und beklagt sich Wilwalt, nach deme er ime (dem sterbenden) stets zugesprochen, das im an dem ende als ein starker geruch in den hals gegangen wer ... Wilw. v. Sch. 57; denn geet im der rauch in die augen, also das er ausbricht mit weinen. Keisersb. pred. 7ᵇ.
f)
wolken, wetter gehen am himmel hin: zum blauen wehenden himmel .. worin die leichten sommerwolken gingen. J. Paul 22, 98. von einem gewittergewölk: daʒ selbig weter .. gie nach (entlang) der Tunau ze tal und erschlug alles daʒ traid. deutsche chron. II, 372, 21;
duck dich, lasz fürüber gan,
das wetter will sein willen han.
Uhland volksl. 758,
fürüber, d. h. über dich hin vorwärts (vgl. 22, c von der zeit), wie das rohr in der fabel:
ich mag dem wind niht wider stân,
ich lâʒ in oben über gân.
Boner. 83, 36;
ein wolkenbruch geht nieder, s. 16, a.
g)
sonne, mond und sterne gehn am himmel auf und nieder, unter u. a.:
diu sunne an daʒ gebirge gie (gieng auf).
Eckenlied 110, 1,
trat auf das gebirge wäre jetzt der ausdruck (vgl. 1, a);
Venus und och Jupiter
die gant vor der sunnen.
Hugo v. Montfort 8, 20 (s. 63);
(die sühne soll gelten) also wyte als die sunne uf unde tal geet. weisth. 1, 542; die sonne feiret gar keinen tag nicht, sondern .. gehet imerdar iren lauf für sich hin. Luther 4, 18ᵃ;
die sonne, wenn sie gleich aus unserm kreise geht,
läszt uns zu jeder zeit noch einen glanz zurücke.
und dasz eigentlich ein wirkliches gehen, schreiten gedacht war, zeigt zu raste, zu gnaden gehen, d. h. zur ruhe, nachtruhe, zu bette Logau 3, 7, 48, vergl. auch der mond 'tritt' hinter eine wolke;
die finstre nacht ist da, die sonne geht verborgen.
Logau 1, 1, 7.
auch der tag, tageslicht:
der dac begunde ûf gân.
Heinrich d. Gl. Reinh. 775;
der tag gieng zu dem abend,
die sonn gieng iren gang.
Uhland volksl. 246,
vergl.'sonneganges umme gegangen', wenn ein tag herum ist, sp. 1234 unten; sehen sie, wie sanft und gerührt der tag geht (fortgeht), wie erhaben die nacht kömmt. J. Paul 40, 73.
h)
auch licht und schall u. ä. haben ihren gang, wie sie ausgehn von ihrer quelle:
über sehs mîle gêt sîn (des steines) glanz.
Parz. 592, 13;
die trommeter da bliesen auf,
der hall gieng bis in himel nauf.
Frischlin hohenz. hochz. 7.
14)
Eine andere entwickelungslinie geht vom kampfe aus; s. auch 27, c. 36, f.
a)
wie ein gegner gegen oder auf den andern geht (s. 8, h), ebenso und noch unmittelbarer seine hiebe, stösze, seine geschosse, diese sogar wie selbst gehend (bildlich s. 29, a), auch die wunde (s. unter 27, c):
eʒ giengen ûf in slege grôʒ.
Parz. 212, 9;
der stach (mit dem speer) vil freislîchen
ûf den bischof Turpînen
durch den schilt sînen,
daʒ im der stich vil nâhe gie (vgl. 27, e)
und doch niht wunden (gen. sg.) enpfie.
Stricker Karl 6603;
kein hieb ging flach (an der Katzbach).
Rückert deutsche ged. 1814 s. 14;
aber er zucket (das schwert) zu schnelle fort und gieng der streich leer ab. Amadis 126; die klingen klirrten, und die stösze gingen neben aus. Göthe 24, 149; kein pölz giengen überzwerch. Garg. 180ᵇ (Sch. 332), bei Gargantuas schieszübungen; der gegner wich zur seite aus und der schusz (die kugel) gieng in die luft, in einen baum o. ä., aber auch gieng ins dickbein o. ä.; so sich jemand drauf lehnet (den rohrstab), wird er im in die hand gehen und sie durchborn. 2 kön. 18, 21; der spiesz ist durch ihn gangen. Schönsleder T 1ᵈ. beim schieszfeste:
(ein schütz) sprach: ich hab noch sechs schütz zethun,
o thettens all in dscheiben gahn.
Grob ausreden der schützen, Haupt 3, 262;
ein schutz thet in den andern gohn.
244 (vgl. 247, 11);
die fehler giengen neben hin.
das.,
zugleich: giengen ohne gewinn leer aus. ein koch klagt über seine böse herrin: ich wollte, dasz sie der henker holte! denn führt er sie einmal in die küche, so geht topf und tiegel nach meinem kopfe: pritz, pratz, ein stück nach dem andern. Weisze kom. op. 2, 12. von geschützkugeln:
do ward gar dapfer gschossen
von schlangen und karthan ..
die hagel liesz man gan.
Soltau 216, Lil. 3, 187ᵇ.
b)
aber auch das geschütz selber geht weit Frisch 1, 330ᵇ, geht in den feind, auch geht an, aus (das geschosz aus dem rohre): so laisz din darrysbüchs an geen. mitt. hausb. 39, 2;
bald guͦng ein doppelhoken ausz.
Uhland volksl. 507;
als unser grosz geschutz in sie gieng und die reuter auf sie trangen, wolten sie wider hinein (in die klinge, das thal) gegen mir. Schertlin br. 21;
sie schelten die maur wol halbig ein,
karthawnen giengen heftig drein.
Soltau 2, 113;
karthaunen, schlangen und falcon
sach man aufs kaysers leger gan.
217;
darzuͦ vier halber schlangen
hand ir ouch bi üch ghan,
die sind noch zuͦ uns gangen,
hand doch kein schaden tan.
N. Manuel 23 (schlacht von Piggoga);
das gschütz gieng wie der hagel,
noch (dennoch) lüffend wir üch an.
25,
dasz geschütz wie jetzt gemeint ist, nicht die kugeln oder schüsse, zeigt s. 26 da hend wir sgschütz genommen (erobert). ebenso das geschütz geht ab:
auch heisz anzunden unerschrocken
auf dem schloszthurm ein freudenfewr
und abgehn alles gschütz ungehewr.
H. Sachs 5, 233ᶜ,
und das gewehr geht los, eigentlich die kugel, der schusz (bildlich 29, c). doch ward wirklich beides auch vermischt: hat er (der landgraf von Hessen) acht oder zehen falkenetle ins schlosz zu Haidelberg .. geen laszen. Zimm. chr. 2, 253, d. h. schüsse, nicht 8 bis 10 geschütze.
c)
das ist aber dieselbe erscheinung, wie bei kommen (s. dort II, 10), z. b. du kommst nicht übers haus, d. h. dein stein, beim werfen um die wette, im 16. jh. gerade auch von geschützen, die kommen, d. h. die kugeln, z. b. von einem betrunknen schützen, der sich übernommen
mit zu vil weins und kondt nit kommen
in dscheiben mit keinen fugen.
Haupt 3, 251.
ebenso gehen von feuerspritzen, eine geht höher, weiter als die andere, geht bis übers dach, also sie selbst statt ihres wasserstrahls, es ist ja aber ihre that gleichsam, der strahl ihre waffe oder ihr arm, wie für das geschütz die kugel. ebenso gehn posaunen u. ähnl. statt ihrer klänge (20, b), s. auch 19, d vom ölkrug, der nit ausgeht, und unter 12, d geräte als selbst gehend statt ihrer träger.
d)
übrigens, wie jenes kommen, auch persönlich; beim vogelschieszen z. b. 'ich gehe auf die krone', nehme sie (und ihre prämie) mir zum ziel; bei einer feuersbrunst werden die leute einer spritze angewiesen: geht ihr auf den giebel! ähnlich auf dem kegelschub, wer anschiebt, geht in die vollen, eigentlich doch seine kugel.
15)
Von der eignen bewegung anderer dinge.
a)
das rad, das am wagen geht und ihn gehn macht (12, e), geht aber genauer um sich selbst, geht um, d. h. eigentlich um seine achse; Alexander z. b. kam an das ende der welt,
dâ .. der himel umbe gât
alse umbe di ahsen daʒ rat.
Alex. 5341 W.,
vgl. in zirkelmaus (masz) der himmel get.
Herm. v. Sachs. Mörin 4410.
vom mühlrad eines armen mannes:
mit jâmer eʒ umbe gie und sanc:
hilf herre got! hilf herre got!
Renner 7881.
in den zwölf nächten um weihnachten darf hie und da nichts umgehen, d. h. alle räder, auch spinnräder (Wuttke volksabergl. § 74), oder, wie es auch heiszt, es darf nichts rund gehen; da gingen noch spinn- und spuhlräder. Göthe 23, 64.
b)
durch das rad oder wie das rad gehn aber auch kunstgeräte, wie z. b. die winde: dieselben zeit hat man 12 und 14 geender winden stets gehabt, damit man gearbeit hat. Tucher baumeisterbuch 62, 18, zugleich: im gang befindlich, arbeitend, auf dem graben in Nürnberg. die kelter: wanne der kelter geit, als lange as der kelter geit. weisth. 2, 222 (aus Bacharach), so lange gekeltert wird. im bergbau gehendes zeug, auch gangbares zeug (vgl. kunstzeug), gestänge, maschine wodurch die bewegung der umtriebsmaschine auf die arbeitsmaschine übertragen wird, auch vorgelege, s. Veith 228. 547, also eigentlich vielmehr: das gehen macht.
c)
das uhrwerk, die uhr geht: es geht mit unsern urtheilen, spricht Pope, wie mit unsern uhren. keine geht mit der andern vollkommen gleich [none go just alike Pope], und jeder glaubt doch der seinigen. Gellert (1839) 4, 8; zwei uhren gehen selten überein; geht ihre uhr richtig? 'nein! sie geht nach' (oder vor), oder: sie 'steht'; es war so still in der stube (vor bestürzung), dasz jeder seine taschenuhr gehen hörte. Felder sonderl. 2, 189.
d)
an der wanduhr geht der pendel hin und her (wie etwas baumelndes im winde), in der dampfmaschine der kolben auf und ab (s. kolben II, 7, b), die kolbenstange aus und ein, und so vielfach von maschinentheilen, deren bewegung als ein gehen bezeichnet wird, wie das ganze selber geht oder steht, z. b. in einer weberstadt gehn so und so viel webstühle, oder stehn still bei arbeitsmangel. es ist wie beim schreiben, wo die hand, der arm hin und her geht, aber auch die feder:
swie snelle sîn (des schreibers) veder gât
ûf dem buochvel (pergament) hin und her ..
welsch. gast 14020.
die wetterfahne geht nach osten herum (auch geht falsch). auch glocken, daher angehn, in bewegung kommen:
die glocken gingen selber an
und lutent do selber sich.
K. Kistener Jacobsbrüder 499;
die harmonikaglocken müssen, um zu gehen, nasz erhalten werden. J. Paul 4, 132; vgl. für klingen unter 20.
e)
die thür geht in den angeln (Frisch 1, 330ᶜ), hin und her, auf und zu, auch blosz geht, bewegt sich, wird geöffnet:
dâ gesach ih ein betehûs,
di ture dî gînc selbe ûf.
Alex. 5291 W.;
wan sie (die frau) hört die thür gon, das sie sich frew das du kumpst, nit das sie erschreck als kem ein unsinniger wolf. Keisersb. narrensch. 77ᵇ;
und der tag ward immer hell und heller,
hört ich schon des nachbars thüre gehen ..
Göthe 2, 103;
hör ich das pförtchen nicht gehen?
hat nicht der riegel geklirrt?
Schiller, die erwartung.
ein verquollenes fenster geht nicht auf oder zu (s. dazu 17, a). vergl. übrigens die thür geht in den garten u. ä. 18, b.
f)
der teig zum backen musz gehn, genauer aufgehn; bei schlechtem brote z. b. ist der teig nicht (genug) gegangen, auch zu viel gegangen Adelung; vgl.aufgangene nudeln 3, g, auch das. gegangenes und ungegangenes tuch, das man im wasser eingehn läszt (vgl. krimpen 1, c), der gegensatz zu jenem aufgehn; schon mhd. în gân:
es wêr selten beschehen,
das kein (irgend ein) tuoch în gienge
von dem netzenne und empfienge
solhe kürze.
g)
ähnlich vom wachsen der pflanzen: der same geht auf;
swanne .. iʒ begunde grûnen
unde di edelen blûmen
in dem walt begunden ûf gân.
Alex. 5098;
si (die tanne) sprach: ich bin lang unde breit ..
in den luft mîn told ûf gât.
Boner. 86, 9.
und wieder im gegensatz eingehn (und vergehn), wie zu wachsen als gegensatz entwachsen. auch über sich gehn, in die höhe: das sie (die christenheit) recht stark und kreftig würde, und je mehr sie gedruckt würde, je mehr sie über sich gieng. Luther 2, 400ᵇ, wie mans von der palme sagte. das korn geht in die ähren, im 16. jh. in die hälm gon, ire in articulum Maaler 189ᵈ (vgl. vom menschen 23, a a. e.), auch der waizen geht zu lager, lagert sich Adelung (dän. gaaer i leie), auch in samen gehn, it. andar in sementa. aber auch:
hoch im norden in die breite
geht er (der stamm), wenig mehr belaubt.
Freiligrath dicht. 1, 146.
h)
haare gehn zu berge:
des wart diu angest im sô breit,
daʒ im daʒ hâr ze berge gie.
Konr. Parton. 1279;
das üch ze berg gand allü har.
lieders. 1, 146;
da gehen einem die haar zu berge. Sir. 27, 15. anderseits geht von uns (fort, ab), z. b.: ich habe wol lengest einen schwindel und das grimmen in meinem leibe gefulet. aber nu solche würm und krötengerick unten und oben von mir gehet, merk ich erst, was mir gefeilet hat. Luther 6, 112ᵇ; es ist vil blut von im gangen, ein stein Schönsleder T 3ᶜ, es gehet dünne von ihm Ludwig 716, es ist noch der ausdruck in der krankenstube (vgl. unter sich gehen lassen 11, m). auch: ein kind geht von der mutter Schönsleder.
i)
auch der atem geht aus und ein: weil in der athem geht. S. Frank spr. 2, 50ᵃ, solange sie leben; man lauscht oder fühlt beim bewusztlosen, ob der atem noch geht. beim keichen u. ä. geht aber auch die brust heftig auf und ab. auch die augen gehn (vgl. 11, k):
im gênt diu ougen umbe als einem affen.
Walth. 82, 20;
sîn ougen lieʒ er beide
verr über daʒ geböume gân.
Konrad Parton. 603;
so lasz dein augen umbher gehn
gleichwie man thut vom falken sehn.
Grobianus 233ᵃ.
k)
auch der mund geht, bewegt sich:
ich sach das in gieng der munt,
doch was ir sprache mir unkunt.
lieders. 1, 237;
am markt lert (lernt) man die leut am basten kennen .. da geht aller (gen.) mund, da gehn gleich wort und geberd. Frank spr. 2, 154ᵃ; ihr maul geht wie eine dreckschleuder (s. d.), wie eine breche (flachsbreche) u. a.; ebenso die zunge, vergl. gangbar 1, a von ihr, s. auch gänge 2, b. c.
l)
aber auch einem ums maul gehen, schmeicheln: er gehet ihm ums maul, praesentem eum laudat. Steinbach 1, 540; wer alten leuten kan um das maul gehn, der bekommt nach dem tode das meiste. das.; eigentlich aber mit der hand schmeichelnd um das kinn gehn, daher auch einem um den bart gehn, s. dazu unter kinn 2, b. 1, d.
16)
Überhaupt endlich von aller bewegung, der heftigsten wie der langsamsten oder kaum merklichen.
a)
auch von heftigster bewegung, wie z. b. schon das durchgehn wilder pferde, das in die flucht gehn u. 6, e, so vom einschlagenden blitzstrahl, der nieder geht; eben so ein wolkenbruch geht nieder, ein bergsturz:
ein ruffi (s. bergrüfe) ist gegangen
im Glarner land und eine ganze seite
vom Glärnisch eingesunken.
Schiller Tell 4, 3.
umgekehrt, wie es heiszt der theatervorhang geht in die höhe (Göthe 18, 8) oder auf, so auch ein pulverthurm geht in die luft u. ä.:
und eh er (der feuerwerker) sichs versieht, geht er zerschmettert
mit allen seinen künsten (kunstsachen) in die lüfte.
Göthe 2, 17.
so von häusern in flammen, in rauch aufgehn; wie das eig. gemeint ist, zeigt folgendes, mit bitterm kriegswitze:
durchs land man do zoch
und schickt die dörfer mit rouch
zu himele.
Lenz Schwabenkr. 118ᵇ.
wie allgemein der begriff geworden ist, zeigt z. b. dasz auch lauf doch 'geht': der gewöhnliche lauf unsrer gedanken geht so schnell. Herder urspr. der spr. 95; der wettlauf gieng den wiesenrain entlang, auch nahm seinen weg, seine richtung. auch die bewegung selbst 'geht': welcher (der himmel) von dem ersten augenblick seiner schöpfung .. seine bewegung fort für fort behält, und wo solche aufhörete zu gehen, so würde zugleich alles gewächse und gebehrung aufhören. Butschky Patm. 594.
b)
dagegen wie langsam geht ein fleck weg (entfernt sich), heraus aus einem kleide u. ä.: es wird die erlesene .. baumwolle ... gekardet, wodurch der staub davon geht. Göthe 23, 52; d'farb geht ab, color defluit. Schönsl. S 8ᶜ. wenn aber die blume in samen geht u. ä., so ist das kein gesehenes gehen mehr, nur noch ein vorgestelltes. die hauptsache bleibt die selbstständige, gleichsam selbstwillige bewegung, die den dingen damit beigelegt wird; vgl. der fleck will nicht heraus, der same will nicht kommen u. ä., s. besonders unter e. vergl. auch franz. faire en aller von flecken, die man ausmacht.
c)
schwankendes geht hin und her, stürzendes zu haufen oder durch einander u. ä. (vgl. 15, d): daʒ daʒ ertreich gêt wackelnd sam ein schef, beim erdbeben. Megenb. 108, 7; die häuser und dächer (in Pompeji) erschütteten sich an und an .. senkten sich jetzund auf die seiten, jetzund giengen sie herwider auf die ander .. Aventin. 194ᵇ;
die bäume (im winde) werden gehen die winke die wanke.
weim. jahrb. 4, 268 (s. V, 952).
zu haufen, übern haufen gehn, auf einen haufen zusammen, z. b. bei einer bauernprügelei am schlusz der fasnacht:
ein ander sie auf dem grind (kopf) umb laufen,
tisch, penk und stuͤl get als zu haufen.
fastn. sp. 385, 21;
dasz übern haufen gieng gar mancher tapfer mann (in der schlacht).
Opel u. Cohn 30j. kr. 279.
es gieng alles wild durcheinander, bunt durcheinander (II, 529, vgl. 33, i). bergmännisch beim sog. bruchbau, abbau mächtiger flötze, die man untergräbt, damit sie von selbst zusammenbrechen: entscheidet die beschaffenheit des hangenden, ob es geneigt ist (eigentlich sich schon neigt) zu bruche zu gehen oder nicht. Veith 119; fängt der bruch an zu gehn. 227; auch tiefer sinken überhaupt: wenn sich ein gehen des schachtes zeigen sollte. das. (anders zu tage gehen das.).
d)
was fällt, geht zu boden, zu grunde, auch unter sich, kurz unter: Ninive wird bald zu boden gehen. Tob. 14, 6, s. mehr II, 212, deutlich auch von den im kampfe fallenden (s. besonders aus Schertlin) und vielleicht davon ausgegangen, vgl. die tartsch gehn lassen u. 11, l; stöszet in noch tiefer in die helle, das er gar zu grund gehet. Luther 4 (1556), 28ᵃ. auch zu grund und boden: ist immer einer nach dem andern drüber zu grund und bodem gangen. Luther 8, 321ᵃ; dasz man nicht weisz wo hinaus (vor angst) und drüber zu grunde und boden will gehen. br. 3, 357, wie jetzt untergehen, eig. wie ein ertrinkender im wasser, ein gescheitertes schiff, die im eigentlichen sinne zu grunde gehen, auch zu boden, z. b. Bröseldieb, der ins wasser gefallen abwechselnd unter und auf taucht:
oftmals er auch zu bodem gieng
und kam widrum herfür gering (leicht).
Froschmeus. II, 6, 5, 97,.
wo denn zugleich das gehen recht im gegensatz zu dem sonst selbstwilligen gehen steht; unter ein eis (scholle) gehen, zu grunde, s. unter eis 4, eigentlich beim eisgang u. ä. (vgl. f a. e.). vgl. über bort gehen auf schiffen, über steuer gehen (eigentlich im kielwasser übers steuer hinaus und damit verloren), s. auch bunt über eek gehen II, 529, nl. over een kant gaan, in falscher richtung.
e)
das selbstwillige gehen von dingen tritt in manchen fällen besonders deutlich hervor, z. b. in enzwei gehen (s. entzweigehen), auch dän. gaae itu, eigentlich 'in zwei' stücke auseinander gehen (in zwei springen noch Wieland Amad. 1771 1, 179), z. b. das fasz ist aus einander gegangen Adelung, auch von einander gehen, fatiscere Henisch 1428, die erd, auch die blum geht von einander (auf) Aler 868ᵃ, schon mhd.:
dô sprach der küene Fulkêr:   ein fideler wil ich sîn.
ich kan wol gestrîchen   mit dem fidelbogen mîn.
swaʒ ich dâ mite erreiche,   daʒ muoʒ von einander gân.
roseng. 1524.
im gegensatz heiszt es auf einander gehn, eigentlich von zwei werkstücken, die z. b. der tischler leimt und die genau zusammen passen müssen, bildlich: meinet nun Lucas die statt Ephrem, so gehen die historien sehr geheb (dicht, genau) auf einander. Mathes. hist. von J. Chr. 1, 96ᵇ. geleimtes, gefügtes geht auch wieder aus dem leime, aus den fugen. übrigens, wie enzwei, 'in zwei', so auch in stücke gehen u. ä.:
wenn die glock soll auferstehen,
musz die form in stücken gehen.
Schillers glocke.
f)
auch zu scherben, trümmern, zu scheitern: die trumetter bliesen auf, sie strichen mit den spieszen zusamen, die giengen zu trümmern. Wilw. v. Sch. 159; ein glas ist am andern zu trümmern gangen. Frank spr. 1, 52ᶜ (zu trümmern springen 52ᵃ);
die ganze statt auch geh zu scherben.
Spreng Il. 492ᵃ;
dann würd es übel umb uns stan
und alls Teütschland zu scheitern gan.
S. Brant s. ⅩⅩⅩⅤⅠⅠᵃ Z.;
darumb werden sie drüber zu scheitern gehen.
Luther 4, 268ᵃ, eigentlich ihr schiff oder kahn;
so wird gott offenbar machen, wer gewunnen habe, und sie gestürzt werden und zu scheitern gehen.
139ᵃ;
hette er doch müssen .. zu scheitern gehen.
180ᵃ (vgl. scheitern gehn Schiller unter 10, c);
himmel und erde würde zu trümmern gehen.
Wieland 25, 80.
das gehen gewinnt aber da einen anklang von werden, in einen andern zustand übergehen (s. 21 a. e.). ebenso in verloren gehen (vgl. 8, k und nachher, es heiszt auch zu verlust gehen), kaput gehen, zu schanden, wie zu schanden werden: ohne hül und rettung zu schanden gehen. Philander 2, 51; deswegen bleibt sie doch eine gediegene princessin, wenn gleich die hoffnung ihres königreiches zu schanden gehet. Weise comöd. 172. auch verlustig gehen, persönlich: der früchte seines fleiszes verlustig gehen. Kant 4, 352. vgl. auch III, 1824 flöten gehn, pleite gehn, ist jenes nicht eigentlich nd. flêten (fleiten) gân, flieszen gehn, d. h. bei groszem wasser mit fort gehn? so hiesz es mhd. in ouwe, enouwe gân, eigentlich und bildlich (wb. 2¹, 454ᵇ, Lexer 2, 192), d. h. in der strömung mit fortgehn, verloren gehn z. b.:
sô môʒ dîn lant enouwe gân.
Roth. 1193 Rück.,
und auch verloren gehn kann daher entsprungen sein, denn was bei überschwemmung von habe u. ä. 'mit fort geht' (mit dem wasser), das ist verloren und man sieht es zugleich noch gehn, also ganz genau: es 'geht verloren'; vgl. auch unters eis gehn u. d a. e. in die brüche gehn, das man nun auf bruchrechnung bezieht, scheint eigentlich nd., in strafe fallen, s. Fromm. 6, 165. 169 (vgl. in strafe gehen 5, d a. e.). im 16. jh. in duchs, induchs gehn, von geld das einer in den bergbau steckt, als er dann einmal selbst die schmelzhütte besucht, versteht er endlich das latein der pochwerke dort:
sagen (ihm) all pochwerk 'baustu hie kuchs,
so geht dein geld induchs, induchs'.
Froschm. I, 2, 14 v. 136 (1, 114 Göd.), var. in duchs,
daher bei Henisch unter ducks 2; vgl. in caducas gehn (als lat. gedruckt): die memory will mir schier incaducas gehn! Garg. 154ᵇ (Sch. 285). auch in die fichten gehn, vor die hunde, s. u. hund 12 (auch Wieland bei Merck 1, 108, J. Paul 32, 80).
g)
ähnlich fällt es anderseits mit entstehen zusammen, herkommen, seinen ursprung haben (vgl. ausgehen, hervorgehen):
ûʒ iegelîchem vaʒʒe gât
daʒ eʒ innerthalben hât.
Freid. 111, 2;
aus Bethlahem wirt Messias geen.
fastn. sp. 802, 31;
der einen fladen machen wölle von fleische, der nem fleisch daʒ dô gê von dem lumbel. buch v. gut. speise § 86, zugleich mit dem praes. für das perf., wie bei kommen 17, d gleich herkommen, entstanden sein; speisz gieng von dem fresser und süszigkeit von dem starken. richter 14, 14; aus wes leib ist das eis gegangen? Hiob 38, 29; und er zeiget mir einen lautern strom .. der gieng von dem stuel gottes. off. Joh. 22, 1;
eim ungebruchten (ungeübten) ist gewon
dick schad usz seinem kriegen gon.
Brant moretus 484;
weintrauben so ganz volkommen und frisch, als giengen sie erst vom stock. Kiechel 280, kämen eben vom stock, vgl. 5, d. s. auch 15, h. 19, f.
h)
und noch anders werden dinge wie selbstwillig gehend behandelt (s. e), z. b. wenn ein erz durchs feuer musz, wolbemerkt musz, wie ungefragt, wider willen: so hat es auch mit etlichen unsern erzen die gestalt, das sie vorhin, ehe sie geschmelzt, etlich mal durchs feuer gehen müssen. Mathesius Sar. 59ᵇ; laszens (das krätzig) wider durchs feuer gehen. 63ᵇ. recht deutlich wie selbstwillig ist im spiel das knötchen, das um geht und wie der herr waltet. ähnlich die stimme geht herum, das abstimmen, die meinungsäuszerung: drauf proponirt diser president ein text (stelle) und liesz die stimm herumb gehn und höret was ein jeder darzu zu reden hette. Mathes. Luther 143ᵃ, von der art wie die bibelübersetzung gemeinschaftlich hergestellt ward. vergl. es geht reihe um 36, d, δ.
i)
ähnlich von festen dingen, die los gehn u. ä.: ihr haar, in zwei breite flechten geschlungen, die durch ihre schwere losgegangen und unter dem schleier hervorgedrungen waren. Schiller IV, 317, 30. so ein gelockerter stift, z. b. an einem strohsessel, geht von selbst heraus, eine leiste ab, ein schlosz auf, eine klappe zu u. s. w., anderseits will nicht zu gehn (oder blosz will nicht zu) u. s. w.
17)
Dabei schlich sich denn ein begriff ein und verwuchs mit gehen, der erst recht eigentlich jenes selbstwillige der dinge ausdrückt, der der möglichkeit, eigentlich der willigkeit oder unwilligkeit der dinge, wieder mit reicher entwickelung, dasz sich z. b. auch der begriff des nötigen einstellt (e).
a)
gewisse werkstücke gehen gut, leicht oder nicht oder auch blosz gehen, z. b.: der lasz sie (die form) von birnbaumholz also drehen, das man einen eisern ring daran schieben kan, der geheb (genau) daran gehet. L. Erker 8ᵃ, eben noch beweglich und doch fest; lasz dir ein solchen holen deckel machen, der geheb hinein gange. Ryff chir. 44ᵃ; 2 kufen verdeckt zu wasser, mit gelitten (gelideten, mit gelenken versehenen) panten, die halb auf gingen, das ein morterschaff (morter mörtel) dorein ging. Tucher baum. 303, 7, halb aufzumachen waren. auch ein deckel, der sich klemmt, geht nur halb zu oder nicht zu, eine kapuze, die zu knapp ist, geht nicht (ganz) über den kopf, ein stiefel, der zu eng ist, nicht an (den fusz) und der fusz nicht hinein u. s. w., im verdrusz auch: er will durchaus nicht an (vgl. unter 36, h) u. s. w., jenes schon mhd.:
sie zôch dene guldînen (schuh an)
unde nam (dann auch) dene silverînen schôch:
der gînc an den selven vôʒ.
könig Rother 2070.
der wagen geht nicht durch das thor Adelung, auch geht nicht durch. vgl. auch Gellert unter 8, c und: ich komme nicht in die stiefeln, mhd. er kumt kûme in zer tür V, 1646 m.
b)
das geht unmittelbar in den begriff des möglichen über, da es auch heiszt, mit folgendem inf. (vgl. 33, k): der stiefel geht nicht anzuziehen, der deckel geht nicht zuzumachen u. a., oder auch kurz es geht durchaus nicht, ist unmöglich. und diesz dann erweitert ohne ende, z. b.: ich wollte durchaus heute damit fertig werden, aber es gieng nicht (fertig zu machen); quäle dich doch nicht weiter, das geht nun einmal nicht oder so nicht, auch nicht so rasch u. a. s. weiter unter 33, l, auch unter 24, g was nicht zusammen geht.
c)
dann auch bejahend das geht, ist thunlich, möglich, schon im 16. jh. (s. auch 29, e): es kan oft einer ein ding, das er nit weisz .. versuͦchs so gehts. Frank spr. 2, 168ᵃ;
welch ein gedanke! kann Diana so viel wagen?
bei einer Venus, ja, da möchte so was gehn!
Wieland 10, 144;
wir haben auch in diesen tagen gelegenheit gehabt manches abzuhandeln über das was in irgend einer prosodischen form geht und nicht geht. Göthe 43, 10, brieflich. 'es ginge wol, aber es geht nicht', aus Berlin bekannt, nd. aus der Altmark bei Danneil 62ᵃ, auch im Göttingischen et ginge wol, awer et geit nich Schambach 59ᵃ. selbst mit der umfassenden formel gehn und stehn (s. 4, d):
bedenk, was gehn und stehen mag!
ich brauche wenigstens vierzehn tag,
nur die gelegenheit auszuspüren.
Göthe 12, 135,
d. h.: was menschen- oder weltmöglich ist, Mephist. sagt es, da Faust rasch ein neues schntuckkästchen für Gretchen verlangt; s. auch die entsprechende wendung es geht und steht u. 36, h, γ.
d)
auch von andrer seite her hat sich der begriff entwickelt. das zweite gehn bei Tucher vorhin, das ein morterschaff dorein ging, darin raum hatte, eig. darein gehn konnte, ist alt.
