Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

stellung, f.

stellung, f.,
die handlung des stellens, sodann lage, anordnung. erst seit dem 14. jh. bezeugt, seit dem 17. jh. in breiter verwendung. mhd. nur vereinzelt neben häufigerem stallung (s. o. th. 10, 2, sp. 629 ff. und Lexer 2, 1131).
I.
als verbalabstract zu stellen, in der älteren sprache in einer reihe von bedeutungen des verbums, z. th. mit stallung concurrierend.
A.
st. des blutes u. ä.: (ärzte,) die da allein mit st. der flüssen handlen Paracelsus chirurg. bücher u. schr. (1618) 316 H.; für die weisze rhur ... gib ihm ..., so würst du wunder sehen, dann es ein treffenliche stellung ist Gäbelkover artzneyb. (1595) 1, 243. heute ungebräuchlich, dafür stillung. stellung von menschen und pferden (durch zauber) frh. v. Leoprechting aus dem Lechrain (1855) 55; 96 (s. o. stellen I D).
B.
das stellen, aufrichten einer falle (jägerspr.): 'die art und weise des aufstellens einer jagdfalle' Behlen forst- u. jagdk. (1840 ff.) 6, 193; die st. der netze und wände geschiehet folgender gestalt: ... v. Fleming teutscher jäger (1719) 346; leute, welche zur st. des jagdzeuges ... gebraucht werden Heinsius 4, 790ᵇ; allgemeiner für 'nachstellen, fangen': habe mehrtheiles des waidenwerkes, windreiten, st. auf gänse und antvögel gepflogen v. Schweinichen denkw. 31 Ö.; es sind nicht alle tage fangtage und zur st. gut Treuer Dädalus (1675) 1, 693. veraltet. auch die daraus abgezogene bedeutung 'das streben nach etwas' (s. o. stellen III A 5 f) ist heute ungebräuchlich: stellung mit miet und gab nach êren und ... ämptern Aventin 1, 495, 28 L.
C.
das zur stelle schaffen, herbeischaffen. 1) (rechtsspr.) die lieferung von mann und material, wofür die ältere spr. auch stallung verwendet: die bergwercksarbeiter dörffen keine steuer ... oder st. eines gewissen manns (im kriegsfall) ... leisten Hohberg georg. cur. (1682) 1, 80; klöster, die ... zur st. einer gewissen mannschaft ... verpflichtet waren M. I. Schmidt gesch. d. Dtschen (1778) 1, 600; st. diensttüchtiger leute Lessing 18, 480 M.; er hätte sich ... durch die st. eines mannes losmachen können Pfeffel pros. vers. (1810) 3, 26; st. von vorspannwägen für ... einmarschierende Franzosen Friedr. Arndt bei E. M. Arndt schr. für u. an s. l. Dtschen 1, 139; Arnim 10, 235 Gr.; Ranke s. w. 27, 153; st. der leute zum treideln ... war die pflicht derjenigen uferherren, die ... hwb. d. staatswiss.² 7, 170; s. auch Egger gloss. 926ᵇ. 2) präsentation militärpflichtiger leute vor der musterungs-(assentierungs-)commission, s. v. Alten handb. 4, 225; Hügel 156ᵇ.
D.
zu stellen, v., I A 2, erzeugen, machen: von stellung (= schöpfung) der welt quelle (Bengel offenb. Joh. 13, 8. Luther: anfang) bei Heynatz 2, 449, dem diese bedeutung von st. fremd ist. häufiger bis zum 18. jh. st. eines buches u. ä. 1) st. einer nativitet Paracelsus op. (1616) 2, 566 H.; st. der reimen und vers Fischart ehzuchtb. 180 H.; st. des hexametri Garg. 53 ndr.; dann ich in st. dieses ... buches kein ander zeit hab verloren als ... mit essen und trincken ebda 25; fleisz, den er (Demosthenes) in st. seiner reden brauchet 28; die st. eines schreibens ist eines von den ... dingen, welche von des menschen verstand ein richtiges urtheil geben können Harsdörffer secretarius (1656 ff.) 2, vorr. 2ᵇ. heute auszer gebrauch, doch vgl. G 2. 2) st. des friedens (16. jh.), wofür häufiger stallung, formulierung des friedensvertrags: urk. z. gesch. Max. I 36. auch ohne gen. für pakt, vertrag: als wir ... berichtet werden, sie unter sich selbst der stellunge und bewilligunge nicht einig sein sollen (a. 1519) in akt. u. br. z. kirchenpol. Georgs v. Sachsen 1, 113. hierzu compp. erbstellung, testamenti confectio, nativitätst., redest., urtelst. bei Stieler 2142.
