Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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etlich, ein fast eigenthümlich hochdeutsches adjectivpronomen

etlich, ein fast eigenthümlich hochdeutsches adjectivpronomen,
dessen ursprung dennoch schon in einer gothischen partikel haftet. ich werde darauf bei der älteren nebenform etslich zurückkommen. Adelung im wb. und im lehrg. §. 282 will einig der edlern schreibart, etlich dem gemeinen leben zuweisen, das ist aber ganz falsch, etlich erscheint von altersher in der schriftsprache.
1)
ahd. ëtalîh, ëttalîh (Graff 1, 146), mhd. ëtelîch, im sg. wie pl. bräuchlich:
wand ich gevüegeʒ wol alsô
mit ëtelîchem dinge.
Iw. 1763;
wandër im bescheinet
an ëtelîcher swære.
2687;
daʒ in unser hërre
wîste in ëttelîch lant.
Greg. 1657;
daʒ disiu sëlbe siecheit
wære vil mislîch
und ëtelîchiu genislîch.
a. Heinr. 168;
si sagte mirs ëtlîchen danc.
1 büehl. 216;
ëʒ möhte ëtlîches mâg beklagen.
Wh. 58, 28;
ëtlîche mâge mîne.
110, 22;
sô sult ir mir lîhen einen suochman
und ëtelîchen bracken.
Nib. 856, 4;
ich fürhte harte sêre ëtelîchen rât.
865, 1;
dô was ëtelîcher, der drîer tage lanc
vor dem grôʒen leide niht aʒ noch entranc.
1012, 1;
irre ouch ëtelîchen, dër got und in girret hât.
Walther 10, 21;
niwan durch daʒ vil arme klagen,
daʒ hie bî zëtelîcher zît
verborgen in dem hërzen lît.
Trist. 6, 39;
sô weiʒ ich wol, diz mære gît
den liuten ze ëtlîcher zît
vorbilde in guoter lêre.
Barl. 4, 38;
genuoger got was ein swîn,
ëtlîcher got ein schæfelîn.
265, 6;
ëtlîcher ist ze karc.
Gerhart 5471;
wær mir ëtlîch bône gezalt.
Helbl. 2, 303;
ëtlîche meister hânt gesprochen. Eckhart 282, 15; ëtlîchiu vorhte ist schedelich. 287, 28; ëtleich ômacht. Megenberg 9, 7; in ëtleichem gepërg. 485, 28. nhd. wird der sg. seltner, steht aber noch bei Keisersberg, Luther und andern: ettlicher ist so weis, das er nummen drei mundfol von einer trachten isset und laszt die andern ston. s. d. m. 11ᵇ; sie werden aber in seine hand gegeben werden eine zeit und etliche zeit und eine halbe zeit. Dan. 7, 25; denn das gesicht wird nach etlicher zeit geschehen. 10, 14; etlicher schweiget, darumb das er sich nicht kan verantworten, etlicher aber schweiget und wartet seiner zeit. Sir. 20, 5. 6; und indem er seet, fiel etlichs an den weg, etlichs fiel in das steinichte, etlichs fiel unter die dornen, etlichs fiel auf ein gut land und trug frucht, etlichs hundertfeltig, etlichs sechzigfeltig, etlichs dreiszigfeltig. Matth. 13, 4—8, wo die ahd. version den pl. sumu und andaru hat, das ältere fragm. bei Maszm. s. 3 sum; ebenso Marc. 4, 4—8, wo goth. sum und anþar; etlicher tregt hundertfeltig, etlicher aber sechzigfeltig, etlicher dreiszigfeltig. Matth. 13, 23; etlicher suchet ungern und war fro dasz er in nicht fand. buch d. l. 91, 2; nach etlicher zeit. Micrälius 1, 43; im mit etlichem gelt solt zu steuwer kommen. Kirchhof wendunm. 144ᵇ. im 17 jh. in etlicher sach beholfen sein. Henisch 952, 43; zu etlicher zeit, aliquando. 952, 43; etlichs theils, aliqua ex parte. 952, 41; mit etlichem volk. Opitz Arg. 156. noch heute darf gesagt werden: ich unternahm es mit etlichem erfolg, die sache verursachte etliche mühe, etliches stand uns entgegen.
2)
