Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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stecken, m.

stecken, m.,
baculum, ahd. stekko, mhd. stecke (die daneben sich findende rein oberdeutsche form ahd. stehhan, mhd. stechen hat noch in einem seltenen frühnhd. staechen vallus Diefenbach glossar 606ᵃ ihre entsprechung). stecke, stecken gebildet zu dem verb. ¹stecken (s. unten) und eigentl. 'der (in die erde) gesteckte stab, stock u. s. w.' dieses verhältnisz machen noch fühlbar: kästenbäum pflanzt man auch als dann von stecken, die man inn das erdrich stecket Sebiz feldbau (1579) 52 und der beleg bei Sperling Nicodemus quaerens 1 (1718) 1383, unter ¹stecken verb. 2 a, vgl. auch den wirthschaftlichen begriff (zaun)stecken unten. weitere westgermanische entsprechungen sind as. stekko (mndd. steke) und ags. sticca (engl. stick). lehnwort ist ital. stecca stab, stock (stecco, dorn) und ebenfalls wohl schon aus früher zeit anord. stjaki 'pfahl, stange'. über das aus dem niederdeutschen entlehnte subst. sticken, m. s. unten, und über die beziehung zu staken, m. s. oben, sp. 586. die form stecke neben staken belegt noch Stieler 2160 und Kramer dict. 2 (1702) 923ᵃ. daneben ist eine kurzform steck (wohl unter dem einflusz von stab und stock zu stande gekommen): in der älteren sprache wiederholt zu belegen ain ainser stegk Zingerle mittelalterliche inventare 4, 318 (Bozen 1485); der steck (im zaun) tirol. weisth. 4, 198, 32 (Wangen); ein steck oder gert, rut virga, virgula Alberus dict. (1540) 4ᵃ; ein krummer steck uncus, uncinus ebenda; ein steck, damit mann die leut bei seits triebe, wenn man in der götter ehr mit der process gieng commetabulum ebenda; stäck, stab scipio, fustis, baculus, baculum Maaler 383ᵇ; steck, stab baston, eschalas Hulsius (1616) 307ᵇ; steck, stock bastone, palo (1618) 238ᵇ;
mein trost bei mir ist diser steck
Frischlin dichtungen 119.
beide formen neben einander: darob ward er dermassen erzürnet, dasz er einen stecken zuckt, den er in seinen händen trug, und einen knecht schlug, dermassen, dasz der steck von dem streich zerbrach buch der liebe 286ᵃ. in einer weiteren angleichung des vocals an stock:
leyt neben mich ainen stöcken,
damit ich sy (die thiere) müge von mir treyben
Schwarzenberg teutsch Cicero (1535) 60.
eine seltene nebenform steckten bietet Pauli mit einem steckten schimpf und ernst 37 Österley.
bedeutung:
1)
baculum, der wanderstab, doch von vornherein eingeschränkter im gebrauch als stab (s. oben sp. 335 unter stab II 5) und besonders unten stock. der stecken ist besonders das geräth alter leute, auch der lahmen, krüppel und blinden; so hat man sich ihn auch zumeist ohne alle kunstvolle bearbeitung zu denken und nur wenig verschieden von den rohen genossen im zaun des hofes oder gartens. sie (die alten leute) können nicht mehr gehen, sondern müssen ihre zuflucht zu den stecken nehmen Fleming der teutsche soldat 4, 11. sich an einen stecken lehnen: sich an ein stäcken erstützen oder leinen incumbere baculo Maaler 383ᵇ; (sie) Cymon vor ir an seinem stecken leynen sahe Arigo 312 Keller; ach got der da gesehen het die junge ritter an stecken geleynet durch das schlosz Montabor hungers halben wandern Aimon 10; allein der halb verschmachtete arme tropf danckte gott, dasz er an seinen stecken sich noch lehnen konnte polit. stockfisch 204. sich an einem stecken (weiter) steuern: Teutschland gehet auff in der gestalt eines armen elenden bettelweibes, ... sie steuret sich an einem stekken Rist friede wünschendes Teutschland (1648) 130; jenner gehet vber land, vnnd in mangel pferds trägt er einen stecken in der hand, an den er sich steyret Moscherosch gesichte (1650) 2, 145. am stecken gehen: so spricht der herr Zebaoth, es sollen noch förder wonen in den gassen von Jerusalem alte menner vnd weiber und die an stecken gehen fur grossem alter Zacharj. 8, 4;
sie kam an eym stecken gegangen
Wickram 7, 137, 648 Bolte;
der alte narr muͦsz erst am stecken leren gon
Gengenbach 71 Goedeke;
da merkt die königin,
dass da (in Prag) nicht wär gut bleiben,
kein feuer mocht sie schmeckn,
wer nicht mit ihr konnt reiten,
musst gehen an dem steckn
Opel-Cohn dreiszigjährig. krieg 82;
wo die greisen leute stehn,
und krummgebückt an stecken gehn
Treuer deutscher Dädalus (1675) 1, 75.
deutlicher arbeiten die folgenden belege die sphäre heraus:
der maler lässt den greis am stecken kraftlos schleichen,
uns ist, als hörten wir den greis vernehmlich keichen
Gellert werke 7, 12;
auf einem dunkeln pfad
schlich ein gebückter greis an seinem stecken
Pfeffel poet. versuche (1812) 1, 198;
dort kriechet ein alter
an dem dürren stekken
Lenz gedichte 28 Weinhold (landplagen);
sich durch einen jungen knaben an einem stecken an die strasse führen lassen Simpl. 2, 347, 3 Keller.
a)
auch bärenführer lassen den tanzbären am stecken schreiten: Estherchen lachte und freute sich unbändig über den bären, wie er so zierlich umherwatschelte mit seinem stecken Keller 4, 21.
b)
neben krücke (s. th. 5 sp. 2427): in einer wallfahrtscapelle secht an den grossen hauffen der krucken vnnd stecken Paracelsus (1616) 1, 107; was krebs, eiter, grind ... hat, war hier in Aalen, und auf dem wege nach Ellwang an krücken, an stecken, auf eseln ... zu sehen Schubart leben 2, 96.
c)
im sprichwörtlichen vergleich bewegt sich die redensart er schreit wie ein blinder nach seinem stecken: derhalben wöllen wir nicht, bisz jhr vns vnser geläut und glockenbüttlichkeit wider gebet, nachlassen, euch nachzulauffen vnd nach zu schreien, wie ein plinder der seinen stecken verloren hat Gargantua 244 neudr.; sie schreit wie ein blinder, der seinen stecken verlohren hat Harsdörffer frauenzimmer gesprechspiele (1641) 2, 290.
d)
mit einer gewissen absicht suchen die sphäre unseres wortes: (es) wurde mit einem stecken an die thür geklopft Storm 5, 196; Hinzelmeier griff nach seinem stecken, den er beim eintritt an die thür gestellt hatte 3, 25:
sechsmal ist sonne schlafen gegangen,
seit ich den heiligen stecken empfangen
Z. Werner kreuz an der Ostsee (1806) 74.
e)
in symbolischer sprache: von der wiegen bisz an die krucken odder stecken, versteh von kindswesen auff bis in das alter Franck sprichwörter (1545) 1, 1ᵃ, ja, bis zum höchsten alter, wie im folgenden: in der gantzen statt ward niemand verschont, alles erwürget, weib vnd kind, alt leut an stecken S. Franck chronicon (1538) 135ᵇ.
2)
der stecken als primitives schlaginstrument besonders beliebt: mit einem stecken schlagen battere con un bastone, bastonare, dar bastonate Kramer dict. 2 (1702), 923ᵃ; als sy den selben jemrigen mit stecken schluͦgent Niclas von Wyle translationen 261, 21 Keller; wie der rhümen kan, der den stecken füret vnd hebt und füret jn so leicht, als were er kein holtz Jesaj. 10, 15; der die jungfrawen mit einem stecken schlug Amadis 1, 129 Keller; ausserdem würdest du, mit beyhülfe eines steckens dich in etwas malträtiert befinden Iffland theatral. werke 1, 277 (komet 7);
und haist do zwen starck junge knaben
her zu mir gen und mich do fahen
und mich mit stecken seer do schlahen
pfarrer von Kalenberg 7, 138 neudr.;
wer ein böses weib hat am sonntag,
der schneid 'nen stecken am montag,
prügle's weib am dienstag
Holtei schriften 21, 34;
mit stecken schmeiszen, schlagen; vgl. schmeiszen (th. 9 sp. 1003):
an statt, dass er soll pfenning suchen,
und da mit kleydung, brot und wein
mitleidenlich behilflich seyn,
heyst er den armen mann abweissen,
und noch dazu mit stäkken schmeissen.
in der anrede an einen schulmeister:
du andrer Nero, du, der mit der ruten läuft,
der mit dem stecken schmeisst, der stösset, schlägt und räuft
Grob dichter. versuchg. (1678) 50.
selten das geräth im bloszen accusativ: einen stecken an den hals schlagen inquutere in caput scipionem Corvinus fons lat. 529ᵇ. einen mit einem stecken von dannen jagen:
die pewrin mich grob anzannen,
jagen mich offt mit stecken dannen
H. Sachs 9, 9 Keller-Götze.
a)
als ethnographischer begriff wird er geschildert: nicht mit einem indianischen rohrstab, sondern mit einem teutschen stäcken Moscherosch gesichte (1650) 219.
b)
in verbindung mit entsprechenden begriffen: etwann das ainer geschlagen würdt mit ainem kolben oder stecken Braunschweig chirurgia (1539) 25ᵃ; mit ruthen, stecken und geisseln über die blosse dicke und schienbeine geschlagen werden Stranitzky ollapatrida 308 Wien. neudr.;
gebrauche fingerkraut, faust, peitschen, prügel, stecken:
es ist mit nichts gethan
Rachel satyr. ged. 20 neudr
St. Niklas spricht:
so bringe ich euch den stecken und die ruth
Arnim 17, 384;
mit schollen, steinen, stangen, rohren, stecken,
mit fäusten wollen wir sie niederstrecken
Rückert (1867) 12, 63.
die begriffe durch allitteration gebunden: stock und stecken Fischart bienenkorb (1588) 69ᵃ; ey, das wär der sündigen welt ein guͦts euangelium, das sie billich, wanns müglich wär, mit stangen und stecken erhalten solt Nas antipap. eins vnd hundert (1567) 3, 237ᵃ; die bürger schlagen einander mit stecken und stangen Prätorius anthropodemus pluton. (1666) 1, 235;
als einem mörder sicherlich
habt ir gesuchet mich
mit spiessen, stecken und stangen
altdeutsche passionssp. aus Tirol 57 Wackernell;
mit stangen, steken und stainen Steinhöwel Äsop 101. über stecken und stab vgl. unten 2 d.
c)
als züchtigungsmittel in der hand des lehrers: plan, den stecken des praeceptors mit dem taktstocke des musikdirektors zu vertauschen Schubart briefe 1, 147; der religionsunterricht ... begann meistens mit der warnung: buben, wenn ihr euch nicht vor dem namen Jesu beugt, so schlag ich euch den stecken um die füsze herum Kerner bilderbuch (1849) 198. zugleich als tactstock dienend: der stecken (des cantors) musz die stimmen führen Abraham a S. Clara etwas für alle 2, 134.
d)
als geräth zum antreiben von (haus)thieren: denn du hast das joch jrer last, vnd die rute jrer schulter, vnd den stecken jres treibers zerbrochen Jesaj. 9, 4; unter dem stecken der treiber vgl. Herder 19, 324 Suphan; mit beiden händen die zügel, in der rechten überdies einen stecken haltend Gerhard akad. abhandl. (1866) 1, 24; besonders für den esel gebräuchlich: si asino omnino non dares futter und stecken, werden den esel nicht lang lassen ghen Luther 34, 2, 458, 10 Weim.; doch sagk und stecken mussen nicht alleyne seyn, szunder das futter auch ebenda 25; sein (des esels) haut ist so hart, dass er weder des stäckens noch des rägens achtet Gesner-Forer thierbuch (1563) 41; der eseldieb ... triebe den esel an mit dem stecken, in meinung, desto geschwinder nach haus zu kommen Abraham a S. Clara etwas für alle 2, 15. allgemein zum verscheuchen von thieren dienlich: vnd der Philister sprach zu David, bin ich denn ein hund, das du mit stecken zu mir kompst? 1. Sam. 17, 43;
dann wann die katz will häfen lecken,
so büszt man jhr den lust mit stecken
Fischart flöhatz 33 neudr.;
als wann ein esel mit verlangen
ist in ein korenfeld gegangen,
darinnen er vil schadens thut,
so lauffen her auss frischem muth
die baurenbuben mit den stecken,
er aber lasst sich nit erschroͤcken
Spreng Ilias (1610) 149ᵇ.
besonders alterthümlich als hirtenstecken (s. th. 4, 2, 1578), um die weidethiere zusammenzuhalten, doch nicht eigentlich (trotz Butschky unten) als waffe wider die wilden thiere, wo der kolben seine sache thun muszte (s. hirtenkolbe unter kolbe II 1 b th. 5 sp. 1604); mit groszer wahrscheinlichkeit hat man die groszen (in der längsaxe unsymmetrisch durchlochten) steinhämmer als solche hirtenwaffe der urzeit angesprochen: ein schäffer rath schlagt mit seim stecken Kirchhof wendunmuth 2, 190. dementsprechend als idyllisches tändelgeräth der vornehmen gesellschaft des 17. und 18. jahrhunderts: derowegen an einem sontag hernach, als ob ich nur in die gärten spatzieren wollte, gantz allein, mit einem à la mode stecken (hirtenstab) in der hand, das wasser hienunder schliche Moscherosch gesichte (1650) 2, 24.