α)
mit in, hinein u. ä.: eine wittwe, die hette einen sun, der was tôreht ... und hieʒ in koufen ein pfennewert (für einen pfenning) oleyes in daʒ krüegelîn ... und gîng ouch nûwent (nur) ein pfennewert in daʒ krüegelîn ... siu gap ime daʒ krüegelîn vol, wann dô gîng nit me în. Germ. 3, 425; it. (in der städtischen volksküche in kriegsnot) 4 grosz kessel, da in iedem kessel bei 600 stück fleisch ein gien. Nürnb. chr. 2, 316, 10 (zu gien s. I, 5, d); in den groszen trock ... darein 24 züber gehen. Mathesius Sar. 125ᵇ; der spatz wirt mit eim mücklin gespeist, der stork muͦsz vil frösch und der löw ein ganz schaf .. haben, das grosz bedarf vil, in das grosz gehet vil. Frank spr. 2, 150ᵇ; den wein hat der kerl nicht gesoffen, ich habe ihn probirt, ich weisz was in ihn gehet (wie in ein fasz). Schuppius 28; das ganze (der welt) ging in euern kopf so wenig als in meinen. Göthe an Lavater 6 (d. j. G. 3, 14); von der metaphysik:
da seht dasz ihr tiefsinnig faszt,
was in des menschen hirn nicht paszt,
für was drein geht und nicht drein geht,
ein prächtig wort zu diensten steht.
werke 12, 96;
wenn die leute alle in die kirche gehn, gehn sie ja nicht alle hinein, sagt ein kind zur mutter sonntags auf dem kirchplatze (Münchner flieg. bll.). wie das von wirklichem gehn ausgegangen, zeigt z. b. das sprichw. es gehn vil gut schaf in einen engen stall. Garg. 97ᵇ (Sch. 171), vgl. u. käse 3. bemerkenswert: so viel in ein aug gehen kan, d. i. nichts. Rädlein 339ᵃ (s. u. galmei 1, b). auch bildlich, z. b.: es gehen nicht vil freund in ein haus Henisch 1435; es gehen vil armer leut in einen sack das.; spotts gehet vil in einen sack 1436;
der (eine) giebet rätzel auf, worein wol alles geht.
Fleming 166 (97 L.),
d. h. vieldeutige oder vielmehr die zweideutigsten; da es aber einmal nicht in unsern plan geht .. Göthe 17, 18 (wahlv. 1, 2), nicht hinein paszt, aufnahme erlaubt. auch ital. ci va von gefäszen, was hinein geht.
β)
mit auf, darauf (s. auch unter γ):
ein wagn mit waitz, drauf ein mut gieng.
Schmelzl lobspr. 89;
die versart könnte hexameter sein .. nur zu lang müszten sie nicht werden, damit sie auf die breite eines quartblatts gehen. Sturz 2, 33 (bestellung eines Helmstädter verlegers). ebenso aber mit unter, z. b. der kasten ist zu grosz, er geht nicht drunter (unter das bett), wie ein rock nicht mehr in den koffer geht, und im verdrusz heiszt es: er will durchaus nicht hinein, oder: er musz noch mit hinein, er mag wollen oder nicht; so viel holz geht nicht unter das dach Adelung.
γ)
auch mit an, von einem masze, d. h. seinem inhalt: eʒ sol menniclich .. daʒ fuoter verkoufen und geben bî einem rehten vierteil (der sehsiu?) gên an ein ster, oder bî einem vierteil, der ahtiu gên an ein ster. Meraner stadtr. Haupt 6, 423; auch mit auf: in Günzburg giengen 5 muttle auf 4 bairische metzen. Schm. 2, 653. dann auf gewicht, münzen übertragen: si (die perlen) gin ir 36 an ain garat. Nürnb. chron. 1, 101, 2 (zur form s. sp. 2391); eines phenninges, der ein phunt an eine marc gêt. Schwabensp. 311 G.; zwanzig böhmen oder sechzehn sächsische groschen gehn auf einen gulden. Steinbach 1, 539, was dann begrifflich zugleich umschlägt in: gehören zu einer mark, sind nötig.
δ)
ähnlich mit in, inne von bestandtheilen: von plastern .. da inne geent kostliche stugke zaffran, kampir und edele gummen. Frankf. apothekertaxe von 1461, Kriegk bürgerth. 73, hineinkommen (vergl. 5), dazu gehören.
ε)
mit an auch so: die gäste gehn nicht alle an ('n) tisch, tot convivas mensa non capiet. Weber 333ᵃ; ebenso nicht unters dach, nicht auf den wagen u. a.
e)
hier erklärt sich wol auch das merkwürdige gehen auf .., drauf gehen, von kosten, aufwand der erfordert wird u. a.
α)
wie z. b. 24 groschen o. ä. auf einen thaler gehn, so und so viel metzen auf einen scheffel, d. h. dazu nötig sind, dazu verwendet, verbraucht werden, darin verschwinden gleichsam ('aufgehen'), so dann von kosten, zubehör u. ä.: und gehet vil auf macherlon, wenn man hauben, gepreme und porten knippen, klecklen und klippen sol. Mathes. hochzeitpr. K 2ᵃ; wo aber .. die schöffen des selben peinlichen gerichts nit bei einander gesessen (wohnhaft) weren, also dasz auf ir zusammen bringen überiger unkost und verzug gehen würde. Carolina 73. das mag vom kornmarkte herrühren, z. b. auf dén scheffel (des käufers) geht viel, geht zu viel (korn), im munde des verkäufers, dann: da geht viel auf (eigentlich auf den scheffel) oder drauf.
β)
diesz drauf gehn dann auch von kosten, auf einen gewissen zweck: zum kosten, der auf das opfer gehet. 1 Macc. 10, 39; was jerlich auf die opfer gienge .. 2 Macc. 9, 17; sampt allem costen und schaden, die doruf gangen (auf unterhaltung des gepfändeten viehes). weisth. 4, 205; it. mer hab ich in .. verkauft .. 2 sawen von Ach .. und sol ausrichten (auslegen) was darauf geht gen Wien. Ott Ruland 32, d. h. was die lieferung bis Wien noch erfordert; was auf den wexel gangen .. 36 gld. Breun. v. Buch. 83, in der kostenberechnung für den herz. v. Würt. von seinen geschäften in London, 'was beim geldwechseln drauf gegangen ist'. nachher für verloren oder zu grunde gehn, genauer: sich aufreiben über einem verfolgten zwecke: sie (die katze) leckete aber so lange, bisz die zunge ganz darauf gieng. Olear. Lokm. 26; bis alles darauf gangen ist. das.; ihr geht drauf, wenns so fortwährt. Lenz 1, 221. etwas anders:
so gehts mit unsern herrn (liebhabern) in dieser schlimmen zeit,
es gehen zwanzig drauf, bis dasz ein halber freit.
Göthe 7, 51 (mitsch. 1, 3),
es kostet zwanzig, die uns verloren gehen u. ä.
γ)
doch auch mit über, z. b. vom ausmünzen: darzu für andern kosten und arbeit, so darüber gat, das sige (sei) mit salz, winstein, tiglen, münzisen .. und für andern kosten so darüber gon musz. Tschudi Schw. chr. 2, 158ᵃ, münzvertrag von 1425, da ist das ursprüngliche bild schon verwischt und geht verschwimmend in ein verwandtes über (vergl. übrigens u. 36, f, ε), jenes musz also beträchtlich älter sein. auch mit lassen: welche alle das ihre darauf gehen lassen. Olear. Lokm. 26, vgl. viel aufgehen lassen, bei festen z. b., schon mhd.:
der was von arte ein milter man.
mit dem (in folge dessen) sô lieʒ er ûf gân
swaʒ er gülte (einkünfte) hæte.
Staufenberg 60,
wo doch auch ein anderes bild vorschweben wird, in die höhe gehn (vergl. aufgehen 10), gleichsam 'fliegen lassen'? ähnlich in der stelle die Jänicke dort (altd. stud. s. 42) anzieht, wo eine alte das spinnen aufgibt, um besser zu leben, und das spinnzeug in die luft und weg wirft:
lâʒ ûf gân agen unde flahs.
lieders. 2, 642.
mhd. auch mit zuo: daʒ eʒ sô gar dar zuo gêt. Amis 547, alles dabei drauf geht.
18)
In manchen fällen ist die bewegung der dinge eine blosz scheinbare, ihr gehen ein blosz vorgestelltes oder gefühltes.
a)
z. b. von röhren, canälen u. ä., in denen das wasser geht, aber auch sie selber mit, obschon sie an sich liegen, ruhen: als ob ein brunne wære, von dem drû kener (rinnen) giengen. myst. 1, 284; wô abir die wassirborne in di gassen gên, dô mag das nicht gesîn. Ortloff rechtsqu. 1, 111, die rinnsale des brunnenwassers; do geet (für die städtische wasserleitung) ein gank, der in fels gehawen ist. Tucher baum. 186, 10 (s. gang II, 2); die wasserleitung geht durch die ganze stadt, geht bis in die höchsten stockwerke. ähnlich im körper (s. gang ebend.): ain gedärm gêt .. von dem magen ze tal .. die gerben (speisereste) gênt irn weg zuo der mistporten. Megenberg 32, 13. 17; alle sennen die gond von dem hirn von inne selber oder durch den grot (rückgrat). Gersdorf 2, zur sache s. u. geäder 4. so gehn die adern durch den körper, wie in ihnen das blut.
b)
im hause geht die thür auch in anderem sinne als u. 15, e: als man uns, nach empfang der gewöhnlichen christgeschenke, vor einer thüre niedersitzen hiesz, die aus einem andern zimmer herein ging. sie eröffnete sich .. Göthe 18, 8 (lehrj. 1, 2); man sieht nicht, nach welcher seite die thür aufgieng, aber das ist auch nicht gemeint, sondern die öffnung, die sie macht, genauer der weg, den sie eröffnet (vgl. gasse und engl. gate thor sp. 1446fg.). ebenso dann das fenster geht in den garten, schon im 17. jh., wol älter: die fenster gehen in garten. M. Krämer 519ᵃ, als weg für den blick, die hand, das licht (das da herein kommt); auch meine aussicht geht ins feld, aufs gebirge; selbst ein zimmer, d. h. eigentlich seine fenster: meine stube gehet auf die gasse, in den hof, auf einen garten. Rädlein 338ᵇ; das zimmer, in welchem der herr seine toilette machte, ging nach dem hof und war gerade so gelegen, dasz unsere freunde füglich hereinsehen konnten. Göthe 23, 111 (wand. 3, 8). schon mhd., aber sicher von je her:
hie gienc ein fenster durch die want,
dâ durch rahter die hant
und leit im ûf ein bret ein brôt.
Iwein 3303;
unterdessen nam ich eine spalte gewahr, die das küchenschälterlein hatte, welches in die stube gieng. Simpl. 1, 175 Kurz (2, 17).
c)
ebenso ein loch geht in die mauer, durch die wand, eigentlich für die hand oder den blick, oder auch nur für die gedanken:
nu begunde er suochen unde spehen,
unze daʒ er durch die want
ein loch gânde vant,
und ersach si durch die schrunden (spalt) ..
Hartm. arm. Heinrich 1230;
in dem sichts im ofen ein spalt,
darzu ein loch gehend hinein.
weim. jahrb. 6, 437;
fieng ich an jederman zu fragen,
wo die löcher zum goldberg giengen.
Froschm. I, 2, 14, 19 (1, 111 Göd.).
ein kellerloch geht tief in die erde, unter das gemäuer, grosze kellerräume gehen (oder ziehen sich) unter dem ganzen schlosse hin. ein gang (s. d. II, 1, f) geht um den hof des alten bürgerhauses, wie eine galerie um den schloszhof, also wie die treppe, brücke, s. 12, a. b. zwischen häusern: ein rîe ader ein ayzucht, dy zwuschen zwên nâkebûren gêd, dy sal nicht enger sîn wen drŷ schû. Ortloff rechtsqu. 1, 109, vgl. 706.
d)
wie aber ein loch in die wand, so geht ein balken, ein kragstein u. ähnl. heraus, obwol er ruht; z. b. von dachrinnen, knäufen: wer ouch rin (d. i. rinnen) wel legen, der sal sy alsô verne lâsze gên obir dy gasse, daʒ ein geladen wayn (wagen) zwuschen der rinnen waszerfal unde deme hûse moge gegên. Ortloff 1, 109, vergl. 706; is sal ouch nymant knoufe unden lasze vorgên (in die gasse). 109. schon mhd. für herausragen überhaupt:
zwên ebers zene ir für den munt
giengen wol spannen lanc.
Parz. 313, 23.
vgl. fürgehen 3, fürausgehen 2. auch weiter hervorragen, z. b. von häusern in der gasse: als er (der städtische baumeister) .. etliche kleine alte heuser .. abprach, der eins fur das ander ging. Tucher Nürnb. baum. 262, 32. ebenso hervorstehn, aber auch hervortreten u. ä.
e)
ebenso weiter gehn, so und so weit gehn, über etwas hinaus u. a. (vgl. u. h), wie jetzt, so schon mhd.:
alsô verre sô daʒ bette gînc,
ein wînrab iʒ al umbe vînc.
Alex. 5298 W.;
eʒ sol ouch deheiner man deheinen kurzern rock dragen, dann der fur die knie abe gêt. kleiderordn. v. Speier v. j. 1356, anz. d. germ. mus. 1856 sp. 201; sie trugen weisz scharlachen hosen, die giengen gerade drei finger breit über die knie. Garg. 281ᵇ (Sch. 530), wie noch der mantel geht bis ans knie, übers knie, das kleid bis an den hals u. s. w. auch wenn zwei ihre länge an einander messen: du gehst mir gerade bis ans kinn u. ä.; auch: er geht über alle, eminet inter omnes Aler 869ᵃ (wol auch geistig, vgl. 21, b), wie mhd. von einer riesin:
über alle boum sie gie.
Wolfdietr. 1423 H.;
der ris der gieng zu guter masz (bedeutend)
über herr Dieterichen u. s. w.
Sigenot 86, 3 Sch.
auch umgekehrt von knie und hosen, von der Schweizer tracht mit bloszen knien:
die knüw gond in durch dhosen.
Liliencron 1, 386ᵇ.
f)
die blosz vorgestellte bewegung ist besonders deutlich bei gehn von baugliedern, zieraten u. ä., die sich auch ruhend dem auge und gedanken zu bewegen scheinen; die befestigung von Tyrus wird geschildert, die mauern, turne:
danzwiscen gîngen de bogen.
Alex. 794 W.,
wie eine brücke von einem ufer zum andern (12, b);
ûf durch den palas einesît
gienc ein gewelbe niht ze wît,
gegrêdet über den palas hôch.
Parz. 589, 2;
ime (dem hunde) gienc umb sîn krägelîn
ein ketene diu was guldîn.
Trist. 398, 11;
ein straif müst umb das kuss (küssen) auch gan,
darauf so müst ein S auch stan.
fastn. sp. 213, 24.
hier, wie vorhin schon öfter, gilt auch laufen, d. h. die bewegung rascher gedacht oder in gedanken vollzogen.
g)
ebenso grenze, zaun, hag, mauer u. ä. 'gehn': andirsît dem wasser Muttelâ genant .. sal eine grenicze stên (grenzstein) und alsô tweres (quer) obir vurbas gên nôch eime trêboum .. dâr ouch eine gezeichente grenicze ist .. vurbas bî neben der roslache ûfwert zu gênde .. Gengler cod. jur. mun. 1, 713ᵃ, aus Danzig 14. jahrh.; die grenze geht auf dem grat der anhöhe fort 'wie kugel walzt und wasser lauft'. Schmeller 2, 287 (s. u. kugel 3, d). wie dort in Danzig stên und gên beisammen, so ähnlich in einer grenzbeschreibung der landmarch zwischen Wartenfelser und Wildenegger gericht im 16. jahrh.: und (die) Creizinger zeün steen auf dem rechten landmarch, geen abwärts bis an ain rain .. österr. weisth. 1, 165, die einzelnen markzeichen stehn fest (und müssen das), als reihe gehn sie. ein zaun, hag u. ä. geht um ein gebiet u. ä., auch mauer, mhd.: swâ mûren umb eine stat gênt .. Schwabensp. 145, 2 G.;
niden drumbe (um die bergfeste) gienc ein hac
mit boumen starc verworren.
heldenb. 5, 36ᵇ.
eine grenze geht mitten durch ein dorf u. ä.: furter den steinweg aus bis zu Furmans hoff, und ist von alters der wisthomb, das daselbs die oberkeit durch den hoff gee. weisth. 4, 584, d. h. die grenze der oberkeit, herschaftsrechte der grafschaft Dietz und Bielstein.
h)
ebenso aber das gebiet selber geht so und so weit, geht da und da an, aus u. a., vielfältig im rechtsleben: der selben vogtîe geriht vâhet an ûffen dem Crisbalz, dâ diu frîe grâfschaft von Lags ûs gât, unde gât unz ûffen den Furke und von dannen unz gên Sant Gothart u. s. w. Pfeiffer habsb. urk. 94; eins pfalzgraven gerichte und marke zue Bacherach und in den delen get an in der Putzbach, bisz in die bach zu Heimbach, und get dieselbe bach (acc.) usz bisz in des capellans hob u. s. w. weisth. 2, 216 (14. jh.); als verre als .. der kirch herren zu Bacherach zehenden get. 217, bezirk in dem er den zehenden erhebt; das sie deilen (weisen) ûf den eid, wô der wiltban ûʒ und ane gêt. 6, 396; es seind die bürger und lehenleut dem vogt schuldig gehorsam zu sein und den gefangenen helfen liebern (dem gericht überantworten), so weit die mark gehe. 1, 233, weiter nicht (vgl. k); und hörent in denselben kelhof gericht, zwing und penn, die als weit begriffen seind (einen kreis umspannen) als das etter und das dorf gant. 1, 260, d. h. dorfzaun und dorfgebiet; ein herr von Osterreich .. ist vogt als wit das ätter und das dorf gat. 264; als wit der begriffe geet. 536, auch 4, 573 u. ö.; das gericht zu Auerbach gee an dem Urbansklingen inwendig Zwingenberg und gee obendig Auerbach uf das hochbort. 1, 477. auch das geleite, geleitsrecht, wie vorhin der zehende: auch get unsers hern von Mentze geleide hie dissit Rins von Niderdale an den linpfad us bis gein der steinen brück obendig Menze. 1, 534. hinan gehen, reichen, sich erstrecken: wo aines gründ (grundstücke) hinangehn an ein holz oder wald .. österr. weisth. 1, 37, 27.
i)
ebenso dann das recht selber, zugleich rechtsbereich: da sal unser herr von Mentze aber mit einem ross riten in den Rin und sol werfen mit einem huphammer. als ferne er gewerfen mag, so fer get sin recht. weisth. 1, 534, vorher als ferre get sin gericht, vergl. 4, 572 fg. auch gebot, recht zu gebieten, gewalt gêt über u. ä. (vergl. 30, d gerihte), erstreckt sich, reicht:
ubir Egiptelant gêt sîn (Josephs) gebot.
gen. u. ex. 100, 21 D.;
mîn gewalt gêt sô wîte ..
Roth. 1562;
ubir daʒ mere gînc sîn reht ..
wîten gînc der gwalt sîn.
Alex. 98ff.
k)
hier erklärt sich denn zu weit gehen u. ä. in ausübung seines rechtes (vgl. 24, h), über seine befugnisse hinaus gehen u. a., denn z. b. der waidmann auf der jagd, der bauer mit dem pfluge soll nur so weit gehen, als sein bann, sein gebiet, seine flur geht u. dgl., es ist aus dem rechtsgebrauch in den des gemeinen lebens übergegangen. auch: so weit geht mein auftrag, weiter geht meine vollmacht nicht (die ich nicht überschreiten darf) u. ä.; sie fragte den herzog, ob er nicht vielleicht .. befehle im rückhalt hätte, die noch weiter giengen. Schiller VII, 313, 27. auch weit gehende, weiter gehende forderungen, zumutungen, anträge u. ä., die ins gebiet oder bereich des andern theils eingreifen, ihm zu nahe gehen (vgl. 27, e), zu nahe treten u. dgl. s. auch hoch gehn von pflicht 21, c. Das überschreiten, übertreten hiesz einfach gên über ..: also dick die über das gebot giengen oder füeren (verführen), also dick mag inen der meier vil hoher gebieten (d. h. busze). weisth. 1, 715, vgl. sp. 1812 (e) gebot überfaren, auch gekürzt 'über daʒ gebot' (gehend) schon mhd. sp. 1810 (e), wie noch kürzer darüber, d. h. mit übertretung des gebots.
l)
um aber vor der hand im sinnlichen gebiete zu bleiben, wie die grenze und ihr gebiet, so geht jede linie und fläche fürs auge wie für die vorstellung, denn nur sich bewegend können wir sie denken (vgl. 12, a); mhd. z. z.:
got, aller wîte und aller lenge ein umbegênder rinc.
Reinm. v. Zweter MSH. 2, 178ᵇ.
sich kreuzende linien gehen durch einander, divergierende aus einander, (dann auch strebungen, meinungen), gleichlaufende neben einander (παρ' ἀλλήλων), obwol da das unruhigere laufen beliebter ist (aber bildlich parallel gehen, doch s. auch daneben gehen 33, c). so auch ein striemen gieng ihm über den ganzen rücken, eine narbe quer übers gesicht u. a., vgl. ahd. strîmen (in holz und stein) gâende in strâʒo wîs Graff 4, 70. von gleichgehenden linien stammt vielleicht auch und zeugt dafür mhd. gelîche enein gân, ahd. gilîcho gân, überein kommen, 'identisch' sein, u. ä., nieht gilîcho gân differre, auch ze eine gân oder einis (eigentlich weges?) gân, s. Graff 4, 70, vielleicht von wagenspuren hergenommen, deren lauf man einst als bild für parallelen brauchte (Dief. 412ᵃ).
m)
wie vielfach das gehen eine gedachte bewegung darstellt, zeigt z. b. auch der rauch, der geruch gieng (oder 'zog sich') durch das ganze haus, der nebel durch das ganze thal, über die ganze wiese (hin oder weg), eigentlich von dem wege den er zuerst genommen (wie auch z. b. die erschütterung gieng durch das ganze haus):
der pitter rauch gât überal (hin, durch den wald).
Zarnckes priest. Johannes 1, 135ᵇ, 421;
dann aber auch von dem zustande wo er zum stehen gekommen ist. so dann vielfältig bildlich, z. b. ein zug von mismut geht durch sein ganzes leben, auch durch all sein thun und denken, wie ein streifen oder eine schicht gedacht o. ä.; wunderbar und ahnungsvoll geht durch jene schöne welt (der erzväter) noch ein anderer schrecklicher zug. Göthe 24, 215; es gehen doch züge von wildheit hindurch. 214; das ist ja ein lustiger ton! 'ja der geht durchs ganze buch' oder so gehts durchs ganze buch, auch blosz geht durch (oder durchweg, durchhin); doch das geht durchs ganze buch durch. Göthe 33, 93. daher ein durchgehender ernst u. ä.
19)
In andern fällen ist das gehen der dinge eigentlich nur zum theil sichtbar und ergänzt sich im vorstellen (im vorigen sichtbar und doch nur gedacht); zugleich ist es meist das eigne gehen der dinge statt ihrer träger 12, d.
a)
was z. b. einer dem andern weiter gibt, geht aus einer hand in die andre, von hand zu hand, wie z. b. feuereimer beim löschen, ein buch das immer weiter verliehen wird; das loos ist ohne unser wissen durch verschiedene hände gegangen. Gellert loos in d. lott. a. e.; die nicht todt sind, leben noch und reiszen und beiszen sich um ein kipfelchen erde, das aus einer hand in die andere geht. Zelter an Göthe 3, 274, i. j. 1822 am todestage Friedrichs d. gr. (s. dazu f a. e.); vergl. Luther u. 4, d von seinen schriften, die umbher gehen. auch vom schriftsteller selbst, d. h. in buchform: Plinius der jüngere .. saget .. er bedächte, welch ein groszes es sei, durch der leute hände gehen. Opitz poet. 56 Br. (bei Plin. ep. 7, 17, 15 nur dare aliquid in manus hominum). auch so: es geht alles durch seine hände, er bekommt alles in die hände, im geschäftsleben auch: er führt die aufsicht, als vertrauensmann. Adelung; vergl. 33, d.
b)
waare geht beim kaufmann gleichsam aus und ein, wie sie schon mhd. in die stat gât (12, d).
α)
gesuchte waare geht reiszend ab, eigentlich fort mit dem käufer aus dem laden, vom lager, aber auch blosz geht stark, hat starken abgang Ludwig 716, geht reiszend, geht gut oder schlecht u. ä.: swer wein auf tuͦt, und dunkt der kauf ze guͦt in (dünkt ihn der preis zu billig), so sol er in doch lâʒen gên, daʒ er in nicht hôher gebe (verkaufe). Nürnb. pol. 206; das buch geht ab, geht nit ab, vendibilis, invendibilis est. Schönsleder S 8ᶜ; F. in R. druckt jetzt den Messias und die geistlichen lieder, und weg gehen sie zwar nicht wie brod zur zeit der hungersnoth, reiszend u. stürmend, aber doch wie tägliches brod. Schubart an Klopst. in dess. briefw. 270; sind die (krit.) wälder so gegangen, dasz bald an eine neue .. ausgabe zu denken wäre? Herder lebensb. 3, 264 (werke III, xv S.), brieflich an seinen verleger. auch blosz das buch geht, verkauft sich, bleibt nicht liegen. das geht wie beim bäcker die semmel Frischbier 1, 78. 2, 59. dann auch der verkauf, das geschäft geht gut (33, c).
β)
auch vom preise heiszt es: wan das chorn get umb 3 lb. oder teurer, so mueszen drei person haben umb prot all wochen 30 dl. anz. d. germ. mus. 15, 199; wan daʒ chorn get umb 6 lb. das. 200 (anf. 15. jahrh.).
γ)
auch geht durchs land, im lande u. ä.: Nürnberger hand (arbeit) geht durchs ganze land. Pistorius thes. par. 8 no. 38; so gehet das scheibsalz im Inthal (d. h. das dort gewonnene) sehr weit, wie sich vil land des salz zu Halle in Sachsen erholen. Mathes. Sar. 125ᵃ; die Sonneberger spielwaaren gehn bis nach Amerika u. ä. ähnlich: auf geschnittenen steinen gehen köpfe unter dem namen des erstern (Pirithous). Winkelmann 1, 190, gehen unter sammlern um; die schrift geht unter dem namen des Cicero. Heyn. antib. 2, 19.
δ)
vom tollen fastnachtstreiben heiszt es:
knecht, maid und kint, als wuͤten wirt,
pisz man dem gelt ein wenig geschirt (zugesetzt hat)
und als das wider die juden get,
das dennoch nôch den ostern stet.
fastn. sp. 383, 22,
von pfändern die man zu den juden trägt (wider wie bei kaufen 2, b).
c)
so besonders geld (vgl. weiter h).
α)
es geht recht eigentlich von hand zu hand u. ähnl.: gelt gehet hin wie her Henisch 1431, 57; alles geld, was er einnimmt, geht ihm gleich wieder durch die finger, musz gleich wieder fort; es geht ihm viel geld durch die hände;
(unrecht gut) wie gewunnen, so verton,
wie es komt, so wider gon (gegangen, fort).
Murner narrenb. 80, 102;
do gent zwen pfenning ungelts hin.
Folz bei Göz H. Sachs 4, 160;
wie ich das geltli han empfangen,
als ist es wider anweg (d. i. enweg, s. sp. 2399) gangen.
fastn. sp. 847, 2.
β)
auch, wie gute waare (vergl. kaufmannsgut 2), von der geltung, die man ihm beimiszt, in curs sein, curs haben: mit sechs pfunden pfenningen, die denn gewonlich ze Zürich gänd. weisth. 1, 7, 14. jh.; swenne die munzmeistere nûwe pfenninge ûʒ werfen, sô sullen si di alden verbieten lâʒen. di mugen dannoch gên vîrzehn tage. Freiberg. stadtr. 38 (s. 262 Sch.); am besten geht der batzen da, wo er geschlagen wird. Felder sond. 2, 102, sprichwörtlich;
er (der pfenning) hat ein fel, als sei er zin.
'schweig, er ist gut und get gern hin'.
fastn. sp. 272, 18,
get gern hin, wird gern genommen, auch 'gut und gern';
dann koufent sie die münz an sich.
so gilt sie doch den alten strich,
wie sie ist zum ersten gangen.
Murner narrenb, 70, 22;
drumb gieng zu der zeit lauter gut silberne und güldene münz. Mathes. Sar. 162ᵃ. solche münze, auch waare, heiszt daher gangbar, älter gänge, s. d. 4, c und 5, waare auch marktgängig.
γ)
daher auch völlig gleich gelten unter den leuten, z. b.: dieses geld gehet nicht, non corre (hat 'curs'). M. Krämer 519ᵇ, noch im 18. jh.: die münze geht hier zu lande nicht. Ludwig 716, ist nicht gut, gangbar Heyn. antib. 2, 19; ein ducaten geht für voll; wenn sie (die bauern) einen herren anschmieren können, geht ihnen das für eine hochzeit. J. Gotthelf 19, 257, ist ihnen so viel wert, so kostbar. ebenso aber von anderem, auch menschen: und sal die masz (beim liefern des pflichtweins) gahn zwei jahr vor recht, und das dritte jahr mit genaden. weisth. 2, 467; so ferne gehet aber die gemeine regel für alle christen .. Luther 5, 408ᵇ; da gieng er nun ein volles jahr vor einen leibeigenen. Olear. pers. baumg. 4, 20, d. h. ohne es zu sein ward er so gehalten; mein sohn hat keine mittel genung, eine hohe allianz zu machen. zudem wer wolte alle die übelgeborne kinder (in unehe geborenen) vor die seinigen gehen sehen? Elis. Ch. v. Orl. 3 (1874), 249; sie geht noch für eine jungfer. Ludwig 715;
ein maid, die für ain junkfrau gieng.
fastn. sp. 495, 28,
zugleich doch: als jungfrau sich trug, kleidete (7, b). s. auch recht geht, ist in geltung 31, e.
d)
vorräte, die man aufbraucht, gehen weg, fort, aus u. a.: auch soltu dich haben gericht auf den werkgezüg, nemlich brechysen, hebysen .. bech, schwefel, salpeter .. alles dinges genug, dann es get vil hin weg, wan es dar zu kompt (ernst wird). mittelalt. hausb. 36, 14, vgl. 38, 11, in einer lehre für einen burghauptmann, zur vertheidigung. von wein auf lager (vergl. unter b, α): welher auftrager in dreien tagen, nâch dem und der wein auʒ gêt, den wirt oder den weinschenken nicht verriht (bezahlt) .. Nürnb. pol. 206. auch vom fasse selber: wer auch ein fasz weins aufthut und das dann wider fürstiesz (verspundete) ee es ausgieng, und ein anders gebe und schenket. das. 251. eigentlich von dem bleibenden vorrate, der gleichfalls in einer bewegung, einem gehen ist: mein wein geht auf die neige (dann auch das geld u. a., der tag aber zur neige), geht zu ende (vgl. u. 32, a), wird mir bald ausgehn; die vorräthe von gelbholz gehen sehr zusammen. Weserzeitung 1859 sp. 4911, auch der platz (in den wagen) gehe sehr zusammen Göthe 18, 251. auch auf das gefäsz übertragen, wie u. 14, c ähnlich:
dein meid hat nichts im ganzen haus,
denn ein ölkrug, der nit geht aus.