E.
st. eines antrags, einer frage u. ä.: Manteuffel (hat) unter st. der cabinetsfrage sein verlangen durchgesetzt Bismarck ged. u. erinn. 1, 111 volksausg.; ich kann bei den herren ... nicht annehmen, dasz sie mit der st. einer solchen frage ... meiner pflichttreue ein misztrauensvotum haben geben wollen polit. reden 4, 76; st. von anträgen handelsgesetzb. § 256 abs. 3.
F.
(17. jh.) zu stellen, v., sich verstellen, heucheln: erdichtung, stellung, finta vista Hulsius (1618) 2, 365ᵇ; es ist die heuchley und st. ein schändliches übel Reinicke fuchs (1650) 410.
G.
das aufstellen und zusammenstellen von mehreren gegenständen mit dem nebensinn einer bestimmten planmäszigen anordnung, vertheilung: collocatio, dispositio, ... placing of things in order Calepinus XI ling. (1598) 267ᵇ; arrangement Schwan 2, 712ᵃ. 1) wie Cleopatra ... mit künstlicher st. unzehlbarer lichter sich habe sehen lassen, beschreibt Plutarch Lohenstein trauer- u. lustged. (1680) 2, 155 anm.; Malovend hatte in st. seiner schlachtordnung vorsichtig wind, sonne und sumpff zu gehülffen erkieset Lohenstein Arminius (1689 f.) 2, 1054ᵇ; es musz auch ein general viel fleisziger seyn als der feind in st. seyner armée in schlachtordnung v. Fleming teutscher soldat (1726) 288 § 13. 2) st. der wörter u. ä., anordnung: atto di cadenza, eine schluszmachung, d. i. eine gewisse st. der klänge oder noten, welche ... Walther music. lex. (1732) 56; die kunst der poeten bey anordnung und st. der theile Ramler einl. in die sch. wissensch. (1758) 2, 119; so wäre die poesie nichts weiter als ein kinderspiel, nichts als eine armseelige st. der wörter ebda 1, 125; die st. der ideen und die ... verbindung der wörter Adelung magazin d. dtsch. spr. (1783 f.) 2, 3, 101; in der st. und wahl der worte ... liegt das scharfe oder das gefällige des stachels Herder 23, 242 S.; Göthe IV 36, 280 W.; 41, 101 W. s. auch u. II. 3) regulierung (beweglicher maschinentheile): die stellung und keilung des pfluges (beim pflügen) wird durch das lange oder kurze hängen der grengelkette ... verrichtet N. Chomel 7, 708.
H.
für stallung: 'das eynstellen desz vychs' Frisius dict. (1556) 1238ᵇ s. v. stabulatio; locatio Dentzler clavis (1716) 275ᵃ.
II.
das ergebnis des stellens, bzw. ordnens: lage, position, heute die centrale bedeutung des wortes, s. Kramer (1702) 2, 954ᶜ; Ludwig teutsch-engl. lex. (1716) 1857; Adelung 4, 351; Heinsius 4, 791ᵃ; Weygand syn. 3, 727.
A.