α)
stark fällt hier aber die biblische sprache ein, mit anlehnung an Luthers übersetzung von 'virga et baculus': und ob ich schon wandert im finstern tal, fürchte ich kein vnglück, denn du bis bey mir, dein stecken und stab trösten mich psalm 23, 4, wo gott als der gute hirte vorgestellt wird; vgl. auch: fürchte dich nicht, mein volck, das zu Zion wonet, fur Assur, er wird dich mit dem stecken schlahen vnd seinen stab wider dich auffheben, wie in Egypten geschach Jesaj. 10, 24; wer ... ohne alle list leben wil, der begehret, unter den wölfen ... ohne stab oder stekken zu wandeln Butschky Pathmos (1677) 9;
dein stab, herr, und dein stecken
benimmt mir all mein schrecken
P. Gerhard bei Fischer-Tümpel kirchenlied 3, 357ᵃ;
er (gott) gleittet mich zu tag vnd nacht,
mit seinem steck vnd stabe
Ringwaldt handbüchlein B 10ᵇ;
zu der verbindung stecken und stab vgl. auch stab II 5 d (oben sp. 339); deine ruthe und dein stecken haben mich getröstet Mayr päckchen satiren 54, 1.
er weyset mir
den ort mit seinem stecken,
da für und für
ich wohnen mag ohn schrecken
Weckherlin gedichte 2, 70, 78.
s. auch unten die bildliche verwendung, welche hier ihre hauptnahrung gefunden hat (unter 12 a).
e)
die virgae der fasces der römischen lictoren werden als stecken gedacht: ist wohl eine schimpfflichere dienstbarkeit zu ersinnen, als dass Deutschland ... beil und stecken gleichsam zum täglichen schrecken fürtragen sehen musz? Lohenstein Arminius (1689) 1, 19ᵇ; vgl. auch er liess ... die frembden so bald mit weinstöcken, als die römischen bürger mit gemeinen stecken schlagen 1, 44ᵇ. dagegen der unten aus dem ruthenbündel heraussehende stiel des beiles ist gemeint: zuͦ Rom giengen den oberen gewaltschergen vor, mit wellenruͦten vnd eim beihel an einem stecken Heyden Plinius (1565) 46.
f)
selten mit stecken werfen, doch nur wenn ein schlagen nicht mehr möglich: einen stecken nach dem hasen schleudern vgl. Peschel völkerkunde 496. anders gedacht aber sind:
(geworfene) stecken die da waren gebrant
vnd vornen fewrig spitzen hant
Murner Äneis (1543) o 1ᵇ.
g)
stecken im gegensatz zum schwert und dadurch als ungefährlichere waffe charakterisiert:
zefuͦsz, on weer vnd nitt zerosz,
on schwerdt, mit stecken vnd demuͦt
schweiz. schauspiele 3, 119 Bächtold;
lobt ihr das schwert, wenn ihr's nennt schärfer als den stecken?
Rückert werke (1867) 8, 245.
so wird das schwert in spöttischer rede (gleichsam in der hand eines kindes gedacht) stecken genannt: hat man dir drumb den stecken geben, dasz du mir also freuenlich vnter meinen augen meine liebe freund soltst ermörden Gargantua 422 neudr. gefährlich wurde der stecken erst durch seine spitze, mochte sie nun durch feuer gehärtet oder mit einem metallschuh versehen sein: underredten sich, das sie kein schädliche wehr ... brauchen solten, kein kolben noch spitzig stecken Wickram 2, 276, 18 Bolte.
3)
selten ist der stecken aus anderem material denn aus holz; er ist dann kunstvoller hergerichtet, und stab wird dann durchaus vom sprachgebrauch bevorzugt (s. stab 4 f oben sp. 334): czwen eysen steken Zingerle mittelalterl. invent. 16, 21 und 44, 256, wo es zweifelhaft bleibt, ob nur mit eisen beschuhte stecken gemeint sind (vgl. oben 2 g). — elfenbeinerne stecken: (er) schluͦg den Gallier mit einem helffenbeinin stäcken Stumpf Schwytzerchron. (1606) 152ᵇ.
4)
der in die erde getriebene stecken: er trieb frische stecken je zu zweien in den boden Rosegger schriften (1895) 1, 82;
ob ich etewenne
korn ûf dem tenne
mit drischelen ûʒ gebieʒ
od ob ich stecken ie gestieʒ
Helmbrecht 318.
a)
eingeschlagener stecken, welcher die grenze bezeichnet: item so ainer dem andern die marchstain oder stecken verändert oder selbs aussteckt und wiert verklagt, ist peen von iedem mark funfzig phunt persar tirol. weisth. 4, 704, 6 (Buchenstein 16. jh.) vgl.marcstecke Schm. 3, 610.
b)
insbesondere der zaunstecken (s. unten), um welchen sich das flechtwerk des alten zaunes herumlegt, wie der zettel des gewebes um den einschlag: stecken in einem zaun vgl. Schumann nachtbüchlein 232 Bolte; von zeun und stecken ausprechen tirol. weisth. 4, 432, 24 (Sterzing); spelten, stöcken, zaunring 4, 463, 15 (Moos 18. jahrh.). hierher wohl auch:
durch dornen und hekken,
durch stauden und stekken ...
wil ich mir machen eine bahn
Silesius heilige seelenlust 14 neudr.;
ein von einem zaune abgebrochener stecken Krünitz 171, 121.
α)
in sprichwörtlicher redensart: so rasch wird der stecken nicht vom zaun gebrochen Storm 7, 227, das heiszt die gelegenheit. vgl. die gelegenheit vom zaune brechen und unter zaun, eigentlich einen streit, einen rechtshandel kurzerhand hervorrufen, wie ihn die wendung solt man ein sache vom alten zaun brechen Luther 5, 287ᵇ noch in gröszerer frische spiegelt, denn sache ist hier noch ganz 'rechtstreit' (vgl. sache II 1 th. 8 sp. 1593); sie, die seit fünfzig jahren täglich ihren stecken vom zaune brach — sie will ruh' haben Rosegger wildlinge (1906) 356.
β)
an den zaunstecken denkt wohl auch die bauernregel:
es ist kein aprill so gut,
er schneit dem stecken auch ein hut
Kirchhofer schweizerische sprichwörter (1824) 313.
c)
kleinerer pfahl, um büsche, stauden und junge stämme damit zu befestigen: stäcken stossen im weyngarten vineam pedare Maaler 383ᵇ; man steckt die reben. man biegett sy von oben hernider biss auf die erden vnd steckt sy denn mit starcken ramen oder mit stecken, da mit die reben auffenthalt haben Thauler sermones (1508) 27ᵃ; schneid die wurtzeln der reben ab, vnd vmbstellet sie mit stecken Sebiz feldbau (1579) 50. — und sie pinden in (den pfeffer) an stecken als die weinreben Schiltberger reisebuch 80, 7; item eyn gartner, wann er junge reisz oder bäumlin sezt, steckt er eynen stecken darbei, das sie stracks vnd gleich aufwachssen Fischart ehzuchtbüchl. 279 Hauffen. mit völliger einkehr in das bild: thuͦ deinem sun als einem zwig, dem stelst du ein stecken zuͦ vnd bindest in daran, das er daran vffrecht wachsz. also den stecken der straff, bind in deinem sunn zuͦ, das er nicht von einem ieglichen wind seines eignen willens vmmgeworffen werd Keisersberg narrenschiff 174ᵇ.
d)
pfähle für tische und bänke im freien: der Fritz und seine gesellen hatten ... mit in den grasboden eingeschlagnen stecken und darauf genagelten brettern tische und bänke ... hergestellt Ludwig 2, 284.
e)
der leichnam des besiegten feindes wird auf einem in die erde getriebenen stecken zur schau befestigt: so nympt er in (den besiegten gegenkönig) und setzt in auff ein stecken, das im der steck zu dem halss wider aussgeet und muss auff dem stecken erfaulen Schiltberger reisebuch 65, 16. schon mhd., wo aber nur der kopf dieses schieksal erfährt, im übrigen eine alterthümliche sitte:
hie (in dem baumgarten) was gestalt ein wîter rinc
von eichînen stecken.
des wundert Êrecken.
ir ieglîch was sus bedaht,
ein mannes houpt dar ûf gestaht,
wan einer der was lære
Hartmann Êrek 8770.
f)
im geschauten vergleich:
her Nîthart hât uns hie verlâʒen als diu krâ den stecken,
diu dâ hinne fliuget unde sitzet ûf ein sât
Neidhart 198 Haupt (vgl. die anmerkung dazu).
5)
in wirthschaftlicher sprache findet sich der stecken noch:
a)
als schürstock des feuers: welcher ... bey einem grosen hellen feur pflegt sein gepäck zu wärmen, vnd zu erharren, wann er von dem äcker der kesten feister würde, vnnd pflegt dieweil mit eim angepranten stecken, damit man das feur schüret, auff den herd etwas zu malen vnd zu schreiben Gargantua 329, vgl.schürstecke mhd. wb. 2, 2, 625ᵇ.
b)
als rührstock für flüssigkeiten: wo der weyn ... seiger werden wil, vnd man denn mit einem gespaltnen staͤcken jn abbräwet Gesner-Forer thierbuch (1563) 20; schwencke das wasser in einem gefesz mit einem stecken geschwindt vmb Ercker mineral ertzt (1580) 73ᵃ.
c)
als tragstock im wurstwiemen: es wär glich als muͤglich, das ganz meer an den regenbogen zuͦ henken, wie ein brotwurst an ein stecken, das es tüerr und drucken wurd Manuel 230, 12 Bächtold (krankheit der messe). ähnlich auf der wanderschaft: und sie kamen bis an bach Escol, vnd schnitten daselbs eine reben ab mit einer weintrauben, vnd liessen sie zweene auff einem stecken tragen 4. Mos. 13, 24; er understuͦnd die strassen dermassen zuͦ sicheren, dasz einer gold on sorg an einem stecken durch das land möcht tragen Münster cosmogr. 509.
d)
auch zum aufschütteln des bettes: aber wann mir das Cläuszle nit folgen wolt, botz krisam, so wolt ich jhn so jämmerlich abbören mit diesem stecken (dann er hett eben damals seinen stecken, damit er das bett macht, inn der hand, und fantasiert dran) Gargantua 357 neudr. hier knüpft wohl die redensart an: das weib ist so garstig, dasz man sie kaum mit einem stecken anrühren oder aufheben möchte Kramer dict. 2 (1702), 923ᵃ.
e)
stecken bilden das gerippe eines korbes, welche dann das eigentliche geflecht tragen (ähnlich wie oben zaunstecken): körb, von starcken stecken vnd zaunruhten geflochten oder gezäunet Kirchhof milit. discipl. 171; vgl.lärchen, die gut zu spelten, stecken, seilen oder ander notturft zu gebrauchen sint tirol. weisth. 1, 129, 7 (Lichtenwert 1519).
6)
eine kleinere fahnenstange: ein mann von mittlerm alter ... ging voran und hielt ein weiszes tuch auf einem kleinen stecken empor Forster schriften 1, 455; nachdem der stecken mit der weissen grundfarbe bestrichen, welche für beide königreiche dieselbe war, wurde er mit einer spirallinie von der andern farbe umwunden Keller 3, 77;
die lieb, recht als ain hader,
empor an ainem stecken schwebt
Hätzlerin liederbuch 241, 233;
auch sonst gebräuchlich, um etwas den leuten sichtbar voranzutragen, vgl.: niemand hab jn vermöcht, das er die kron ie ein mal auff sein haupt setze, sonder allweg auff einem steckenn vor jm her tragen lassen Franck chronicon (1538) 38ᵇ.
7)
die kinder reiten auf dem stecken, nehmen ihn rittlings zwischen ihre beine. vgl. dazu unten besonders steckenpferd und steckenrosz, sowie steckenreiter: stäcken darauff die kind reytend, was vor zeyten ein ror, bey vns badenroͤsszle genannt wurde arundo Maaler 383ᵇ; aufm stecken reiten equitare in arundine longa Corvinus fons lat. 70ᵃ (vgl. Steinbach 2, 690); auf einem stecken reiten cavalcare sù un bastone ò sù una canna Kramer dict. 2 (1702), 923ᵃ; Agesilaus reut mit den kindern auff dem stecken herumb Gargantua 293 neudr.; 'quum ipse quoque pater evaseris, tunc patribus consilium dabis' sagte Agesilaus, als ihn einer sahe mit seinen kindern auff dem stecken reiten Moscherosch insomnis cura parentum 133 neudr.;
der sagt, was er getriben hab,
da er noch war ein junger knab,
wie er auff steckn geritten sey,
und triben seltzam spil darbey
Scheit Grobianus 2033 neudr.
ganz an stelle des kunstvoller gearbeiteten steckenpferds: auf Josephs stab ein männlein seie geschnitzlet gestanden, wie man sihet an denen stecken, da kinder ... auff zureitten pflegen Fischart bienenkorb (1588) 152ᵇ.
a)
als ausgesprochenes charakteristicum der jugendzeit:
glücke läst sich nicht beherrschen von dem alter oder zeit:
manchem bringt es schöne früchte, wann er noch auf stecken reit
Logau sinngedichte 604, 76 Eitner.