Culman spiel v. d. wittfrau 261, bei Tittmann schausp. 1, 147.
aber auch licht, feuer, geht aus, erlischt (geht an, d. i. auf, in die höhe).
e)
ähnlich und doch anders zins u. ä. geht, eigentlich geht ein (vgl. unter 21, a Garg. 89ᵇ), wird eingebracht ins haus (wie noch gelder eingehen u. ä., vergl. einkommen), dann aber begrifflich erweitert zu dem regelmäszigen eingehen und der pflicht dazu, also aus dem sichtbaren ins gedachte: der tribut, der dahin ging (nach Rom, aus Europa). Herder id. 4, 220; wie viele summen gingen nach Rom. 222. mhd.: dâ sint ouch ander hofstette, die lêhen sint von Nûwenburg, von dien ouch enkein zins gât. habsb. urk. 99, 14; der cins .. sô von dem guot gât unser kilchen (dat.). Hotz Züricher urk. I, 5; drî schock Frîberger groschen u. s. w. alse der cins von aldere gegangen hat unde furbaʒ gehin sal. cod. dipl. Sax. II, 2, 166; einem herrn abbt gant jerlichs von dem kelhof .. zins uf s. Martistag 32 und im dritten jar 31 malter kernen u. s. w. weisth. 1, 260; söllen si den zins bringen, als vil us dem guͦt got. 407; item 1200 gangfisch gond ab den nidern fachen under Gottlieben. 4, 417, sind vom fischfang an den bischof von Constanz zu entrichten. noch jetzt z. b.: ein stück feldland, wovon jährlich 11⁄8 spint roggen an die rentei .. geht. Weserzeit. 1843 sp. 3033. ursprünglich auch deutlicher heim gên: wir grâfe Götze genant von Tüwingen verjehen, daʒ wir verkouft hân zehen malter dinkels, die uns ze (d. h. als) vogtreht ûʒ dem hofe ze Stamm heim giengen. urk. von 1328 bei Schmid pfalzgrafen v. Tüb. s. 135, eigentlich ins haus kamen.
f)
ähnlich auch und doch wieder anders zu lehen gehn.
α)
zu lehen, d. h. als lehen, das ursprünglich gedacht ist als von und zu dem herrn und seinem hofe, gute gehend (vergl.γ). das verfallene, erledigte lehen oder ein auf zeit verkauftes gut gêt heim, zurück an den herrn (vgl. von zins vorhin, von gewinn unter g): wan er also von tode abgaͮt .. so sullen uns die vorgenant kirchensetz .. und Eschingen daʒ dorf .. als unser reht aigen wider zuͦ unsern handen gefallen und haim gangen sin. monum. Zoll. 1, 492. 493 (15. jahrh.), wie noch jetzt heim oder anheim fallen, heimfall, im 15. jahrh. z. b.: dieselben (erledigten) stuͤle (in der kirche) solten der kirchen haim gefallen. Nürnb. poliz. 116. das verliehene aber get von dem herrn als (zu) lehen:
der königlichen majestat,
von der es alls zu lehen gat,
so (da) alls des reichs recht aigenthum (ist).
Liliencron hist. volksl. 2, 536ᵃ,
zugleich dann: geht aus, hat dort seinen ursprung (16, g); gleich wie herzog Hans keinen straft, in herzog Georgen land gesessen, an den gütern, so doch vom churfürsten zu lehen gehen. Luther 4, 336ᵃ (1556); der himel oder himelreich gehet nicht zu lehen vom keiser. wider Hans Worst J 4ᵇ, Dietz 2, 45ᵃ; das sein (Paulus) apostelampt nicht ist zu lehen gangen von menschen. das. (auch schr. 6, 219ᵃ mit zu, wonach unten VI, 538 zu bericht.), als lehen ausgegangen, das perf. macht die ursprüngliche vorstellung deutlicher.
β)
nachher aber auch, eigentlich misverständlich, vom belehnten selber und seinem verhältnis zum herrn: einem zu lehen gehen (auch rühren), clientem esse alicujus Frisch 1, 596ᶜ. das misverständnis ward vollständig mit bei jemanden zu lehen gehen, dessen lehnsmann sein u. s. w. Adelung 2, 1984, als zum empfang des lehens gedacht (der doch nicht lehen heiszt), die nun geläufige wendung: könige selbst sah man zuweilen bei ihren unterthanen zu lehen gehen. Schiller IX, 231, 21, wo das sah die neue vorstellung als durchgebrochen zeigt, während in zu lehen nehmen, übertragen 233, 7, 16, tragen Tell 2, 2 das alte zu (als) noch vorliegt. das wesentliche der änderung liegt übrigens darin, dass die uralte und einst durchgehende vorstellung von dem gute als der eigentlich lebendigen einheit verloren gieng, die sich nun auf den inhaber übertrug. aber auch bei Frisch 1, 596ᶜ noch: ein lehen, das auch auf anverwandte geht, ein umgehendes, ein durchgehend lehen, wie jetzt noch ein gut in andre hand übergeht, von hand zu hand geht (s. a a. e.), vergl. mhd. von einer gâbe, schenkung: eʒ mac der man, dem diu gâbe gegeben ist, verwürken wider jenen der si im dâ gab, daʒ si im slehtes ûʒ der hant gêt. Schwabensp. 22, einfach wieder ihm 'verloren geht', worin das gedachte selbstgehen der sache recht deutlich ist. morgengabe geht heim, wird fällig, ist heimzuzahlen o. ä.: morgengabt ainer ... so es zu fallen kombt, so gehets demselben, welchem die morgengab geben ist, nur halbe haimb und der ander halb tail bleibt den freunden (verwandten), die gefertigt (die urkunde mit ausgestellt) haben. österr. weisth. 1, 38, 28.
γ)
die ursprüngliche vorstellung liegt uns auch noch vor in folgender wendung, die dem alltagsleben angehört:
Terzky (zu Wallenst.) gönn' ihnen doch das fleckchen land, gehts ja
nicht von dem deinen!
Schiller Picc. 2, 5.
und eigentlich dasselbe, noch näher im sinnlichen, ist:
Kuoni (zu Rudenz). ich brings euch, junker — trinket frisch! es geht
aus einem becher und aus einem herzen.
Tell 2, 1,
zugleich: man trinkt hier aus einem becher.
g)
und noch anders von habe und einkommen.
α)
das heim gehn, eingehn von zins und lehen (e. f) auch von früchten, die vom felde u. ä. eingebracht werden, 'einkommen' ins haus, dann auch von anderem ähnlichem gewinn:
si schatzent armer pfafheit abe
ir nar .. daʒ kumt in alleʒ heim.
Frauenl. spr. 343, 20;
ir vürsten, ir sult wachen (für das wol des landes) ...
eʒ kumt iu heim an ritterlîchen sachen (bei fehde).
329, 10,
gewiss ebenso heim gân. so wider gân oder komen von der aussaat als reifer frucht (vgl. lat. reditus, franz. revenue):
der milte (gen.) lôn ist sô diu sât,
diu wünneclîche wider gât
dar nâch (nach dem wie) man si geworfen hât.
Walth. 17, 4;
ir kom (praet.) ouch kûme der sâme wider.
Parz. 214, 25.
β)
daher dann auch noch zu nutzen, zu gute gehn, als gewinn eigentlich ins haus kommen, dann allgemein zu theil (d. h. als theil) werden: wodurch ein theil des grund und bodens wieder gewonnen werden und den einwohnern zu nutzen gehen würde. Wieland 20, 257; der schuhflicker .. läszt dem staate abends wieder zu gute gehen, was er an den füszen .. verdienet hat. Weisze kom. op. 2, 154 (lustiger schuster 2, 5), wie wieder auch zu gute kommen, s. V, 1644; bemühungen des vergangenen jahrhunderts, welche nunmehr der ganzen nation ... zu gute gehn. Göthe 45, 142; es soll dir zu gute gehen, zum besten angerechnet werden, du sollst es gut behalten Adelung. schon mhd., z. b. im 15. jahrh.:
is gehe mer (mir) zu schaden ader zu fromen.
Alsf. pass. 3191;
doch stellte sich dabei auch die vorstellung des ausganges ein, vgl. 29, c; s. auch 11, n und schade geht mir aus .., kommt her, entsteht Brant unter 16, g.
γ)
alt ist wol auch, bei vertheilung, z. b. bei erbtheilung das vermögen geht in gleiche theile, geht in zwei theile. dän. von dem erben selber gaae i lige arv, zu gleichen theilen erben, vgl. zu erbe gehn, mit erben 9, m.
h)
wie aber waare, geld von hand zu hand, so geht auch eine rede, sage, gerücht unter den leuten um, im dorfe, lande (vgl. 31, d hunger so), eigentlich von mund zu mund, von haus zu haus, auch blosz gehn: fama volat, es got die mer, es schilt usz. Melber i 2ᵃ (Dief. 224ᵇ);
nun gingen umb die zeit die mer,
wie das zu Rom ein meister wer u. s. w.
H. Folz bei Haupt 8, 517;
das gemein sprichwort gehet, es sei besser .. Aimon o 1; es gehet ein gemein geschrei, das hurerei unter euch ist. 1 Cor. 5, 1 (da gieng eine rede aus Joh. 21, 23); es gehen itzt rede und geschicht unter dem pöfel wider das sacrament. Luther bei Dietz 2, 44ᵃ; es gehet ein höfliche rede in den hütten, der herr Christus sei auch ein schmelzer gewesen. Mathes Sar. 147ᵃ; wie das gerücht, die sage geht wird einer mittheilung als quelle zugefügt (s. dazu auch 31, d);
das höret nachbar Hans, die sage gehet weiter (im dorfe),
und man erzählt von haus zu haus,
der kleine Töffel geht nach Böhmen mit hinaus.
Lichtwer fab. 3, 4.
so geht ein name durch die welt, durch den mund der leute u. a.:
auch in des freundes ohr, der dort von ferne steht
und merkt, dasz so sein nam je mehr je ferner geht.
Logau 3, 217.
auch umgehn, umbe gên im lande:
sô daʒ ir lop in dem rîche umbe gêt.
20)
Denn auch töne gehn (und tonwerkzeuge), rede, worte u. ä. auch für sich selber, in eigner bewegung gedacht. vgl. auch es geht 36, d, ζ.
a)
töne, musikalisch:
der (meister) lârtin wol musicam
unde lârtin di seiten zien,
daʒ alle tône dâr inne gien (giengen, s. sp. 2391).
Alex. 210;
der dôn von rotubumbes,   tambûr und von busîne,
die giengen alle krumbes,   si muosten von gedrange lîden pîne.
Tit. 4049, 2,
vergl. ganz sinnlich es gat her oder hin clingen (der tanz, gesang) teufels netz unter 36, d, α. ζ, 'klingt daher';
wenn ich ein vöglein wär! so geht ihr (Gretchens) gesang
tagelang, halbe nächte lang.
Göthe 12, 174;
stimmen gehen durch die nacht,
singen heimlich von dem bilde.
ein tanz geht so und so, zugleich die weise und das tanzen (vgl. 36, b, γ, Arndt unter 33, e):
fiedler, fiedelt nicht so lahm ...
polisch musz hübsch lustig gehn,
dasz die röcke hinten wehn!
Voss ged. 1802 2, 56, 1825 3, 97 (reigen).
aus welchem tone geht das stück? Adelung, jetzt auch mit in, es geht in e-moll u. ä., geht aus e-moll in g-dur über. wie geht nur die melodie? ich weisz nicht, wie sie angeht. vgl. von spielleuten das spil geen laszen 11, i und Spee dort. auch s' gsang geht nit, discordat cantus, haeremus, haeretis Schönsleder T 3ᵃ, die music, der gesang geht nicht, absurde canitur etc. Aler 868ᵇ, aus dem munde des dirigenten.
b)
aber auch die posaunen, trommeln, pfeifen, glocken u. a. gehn selber, wie die geschütze auch selber statt ihrer geschosse (s. 14, c); z. b. von sturmglocken beim nahen des feindes:
vil manich man fur Braunschweig kam,
do gingen die glocken den bam den bam.
Liliencron 2, 325ᵇ;
wenn die posaune des erzengels gehen wird. Luther 5, 506ᵇ; da gehet die drummel, hie die drometen. ders. bei Dietz 2, 45ᵇ;
allwo die trommeln und die pfeifen gehn,
da ist viel tausend freude zu sehn.
ungedr. hannov. soldatenlied (L. Erk);
juchheisa! heisa! he!
so ging der fiedelbogen.
Göthe 12, 54;
die geige geht schön Frisch 1, 330ᵃ, die pfeifen gehen wie flöten, klingen Adelung; man hörte die orgel gehn;
da gehn die morgenglocken.
Eichendorf ged. 16.
auch von den mühlrädern (vgl. u. 15, a), dem wagen, dem pfluge und ihren klängen, wo doch das klingen mit dem wirklichen gehen noch eins ist:
mühle, geh du deinen klang,
ich (der handwerksbursch) will gehen meinen gang.
Haupt 4, 512;
die mühle geht klipp! klapp! oft in kindersprüchen, märchen, s. unter klippklapp 2, auch unter 1 von meidlein, die mit den pantoffeln klipp und klapp gehn (16. jahrh.). der pflug geht kirkar, knarrt, die schwalbe erzählt von ihrem leben:
darnach wenn der pflug kirkar gieng,
ich das nach zu singen anfieng.
Rollenhagen froschm. Aa 2ᵃ (II, 2, 6, 85).
die wiege (nd.) geit krick krack Simr. kinderb. nr. 151 (s. unter krack! 1). das glas gieng krach! zerbrach, s. auch es gieng krach! 36, d, η.
c)
geradezu für klingen (wie es Adelung u. a. angibt), auch von wort und rede u. a., schon mhd.; nicht blosz vom ausgehen aus dem munde oder eingehen ins ohr:
nieman lebet sô siecher,   im möhte wol gezemen (gefallen)
hœren sîne (Horants) stimme,   diu gêt ûʒ sînem munde.
Gudr. 383, 3;
(herren) us deren mund kein gut wort gat. Keisersberg brös. 2, 73ᵃ; wenn diesem jungen menschen nur ein wahres wort aus dem munde ginge. Göthe 20, 16 (s. auch 36, c, ε);
schrîet, daʒ mîn smerze
mîner frouwen herze
breche und in ir ôren gê.
Morungen minn. fr. 146, 9
sondern auch vom klange für sich:
dâ saʒ ir megde eine,
geheiʒen ouch Elizabêt,
als ouch der frouwen (herrin) name gêt.
heil. Elis. 8894;
mîn sanc gât dir vür din ôre (vorbei).
MSH. 1, 154ᵇ;
dann so er sicht den pfeningsack,
der gat im ouch dick umb die oren,
durch den er worden ist zuͦm doren.
Brant narr. 52, 9,
d. h. er musz ihn oft hören (als vorwurf), der mann der eine reiche frau genommen hat; uf disse red sol ein büchsenclapf, als ob es ein tonner wäre, usz dem himel gan. Mones schausp. d. m. 2, 248, bühnenweisung. vom klang einer sprache: die teutsch sprach, und voraus die sächsisch und niederländisch, vergleich sich fast (sehr) in allen dingen griechischer zungen, gehet fast auf die griechischen art. Avent. chr. 25ᵃ, d. h. von urverwandtem 'anklingen'. worte gehn, z. b. beim handeln auf dem markte, s. Frank unter 15, i.
d)
auch vom wortlaut, inhalt z. b.
α)
eines eides: und der eit gêt alsô (er hat zu beschwören), daʒ im derselbe man schuldic sî u. s. w. Freib. stadtr. Schott 3, 158; alsus geit der eid, den der burgermeister mid sinen kumpanen thun sal zu dem rathe. Leipz. stadtb. 14. jh., mitth. d. deutsch. ges. 1, 114; so bidde he enes ordels to lenrechte, wo (wie) sin ed gan scole. richtst. lehnr. 10, 7, Hom. Ssp. II, 1, 437; vergl. die urteil gen hören 30, c. eine geschichte:
ein histori in persischer sprach ...
geht von eim türkischen soldan,
der nam u. s. w.
Ayrer 1855, 17.
noch jetzt wie geht die geschichte an? oder weiter? oder aus (zu ende)? aber auch blosz gehn z. b. von dem wortlaute eines liedes, auf das man sich nicht gleich besinnen kann: wie geht das lied gleich? wie von der melodie u. a, schon mhd.: auf disses sang man aber ein gut lied von frauwenzuchten .. das lied ging also (folgt der anfang). Limb. chron. 23 R.
β)
früher auch vom zeugnis, urtheil, klage u. ä.: weil euer zeugnis so gut von ihm gehet. Luther br. 3, 149, lautet, doch zugleich mehr innerlich, dem inhalt nach, wie vom urtheil, jetzt ergehen, eigentlich ausgehen, in wirkung treten, zur geltung kommen (s. u. 30); das urteil gon laszen, judicium facere. Maaler 189ᶜ; ein richter:
darumb sprich ich das zum rechten (als recht),
das ir pald sollet umb sie fechten ..
nit anders sol mein urtail gan.
fastn. sp. 392, 19.
klage geht, ergeht, vor gericht, wird vorgebracht:
da manche klag nun war gegangen,
thet Reinicken auch anefangen,
entschuldigt sich ..
Reinicke fuchs 1583 J 4ᵇ.
γ)
so geding, bedingung, vertrag: darnach sol unser geding also gehen .. die weiszen schaf und was u. s. w. sol dein sein, was aber bunts geboren wird, sol mein lohn sein. Luther bei Dietz 2, 33ᵇ.
δ)
noch anders vom dichterwort und seiner wirkung:
so solltest du ein wort von meinen händen lesen,
das auch dem donner würd' an wirkung gleiche gehn.
vergl. gleiche gehn anders Fleming 24, g.
e)
ähnlich und doch wieder anders im schulgebrauche: das wort geht nach der vierten (declination), richtet sich nach ihr, vergl. u. 24, f; tradere geht wie reddere u. ä.; das ist gewiss alt, obwol es im schreiben gern als zu gewöhnlich gemieden wird: wie etliche (zeitwörter) gar auf zweierlei art gehen, kan aus dem folgenden register gesehen werden. J. Bödiker grundsätze der teutschen sprache, h. v. Frisch (1729) 145; die regelmäszige (conjugatio) ist in den verbis, so nach der gemeinen art gehen. 131, und wie das gedacht ist, zeigt ebenda: die anomalische ist in verbis, die von der gemeinen art abtreten, ihr nicht 'nachgehn'; nachstehende verba gehen eigentlich nach der ersten schwachen. J. Grimm gramm. 1, 885 (1822). ein wort geht stark, schwach heiszt es nun auch.
21)
Überhaupt geht der begriff der bewegung dabei so manigfach aus dem sinnlichen oder sichtbaren ins gedachte, unsinnliche, nur empfundene über, dasz es unmöglich ist die fälle zu erschöpfen.
a)
der verschiedene wert z. b. wird nicht blosz nach der rangordnung beim öffentlichen aufzuge vorgestellt als ein vorgehn, nachgehn (7, e), sondern auch mehr begrifflich als ein auf und ab steigen wie auf einer leiter oder stiege, ein auf und ab gehn; ein leichtsinniger z. b. singt von seinen schulden:
die parschaft mein,   was mir gaht ein (s. 19, e),
zahl ich nicht bald (d. h. gleich) zu zeiten.
die fahrend hab   gaht auf und ab,
ich habs auf andern leuten.
Garg. 89ᵇ (Sch. 154),
d. h. ich warte die beste zeit ab, weil der geldwert steigt und fällt, wie jetzt die actien u. ä. im börsenzettel hinauf und herunter gehen; dort wird aber die alte vorstellung vom glücksrade (vgl. 33, b, γ) dahinter stehen:
geluckes rait geit up unde neder.
Hagen cöln. reimchr. 1769;
vergl. von getihtes lop (ehre und ansehen der dichtkunst), das muoʒ abe gân Konr. Parton. 74, sinken, 'herunterkommen' aus ungunst der zeit. s. auch 36, d, β es geht auf und ab.
b)
in demselben bilde: eins geht über das andere, an wert, bedeutung, kraft u. a., z. b.:
ja, übers leben noch geht die ehr'!
Schiller Wallensteins lager 11. sc.,
vgl. u. 7, e ehr gehet für gut (16. jahrh.), eigentlich: weiter als das gut, ragt noch vorn darüber hinaus (vgl. Reinmar nachher), also eigentlich anders als mhd. vor dem guote ebenda;
und des kammes geruch ging über nelken und zimmet.
Göthe 40, 170,
war noch köstlicher, nd. wol rukende boven alle cinamomen Rein. vos 4969; es geht nichts über ein paar pantöffelchen von so feiner, schöner arbeit. 29, 169 (lehrj. 5, 5); ich sah ganz anders, ich sah mehr als sonst, und was über alles geht, ich sah was ich noch zu tuhn habe, wenn ich was sein will. d. j. Göthe 1, 36, was das höchste ist, am höchsten steht u. ä.; auch mit dat. der person:
es ging ihm nichts darüber.
Göthe 1, 187,
wie das geht mir über alles, das steht mir über allem, steht mir höher u. ä. übrigens auch anders als preisend, z. b. das geht übers bohnenlied (s. d.), über die hutschnur, über die pappelbäume (hess.), über die bäume, über die puppen Frischbier preusz. sprichw. 2, 59, über den besenstiel (thür.), ist zu arg o. ä.; das geht über alles da gewesene, an keckheit, ist unerhört, überragt alles, vgl. von wirklichem überragen u. 18, e. mhd. für daʒ zil, über das ziel und masz hinaus:
ich erkante (habe kennen lernen) mâʒe vil der sorgen ê,
disiu sorge gêt mir für der mâʒe zil.
Morungen minn. fr. 138, 8.
c)
auch die pflicht u. ä. geht hoch, wie an einem gradmesser abgemessen:
mein groszer freünd, bedenket,
was wir den eltern doch zu leisten schüldig sind,
wie hoch geht unser pflicht!
Rist Parn. 643.
vergl. so weit geht meine verpflichtung nicht u. ä. 18, k, ein erstrecken nach vorn statt in die höhe.
d)
ein weit gehen ist auch folgendes ganz begriffliche gehn in ganz sinnlicher fassung: seine schulden gehn in die tausende; die sprache dieses theiles (von Cronegks lustspiel) geht beinahe in das erhabne. Gellert (1839) 8, 101, das erhabne wie ein gebiet vorgestellt, in welches die sprache hinüber tritt, hinein geht; die theilung des raumes geht ins unendliche. Kant 8, 491; daher sie bei allem anschauen der natur, ja nachahmung derselben, ins abenteuerliche gehen. Göthe 44, 232, die altdeutschen künstler, eigentlich ihre kunst; die vermehrung der herden ging ins unendliche. 24, 213, wie eine linie, die sich da verliert; eine ins grosze gehende anstalt. 17, 71 (wahlv. 1, 6); das geht mir ins unglaubliche, was einer erzählt, ins bodenlose, auch mit kraftwort ins aschgraue u. ä., auch das geht über meine kräfte, meine begriffe, meinen horizont, das fasse ich nicht. dem ins abenteuerliche gehen entspricht schon älteres, z. b.: Xantus ward betrübt von den worten und gedacht von erst in im selber: weder gond díe in die aberwitz? oder ich? Steinh. Äsop 17ᵃ, betreten den bereich des wahnsinns (vgl. dazu 25, b).
e)
ähnlich und doch anders mit über, z. b. da geht der witz (der zu weit geht) in unsinn über, auch sinnlich, sichtbar, fühlbar das rot gieng unmerklich in blau über, die dämmerung gieng schon in dunkel, in nacht über, die wärme in hitze, seltner ins blau, in die nacht, während beim vorigen der art. nie fehlt; vergl. im 16. jh.: der mund und die augen gehndt in ein gällische farben. Parac. 1, 517ᵃ, beim gallenfieber (jetzt fällt ins gelbe). am ende aber geht der witz auch in unsinn auf oder unter. man sieht aber da, wie vorher schon öfter, dasz endlich jede veränderung als eine bewegung vorgestellt wird, diese aber als ein gang; s. z. b. unter 16, f.
22)
So geht denn auch die zeit, diesz gefäsz aller veränderung; schon goth. anagaggan ἐπέρχεσθαι Eph. 2, 7 (vergl. unter b). von den dingen in der zeit s. 35, a, auch es geht 36, e.
a)
wie sich das sinnlich selbst darbot, zeigt z. b.:
swanne der winter abe gînc
unde der sumer ane gînc (seinen gang antrat).
Alex. 5094 W.
so geht die sonne (13, g) und mit ihr das jahr, aber auch der tag, wie mit mond und sternen die nacht, mit den sonnen aber die jahre, die zeit; z. b.:
des (der gefahr) erlât mich disiu liebiu naht ...
dâ nâch gêt ein swære tac ..
Iwein 7411,
jetzt kommt (heran, an uns), mit gêt ist die bewegte reihe an sich gedacht. vom ablauf des jahres:
her, ich (Parz.) erkenne sus noch sô,
wie des jârs urhap gestêt
noch wie der wochen zal gêt.
Parz. 447, 22.
die zeit geht rasch, langsam (auch schleicht). vgl. kommen und gehn V, 1631, 'das jahr kommt und das jahr geht' gleich jahr ein jahr aus Pestalozzi 3, 312, vgl. mhd. ein umbe gêndeʒ jâr, d. h. ein ganzes jahr (vgl. lat. annus vertens, griech. περιπλομένων ἐνιαυτῶν):
daʒ ich sie (in der ehe) maget wolde lân
und kiusch ein umbe gêndeʒ jâr.
Heinr. v. Fr. Trist. 1079.
b)
gewöhnlich mit ausmalenden zusätzen, z. b.: wenn die nacht hergehet. Luther 4, 310ᵇ;
in (während) der red ging daher die nacht.
Teuerd. 45, 88;
es get ein frischer summer daher.
Uhland volksl. 79 (kumt 378);
es get ein frischer sommer herein (ins land).
27, 63;
dieweil herzu geht die kampfstund.
Ayrer 2009, 2;
es geht daher die morgenröt.
H. Sachs III, 1, 6;
nun geht der hauszins auch daher (der termin zum zahlen).
IV, 3, 35ᵈ.
den beginn bezeichnet auch an:
eʒ geet ein kalter winter an,
eʒ geet ein kalter winter her.
Haupt 5, 417,
mhd. nu gienc ouch diu naht an Iw. 3904, eigentlich an den himel, noch im 15. jahrh. als formel erhalten: der banwart sol ûf stân, sô der tag an den himel gât. weisth. 4, 278, d. h. wie die sonne, auch dô der tac ûf gie Iw. 4820. jetzt nur begrifflich gefaszt das jahr geht an und aus, auch zu ende, mhd. auch:
dô di zît vollengînc.
Alex. 5188.
c)
das verstreichen der zeit (streichen rasch gehen, reiten u. ä.) heiszt hin gehn, d. h. eigentlich von uns fort, in den hintergrund, auch dahin: mach dir die zeit nütz, oder sie geht wie der schat dahin. Frank spr. 1, 99ᵇ, aber auch daher, einher: die zeit geht daher, labitur. Aler 869ᵇ; mhd.:
daʒ ir der âbent wære   mit vreuden hin gegangen.
Gudrun 375, 3;
im gienc diu zît mit vreuden hin.
Iwein 3051;
alsus gêt diu zît von hin!
MSH. 3, 30ᵇ.
auch das gewöhnliche vergehn ist eigentlich vür gân (vgl. 34, e), d. h. an uns vorbei, auch mit acc. vür einen gân, daher auch einen vergân, an ihm vorbei gehen (noch nhd. einen vorbei gehn), nicht achtend, z. b.:
alsô vergie mich diu zît.
Reinmar 155, 25,
wie von der geliebten, die seiner nicht achtet:
zallen zîten fürht ich daʒ si mich vergê.
173, 36.
auch fürüber, d. h. zugleich über uns hin, wie eine hohe gewalt (vergl. von einem unwetter 13, f): thuͦ bald was du thuͦn wilt, dasz die recht zeit nit fürüber gehe. Frank spr. 2, 173ᵇ. vgl. unter 11, e eine frist, gelegenheit gehen lassen, unbenutzt verstreichen, jetzt vorüber (gehn) lassen. aber auch vom manne selber: gêt hê ubir daʒ hinwec (die gesetzte zahlungsfrist) unde leistet des geldes nicht .. Freiberger stadtr. 12 (Schott 3, 196), also die zeit, frist stehend und der mann gehend gedacht, wie sonst umgekehrt, und die zeit unter ihm, er über ihr, aber es ist ja nur ein zeitpunkt, er behandelt ihn eben nicht als hoch und grosz.
23)
Auch das ganze menschenleben wird als ein gehen behandelt, als ein gang in zeit und welt; vergl. lebensweg, lebensgang, bahn (s. unter 32, a), auch mhd. schon, ganz allgemein: die böume gelîchent den liuten, und die liute den böumen. unde dâ von sprichet ein heilige: sie gênt sam die böume. Berth. 158, 16 (Kl. 163), es geht mit ihnen wie mit den bäumen.
a)
als gang in der zeit, z. b.: wir gehen einer ernsten zeit entgegen, die aber auch auf uns zukommt (vgl. zukunft), sodasz sich beide auf einander zu bewegen:
so schleich doch unvermerkt, du sonst beliebte nacht ...
ich kan dir nicht wie sonst mit wein entgegen gehen.
Günther 631 (bei der wiederkunft der nacht);
ey! ey! da bist ja wieder (der frühling)! ..
und freun wir uns so herzlich,
entgegen dir zu gehn.
Schiller I, 271.
so geht der alternde ins alter (vergl. kommen 26, b), und das alter kommt auf ihn zu: daʒ dem pfärd sein zend weiʒen (weisz werden), wenn eʒ in daʒ alter gê. Megenb. 136, 31;
wen schir das alter her will gohn,
so hab wir frum zu werden zeit (die rechte zeit).
Ayrer 3169, 24.
man geht aus einem jahre, das man 'zurück legt', und in ein neues: in dʒ ander jar gon, annum secundum agere. Maaler 190ᵃ; da ich aus dem pennaljahr gangen. Schuppius 245, aus der schule kam; ich gieng dermals ins 25. jar. Mathes. Luther 62ᵇ; er geht nun in die achzig. auch mit an, von der annäherung an das neue lebensjahr: Diogenes. bist du in der kindheit gestorben? der schatten. ich bin an achzig jahre gegangen. Bodmer disc. d. mahl. 4, 2;
dasz ich, eh ich noch gar an vierzig jahre geh,
schon am gewünschten ziel so vieler greisen steh.
Canitz 261.
auch vom wachsthum (vergl. in die ähren gehn 15, g): in sein jugend oder sterke gon, aetatem juvenilem capere Maaler 190ᵃ.
b)
das ganze leben als ein gang, weg: gatten, freunde gehen zusammen durchs leben, den lebensweg;
das thränenthal durchgehn.
S. Dach 305.
auch ganz sinnlich auf der erde u. ä. (vergl. gân unde stân so 5, a):
wol hundert jar vorgangen sint,
das uff erden Abraham gingk.
Alsf. pass. 1761;
wolt ihr es besser haben, als die zwei allervornehmste männer, die jemals auf erden gangen haben? Schuppius 308;
er meint, die welt könnt nicht bestehen,
wenn er nicht thät drauf herummer gehen.
Göthe 13, 72 (fastnachtsp.);
vgl. auf der grube gehn, als wäre sie, wo man auch geht, schon unter den füszen:
wie wol ich uf der gruͦben gan ..
mag ich myn narrheit doch nit lan.
Brant narr. 5 überschr.;
denn ich, als der ich nu auf der gruben gehe, wil dis zeugnis .. für .. Christi richtstuel bringen. Luther 8, 174ᵃ; welchs ist ein zeichen, das sie (die welt) nicht lange stehen kan und gar auf der gruben gehet. ders. bei Dietz 2, 44ᵇ. auch einfach z. b. im Göttingischen dei geit nich lange mer, der stirbt bald Schamb. 59ᵃ (vgl. dazu 12, f):
herr, bleibet immer stark,
geht manches jahr gesund und langsam in den sark.
Rist Parn. 571.
auch auf rosen, auf kohlen gehn u. ä.:
und was hier stets auf rosen geht ...
das wird in dir (dem himml. Jerusalem) nicht leben.