lage, richtung, position eines gegenstandes im verhältnis zu anderen. 1) dem ding eine andere st. geben, dar' una altra postura Kramer a. a. o.; sie (die kappenmacherin) musz dem pusch von meiner kappen eine andere st. geben discourse d. mahlern (1721 f.) 2, 125; 'er (der gegenstand) hat eine senkrechte st., wenn er senkrecht darauf steht, er hat eine schiefe st., wenn er sich gegen sie (= die fläche worauf er ruht) neigt' Eberhard syn. (1795 ff.) 6, 130; dann wich die giebelmauer gefährlich aus ihrer lothrechten st. Immermann 1, 64 B.; dadurch dasz wir das glas in einer st. sehen, wo es über den schwerpunkt hinausgeneigt ist, ... O. Ludwig ges. schr. (1891 f.) 5, 163; bei jener ... eigentümlichen st. ihrer blätter sind die australischen bäume ... Ratzel völkerkunde (1885 ff.) 2, 9; Ratzeburg waldverderbnis (1866) 1, 4; breitschädel, ... bei denen ... der prognathismus hauptsächlich durch die st. der zahnfächer stark hervortrat Peschel völkerkunde 361; schichtung des gesteins in fast lothrechter st. der felsblätter H. v. Barth Kalkalpen (1874) 299. 2) st. eines gebäudes (baukunst): 'die weise, wie ein gebäude nach dem wind oder der sonne gestellt ist' Jacobsson 4, 284ᵃ; Helfft landbaukunst (1836) 347; sie (die Chinesen) geben sich die äuszerste mühe, die unschädlichste st. eines hauses zu erkundigen Zimmermann v. d. nationalstolze (1758) 297. 3) von der lage der beweglichen theile einer maschine, eines mechanismus, z. b. st. des zeigers (einer uhr) Lichtenberg br. 3, 98; ein barren, der in niedrigster st. 90 cm hoch ist, läszt sich 1.30 cm hoch stellen Kregenow-Samel gerätkunde 35.
B.
lage, bzw. haltung der thierischen und vor allem menschlichen gestalt.
1)
von der thierischen gestalt: ihre (d. vögel) st. nähert sich mehr oder weniger der aufrechten Naumann vögel (1822 ff.) 1, 53; in der ruhe nimmt der schimpanse gewöhnlich eine sitzende st. an Brehm thierl. 1, 81 P.-L.
2)
von der menschlichen gestalt: dasz sie den verstorbenen vor der beerdigung dieselbe st. geben, die sie einst als keim im mutterleibe eingenommen haben Peschel völkerkunde 270. meist von der lebenden gestalt für haltung, gebärde. synonym mit körperhaltung, geste, z. b. bei Gottsched beob. (1758) 184. selten für miene: stellung des gesichts, habitus oris Apinus (1728) 24 s. v. air.
a)
in mehrgliedrigem ausdruck häufig von bewegung, gebärde als relativ statische haltung differenziert: wir finden ..., dasz der mensch auch durch die übung seine gliedmaszen zu vielen bewegungen und stellungen geschickt machen kan Chr. Wolff gedancken (1720) 292; jeder redner hat ... seine bewegungen und stellungen, die ihm ... allein eigen sind Ramler einl. in d. sch. wissensch. (1758) 4, 241; die äuszerlichen geberden und stellungen ... beweisen ... keinen wahren christen G. Arnold kirchen- u. ketzerhist. (1699) 138ᵇ; Dusch verm. w. (1754) vorr. 4ᵇ; Göthe 47, 258 W.; G. Forster s. schr. (1843) 2, 138;
ach! alles sagt es ihm, blick, stellung und geberde,
wie zärtlich ihr gefährt von ihr geliebet werde
J. A. Schlegel verm. ged. (1787) 2, 170;
mir gleichen
soll er in gang und stellung und geberde
Tieck schr. (1828) 1, 318.
b)
haltung: (so) begreif ich unter physiognomie alle ... äuszerungen des menschen, alle züge ..., alle lagen und stellungen des menschlichen körpers Lavater physiogn. fragm. (1775 ff.) 1, 13; sie sasz oder lag (denn ihre st. war ein mittelding von beyden) auf einem ... ruhebette Wieland Agathon 1, 286. mit attrib. adj.: springer, ... die durch ihre fast übernatürliche stellungen ... verwunderung erweckten A. U. v. Braunschweig Octavia (1677) 1, 897; geile stellungen Lohenstein Arminius (1689) 1, 300ᵃ; wenn ihr vor eurer obrigkeit ... steht, ... so nehmt ihr ... eine anständige, ehrerbietige st. an Miller pred. fürs landvolk (1776) 1, 34; jeden morgen ... probirte (er) vor dem wandspiegel insgeheim artige stellungen Eichendorf s. w. (1864) 3, 414;
ein jeder sey bedacht, wie er das lob erwerbe,
dasz er in mannlicher postur und stellung sterbe
Zinkgref auserl. ged. 65 ndr.;
ich steh nicht auf — hier will ich ewig knien,
auf diesem platz will ich verzaubert liegen,
in dieser stellung angewurzelt
Schiller 5, 2, 174 G. (don Karlos 1, 5);
in einer sehr zärtlichen st. Göthe IV 1, 137 W., in demüthiger IV 35, 285 W., in gebeugter Klinger w. 3, 75, in drohender st., das messer hoch emporgehoben E. Th. A. Hoffmann 14, 206 Gr.