ähnlich: es ist nicht mehr vmb die zeit da Gretlin span und Hänszlin stecken ritt Fischart bienenkorb 139ᵃ, d. h. die tage der kindheit sind vorüber.
b)
übertragen mit beziehung auf liebhabereien, neigungen und gewohnheiten, welche so in den kreis des kindlichen, ja kindischen gebracht werden sollen (vgl. die reichere entwicklung unter steckenpferd 2): können sie den mann grosz finden, der niemals anders als auf seinen eigenen stecken reiten will Möser werke 3, 45 Abeken; nun setzten sich diese exegeten nackt auf stecken und hölzerne pferdchen, und ritten hin und her Zimmermann über die einsamkeit 2, 63 anm.;
der ist ein guͦtter gouckelman,
der zuͦ ross nit rytten kan
vnd sitzet dannocht vff eim stecken,
vff das er ryt mit andern gecken,
ein valsche freud im selber macht
Murner narrenbeschwörung 74, 3 neudr.
c)
im sprichwort: es ist docken werck, auff stecken geritten, es ist wol halb zuͦ fuͦss gangen Franck sprüchwörter (1541) 1, 120ᵇ; dann darvon pflege man im sprüchwort zu sagen: stecken reiten sey helb gegangen Agyrtas grillenvertreiber (1670) 81; die schenckel empfindens wol, so man auff stecken reit Franck sprüchwörter (1545) 1, 81ᵃ.
8)
der stecken als göttliches symbol, so des Hermes τριπέτηλον ῥάβδον:
ey, ey, wie ein seltzamer mann!
hat an seim stecken zwo schlangen,
kan fliegen vnd kombt doch gegangen
Ayrer dramen 516, 2;
vnd mein Mercurisch richterstab
mit igelschmaltz ich geschmieret hab,
darmit ich euch flöh stillen mag,
das jhr werd stumm, vnd daub vnd zag,
wie Mercurius mit seim stecken
kondt schlaffen machen vnd erwecken
Fischart flöhatz 49 neudr.
auch der dreizack des erderschütterers Poseidon:
mit dem dreygespitzten stekken
schlug er in das blaue meer
Neumark musik.-poet. lustwäldchen (1652) 104.
a)
hier möge auch platz finden, wenn in der deutschen sage der treue Eckhart einen stecken führt: es soll aber vor dieses teuffels heer ein ... alter mann, welchen sie den getreuen Eckhard nennen, herziehen, und mit einem stecken ... forne an marchiren Praetorius Blockesberges verrichtung (1668) 15; ganz ähnlich wie Moses in der jüdischen:
wo schreibt Lykurgus denn, und Moses mit dem stekken,
dass eine hausfrau nur sol draat und finger lekken?
Rachel satyr. ged. 35 neudr.
9)
als magisches geräth:
o du böses, altes wyb ...
wie bist so blindt in disen sachen,
das du wenst, du kynnest machen
wetter, hagel oder schne,
kinder lemen, darzuͦ me,
vff gesalbten stecken faren!
Murner narrenbeschwörung 46, 34;
wann dir eine wunde fürkommet, so nim einen höltzern geschelten und reinen stecken Nigrinus von zäuberern (1592) 101;
wenn Faust auf seinem mantel fuhr,
und zur beschimpfung der natur
mehr wunder in der welt, als Mosis stecken wirkte
Gottsched gedichte (1751) 171;
der weise ziehet einen kreis,
schlägt dreymal mit dem goldnen stecken
Ramler fabellese (1783) 1, 102.
10)
vereinzelt an stelle des stabes als rechtliches symbol (vgl. stab II 8 f. oben sp. 346 f. und Amira der stab in der germanischen rechtssymbolik 1909): das wörtlin aber 'virga', das hier steet, haisst nach latein ain ruͦt oder steck, als die richter in der hand tragen Luther 1, 694 Weim.
a)
an den stecken des richters geloben, d. h. 'tacto baculo judicis spondere' vgl. Jak. Grimm rechtsalterthümer 135: Herman Lobers dochter sol pilch dem schultheissen an dem stecken geloben Marburger akte von 1525 bei Crecelius 2, 807; auch an den stecken des ortsvorstandes gelobt sich die gemeinde zum gemeinsamen handeln Vilmar 398 (z. jahre 1609). deutlicher ist an den stecken greifen (vgl. das entsprechende unter stab II 8 g ζ sp. 349): hait he der burgen nicht, he sal dem richter an den stecken grifen, das ist so viel als hantgelobede Schminke monim. hass. 2, 721. doch den nur vereinzelten gebrauch bestätigt auch der gegensatz: der scepter eines richters kein stecken eines blinden, sondern wachsamb und sehend Albertinus hirnschleiffer (1664) 108.
b)
selten auch über einen den stecken brechen (das häufigere unter stab II 8 g θ sp. 349 und vgl. dazu Möller in der zeitschrift für rechtsgeschichte 21, 63 ff.):
sie seind verdampt, da hilfft nichts zu,
den stecken will ich brechen nu
Krüger action von dem anfang und ende der welt (1580) C 3ᵃ;
kaum ist ein (verleumderisches) wort gesprochen,
es ist so bald geglaubt. der stekken ist gebrochen,
die unschuld ist in not, ja umb den halss gebracht
Rachel satyr. ged. 68 neudr.
c)
an stelle des weiszen stabes und noch gewöhnlicheren stockes (s. unten) in der hand des recht- und besitzlosen, des landflüchtigen: jedem gefangen ein stecken geben und in die kirche sperren Gargantua 266ᵃ;
da ich war wie ein krug,
mich mein vater zum haus hinaus schlug,
er gab mir einen weiszen stecken in meine rechte hand
und weiste mich in das drei und dreiszigste land
schwerttänzerlied bei Jak. Grimm rechtsalterthümer⁴ 1, 186.
11)
im vergleich.
a)
der stecken als stütze und halt: uf dene kann mer sich verlasse wie uf e gebrochene stecke Martin-Lienhart 2, 580ᵇ; ein erzieher soll immerhin wie ein hölzerner stecken sein, an dem die blume des kindlichen gemüthes sich aufrankt Gutzkow ritter vom geiste 5, 317.
b)
von der armuth, die blösser dann ein geschelter steck Franck sprüchwörter (1545) 1, 37ᵃ. zur charakterisierung der langsamkeit: da wers (von der stell) gangen, wie ein alt weib am stecken Gargantua 169 neudr. von einer steif zurückhaltenden person wird gesagt: es war, als habe sie einen stecken im rücken, als sie das sagte Zahn helden des alltags (1907) 33.
c)
ein wenig künstlich bewegt sich: so mag er die zyffer, die fünff bedut, mit einer sichel verglychen ... die fünffzehenden mitt eim stecken vnd einer sichel Riederer spiegel der waren rhetoric (1493) k 1ᵇ.
d)
morsche stützen, die der mensch zerbricht wie einen stecken Germanicus socialismus und die frau (1899) 74;
was das, beim Jupiter!
für eine sprache ist! als schlüg' ein stecken
an einen alten rostzerfressnen helm!
Kleist 2, 415 Schmidt (Hermannsschlacht 5, 1).
12)
in bildlicher übertragung.
a)
in anlehnung an den stecken und stab des ps. 23, 4 oben unter 2 d α von gott und seinem heiligen wort: darumb lerne ja ein jglicher christ diese kunst, das er sich an diesen stecken und stab halte Luther 6, 347ᵃ; wir wollen uns durch dieses finstre thal, liebster vater, an einem stab und stecken halten, der uns beide trösten soll Hamann schriften (1843) 1, 335;
wer gott zum stecken hat und seiner sich erfreut,
dem musz ein wanderstab zu groszen heeren werden
Hoffmannswaldau gedichte (1697) 5, 165;
darf ich doch nicht erschrecken:
er (gott) ist mein stab und stecken
Neukirch gedichte (1744) 82;
der uns die eine freiheit gab,
will auch die schön're schenken,
du unser stecken, unser stab,
lass deiner stets uns denken
Schenkendorf gedichte (1815) 23.
gottes wort:
dein wort lindert all schmerzen,
es ist mein steck und stab
Steurlein bei Fischer-Tümpel kirchenlied 4, 5;
er (gott) war bey dir sonn und schild,
und sein wort dein stab und stecken
Schmolcke trost- und geistreiche schriften (1740) 1, 959.
α)
mit hinblick auf das vorige kann denn auch ein gutes kind stecken und stab seiner (alternden) eltern genannt werden: ha! ha! das ist der feine junge herr, der seiner familie so grosse ehre macht, und einst der stecken und stab seiner ältern werden wird! Bode gesch. des Thomas Jones (1786) 3, 395; die mutter nannte ihn (den sohn) ihren stecken und stab J. Paul leben Fibels 59;
mit einem weibe ...,
die mir zum stecken und zum stab
'n dutzend derbe buben gab
Schubart gedichte (1825) 3, 32.
verblaszter dafür stecken und trost: euere mutter, deren einige hofnung, stekken und trost ihres alters ihr seyd Butschky hochdeutsche kanzelley 100;
wer wird mein unterhalt? mein trost? mein stecken seyn?
Gottsched deutsche schaubühne 4, 252.
β)
auch sonst: lassen sie uns von den französischen übersetzern anfangen; sie sind ohnedem, wie ich nunmehr wohl sehe, ihr einziger stecken und stab gewesen Lessing 3, 413.
γ)
selten im plural:
meines alters stäbe
vnd stecken so geschwind
gleich mit zerbrochen sind
Königsberger dichterkr. 267 neudr.
b)
der wanderstecken des pilgers (vgl. oben unter 1 d) wird lehrhaft ausgedeutet von Keisersberg: der fünfft steck oder stab, den der tüfel einem bilger darstellet an stat einer christenlichen hoffnung ist ein schwinspysz einer gebickten stangen bilgerschaft (1512) 39ᵇ.
c)
auf dem grund von oben 2 bewegt sich: der stecke solte auch hernacher folgen, das man zuschlüge, da gehört auff uns der Türcke oder sonst ein grewlicher tyran, wie wol unsere fürsten auch stecken gnug sind Luther 28, 654, 18 Weim., und hieran wohl anknüpfend: denn wie man sagt, wenn vns gott einen stecken oder strohhalm zum haupt setzet, so solten wir jn für vnser haupt erkennen, vnd dem selbigen ehre thuͦn Glaser gesindteuffel (1564) D 6ᵇ.
13)
sprichwörtliche redewendungen:
a)
er (pastor Goeze) nennet weder sack noch esel, auf die sein stecken zuschlägt Lessing 10, 129, d. h. sein angriff kommt von hinten herum, nähert sich der stichelei.
b)
von einem der närrisches, verkehrtes zeug treibt, wird gesagt: (er) geigt auff den nuszschalen, pfiff auff eim stecken Gargantua 198 neudr.
c)
einem ins rad einen stecken schieben oder stecken, ihm ein hindernisz bereiten, e stecke ins rad stecken Martin-Lienhart 2, 580ᵇ; auch einem fuszgänger einen stecken zwischen die beine werfen, so dasz er zu fall kommt.
d)
einem steht kein stecken gerade, ihm ist nichts recht, er ist mit nichts (mehr) zufrieden: der Marie-Liese steht auch kein stecken gerade, wegen ihrer verdrüsse mit ihrem junker und seiner schwester Holtei erz. schriften 15, 181; weil unsere damen nicht auf der gallerie sitzen, steht dem jungen herrn kein stecken gerade 35, 192.
e)
dreck am stecken haben, schon etwas auf dem kerbholz haben, schon einmal bestraft sein: die dreck am stecken haben, müssen sich klein machen Ganghofer der mann im salz (gartenlaube 1905 s. 947ᵃ); die meisten aber leugnen die hexerei, weil sie selber dreck am stecken haben und vor dem richter zittern 782ᵃ. dementsprechend denn auch: de bekommst dreck an den stecken, du wirst bestraft Martin-Lienhart 2, 580ᵇ.
f)
einem den stecken geben, ihn verabschieden und aus dem hause schicken, mit dem beisinn, dasz er nun heimathlos sei: geb dem mann sein stecken, mach, dasz der mann fortkommt Askenasy Frankfurter mundart 37; meine letzte amour, die ich verlassen hab' oder, wie man in der hohen dichtersprache sagt, der ich den stecken gegeben hab', hat mir beim abschied prophezeit Raimund 1, 7 (barometermacher auf der zauberinsel 1, 2); wie es auch im folgenden heiszt 'blosz und aller habe bar durchs land fahren': Jacob ... war ein armer schlucker, hatte nichts als ein stecken in der hand Abraham a S. Clara etwas für alle (1699) 1, 252, von wo aus sich versteinerungen begreifen wie die folgende: und die selbigen knaben, die zeren alwegen bey den wirten, die zu dem stecken heissen, das ist als viel, das sie keinen wirt bezalen, was sie yhm schuldig sind Luther 26, 651 Weim. doch die leichtlebigkeit spricht: seit ich ... mich durch ergreiffung des sacks und steckens in die unschätzbarliche freyheit unsers herrenlebens gesetzt Simpl. 2, 349 Keller.
g)
einen stecken dabei stecken und sich so eine stelle in der landschaft merken, sie für künftiges wiederfinden bezeichnen; es ist eso', de chanst e stëke derzue steke du magst es dir nur merken Hunziker Aargauer wörterbuch 252. eine andere seite des sprachlichen bildes entwickelt: wenns dir nit gfallt, so steck e stecke derzue Martin-Lienhart 2, 580ᵇ; d. h. halte dich dabei nun nicht weiter auf und gehe deinen weg weiter; ist er nicht zufreden, stosz er einen stecken derzu ebenda. den allgemeinen sinn 'ein exempel statuieren, das sich andere merken mögen', hat es im folgenden: wir wollen schon dahinter kommen und einen stecken dabei stecken, so dasz jedermann mit unserer justiz zufrieden sein musz Huch hahn von Quakenbrück 24.
h)
ob die redensart: uf dem stecken sitzen, im zweifel sein, in banger erwartung leben Martin-Lienhart 2, 580ᵇ mit der andern ebenda verzeichneten: er geht mit den hüehnern uf den stecke, d. h. er geht früh zu bett und steht früh wieder auf, zusammenhängt, musz zweifelhaft bleiben.