S. Dach 308;
ich bin nicht allezeit in der welt auf rosen gangen. Schuppius freund in d. not 420 (55 Br.). auf kohlen gehen, spinas calcare, in summo discrimine versari. Henisch 1426, auch auf dornen u. ähnl.; auf eitel hohen spitzen gehen, per urbium pinnas ingredi. ders., gleichsam als seiltänzer, nachtwandler.
c)
auch im einzelnen, wie vom eintritt ins leben: diu erd enpfæht den menschen, wenne er des êrsten in die werlt gêt. Megenberg 106, 24 (meist kommen, s. dort 16, a), vom ausgang: ain mensch der ûʒ dirre welt gât. Grieshaber pr. 1, 25, vom ziele und ende des lebensweges, früher auch faren:
ich far und weisz nit wahin,
mich wundert das ich frölich bin;
in unserer dumpfheit, da wir nicht wissen woher wir kommen noch wohin wir gehen. Göthe 16, 205, vgl. s. 15 (Werther) und V, 1631 seine klage gegen die natur;
woher ich kam, wohin ich gehe, weisz ich nicht,
doch dis: von gott zu gott! ist meine zuversicht.
Rückert weish. d. br. 8, 38,
vom tode, mit bestimmungen, wie den weg aller welt, alles fleisches gehn Adelung, auch einfacher dahin gehen II, 688 oder ganz einfach gehn (franz. s'en aller, vgl. 5, a):
di tusent jor erlebten (conj.) schon,
di muͤsten doch zuͦ letst ouch gon.
Brant narr. 85, 58,
vgl. v. 52 wann von dem lib die sel usz got, auch von dannen müssen, fort müssen u. ä.; mir wärs besser ich gienge. Göthe Werther 175 (d. j. G. 3, 343), vgl. s. 180 (347) die auffassung Wilhelms im prosaischen sinne, für die Werther doch dankt; mit tode abgehn, früher auch vergehn; Egm. wie steht es um Richard, meinen schreiber? Ferd. er ist dir vorausgegangen. sie haben ihn .. enthauptet. Göthe 8, 295;
sie fangen an zu singen
ein süszes grabelied, und gehn von diesen dingen
mit solcher fröligkeit ..
Opitz 1, 61 (Vielguet);
auch heim gehen (s. unter heim), in den himmel, s. 5, d Schuppius;
welcher well in den himmel gon,
der muͦsz all zitlich begierd verlon.
so werd ich schön und selig gehn
zum vater von der erden.
P. Gerhard 164 Göd.;
zur seligkeit eingehen u. ähnl., zur unsterblichkeit: landgraf Wilhelm ist es werth, neben dem heldenreichen stamme der Ernestinen zur unsterblichkeit zu gehen. Schiller VIII, 97, vergl. den weg der ewigkeit gehn Opitz 2, 143 (s. 3, a), auch zum christenthum durch die taufe Mathesius 5, e a. e. zum teufel gehen, noch in verwünschungen (auch von dingen). vom besitz eines herzensfreundes aber heiszt es:
mit diesem bundsgesellen
verlach ich pein und noht,
geh auf dem grund der hellen
und breche durch den tod.
S. Dach 708.
d)
auch von der art und führung unsres lebens: so gehet die welt, sic vivitur, ita nunc mos viget. Henisch 1428; der recht gehet, soll nicht zuruck sehen. 1435;
ja, wer durchs leben gehet ohne wunsch,
sich jeden zweck versagen kann ..
Schiller XII, 243 (Wall. tod 2, 2);
einfach gehst du und still durch die eroberte welt.
XI, 70 (der genius am ende).
schon mhd., z. b. ebene gân, geistlîche gân u. a.: all dî mit andâht ôn tôtsünde sint gegangen .. den wil ich geben daʒ êwig leben. offenb. des Ad. Langman 72, 27;
mîn junger herre (landgraf Ludwig von Thür.) ist milt erkant, man seit mir er sî stæte,
dar zuo wol gezogen: daʒ sint gelobter tugende drî.
ob er die vierden tugent willeclîchen tæte,
sô gienge er ebene und daʒ er selten missetræte.
Walther 85, 23,
missetreten, wie jetzt einen fehltritt oder falschen schritt thun (gebildet lieber franz. faux pas), noch völlig im alten bilde;
uns lêret geistlîche gân
und dirre welte willen lân
der guote sanctus Paulus.
Rud. v. Ems Barl. 102, 7;
wir volgen einander in blinden (so l.?) wîse
und gên ûf zwîveltrôstes (s. l.) îse.
Renner 3434 (vgl. eis 6).
maget gân, als jungfrau leben (vgl. sp. 2414):
ich wil ouch immer magit gân,
mir newerde der helit lossam (lustsam, herrlich).
kön. Rother 2231.
auch nhd. in manigfacher weise, z. b.: ain mensch in ainem closter, dʒ also anhin gat, es geet zuͦ capitel, zuͦ chor u. s. w. Keisersb. has im pf. b 3ᵈ, so gewohnheitsmäszig hin lebt;
das er sie (der vater die kinder) losz irr gon on straf (zucht),
glich wie on hirten gönt die schaf.
Brant narr. 6, 6;
das volk ouch irrt,
wo nit recht gat der hirt.
kloster 8, 883;
ir werdet fest stehen, nicht strauchlen noch sündigen, sondern richtig herdurch und frisch von statten gehen. Luther 2, 400ᵇ (von statten, 'von der stelle' kommen); weil er ... gieng in dem wesen, das gott gefiele, ward im die welt feind. 6, 180ᵃ; es were wol viel von dem elenden wesen zusagen, die jugent hat niemand der fur sie sorget. es geht ydes hin, wie es geht. an den adel M 3ᵃ; David gehet in deinem gehorsam. 1 Sam. 22, 14; sie giengen in allen geboten und satzungen des herrn untaddelich. Luc. 1, 6; wer aber in deinem befelh gehet, des werk ist recht. spr. Sal. 21, 8, vgl. wandeln, lebenswandel;
sein geweckter frommer sinn
wird in einfalt gehen.
P. Gerhard 165 Göd.
wie deutlich das einst vorgestellt wurde, zeigt gehn und stehn in derselben bed. 5, a (he stûnt unde gînk mit den besten, lebte in der vornehmen gesellschaft), besonders auch folgendes wec mhd.: ir sult ouch dar umbe niht tanzen an dem ruowetage (sonntage) oder spiln oder toppeln, daʒ ir niht ze tuonne habet. „wie, bruoder Berhtolt, du wilt uns den wec gar enge machen! .. wie suln wir danne tuon, daʒ wir den tac vertrîben?“ Berth. pred. 268, 33 (65 Kl.). auch in sein verderben gehen Frisch 1, 330ᶜ.
e)
auch mit zugesetztem weg ausgemalt, und so noch jetzt in frischem gebrauch (vgl. unter weg):
wer sein zeit musz darinn (in der alles tadelnden welt) vertreiben,
der musz sich nit anfechten lan,
dasz er der welt nit recht kan than,
sonder geh immer fürsich hin
den rechten weg und bleib darinn.
H. Sachs 1 (1590), 324ᵃ;
schau, wie die armut wont mit mangel,
wie geht sie so viel herter weg.
3, 548 K.;
o wie klug ist der sinn,
der diesen weg (der furcht des herrn) verstehet
und fleiszig darauf gehet.
da werd ich dem (lehrer) den dank bezahlen,
der gottes weg mich gehen hiesz.
Gellert 2, 230 (nach einer prüfung kurzer tage v. 10).
s. auch unter 3, c einen seines weges gehn lassen, thun lassen was er will, s. z. b. Wieland und Göthe dort seiner wege gehn, in der ehe; ach ich lasse gern die andern ihres pfads gehen, wenn sie mich nur auch könnten gehn lassen. Werther 1775 s. 121. s. auch sich gehen lassen 11, g.
24)
Auch von thun, handeln, gebaren, leben im einzelnen falle, wieder in groszer manigfaltigkeit; vergl. von schritten, die man thut, noch jetzt allgemein (vgl. mhd. missetreten unter 23, d). s. dazu 32 unser thun und treiben selbst als gehend.
a)
auch noch im anschlusz an das wirkliche gehn:
ich will dich (im geiste) sehen, wie du giengest,
wie traurig, wann ich abschied nahm,
wie zärtlich, wann du mich umfiengest,
wie freudig, wann ich wieder kam.
Haller 225 (auf den tod seiner Mariane),
deutlich: wie du dich hieltest, wie dein gebaren war, ganz wie schon ahd., mhd. z. b. in der frage Christi an die jünger, wie es komme, dasz
ir iwerêro worto   gêt sus drûrênto?
Otfr. V, 9, 13;
sehet, wie lieb hie en (er ihn) hat,
dasz hie dorch sin liebe gat
weinende also sere!
Alsf. pass. 2273;
es schlieszt sich an das gehen 7, a von kleidung, eig. äuszerer erscheinung. vom gebaren der leute, der ganzen welt im jungen frühling:
die welt geht wie im springen,
es freut sich was nur kann.
S. Dach 411 Öst.
ähnlich ist eigentlich auch folgendes unter sich gehn, sich herablassen, sich neigen, von der liebe, d. h. dem liebevollen: leszt er sich auch herunter, wie der liebe art ist, das sie unter sich gehet gegen dem nehesten, wie der glaube über sich feret. Luther 2, 417ᵇ.
b)
sicher gehen, im einzelnen falle den sichern weg wählen, vorsichtig sein, sich sichern, auch unangefochten gehn: fleisz (sorgfalt) geht sicher auf dem eis. Frank spr. 1, 17ᵇ;
leg wir (frauen) dann mannes kleider an
und main (für main'n) dest sichrer gan,
so pald sie erfarn einer oder zwen,
so wils keiner allein laszen gen.
fastn. sp. 388, 1;
wenn man sicher gehen will (beim hausbau), sollen die ziegel, ehe sie zum bau verwendet werden, ein oder zwei jahre an der luft und wetter liegen. öcon. lex. Lpz. 1731 sp. 2762;
er that, was wenige in seinem falle thaten,
allein, was jeder soll, der sicher gehen will.
Wieland 11, 11 (Musar.);
ich wollte sicher gehen und erlaubte (dem bräutigam) durchaus keine freiheit, als welche ebenfalls die ganze welt hätte wissen können. Göthe 19, 288. auch geistig: um in seinen aussprüchen am sichersten zu gehen. Kant 5, 114, vgl. mhd. der wârheit irre gên 25, b.
c)
vom verfahren und handeln im bestimmten falle, zu bestimmtem zwecke; schon mhd., wenn z. b. Thomasin gewissenloses gebaren der herren straft, die die treue ihrer diener zu schlechten aufträgen misbrauchen:
got gebiut uns tuon rehte,
sô gebiutich mînem knehte:
'tuo dem unde dem gewalt' ...
sô sprech wir zunsern liuten: 'tuot
swaʒ ir welt. ich gestên
iu wol bî, swie ir welt gên'.
welsch. gast 7910,
man bemerke: swie, nicht swâ, d. h. ziemlich wie noch jetzt: wie ihr auch vorgehen möget, gleich verfahren, das selbst eig. nichts als für faren, vorwärts gehn, procedere (s. fürfahren 9 und 11). nhd.: der stark und groszmütig ist, läszt von keins unfals wegen nach, sonder geht durch alle anstösz immer fort. S. Frank spr. 1, 22ᵇ, gerade durch (vgl. unter e). besonders mit adv., wie sicher (s. b), vorsichtig, behutsam, langsam, sachte gehn, mhd. samfte gân:
hete mîn bruoder Hagene   sîn wâfen an der hant
und ouch ich daʒ mîne,   sô möhten samfte gân
mit ir übermüete   alle Prünhilde man.
Nib. 421, 3,
zahmer auftreten hier am hofe. dem liebekranken wird geraten:
ey wol! geh behutsam nur,
dasz man nit komm auf die spur ...
wilt du handeln recht gescheid,
ey so gehe nicht so weit.
Simpl. 4, 321 Kurz;
ich wolte, dasz man von beiden seiten langsamer gegangen und mir zum wenigsten die sache erst kund gemacht hätte. Mosheim an Gottsched bei Danzel Gottsch. 104;
und selbst die tugend nimmt nicht alles so genau,
wenn man hübsch sachte geht.
d. j. Göthe 1, 209.
auch auf socken, auf fingerchen gehn, s. 7, f. der dichter führt sich das gehn auch wieder in voller sinnlichkeit aus, z. b. im gespräch zwischen Oranien und Egmont: O. wer sich kennt, kann sicher vor und rückwärts gehen .. es ist klug und kühn dem unvermeidlichen übel entgegenzugehen .. wir haben nicht für den leisesten fusztritt platz mehr, der abgrund liegt vor uns. E. ist des königs gunst ein so schmaler grund? O. so schmal nicht, aber schlüpfrig. Göthe 8, 224, wendungen die doch auch in der alltagsrede nun eindringen; er (der scherzende) musz überdiesz immer in den ketten gewisser zurückhaltungen gehn. Klopstock 11, 244. auch mit einmischung eines andern bildes, Antonio zu Tasso:
du gehst mit vollen segeln! scheint es doch,
du bist gewohnt zu siegen, überall
die wege breit, die pforten weit zu finden.
Göthe 9, 154 (Tasso 2, 3), vgl. u. 13, a.
ferner einem mit gutem beispiel voran gehen u. ähnl. (vergl. S. Frank unter e), mhd.:
nu gât er uns doch harte vaterlîchen vor,
wir volgen ime u. s. w.
Walther 33, 13.
d)
krumme wege, schleichwege, umwege gehn u. ä.:
darumb bin ich gegangen mangen krumben gank,
ê daʒ ich diu mære sô rehte 'ervâren' hân.
MSH. 3, 312ᵇ.
auch blosz krumm gehn (vgl. unter e):
der geht sehr krumm, der stets die höchste macht (gott) will richten!
krumm geht, wer laster lobt, und tugend kan vernichten.
A. Gryphius 1, 448 (Papin. 5, 232).
auch einen mittelweg, den wahrheitsweg u. ä., schweiz. den gutzelweg gehn den leuten schmeicheln (s. kitzeln I, 4, a. II, 3, b) statt die wahrheit zu sagen: was wär aber darusz erwachsen? dʒ ouch mine nachkommen (nachfolger) glych den gutzelwäg gangen wärind wie ouch ich gethon hette (wie man verlangte), und wär alle dapfergheit der leer zuͦ eim schmeichlen verkert worden. Zwingli vom predigamt D ijᵃ. den umwegen, die man geht (oder sinnlicher 'einschlägt', was man jetzt vorzieht), entspricht umgéhen, z. b. schwierigkeiten, eigentlich hindernisse im wege, denen man aus dem wege geht (s. 8, e).
e)
dagegen den rechten, geraden weg gehn, auch gerade aus, gerade darauf los (8, h), gerade durch u. ä.: der recht voran geht (führt), dem geht man recht nach. Frank spr. 1, 20ᵃ; wenn gott zürnen wil .. ist kein irrthum so grob, der teufel gehet damit hindurch. Luther 6, 317ᵇ, zugleich: kommt durch (5, d); ir werdet .. richtig herdurch .. gehen. 2, 400ᵇ, von den frommen (s. u. 23, d); sie aber rund durch gienge und sagte, ihr name wäre Justitia. Philander 1, 31, ohne 'umschweife'.
f)
auch einen schritt gehn, sonst thun: Ferd. (zu Egmont). dú kannst dich fassen .. den schweren schritt (gedr. streit) an der hand der nothwendigkeit heldenmäszig gehn. Göthe 8, 293, den letzten, zum tode, in den tod gehn; s. dazu gehen gleich schreiten 1, a. b. auch gehen und .. in diesem sinne:
den aber, der da gehet
und suchet meinen tod.
P. Gerhard 180 Göd.,
der auf meinen tod ausgeht.
g)
auch von bestrebungen und thun im groszen, z. b.: woher kömmt es also, dasz diese jenen (die neuern dichter den alten) nicht gleich kommen können? gehen sie vielleicht nicht auf eben dem wege einher, auf dem die alten giengen? oder, wenn sie auch, wie jene, den weg der natur betreten, gehen sie ihn vielleicht nicht mit gleichen kräften, mit gleicher vorsichtigkeit u. s. w. Gellert 5, 264;
mitleidig wollt er mich die kühnen wege lehren,
wo uns die welt nicht hört, doch künftge welten hören ..
'du siehst, wo Opitz ging' ... voll zorn verliesz er mich.
Lessing 1, 173;
du gehst dem Opitz nach, du witterst Flemmings spuren.
eine laufbahn gehn J. Paul, s. 3, a, vgl. auch Freidank das. von den zwei wegen, die einer gehen wollte. einer bestrebung gegen gehen, dagegen auftreten als kämpe (vgl. kommen 24, c):
(heldenmut) der allem gegen geht, was wider warheit kümmt (jetzt geht, s. 29, a, β).
Logau 2, 7, 50.
auch vom gröszten thun und wollen, wie im politischen leben, in krieg und frieden, z. b.: in Deutschland ist zwar vieles controvers, aber es gehet alles wider den kayser. Gundling bei Moser von d. deutschen nationalgeist 26; es blieb ihm also nur die wahl, entweder dem kaiserthron von seinen rechten zu vergeben, oder mit dem pabst in den kampf zu gehen. Schiller IX, 239, vergl. von wirklichem kampfe (9, c):
wir wagten es, ein schwaches volk der hirten,
in kampf zu gehen mit dem herrn der welt?
XIV, 286 (Tell 1, 2);
Deutschland und Österreich gehen nun zusammen, auch hand in hand; ob Ruszland mit Frankreich gehen wird?;
was nicht zusammen geht, das soll sich meiden.
Göthe 2, 292 (die zudringlichen),
vielleicht zugleich nach 17, b (geht gleich paszt);
drum soll der sänger mit dem könig gehen,
sie beide wohnen auf der menschheit höhen.
Schiller jungfr. v. Orl. 1, 2;
'mit dem volke soll der dichter gehen',
also les ich meinen Schiller heut.
Freiligrath ges. dicht. 3, 32,
d. h. wie im kleinen leben, mit dem einfachsten oder kinderbilde, z. b.: was du auch vor hast, ich gehe mit dir; nein, da kann ich nicht weiter mitgehen; vgl. dazu 7, d, besonders mhd. mit einem der triuwen gân, wie triuwe begân mit einem. von treue in getrennter liebe:
nein, ich will feste stehn.
sie, wie sie mir verspricht,
wird auch mir gleiche gehn
und wanken nicht.
Fleming 530 (Lapp. 432),
vergl. er geht dir gleiche, in una serie ambulatis. Steinbach 1, 539 (vgl. 20, d, δ). sprichw. der nicht für sich gehet, der gehet hinder sich Henisch 1435, 59, stillstand ist rückschritt.
h)
besonders auch mit weit vielfach; wie vorhin nicht weiter mitgehen, so gehe nicht so weit Simpl. 4, 321 u. c, von dem, der gefährliche liebeswege geht, jetzt auch gern noch deutlicher im bilde wage dich nicht so weit vor, wie der krieger vorm feinde u. ähnl., bildlich von allerlei thun und streben: zu weit gehen, exorbitare, dabei die stern können nicht zu weit gehen ('exorbitare') Aler 867ᵇ; auch vom gebaren, gesinnungen, reden, meinungen: er läugnete auch nicht, dasz der verstorbene im hasse gegen seine familie vielleicht zu weit gegangen sei. Schiller IV, 275, 14; es kann sein, dasz einige in ihrer hochachtung gegen diesen oder jenen dichter und redner unter den Griechen und Lateinern zu weit gehen. Gellert (1784) 5, 262; er gieng so weit, zu behaupten u. dgl. in unbegränzter ausdehnung, auch eine weitgehende behauptung, weiter gehende bestrebungen, auch zumutungen u. ä., s. dazu 18, k, auch vom denken 25, b. kann man sich wol denken, dasz die verblendung so weit gehen sollte? Adelung. die sparsamkeit musz nicht bis zur kargheit gehen. ders.
i)
auch mit praep., an, auf, nach, von, vom ziel, zweck, richtung des weges, z. b. an eine aufgabe, ein unternehmen gehn (s. 9, d):
(der weise) der mit gelassenheit, nicht stoisch aufgebläht,
an sein bestimmtes leiden geht.
Uz 1, 228.
mit auf (s. auch k), wie auf beute u. ä., so auf pracht und ehre gehn Opitz 1, 26 u. ä. (s. 9, b, vgl. 29, a), jetzt ausgehn; auf etwas gehn, urgere, instare, incumbere. Schönsleder T 1ᵃ; aus den religionsunruhen in Solothurn 1533 heiszt es:
uf einen donstag es beschach,
das man den lutherschen anschlag sach (an den tag kommend),
daruf sie lang sind gangen.
Soltau 2, 146, Lil. 4, 65ᵇ;
auf wolfeil gehn (geben, verkaufen) gaht jederman,
und ist doch ganz kein werschaft dran.
Zarnckes Brant s. 51ᵇ anm.;
und wie das leid in unmuͦt steht (unbeweglich),
also die freud auf kurzweil geht.
Fischart gl. schiff 142.
mit in: in ein vertrag gon, conditionem paciscendi accipere Maaler 189ᵈ, jetzt eintreten (auf verhandlungen); in ein anstand des kriegs gon, inducias inire. das., jetzt eingehen; s. auch 25, c. mit nach (8, g), jetzt fast nur noch nachgehn mit dat., nachtrachten, doch auch noch, von der richtung: ich gehe genau nach meiner instruction, nach der ordnung, reihe, regel u. ä. (vergl. das grammatische gehn nach ... 20, e), auch nach gunst gehn statt nach verdienst, beim austheilen, nach geld gehn beim freien. mhd. auch vom ziele:
mîn herz nâch ander minne gêt.
Parz. 606, 21.
mit von, den gemeinsamen weg verlassen, z. b.: so hab ich mich ganz gehalten gemesz wie es die löblichen rehte mit mir geschafft (vereinbart) haben, und bin vom vertrag nicht gangen. Eck bei Luther 1, 161ᵃ (wie dän. gaae fra sin ord, sein wort brechen), hochd. jetzt abgegangen, d. h. wie bei ausgehn u. a. vorhin, mit verstärkung des verblassenden bildes, z. b. ich weisz wozu ich verpflichtet bin und davon geh ich nicht ab (auch lasse mich nicht abdrängen u. a.).
k)
die richtung wird aber auch mit auf bezeichnet (s. auch 29, a), z. b.: er geht in allen dingen auf die wahrheit. Weber 333ᵇ; ich gehe nur dárauf, er hat mir versprochen u. s. w., richte mich nur danach, habe und halte das fest im auge, also im grunde wie bei dem auf oben; das ists worauf er gehet oder fuszet, that is his ground or moving reason. Ludwig 716; auf dieses ist nicht zu gehen, hoc nullius momenti est Frisch 1, 330ᵇ; darauf ist nicht zu gehen, man kann sich nicht darauf verlassen Adelung; ich gehe auf ihn, nitor ipsius autoritate. Aler 869ᵃ, wo für das ziel doch mehr der grund und boden eintritt.
l)
auch von 'schritten' im einzelnen, die man thut, z. b. an den rath, an die landesregierung gehen, sich mit einer klage oder bitte an dieselbe wenden Adelung, besonders vom sog. instanzenzug: ich gehe bis an den kaiser, wenns alles nichts hilft, u. ä.; vgl. von den angelegenheiten selber 33, d, besonders unter γ mhd. lênunge gêt an den keiser.
25)
Es ist aber längst auch in den geist und in die gedanken versetzt, d. h. deren thun und verfahren als eine bewegung aufgefaszt.
a)
man geht auch in gedanken (vgl. 12, a und gedanke 11, a, auch 9, b): wir sehen nur immer eine seite, an der wir uns bald satt gesehen, und deren allzuschneidende auszenlinien uns gleich an die täuschung erinnern, wenn wir in gedanken um die übrigen seiten herumgehen wollen. Lessing 7, 98 (hamb. dram. 22. st.), von dem mangel der rundung, des körperlichen in den bühnencharakteren; man könnte freilich von allen seiten herumgehen, um den gegenstand aus allerlei gesichtspunkten zu betrachten. allein man setzt sich auf dies oder jenes wort (philos. schulwort) als eine alte ruhestäte und sieht — was alle menschen vor uns sahen. Herder fragm. (1767) 3, 48, von der philos. schulung des denkens. allgemein heiszt es z. b. wenn ich in gedanken die reihe durchgehe u. ä. schon mhd.: auch di menschen, dî niht dar gênt mit wallen (wallfahrt nach Aachen), dî dar gênt mit irem gepete und gern (wirklich) dar gîngen .. offenb. der Ad. Langmann 52, 9; und gênt mit irem gepet dar andêhticlîchen. 52, 16, mit betenden gedanken; auch vom ganzen geistesleben: die wîle er ûswendig der sêle ist (vgl. 28, a), das ist die wîle er mit sînen sinnen und vornuft ûswendig umb gêt und nit in sich selber kêret und lernet erkennen sîn eigen leben, wer und was er sî. theol. deutsch c. 9.
b)
unser denken als weg, auf dem wir 'der wahrheit nachgehn', schon mhd., gewiss älter (vergl. a. e): doch sagent sumelîche liute, die der wârheit irre gênt (vgl. u. 8, a), daʒ sich eigenschaft hüebe (knechtschaft begonnen habe) an Kayn. Schwabensp. 256, 4 G. (im Ssp. III, 42, 3 irre varen), vgl. der rede giengen si dô nâch. Iw. 4153; weiter gehen (vgl. 24, h):
so listig schützt sich eure tücke, denn lernten sie zu viel verstehn,
so habt ihr furcht, sie möchten endlich mit schlusz und denken weiter gehn.
ein geist, der auf dem pfad, den man vor ihm gegangen,
nicht weiter kommen kann ...
Lessing 1, 168,
der das bild oft und ausgeführt anwendet, s. z. b. 11, 463 von dem weg links und rechts, den er vorauslaufen will, um zu sehen, wohin sie beide führen, dann so sind wir wieder im geleise; das unvollkommenste werk, das ein sterblicher schrieb und in dem er dir ('groszes wesen') nachzusinnen, nachzugehen wagte. Herder ideen, vorr. a. e.; herr A. v. J. ist nicht weit von der gewöhnlichen methode abgegangen. er setzt aus (gleich geht aus) von dem allgemeinen schicksal, geht alsdann auf den menschen .. über .. Göthe 33, 102, auch methode, μέθοδος ist ja eigentlich der weg, richtweg dem man nachgeht; auf eben diesem wege gingen die alchymisten fort. 53, 129; die naivetät, womit Kircher um die sache herumgeht. 206; wie zufrieden ich bin .. auf meinem wege fortgegangen zu sein, da es nun scheint, als wenn wir, nach einem so unvermutheten begegnen, mit einander fortwandern müszten. an Schiller 17. aug. 1794, vgl. auch: mein inneres leben geht unverrücklich seinen gang. an frau v. Stein 1, 215; aus einem mittelpunkte, wo er (Schuberth) seine sämmtlichen menschenkräfte gar einig beisammenhält, geht er aus nach allen seiten u. s. w. an staatsr. Schultz 217;
willst du ins unendliche schreiten,
geh nur im endlichen nach allen seiten.
werke 2, 228.
der forschende geht einer sache auf den grund, in die tiefe (tiefgehende forschung), auf die quellen zurück, in die breite u. a. auch von schwierigkeiten ist die rede, die man umgeht, denen man aus dem wege geht (ausweicht) u. ä., von neuen, noch nicht versuchten bahnen auf denen noch niemand gegangen, von irrwegen auf denen man fehl geht, von denen man umkehren musz; 'wir werden nicht irre gehen, wenn wir annehmen oder mit der annahme' (zeitungsdeutsch) u. s. w., auch noch sinnlicher: ich trete zu meiner materie (nach den einleitenden bemerkungen). Abbt 4, 64, d. h. das bild vom gehn und wege wird in vollster sinnlicher manigfaltigkeit zum ausdruck der bewegung des gedankens gebraucht, wovon die ausführung unter weg gehörte (vgl. gang III, 2, b). wenn Herder vorhin (gott) nachsinnen mit nachgehen deutlicher macht, so ist sinnen ursprünglich wirklich eben gehen, ahd. sinnan proficisci, tendere. s. übrigens auch in die aberwitz (wahnsinn) gehn 21, d a. e.
c)
früher auch gehen in, durch, wie jetzt eingehen, durchgehen, mit denken (und reden, s. d): müsten wir zu gleich in alle ihr öffentliche misbruch gehen. Melanchthon apol. 182 im corp. doctr. chr. Lpz. 1560, uns darauf einlassen (auch darauf eintreten); wir wollen durch der zeugen person (pl.) gehen und deliberiren, was wir von eines jeden wissenschaft halten. Ayrer proc. 2, 6; gehe durch die alte historien, du wirst finden .. Schuppius 228; damit sich jederman lerne erkennen, so gehet Christus in unserm evangelio durch alle stände und giebet einem jeden seinen text. 640; ich will ordentlich in die sache gehen und zum allerersten anzeigen .. J. G. Hesz zuf. ged. üb. d. heldeng. der Messias Zür. 1749 s. 30. einer sache auf den grund gehen Adelung.
d)
ebenso vom sprechen, ausgesprochnen denken, wie schon u. c zugleich; der lehrer z. b. geht (oder nimmt) etwas durch mit dem schüler u. a.; der erzählende geht weiter, zu etwas anderem über, übergeht (überspringt) etwas, geht rasch darüber hin u. a.; auch diesz schon mhd., gewiss älter:
hiemit sollen wir fürbas gan.
Büheler königst. v. Fr. 6034.
auch im gegensatz hier wollen wir für jetzt stehn bleiben, wo sind wir stehn geblieben? ebenso beim lesen: als mir diesz büchlein in die hände kam, schlug ich es .. auf, gerade in der mitte, und las die sechs stanzen der beiden seiten. diese zogen mich an und nöthigten mich vor- und rückwärts zu gehen. Göthe 45, 225.
e)
auch die gedanken selber gehen (vgl. gedanke 12, c), wie der geist, verstand (vgl. gang III, 2, b): der verstand geht in diesem denken ganz mechanisch seinen angebohrnen gang. Fichte sittenl. 140;
es wollen die gedanken (im rausch)
nicht richtigs weges gehn, sie wollen immer wanken.
oft ist eines verstand nicht daheim, wenn es zeit ist, musz man die gedanken heiszen heim gehen. Lehmann flor. 1, 133, d. h. in sich gehen (28);
wär ich der gedanken los,
die mir herüber und hinüber gehen
wider mich!
Göthe 12, 200 (Gretchen im dom);
gedanken gehn uns durch den kopf (sinn), im kopfe herum, auch es geht mir u. s. w., s. V, 1761 m., auch das ding geht mir im kopfe herum. schon mhd.:
nu begunden in die vrouwen
durch ir gedanke lâʒen gân:
er dûhtes alle drî getân
schône und sæleclîche.
Trist. 273, 15,
d. h. den vor ihnen sitzenden helden.
26)
Auch von mut (gemüt), sinn, seele.
a)
einem zu mute gehn, zu gemüte:
im gêt niht ze muote unser aller schephære,
er ist im vil unmære.
warnung 2240, Haupt 1, 499;
kaiser. rat uns, lieber herr marggraf von Paden,
was dunkt euch zu den dingen gut?
markgr. herr keiser, es get mir nit zu mut.
was ich ie guts riet zu euren sachen,
das west eur apt als pesser zu machen.
fastn. sp. 199, 23,
es geht mir nicht nahe genug, fast gleich geht mich nicht an (eigentlich an mich heran), er lehnt im verdrusz die innere betheiligung ab; vgl. das ding gehet mir nicht in kopf, non mi entra M. Krämer 519ᵃ, es will mir nicht zu sinn, findet gleichsam keinen eingang, es geht mir nicht zu herzen (27, c).
b)
in der seele, durch die seele.
in der bewegten seele ging mir auf und ab,
was alles ich heut zu erwarten habe.
Göthe 10, 10 (Elp. 1, 2);
lasz doch diese herbe schmerzen,
frecher sünder, dir zu herzen,
ja durch mark und seele gehn.