c)
besonders vom schauspieler gesagt: was sieht man nicht zuweilen für hölzerne stellungen ... auf unsern schaubühnen neuest. aus d. anmuth. gelehrsamkeit (1751) 1, 536; Schiller 2, 346 G.;
man giebt der Neuberinn rein übersetzte stücke,
theilt selbst die rollen aus, lehrt stellung, mienen, blicke
Rost verm. ged. (1769) 8.
in szenischen bemerkungen: (da der graf und der marquis abgegangen sind, bleibt sie in einer trostlosen st. im hintergrund stehen) Göthe 17, 164 W. (d. groszcophta 2, 6); Schiller 3, 153 G.; 496; 12, 245; 13, 370; Agnes sitzt im vordergrund ... in der st. der trauer H. v. Kleist 1, 75 Schm. (fam. Schroffenstein 3, 1).
d)
prägnant für angriffs- bzw. vertheidigungspositur: Baldung (sich in st. setzend) Fouqué alts. bildersaal (1818) 1, 106; Jason (sich in st. werfend) Grillparzer 5, 54 S.
e)
(militär.) 'die st. des einzelnen soldaten sowohl mit als ohne gewehr ..., diese st. darf der soldat bei der übung nicht eher verlassen, als bis er die erlaubnis durch das commando 'rührt euch' erhalten hat' Krünitz 173, 97; Wächtler (1714) 271. st. nehmen, die vorschriftsmäszige haltung annehmen, z. b. G. Hauptmann die weber 79.
3)
von der künstlerisch dargestellten menschengestalt: 'die lage der figuren mit den geberden und demjenigen bezeigen, welches sie haben müssen, um die bewegung auszudrücken, welche der maler ... vorstellen will' Jacobsson 4, 285ᵃ. selten für miene: erstlich musz man bey einem bild betrachten die st. des angesichts, ob selbes traurig oder frölich auf die erden oder gegen dem himmel gerichtet Harsdörfer gesprächsp. 7, 38. meist für körperhaltung: die mahler ... können ... groszen fleysz anwenden an der st. des leibs und gebärdung der glieder Abr. a s. Clara etwas für alle (1711) 2, 250; das ... kenzeichen der griechischen meisterstüke ist ... eine edle einfalt und eine stille grösze, sowohl in der st. als im ausdruke Winckelmann s. w. (1825) 1, 30; was die st. des Laokoon betrifft, so ... Göthe 47, 39 W.; er (Gustav I) ist in mehreren stellungen ... gemalt E. M. Arndt schr. für u. an s. l. Dtschen 1, 216.
4)
bei abstracten für organisation, beschaffenheit (wenig üblich), z. b. st. des gemüts: wir verstehen unter der ersten (der guten laune) eine st. des gemüths, worin man zu muntern ... einfällen aufgelegt ist Justus Möser w. 5, 79; Hermes Sophiens reise nach ... Sachsen (1778) 6, 254. eine besondre st. oder organisation dieses oder jenes sinnes Kant 3, 67 akad. ausg.
C.
zusammenordnung, anordnung mehrerer dinge. 'das verhältnis mehrerer gegenstände einer art in ansehung des ortes, welchen sie einnehmen' Krünitz 173, 97. grenze gegen I G und II A (s. o.) ist flieszend.