14)
stecken in der bildlichen einkleidung der negation zugleich mit verstärkendem beisinn: das freylich dieser konig nicht ainen stecken zu eigen hat ynn aller wellt Luther 30, 2, 406 Weim., d. h. rein garnichts; wenn ers thun durfte, er (der teufel) lies dir nicht ein gans leben, und ynn summa ... keinen stecken stehen 32, 115, 8 Weim.; weder kuͦ noch gansz, ja kein steck an deinem hauss belibe dier 32, 555, 6 Weim.; ihr solltet nicht einen stecken behalten 33, 606, 38 Weim.; ich habe nicht einen stecken holtz im hause Kramer dict. 2 (1702), 923ᵃ.
15)
entsprechend der unter span, astula A II 6 (th. 10, 1 sp. 1866), dafür aufgewiesenen bedeutung 'geld' hat diesen sinn auch der plural stecken: mit denneⁿ par stëckeⁿ, wiᵉ er verdient, kann er keⁱn grossi sprüng macheⁿ Martin-Lienhart 2, 581ᵃ, doch zugleich mit hervorhebung des wenigen, geringen.
16)
stecken, brennholzmasz in Frankfurt a. M. und im groszherzogthum Hessen. handschriftl. mittheilung von Hoffmann von Fallersleben, vielleicht eigentlich 'ein bündel holz so grosz, wie man es auf einmal auf dem tragstecken fortschaffen kann'.
17)
dünne, magere beine und arme heiszen stecken: der teufel soll mich mit brennenden granaten neunundneunzig mal todt werfen, wenn mein kleiner finger nicht gerade so dick ist, wie des windhundes seine tausendsackermentischen stecken von beinen Holtei erzähl. schriften 6, 81; seine arme sind die reinen stecken. der ausgangspunkt findet sich in dem vergleich beine, arme haben so dünn wie ein stecken.
18)
dementsprechend auch von einer hageren person überhaupt: ein alter stecke, ein alter schedel Berthold von Regensburg 1, 416, 34; entsprechend dem vergleich: ich rufe gott zum zeugen an, der kerl sei so dünn als ein stecken Kleist 4, 211 E. Schmidt.
19)
stecke, membrum virile Martin-Lienhart 2, 581ᵃ; dazu die redensart: diᵉ geʰt an deⁿ stecken.
20)
stecken in Obersteiermark ein schmaler, auf beiden seiten abschüssiger felskopf, der von der schneide aus gesehen wie ein schmaler kegel aussieht Unger-Khull 571ᵃ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1912), Bd. X,II,I (1919), Sp. 1288, Z. 49.

2stocken, stöcken, stecken, verb.

²stocken, stöcken, stecken) verb.
in den stock (vgl. ¹stock m. 4 f) setzen, legen (ins gefängnisz) werfen; in der älteren sprache vereinzelt ohne umlaut stocken cippare Diefenbach glossar 121ᵃ, incippare, cippis, compedibus ligare 292ᵃ, incippare nov. gloss. 212ᵇ, intruncare glossar. 306ᵃ; neben stöcken in carcerem conjicere Stieler 2161, in vincula conjicere Wachter 1613; vgl. auch die zusammensetzung einstocken (incippare Diefenbach gloss. 292ᵃ): hilff, das wir ... nit yhrer (der sinne) begirden noch willen gelassen werden, sondern in deynen willen gefangen, gestockt und geprochen werden Luther 7, 224 Weim. (dagegen gestöckt 6, 15 und 10, 2, 401 Weim.); das sie einen jeglichen ... peinigten, stockten, queleten Schütz historia rerum prussic. 5, F 4ᵇ; neben blocken (vgl. die umgelautete verbindung unten): als ... der herzog solichs (klagführen) vernam, underfieng er sich ers noch gewaltiger aller guter des gottshaus, auch aller irer leut, stockets und blockets, verwundets, lemets und todtes Knebel chronik von Kaisheim 181; man stocket und plocket sie, und gehet unfreuntlich mit den leutten umb Agricola sprüchwörter P 8ᵃ; (substant.): dem gottshaus, seinen leuten gaistlichen und weltlichen wurd gross ungefueg und ubles erzaigt mit fachen, stocken, blocken Knebel chronik von Kaisheim 165; auch mit u (bez. ü): er hat mich fenglich angenomen, gestuckt und gepfluckt chron. der stadt Elbogen 78, 82.
1)
stöcken captivos cippare Diefenbach gloss. 121ᵃ, intruncare 306ᵃ, conjicere in carcerem Ulner (1589) 168; mit entsprechenden begriffen verbunden: hangen, rädern, köpfen und stöcken ist kein sünd, were das nit, wir behielten keinen bissen in dem mundt Franck sprüchwörter (1541) 2, 60ᵃ; kerckeren, brennen, stöcken, und tödten O. Brunfels vom evangelischen anstosz C 3ᵇ; das der ubertreter und verwircker nicht gestöckt, getormet und getotet ... werden Alex. Chrosner ein sermon von der hailigen christlichen kirchen 45; wie vil tausent ist ir freilich noch heutigs tags in vilen provintzen gestöckt, und jämerlich gefangen? (wegen ketzerei wider das papstthum) Sleidanus reden 56; (bildlich:) diss sind nu die schönen drey wort, der wir zum festen troste brauchen sollen und können, wenn uns die sünde betrüben, und der todte ansprechen, stöcken und kerckern wil Mathesius leichenreden 187; neben klemmen (th. 5 sp. 1139) wohl für die zwecke der folterung:
aber dise ritter allsampt
die hab wir für di zagen erkant.
wenn sie süst schüllen peut nemen
und manchen armen stöcken und clemen (zur erpressung),
so sein sie alle rösch (muthig) im veld (da sind sie auf dem platze)
fastnachtspiele 639, 7;
man klempts, man stöckts und stichts zu tot
644, 18.
2)
besonders in der reimverbindung stöcken und blöcken (s. th. 2 sp. 137): die sünde kan niemandt gefangen legen, stöcken oder blöcken Franck paradoxa 179; die gewissen sein im bapstumb ... gemartert, gestöckt und geblöckt worden Nas antipap. eins und hundert 3, 225ᵃ;
se (die aufrührer) stöcken und blöcken de christen gud
lied auf den Lüneburgischen prälatenkrieg 1454—56
(Liliencron 1, 472, 3);
und wolt sie einer irrthumb straffen,
so schreiends dawider mort und waffen,
wie man soll solche ketzerey
rottergeyst und schwermerey
als bald aussreuten und vertreiben,
stöcken, blöcken und entleiben
Fischart die gelehrten die verkehrten 1742 Kurz;
stöcken und plöcken in vincula conjicere Frisch 2, 337ᶜ: ich stöck und plöck torqueo Alberus 127ᵇ; dergestallt ist ain mensch gefangen, gepunden, gestöckht und geplöckht in sonder faͤncknuss, das ist in jm selbs und in seinn sünden Berthold von Chiemsee tewtsche theologey 259; ir schuldigen sie fachen, stöcken und plöcken lieszen Arigo 67; der babst und die official die nemen gefangen, ... stöcken und plöcken und verfolgen ... die hyrten Luther 10, 3, 121 Weim.; denn man henget, senget, köpft, würget, stöckt und plöckt tischreden 35ᵇ; des teufels kindern gehöret, das man sie sol stöcken und plöcken Chr. Irenäus spiegel des ewigen lebens v 2ᵃ;
verführt euch also stoltz und schleck,
das man euch also plöck und stöck
Fischart flöhhaz 948 neudr.
a)
stöcken und pflöcken (th. 7 sp. 1771 unter 3) cohibere in vinculis, in carcerem compingere Stieler 2162; nicht wie das vorige eine völlig tautologische verbindung (pflöcken vielmehr einen verbrecher auf der erde liegend mit pflöcken und stricken fesseln): er vahet, stöckt und pflöckt münich und pfaffen deutsche städtechron. 5, 363 (j. 1420); leutschinder, plager oder einmahner ..., welcher die stöcket, pflöcket, pfendet und vorm gericht umbher zeucht Mathesius Syrach 2, 25ᵃ; da einer von schuld wegen, sein hauss und garten einem andern lassen, und doch gestöckt, gepflöckt, geschendet und gepfendet werden mus 2, 29ᵇ; und haben uns steupen, foltern, poltern, stöcken vnd pflöcken lassen Sarepta 216ᵇ; wo du dich nicht stehenden fuszes fortpackst, soll dich der magistrat stöcken und pflöcken und an den pranger stellen lassen Musäus volksmärchen 1, 130.
b)
in fortschreitender vocalentrundung:
die rauben, morden, stöcken, plecken
Hans Sachs 6, 375 Keller;
stecken intruncare Diefenbach glossar 306ᵃ; Paulus, ... in einen kercker gesperrt, gesteckt und gepleckt, zuͦ Yconio versteinigt Franck chron. 264ᵇ.
c)
in anlehnung an den eigentlichen gebrauch ist als bildliche verwendung hervorzuheben: wörter stöcken und blöcken, stümperhaft eine sprache gebrauchen; vgl. hier aus der gleichen sphäre radebrechen (th. 8 sp. 45 unter 3 b): wenn jr so fortfaren wollet, die syllaben mit gewalt zu stöcken und blöcken Luther 4, 376ᵃ; und wohl in anlehnung daran: wann die teutschen wörter verderbet, verkehret und durch den harten groben laut gestökket, geblökket, und nicht nach rechtem teutschen wolvermögen hervorgelanget sind, künnen sie nicht, als mit härtigkeit gehört oder gelesen ... werden Schottel hauptsprache 67.
3)
im freieren gebrauch 'quälen, foltern, in bedrängnisz bringen, allerlei schmerz bereiten': mit schmach und qual wöllen wir jn (den gerechten) stöcken, das wir sehen, wie from er sey, und erkennen, wie gedültig er sey weisheit Salom. 2, 19 (von H. Sachs in die reimformel hinübergeleitet:
wir wöllen in mit schmach und qual
stöcken und blöcken allzumal
19, 425 Keller-Götze);
martern können sie, ausreutten können sie nicht, stöcken können sie, zwingen können sie nicht Luther 5, 57ᵇ; und wie hätt' ich einen mann foltern, oder wie meine mutter sprach, stöcken sollen, der so väterlich war Hippel lebensläufe 1, 299.
4)
substant. (im eigentlichen sinne): das mittelalter, in dem alle harte knechtschaft beinahe erloschen war, kannte noch ein stöcken und blöcken der schuldner, die ihren gläubigern zu hand und halfter überantwortet waren Jacob Grimm rechtsalterthümer 2, 164;
ir (der räuber und bösewichter) verwegenheit, tron und tretzen,
ir lauschen, fahen, stöckn und schetzen
Hans Sachs 3, 60 Keller.
bildlich: auch aus vieler andern zeugnis man wol sihet, welch ein teuflisch ding die nonnerey und müncherey ist, da man mit eitel treiben, zwingen, stöcken und blöcken wil die leute zu gott bringen Luther 2, 382ᵃ; dasz darüber viel betrübter hertzen aus den klöstern gangen sind, die solches ewiges stöcken und martern jres gewissens nicht haben tragen ... wollen C. Spangenberg wider die böse sieben M 1ᵃ — entsprechend der verwendung unter 3: da hebt sich denn ein stöcken und blöcken vber die guten sprüche Luther 3, 388.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1914), Bd. X,III (1957), Sp. 81, Z. 63.

1stecken, verb.