Brockes passion (bethl. kinderm. 1734) 313.
c)
ebenso, ganz sinnlich gefaszt, es gieng mir durch mark und bein, durch alle glieder, ein schreck sowol oder angst (eig. ganz sinnlich), wie ein schmerz, ein schriller ton u. a.:
und warf mich herab überzwerch,
dasz es mir gieng durch mark und ferch.
Mörin, Wack. leseb. 1829 1003, 34 (1859 1215, 22),
der schmerz und die erschütterung;
es gaht eim gar durch bain und mark,
so giftig sind die stich und stark.
Fischart flöhh. 884 Sch.;
Maria klagt beim leichnam Christi:
möcht ich din bittern dot entphaen,
das were mim herze süsze,
als dir der smerzen geht durch hend und füsze.
Alsf. pass. 6718.
ebenso aber ursprünglich durch das herz (vgl. 27, d), von der hochzeitsmusik zu Hechingen im jahre 1598 heiszt es:
ein solchen klang der saal da gab,
das ich mich hab verwundert drab.
wann der trommeter anefieng,
der klang eim durch das herze gieng.
Frischlin hohenz. hochz. 50.
mhd. auch mir gêt in mîn hirn, 'macht kopfschmerzen';
daʒ sêle baʒ veile (wolfeiler) sint danne birn,
daʒ unbilde gêt mir in mîn hirn.
Renner 10911.
d)
auch die seele selber geht (wie die gedanken) z. b. sehnend nach oder mit dem ersehnten, z. b. mit der geliebten:
meine seele gieng mit dir,
und kommt nicht zurück.
Seume 8, 54 (Adelaide);
o dann wählte die seele falsch,
und doch würdig! das webt keiner der denker auf,
was vor irren sie damals ging (nach Fanny).
Klopstock od. 1, 122 (an Cidli).
e)
in der seele gehn ahnungen u. ähnl.: es geht mir vor, praesagit animus mihi, es geht mir nichts guts vor. Schönsl. T 3ᵈ, Aler 869ᵃ.
27)
Auch sonst vielfach von bewegungen im herzen, ins herz, vom herzen.
a)
im herzen geht z. b. liebesleid:
mir gât eineʒ ime herzen,
dâ von lîde ich manegen smerzen.
minn. frühl. 85, 23.
b)
aus, von dem herzen geht (vgl. IV², 1215), was da verborgen lebt und sich äuszert, was aus der tiefe kommt, besonders von der wahrheit der empfindung:
eʒ gât mir vonme herzen,   daʒ ich geweine.
minn. frühl. 9, 13;
wie trûrich sie wiefen (wehrufend klagten)!
wie trûrich iʒ ûʒ ir herzen gienc!
Rother 380;
sô gie von herzen gar swaʒ mîn munt wider si gesprach.
Reinmar 162, 21;
maneger frâget waʒ ich klage
unde giht des einen, daʒ eʒ iht von herzen gê.
Walth. 13, 34;
gib, das nicht bet allein der mund,
hilf, das es geh von herzen grund.
was soll zu herzen gehen, das musz von herzen kommen in predigen. Henisch 1436; ach dasz ich thränen vergieszen könnte, die von herzen giengen! Haller tageb. 2, 227;
wie alt ist nicht der wahn, wie alt und ungerecht,
als ob dir, weibliches geschlecht,
die liebe nicht von herzen gienge?
Gellert fab. 1748 1, 70 (die zärtliche frau);
von herzen ging mir jener wunsch.
Schiller Wall. tod 2, 6.
Dorothea gelobt Hermann, da sie mit ihm geht:
alles was ich gelernt und was ich von jung auf gewohnt bin,
was von herzen mir geht, ich will es dem alten erzeigen.
Göthe 40, 318.
selbst geberden (beim tanz), ein angebotner trunk:
an worte statt sind liebliche geberden,
die zwar im takt, jedoch von herzen gehn.
Göthe 13, 227 (die romant. poesie);
ich brings euch, junker — trinket frisch! es geht
aus einem becher und aus einem herzen.
Schiller Tell 2, 1.
anders von einer sorge, einem druck auf dem herzen: ach wan ich es numen (nur) einem menschen gesag, so würd (wird) mir dester lichter (leichter), so gat es mir ein wenig von dem herzen. Keisersberg bilg. 88ᵃ. und noch anders, an die zuschauer des passionsspiels a. e.:
das enlat uch usz dem herzen nit gehen.
Alsf. pass. 8075,
haltet es im sinne fest. s. auch von kindern Rollenh. u. c.
c)
an, in das herz, zu herzen:
der heiden von dem gaste
eine wunden in ein bein enpfie,
diu im an daʒ herze gie.
Wigal. 195, 14,
d. h. ans leben, den lebenssitz, ze verhe gienc (Iw. 7234), dasz er schwach ward, vgl. durch mark und ferch unter 26, c;
dô der gast sîn ungemach (schlimme lage)
beidiu gehôrte unde gesach,
daʒ begund im an sîn herze gân.
Iwein 4509;
was der mutter an das herz gehet, das gehet dem vater nur an die knie. Neander spr. 31 Lat.; ich war damals ein junger mensch und liesz mir auch keine sorg über das knie, viel weniger an das herz gehen. Schuppius 133, zu über das knie s. Frank u. 13, d und zur vorstellung u. knie II, 1, f; gewiss nicht worte, es waren thaten die mir ans herz gingen. Pestal. 2, 116. ins herz:
swer hât bescheidenheit (klugheit) sô vil,
daʒ er âventiure wil
gerne merken und verstân
und im lât in sîn herze gân.
ritter Staufenberg 4;
die red gieng ir gar suͤsze
in ires herzen grund.
Uhland volksl. 859.
meistens mit zu (s. unter herz 4, f):
und hern Gâweins swester kint,
diu mir ze herzen gênde sint.
Iwein 4906;
nu wol ûf, alle die ich hân (mannen),
lât iu mîn leit ze herzen gân!
Dietrichs flucht 1588 (heldenb. 2, 81ᵃ);
oberkeit, lasz dirs zu herzen gan!
Liliencr. 3, 603ᵇ;
du must der andern geprechen und durft (not) dir zu herzen laszen gehen. Luther bei Dietz 2, 44ᵇ;
kinder sein lieb, kommen vom herzen,
gehn wider zu herzen mit schmerzen.
Rollenhagen froschm. I, 2, 6, 92;
wie denn ehre, tugend, glimpf und hoflichkeit mehr liebet und zu herzen gehet, dann wann eine mit lauter golde, sammet .. behengt were. Mathes. hochzeitpr. J 2ᵇ;
verschwiegne saiten, stimmt euch wieder ..
belebt mit tönen meine lieder ...
nur töne die vom herzen kommen,
nur töne die zum herzen gehn.
Haller 201.
d)
durch das herz geht sehnen, schreck, schmerz u. ähnl. (durch die seele 26, b): da sie aber das höreten, giengs inen durchs herze. ap. gesch. 2, 37; wir haben unsre liebe liebe Holk verloren. es ist mir recht durch das herz gegangen. Klopstock br. 331 L.; auch es gieng mir wie ein stich durchs herz u. ä.: es ward der alten angst, und gieng ihr ein stich durch das herz. b. d. liebe 211ᵈ; jedes wort, das sie sprach, ging mir wie ein schwert durchs herz. Göthe 16, 107. s. aber auch angst geht mir unter augen 31, a.
e)
dazu es geht mir nahe, eigentlich ans herz u. ähnl.:
mir gêt ze herzen ir klage
nâher denne ich ieman sage.
Iwein 1433;
sît si jehent, eʒ sî niht ein kinde spil,
dem ein wîp sô nâhen an sîn herze gê.
Morungen m. frühl. 138, 6.
aber früh auch blosz mir, und selbst ohne dat.:
nein, schœniu tohter, nein, lâ stân,
lâ dir diz niht sô nâhen gân.
Trist. 233, 40;
nû gît mir doch des bilde
dirre lewe wilde ..
daʒ rehtiu triuwe nâhen gât.
Iwein 4005,
'das ganze herz ergreift' (d. h. des treuen selber), vergl. nâhe gênde swære, minne u. ä. mhd. wb. 2¹, 286ᵃ. 285ᵇ;
denke nach, wie scharf es beisze? denke doch, wie nah es geh,
dasz ein sohn durch seinen vater zwischen furcht und unruh steh?
Lessings tod ist mir innig nahe gegangen. Klopstock br. 303;
wer in dem gestern heute sah,
dem geht das heute nicht allzu nah.
Göthe 4, 337.
s. auch vom stich des speers, der dem gegner vil nâhe gie Stricker unter 14, a, d. h. nur äuszerlich, nahe an den leib, und vom sieger selber:
der tiuvel in ze hant bestêt,
ir ieglîchem er nâhe gêt ..
umbe schulde er in twinget.
Haupt 1, 474 (warn. 1300).
auch nahe angehn, eigentlich mit acc., doch auch mit dat. nach dem vor.: Cramer geht mir so nah an, als ich mir selbst. Klopstock briefw. 247 Lapp.
28)
Dazu auch in sich gehn, eigentlich in sein herz; auch griech. εἰς ἑαυτὸν ἐλθεῖν, vergl. in sich kommen unter kommen 30, b, in sich kehren V, 421, diesz schon mhd., s. z. b. 25, a a. e., aber gewiss auch schon gên so. s. auch V, 546 sich erkennen für in sich gehn, sich kennen Liliencr. 2, 238ᵃ, sich erkennen 3, 606ᵇ. 4, 431ᵇ, sich bekennen Soltau 2, 193.
a)
in sein herz gehn:
dasz hie dem (der sünder dem teufel) moge widderstehen
und in sin selbes herze gehen.
Alsf. pass. 1143;
ir seid so erschrocken uber diesem wort, so ir höret 'ich (Christus) werde nicht mehr bei euch sein', das ir nicht gedenket (nachdenket) noch in ewer herz gehet weiter darnach zu fragen, wo ich doch hingehe. Luther 7, 180ᵇ, das herz als sitz des tiefsten denkens; wenn nu uber dich komet dis alles .. und in dein herz gehest .. 5 Mos. 30, 1; in einer ansprache der Neuberin an die Hamburger im theater:
geht selbst in euer herz, das wird euch deutlich sagen,
warum ich euch so frei die (rügende) wahrheit vorgetragen.
Devrient gesch. d. d. schausp. 2, 47.
b)
in sich gehn: tabescit, geet in sich selbs, wirt glich (d. h. wie) erschlagen in im selbs. Melber z 3ᵃ, von zerknirschung; zuͦ dem letsten gieng er in sich selber und gewan rüwen und laid. Oheim Reich. chron. 123, 18; das reich gottes ist in uns, darumb gehe nun ein jeder in sich selbs und geb seinem unmuͤszigen auslaufen (s. 25, a a. e.) die schuld, wenn er von gott und seinem wort nicht weisz. S. Frank de vanitate 120ᵇ;
vergnüge dich an dir .. schau alle sachen an,
disz alles ist in dir! lasz deinen eitlen wahn,
und eh du förder gehst, so geh in dich zurücke.
wer sein selbst meister ist und sich beherrschen kann,
dem ist die weite welt und alles unterthan.
Fleming 576, Lapp. 472 ('an sich');
ich erinnere mich .. dasz, wenn ich über einige vor jahren gestellete bücher, deren autor ein guter ehrlicher alter Teutscher, wiewol sonst ein schlichter mann gewesen, in mich gangen, ich mich fast mein selbst und unsrer zeit geschämet, wenn ich betrachtet, wie alles so deutlich, so nachdrücklich und dabei so rein und natürlich gestellet .. Leibnitz ermahnung an die Teutsche, weim. jahrb. 3, 104; das ist leider der einzige dinst und trost, so ich denen, so mir nahe und lieb sein, geben kan, sie in sich selber zu gehen machen und ihre eigene vernunft zu erwecken .. Elis. Charl. v. Orl. 3, 145; sie (die meisten menschen) wollen .. in zerstreuung gebracht werden, der strohm musz sie in der welt mit fortreiszen, damit sie nicht ruhig werden und zeit bekommen, in sich selbst zu gehen. Bodmer mahler d. sitten 1, 224;
dort suchte dich (Elisabeth) der schmeichler nicht. früh lernte,
vom eitlen weltgeräusche nicht zerstreut,
dein geist sich sammeln, denkend in sich gehn
und dieses lebens wahre güter schätzen.
Schiller M. Stuart 2, 3.
c)
dagegen aus sich heraus gehn, von einem der viel 'in sich lebt', verschlossen ist, zugeknöpft o. ä.: er geht schwer, geht nie aus sich heraus (vgl. auszer sich kommen V, 1669). anders nicht aus seinem charakter gehen, den kreis, den die angeborne art beschreibt, nicht überschreiten: rohe kriegsleute gehen wenigstens nicht aus ihrem charakter (d. h. wenn sie roh auftreten). Göthe 17, 260, wahlv. 2, 5. anders dän. gaa fra sig selv, wahnsinnig werden, vgl. auszer sich kommen.
29)
Auch dabei tritt aber das selbstgehen der dinge auf, wie in der sinnlichen welt (s. 12 ff.).
a)
wie z. b. die gedanken, der geist u. ä. (25, e), die seele (26, d), so gehen
α)
auch sorgen, wunsch, triebe, verlangen, zweck (absicht) u. ä. z. b. auf ein ziel (vgl. 24, k), darauf, wenn das ziel vorher oder nachher bezeichnet wird:
ich weisz noch wol die liebe zeit,
in der ich mich genug gefreut ...
mein sorgen gieng auf lust und scherz.
unserer natürlichen triebe, die auf die erhaltung des lebens, der gesundheit und anderer zeitlichen güter gehen. Gellert (1784) 5, 56; ein solches verlangen .. welches blosz auf die befriedigung unsrer sinne und unsrer einbildung geht. 4, 156; aller studien und wissenschaften zweck gehet dahin, dasz man erlerne was das nothwendigste ist. Schuppius 418;
so denket dasz der zweck des krieges einig gehet
auf eintracht und vertrag: krieg ist des friedens knecht.
Opitz 1, 52 (Vesuv a. e.);
da der zweck ihrer (der gehirntafeln) organisationen auf empfindung, auf glückseligkeit eines geschöpfs geht. Herder id. 1, 195, der zweck, eigentlich das auf den zweck (d. h. ziel, eigentlich nagel in der scheibe) gerichtete auge (und geschosz) des schützen, wie es bei Opitz gleich darauf heiszt: wer auf was anders sieht (eigentlich: visiert); in demselben bilde spricht man noch von absicht die auf etwas geht, d. h. eigentlich das zielen, das absehen (am korn des gewehrs, s. unter korn 7); vgl. 14, a. b von geschossen, hieben die auf einen gehn.
β)
auch geistig, überzeugung u. ä.: die (vom philos. gesuchte) überzeugung geht .. auf alles dasjenige, was wir als gut oder nicht gut auf unsern zustand beziehen. Abbt 4, 124, es ist ihr gesuchtes ziel (s. 24, i). dagegen: das geht gegen meine überzeugung, widerspricht ihr, s. 33, m.
γ)
in völliger abschwächung für 'sich beziehen auf': gesetze a priori, welche auf den verstand überhaupt gehen. Kant 1, 335, vgl. darauf gehen eben die gesetze, hoc ipsum spectant, volunt Weber 333ᵇ. aber das sich beziehen, mit dem die philosophie nun gern dem bewegungsbilde entrönne, enthält doch auch ein solches, vgl. im 16. jahrh.: also das sich die wort in der schrift aufs menschen gewissen ziehen, und nachher wohin sie zu ziehen sind. Luther 4 (1556), 17ᵇ, ziehen, wie fäden.
b)
in anderem bilde, dem des weges oder ganges dáhin gehn, z. b.: mein streben, verlangen, wunsch gieng immer dahin, die gegensätze zu versöhnen; oder er muszte, wohín auch sein wunsch ging, der gesellschaft eine ganz neue gestalt geben. Göthe 19, 143 (lehrj. 5, 1), worauf er gerichtet war, was man unn vorzieht, das ziel ist dabei wieder deutlicher; s. auch unter d.
c)
auch ein vorschlag, antrag bei beratungen geht dáhin, 'meine meinung, mein rat geht dáhin', man möge u. s. w., was in dem alten hingehen nach zwei seiten beim abstimmen (s. 9, h) seinen sinnlichen ursprung hat; sagte man doch im 16. jh. auch noch ich gehe dahin für mein rat, meine meinung, z. b.: dahin geht auch Salomon 'förcht got und halt sein gebot, das ists alles'. Frank spr. 2, 134ᵃ u. o. auch ein rat geht zu gute, hat das gute oder beste der beratenen zum ziel (vgl. doch auch unter 19, g):
horet auch, ir herren, minen raid,
der gar wole zu gude gaid,
ab er uch alle dunket gut.
Alsf. pass. 2467.
auch ein beschlusz geht dáhin, nachdem vorher ein vorschlag durchgegangen ist; das letztere scheint mhd. folg. über gên, im Freiberger stadtr. § 14, von einer gewaltthat, zu deren schlichtung schiedsmänner bestellt werden: die gên (conj.) denne zusamene und râten wie si daʒ ebenen wollen. alse denne der rât ubergêt, waʒ si denne dâ setzen unde benennen (bestimmen), daʒ mûʒ vor sich gên. Schott 3, 200, wie der beschlusz ausfällt, durchgeht.
d)
noch deutlicher erscheint der wunsch (s. b) als selbstgehend, vom wünschenden gelöst und wie eigenwillig, d. h. mehr das gewünschte als das wünschen, fort gehen (vgl. Jeroschin u. 33, f):
aber mein wundsch geht doch nicht fort.
Ringwald tr. Eck. H 1ᵃ (G 4ᵃ),
hat keinen fortgang, wie es auch hiesz, jetzt geht nicht in erfüllung, früher auch gieng aus;
aber mein wunsch geht doch nicht an.
J 6ᵃ (1ᵇ),
an, d. h. vorwärts, fort (von statten 33, h). ähnlich los:
denn was ich rieth, wolt und beschlosz,
das gieng in allen puncten los.
H 1ᵃ (G 4ᵇ),
d. h. gleichfalls wie das geschosz, gewehr (14, b a. e.) auf sein ziel.
e)
auch blosz gehen, glücken, z. b. ein anschlag (eigentlich des gewehrs): dieser anschlag nicht gehen wollte. Schweinichen 1, 264, eigentlich in gang kommen; vgl. das geht nicht 17, b a. e., auch noch das geht nicht an, d. h. eigentlich vorwärts, stöszt auf unüberwindliche hindernisse, aber: es wird schon gehen 36, h, κ (s. auch 33, k). auch zurück geht ein anschlag, plan, absicht: welcher (der wind) inen aber wider ihr hoffnung zuwider gewesen und also ihre anschlege zuruckgegangen. Fischart klost. 10, 1070 (von der span. armada), vergl. hinter sich gehn 34, d.
30)
Auch spruch, rede, klage, urtheil u. ä. gehn nicht nur aus dem munde (der feder) 20, c, vgl. unter c nachher, sondern auch für sich dann weiter wie wirkende kräfte o. ä., daher auch gericht, recht, strafe geht über einen u. ä.
a)
ein spruch u. ä. geht,
α)
er geht so und so: hie sehen wir .. das der spruch (bibelspruch) so stark gehet, das auch die erneeret und gekleidet werden, die keine sorge dafür haben. Luther 4, 30ᵃ (1556 33ᵇ), so starke, nachdrückliche bedeutung hat. auch blosz gehen: da gehet der spruch Salomo prov. 16, das im der mensch etwas fürschlecht (vorsetzt), aber gott fuͤret es hinaus. 4 (1556), 37ᵃ, d. h. hier tritt ein, tritt in wirkung, geltung. von letzterer auch: so füret gott seine werk (behält die leitung), das er uns im glauben behalte, leszt sein wort gewis gehen. 33ᵇ, dasz es nicht zu fall komme, nichtig werde, also das gerade gegentheil von dem gehen lassen 11, f.
β)
geht dahin, 'zielt' dahin, hat das im auge (vgl. 29, b): das ist die deutung (bedeutung) dieser historien, also, das es alles dahin gehet .. das man halte am reinen gottes wort. Luther 4 (1556), 120ᵃ; die summa und inhalt alles sontagspredigen gehet dahin: mensch, es werde liecht in deinem herzen. Schupp. 191; dahin ist des Pertinax scherz gegangen. Olear. pers. reis. 2, 3. mhd. auch mit dar, war, wohin:
dat is nîman mit spotte verstê,
he ne mirche, war duse rede gê.
Wernh. v. Nied. 30, 12.
γ)
auch auf, darauf (29, a):
diz bîspel ûf den menschen gât,
der keine witze ze êren hât.
Freid. 144, 5 (2. ausg. s. 259);
unter euch ich zwar noch einen spür ...
'zwar, dise red die get auf mich'.
fastn. sp. 229, 17;
also das der spruch eigentlich auf dén verstand (bedeutung, sinn) gehe, das der mensch geschaffen ist in das leibliche leben. Luther 4, 16ᵇ (19ᵃ); das stücke gehet beide auf den man und das weib. bei Dietz 2, 45ᵇ. noch jetzt z. b. geht das auf mich, was sie da sagen? es wird ursprünglich dasselbe auf sein wie von geschossen (14, a). auch darauf hinaus gehn, jetzt beliebt (auch mit laufen): nun fing er an, schwatzte allerlei verkehrtes zeug, das darauf hinaus ging: ihr hättet ihn übereilt, er sei euch keine pflicht schuldig u. s. w. Göthe 8, 70. 42, 97. 305, das hinaus malt das ziel besser aus, auf das man doch warten musz.
δ)
auch mit über: das gehet nu nicht allein über die, die in sünden sind, sondern auch über die gleubigen. Luther 4 (1556), 34ᵇ; und gieng der spruch Mosi deut. 32 mit vollem schwank über sie, sie haben mich erzürnet .. so wil ich sie erzürnen. 8, 81ᵇ, d. h. traf ein bei ihnen, traf sie, wie ein richterspruch, s. folg. und das gehen α a. e.
b)
vor gericht geht über einen urtheil und clage (vgl. 20, d). ursprünglich doch auch mit auf, der beklagte heiszt im Ssp. der uffe den die clage gêt, nd. uppe den de klage gât I, 62, 9 (neben cleger). II, 9, 2 u. ö., der ûf den diu klage gêt Schwab. 78. 79, 2 (ursprünglich gewiss auch als angriff gedacht, wie ein geschosz), wie man ûf einen claget Ssp. II, 8, Schwab. 244; mit über, wie auch im Ssp. über einen clagen II, 4, 1 (vgl. urteil über und ûf unter c):
gesell, antwort und dich versprich,
ein grosze klag get uber dich.
fastn. sp. 156, 13;
gar pald verantwort hie die clag,
die über dich geet von uns allen.
784, 7.
ebenso das urteil, mit ûf: jener, uffe den daʒ urteil gât. Ssp. II, 12, 7; mit über: dasz der arme gute mann .. durch e. k. f. g. befehl eines urtheils und hülfe, so über ihn gangen ist, merklich beschädigt .. ist. Luther br. 3, 95. auch über die klage, als entscheidung: wollens (das fendlin, fähnlein) auf dissmal nicht mehr fliegen lassen, bisz uber solche klage ein urtheil gehe. Reutter kriegsordn. 64.
c)
auch das (oder die) urteil get schlechthin, ergeht heiszt das jetzt, wird ausgesprochen, daher es gen hören (vergl. gên vom wortlaut 20, d):
darnach fuͤrt man in für gericht
und seiner knecht wol zwen ..
si hörten die urtail (sg.) gen ..
Uhland volksl. 351.
mit seiner wirkung aber gêt es auch an die êre u. ä.: schephenbâre lûte mûʒen wol urteil vinden uber ieclichen man, eʒ enmûʒ aber ûf sie nieman urteil vinden, daʒ an ir lîb oder an ir êre oder an ir erbe gât, he insî in ebenburtig. Ssp. II, 12, 2, d. h. in der ausführung. ähnlich Theophilus, da er seine seele dem Satanas verschreibt:
dat ik dy einen breif sal schriven,
dei my an myne sele geit.
Theoph. 646 (332) Hoffm.
s. auch eʒ gêt ze hûte und ze hâre 36, f, β.
d)
daher auch das gericht oder recht geht über .., der rechtsspruch als spruch und in der ausführung: nu vernemet umb ungerichte (rechtsbruch), wilch gerichte dar uber gê. den dieb sal man hengen u. s. w. Ssp. II, 13, 1, auch ergên, von der ausführung: swilch richter ungerichte nicht enrichtet, der ist des selben gerichtes schuldic, daʒ uber jenen solde ergên. 13, 8. nhd.: es wird gar ein scharf gericht gehen uber die oberhern. weish. Sal. 6, 6;
leszt uber in gehn stracks das recht,
da wird keimand gefreiet von,
es sei bawr oder eddelman.
J. Sander trag. v. Joh. P 2ᵇ;
man .. leszet kreidenrecht (s. d.) über sie gehen. Mathesius hochzeitpr. 68ᵇ. auch gerihte als gerichtsbarkeit: swelich pfaffenfürste sô getân gerihte hât, daʒ über menschenbluot gêt. Schwabensp. 95, 4; vergl. gebot, reht gêt über .. 19, i.
e)
auch strafe, rache u. ä. geht über einen:
disiu zuht und dirre gerich
gienge billîcher über mich.
Iwein 1678;
es wird eine strafe uber euch gehen. Luther Hos. 5, 1; der zorn gottes u. ä. als strafe:
uber die burc gie der gotes slac.
Diemer ged. 17, 22;
gleich wie mein zorn und grim uber die einwoner zu Jerusalem gegangen ist, so sol er auch uber euch gehen. Jer. 42, 18; dein grim gehet uber mich. ps. 88, 17; vergl. von unglück 35, e, auch es geht über 36, c, δ. f, ε. auch der mann selber geht in strafe 5, d a. e.
f)
wie das ursprünglich als ein selbstgehen gedacht war, zeigt z. b. deutlich vom gerihte: nu vernemet umbe ungerihte, welh gerihte dar nâch gange. den diup sol man henken u. s. w. Schwabensp. 148, 1 G., d. h. wie in einer bewegten reihe (vgl. u. 7, e, s. auch 35, a), jetzt: welche strafe es nach sich ziehe, worin der ursächliche zusammenhang deutlicher ist, doch in demselben bilde. ähnlich in der natur, von innerer notwendigkeit des zusammenhanges:
waʒ meine ich danne mit der fruht,
diu nâch getihtes (der dichtkunst) blüete gât?
Konr. v. Würzb. Parton. 61.
in der capucinerpredigt in Wallensteins lager würde es für hinter dem U kommt gleich das W noch im 16. jahrh. lieber geheiszen haben nach dem U geht das W (nach dem S folgt das T Abr. a S. Cl.). s. auch folg.
31)
Auch freude, trauer, liebe, mut, angst u. ähnl. gehen, kommen an uns, wie selbstwillige gewalten und gestalten.
a)
mhd. z. b.:
nâch vröuden (vröude?) dicke trûren gât,
manec trûren vrœlich ende hât.
Freid. 117, 16,
kommt gleichsam hinter ihnen geschritten, wie unter f vorhin gerihte nâch dem ungerihte; vgl. noch nhd.: darnach kommet forcht ... und denn gat hernach frävel oder geherz (kecker mut). Keisersb. par. d. seel. 204 bei Scherz 501, 'kommt hinterdrein'; wie wir noch sehen, wenn es dahin kompt, das einer verurteilt wird zum tode, gehet einem solche angst unter die augen (s. 35, f), das er nicht weisz ob er man oder weib sei. Luther 4, 27ᵇ (24ᵃ), wo es freilich auch bedeuten kann: tritt ihm ins gesicht, für die andern sichtbar, aber doch auch von auszen kommend gedacht, wie in mhd. zuo, an gên, z. b.:
alrêrst gêt mir angest zuo.
Iwein 5983;
sô mich der minnende unsin (rasende liebe) ane gêt.
minn. frühl. 117, 33.
s. auch unter 7, e êre die vor dem guote gât, schœne nâch der liebe u. ä. (in andrer anwendung). das bild ist noch ganz deutlich im 16. jh.:
der faulkeit thut armut nach gan
stark wie ein gewapneter man.
H. Sachs 1, 332ᵃ (3, 492 K.).
vergl. die schöne dänische redensart lykken gaaer ham med, das glück geht mit ihm (vgl. einem mite gân mhd.).
b)
das ist von neuern dichtern wieder gebraucht, als sog. personification, während es vordem gar nicht blosz dichterisch war, z. b.:
über, unter, ümm und neben,
vor und hinter uns ist lust ..
wo wir liegen, wo wir stehn,
sehn wir freude mit uns gehn.
Fleming 426 (Lapp. 345).
Hagedorn und Giseke .. gingen neben einander (bei einer art vision im Thüringer walde). zwischen ihnen ging die männliche freude. Klopstock bei Kl. Schmidt, Kl. u. s. freunde 1, 74. auch die trauer, von verstorbenen geliebten heiszt es:
ist ihnen wohl: wer kan als ich sie stören?
im fall sie noch mich weinen sehn!
ha! kan mein dulden ihre ruhe mehren:
so soll die trauer gehn!
Gökingk 3, 211,
d. h. fortgehn (s. 5, a); das ist doch auch noch dem gebrauch des lebens gemäsz, denn jedermann sagt, ohne dichten zu wollen, der trauer, dem ärger den laufpass geben u. ä.
c)
liebe: aus voller rechter liebe, wie die rechte gottesliebe ist und gehet. Luther 6, 57ᵃ; bei den andern, die den glauben nicht anfechten, sol liebe und gedult gehen. 3, 266ᵇ (vorher gelten, vgl. 19, c, γ); wo bliebe denn (dann) glauben und liebe? sollen sie (etwa) hernach komen (als folge)? warumb sollen sie nicht voran gehen? 3, 36ᵇ; liebe gehet umb. Petr. 82ᵃ, d. h. im kreise, herüber und hinüber, ist gegenseitig, alles zugleich nach 32 (s. werk der liebe u. b dort). in einem hochzeitgedichte:
lieben hat nur gott gemacht,
liebe kommt von ihm gegangen.
Rist Parn. 574.
d)
im lande aber geht hungersnot, der hunger, mhd.:
der hunger gie überal.
Diut. 3, 101 (gr. 3, 782),
wie lat. grassatur, schreitet hin und her, vgl. sp. 2380 hungernôt gieng umme alle dûsche rîche; so noch im 16. jh. hergehen, z. b. vom kriege, einherschreiten:
daraus die kinder (schüler) lernen sollen,
wie krieg durch gut und blut hergehe.
Froschmeus. 2, 120 Göd.
auch noch jetzt: eine seuche geht um (einem gespenst ähnlich), die blattern gehn um. auch ein geist, gespenst geht um u. ähnl. (vgl. es geht irre 36, b, δ):
es geht ein finstrer geist durch unser haus.
Schiller Piccol. 3, 9.
vgl. auch gerücht das geht, umgeht 19, h.
e)
noch anders: nâch demôl daʒ (sintemal) hŷ sechsisch recht gêt (im lande), sô bitte ich ... blume v. Magd. s. 76, es erinnert zugleich an gehen für gelten 19, c, γ, vergl. von recht und ordnung Luther unter 32, c. ähnlich auch: Christus reich ist ein geistlich reich, gehet hie auf erden und ist doch nicht irdisch. Luther 3, 424ᵃ.
f)
wieder anders das recht geht seinen gang (s. gang II, 2, c, α), wie ähnlich die wissenschaft (s. das. β); mhd.: gerichte und recht mûste gê. Ködiz 20, 28, deutlicher vür sich gên 34, b, ungehinderten fortgang haben. auch innerhalb der wissenschaft u. ä.: schon in der ersten christlichen kirche war aus der neuplatonischen philosophie in mehrere secten mystik gegangen. Herder id. 4, 324.