1)
das bedeut die best und wolgeordnet st. der columnen Rivius Vitruv (1575) 243; pentachordum ist eine st. oder reihe von fünff saiten Walther music. lex. (1732) 471; die magd ... verändert nach gutdünken die st. der möbeln Heine 3, 33 E.; Storm 7, 194; st. der planeten, ... dispositione de' planeti, la figura del cielo Kramer (1702) 2, 954ᶜ; es hat mich gott nicht gefragt ..., ob ich wisse die zwölff ... stellungen der himmelszeichen Abr. a s. Clara mercks Wien (1680) 97; horoscop, weissagung aus der st. der planeten Kinderling reinigk. (1795) 179; die ... sternbilder in ihren schönen stellungen zu einander G. Keller 2, 12. st. der wörter: daher ist auch ihre (der präposition) orthographie und st. noch ... schwankend Adelung umständl. lehrgeb. 2, 156; damit die aufsuchung ... nicht ... erschwert würde, ist die alphabetische st. der worte gewählt worden G. Forster s. schr. (1843) 9, 314. sodann in der syntax: st. eines wortes vor, hinter, neben einem anderen: die st. des verbs im griechischen Kieckers (1911) buchtitel. hierher compp. wie anfangs-, mittel-, endstellung, wort-, satz-, verbstellung u. a., s. Behaghel dtsche syntax 4 (1932), 315 f.
2)
auf geistig-seelisches übertragen, häufig mit dem nebensinn eines werthurtheils (s. auch u. F) st. in einem system u. ä.: st. des menschen im reich der thiere Brehm thierl. 1, 1 P.-L.; st. der kunst im gesammtgebiete des natürlichen und geistigen lebens Hegel 10, 1, 123; berechnung des zweckmäszigsten durchmessers, den man einer münze nach ihrer schwere und ihrer st. (= geltung) im münzsystem geben kann Luschin v. Ebengreuth münzkunde 40; die kunstgeschichtliche st. unserer vasenklasse ist damit hinlänglich bestimmt Hiller v. Gärtringen Thera (1903) 2, 207. mit deutlichem werthurteil: von den denkverschen der ältern pädagogen bis zu dem besten, was man dahin zählen mag, möge alles gelten, nur in seiner st. und gebührenden würde Göthe IV 40, 143 W.
D.
(militär.) st. des heeres, eines truppentheiles, die aufstellung, gruppierung der truppen, sodann der ort, wo sie postiert sind. in breiter verwendung und fruchtbar durch bildlichen gebrauch, oft in concrete bedeutung übergehend, wie attribute und verbalverbindungen zeigen.
1)
derselbe (Satan) ... übersieht mit geschwinden blicken das gantze heer, seine geschickte st. Bodmer samml. crit. poet. schr. (1741) 1, 34; schwere artillerie in st. bringen v. Alten handb. 4, 5; Frkf. ztg. 17. vii. 1915, 1. morgenbl.
2)
lage, ort, platz der aufstellung der truppen, position. grenze gegen 1 flieszend.
a)
die maure ... war ... sehr bawfällig und keine st. dahinter, worauff einiger musquetirer stehen und seine defension thun können Chemnitz schwed. krieg 2 (1653), 272; die st. Dumouriez bei Grandpré war ... fest und vortheilhaft Göthe 33, 54 W.; abends changirte die armee die st. III 2, 28 W.; beide heere standen ... in fester st. einander gegenüber Raumer gesch. d. Hohenst. (1823 ff.) 4, 385; ein heer, welches ... eine st. auf dem ... unzugänglichen Janiculum hatte Niebuhr röm. gesch. 1, 351; er sprengte ... bis zu der st., welche die vortruppen ... inne gehabt hatten L. v. François d. l. Reckenburgerin (1871) 2, 12;
bring kunde mir ...
und seine stellung auch im wald erforsche!
H. v. Kleist 2, 422 Schm. (Hermannsschlacht 5, 6);
dort musz ein blick ...
der feinde stellung uns verraten
Körner w. 3, 123;
zuletzt muszte Tilly seine gute st. aufgeben und ... zurückmarschiren Hebbel 9, 119 W.; die deutschen truppen ... entrissen den Russen die st. in einer tiefe von einem kilometer Göttinger tageblatt 27. x. 1916, 2. bl.; (die) feuerwalze der artillerie, die dem rhythmus des infanterieangriffs folgend, sich immer tiefer in die feindlichen stellungen hineinfressen wird frh. Grote der hauptmann 11. besonders für den schützengraben in st. sein oder gehen im weltkrieg häufig gebraucht, z. b. st. bauen, ausbauen, einen schützengraben ausheben und befestigen. auch als kommando: auf kommando 'stellung' nisten sich die schützen, dem gelände angepaszt, bei ihrem führer ein B. Zimmermann soldatenfibel 81.
b)
bildlich:
die wolken drängten sich wie wilde heere,
gestalt und stellung wechselnd in dem streite
Brentano ges. schr. (1852 f.) 2, 286.
auch in der jägerspr. für standort, posten des jägers: Eichendorf tagebuchbl. (1907) 53.