¹stecken, verb.,
transitives verbum, im gegensatz zu dem auch durch die flexion davon völlig unterschiedenen intrans. verb. ²stecken, factitivbildung zu stechen, verb. in dem sinne von 'stechend befestigen, festheften' mittelst -jan suffixes: (diesen ursprünglichen sinn spiegelt noch gut: [sie] treiben [das wild] hin vnd her vnd steckens vol pfeil, bis es erlegt sich gibt vnd zuͦ boden felt Franck weltbuch 96ᵃ), ahd. stecchân, stecchen, mhd. stecken. ein dem ahd. nichtumgelauteten praet. stacta (part. gistact, neben gistecchit) und mhd. stacte, stahte (part. gestact neben gestecket) entsprechendes nhd. praet. stackte findet sich noch im ende des siebzehnten jahrhs.; gienge dahero immer meinen weg von dem schlosse hinweg, und stackte das testimonium wieder in meine tasche teutsche winternächte (1682) 5 und stackte Reuter Schelmuffski (1697) 12. auffällig und in weiterem völligen übergang zu ²stecken verb.: an der rechten hand stack ich einen silbernen petschierring Hafner lustspiele (1812) 1, 46. entsprechend auch das part. (wo aber zweifelhaft ist, ob nicht unter ²stecken gehörig): so musten der grobianer seeln in eseln, sewen vnd büflen sein gestocken Scheit Grobianus 2223; derowegen strigelte ich, eh er sich wieder erholen, oder etwas besinnen konte, mein kleid mit beyden händen dermassen, dasz es schimmerte, als wenn ich inwendig voller brennenden schwefels gestochen wäre Simplic. 138 neudr. niederdeutsche unsicherheit in der wahl zwischen stechen (vgl. auch die belege oben unter stechen verb. die einl.) und ¹stecken verb. verhochdeutscht: stich du all bloss det jeld bei seite Hauptmann biberpelz 62 (3). in der schwäbischen schreibung stöcken verb. findet sich bei Weckherlin:
dergleichen würckung solt du haben,
wan eine nympff dich auff ihr haar
solt stöcken
1, 489 Fischer;
liebstöckel mögen wir auch wagen,
dieweil sie gut für die, die blaich,
so stöck es tief in das glied weich
2, 430;
auss leid schier unempfindlich fihl
ich mich mit quahl bedöcket,
als ob mir meines lobers zihl
von meinem feind gestöcket
2, 113.
bedeutung:
1)
an oder auf einem spitzen gegenstande durch einstechen etwas befestigen. wendungen wie auf (an) einen spiesz stecken zeigen den sprachlichen sinn des begriffes noch besonders deutlich, auch in seiner ursprünglichen beziehung zu stechen verb.
a)
um etwas der schaulust darzubieten: Sesitach steckt seinen (des Varus) kopf auff eine lantze Lohenstein Arminius 1, 3; beide (Egmont und Hoorn) sollten öffentlich enthauptet, ihre köpfe auf spiese ... gesteckt werden Schiller 9, 23; die Mongolen zogen den herzog nackt aus, hieben ihm den kopf ab, steckten ihn auf eine lanze und verlangten nun, die burg von Liegnitz solle ... sich ergeben Raumer geschichte der Hohenstaufen (1823) 4, 81; das haupt, vom körper getrennt, wird nun als würdige beute auf einen thyrsus gesteckt Göthe 41, 2, 238 Weim.;
und schneiden auff die schwangern weib,
nemen die kind auss irem leib
und sie auff die zaunpfel stecken
H. Sachs 8, 177 Keller-Götze;
(sein) leichnam ... ist gevierteilt, vnnd der kopff auf st. Antonis pfort auff ein pfahl gesteckt ... worden Stumpf Schwytzerchron. (1606) 281ᵇ; den kopf auf einen pfal stecken, caput in hastam defigere Steinbach (1734) 2, 715; als ich wie der gemeinste missethäter in thurm, und zwar in eben das gefängnisz geworfen wurde, in dem vorher ein mörder lag, den ich erst vor wenig tagen hinrichten und seinen kopf auf den pfahl stecken sah Schubart leben und gesinnungen 1, 161; ganz entsprechend:
ir ieglich (stecke) was sus bedaht,
ein mannes houpt dar ûf gestaht
Hartmann Erec 8773.
b)
ein stück fleisch an den bratspiesz stecken (vgl. spiesz II 1 th. 10, 1 sp. 2449): an spisz stecken mettere nello spiedo Kramer dict. 2 (1702), 871ᵃ; etliche stäckten das faiste flaisch an die spiss Schaidenraisser Odyssea (1537) 9ᵇ; als sie etliche paar junge tauben an einen spiess steckte Simplic. 2, 370 Keller;
die köchin lieff bald in die kuchen,
vnd thut zwey hüner herfür suchen,
steckt sie an spies vnd ruffet baldt,
das Eulenspiegel braten solt
Fischart Eulenspiegel 72 Hauffen:
an spiss seyn krametsvögel gsteckt,
gut bratwürst auff den rost gelegt
Mangold marckschiff (1596) A 4;
sie macheten darauss (aus den ochsen) vil stück,
vnd stecketen die mit gelück
an lange spiss, beym feur zu kochen
Spreng Ilias (1610) 89ᵇ (vgl. auch 85ᵇ).
im närrischen vorgang:
wie etwann eine näderinn,
die ewer kammerjunckern etlich
steckt an ein nadel (warlich spöttlich)
vnd briet sie darnach bey dem feur.
das war ein that sehr ungeheur
Fischart flöhatz 42 neudr.
als kannibalische sitte menschen an den spiesz stecken und braten: vnnd gewisz wann einer wüszt, dasz die canibalische leutfresser solche schmutzige freud mit eim nach dem tode triben, solt sich einer noch so willig an pratspisz stecken lassen Gargantua 68 neudr.; man sieht darinne (in der erzählung), wie Atreus die todten körper in stücke zerhackt; wie er einen theil derselben an die spiesse gesteckt, und den andern in kessel geworfen, um jene zu braten und diese zu kochen Lessing 4, 276; oft trifft es sich, dass einer dieser elenden seinen vater ... an den spiess stecken und das peinlich feuer unter ihm unterhalten muss Klinger (1809) 3, 18. — bildlich: nasci ergo ex deo est purgare peccatum, da wird die sünde am brandspiess gesteckt Luther 20, 706, 26 Weim.
c)
einen ring an den finger stecken, wo doch aber der finger durch die schon vorhandene öffnung des ringes nur hindurch geschoben wird: also pflag Amelia mit irem ringlin umbzuͦgohn ... wann sie sich einig wusst, so stackte sie es von einem finger an den anderen Wickram 2, 186; vnd (er) gibt jm ein ring, den solte er an seinen finger stecken volksbuch vom dr. Faust 102 neudr.; die gräfin ... steckte noch einige ringe an den finger Göthe 21, 322 Weim.; sie nimmt den ring von ihrem finger und steckt ihn an seinen Jak. Grimm kl. schriften 2, 175. dafür verblaszter, aber zugleich die unten noch aufzuweisende allgemeinere bedeutung 'befestigen' vorbereitend: fingerring, die an die hend oder zeehen gesteckt werden Gesner-Forer thierbuch (1563) 32ᵇ; und zohe hiemit der edel herr Florius ein aussdermassen schönen ring von seiner hände ... stecket den der zarten und schönen junckfrawen Marcebilla an ihr hand Schumann nachtbüchlein 305 Bolte;
du steckst den geburtstagsfestlichen onyx dir an die hand
Herder 26, 285 Suphan;
dort im fliederschatten
seh' ich eine hand sich strecken,
die an meine freigewordne
froh den frühern ring will stecken
Rückert (1867) 3, 22.
den gleichen werth hat wohl der plural an die finger: unnd wellicher den dritten tage das best thet, solt haben ein schönen ring, den solt ihm an seine finger stecken die schönste junckfraw des lands Schumann nachtbüchlein 87 Bolte.
2)
den dorn in den fusz stecken, wo das mehr dauernde befestigtsein hervorgehoben werden soll und so von stechen verb. wirklich unterschieden werden will: einem den dolch in den leib stecken cacciare uno stilo nel corpo ad uno Kramer dict. 2 (1702), 923ᶜ; aber wenn die bawern einen scharffen spiess, messer, beyl, axt hatten, sagten sie, das ist ein sehr gut wappen, steck es in den hurenpfaffen Hertzog schiltwache F 3. sprichwörtlich einem den dorn in den eigenen fusz stecken, ihn in die eigene falle eingehen lassen u. ä.:
wir wollen dem pfarrer stecken
den doren selbss in seinen fuess,
das er das lanckhauss decken muess
pfarrer von Kalenberg 13, 254 neudr.
bildlich: dieweil mich so grausam tieff sticht das urteil deins gerichts, und mir einen dornen in das elend gewissen stecket Luther auslegung des 2. buszpsalm 1, 23ᵇ.
a)
die partisan in die erde stecken Kramer dict. 2 (1702) 923ᶜ, um der ruhe zu pflegen und sonst; den spisz in die erde stecken hastam in terra figere Steinbach (1734) 2, 715; Diomedes steckt seine lanze in die erde und erkennt ihn als gastfreund Göthe 41, 1, 278 Weim.; als rechtliches symbol: ein dorf, welches seinen namen von dem Alemannen erhalten hat, der zur zeit der landteilung seinen spiess dort in die erde steckte und einen hof baute Keller 1, 11; ähnlich: wenn also ein friesischer bauer sich der deichlast, d. h. der fortwährenden erhaltung oder gegebenen falles der wiederherstellung des deiches nicht mehr gewachsen sah, musste er zum zeichen dessen eine schaufel in sein deichstück stecken Wimmer geschichte des deutschen bodens (1905) 104.
b)
pfählen ..., das ist pfählestecken Harsdörffer teutscher secretarius (1656) 1, H hh 4ᵇ; vgl. auch Gueintz deutsche rechtschreibung (1666) 61. häufig bildlich ausgedeutet: item eyn gartner, wann er junge reiss oder bäumlin sezt, steckt er eynen stecken darbei, das sie stracks vnnd gleich aufwachssen Fischart ehzuchtbüchl. 299, 13 Hauffen; wenn ich dir einen stab könnte stecken für jene künftigen zeiten ..., dasz du dich daran könntest stützen Rosegger wildlinge (1906) 409;
ach gebt (ihr eltern) der tochter keinen raum,
steckt in der zeit ein stock zum baum,
auf das er nicht in hartem sinn
erwachs und grobe knöll gewinn
Ringwald laut. wahrheit 286.
stecklinge (s. unten) in die erde stecken: (oberförster) sie sagen, ich habe nichts gethan als zweige in die erde gesteckt Iffland theatral. werke (1827) 2, 141 (die jäger 4, 5);
ich will euch stecken zwei kleine bäumelein,
die sollen muscat und nägelein tragen
Arnim 21, 36;
als wundervorgang: einem andern mönch habe der abt befohlen, ein dürr holtz, so er in den boden gesteckt, täglich mit wasser zu besprengen, so lange, biss es grüne werde. welches, nachdem es dieser mann zwey jare lang gethan, wäre im dritten jahre solches erfüllet worden, da dieser stecken zu grünen und auszuschlagen angefangen Sperling Nicodemus quaerens 1 (1718), 1383.
c)
auch sonst mannigfach, so als lieblicher frühlingsbrauch: einer jungfer einen mey stecken, dementsprechend auch einem einen stumpf stecken piantar, cacciar' un fusto ad uno, met. disraccommandarlo Kramer dict. 2 (1702), 923ᵇ;
im sommer stecket ir die mayen,
habt kirchwey, hochzeyt
H. Sachs 9, 6, 20 Keller-Götze;
stecket, gärtner, stecket mayen,
streuet reiche blumen aus
Neukirch gedichte (1744) 252.
in sprichwörtlicher redewendung einem keinen maien stecken ihm nicht viel gutes zudenken:
wer from von aussenher in schafbeltz sich gekleydt, ...
dem hast du, wie man sagt, den maien nicht gestökket. (im reim auf zugetekket)
durch desse schnauffen
und grose prallerey, bin ich noch nicht erschröckt;
wer weyst, wem heit das glück noch grüne mayen stöckt
ebenda 105;
wann ein Armeny stirbt, an gottes leychnam oder an peycht, so legt man in in den freythoff und stecken ein hochen stain auff das grab Schiltberger reisebuch 107. aus der sprache der hüttenleute hat wohl hier seinen platz zu finden: man ... lest den blass nit mitten in ofen gehen, sondern an ein eysernes rohr, dasz gegen einen winckel gesteckt vnd gericht ist Ercker mineral. ertzt (1580) 105ᵃ.
d)
mit weiterer adverbialer bestimmung. einen pfahl fest oder tief in den boden stecken: mache den raum deiner hütten weit, vnd breite aus die teppich deiner wonung, spare sein nicht, dehne deine seyle lang, vnd stecke deine negel feste Jesaj. 54, 2.
e)
durch einen gegenstand einen pfahl (hindurch) stecken: eine kleine kugel, durch welche eine stange oder axe gesteckt ist Schubert verm. schriften (1823) 1, 14.
f)
selten und heute ungewöhnlich in reflex. fügung:
gleich als zwu hohe aychen steiff ...
sich nicht bewegen in dem grund,
die weil sie in das erdterich
tieff mit der wurtzel stecket sich
Spreng Ilias (1610) 159ᵃ.