noch häufiger zeigt sich der pl. und aus Keisersberg, Luther, Maaler und ihren zeitgenossen wären haufenweise belege anzuführen: und an etlichen enden was verboten. Keisersberg s. d. m. 5ᵇ; etliche (betrunkene) werden traurig und erschlagen, ein teil werden zornig, wöllen schlahen, hauwen und stechen, etliche weinen das trunken ellend. 9ᵃ; und saszen etliche tage im gefengnis. 1 Mos. 40, 4; da waren etliche menner unrein uber einem todten menschen. 4 Mos. 9, 6; aber etliche lose leute sprachen. 1 Sam. 10, 27; gleichwie die grünen bletter auf einem schönen baum, etliche abfallen, etliche wider wachsen, also gehts mit den leuten auch. Sir. 14, 19; etliche aber schlugen in ins angesichte. Matth. 26, 67; und uber etliche tage gieng er gen Capernaum. Marc. 2, 1. auch im 17 jh. und in der ersten hälfte des 18 mangeln keine beispiele: etliche eier sind weisz, etliche bleichfarb. Henisch 952, 33; an etlichen orten besser. 952, 38; ich habe etliche stücke schöne spitzen zu verkaufen. Gryphius 1, 780; ob zwar etliche anfiengen zu metzgen. Simpl. K. 48, 3; etliche schütteten die federn aus den betten. 48, 12; über etliche jahr hernach. 66, 25; ich verharrete etlich stund neben dem grab. 86, 21; über etlich tag nach dem ableiben. 89, 3; etliche stunden zuvor. Weise erzn. 17; etliche tage von seinem alter. 18; etliche stunden vor mittage. 26; nach verlauf etlicher stunden. Felsenb. 2, 20; seit etlichen wochen. 2, 39; nahm von demselben auf etliche wochen abschied. 2, 54; es ist wahr, ich bin etliche jahre älter. Gellert 3, 9; ich habe noch etliche anstalten in der küche zu machen. 3, 28; und vielleicht würde ihre beiderseitige wehmuth zuletzt in etliche sehr freundschaftliche küsse ausbrechen. 3, 43. Späterhin trat aber die änderung ein, dasz das hergebrachte, ehrliche, zu dem haftenden etwa und etwas stimmende etlich zurückwich und dafür einig gesetzt wurde, ich weisz nicht, ob Adelungs lehre einwirkte oder sie selbst schon dem wechselnden sprachgebrauch entnommen war. bei Lessing, Göthe, Schiller, wo sich etlich erwarten liesz, stöszt man auf einig, womit doch nicht gesagt wird, dasz ihnen oder andern schriftstellern nicht auch noch einzelne etlich entschlüpft sein sollten:
etliche wochen sann ich darüber und sucht es zu rächen.
Göthe 40, 78;
die neue gewohnheit ist aber (von etlichemal, etlichermaszen abgesehen) im ganzen durchgedrungen, und wenn wir unser jetziges gefühl um einen unterschied beider wörter befragen, so klänge etlich sinnlicher, stärker, einig abgezogner. man wird eher sagen etliche bäume, etliche äpfel als etliche begriffe, vorstellungen, doch geläufiger geworden ist uns einige bäume wie einige begriffe. es heiszt nach einigem zaudern, nach einigem widerspruch, nicht nach etlichem. beide, etlich wie einig stehen der vorstellung des wenigen nah, etliche bäume sind nur wenige.
3)
mit etlich verband sich gern der gen. pl. persönlicher pronomina, dann auch anderer substantiva, und geht voraus: unser, euer, ir etliche: und ich wil ein zeichen unter sie geben, und ir etlich, die errettet sind, senden zu den heiden. Es. 66, 19; wolan ich wil ewer etliche uberig behalten. Jer. 15, 11; und sie werden ewer etliche tödten. Luc. 21, 16; der capitan behielt unser etlich bei sich. H. Staden reise s. 114; ich halte, dasz der schönen fabeln etliche daher kommen sind. Luthers tischr. 1, 77. den gen. ersetzen praepositionen: etliche unter den schriftgelerten. Matth. 9, 3. auch kann der gen. nachfolgen: davon entziehent sich ettliche der selben frummen menschen von geselschaften. Keisersb. s. d. m. 30ᵃ; etlich seiner leute, etlich der seinen. Henisch 952, 20 aus Maaler 121ᶜ.