E.
aus D abgeleitet, in freier anwendung für position in der neueren sprache viel gebraucht. die bildkraft ist verblaszt, wo nicht adj. oder verbum sie betonen.
1)
mit den adjj. fest, überlegen, gefährlich, schief, unhaltbar u. ä.: zufrieden ..., dasz dieser zweig der verstandesthätigkeit hier seine feste st. bekommt Schleiermacher Platon (1804 ff.) 6, 41; mit hellem bewusztsein nahm Milton eine feste st. in dieser schweren zeit Treitschke hist. u. pol. aufsätze 1, 4; die westlichen nationen bekamen eine ... überlegene st. Ranke s. w. 1, 155; da käm ich denn doch gegen mich selbst in eine bedenkliche st. Göthe 42, 1, 59 W.; er befand sich in einer falschen st. ... gegen Franziska Götz W. Raabe hungerpastor (1864) 2, 162; so sind sie in eine ... schiefe st. zur welt gerathen Spielhagen 2, 14; G. Keller 1, 131; meine st. sei jetzt unhaltbar ... geworden Bismarck ged. u. erinn. 2, 107 volksausg.
2)
eine st. einnehmen, behaupten, gewinnen, verlieren, u. ä.: (es) rückten durch sie (die reformation) ... ganze staaten in neue stellungen gegeneinander Schiller 8, 4 G.; eine stolze ..., die feinde zurückweisende st. ... behaupten Ranke s. w. 8, 6; der geistlichkeit ... ward eine bevorzugte st. eingeräumt 25, 23; wird ... dem erben die st. eines kommanditisten eingeräumt, so ... handelsgesetzb. § 139; dasz sie ihre st. aufgeben sollten zugunsten des königs, war nimmermehr zu erwarten Ranke s. w. 1, 110; was mich betrifft, so behaupte ich ... meine von anfang an eingenommene st. D. Fr. Strausz ges. schr. 3, xxv; Mommsen röm. gesch. (1894) 5, 7; während herr Waser (bei betrachtung des bildes) seine stellung (= standort) zu wiederholten malen wechselte C. F. Meyer Jürg Jenatsch 119; ich versprach ihm, nichts zu thun, das seine st. untergraben ... könnte Fontane I 2, 27; (sie) versuchten, die behörden ... aus ihrer st. zu treiben Herm. Grimm Michelangelo (1890) 1, 11; die macht des vortrags, die es dem hörer leicht macht, st. dafür oder dagegen zu nehmen Scherer kl. schr. 1, 353; zu einer frage st. nehmen A. Hitler mein kampf (1933) 621.
3)
soziale, politische, rechtliche st. u. ä., entsprechend dem franz. worte position. die raumvorstellung ist meist verblaszt.
a)
rangordnung, geltung, z. b. st. in der bürgerlichen gesellschaft Castelli 10, 17, in der welt Ebner-Eschenbach ges. schr. 4, 96; Seidel vorstadtgesch. 94. mit attr. adj.: eine gesellschaft junger energischer männer in einer bedeutenden st. Göthe IV 41, 29 W.; respect vor rang und hoher st. Freytag 15, 13; die politische st. Attilas bilder 1, 141; zum vortheil seiner gesellschaftlichen st. Mörike w. 3 (maler Nolten), 25; meine soziale st. läszt kaum etwas zu wünschen übrig W. Raabe Schüdderump (1870) 2, 244; ein ceremoniell, das ... die unterthänige st. des weiblichen geschlechtes erkennen läszt Hassert reise durch Montenegro 35; (er) sasz auf ererbtem grund ..., in geachteter st. Polenz Grabenhäger 1, 226; schaden, den ich von einer schüchternen politik für unsre nationale st. befürchtete Bismarck ged. u. erinn. 2, 106 volksausg. ohne adj. prägnant für geachtete, gebührende st.: sie hatte nur ihre 'stellung', ihre gesellschaftliche bedeutung im auge Gutzkow ritter vom geiste (1850 f.) 2, 395; die jagd hinter dem phantom der popularität ... hat uns unsre st. in Deutschland und in Europa gekostet Bismarck ged. u. erinn. 2, 18 volksausg.