3)
den allgemeineren sinn 'befestigen' hat dann in anlehnung an das vorige unser wort angenommen. doch bleibt der unterschied zu 2 häufig schwankend.
a)
ein licht in ò auf den leuchter stecken Kramer dict. 2 (1702), 923ᵇ; als bild: ein guter leuchter, um sein licht darauf zu stecken Droste - Hülshoff an Schücking 213; vgl. dazu unten (in brand) stecken (17) — eine fahne auf den thurm stecken vexillum in turrim infigere Steinbach (1734) 2, 715; diese (fähnlein) lies er auf eine baterie gegen die stadt stecken, vnd mit heerpaucken vnd trompettenschall, aus allen canonen salve darauf geben Chemnitz schwedischer krieg (1648) 1, 120; wenn ich ein söhnchen zur welt bringe, will ich obenauf eine weisse fahne stecken brüder Grimm kinder- und hausmärchen (1812) 1, 25; ohne locale bestimmung dafür aufstecken (s. th. 1 sp. 746 unter 2):
der könig steckt sein banner auf
Schenkendorf gedichte (1815) 113.
doch in der älteren sprache genügt hier auch das simplex:
man stellt manchen für ain schantz,
der nie sah, wie der bär danzt,
vnd ist als wann man strowisch steckt,
das man damit die vögel schreckt
Fischart podagr. trostbüchlein 29 Hauffen.
— vnd bald lieff einer vnter jnen, nam einen schwam, vnd füllet jn mit essig vnd steckt jn auff ein rhor, vnd trencket jn Matthäus 27, 48; indessen steckte der vater die spuhlen, um zu zetteln, auf einen rahmen Göthe 25, 118 Weim.besonders beliebt in der sphäre eine feder auf den hut stecken: die feder regiert das schwert, drumb steckt man sie auff den huͦt Franck sprüchwörter (1541) 1, 147ᵃ; wann sie aber die feder auff den hut stecken, so müssen sie selbsten bekennen, die feder seye das oberste in der welt Harsdörffer teutscher sekretarius (1656) 1, b 1ᵃ; wenn er den pflug ergreift, so steckt er seine hahnenfedern auf den hut Zimmermann von dem nationalstolze (1758) 27;
eine hohe hahnenfeder
steck' ich auf meinen hut.
mein hut hat grüne farbe,
mein herz hat frischen muth
W. Müller gedichte (1868) 1, 77.
auch blumen und dergl.: abends ... hat sie sich von den weissen maililien in ihr schwarzes haar gesteckt Storm 2, 145;
du bist, wohledler freund! der erst aus unsrer zunfft,
um dessen doctorhut wir lorbeerreiser stecken
Günther gedichte (1735) 651;
steck die zwei röselein
mir auf den hut
Arnim 13, 182;
er spieszt ihn (den schmetterling) an eine nadel und steckt ihn auf den hut Kotzebue dram. werke 2, 3. als orientalische sitte:
jene
flechte, die von meinen haaren
ich dir auf den turban steckte
Herder 25, 159 Suphan.
von einem phantasten wird in mehr sprichwörtlicher redewendung gesagt: er ... strebt nach unerreichbarem; er hat manchmal wollen den sonnenschein auf seinen hut stecken und die abendröthe umarmen Stifter werke (1901) 1, 274.
b)
ein eisen an etwas stecken ferrum alicui praefigere Steinbach (1734) 2, 715. vgl. von der befestigung der inschrift an Christi kreuz:
mit dirre scrift duͦn ich irkant
wie sîn name were genant
und auch sîne wirdekeit
nuͦ sal duͦ dar zuͦ sîn bereit,
daʒ duͦ si nach dem willen mîn
steckes zuͦ den heubten sîn
Mone schauspiele 1, 119 (leben Jesu)
und anstecken 1 (th. 1 sp. 479).
c)
in sprichwörtlicher verwendung: einen (groben) brief nicht an das fenster, nicht an den spiegel stecken, ihn nicht so aufheben, dasz andere kenntnisz von seinem inhalte nehmen können, s. spiegel 2 k (th. 10, 1 sp. 2229). ähnlich: ich will ihm einen brief schreiben, dem herrn major, den er nicht ins fenster stecken soll Lenz schriften 1, 53 (hofmeister 4, 3); (bildlich:) du (Hamerling) bist ein gescheiter mensch gewesen, ... hast ihnen schon immer einmal was gesagt, was sie nit ins hutbandel stecken Rosegger wildlinge (1906) 48. dagegen: denn wir schreiben uns nur, und stecken unsre billets hinter ein alt gemählde Laroche fräulein von Sternheim (1771) 1, 251.
4)
aus 2 und 3 ziehen aber ihre kraft:
a)
einem ein ziel stecken certos alicui fines seu terminos constituere; cancellos alicui circumdare Stieler 2158; eigentlich 'die als ziel für den wettlauf dienende stange in die erde stecken'. die genauere entwicklung dieser verbindung s. unten unter ziel, hier werden nur die grundlinien angedeutet.
Cloanthus kam erstlich zu den porten dar,
dahin das zil gestecket war
Spreng Ilias (1610) 89ᵃ.
dann aber auch das ziel für den schützen auf dem schieszplatz in die erde stecken: gleych wie man den schützen eyn ziell oder schiessmal steckt, das alle bogen und buchssen, pfeyll und steyn drauff gericht und getrieben werden Luther 10, 1, 1, 399 Weim. vgl. auch: er hat seinen bogen gespannen, vnd mich dem pfeil zum ziel gesteckt klagel. Jerem. 3, 12. wie man aber beim vogelschieszen und sonst den zweck (s. unten) auf einer hohen stange befestigt, scheint durch im folgenden: was gelts wir wöllen dess zimmermanns sohn einen zweck stecken, er soll jn auff einer leitern nicht erlangen können Ayrer processus juris (1600) 555, wo allerdings auch an das höchste ziel der kletterstange gedacht werden kann, wie im folgenden:
ûʒ der vinster gein dem liehte
het er sich enblecket,
sînen prîs sô hôch gestecket,
daʒ in niemen kunde erreichen
Wolfram Parzival 613, 14.
α)
seiner arbeit, seinem schaffen, seinen plänen und wünschen ein ziel stecken, welches man gerne erreichen will: wie es bei neuen versuchen zu sein pflegt, ich werde in einzelnen beispielen das gesteckte ziel noch nicht erreicht, in andern gar überschritten haben Jak. Grimm kl. schriften 3, 158; auch wenn man sich nur das neuere deutsch als eigentliches lehrziel steckt Rud. Hildebrand sprachunterricht 230. mit einer weiteren bestimmung des grades der schwierigkeit: das ziel höher stecken, eigentlich auf der stange, so dasz es der schütze schwerer treffen, der kletterer schwieriger erreichen kann. in dem masse als mir die einsicht wächst, stecke ich das ziel höher Solger nachgel. schriften 1, 257;
er hat ein weit entferntes, hoch gestecktes ziel
mit frohem muth und strengem fleiss erreicht
Göthe 10, 133 Weim. (Tasso).
ein weites oder fernes ziel, wie gleicherweis für den schützen und den wettläufer: man steht denn doch am ziel, es mag nahe oder fern gesteckt seyn, wenn einen der leser gewahr wird Göthe IV 11, 260 Weim.; warum stecken wir, bey so kurzen kräften, uns ein so weites ziel? Bode Montaignes gedanken und meinungen (1793) 1, 380;
ze letz ward mir ain antwurt geben,
die fristet wol mein peinlich leben,
doch steckt sy mir ain ferres zil,
vff das ich trostlich harren wil
Hätzlerin liederbuch 190 (29);
nun muss der himmel selbst, den meyneid zu bedecken,
sein vorgehabtes ziel auf einmal weiter stecken
J. E. Schlegel (1761) 1, 84 (Dido 1, 4);
sogar:
du willst dich von der menschlichkeit
vor übermuth und stolz entfernen,
und steckest aus verwegenheit
dein ziel oft über allen sternen
Gottsched gedichte (1751) 284.
β)
aus dem vorigen flieszt ein ziel stecken, einem masz und ordnung setzen, wonach er sich richten soll und kann: zum funfften, soll man sich yn dissem vortrawen alsso halten, das man gott nit eyn tzill steck, tag odder statt stymme, noch die weysse odder masse setzen seyner erhorung, sondern das alles seynem willen, weyssheit und allmechtigkeit heymgeben Luther 2, 177 Weim.; wir wolten yhm gern ain zil stecken, es ist uns aber viel zu hoch und zu gros, das wir wissen, wie er mit yhnen handeln werde 19, 332 Weim.; dementsprechend: es geht all ding in seiner ordnung, wie es got, der allen creaturen ein ziel gesteckt, wil haben Franck sprüchwörter (1545) 1, 93ᵇ. auch: diss ziel ist uns hie ynn diesem sacrament gesteckt, das solche beweysung gegen den nehisten ynn uns erscheyne Luther 15, 498 Weim.; unter den propheten weys ich euch keyne regel noch keyn zill zu stecken, wie yhr euch hiltet ym lesen Eberlin von Günzburg schriften 3, 192 neudr., d. h. eure lectüre ordnet.
γ)
auch ohne die nachbarschaft von unten b würde sich hier die bedeutung 'grenze, ende' entwickeln, einem ein ziel stecken, zuletzt 'ihm ein ende machen, sein aufhören bewirken' u. s. w.: einem ein gewisses ziel, ein gewisses mal stecken mettere, porre un certo termine ò limide ad uno Kramer dict. 2 (1702), 923ᵇ; denn sie achten der ehe nicht und ist yhrer unzucht kein ziel gesteckt, nemen und lassen weiber, wie sie wollen Luther 30, 2, 224 Weim.; sie wöllen nicht leiden, das die obrigkeyt jhrem unauffhörlichen zancken ein zihl stecken soll Nas antipap. eins und hundert (1567) 4, 313ᵇ; anders theils, weil der keyser muthmassete, dafern die tractaten länger währen, vnd der könig zu Schweden mit ins spiel kommen solte, würde jhm die sache je schwerer vnd schwerer gemachet und seinem dessein vielleicht ein ziel dabey gestecket werden Chemnitz schwedischer krieg (1648) 1, 11ᵃ; sprach sie ihr tröstlich zu, ihrem trauren doch ein ziel zu stecken Anton Ulrich von Braunschweig Octavia (1677) 4, 2, 267;
doch du steckst der noth ein ziel,
schickst den tod, der uns entrücket
Böhme volksthüml. lieder der Deutschen im 18. und 19. jahrh. 583;
so lernt ich mich mit wenigem begnügen,
und steckte meinem wunsch ein ziel
Gellert werke 1, 275.
seltener personen:
ein anders ziel wil ich jm stecken,
ob ich jn dadurch könt abschrecken
Krüger aktion vom anfang und ende der welt (1580) H 5ᵃ;
lasz deine kirch auff erden
nicht überwältigt werden,
dein feinden steck ein ziel
doch schon:
swaʒ der plânêten reise
umblouft, und ir schîn bedecket,
des sint dir zil gestecket
ze reichen und zerwerben
Wolfram Parzival 782, 20.
ziel neben entsprechenden begriffen:
wo wird doch endlich meinem leiden
das ziel und maass gestecket seyn?
Königsberg. dichterkreis 93 neudr.;
der die raben kann versorgen,
hat auch deinem trauermorgen
ende, maas und ziel gesteckt
Neukirch gedichte (1744) 77.
selten mit einer bestimmung des grades:
doch weil der eitelkeit ein enges ziel gestekkt, ...
muss sie ein kluger geist zu zeiten wider regen
Lohenstein Arminius (1689) 1, 14;
δ)
doch: ein vngewaschen maul, ist vnglück zum zil gsteckt Franck sprüchwörter (1541) 2, 68ᵃ findet sein ende im unglück.
ε)
für den menschen das ziel aufrichten, nach dem wir alle eilen; subject ist gott: das ziel eweres lebens, welches gott euch vnd einem jeden mänschen ... fest gestecket Moscherosch insomnis cura parentum 28 neudr.;
ich lebe länger nicht, als du (gott) mein ziel gestecket
Schmolcke trost- und geistreiche schriften (1740) 1, 324.
das schicksal:
tief unter der erde ...
da hat uns das schicksal das ziel gesteckt
Körner 2, 86 Hempel.
der tod:
und eh wirs uns versehen,
da kömmt der tod, steckt uns das ziel,
und da ists dann geschehen
Gerhardt bei Fischer-Tümpel kirchenlied 3, 440ᵇ.
die kürze dieses lebenszieles wird hervorgehoben:
ehr meinen lieben sohn fürbass,
weil jhm zu leben ohne das
gestecket ist ein kurtzes zil
Spreng Ilias (1610) 11ᵃ;
was darf sich denn die jugend viel
um das zu nah gesteckte ziel
des kurzen lebenslaufs beklagen?