32)
Auch das was wir thun und treiben, wird manigfach selbst als gehend oder als selbstgehend bezeichnet; vergl. u. 24 gehen vom handelnden menschen selber, z. b. sicher gehen. vgl. auch gang III, 2, a.
a)
unser thun z. b.: weil sein thun im glauben und gehorsam gottes gehet. Luther 8, 318ᵇ; nun ists gut, ich bin zufrieden, und mein thun geht wieder aus dem ganzen. Göthe 42, 297; mein inneres leben geht unverrücklich seinen gang. an frau v. Stein 1, 215;
'wie weit soll das noch gehn!
du fällst gar oft ins abstruse,
wir können dich nicht verstehn'.
werke 3, 266.
als bahn, laufbahn gedacht (vgl. 23 lebensweg): es sind bedenkliche zeiten .. unsere bahn geht zu ende. 8, 134 (Götz 4. act am ende), welches zu ende gehen übrigens die ausgedehnteste verwendung hat, als gegensatz zu angehen, z. b. ebenso gut ein spiel, theaterstück, ein buch, eine arbeit geht zu ende (wie an), wie eine nacht, ein jahr, das leben selber, ebenso gut vorräte (19, d) wie einnahmen, leiden und freuden u. s. w., alles wie einen bestimmten weg durchlaufend gedacht. wie bei unserm thun und treiben wir auch von diesem selbst abhängig sind, zeigt z. b.: o madame! unser eins (die postmeisterin) hat so wenig zeit zu weinen als leider zu beten. das geht sonntage und werkeltage. Göthe 10, 132 (Stella 1), und den trefflichen spruch im 17. jahrh.: wenn der handel (s. 33, f) nicht wil gehn, wie du wilt, so gehe du wie er wil. Lehmann flor. 1, 91, vergl. vorher man musz oft ein ander geig nehmen und spielen wie die geig wil. dagegen lehrt das sprichwort auch: wie mans treibt, so gehts, s. 33, b, γ.
b)
im 16. jh. das werk geht so und so oder geht überhaupt, d. h. was wir thun, treiben, betreiben (vgl. unter c): zum vierten sollen nu gehen die werk der liebe gegen dem nehesten, mit sanftmut. Luther 3, 37ᵃ, gegen, auf ihn gerichtet. vgl. die guten werk sollen nu gehen gegen dem nähesten br. 2, 343; ein gut werk, das gottes namen zu ehren geschicht und in seinem willen und dienst gehet. schr. 3, 267ᵇ; was das beste an einem werk ist, nemlich das es gehet in gottes geist, nicht angesehen wie lang, grosz oder schweer es ist oder wer es gethan hat. 4 (1556), 121ᵃ; gleich wie der bapst nicht darnach fragt, wo glaube oder liebe bleibe (vgl. unter 31, c), wenn nur die werk seines gehorsams und gesetzes gehen. 3, 36ᵇ; wie oft geschichts (nicht), das eim dinge ein böser name bleibet, wenn das böse weg ist? .. und schadet nichts, weil (so lange) herz, mut und alle werk anders gehen denn der name lautet. 3, 52ᵇ; das man die werk und stende, so in der welt gehen müssen und von gott geordnet sind, für unrein gehalten hat. 5, 357ᵃ. auch im werk gehen: das ist nu der artikel, der da imerdar im werk gehen und bleiben musz. 4, 413ᵃ; vgl. im schwange gehn 33, g.
c)
so von bestimmten werken, wie gottesdienst, predigt, lehre, auch recht und ordnung u. a.: fein were es, wo in einer iglichen herrschaft der gottesdienst auf einerlei weise gienge. Luther 3, 277ᵇ; das die predigt und sacrament recht gehen und getrieben werden. 5, 421ᵃ, wo das treiben die vorstellung deutlich macht (s. unter d); der gottesdienst, der itzt allenthalben gehet, hat ein christliche feine ankunft, gleichwie auch das predigampt. 2, 257ᵇ; der zeitlich fried .. ist eigentlich eine frucht des rechten predigampts. denn wo dasselbige gehet, bleibt der krieg, hadder und blutvergieszen wol nach (vgl. unter e), wo es aber nicht recht gehet, da ists auch nicht wunder das da krieg sei. 5, 176ᵃ; weil aber wir die gnade haben, das die lere recht bei uns gehet. 6, 297ᵃ; darumb gehöret hieher, was von den sacramenten zu predigen ist, und summa das ganze evangelium und alle empter der christenheit, welchs auch not ist das('s) on unterlas gehe. 4, 413ᵃ; wenn das evangelium nicht gehet, so ist der teufel in der welt. 3, 430ᵃ; wie es denn pflegt zu gehen in stedten und lendern, da kein recht noch ordnung gehet. 3, 230ᵃ, gehalten wird; dem folgen auch .. der grosze haufe der welt, da auch keine göttliche liebe, sondern eitel rauben und stelen gehet. 6, 47ᵃ.
d)
allerdings musz sich da wol gehen als umgehen im lande, wie unter 31, d. e einmischen, z. b. bei recht und ordnung; aber dasz es Luther auch wirklich als thun oder üben (genauer: geübt werden), auch bewusztes, auffaszte, zeigt schon das 'gehen und getrieben werden' 5, 421ᵃ (s. u. e), auch folg.: also thut er (gott) hie auch .. so lesset im (Abraham) gott in einem frembden lande das weib auch nemen .. also gehen alle gottes werk, er gibt uns die sterkesten verheiszung, so meinen wir denn, es sol gehen wie wir denken, aber so spricht er, ich wils uber dein denken und vernunft machen. 4, 122ᵃ (113ᵃ), gottes werke gehen, er verfährt so, wie vorher persönlich und mit es ebenso: so schlieszen wir nu aus dieser historien, das wir uns fürsehen sollen .. das niemands in einigem stand oder wesen (lebensstellung) gehe, er wisse denn das gottes wille ist. das.; im ehelichen stande sol es auch also gehen. wer da fület das er nicht jungfraw kan sein, der hat seinen beruf (zuruf gottes) das er ehelich werde. das., 'soll es ebenso gehalten werden', soll man es ebenso halten; also das nicht allein Adam befohlen ist kinder zu zeugen, sondern auch bei gott für gut angesehen, das es im wolgefellet und noch immer so gehen musz. 17ᵃ, in übung bleiben soll.
e)
wie aber das gehen deutlicher vorgestellt, eigentlich gemeint war, zeigt hergehen in gleichem sinn: was nu dergleichen ist (wie jenes ehelich werden vorhin), das sind eitel (lauter, alles) werk, die sicher hergehen auf gottes wort. Luther 4 (1556), 122ᵃ, einhergehn wie auf sicherm pfade. das bild vervollständigt sich unter c aus 5, 176ᵃ in dem krieg, hadder u. s. w., die, wo das predigampt gehet, 'nach bleiben', d. h. sie bleiben vor ihm zurück, werden von ihm überholt, kommen ins hintertreffen o. ä. nach dem 'gehen und getrieben werden' aber ist ursprünglich an vieh gedacht (oder pflug, wagen), wie in wie mans treibt, so gehts, s. 33, b, γ. s. auch im schwang gehn 33, g.
33)
Das selbstgehen der dinge, die wir betreiben, tritt in manchen fällen besonders deutlich hervor.
a)
die arbeit, z. b. in einer spinnfabrik (vgl. werk geht 32, b): nun war man schon bekannter geworden (die besucher mit den spinnerinnen), die arbeit jedoch ging ihren gang. Göthe 23, 54, auch neben oder über dem verkehr fort; briefgarnspinnen geht nämlich langsamer als spinnen am rade. 55; ein jeder sorgte nun für seine sachen, sie abzupacken .. bei dem éinen lichte ging alles sehr langsam. 18, 256; das lernen geht rasch, wenn mans nur richtig betreibt, angreift u. ä., auch gieng nun rasch vorwärts (kam zum ziele u. a.);
schüler. kann euch nicht eben ganz verstehen.
Mephist. das wird nächstens schon besser gehen.
Göthe 12, 96;
die arbeit geht auch von der hand, flink, frisch (s. IV², 354), schon im 16. jahrh.: und hat freude und ein senlich gefallen an solcher jungfrauen zucht und ehrerbietigkeit, zumal weil ir die arbeit von der hand gieng. Mathesius hochz. J 2ᵇ, wie gleichsam selbstwillig, vergl. mit 'will':
wil dir denn nichts gehn aus der hend?
H. Sachs III, 1, 237ᵈ,
es klebt ihm gleichsam in der hand, womit er zu thun hat.
b)
das alte gân bietet da eine lehrreiche betrachtung.
α)
mhd. hiesz es von allem, was einer betreibt oder wie er lebt, mîn dinc (vergl. f) gât so und so, z. b. wol, auch ebene, gut, gedeihlich, 'glatt' vorwärts (wie schiffe, rosse u. ä. ebene gânt):
manec man vil vriunde hât,
die wîl sîn dinc im ebene gât.
Freid. 96, 6;
sô mir mîn dinc niht ebene gât, swar ich kêre in dem lande,
sô denke ich sâ gein Nüerenberc, wie sanfte mir dâ wære.
Tanhuser MSH. 2, 93ᵇ.
auch allgemeiner gât mir ebene (s. 36, g), eig. mîn dinc:
und sol (man) dâ von niht gar verzagen,
gât eʒ im under wîln niht eben.
Haupt 6, 496.
β)
eigentlich steht aber dahinter der pflug, der in derselben wendung und bedeutung im gange war, wie in anderen entsprechenden wendungen (s. J. Grimm Reinh. fuchs s. 104, mhd. wb. 2¹, 512ᵇ, vergl. Freid. unter 34, a), ursprünglich beim bauer:
ein gebûre vile rîche,
der saʒ gemelîche (hauste fröhlich, glücklich) ..
vil harte ebene gienc sîn pfluoc.
fuchs Reinhart 18;
im (dem bûman) gêt sîn pfluoc harte wol,
sîn hof ist alles râtes vol u. s. w.
Hartm. arm. Heinr. 779 (var. eben unde wol).
das bild und sein sinn vervollständigt sich trefflich durch krumme furchen machen bildlich, schlecht in der wirtschaft gedeihen mit einer schlechten frau Brant 32, 24 (s. V, 2448), es hiesz gewiss auch mir gât der pfluoc krumbes, ich gedeihe nicht. man sagte aber auch den pfluoc trîben (auch den wagen), d. h. eigentlich die zugthiere:
den plôg kanst du wol drîven.
Uhland volksl. 447 (wol, nicht krumm);
dô wart dâ manich starc wagen
zû getriben al geladen.
Veldeke En. 188, 17.
γ)
daher denn noch wie mans treibt (d. h. sein ding), so gehts, im 16. jh. auch deutlicher: treibs, so gehts. S. Frank spr. 1, 22ᵇ. 12ᵃ, vergl. noch dens. u. 36, h, α, auch: wann ein ding gehet wie es gehen soll, so darf es niemand treiben, Henisch 1436; man treibt ein pferd, so lang es gehn kan. das.; was man nur mit gewalt vom platze bringt, geht leicht zu weit, wenns einmal geht. Felder sond. 2, 50, wobei der bauer gewiss noch an zugthiere und wagen gedacht hat; vgl. nd.: dat geit nich an (vorwärts), wenn alle sträng rite (reiszen). Frischbier preusz. spr. 1, 84. noch jetzt haben diesz gehn und treiben nahe beziehung und vertreten sich, z. b.: das geht oder du gehst zu weit (24, h) und du treibst es zu weit; da geht es arg her, und da treibt mans arg. und so je mehr, je weiter rückwärts, s. z. b. 32, c bei Luther predigt und sacrament, die recht gehen und getrieben werden; solch ding (misbrauch der geistlichen stifte) solten bapst, bischof, doctores besehen und beschreiben, so seint sie, die es am meisten treiben, laszens immer einher gahn, was nur gelt bringt. an den adel K 1ᵃ; vergl. auch mhd. für sich gên und für sich trîben unter 34, a und für das umbe gân im kampfe 7, d einen oder eʒ umbe trîben:
er begunde si umbe trîben   al ûf der heide wît.
Alph. 268, 3;
ich trîbe eʒ mit im umbe.
65, 1.
übrigens schoben sich auch andere bilder unter, z. b. von dem glücksrade, der glücksscheibe (vgl. u. 21, a, s. Grimms myth. 826):
trîp dîne schîben, sô si gât.
Amur 2012;
dem sîn schîbe als ebene gie.
Neidhart 68, 19;
daʒ ze wunsche gât sô wol mîn schîbe.
13, 39;
dem gêt wol sîn schîbe enzelt,
slehtes unde krumbes (s. u. krumm II, 4).
91, 13.
aber wie da mit enzelt zugleich der gedanke an das ross herantritt, so in schîbe zugleich der an das wagenrad, denn es heiszt z. b. auch: up vier schîvin lîf der wagin Wernh. v. Nied. 52, 20. 51, 26. daher auch daʒ gelücke schîbet, auf rädern oder als rad auf einer bahn gehend gedacht, wie die schîbe selbst auch:
swem sîn gelück begunte schîben
alsô daʒ eʒ gieng ûf sælden ban.
lieders. 1, 157;
sus gie vür sich (s. 34) mit toufe der kristen schîbe.
Lohengr. 7546,
machte das christenthum im lande einen groszen fortschritt.
c)
noch jetzt ist uns das bild nur leicht verhüllt, nur dasz uns dabei eine unbestimmte gestalt vorschwebt: disz handwerk geht nicht mehr, abjectum 'jacet' Frisch 1, 330ᵇ; ein geschäft geht gut, ist im besten gange, auch geht flott oder flau, lahm u. a., auch stockt, steht still oder lieber liegt darnieder, mhd. ist gelegen, d. h. eigentlich hat sich (erschöpft) hingelegt, ist zu fall gekommen, z. b. nachdem Helmbrecht und seine raubgesellen endlich beseitigt sind:
ûf den strâʒn und ûf den wegen
was diu wagenvart gelegen.
die varent alle nu mit fride ..
Helmbr. 1920.
fuhren gehen stark, der straszenverkehr der fuhrleute (die wagenvart mhd.): da .. seit einem jahre an keine wegbesserung zu denken gewesen ist und überdiesz die holzfuhren stark gehen .. Göthe 15, 35. auch der verkehr selbst, verkauf, vertrieb u. ä. (vgl. von der waare selbst 19, b): der vertrieb dieser waare ging auszerordentlich stark. 24, 246. werbungen, das werbegeschäft: um eben diese zeit war der siebenjährige krieg ausgebrochen, und die werbungen giengen stark. Schiller IV, 81, 18. auch von staatsgeschäften: der schlendrian der geschäfte geht ordentlich. Göthe an Knebel nr. 37, ist in regelmäszigem gange, fortgange; die angelegenheiten unsers kleinen staates gehen so sachte vor sich hin. ders. b. Beaulieu-Marc., Anna Am. u. s. w. 215 (vgl. 34, a). auch daneben gehen, wie parallel (vgl. u. 18, l): demungeachtet kann daneben das ruhige geschäft gehen, welches wir jetzt miteinander machen. Freytag v. handschr. 3, 17, auch deutlicher daneben her gehen, z. b. ein neues unternehmen neben einem älteren. im 17. jh.: der handel gehet nicht, il traffico non corre. M. Krämer 519ᵇ; auch die einkommen gehen nicht, le rendite non corrono das., zugleich zu 19, g.
d)
auch im einzelnen von bestimmten angelegenheiten, fragen u. ä. im geschäftsleben, die ihren eignen weg gehen müssen (s. δ).
α)
ein bericht, gesuch u. a. geht ein, bei einer behörde (vgl. unter 12, d), die sache geht weiter, bis ans ministerium; eine streitsache geht an ein höheres gericht, geht durch alle instanzen; ein gesetzentwurf im reichstag geht an die ausschüsse u. s. w., das selbstgehen ist eigentlich wie bei der sichel u. ä. 12, d, d. h. die sache und ihr weg bleiben dieselben, die hände durch welche sie geht, wechseln oder sind gleichgültig; zugleich ist das gehen wieder ein sichtbares, wie beim buche u. ä. 19, a, vergl. im 16. jahrh. von briefen, eingängen in der canzlei: (der canzler) lesset gehn was nicht ist schwer (wichtig) Rollenh. u. 11, e; s. auch 19, a a. e; es geht alles durch seine hände; alle verrichtungen gehen (passano) durch seine hand. M. Krämer 519ᵃ.
β)
aber auch mit verschweigen der hand, vom menschen selber: ich hatte dabei niemals unmittelbaren auftrag, sondern alles ging durch ein gutes weib, welche .. Göthe 21, 24 (wanderj. 1, 2), und so schon im 16. jahrh.: weil alles durch den grand thresorier geen musz (um zur königin zu gelangen), ist nit ein geringer feel begangen worden, das ihme in specie hierunder kein schreiben zukommen. Breun. v. Buch. 68 von seiner sendung in London.
γ)
das gehn von geschäften übrigens schon in mhd. zeit, auch mit an: swâ man bischofe ... nicht enkûset binnen sechs wochen, dâ die lênunge an den keiser gêt ... Sachsensp. III, 59, 2 (vgl. zu lehen gehen 19, f). davon dann angehen, das geht mich nicht an, ist nicht meine sache, nicht meines amtes, es wird aus der canzlei stammen, wie so manches. s. auch persönlich an die regierung gehen 24, l.
δ)
man hiesz oder liesz etwas auch seinen weg gehen, was einen nicht angeht: obs Adam nicht also (ebenso) zugericht hat wie wir, das gehe seinen weg. Luther 4 (1556), 16ᵇ; warumb aber Moses eben (gerade) also redet, das gehe seinen weg, er hat seine eigene mysteria. 18ᵇ, lasse ich an mir vorüber gehn ('fahren'), lasse ich 'dahin gestellt' (eigentlich sein).
e)
übrigens von allem, was wir betreiben, das zugleich halb oder mehr selbstwillig geht: es ging alles im hause nach des vaters kopfe. Steinbach 1, 540. auch z. b. eine schlacht, von deren gang die rede ist:
die schlacht geht frisch, die schwerter stehn im saft.
Uhland Ernst v. Schw. 132,
vergl. mhd. der strît stêt, 'kommt zum stehen':
der strît wart ob dem künege stên
und beidenthalp an kumber gên.
Mai 121, 17 (hs. stênt, gênt),
vergl. unter kummer III, 1, d. die schlacht als tanz (vergl. Voss unter 20, a):
der tanz ging ihnen zu mächtig
auf Kolbergs grüner au.
Arndt ged. 218.
auch ein spiel geht seinen eignen gang (wie im spiel z. b. das knötchen 16, h), dem die spielenden folgen müssen, geht an, geht weiter, geht ums ganze (s. 36, f, δ) u. a., vergl. vor sich gehen von einem schauspiel 34, b. ein schauspiel, eine oper geht über die bühne, geht in scene.
f)
zusammenfassend die dinge, sachen (vgl. mhd. b, α) gehen glücklich, gut, nach wunsch, krumm, schief u. a.:
ein mann, dem guͦt und ehr zufleuszt ..
und all sein sach im glücklich geht.
eins freiharts pred. Frankf. 1563 L 8ᵇ;
wann im die sach umbeschlecht und nit, wie er verhoft hat, über eck geet. Frank weltb. 38ᵃ, deutlich vom wagen beim wenden an einer schwierigen stelle, ecke; wer weisz, warumb unser sachen so krumm gehen, vielleicht gehen unser ampt (unser treiben) für gott .. auch krumm (diesz zu 32, c). Luther br. 5, 254, vgl. mhd. krumbes gên u. b, γ, deutlich mit vorstellung eines krummen weges, der vom ziel ab in die irre führt, noch jetzt z. b.: die frauen .. begehrten alles zu regieren, und wenn etwas krumm gehe, so sollten es die männer gerade machen. Gotthelf 2, 357. auch die sache gieng schief, wie ein wagen, der vom wege kommt:
das henkersding geht schief!
Göthe 7, 94.
auch einfach schlecht gehen, schlimm (eigentlich schief), älter übel, als gegensatz zu wol gehen (mhd. b, α, vgl.slehtes gleich ebene unter b, γ):
wo diese sach ist falsch, die etwa übel gieng,
ist Christus sache falsch, die ihn ans creuze hing.
Logau 1, 4, 25 (die gute sache).
die dinge gehen lassen wie sie (selber) gehen, s. 11, d, auch wie sie wollen (vgl. u. 16, i. 17, a), auf die lenkung oder das 'eingreifen' verzichten (vergl. den rat bei Lehmann 32, a a. e.); mhd. z. b.: (der sterbende) der denne alliu weltelîchen dinch lât gân als si gânt. Grieshaber pr. 1, 25. auch alles geht gut, nach wunsch, z. b.:
sus alliʒ daʒ si griffin an
mit urloige hî und dort,
daʒ gîng in wol nâch wunsche vort.
Jeroschin 120ᵃ (vgl. 29, b Ringw.);
darnach im alles das glucklich gieng,
was er (könig Sigmund) uf aller erd anfieng.
Liliencron 1, 237ᵃ;
Amalia ist ein spiel meines willens .. kurz! alles geht nach wunsch. Schiller II, 289, 25.
g)
vom ungestörten gange hiesz es besonders im schwange gehen (auch sein), womit die sache recht sinnlich ihre eigene bewegung erhält (vgl. ein werk in gang und schwang bringen Schm. 3, 541), von gutem und bösem: das er (gott) die creaturen in irem schwang und orden liesze gehen, wie er sie gemacht hatte. Luther 4 (1556), 15ᵇ; unter so viel patriarchen gottes wort im schwang gieng. bei Dietz 2, 44ᵇ; wenn das freie evangelisch leihen im schwank gienge (im geschäftsleben). 2, 45ᵃ;
die tugend geht im schwange,
weil (so lange) sie der friede schützt.
wir haben blutbad, die empörung ist im schwange gegangen. Tieck 5, 421; vgl. unter schwang. eigen zu zotten, zoten gehen: die gelübde, die itzt zu zoten gehen, haben gemeiniglich drei feil. Luther 4, 157ᵃ (168ᵇ), von den klostergelübden; das ... des unfletigen, wüsten unördigen wesens weniger würde, so itzt allenthalben zu zotten gehet. 401ᵇ.
h)
einfacher von statten gehen, eigentlich vom flecke kommen, wie ein wagen (auch für sich gehen 34, a): man sol nit gleich abstehn, wann nit des ersten rucks ein ding nach unserm willen von stat wil gehn .. felt der karr ein mal umb, heb in wider auf .. wer weisz an welchem ort das glück lig, oder wann sein zeit sei, das da geh was sich lang hat gesperrt. Frank spr. 1, 22ᵇ, das ruck und sich sperren zeigt deutlich das bild des wagens (s. 36, h, α); gehet im dazu von statten, was er fürnimpt. Luther 8, 318ᵇ;
der handel thut von statten gahn,
wie zeitung ist einkommen!
Soltau 2, 389,
von Gustav Adolfs siegreichem kriegszuge; ich zeige dir solches an, dasz du deinen willen darein gebest (zu der hochzeit), auf dasz es tapfer und glückselig von statt gange. b. d. liebe 202ᵈ. s. auch 29, d ein rat, beschlusz geht los, ein wunsch geht fort, in erfüllung.
i)
von verwirrung und untergang dagegen durch einander (vgl. u. 16, c), zu grunde gehn u. ä.:
wir bedürfen des helden werd,
als wol ietzo die sachen stan
und in der welt durch einander gan.
Teuerdank a. e.;
da (in der verlassenheit) verliert sich die gedult, da vergiszt man sich und alles,
läszt es durch einander gehn, strauchelt oft aus furcht des falles.
Günther 862 (schr. an seinen vater);
höchstens gabst du einmal den fünften act, wo alles recht bunt durch einander ging und die leute sich erstachen. Göthe 18, 49;
mag alles durch einander gehn,
doch nur zu hause bleibts beim alten.
12, 51.
im 15. jahrh. in deutlicherem, kühnem bilde, von allgemeiner verwirrung:
wann das der stett (reichsstädte) gewalt uf gee,
ich forcht, es tett dem adel wee (schweren schaden) ..
der Necker, Tounow und die Blaw
die würden durchainander gon.
alles drunter und drüber, wie bei einer bauernprügelei alls get zu haufen u. 16, c: wie leicht konnte das ansteckend werden und alles drunter und drüber gehn. Göthe 30, 113 (camp. in Fr. 4. oct.), vom plündern einiger soldaten im quartier, das bald verhindert wird (vergl. u. es geht 36, d). vom untergang, der mit dem niedergang beginnt, heiszt es zu grunde gehen, früher auch zu boden gehen, s. u. 16, d in eigentlicher und bildlicher bedeutung, auch zu sumpfe: wenn man dise ding (kirche, schule), recht und gericht) nimmer achten will, so zeucht gott hand abe, und musz alles zu sumpf gehen. Mathes. Sar. 90ᵇ. vgl. auch zu scheitern gehn u. ä. 16, f.
k)
bemerkenswert mit einem nachfolgenden inf.: dasz e. k. f. g. wol selbs sich werden wissen zu schicken in die sachen, so itzt gehen auszurichten. Luther br. 3, 334, im gange sind und ein eingreifendes richten fordern, auszurichten sind. nahe liegt der deckel geht nicht zuzumachen u. ä. 17, b, aber dort mit dem begriff der notwendigkeit, hier der möglichkeit.
l)
auch das blosze gehn so von möglichkeit, thunlichkeit, d. h. die dinge wie selbstwillig behandelt (s. schon 17, b. c), z. b.:
und du bist Petrus art, mein sinn! wenn man dich dränget,
so fragst du zornig stracks: wie, soll ich schlagen drein?
nein, nein, das gehet nicht!
Fleming 269 (L. 222);
Alcest. ei, lass' er sich den kopf mit warmen tüchern reiben!
vielleicht verzieht es sich (das kopfweh) ...
Söller. ja, das geht nicht so leicht.
Göthe 7, 104 (mitsch. 3, 9);
man äfft (mit dem ackerbau) die natur nach, die ihre samen überall ausstreut, und will nun auf diesem besondern feld diese besondre frucht hervorbringen. das geht nun nicht so, das unkraut wächst mächtig u. s. w. 16, 205 (br. aus d. Schw.); wenn ich nicht alle stärke .. auf ein object würfe und das zu packen und zu tragen suchte, so viel mir möglich, und was nicht geht, schleppe ich. an Salzmann 28. nov. 1771 (d. j. G. 1, 301), von seinem arbeiten am Götz, was widerstrebt, schwierigkeiten macht; jetzt also oder nie wirds gehen. Gräter an Klopstock in dessen briefw. 405 Lapp.; was nicht bei tage geht, das geht bei nacht .. ich war denn also alle nächte .. bei der Magdalis. Immermann Münchh. 4, 31;
ein rad zu schlagen, aufm kopf zu stehn,
das mag für lustige jungen gehn.
Göthe 3, 264.
das ist alles zugleich hausdeutsch, s. schon im 16. jahrh. Frank u. 17, c, Schweinichen u. 29, e, zu der letzten stelle aus Göthe: was nicht geht, musz getragen (gefahren) werden. Frischbier preusz. sprichw. 2, 60; vgl. auch u. 12, e die lampe geht noch u. ä. und es geht (an) 36, h, κ.
m)
auch kann etwas gegen, wider unser thun, denken, empfinden, wollen gehn, z. b.: das geht gegen meine überzeugung, widerspricht ihr, steht mit ihr im gegensatz; es geht etwas wider mein wesen, auf meine kosten .. einige allgemeine wahrheiten zu sagen. Seume 1, 3, in der einl. zu seiner selbstbiographie, die er auf fremden wunsch schrieb;
er ist nun einmal nicht gemacht, nach andern
geschmeidig sich zu fügen und zu wenden,
es geht ihm wider die natur, er kanns nicht.
Schiller Piccol. 1, 3;
umzukehren und vor ihr sich zu verstecken
schien wider die regeln des wohlstands zu gehn.
Wieland Amadis 12, 24.
auch das geht mir wider den strich (den ich verfolge), etwas was ich thun soll oder was in meinem kreise geschieht. kräftiger wider den strom (in dem ich schwimme): gott schickt inen (den gerechten) alles unglück auf den hals, also das sie dünket, es gehe alles widern strom. Luther 4, 504ᵇ (533ᵇ), doch zugleich: es gehe die welt verkehrt, das wasser gleichsam bergauf.
34)
Besonders entwickelt ist vor sich gehn, mhd. vür sich gân, eigentlich vorwärts gehn oder kommen, im gegensatz zu hinter sich gehen (d), jenes auch vorgehen (e).
a)
das eigentliche für sich gehen, jetzt vor sich hin gehn (s. 8, d) ist früh bildlich verwendet für gedeihen, 'vorwärts kommen' (vgl. Göthe u. 33, c), von statten gehn (33, h), wie vom menschen selbst: früe satt selten für sich gaht Henisch 1431, so von seinem thun:
wande er flîʒet sich dar zuo,
daʒ für sich gê diz werc von mir.
Konr. Parton. 217,
vgl. entsprechend für sich trîben, eigentlich den pflug, die zugthiere (s. 33, b, γ), z. b. von tumben wîben,
die wellen für sich trîben
swaʒ in gevellet in den muot.
das. 12070;
des wuochers pfluoc ist sô geriht ...
sîn gewin alleʒ vür sich gât,
sô al diu werlt ruowe hât.
Freid. 27, 19
(vgl. wucher treiben);
so geet für sich dein begirlichs werben.
Rosenblut, s. sp. 620;
es thu nu der teufel odder mensch, ein schalk odder fromer solch werk .. so gehet gleich wol die ordnung und befelh gottes für sich. Luther bei Dietz 2, 45ᵃ, in beiden fällen schon mit einschlusz des erreichten zieles.
b)
denn es bezeichnet nachher auch den ganzen verlauf einer sache bis zum ende: es gehet alles wol vor sich, omnia ex sententia procedunt. Stieler 627, gut von statten;
der Eckhart gern zu land uns brecht
den Sachsenspiegel Schwebschn recht,
das lauszen, frow, nit für sich gan!
Herm. v. Sachs. Mörin 1851,
laszt es nicht dazu kommen, verhindert das. auch mit dat.: früe auf den rosmarkt kam, vil schöner ross er feilset und darumb kaufet (handelte), doch kein kauf im für sich gieng. Steinh. dec. 78, 35. md. vor sich:
nu swiget, lieben lude,
und lat uch betuden (bedeuten),
wie dit spiel sal vor sich gehen.
Alsf. passionsspiel 87 (vgl. u. 33, e).
schon in mhd. zeit diesz md. vor, z. b. im rechtsleben: ist aber daʒ si iʒ dâ intscheiden, wes (für swes) si bekennen dâ, daʒ mûʒ vor sich gên. Freib. stadtr. § 12, Schott 3, 195, was sie erkennen, erklären, musz zur ausführung kommen; und waʒ die wîle geteidinget wirdet .. daʒ hât craft und mûʒ vor sich gên zu rechte. § 32 (259); vgl. u. e vür gân. dazu mhd. vürganc, md. vorganc: dirkennen dy ratman .. das ist der stat .. bequêmelich (förderlich) sî, sô sal is vorgank habin. dirkennen si abir, das es unbequêmelich sî, sô sal is abe gên. cod. dipl. Siles. 8, 58, nicht gelten.
c)
so noch vor sich gehn von allerhand dingen:
es soll die heirath vor sich gehen.
Hagedorn 2, 146;
und so geht es vor sich? Gotter 3, 55, d. h. es kommt auch dazu, wird was draus; da die analysis eines verstandesbegriffs nicht auf andere art vor sich geht. Kant 3, 186, zugleich: auszuführen geht, sodasz es auch an das blosze gehn 33, k angrenzt.
d)
als gegensatz entsprechend ist ursprünglich hinter sich gehen, wie z. b. noch in dem Leipziger kinderspruche beim auszählen zum spiel:
sechs mal sechs ist sechs und dreiszig,
und der mann ist noch so fleiszig,
und die frau ist lüderlich,
geht die wirtschaft hinter sich.
im 16. jh. z. b.: und im sein narung hinder sich ging. Eulensp. s. 43 Lapp., s. unter hinter IV², 1494, z. b. auch von anschlägen (plänen) die hintersich gehn, zuruck 29, e (vergl. rückgang), jetzt die sache geht rückwärts statt vorwärts, geht den krebsgang, auch das glück (als zweiseitig gedacht), eigentlich zu 35:
das kan aber leichtlich geraten (dazu kommen),
das unser glück geh gar zurück,
denn glück hat gar viel böser tück.