b)
persönliche st. u. ä.: Stein wies mir ... die st. an, welche ich mit und an und unter ihm (freih. v. Stein) haben sollte E. M. Arndt 2, 6 R.-M.; verstimmung der militärs gegen mich wegen meiner persönlichen st. zu sr. majestät Bismarck ged. u. erinn. 2, 50 volksausg.; jeder theilnehmer an der ... handlung hat eine bestimmte st. zum ganzen Freytag 14, 21.
c)
geistige einstellung: im grunde ist Hases ... st. zum wunder eine durchaus rationelle D. Fr. Strausz ges. schr. 3, 29; Freytag bilder 1, 128; 30.
d)
rechtliche st., z. b. rechtliche st. eines volljährigen bürgerl. gesetzb. § 3, abs. 2.
F.
anstellung, amt, function: meine st. an der zeitung würde mir ... alle musze nehmen Levin Schücking an A. v. Droste-Hülshoff br. 200; wenn der finanzminister die gunst seiner amtlichen st. benützt, um ... geldgeschäfte zu machen W. H. Riehl d. dtsche arbeit (1861) 229; könig Heinrich IV ... verschaffte ihm ... eine einträgliche st. Ranke s. w. 9, 19; diese st. (als musiklehrer) ... hoffte Mozart zu erlangen O. Jahn Mozart 3, 48; sie werden drüben (in Amerika) in st. treten Greber Lucie (1901) 26; sie muszte sich nach st. umsehen Polenz Grabenhäger 2, 322; (er) wurde ... wegen veruntreuung amtlicher gelder seiner st. enthoben Palm in acta publ. verhandl. d. schles. fürsten 7, 151;
eine feste stellung, eine
lebenslängliche versorgung,
hat sie endlich zu Paris
im jardin des plantes gefunden
H. Heine 2, 418 E.
heute schrift- und verkehrssprachlich allgemein.
III.
concret, aus dem nomen actionis (s. o. I) secundär entwickelt.
A.
(jägerspr.). 1) für falle: indago, sepimentum Orsäus nomenclator method. (1623) 202; Döbel jägerpractica (1754) 1, 148; haushaltung in vorwerken 233. 2) sitzgelegenheit des ausgesetzten uhu bei der aufhütte zs. f. d. wortf. 9, 61.
B.
(in der sprache der uhrmacher): 'ein stückchen stahl, welches neben dem haken der schnecke einer taschenuhr ... liegt und hindert, dasz die schnecke nicht weiter aufgezogen werden kann' Jacobsson 4, 285ᵃ.
C.
gestell, stellage: das wir meistere hinfur in den mergten und messen ... glich laden und stellung han, sieben schuwe lang und nit lenger Frkfurter zunfturk. (a. 1477) 2, 374; ... hat sich bäbstlich heyligkeit auff einem guldin sessel aus dem palast lassen tragen auff ein st. der kirchen S. Petronii Seb. Franck zeytb. 226ᵇ; der andere theil (des buches) tractirt ... von der seidenwürme natur, hause, stand und stellungen Hohberg georg. cur. (1682) 2, vorr. a 4; st. (stellasche), predelle da botti in una cantina Kramer (1702) 2, 954ᶜ; d. polit. maulaffe (1679) 83. wagengestell: (es) rennete der gutscher mit der vorderaxe wider einen ... stein, dasz die st. in stücken ging und die gutsche ... zubrochen stehen bleiben muste Bucholtz Herkules (1666) 1, 52. heute obsolet.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 14 (1934), Bd. X,II,II (1941), Sp. 2266, Z. 13.

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Zitationshilfe
„stellung“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/stellung>.

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