Gottsched gedichte (1751) 279.
auch:
weil die führung harter schlüsse
ein betrübtes ziel gesteckt
Günther gedichte (1735) 263.
der versuch einer verstärkung wird gemacht:
biss nun auch dess todes neid ihr das letzte ziel gestecket
Logau sinngedichte 163.
b)
deutlicher wird dieser ausgang der vorigen entwicklung in dem der neueren sprache geläufigen einem dinge grenzen stecken: (der fette boden) mit dem sande der wüste überschüttet, die hier bis zu dem Nilufer tritt, so dasz dieser ihr hier die grenze steckt Ritter erdkunde (1822) 1, 639; die hauptaxe der anschwellung der östlichen, dem becken des grossen ost-oceans so plötzlich seine grenze steckenden erhebungsmasse 2, 49;
die gräntz ist der natur, der see ihr ziel gesteckt
Hoffmannswaldau gedichte (1697) 4, 3;
dessen thron die weiten räume decken,
dessen reich die sterne grenzen stecken,
dessen willen wollen wir vollstrecken
Kleist werke 1, 11 E. Schmidt (Schroffenstein 1, 1);
wenn ihre freundschaft keine grenzen kennt, so muss ich ihr grenzen stecken Pfeffel pros. versuche (1810) 4, 46; wie nun aber in allen geistesthätigkeiten keine grenze gesteckt ist Göthe II 7, 347 Weim. mit weiterer bestimmung: befriedigt er (Posa) durch seine freundschaft für ihn (Carlos) einen andern trieb, als nur diese freundschaft, so kann dem stücke selbst nicht wohl eine engere grenze gesteckt seyn Schiller 6, 60; wieweit auch die natur die grenzen seiner tage gesteckt hatte, dennoch erlebte er (Karl V.) nicht den ausgang dieses kampfes Moltke schriften 2, 9;
(dass er) dem laufe seines glücks geweihte grenzen stecket
Neukirch gedichte (1744) 180;
durch meinen schweren fall bin ich so tief erschreckt,
die gränze sei von dir nach eignem mass gesteckt
Göthe 15, 287 Weim. (Faust 2).
das zugrunde liegende bild wird deutlicher herausgearbeitet: so wenig sicher sind jene grenzpfähle, welche historiker und philosophen für die geschichte gesteckt haben Gutzkow werke 12, 116. — selten schranken stecken: feste schranken, welche man, wenn sie einmal mit reifer überlegung gesteckt worden, nie überschreiten sollte Gerstenberg schlesw. litteraturbriefe 338; blieben nun in der wirklichkeit immer schranken gesteckt und grenzen abgezeichnet, so überschritt sie doch die ganze unschuld der ... vorzeit allenthalben Jak. Grimm Reinhart Fuchs 3 vorr.; mochten der kritik gegen die vaterländische chronik patriotische rücksichten schranken stecken Mommsen röm. geschichte 2, 430.
c)
in älterer sprache bisweilen auch ein mal stecken designare metam Stieler 1216; ganz entsprechend der reicheren verwendung von ziel (unter a): unser gebett, soll es recht gehen, musz es also geschickt sein, das wir unsern herr gott nicht das mall stecken, das ers thue, wan wir wollen Luther 9, 555, 11 Weim.; vgl. mal 2 c (th. 6 sp. 1495). ähnlich: da hatt der euangelist aber eyn maltzeychen gesteckt, das er hie schweygt der namen Joseph und Maria, nennet sie vatter und mutter 10, 1, 1, 387 Weim. das mal stecken auch noch jetzt beim ballschlagen in Marburg (mittheilung von Edward Schröder.)
d)
einem etwas in den weg stecken, ihm ein hindernisz bereiten, ähnlich wie unten einem etwas in den weg legen, d. h. auch balken, reisighaufen und grosze steine; wie einem miszliebigen der weg verzäunt werden konnte. bildlich:
hat euch gott manchmal ein kreuz in weg gesteckt,
so seyd ihr ... drüber hin geschritten
Stoppe Parnasz (1735) 403.
5)
einen pflock davor stecken, wie zum verschlusz einer thür, und so den freien austritt hindern, gebraucht von allmöglicher hindernder thätigkeit: ich hab meine büchlin jnn dem stück wol verwaret und allen lestermeulern einen pflock dafur gesteckt, das, wer sich da widder legt, sol redlich anlauffen, wie dieser meuchler Luther 30, 3, 447 Weim., wo das anlaufen gegen die so verschlossene thür besonders deutlich ist; es galt auch meinem kopf am aller meisten, was der deuffel durch in (den Thomas Münzer) furnam. aber ich stackt im ein pflock darfur durch gots genaden 19, 278 Weim. im deminut.: es ist yhm nhue eyn pflockleyn vor die zcunge gestecket, ut peniteat eum interrogasse 29, 527 Weim.; das ist der man, der dem bapst ein pflöglein dafur gesteckt hat, das er nicht sol können auffheben noch lösen einige buchstaben noch tütel in der schrifft 30, 2, 472 Weim. auch heute noch einen stecken davor stecken.
6)
in der bedeutung hineinstecken.
a)
das schwert in die scheide stecken: da sprach Jhesus zu Petro, stecke dein schwert in die scheide Joh. 18, 11; vgl. da sprach Jhesus zu jm, stecke dein schwert an seinen ort, denn wer das schwert nimpt, der sol durchs schwert vmbkomen Matthäus 26, 52; aber der juncker ... wischt sein schwerdt ab, vnd stecket es in die scheyden Amadis 74 Keller;
das schwert steck in die schaiden ein
Spreng Ilias (1610) 1, 5ᵇ;
dein schlachtschwert müssest du, vor wuth erbittert,
statt in die scheid', in gottes boden stecken
Rückert werke (1867) 1, 33.
besonders als bildlicher ausdruck des friedensschlusses: aber unglücklicher weise widersprachen sich die bedingungen, unter welchen beyde religionspartheyen das schwert in die scheide stecken wollten Schiller 8, 133; wir schauen, wie die eisenseiten Oliver Cromwell's ihr blutiges schwert in die scheide stecken Treitschke histor. und polit. aufsätze 1, 40. — den pfeil in den köcher stecken u. ä.: nun steckt der Tell ein anderen pfyl in das goller vnd rüst sich zuͦ schiessen schweiz. schauspiele des 16. jh. 3, 28 Bächtold. — den schlüssel ins schlüsselloch stecken Kramer dict. 2 (1702) 923ᵇ. —in den gürtel stecken u. ä.: als er ein halbes roszeisen gefunden, und selbiges undern gürtel gesteckt hatte Agyrtas grillenvertreiber (1670) 148; er soll manchmal einen dolch ... in den gürtel gesteckt haben Göthe 21, 87 Weim.; Wilhelm steckte noch überdiesz ein paar terzerole in den gürtel 22, 32 Weim.
b)
in den mund stecken und dergl.: wann die F. schreyen wird, als ein kätzlein, will ich jhr also bald ein würstlein in das maul stecken Mäynhincklers sack 1612 C 2ᵃ; es kann keiner ein bissen ins maul stecken Kramer dict. 2 (1702), 923ᶜ; anstatt eine ganze hand voll brodfrucht auf einmal in den mund zu stecken, schnitt er sie ganz manierlich in kleine stücke Forster 2, 59; nun endlich steckte sie dem schreihals den zulp zwischen die lippen. sofort verstummte das gezeter und machte behaglich glucksenden lauten platz Polenz Büttnerbauer 1, 12;
ihr brei ist noch nicht gar und recht:
drum nimmt sie schnell ein lümpchen schlecht,
und kaut ein zuckerbrot hinein,
und steckt's dem kind in's mündelein
Göthe 16, 73 Weim.;
in anlehnung wohl an die wendung aus der hand in den mund d. h. einfach, schnell, auf kurzem wege u. ä. (vgl. hand 7 a th. 4, 2 sp. 340): auch ist es nicht übel, so die schönsten apfelsinen vom baum in den mund zu stecken Moltke schriften (1892) 4, 23. — im vergleich: Stanzius stand da, wie ein knabe, dem ein gast einen leckerbissen in den mund stecken will Nicolai Nothanker (1773) 1, 152. — den finger in den mund stecken:
die zähn', asservez-vous, sind alle noch gesund,
versuchs und stekke nur den daumen in den mund
Rachel satyr. gedichte 117 neudr.
als grober kriegsbrauch bei der zurüstung zum schwedischen trunk: den knecht legten sie gebunden auff die erde, steckten ihm ein sperrholtz ins maul Simplicissimus 16 neudr. als scherzhafte redensart heute: sich eine cigarre ins gesicht stecken vgl. Ebner - Eschenpach 4, 390. — andere körpertheile werden berücksichtigt: andere nehmen die blätter (des tabacks), nässen sie an, machen wicken davon und stecken sie in die nasenlöcher mediz. maulaffe (1719) 94; ich stecke mir die finger in die ohren und antworte nicht Gaudy 13, 87;
es sizt der schlemmer da zuprassen,
weyst nicht, wass er soll bringen lassen,
dass seinem lekkermaul mehr schmäck,
und dass er in den schmerbauch stäck
einen übergang zum folgenden bietet: einem etwas in die hand stecken, es ihm heimlich darreichen, zustecken (s. unten): (Wilhelm) steckte dem alten ... eine reichliche belohnung in die hand Göthe 21, 206 Weim.; und steckte ihm eine anzahl scudi in die hand 43, 113 Weim.; älter: einem richter ein paar ducaten in die faust stecken Kramer dict. 2 (1702), 923ᶜ.
c)
einen gegenstand in die tasche stecken, um ihn besser bewahren zu können auf der reise und sonst: Wilhelm war überzeugt, dasz dieses billet ... von dem oheim in die tasche gesteckt worden sei Göthe 22, 66 Weim.; in alle taschen wurde mir geld gesteckt Schubart leben 2, 56; sie füllte meinen tornister mit eszwaren, hing mir ein artiges reisefläschchen um, mit wein gefüllt, steckte mir noch hie und da etwas in die taschen und gab mir gute verhaltungsregeln Keller 1, 133;
die stadtpoeten stecken in die tasche
papier und bleistift und lorgnett'
Heine 1, 135.
mit weiterer differencierung: so geschah's, dasz ich ... das täfelchen in das brieftäschchen steckte Göthe 25, 36 Weim.; du steckst, ehe du aus dem hause gehst, eine todte kertze in die uhrtasche Grabbe 1, 381; dabei steckte er die summe ... in die brusttasche Gutzkow ritter vom geist 1, 64;
sagt mir, in welche taschen
steck' ich das blei, das mir noth?
Rückert (1867) 1, 68.
als geste der gleichgültigkeit, doch bisweilen auch verlegenheit wird etwas stillschweigend oder achselzuckend in die tasche gesteckt: als man ihn rief, um ihm seinen anklageakt zuzustellen: er las ihn ... und steckte ihn mit achselzucken in die tasche G. Kerner bei J. Kerner bilderbuch 90. — die hände steckt man in die tasche, um sie vor kälte zu schützen, doch auch als geste des trotzes, des übermuthes u. s. w.: der junge steckte trotzig die hände in die hosentaschen Freytag 4, 93; die rechte hand steckte er dabei behaglich in die seitentasche seines pantalons Gutzkow ritter vom geiste 1, 17. die entsprechende geste bei der frau: da sie ... die hände ... noch ebenso unter die schürze steckt, wie sonst, so zeigt das, dass sie gleichmut des geistes besitzt, und sich durch das glück nicht zu stolz und übermut verleiten läszt E. Th. A. Hoffmann 14, 154.
α)
in der verbindung mit anderen begriffen: in den sack stecken: wir wissen aber nicht, wer vns vnser geld in vnser secke gesteckt hat 1. Mos. 43, 22; beede catholische aber steckten die pfeiff mit seufftzen und gedult in den sack Simpl. 2, 359 Keller; gieng damit hin, und schlachte ein kalb, steckte dasselbe in einen sack Schupp freund in der not 5 neudr.; die hand wurde in einen mit dem siegel des richters verwahrten sack gesteckt Schmidt geschichte der Deutschen 1, 311;
viel haben bodenlose seck,
hilfft nicht, wie viel man darinn steck
Kirchhof wendunmuth 2, 13;
sie stecken den brief nachlässig in den schubsack Rabener 6, 18;
(erblicken,) wie hurtig er (der räuber), was ihm gefiel,
in seinen weiten schnappsack steckte
Pfeffel poet. versuche 2, 69;
sie fürt in in sein kamer, gab im zweyntzig gulden. die stecket er in seinen seckel Schumann nachtbüchlein 268. — des wardt Clawert hoch erfrewet ... vnd steckt brod, und ander speise in seinen pündel Krüger Clawerts werckl. historie 10 neudr.; hierauf ging sie geschäftig hin und her und steckte das kalbfellränzchen des knaben voll und steckte ihm noch allerlei in die taschen Stifter werke 5, 1, 223. —in den ärmel stecken: etwas schnell und unauffällig verschwinden lassen:
so dir etwas wol thuͦt schmecken,
soltu das halb in d' ermel stecken
Scheit grobianus 846 neudr.;
anders: da henget er (Clawert) des pfaffen braunen mantel vmb, band den einen ermel zu, vnnd stecket die zween besten silbern becher darein Krüger Clawerts werckl. historie 15 neudr. häufig etwas in den busen stecken: (als scen. bemerk.) indem er auf den dolch weiset, den er wieder in den busen steckt Lessing 2, 322 (Sara Sampson 4, 3); da sind so viele veilchen, man steckt sie in den busen Bettine Brentanos frühlingskranz 8;
dann etlich seind der listen voll,
das sie ein fleck von langer woll
in busen stecken, setzst dich drein,
gar bald sie dann vorhanden sein
vnd laussen dich herausser gschwind
Fischart flöhatz 8 neudr.;
(wenn die tischgäste) sitzen an dem tisch,
vnd keiner ist zu essen frisch,
so greiff vmb dich, nimb ein paar wecken,
die soltu fluchs in buͦsen stecken
Scheit Grobianus 2750 neudr.;
(vgl.) vnd der herr sprach weiter zu jm, stecke deine hand in deinen bosen, vnd er steckt sie in seinen bosen, vnd zoch sie eraus, sihe, da war sie aussetzig wie schnee 2. Mos. 4, 6.