Froschm. III, 1, 11, 127.
e)
für vor sich gehn aber auch einfach vorgehn, mhd. vür gân. noch jetzt fragt man was geht hier vor? oder was geht hier vor sich? mhd.:
valsch geziugen stalt er dar ..
wie sölt daʒ reht dâ vür gân?
Boner. 7, 20, in B für sich gân;
an untriuwe, wâ diu vür gât,
ein guoteʒ ende selten stât.
6, 35.
noch im 16. 17. jh. fürgehn (s. d. 4, auch 7). aber auch vergehn, durch enttonung des vür, z. b.:
da sollichs geschach und vergieng (der kampf),
uf der walstatt man anfieng,
zu suchen die eidgenoszen.
Lenz Schwabenkr. 114ᵇ.
s. auch bei Schm. 2, 6 das recht hat sich vergangen, das gericht ist vorüber, eigentlich ist vor sich gegangen (vgl. process, procedieren). ebenso persönlich so und so verfahren, eigentlich vür varen, und zu etwas verschreiten, eigentlich vorschreiten. s. auch bloszes gehn für geschehen, wechselnd mit vergehn u. 35, b.
35)
Eignes gehen der dinge ganz unabhängig von unserm betreiben (s. 33, b) oder eingreifen.
a)
wie die zeit (22), so gehen die dinge in und mit der zeit: geht die bequem zeit hin, so geht das ding, derselben zeit eigen, mit hin, das mans in volgender zeit nimmer finden mag. S. Frank spr. 1, 99ᵇ; die zeit gehet und wir mit ihr. Henisch 1435, 62; sein alter (auch er) geht mit der jahrzahl Adelung. die zeit und dinge in ihrer folge gehn auf oder nach einander (vgl. 30, f): der rath soll gehen vor der that. Henisch 1435, 60, jetzt vorhergehen; daher ist die gewonheit ... blieben, das man das evangelium hart vor der predigt zu latinisch lieset .. aber weil die predigt drauf bald gehet und die (fremde) zunge verdeudscht .. warumb solt ichs verdamnen? Luther 3, 58ᵇ; wenn wirs unter uns ansehen (d. h. die creatur, eine gegen die ander), so kompt imerdar eins nach dem andern, der son nach dem vater, ein jar, ein tag nach dem andern. aber das alles, wie es nach einander gehet, ist für gott als ein augenblick. 4 (1556), 17ᵇ, vgl. 5, e kommen und gehn wechselnd; wenn man nu die welt ansiehet, vom anfang bis zum ende, so gehet für den leuten eins nach dem andern, für gott aber alles mit einander zu gleich. das.; damit ist noch nicht ausgedruckt, wie dasselbe alles zugangen ist (die schöpfung 1 Mos. 2), darumb holet ers in diesem cap. wider, thut viel wort dazu, das ers erklere, wie es nacheinander gangen sei. 18ᵇ, zugleich als bild für unser entwickelung, das sehr jung doch schon sehr verblaszt ist, vgl. das heutige hervorgehen des einen aus dem andern, oben 16, g gehen aus oder von, entstehen, herkommen, auch unter 5, e S. Frank. noch im 18. jahrh.: es geht eins aufs ander, est quaedam series rerum. Aler 868ᵇ. dichterisch gehen auch für vergehen, eigentlich fortgehen (s. 34, e):
der jugendflor der wangen,
die rosen sind gegangen,
all gegangen einander nach.
Rückert 369 (vgl. engl. gone).
b)
auch kurz für geschehen; mhd., in einer betrachtung des allgemeinen todes:
nu muoʒ eʒ über al gên:
unser keiner mac hie bestên.
warnung 3009, Haupt 1, 520.
aber auch mit benanntem subj., schweiz.:
vil mord, todschlag bim win gand,
huory, eebruch nit müeszig stand (beim wein).
Ruff etter Heini 399,
wo nach dem stând freilich mord und todtschlag als umgehende gestalten gedacht sein können (s. 32, d, auch c a. e. von rauben und stelen), aber die spätere hs. bessert gand in vergond, also eigentlich vür gânt, vorgehn (s. 34, e). noch jetzt: es hatte ihn wunder genommen, was gehe, darum war er hergekommen (ins rathaus). Gotthelf 8, 302, d. i. er war neugierig, was vorgehe; umsonst sprang der weibel herum und sagte, der herr venner liesze bitten zu pressiren (zu eilen, mit der wahl), sonst sei es zu spät, und gott wisse, was dann gehe. 305, geschehen werde, oder was dann komme, denn auch das gehen scheint nach dem gleichbedeutenden zugehen zugleich als ein herankommen gemeint; vergl. folgendes.
c)
auch wie es gieng, 'zugieng', ist eigentlich dasselbe (vergl. mhd. unter b und 36, h, ι):
zur wachtel, welche der gefahr,
dem garne kaum entronnen war,
liesz sich der stolze hänfling nieder.
mich dauert, sprach er, dein gefieder,
o sage, wie es immer gieng,
dasz du nicht flohst und man dich fieng.
Gellert (1839) 3, 424,
gewöhnlich: wie es kam, wie das so kam? eigentlich daher kam, an dich heran kam, oder in gleichem bilde wie das zugieng, diesz schon mhd., auch ohne dat.:
wie daʒ aber zû gienc ...
daʒ lât ûch hie zû dûte sagen.
pass. H. 156, 68;
wie kan es nun (nur) zuo gan,
dasz ein nar zwen witzig man
beschiszen sol durch sine list
und doch siner red beroubet ist?
fastn. sp. 845, 23.
auch es geht so und so ist eigentlich dasselbe, ausgemalt es geht zu oder her (daher): wenn es so sol in deudschen landen gehen, so ist mirs leid, das ich ein Deudscher geborn bin. Luther 5, 185ᵇ; so ungefähr ging es in Burgdorf (als nun die Franzosen da waren). Gotthelf 8, 306; drauszen sagte sie zu ihren mägden, drinnen gehe es kurlig, sie könne sich nicht darauf verstehen. 7, 86; in der kirche (bei der trauung) gings wie üblich, einige freundinnen der braut weinten u. s. w. 382. ebenso z. b.: das kann nicht so fort gehn, ich bin doch neugierig, wie das weiter gehn, wie das ausgehn wird, für letzteres aber ursprünglich ergehn, mhd. ergân. auch schon ags. gangan geschehen, verlaufen Grein 1, 368 und goth. gagaggan Phil. 1, 19: vait ei þata mis gagaggiþ du ganistai, οἶδα ὅτι τοῦτό μοι ἀποβήσεται εἰς σωτηρίαν.
d)
die natur geht ihren eignen weg: du wollest oder wollest nicht, so musztu thun, wie die natur ist, oder gehet doch andere wege, das solcher jamer draus folget. Luther 4 (1556), 15ᵃ, vergl. 14ᵇ die natur .. musz iren gang haben, es ist von der unnatürlichkeit des coelibates die rede; auch gottes wille, der zorn gottes als strafe:
was das (gottes wort) sagt, musz geschehen
und geht gewisslich fort.
Ringwald laut. w. 445 (398);
der zorn gottes .. der bisher gangen ist .. und noch gehet. Luther 4, 105ᵃ, im unaufhaltsamen gange; vgl. mit über 30, e.
e)
unglück, leiden geht über einen (vgl. 34, d a. e. vom gange des glücks): so ist alle dis grosz unglück über uns gegangen. Luther Dan. 9, 13, und wisset, das eben dieselbigen leiden über ewer brüder in der welt gehen. 1 Petr. 5, 9; ich bitte gott umb ein gnedigs stündlin, das er mich von hinnen neme und nicht sehen lasse den jamer, so über Deudschland gehen musz. schr. 5, 185ᵇ, über es hereinbrechen. den neid (ein ungewitter) lassen über sich gehen, subire tempestatem invidiae Aler 868ᵇ, vgl. 36, f, ε. auch fürüber, eigentlich über uns hin (s. vom gewitter, sturm unter 13, f, s. auch 22, c):
dück dich, lasz ('s) fürüber gan,
das unglück wil sein willen han.
Uhland volksl. 758.
das entgegenkommen hiesz auch wider gân mit dat., wie noch widerfahren (s. unter g):
dâ was daʒ leide,
daʒ im wider gie ..
leseb. 1839 812, 32.
f)
auch unter augen (d. h. dasz wirs vor uns sehen) geht uns was uns 'widerfährt' (vgl. unter g) in der alten vorstellungsart: und ist hie zu merken, das dieser psalm nimermehr wird gründlich verstanden oder gebetet, es gehe denn dem menschen der unfal unter augen. Luther 3, 2ᵃ; vgl. auch angst geht mir unter augen u. ähnl. 31, a, 36, g, β, s. einem unter augen gehen, offen entgegen treten unter 8, i, man muͦsz dem glück under augen gehn Frank spr. 1, 12ᵇ, dem übel soll man entgegen gehen Henisch 1431.
g)
noch sinnlicher, ursprünglicher zu handen, eigentlich in handnähe, dasz man nur darnach zu greifen braucht, oder auch sich wehren musz o. ä., oder auch in hant, als gabe, auch als aufgezwungen:
dis bîschaft (beispiel, fabel) sî zuo den geseit,
die dâ went (wollen) ân erebeit
wollust, lop und êre
besitzen iemer mêre.
daʒ mag in nicht zuo handen gân (nur dem fleiszigen).
Boner. 4, 35;
wænst du, sprach her Hildebrant,
daʒ dir die (so l.) risen gânt in hant?
wir müeʒen mit in vehten.
Virginal 894, 2. 469, 11 (s. Berl. heldenb. 5, 275);
mac mir diu stunde (gelegenheit) gân in hant,
îch gibe iu silbers hundert marc.
369, 11;
sô gât uns danne gelucke in hant.
465, 11;
er kam gen Frankrych in das land,
nun hörend zuͦ grosz abenthür,
ouch (welch) lieb und leid gieng im zuͦ hand.
Körners hist. volksl. 75.
deutlich auch vom zufall, der uns etwas 'in die hand spielt' u. ä., auch schlimmes: zuͦ seinem groszen schaden, so im dann widerfaren und zuͦ handen gangen was. Wickram rollw. 71, 10; niemand hett sich versehen, dasz dem Reymund solcher handel zu handen gangen oder widerfahren were. b. d. liebe 264ᶜ, er hatte nämlich durch unglücklichen zufall seinen herrn getödtet; er förcht, im woll dʒ oder dʒ zu handen gehen. Keisersb. seelenp. 204 (Scherz 501); noch jetzt von dingen, die uns der zufall entgegenbringt, es gieng mir gestern in die hand, z. b. auch eine wichtige stelle beim lesen, eine günstige gelegenheit im leben.
h)
daher wol auch das mhd. mir gât nôt, z. b.:
er begunde weinen,   des gie dem helde nôt.
Nib. 2252, 2;
nu wert iuch ellenden,   dêswâr des gât uns nôt.
1867, 3;
weinens gêt mir michel nôt.
Erec 5350,
s. mhd. wb. 2¹, 410 fg., nur selten und erst später mich gât nôt, s. Berl. heldenb. 4, 284 (das letztere übrigens wie homerisch χρειώ με ἱκάνει); bei dem acc. mochte hinter gân in gedanken an gân stehen, das J. Grimm unter angehen 1 als das ursprüngliche annimmt und auch belegt, mhd. und noch nhd. aus Luther, z. b.: so wir daselbs offenberlich beider gestalt bekand und verteidingt haben, und soltens nu heimlich verleugnen oder endern? was gienge uns not an? Luther 6, 18ᵃ, was nötigte uns dazu? aber der dat. ist einmal mhd. das ursprünglich herschende, und wenn bloszes gehn mit dat. auch sonst nicht unerhört ist, s. z. b. u. 5, d gemainen steten wer ein hilf gangen (gekommen), so kann das jenen dat. doch nicht genügend erklären, wie auch nicht die wendung mir ist nôt mit gen. oder mir widergât leide u. ä. (s. unter e), die doch dabei im sprachgefühl mitwirkend gewesen sein mögen. es hiesz aber wol ursprünglich mir gât nôt ze handen, in derselben vorstellung wie sô haben wir strît an der hant, auch den tôt u. ähnl., wie arbeit, kumber, bedrängnis, not:
arbeit, diu gât uns dâ in hant.
Virg. 10, 11;
kumber ist in gegân in hant.
535, 11 u. ö.,
wie es umgekehrt von glück heiszt (vergl. Boner unter g):
eʒ hatte in Nîflande
gegân im wol ze hande.
livl. reimchr. 8085;
auch abgeschwächt von guten fortschritten im lernen, z. b. von einer schülerin im harfenspiel:
dô gienc eʒ wol ze handen ir.
Konr. troj. kr. 15823 K.
statt zu handen übrigens auch umb die hand (d. i. in gefährlichster nähe); von der not, in die er vom riesen kommen würde, wie ihm Hildebrand warnend vorausgesagt, sagt Dietrich, als er in der not ist:
und was mir ye gesagt Hiltebrant,
das geet mir yetzund umb die handt.
Sigenot Nürnb. 1521 D 3ᵇ, 90, 5 Sch.
noch jetzt ist mit not eine entsprechende wendung gangbar von höchster alterthümlichkeit: wenn not an mann geht, im äuszersten notfalle; so weist du weder aus noch ein, wenn nun noth an den mann geht. Klopstock 12, 122 (gel. rep. 134), eigentlich: wenns zum kampfe, zur entscheidung über das dasein kommt.
36)
Endlich es geht, wieder mit eigner reicher ausbildung.
a)
im allgemeinen ist zu bemerken,
α)
wie sonst, ist es auch hier oft nicht eigentlich das allgemeine subject, das als unbestimmter begriff doch so bestimmtes zu leisten hat (s. b), sondern der vertreter eines im zusammenhange ausgesprochnen oder verborgnen begriffes, der das subject darstellt, s. z. b. daʒ spil gêt und eʒ gêt unter f, γ; ähnlich:
des wart ich dô ze spotte hie,
daʒ eʒ mir an mîn herze gie.
Iwein 4170,
eʒ, das spotten und das weh davon, vgl. 4509 daʒ begund im an sîn herze gân (s. 27, c) und nhd. es geht mir nahe dich so zu sehen; swer nachtes gehowen gras oder gehowen holz stilt, daʒ sal man richten mit der wid. stilt her eʒ des tages, eʒ gêt zu hût und zu hâre. Sachsensp. II, 28, 3, dasgewiss noch betont gesprochen. nhd. z. b.: ich hatte .. verschiedenes geschrieben und wieder ausgelöscht, als ich ungeduldig ausrief: es will nicht gehen! desto besser! sagte das liebe mädchen .. ich wünschte es ginge gar nicht. Göthe 24, 269;
Kuoni. frisch, fährmann — schaff den biedermann hinüber!
Ruodi. geht nicht.   ein schweres ungewitter ist
im anzug.   ihr müszt warten.
Schiller Tell 1, 1.
es verflieszt aber so vielfach mit dem wirklichen allgemeinen es, dasz eine scheidung nicht möglich ist.
β)
auch das tritt ein, wie für dieses vertretende es (vgl. II, 965 fg.), so in nachdrücklicher rede selbst für das allgemeine es; mhd. z. b., wie vorhin Iwein 4509:
daʒ (was) er dir leides hât getân,
daʒ sol ime an daʒ leben gân.
Alex. 3516 W.;
er hât mir leides vil getân,
daʒ muoʒ im an daʒ leben gân.
Sigen. 16, 5 (heldenb. 5, 210ᵃ),
wo eʒ (d. h. betont) eben so gut mhd. wäre. auch wirklich für eʒ, nachdrücklich:
weiʒ got, daʒ mûste ouch ubern lîp
mit maniger villâte gân.
pass. K. 619, 26 (s. c, δ);
so für das allgemeine es nhd. z. b. in der capuzinerpredigt (vgl.hüt dich für dem, das hoch hergehet Henisch 1431):
das geht ja hoch her.   bin auch dabei.
Schiller Wallenst. lager 8.
sagt man doch auch das regnet aber heute! vergl. auch das geht hoch hinauf für da geht es hoch hinauf O. Ludwig unter 12, a.
γ)
anderseits wird aber es auch ganz unterdrückt, wie das vertretende (s. Schiller u. α), so das allgemeine: handel recht, so hast du recht, und gehet dir recht. Henisch 1435;
und wenn punt uber eck wil gen,
zeucht (er) den kopf aus der schlingen.
meistergesang (s. II, 529);
nach dem mein eltern also ging,
war ich verstörzt gar ob dem ding.
Fischart flöhh. 2265 (2, 61 Kz., klost. 10, 840);
wie aber mein freunden sei gangen,
hab ich erst zeitung heut empfangen.
2283;
denn wenn die junkherrn raufen, schreien,
müszn die baurn ihr har darzu leihen
und geht über unschuldigs blut.
Froschm. III, 1, 11, 106;
als den hunden sol gangen sein.
190;
als ehe gieng zu Athen und Rom.
II, 3, 4, 175 (wenn nicht als's gemeint ist).
noch jetzt alem., z. b.: ihm gehe beim betteln so gut, dasz er nicht nöthig habe zu stehlen. Felder Nümmam. 189. schon mhd. mir missegie, giengs übel. s. auch Maaler und Göthes geh wies will h, ζ.
b)
die eigentliche meinung des es wird recht klar bei es geht von wirklichem gehen und bewegen.
α)
vom wege und dem gehenden oder fahrenden: wo gehts denn nach Weimar? fragt der wandernde; hier gehts nach Weimar, und da gehts nach Jena kann die antwort sein; es sind im stillen alle da gehenden gemeint, die vorigen und die künftigen alle, also eigentlich das gehen da überhaupt, begrifflich, zugleich aber der weg der alle bestimmt, und diesz alles faszt eben es zusammen und sagt das gemeinte also noch genauer als man geht oder der weg geht, sagt alles zusammen, was so ins unbestimmte ausläuft, doch aufs allerbestimmteste. Aber auch vom einzelnen gehenden oder fahrenden, vom einzelnen gange, z. b.: etiamne ambulas Plaut., gehts noch nit fort? Schönsl. T 2ᵃ; die müden rosse werden angeredet:
nun geht frisch drauf, es geht nach haus,
ihr rösslein, regt die bein.
P. Gerhardt 248 Göd.;
nun giengs steil bergan, vgl. das geht hoch hinauf u. a, β; es gieng trepp auf trepp ab, in einem weitläuftigen gebäude; der bote (garnträger) ... handelte das gespinnst ein, theilte frische baumwolle aus (in den spinnerhäusern), dann ging es rasch hinabwärts, wo mehrere häuser .. stehen. Göthe 23, 50 (wanderj. 3, 5), führte ihn der weg und das geschäft;
und, wie nach Emmaus, weiter gings
mit sturm- und feuerschritten.
26, 283.
Und noch anders:
donnerstag (gehts) nach Belvedere,
freitag gehts nach Jena fort (weiter).
Göthe 1, 166 (die lustigen von Weimar);
heut gehts aufs eis, ihr lieben, ade. Göthe u. Werther 235 (d. j. Göthe 3, 47), freilich eigentlich: ich gehe, und doch davon noch bestimmt unterschieden, zugleich: heute hält mich nichts, ich gebe mich dem zuge, der gelegenheit hin wie andere u. ä., kurz ein recht unbestimmtes subj. doch bestimmt empfunden und in es ausgesprochen. und das alles ist allgemein als hausdeutsch, in den büchern doch meist gemieden, und doch mit seiner vollen lebenswahrheit durch nichts zu ersetzen.
β)
auch ist es gewiss alt, gewiss schon mhd. (schon nach c, β); im 17. jahrh.: wir lärten (beim erstürmen des städtchens) die gassen bald, weil nidergemacht ward, was sich im gewehr befand, und sich die bürger nicht hatten wehren wollen. also gieng es mit uns in die häuser (zum plündern). Simpl. 1, 275, 15 Kurz (3, 8); das mit setzt erst recht die bestimmende kraft des unbestimmten es ins licht. noch jetzt heiszt es z. b. nun giengs mit uns rasch bergab, auch mit dem wege, auch heute gehts mit uns aufs eis; s. auch d, γ. ε. h, ε, bes. g, ζ. auch bildlich z. b. wenns lange geht mit ihm (dem schwindler), so treibt ers noch ein jahr. daher auch so: wenns lang umbher gehet, so musz doch der dieb an galgen. Henisch 1436, 42.
γ)
auch von anderer bewegung, z. b. vom reiten (vgl. u. α):
rasch auf ein eisern gitterthor
ging's mit verhängtem zügel.
Bürger ged. (1778) 95.
vom tanzen (vergl. polisch musz lustig gehen 20, a, auch von gesang unter d, ζ):
doch hurtig in dem kreise ging's.
Göthe 12, 55.
zugleich bildlich: wie von unsichtbaren geistern gepeitscht gehen die sonnenpferde der zeit mit unsers schicksals leichtem wagen durch .. wohin es geht? wer weisz es? 8, 216.
δ)
von geistern, gespenstern (s. 31, d) heiszt es gern so unbestimmt: es geht um in dem hause; es geht umb, lemures vagantur. Schönsleder T 3ᶜ;
im garten des pfarrers von Taubenhain
geht's irre bei nacht in der laube.
Bürger ged. (1789) 2, 165.
c)
auch anderes, selbst eignes thun stellt man unter umständen so gleichsam von sich weg jenem allgemeinen subj. zu, d. h. der macht der verhältnisse.
α)
gern mit dem gleichfalls allgemeinen inf., z. b. es geht zum scheiden, ans scheiden:
Carolus. komt, edlen, helft uns kleiden,
disz ist der letzte dinst, es geht nunmehr ans scheiden.
A. Gryphius Stuardus 2, 289;
als es zum scheiden ging. Göthe 22, 60; nun giengs ans ausarbeiten, einschreiben u. a.
β)
so namentlich mit an und dem unbestimmten artikel beim inf. (vgl. III, 133 u. 12):
sine mugen niht langer hie gestên,
eʒ muoʒ nu an ein scheiden gên.
Parz. 331, 2;
sît daʒ eʒ an ein gelten gât.
Walth. 104, 13,
da es nun zum bezahlen kommt, zum scheiden (s. u.α), und ein ist da eigentlich nicht der unbestimmte artikel, sondern jenes alte ein das noch bestimmter ist als der bestimmte artikel: das unvermeidliche scheiden, bezahlen, vergl. sô eʒ an daʒ gelten kumt Haupt 1, 474;
dô muose eʒ an ein strîten   von den von Tenemarke gân.
Nib. 2006, 4;
daʒ rât ich ûf die triuwe mîn,
ald eʒ gât an ein sterben.
Eckenlied 137, 12;
da ging es nun an ein ausreiszen. Mathes. Sar. 12ᵇ;
da gehts an ein picken,
an ein schlürfen, an ein hacken ..
Göthe 2, 90 fg. (Lilis park);
nun ging es an ein beten und flehen.
47, 225;
und nun ging es an ein fragen, an ein untersuchen. 18, 271; nun ging es an ein fragen nach der familie .. 20, 135; nun geht es an ein fragen und erzählen. 22, 153; nun ging es an ein mahlen. 38, 62. auch es ging an ein groszes geschrei Steinb. 1, 539, da gieng es an ein geschrei, ortus est clamor Frisch 1, 330ᵇ, für an ein schreien.
γ)
mit praep. und subst., gleichfalls schon mhd.:
ich half dir ie ze schimphe,
nu hilf ich dir alrgernest,
sît eʒ gât an den ernest.
Barl. 19, 12;
das notenlesen ging zuerst an, und als dabei kein spasz (von seiten des lehrers) vorkommen wollte, trösteten wir uns mit der hoffnung, dasz wenn es erst ans clavier gehen würde, wenn es an die finger käme (vgl. 5, e), das scherzhafte wesen seinen anfang nehmen würde. Göthe 24, 185 (a. m. l. 4); diese woche vergeht unter anhaltender theaterqual, dann soll es wieder frisch an vorgesetzte arbeiten gehen. an Schiller 27. jan. 1795; vgl. ich gehe an die arbeit 9, d. so übrigens unbeschränkt wenns in den krieg geht, wenns zu tanze, zu tische, aufs eis geht, auf die jagd u. a., nun gehts zu bette ordnet der vater an, auch nun gehts weiter der führer z. b. zu einem gefangenen, der doch selber geht.
δ)
besonders auch mit über (vgl. 9, i), in mehrfachem sinn, wesentlich von einer gewalt, übergewalt, auch schon mhd.:
hie gieng eʒ über der schilte rant,
dô si zesamne trâten (zum kampfe).
Erec 9137,
wie noch z. b. es ist recht über meinen hut gegangen, wenn er etwa zu einem spiele gedient hat (oder bei einer wanderung), es ist ihm stark zugesetzt worden, schaden geschehen;
swie eʒ ouch gienge ubern lîb.
pass. K. 173, 77,
obwol es das leben kostete; nach dem aus diesem buch (Liechtenbergers) ein fast gemeine rede ist entstanden gewest, es würde einmal über die pfaffen gehen, und darnach wider gut werden. Luther 3, 405ᵇ;
wird aber krieg gelaufen an,
so gehts über die unterthan.
Froschm. III, 1, 11, 106;
erst gehts uber den beutel dein,
die hebamm must du zalen par u. s. w.
H. Sachs 1, 441ᵃ (4, 343 K.).
auch mit lassen: nach dem dieser auf sein gebratens warten und also mit dem essen ein wenig pausiren muste, liesze ers über das trinken gehen. Simpl. 3, 155, 12 Kz. (Spring. 2), vgl. u. 11, h. z. b. eʒ ûf einen gân lâʒen, auf ihn los schlagen, wovon jenes eine weitere anwendung ist; es geht über den beutel, requiruntur sumtus. Steinb. 1, 540 (zugleich nach 9, i); lassen sie ja alles recht weich kochen und braten, dasz ich nicht sehr kauen darf. es wird mir gar zu sauer, und es geht auch so über die zähne. Gellert lustsp. 309 (loos i. d. l. 3, 8), es geschieht ihnen schade;
bei tafel, freund, beginnt erst meine noth,
da geht es über meine flaschen.
Schiller VI, 30 (d. berühmte frau).
etwas anders mit her (vgl. d, α): nun giengs über den wein her, auch über die arbeit u. a., wie man machte sich drüber her, d. h. mit einer gewissen tapferkeit, wie über einen feind den man zu vernichten entschlossen ist. vergl. auch unter f, ε von schlimmen folgen, strafe u. ä.
ε)
anders von reden: 'was hat es denn eigentlich gegeben?' .. 'worüber es ging?' antwortete Gabriel, 'ich hab's nicht gehört, aber das kann ich ihnen genau sagen, es ging über die alten Römer'. Freytag handschr. 1, 25. vergl. 20, d eine histori geht von .., handelt, erzählt. Auch von flieszender rede heiszt es: ich möchte sie predigen hören, es geht ihnen vortrefflich vom munde. Gellert 1784 4, 104 (2. br.); aber auch von gewandtem lügen: Röse. ich lüge nicht. richter. ich glaube ihr wiszt es selbst nicht, so glatt gehts euch vom maul. Göthe 14, 297 (bürgergen. 12), vgl. denselben unter 20, c.
ζ)
besonders bezeichnend ist es geht vom leder, man zieht die degen: damit gieng es vom leder. zwene giengen zugleich auf ihn los. Riemer polit. stockf. 286.
d)
überhaupt von allerlei thun und treiben, das da als selbstgehend behandelt wird oder doch von den verhältnissen geleitet, denen man es denn mit es geht zuschiebt; s. 32. 33, besonders wie mans treibt, so gehts 33, b, γ, eigentlich eine berichtigende antwort auf das vielgebrauchte es geht.
α)
es geht lustig in gesellschaft, gewöhnlich mit zu oder her (vgl. u. c, δ), aber ursprünglich und auch noch spät ohne diesz: ha, ha, da gehts volle wol. Garg. 81ᵃ (Sch. 138);
wo's fröhlich klang und lustig ging,
da rührten sich meine füsze.
Göthe 41, 319 (Faust 2. th. 5. act).
vom tanze (vgl. unter 20, a), es gat her clingen, krachen:
es solt ouch die lîrerîn ..
ainen tanz machen (aufspielen),
das es gienge krachen.
teuf. netz 12065;
so tuonts denn danzen und springen,
das es recht her gat clingen.
das. 12198.
es geht bei einem gelage auf allgemeine kosten, auf regiments unkosten u. ä., im soldatenleben:
gehts auf kosten des bürgers und bauern,
nun, wahrhaftig, sie werden mich dauern,
aber ich kanns nicht ändern.
Schiller XII, 54 (Wallenst. lager 12).
es geht aber auch bunt über eck u. ä., bunt durch einander (s. 33, i), z. b. in der fasnacht:
gnippen und gnappen, tanzen und gumpen
treibt junk und alt, grosz und klein.
dann get es durch einander rein,
knecht, maid und kint als wuͦten wirt.
fastn. sp. 383, 19.
sonst es geht bunt, toll, wild her oder zu.
β)
ähnlich und doch anders auf und ab: zuletzt kam die nachricht, ihr wäret blessirt. da war nun gar kein auskommen mehr mit ihr, den ganzen tag gings auf und ab, bald wollte sie reisen, bald bleiben. Göthe 11, 53 (Lila 1), schwerlich im hause trepp auf trepp ab (b, α), wol mit der stimmung, wechselndem entschlusz und unmut; vgl. andres auf und ab gehn 21, a, auch von andern zuständen heiszt es es geht (wechselnd) auf und ab, z. b. mit dem gedeihen eines geschäftes, dem befinden eines kranken (g, β), s. auch hoch und tief unter h, β.
γ)
was wir betreiben, mit dem geht es so und so (vgl. b, β): also geht es auch mit der beicht (d. h. man nimmts leichtsinnig) .. also gieng es auch mit diser guͦten frawen, die kam für den beichtvatter .. Wickram rollw. 88, 20. 22. es geht langsam mit der arbeit u. ähnl.: es geht verflucht langsam mit unserer verschanzung. Göthe 14, 97; es geht jetzt etwas heftig mit der rekrutirung. 11, 309. es geht lahm mit einem geschäfte, rasch mit dem wiederaufbau eines abgebrannten hauses, zu ende mit einer unternehmung (zum ziele oder zum aufhören vor dem ziele), immer wird in das es der hemmende oder fördernde einflusz der verhältnisse gelegt, die neben uns wie ihren willen für sich haben.
δ)
im spiele u. ä. heiszt es z. b. es geht reihe um, nach der reihe, und der einzelne musz sich dem es fügen, darf die reihe nicht durchbrechen wollen; ebenso bei einer abstimmung (s. 16, h), beim austheilen u. a., beim rundtrunk, da gehts aus éinem becher (19, g, γ Schiller), beim zutrinken mit brüderschaftmachen, von einem zum andern (vergl. V, 1680), z. b. bei der fasnacht:
fressen, und saufen stark dazu,
darnach gets umb 'da, du! da du!'
fastn. sp. 385, 17,
zugleich vom zuruf, s. unter ζ.
ε)
aber auch es geht aus dem spiele, tritt aus dem kreise des spiels in den ernst hinüber (oder hinaus):
dô gieng eʒ ûʒer deme spile.
Veld. En. 21, 8;
dô giengeʒ ûʒ der kinde spil.
Parz. 79, 20,
aus dem waffenspiel der lernenden oder kinder in bittersten ernst mit den speeren. daher von schlimmen dingen, von unglück:
it gingh dair buiszen schimp ind scherz,
der brandt wart groisz sunder maisz.