4)
man sagte sonst etlich viel und etlich wenig im sinne des heutigen ziemlich viel, ziemlich wenig: es lief das volk zu und kamen etliche viel tausent zusamen, also das sie sich unternander traten, vulg. multis autem turbis circumstantibus, ita ut se invicem conculcarent. Luc. 12, 1; ich habe gott lob etliche viel stedte erfahren. Luther 5, 172ᵇ. br. 4, 119; die etliche so viel jahr das sacrament veracht. br. 5, 226; so das ein junger knab, der anders nicht gar ein tölpel ist, in éinem jahr mehr studieren und lernen kann, denn zuvor in etlichen viel jahren. tischr. 2, 17; etlich viel wägen mit most abgebeutet. Wertheimer ded. 1, 261; nachdem er nun etliche viele jahre mit dieser frau in erwünschtem frieden hingebracht, erkrankte dieselbe. Scriver seelensch. 2, 325; durch etlich wenige zeilen mit nächster post berichten. Butschky kanzl. 11. doch in folgenden beiden stellen scheint etlicher der von viel abhängende gen. pl.: wie etlicher viel gethan. Luther 8, 124ᵃ; wie sie unter einander selbs wol wissen, auch etlicher viel bekennen. 8, 254ᵃ, falls nicht etliche zu bessern ist.
5)
bei Chemnitz heiszt es immer 'ein tag etliche' für etliche tage, wenige tage, ein paar tage: zu und bei Sittaw ruhete der feldmarschall ein tag etliche. IV. 2, 115ᵇ; also das selbige (die armee) den Elbstrom passieret und der enden auf drei, vier und fünf meilen herumb ein tag etliche gerastet. IV. 3, 37ᵃ; womit er ein tag etliche sehr belästiget und überhäuft gewesen. IV. 6, 53ᵃ. das wird zu fassen sein: einen und etliche, einen oder etliche tage, vgl. sp. 114. 693.
6)
die zahl folgt dem etlich nach: etliche zwanzig, etliche hundert, oft mit und dazwischen: pit ich das du mir gebest etlichen schüʒlinc und zwei (f. zwen) desselben paubmes. gesta Rom. K. 26; er ist gefangen worden und uber etlich und zwanzig jahr gefangen gesessen. Luther tischr. 2, 99; mit einer guten anzahl musquetirern, auch etlich und funfzig armirten pferden unversehens uberfallen. Wertheim. ded. 1, 261; als sie etliche fünfzig meilen hinter sich hatten. Weise erzn. 8; sogleich kuckte etwas aus dem fenster, das ein kopfzeug aufhatte und einem mädchen von etlichen zwanzig jahren ähnlich sah. Voss briefe 1, 219; vgl. oben sp. 209 einige zwanzig, einige und zwanzig. gerade wie Lessing sagte in einige sechzig zeilen, vor einige dreiszig jahren, findet sich auch bei ihm: eine reise nur von etliche tausend meilen. 4, 444. heute schreiben wir einigen, etlichen und ziehen es auf zeilen, jahren, meilen, er bezog es auf sechzig, dreiszig, tausend.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 5 (1861), Bd. III (1862), Sp. 1175, Z. 24.

itlich, pron.

itlich, pron.
jeder, für ietlich sp. 2043: ein itlicher rate in den vorgenanten vier steten. d. städtechron. 1, 241, 9. vgl. auch itslich.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 11 (1877), Bd. IV,II (1877), Sp. 2182, Z. 75.

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Zitationshilfe
„itlich“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/itlich>.

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