Wierstraat Neusz 846;
Herodes heeft der kinder ghedodet veel,
het gaet der nu al uut den speel.
hor. belg. 10, 62;
het gaet mit mi al uten spel.
178;
auch mit dat., wie jetzt das ist mir doch auszer dem spasze, das geht mir doch über den spasz:
daʒ gienge mir ûʒer deme spil.
Eneit 343, 3;
eʒ gât mir ûʒ dem schimphe.
Pfeiffers altd. übungsb. XIV, 129;
do gink it Reinken ût deme spele.
Rein. vos 1822;
nu gaet (d. i. gaet't) Reinaerde al uten spele.
Reinaert 1890.
sachlich ähnlich das geht mir zu weit (ihr treibt es zu weit, vgl. 33, b, γ):
Alcest (zornig und entschlossen). mein herr, nun gehts zu weit!
heraus! was wollen sie?
Göthe 7, 106 (mitsch. 3, 9).
ζ)
auch von singen, rufen, reden, lesen heiszt es es geht, es gieng, mit folgendem wortlaut (vergl. von tönen 20), ähnlich dem es gieng vom tanzen unter b, γ:
und soltinds leren lesen und singen (die lehrer die schüler),
das es recht hin gieng clingen,
wenn man ein (schüler) ze wihe sant (zum priester weihte).
teufels netz 11726;
weiter hielt unser Gurgelgrosz die zinskappige Martinsnacht .. da gieng es 'post Martinum bonum vinum' u. s. w. Fischart Garg. 50ᵃ (Sch. 79), da erklang der gesang; die heilig fantastnacht .. die war sein göttin .. da giengs: es kompt ein zeit heiszt fasenacht u. s. w. das. (80);
eichel, schellen, grün und herz
bringen dir bald freud bald schmerz.
bald gehts: jetzt hab ich gewonnen!
bald heiszts: mein geld ist zerronnen!
Simpl. 4, 321 Kurz;
vgl. es get umb da du! unter ε.
η)
es ist übrigens eigentlich dasselbe, wie von dingen die sich hören lassen, z. b.:
und auszen, horch! gings trap trap trap,
als wie von rosseshufen.
Bürger ged. (1779) 87,
sie sieht den reiter nicht, sie rät ihn nur. so besonders, wenn man nicht weisz was den laut gab: auf dem boden giengs knack knack! aber auch ohne diesz: in der mühle gehts klipp klapp den ganzen tag; da gings krach! und um schlug der wagen. Gotthelf 11, 302; krack ists an d'vordere achs gangen, krick an d'hindre (vom rasenden fahren). Eipeldauer br. 1, 7. vgl. 20, b die trommel geht u. ä., der pflug geht kirkar u. ä.
θ)
auch von thun und gebaren überhaupt, besonders von gewohntem thun:
siehst du des tischlers da drüben für heute geschlossene werkstatt?
morgen eröffnet er sie, da rühret sich hobel und säge,
und so geht es von frühe bis abend.
Göthe 40, 323.
ein lehrling erzählt wol von einem bösen meister: du esel, du schafkopf! so gehts in einem fort. aber auch von schlägen: wenn er prügelt, da gehts immer gleich aus dem ff. (wie beim singen aus a-moll u. ä. 20, a), wie auch von anderm gebaren, z. b. wenn die kinder im spiel den bauer darstellen: beim säen gehts so, beim dreschen gehts so (macht mans so, vgl. kommen 36, g), aber auch z. b. von unsaubern kindern, die alles an den ermel wischen es geht immer gleich auf den ermel. vgl. wort und geberd gehn, von lebhaftem reden mit geberden Frank unter 15, i.
e)
für das selbstgehen der zeit (s. 22) ist es geht besonders geeignet und längst in gebrauch:
dô eʒ an den âbent gienc.
Iwein 273;
sus reit sî allen einen tac ..
unz daʒ eʒ an die naht gienc.
5779;
der winter der ist gar gelegen ..
es get gen des maien zeit.
fastn. sp. 410, 25;
und (da) es ietzund gegen der nacht gienge. Bocc. 1, 71ᵇ (1580); worauf gehts? quelle heure sonnera-t-il? es geht auf zehen uhr (los). Rädlein 338ᵃ; bruder, es geht stark auf fünf. Fr. Müller 3, 27; es ging jetzt gegen abend. J. Paul biogr. bel. 1, 132; es gehet in die vierte woche, dasz ich ihnen geschrieben habe. Campe. wie aber zeit und verhältnisse im begriffe sich verflechten, zeigt z. b.:
nu gie eʒ an die heimvart.
Stricker Karl 10967,
wie vorhin an die naht.
f)
es geht vom gang der dinge und verhältnisse und ihrer wirkung auf uns.
α)
im kampfe geht es ans leben u. ä.:
do sprach der ungefuͤge man:
erst wil mirs an die riemen gan.
Sigenot 83, 5 Sch.,
d. h. an die riemen, die dem helme, der rüstung u. s. w. ihren halt geben, er hat eben eine wunde erhalten; noch im 16. 17. jh. als redensart:
es wird nun an bindrimen gan,
man wird aufn schwanz der schlangen stan.
Fischart flöhh. 3755 (2, 99 Kz., 886 Sch.);
ich liesze den gecken murren, bisz der bartputzer kame. als ich sahe, dasz es an den bindriemen gehn wolle, sagte ich .. Schuppius 610, wie: dasz es zum treffen kam. ans leben, mhd. auch an den lîp (d. i. leben):
daʒ er (Siegfried) sich hât gerüemet   der lieben vrowen mîn,
dar umbe wil ich (Hagen) sterben,   eʒ engê im an daʒ leben sîn.
Nib. 810, 4;
und ist der starke Sîfrit   komen in mîn lant (Brünhilds)
durch willen mîner minne,   eʒ gât im an den lîp.
395, 3;
vgl. 27, c von wunden, die ze verhe, an daʒ herze gânt, auch 14, a vom stich der nâhe gât (an den leib). aus dem kriegsleben auch: sacer manipulus, es geht an die zehend garb (beim mähen) odder es geht an die letzst rott (in der schlacht). Frank spr. 1, 14ᵃ, zugleich übrigens zu d, ζ, bei der garbe ist daran zu denken, dasz sie dem bauer verloren geht als zehnte. vergl. es wäre an die letst not gangen, der garaus wär da gewäsen, ad extrema ventum foret Maaler 156ᵃ, bei Stieler 622 es geht auf die letzte, ventum est ad extrema. ähnlich bei einer hinrichtung von gefangenen, von der ein betheiligter erzählt: da nam man min gesellen und schlug in och die köpf ab. und do es an mich gieng, da ersach mich des kungs (sultans) sun und schuf, das man mich leben liesz. Schiltberger 55 (c. 2).
β)
dann auch an die êre, triuwe, d. h. aus dem kampfe in das leben übernommen, wie so viele wendungen:
nieman weiʒ wâ er vriunde hât,
wan swâ eʒ an lîp und êre gât.
Freid. 96, 10;
doch wære diu eine magt
dâ wider schiere verclagt ..
gieng eʒ mir an die triuwe niht.
Iwein 4902.
im rechtsleben, von urtheilen: ordêl ne mût ên man ôk nicht vinden (als schöffe) over sînen herren unde over sînen man unde over sîne mâge, dâr't in an ir lîf oder an ir gesunt oder an ir êre gâ. Sachsensp. II, 12, 1; die dienstman .. mugen drîer dinge (in drei fällen) niht geziuc sîn über die frîen liute: dâ eʒ in an ir lîp oder an ir êre oder an ir erbe gêt. Schwabenspiegel 230 G.; dagegen mit zu: stilt erʒ (das gras oder holz) bî dem tage, eʒ gêt im ze hût und ze hâre. 170 (vgl. 169 hût und hâr ab slahen), vgl. übrigens unter a, α. im 16. jh.: sparen ist zu spat, wann es geht an die hoffstat oder hausrath. Frank spr. 2, 153ᵃ; s. auch es geht einem ans herz unter a, α, ins, durchs herz, zu herzen 27, c ff.
γ)
auch um das leben u. ä. geht es:
ê daʒ ich iu entrinne,
eʒ muoʒ mir umb (var. an) daʒ leben gân.
Rabenschl. 394,
d. h. ich wage das leben daran, setze es daran (eigentlich aufs spiel); wenne eʒ im (dem fuchse) umb daʒ leben gêt von siechtuom. Megenberg 163, 16;
es geht ums leben.   sei barmherzig, fährmann!
Schiller Tell 1, 1;
ich aber denke (in der rauferei), hier gehts noch um haut und haar. Immermann Münchh. 4, 32, es handelt sich ums leben, das leben 'steht auf dem spiele'.
δ)
denn aus dem spiel und seiner sprache ist das entnommen (s. 33, e), wie es da jetzt noch heiszt z. b. im skat es geht um die ganzen, um die halben; 'um was gehts denn?' es geht ums ganze, wo alles aufs spiel gesetzt wird. daswird hier unmittelbar für spil eingetreten sein, vgl. z. b. in der warnung 1312 und 1320:
daʒ er gedenkt, wieʒ denne gestêt,
ob daʒ spil an die verlust gêt ...
des spiles im niemen gestêt (steht bei),
im an die vlust gêt.
Haupt 1, 474.
ε)
vom ausgang, den folgen unsres oder fremden gebarens, wie er uns trifft (vgl. ausgehen 5): was ich gethan, geht an mir aus, ich muesz(s) büszen. Schönsl. T 1ᵇ. mit über (vgl. c, δ): wenn sich grosze herren raufen, gehts über der unterthanen haare. Steinbach 1, 540 (zugleich nach c, δ); über dich wirds gehen, thou shalt pay for it. Ludwig 716; ich will alles über mich gehen lassen, I'll be suffering. das.; vgl. die kösten über sich gehen lassen, detrahere de suis commodis Aler 868ᵃ (anders koste gât über etwas 17, e, γ), wie neid, unglück 35, e, auch 30, e rache, strafe geht über einen.
g)
besonders mit dat. mir geht es so und so.
α)
man fragt wie geht dirs? schon mhd.: der bîhter gêt dicke zuo der tohter (beichttochter) unde sprichet 'sage mir, wie gêt eʒ dir nû?' si sprichet 'eʒ gêt mir übel, mir ist himel und ertrîche ze enge'. Eckhart 464, 26; diu tohter kam für den bîhter unde sprach 'wie gêt eʒ iu nû?' er sprach 'von herzen wol'. 475, 11. auch hier ist die entstehung vonzu erkennen, eigentlich mîn dinc, meine dinge, angelegenheiten, s. 33, b, vgl. auch das. unter β mir gêt der pfluoc wol, ebene (gleichmäszig) u. ä., daher mhd. auch eʒ gât mir eben (das. α). auch glatt dar, gleichmäszig vorwärts: und solt darumb nit auf hören (mit beten), das es nit also glat dar geet als du mainest es dir dar geen solt. Keisersberg has im pf. b 4ᵇ.
β)
es schoben sich aber auch andere vorstellungen unter, z. b. eʒ gât mir wol ze hande, eigentlich in die hand, s. u. 35, h, oder unter augen, wie z. b. unglück 35, f: es würde euch nach absterben N. N. sauer unter augen gehen. Luther br. 4, 397. auch auf und ab, wechselnd (vgl. d, β): varie valeo, es gehet mir uf und ab, ietzt gesund, ietzt krank. Alberus Q 3ᵃ; es geht mir weder auf weder ab, mihi nec seritur nec metitur. Aler 868ᵇ. auch greift man scherzhaft auf das sinnliche gehen zurück, z. b. nd. wô (wie) geit et? antwort up'n foiten an'n besten, oder jümmer dôr den dreck, d. h. mäszig gut Schambach 59ᵃ, vergl. die antwort auf zwei füszen 6, a, auch Göthe, unter h, β.
γ)
es heiszt mir gehts wol oder übel, gut oder schlecht, schlimm u. a. (s. schon unter α mhd.), sowol von dauernden zuständen wie von erfahrungen im einzelnen:
myn sorg ist, wir verlieren me
und das es uns noch übler gee.
Brant 88, 33,
dasz wir noch schlimmeres erfahren, erleiden werden; der zarte neidhart, dem es leid ist, das es einem andern wol gehet. Luther bei Dietz 2, 46ᵃ; das im und seiner verzweivelten bubenschule viel erger gehen würde im concilio, weder es zu Costnitz dem bapst Johanni gangen ist. das.; auf das (d. i. das's) uns wolgehe alle unser lebtage, wie es gehet heuts tages. 5 Mos. 6, 24; so sage doch, du seist meine schwester, auf das mirs deste bas gehe umb deinen willen. 1 Mos. 12, 13, dasz ich bessere behandlung finde; es ist guͦt gedultig sein, wann es eim wol geht. Frank spr. 2, 102ᵃ; wems zu gut geht, der wird übermütig;
o ungeschränkte majestät (Christus am kreuze),
wie kömmts, dasz dirs so kläglich geht?
das macht dein huld und treue.
P. Gerhardt 42 Göd.
auch von gegenständen, doch mehr in spaszhaftem ton: Georg. ich hohlt meines vaters altes schwerdt .. lief auf die wiese und zogs aus. Götz. und hiebst um dich herum? da wirds den hecken und dornen gut gegangen sein. d. j. Göthe 2, 246. als abschiedsgrusz: lasz dirs wol gehn, bene tibi sit. Schönsleder T 3ᵈ.
δ)
das wol oder übel auch auf andre weise ausgedrückt, oder allgemeiner, vom inneren wie äuszeren ergehen, vom gröszten wie vom kleinsten (vom erstern gern ergehen):
es gat in als si hand verschuld.
Uhland volksl. 431;
wie es einem gehet, also gebaret er. Frank spr. 2, 23ᵃ (nachher wie es eim ieden umbs herz ist); mit rechten leuten gehts eim recht. 2, 154ᵃ; sie sprachen zu mir (Aaron), mache uns götter, die fur uns her gehen (als führer), denn wir wissen nicht, wie es diesem man Mose gehet, der uns aus Egyptenland gefüret hat. 2 Mos. 32, 23, was er für glück hat (vulg. nescimus quid acciderit), vergl. wie es einem geht und er glück hat, also stelt er sich (gebaret) Frank spr. 2, 145ᵃ; legt das kind drein und legt in in den schilf am ufer des wassers. aber seine schwester stund von ferne, das sie erfahren wolt, wie es im gehen würde. 2 Mos. 2, 4, was mit ihm werden würde; der könig aber sprach zu Cusi, gehet es dem knaben Absalom auch wol? Cusi sprach, es müsse allen feinden meines herrn königes gehen, wie es dem knaben gehet. 2 Sam. 18, 32; da sprach sie zu irem vater, mein herr zürne nicht, denn ich kan nicht aufstehen gegen ihr, denn es gehet mir nach der frawen weise. 1 Mos. 31, 35, ich bin schwanger; es ist ihr unrichtig gegangen (Steinbach 1, 538), sie hat abortiert, bei Rädlein es ist ihr übel gegangen (mit einem kinde) 338ᵇ; also gieng es der biblia unter dem bapst auch, die man öffentlich ein ketzerbuch hiesz. Luther 6, 316ᵃ; sagten sy, ich solte schweigen, esz mecht mir auch also gon (d. h. verbrannt zu werden), wil ich auch Lutheraner. F. Platter 157;
(mein geist) spielt oft das widerspiel, und da er weinen soll,
so läuft, so springet er und jauchzet lachens voll,
und so auch gieng mirs itzt.
Fleming 106 (Lapp. 177);
der major, als er in sein zimmer trat, fühlte sich wirklich in einer art von taumel .. wie es denen geht, die schnell aus einem zustande in den entgegengesetzten übertreten. Göthe 22, 60.
ε)
der dat. wird auch unter umständen unterdrückt (d. h. nur gedacht), der arzt z. b. fragt den kranken wie gehts denn heute? der besucher im hause wie gehts denn allerseits? wie ist es denn immer gegangen? bei Rädlein 338ᵃ wie gehts, wie stehts (s. h, γ), wie hält das leben? antwort z. b. es geht noch so erträglich, it is indifferent Ludwig 715. so erzählt Th. Platter 62 do fiengs an woll gan, besserte sich unsere lage. anderseits wird auch es unterdrückt: mir geht gut, wie mir gangen sei, s. a, γ.
ζ)
auch mit dient wieder (s. b, β):
ik sprak: wô geit it mit ju, ôm?
Rein. vos 5976;
wie gehts heute mit dem kranken? mit dem befinden? mhd. dafür auch umbe, z. b.:
lûte rief dô Dancwart   daʒ gesinde alleʒ an
'ir sehet wol, edel knehte,   wie eʒ umb uns wil gân'.
nu wert iuch ellenden ..
Nib. 1867, 2 (vgl. Lachmanns anm.),
wie noch jetzt bei stehn, man fragt wie es um einen steht (neben mit einem), es mögen eigentlich die 'umstände' gemeint sein, die wirkenden verhältnisse um uns, während bei mit das es noch mehr persönlich wird; vergl. auch mit einem gehen, leben 7, d und beides in mit einem umgehn, ihn so und so behandeln.
η)
auch es will mir nicht gehen, mihi nihil procedit, res meae haerent Aler 868ᵇ, zugleich zum folgenden.
h)
Endlich es geht von den dingen, umständen, verhältnissen, die da wie selbstgehend, ja selbstwillig behandelt werden, wie schon im vorigen oft, vergl. das mhd. wil vorhin, nhd. unter 17, a.
α)
was hinter dem es eigentlich steht (zunächst das ding, s. g, α), war noch im 16. jh. deutlich: lein dich dran, so muͦsz es gon (l. gan). S. Frank spr. 1, 26ᵃ (muͦsz, auch wenns nicht will); noch ein zug, so gehts. 2, 68ᵃ, eigentlich der wagen, karren, (greif ans rad, so geht der karrn 1, 12ᵇ), der so viele bilder und lehren fürs leben hergegeben hat (s. z. b. u. 33, f. h Frank), natürlich zugleich mit gedanken an das zugvieh, wie noch deutlicher in wie mans treibt, so gehts, s. dazu 33, b, γ Frank und noch Felder; im 17. jahrh.:
wenn jeder thut so vil er soll,
so gehet ross und wagen wol.
Henisch 1435, 38;
gehet es wol, so gibt man zoll. das., sprichw., doch wol aus fuhrmanns munde, von guter strasze, wie vom schmieren der räder: es geht als wann es geschmiert wäre, res it bene Aler 868ᵃ, noch jetzt es geht wie geschmiert, glatt, glücklich von statten, aber nun auch: es geht wie mit dampf, so rasch.
β)
das gehen darin wird auch noch jetzt beim worte genommen, wie von dichtern so auch im gemeinen leben, z. b.:
Mephist. was sich nur ansah (damals, in der vorigen zeit), waren feinde ...
denn leben hiesz: sich wehren — nun, das ging.
Faust. es ging, es hinkte, fiel, stand wieder auf,
dann überschlug sichs, rollte plump zu hauf.
Göthe 41, 261 (Faust 2. th. 4. act),
vergl. im sprichwort wie es gehet, so gehets, wie es fellt, so fellts Henisch 1436, 53; im leben heiszt es auf die frage wie gehts? auch z. b. es schleicht nur, geht lahm u. ä., s. auch die scherzenden antworten g, β. im 17. 18. jh. auch noch sinnlicher daher, her gehen (wie jetzt noch zugehen), vergl.laszt es anhin gehn Bebel, laszens immer einher gahn Luther unter ζ; was wird aber nun geschehen? wie wird es nun ferner daher gehen, o du tolles und thörichtes Teutschland? Rist friedewünsch. Teutschl. 52;
so geht es leider her: man lobt uns auf der bare,
und haszt uns auf der welt.
auch in anderm bilde auf und ab, hoch und tief (s. d, β); zwei freunde begegnen sich:
wie gehts? fragt' einer. wie solls gehn?
bald hoch, bald tief u. s. w.
Gotter 1, 161,
wo denn die vorstellung des glücksrades nachwirkt (21, a).
γ)
aber auch hier wieder das zusammenfassende 'gehn und stehn' (4, d), wie u. 17, c was gehn und stehn mag, menschenmöglich ist (Göthe 12, 135): drumb gaht und staht es auch (in der welt) wie wir sehen. Luther an den adel M 3ᵃ; ihr erfahret ja heut wol, dasz es desto besser in der welt steht und geht, weil man canzel und canzelei vermenget. Fischart Garg. 150ᵇ (Sch. 278), 20. cap. a. e.;
weil (so lange) man glauben helt,
so stehets und gehets recht in der welt.
Henisch 1435;
Martha. er liebte nur das allzuviele wandern,
und fremde weiber, und fremden wein ..
Mephist. nun nun, so konnt' es gehn und stehen,
wenn er euch ungefähr so viel
von seiner seite nachgesehen.
Göthe 12, 155.
fragt man doch nach denselben dingen wie stehts? und wie gehts? (auch verbunden g, ε), mit jenem nach dem 'zustande', dem stätigen, mit diesem nach dem fortgange, dem bewegten, und aus beiden sind doch menschliche und weltdinge allemal gemischt.
δ)
das gehen meint denn eigentlich auch ein fortgehen, weiterkommen, als welches auch das gedeihen, gelingen, glücken u. ä. gedacht wird: res progressum habet, es geht. Schönsleder T 1ᶜ; gehet es nit zum ersten mal, so gehet es zum andern mal. Frank spr. 2, 68ᵃ, auf den ersten anlauf, beim ersten versuche; versuchs nur, es geht schon; aber der müde ruft es geht nicht mehr! der verzagende es geht nicht! auch es will nicht gehen, non succedit Henisch 1426 (vgl. Göthes was nicht geht, schlepp ich u. 33, l), es will nicht mit ihm gehen, il n'avance point Rädlein 339ᵃ; s. dazu u. λ. auch deutlicher es geht vorwärts, von statten u. ä. (s. 33, h), es geht rasch, flott, glatt (s. schon Keisersb. u. g, α), glücklich, nach wunsche, über erwarten gut u. s. w., auch blosz fort (s. 33, f), früher auch dar (g, α), daher, einher, anhin (s.β) u. a.; wann es wol geht, so ist guͦt rathen. Frank spr. 2, 102ᵃ; ihr wiszt, es geht noch wol, wann schon ein ganz dorf verbrent und nur des pfaffen haus aufrecht bleibt. Garg. 154ᵇ (Sch. 286); wenns gut geht, sind wir übers jahr am ziele u. ä.
ε)
aber auch es geht rückwärts, z. b. mit einem geschäft (s. b, β), einer unternehmung, früher zuruck, hinter sich (s. 34, d): genug, es ging mit dem mann rückwärts. Göthe 21, 199. auch es geht schief, krumm (d. h. vom wege ab), schlecht u. a., auch zum ende mit einem, zum garaus u. a.: jederman hätte vielleicht gedacht, dasz es nunmehro mit dem armen Simplicissimo zum garausz gehen würde. Simpl. 1685 1, 77; es geht mit ihm zur neige. Steinbach 1, 540. auch bei bedenklichem gebaren als entschuldigung: es geht ihm darnach, ses aventures le poussent à cela, son désastre le veut ainsi. Rädlein 339ᵃ.
ζ)
das selbstwillige des es tritt deutlicher hervor (vergl. u. d): es gange wie es wölle, quocunque res cadent. Maaler 156ᵃ; krebs die im schlitten zihen, darbei der spruch 'es geht wie es mag' (als apothekerzeichen). Garg. 1590 s. 26; brautvater. wie meinst du? bräutigam. wir wollen (nach Speier zur anzeige), gehs wies geh. d. j. G. 2, 302, vgl. vorher: geh aber wies will, processiren thu ich mein tag nit mehr. 301, geh ohne es (s. a, γ), wie im 16. jh.: gange recht wie es möge, sed haec fors viderit. Maaler 156ᵃ. daher es gehen lassen, wie es geht, wie es will, kann u. ä., s. schon u. 11, d: laszt es anhin gehn, wie es doch geht. Bebel fac. 72ᵇ; derhalben dünkt michs wol verantwortet, das (d. i. das's) e. gestrenge müsse im churfürstenthum lassen gehen, wie es gehet, und nicht macht haben, etwas zu endern. Luther 4 (1556), 336ᵃ; laszens immer einher gahn, was nur gelt bringt. an den adel K 1ᵃ (s. unter 33, b, γ);
drümb laszt es gahn, gleich wie es geht,
in aller welt es übel steht.
Soltau 2, 285.
dagegen auch: lasset es in gottes namen gehen. Schupp. 22;
es gehe wie es gehe,
dein vater in der höhe
weisz allen sachen raht.
Fleming 290 (in allen m. thaten a. e.);
sei nur still und harr auf gott ..
es musz gehen, wie er will.
kirchenlied von H. Elmenhorst.
η)
daher auch vom verlauf der dinge, wie er eben geht (im gegensatz zu dem es geht, schreitet fort zum ziele u. δ), auch deutlicher zugehn, hergehn, einhergehn u. ä. (s.β), schon mhd. zuo gân (35, c):
sus gât eʒ in der welte:
verderb ich dich, verrât du den u. s. w.
Reinfried von Br. 26318;
wie es denn itzund in der welt für augen gehet (mit unzucht). Luther 4, 15ᵃ; sihe, dise stad ist belegert .. und wie du geredt hast, so gehets. Jerem. 32, 24; da sprach Jesus zu im (Petrus), stecke dein schwert an seinen ort .. wie würde aber die schrift erfüllet? es musz also gehen. Matth. 26, 54, griech. γενέσθαι (vgl. so muszte es kommen); wir sehen das also gehet wie er sagt. Luther bei Dietz 2, 45ᵇ; wie es itzt leider gat. das.; aber itzt gaht es, das iderman zur pfafferei und muncherei gezogen wird. an den adel M ijᵇ;
so gahts, wann man ungehorsam ist.
Fischart flöhh. 838 Sch.;
so gehts wenn man im krieg veracht
guten rath, kundschaft, fleiszig wacht.
Froschmeus. Zz 8ᵇ (2, 253 Göd.),
geläufige formel bei nutzanwendung aus einer thorheit;
und soll es nun nicht anders gehen,
ich musz von ihr gehasset sein?
Fleming 407 L.;
wie es in solchen fällen zu gehen pflegt. Weber 333ᵇ;
's ist hier just, wies beim einhauen geht,
die pferde schnauben und setzen an u. s. w.
Schiller XII, 54 (Wallenst. lager 11);
bei Kolberg auf der grünen au
gehts mit dem leben nicht zu genau.
Arndt ged. 217.
im leben: wenns nach mir geht, musz er ein medicus werden. Lessing; wenn es nach verdienste gehen sollte. Adelung.
θ)
auch für das weitergehen, den weiteren verlauf:
wie es nun geht (mit der schlacht), es musz sich zeigen.
doch mich verdrieszt die halbe flucht, das weichen.
Göthe 41, 265.
auch mit weiter, fort u. a. (vgl. vor sich gehn 34): der roman ist .. so glücklich im gange, dasz sie, wenn es so fort geht, heute über acht tage das achte buch erhalten können. Göthe an Schiller 18. juni 1796; es kann gar nicht so fort gehen; ich bin doch neugierig, wies weiter gehen wird mit ihm, auch wie es noch ausgehen wird; ich will gerne sehen, wie es einmal damit gehn wird. Rädlein 338ᵃ. in einem fastnachtspiel vom rosengarten der Kriemhild:
nu merket, wie es weiter gat.
Germ. 22, 421ᵃ.
auch wenn etwas geschehen ist, fragt man wie es gieng, zugieng, gerade so kam:
o sage, wie es immer gieng.
Gellert 3, 424 (s. sp. 2463);
Octavio (zu Butler). steckt ein.   sagt ruhig, wie es damit ging. ich will
genugthuung nachher euch nicht verweigern.
Schiller XII, 258 (Wallenst. tod 2, 6).
ι)
aber auch wieder von möglichkeit, thunlichkeit, in hinsicht auf eine hemmung, die dem es in den weg tritt, s. schon 17, b und 33, l, mit benanntem subj.; mit es (zum theil schon dort): sie wissen doch, dasz man (in der deutschen rechtschreibung) nach und nach die nur sichtbaren und nicht hörbaren consonanten wegwirft. das wollte man ehemals auf einmal thun, und so ging es nicht. aber nach und nach wird es denn doch zuletzt gehn. Klopstock br. 245 Lapp. (auch in gang kommen); zur bestimmten stunde kamen weniger wagen als man erwartet hatte .. man theilte sich in die wagen, so gut es gehen wollte. Göthe 18, 251 (lehrj. 3, 3), denn auch da wird dem es ein wille beigelegt, es will durchaus nicht gehen; gehts? oder soll ich helfen? zu einem den man sich abmühen sieht; versuchs nur noch einmal, es wird schon gehn; auch mit folg. inf.:
und ihm (dem kaiser) beliebt' es falsch zu schlieszen,
es könne wol zusammengehn ..
regieren und zugleich genieszen.
Göthe 41, 260,
wo das gehn durch das zusammen wieder sinnlicher wird (vgl. hand in hand, daneben, neben einander gehn u. 24, g. 33, c). aus dem hausdeutsch ist auch folg.: marquise. lassen sie sehen, nichte, wie finden sie sich in das neue kleid? nichte. nicht eben so ganz, als wenn es mein eigen wäre. marquise. nun, nun, es geht schon! es kleidet sie alles. Göthe 14, 208 (Groszc. 4, 4), wo es doch auch das kleid meinen kann (vgl. λ), wie es heiszt das kleid geht schon noch einmal, auch geht noch mit, s. unter 12, f. auch dazu zeigt sich der ansatz schon im 16. jh., s. versuͦchs, so gehts Frank unter 17, b, bei dem das bild des stockenden wagens dahinter noch erkennbar ist, s. unter h, α, und eigentlich auch noch in dem gleichbedeutenden es geht noch an, d. h. eigentlich vorwärts, wenn auch langsam, auch es geht nicht an, ist nicht thunlich vor hindernissen, auch dän. dat gaaer ikke an.
κ)
endlich beides, es geht und es geht an im hausdeutsch mit noch andrer färbung, die schon auf den letzten beispielen unter κ mit liegt, wie auf Wielands ihre gesichtsfarbe geht noch mit 12, f, d. h. es ist eben noch möglich, zulässig, erträglich, gut genug u. ähnl.; z. b. auf die frage bin ich denn gut genug angezogen für die gesellschaft? die beruhigende antwort: na, es geht (meist s' geht), mit einem gewissen tone gesprochen (sangartig), der doch wieder verschieden sein und verschiednes bedeuten kann, entweder: es geht gerade noch (mit sinkendem tone), oder: es geht noch ganz gut (mit steigendem tone). ebenso auf die frage nach dem befinden eines leidenden, nach dem gange eines geschäftes o. a.: es geht, wieder entweder: es geht gar nicht schlecht (steigend), oder: es geht eben (sinkend), d. h. es stockt noch nicht gerade, also immer noch dicht bei der sinnlichen bedeutung (vgl. es schleicht unter β). aber auch auf die frage sind die schmerzen grosz? als antwort es geht, d. h. sie sind noch nicht so schlimm, oder auf die frage nach dem ertrage der ernde o. ä.: es geht, er ist gering, aber ich will doch zufrieden sein. ebenso nl. z. b. lijdt hij veel pijn? 'dat gaat, dat gaat' (wb. III, 81). man sagt auch franz. es passiert, eigentlich geht noch mit fort (mit den andern), läuft mit unter o. ä., es kan hingehn, ferri poterit Schönsleder T 2ᵇ, das geht noch mit hin, questo passa, cela passe Rädlein 338ᵇ, es geht wol hin, res est quotidiana (es geht einmal nicht anders) Aler 868ᵃ, wie eigentlich auch es geht an, auch dän. dat gaaer an, schwed. det gaͦr an, ist so ziemlich. nd. aber et vergeit sik Richey 69, it geit un steit Brem. wb. 2, 479.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1880), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 2376, Z. 45.

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Zitationshilfe
„gehn“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/gehn>.

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