β)
bildliche wendungen von sprichwörtlichem werthe knüpfen hier an. einen schimpf ruhig in die tasche stecken müssen, ihn dulden müssen, ohne die möglichkeit, sich wehren zu können: der kutscher aber ... konnte den schimpf nicht leicht in die tasche stecken Bode Thomas Jones (1786) 3, 592;
spring, Margarethe, lauf, da ist der schlüssel!
in meinem laboratorium ist herr Reymund,
dann geh' in eil zu meinem leibarzt hin;
still darf man das nicht in die tasche stecken
Tieck schriften (1828) 3, 362.
doch eines in die tasche stecken, sich seiner kurzerhand bemächtigen, darüber herr werden u. s. w.: mag er (Doria) Genua in die tasche stecken, ... was kümmerts uns? Schiller 3, 24 (Fiesko 1, 7); der alte Hannibal ... kam bis an die thore Roms — und steckte es in die tasche Bauernfeld 1, 204; sahen wir doch im jahre 1813, wie in Hamburg ... ein französischer marschall zum abschied die Hamburger bank in die tasche steckte Moltke schriften 7, 140;
ein hanswurst von könig,
ein beutelschneider von gewalt und reich,
der weg vom sims die reiche krone stahl,
und in die tasche steckte
Shakespeare 3, 274 (Hamlet 3, 4);
dass die hollandsgänger den landbauer in die tasche steckten Möser werke 1, 187. noch heute einen mit leichtigkeit in die tasche stecken. — entsprechende wendungen mit dem begriff sack (vgl. sack 2 th. 8 sp. 1611): sonst wenn die predigt nicht were, so würde es komen, das ein esel den andern in einen sack steckte Luther 28, 653, 27 Weim.; die statt Bern, im sack gebawt, saccagirt man vmb die futerwannige parmasangmäse käsz und steckt sie mit jren lauben zu käsz vnd brot inn sack Gargantua 354 neudr.; wenn ihro majestät nicht bald dazu thun, so stecken einen die kerl am end in sack Göthe 8, 40 Weim.;
weil oft ich (spricht der hahn Alektryo) zu früh das gewissen erweckt,
ward mit dem gewissen in sack ich gesteckt
Brentano 5, 81.
im obscönen spiel mit dem begriff 'vulva':
nun hört die art des todes an:
ich soll und soll mich lassen säcken.
Celinde weist den marterplan,
und will mich selbst ins säckgen stecken.
sie rufft mir zu: ins säckgen nein!
es ist zwar klein:
doch must du hier gesacket sein
Hoffmannswaldau auserl. gedichte 6, 23.
im sprichwort: in mundo sic est: wer etbas mag, der steckt den anderen yn sagk Luther 9, 374, 24 Weim.; das ist teufflisch laster, wo einer sihet, das einer etwas vermag, steckt er alium jnn sack 34, 2, 483 Weim.; wer den andern vermag, steckt ihn in den sack teutsche sprichwörter (1790) 51. — von einem, der in einer sache auf seinen vortheil bedacht gewesen ist, heiszt es: er hats in beutel gesteckt egli l' hà cacciato in borsa, met. convertito in suo proprio utile Kramer dict. 2 (1702), 924ᶜ.
γ)
ähnlichen sinn wie oben einem etwas in die schuh schieben, gieszen u. ä. (vgl. schuh 1 e γ th. 9 sp. 1849) hat das folgende: o Jesus mein erlöser! was haben sie dir alles unter den mantel gesteckt? Bettine dies buch gehört dem könig (1843) 1, 252.
δ)
zwei dinge in einen sack stecken sie als gleichartig behandeln, wofür heute gewöhnlicher werfen (s. unten) gebraucht wird. im parallelismus mit identificieren: weil er (der begriff 'heiden' nämlich) Brahmanisten, Buddhaisten, Aegypter, Griechen identificirt und in einen sack steckt Schopenhauer 1, 619.
ε)
aus der sphäre des glücksspiels stammt der ausdruck die augen in die tasche stecken, nicht aufachten, sondern etwa den schon gemachten gewinn (oder erlittenen verlust) während des spieles feststellen wollen: aber yhr lieben radherrn zu Basel, Strasburg und alle die, so yhr solche sacramentsrotten bey euch habt, mügt euch solche yhre rede wol warnen lassen, das yhr die augen nicht yn die beutel steckt, sondern des spiels wol acht habt Luther 23, 283 Weim.; wer im schacht ziehen, vnd im bergwerck bawen wil, der sol seine augen nicht in die tasche stecken Mathesius Sarepta (1571) 38ᵃ.
d)
die hand ins wasser stecken u. ä.: ich wollte, das man solchen buͦchschreibern die finger abhawet, vnd die hende in heiss pech stecket Cochlaeus heiml. gespräch 7 neudr.; überlegen sie, wie es (das schafmonstrum) am besten zu benutzen und aufzubewahren sey; vielleicht stecken sie es vor der hand ganz in branntwein Göthe IV 32, 177 Weim. eine pfeffersosze ist im folgenden gemeint: (ein priester frägt:) hat mans (das osterlamm) in pfeffer gesteckt? und mit einander rauss geschleckt? Sandrub hist. und poet. kurzweil 46 neudr. auch: thät ganz verstohlen aus einem kübel, in den ich das maul steckte, einen rechtschaffenen trunck wasser Simpl. 2, 364 Keller; das ein verlassener gedültig sey, wenn jn etwas vberfelt vnd seinen mund in den staub stecke, vnd der hoffnung erwarte klagel. Jerem. 3, 29; dieses schöne blau ist fest zu halten, wenn man schnell den stahl aus der hitze nimmt und ihn in asche steckt Göthe II 1, 195 Weim. dazu das sprichwort: es kann einer keinen finger in die asche stecken, so wirds ausgetragen non si può ficcar' un dito nella cenere, che lo sà subito tutto'l vicinato Kramer dict. 2 (1702), 923ᶜ.
e)
bohnen stecken u. ä., d. h. den samen in die erde hinein drücken, damit er keime und aufgehe: bohnen stecken fabas scrobibus deponere, terra egesta deprimere Stieler 2158; er steckt bohnen fabas serit Steinbach (1734) 2, 715; wenn man eine bone steckt in einem garten Luther 34, 2, 121 Weim.; unser herr pastor steckt bohnen und lieszt intelligenzblätter Schubart briefe 1, 96 Strausz. auch er wird also wohl thun, die eicheln so zu stecken, dasz sie ... zugedeckt werden können Göthe IV 8, 192 Weim.;
was man jezund im garten stekt,
das wird im sommer aufferwekt
Grob dichterische versuchgabe (1678) 131.
in neuerer sprache besonders kartoffeln stecken: wer ihm seine tüften stecken und den weizen mähen und ausdreschen mag Polenz Grabenhäger 1, 61; um das land umzugraben und kartoffeln zu stecken Hauptmann bahnwärter Thiel (1892) 38. auch substantiv: nun wurde es ernst in der feldarbeit, mit pflügen, eggen ..., pflanzen, stecken und walzen Polenz Grabenhäger 2, 116.
α)
nur durch eine nuance unterscheidet sich davon pflantzen stecken piantare, porre, sotterrare piante Kramer dict. 2 (1702), 923ᶜ, d. h. die jungen pflänzchen mit dem finger oder sonst in die erde hinein drücken, zum weiteren wachsthum; die im mistbeete gezogenen pflänzchen nun ordnungsmäszig auf freiem gartenbeete auspflanzen: pflanzen stecken brassicam tralatitiam per ordines disponere Stieler 2158; auch die kräuter in den garten stecken herbas in horto plantare Steinbach (1734) 2, 715; bey dem gärtner die aristolochien gesteckt Göthe III 4, 90 Weim. vgl. unten stecker 1 und 2.
7)
einen gegenstand zu sich stecken und so sein besitzer werden: davon zween (thaler) so nah zu mir rollten, gleichsam als wann sie mich baten, ich solte sie aufheben und zu mir stecken Simpl. 2, 406, 11 Keller; das halstuch ..., das ich aus inbrünstiger liebe ergriff und zu mir steckte Göthe 23, 93 Weim.; stecke es (das kästchen) zu dir, vater, und lasz es niemand sehen! 24, 60 Weim.; auf diesem papier stehn die zwölf kandidaten des todes. stecken sies zu sich, und lassen es unter meinen vertrauten herumgehn Schiller 3, 253 (Fiesko 2, 17); und wenn ihr ausgetrunken, so verschmähet nicht, diese schaale zu euch zu stecken maler Müller 2, 183; noch nahm ich eins von den gefäszen ... und steckte es zu mir Tieck schriften (1828) 4, 158;
'da, spricht er, lasz dirs schmecken!'
ich habe schon genug. 'du kannst noch zu dir stecken'
Joh. E. Schlegel werke (1761) 4, 81.
weit schwächeren gehalt bietet die folgende verwendung: wer auf den marckt gehen, und von dar nicht leer wieder zurücke kommen will, der musz geld zu sich stecken Sperling Nicodemus quaerens 1 (1718), 409; selbst wenn er vor das tor ging, steckte er nicht einen deut zu sich Keller 4, 222; Fingerling hatte einen kleinen taschenpuffer ... sorgfältig geladen und zu sich gesteckt Seidel vorstadtgeschichten 155; (ich) hing meinen tornister um, steckte einigen mundvorrath zu mir und trat die wanderung an Ebner-Eschenbach 4, 216; wo den begriffsinhalt erläutert: ich wollte, ich hätt' einen mantel oder einen überrock zu mir gesteckt, oder mit mir genommen, will ich vielmehr sagen E. Th. Hoffmann 8, 45.
8)
in dem sinne von wegstecken, verstecken u. s. w. wird der begriff des verbergens hervorgehoben:
a)
den kopf in die nachtmütze gesteckt Göthe 45, 68 Weim.; sie steckte den leichnam des kindes in einen hafen maler Müller 1, 300; sie stecken ihn (den Falstaff) ... in einen groszen korb voll schmutziger wäsche schleswigsche litteraturbriefe 145, 24; ja, der vermeint adler hat den kopf in sein spitzekragen gesteckt Bettine dies buch gehört dem könig (1843) 1, 24; und die nacht steck ich dich in den kleiderschrank Ludwig 2, 378;
sie steckt den brieff ins rohr
Hans Sachs 2, 27, 25 Keller-Götze;
drümb sol mein himmelslicht
sein klares angesicht
in schwartze, trübe deken
vnd dunckle wolcken stecken
P. Gerhard bei Fischer-Tümpel kirchenlied 3, 400ᵃ;
dann wirft er sich nieder,
stekket sein haupt in den staub
Lenz gedichte 30 Weinhold;
lass mich nur, ich will ja blind und lahm sein,
will den kopf und alle beiden augen
in die fülle deiner locken stecken
Mörike 1 108;
ehe sie sich niederwarfen, steckte der teufel vor den augen des eremiten einen schweren beutel voll gold unter die streue Klinger 3, 88; ein paar trunkene edelknaben ... erzählten, dasz sie den kleinen Cornelius ... unter den ofen gesteckt Arnim 1, 149; die fasanen lagen meistens, den kopf unter die flügel gesteckt, dumpf hinbrütend da Immermann 2, 100;
die sonn an jhrem schein beflecket,
vnder die wolcken wird gestecket,
wann der wind also grimmig weht
Spreng Ilias (1610) 174ᵇ.
b)
in reflexiver wendung der heutigen sprache mehr abhanden gekommen, zu gunsten von verstecken: ain floch wolt wandern über land und stecket sich in ain ballen, die ain kemeltier uf im truog Steinhöwel Äsop 188; wie wolds sich das reymen, das sich die reyne gotliche majestet yn eynen solchen schlam stecken? Luther 27, 485, 25 Weim.; in tieffe der federn solt dich nit stecken (beim schlafen) Guarinonius grewel der verwüstung (1610) 1279; die geheimnisse des kabinets stecken sich gern in die falten eines weiberrocks Schiller 3, 71 (Fiesko 2, 15);
ich gunt mich weiter stecken
in stauden und in hecken
Zinkgref gedichte 7 neudr.;
so pflegt des drachen brut sich in die kluft zu stecken
Pietsch gebundene schriften (1740) 4;
nach dieser seite flog der ball! — er liegt
hier an der erde. schnell fass' ich ihn auf
und stecke mich in das gebüsche!
Göthe 10, 99 Weim.;
nun treffen sie sich nie in wies' und hain,
am klaren quell, bei lust'gem sternenschein;
so zanken sie zu aller elfen schrecken,
die sich geduckt in eichelnäpfe stecken
Shakespeare 1, 197 (sommernachtstraum 2, 1).
sich in einen elenden winckel stecken ficcarsi, cacciarsi, gettarsi in un vil cantonuccio (per habitarvi) Kramer dict. 2 (1702), 924ᵃ;
unsrer liebe göldnes feuer
stekkt sich in die winkel nicht
[Stieler] geharnschte Venus 56 neudr.
sich zu einer gesellschaft rechnen:
drumb dürfen sich auch wol in diesen orden stekken,
die niemahls was gethan als nur die feder lekken
Rachel satyr. ged. 110 neudr.
sich hinter etwas stecken, auch hier wird verstecken heute durchaus vorgezogen: als Isidor sein werk vollbracht hatte, steckte er sich hinter den wachtofen Immermann 1, 35 Hempel. nicht in directer verbindung mit einer localen angabe: und wird in den forstordnungen verboten, solche (grenz-) weg zu hauen und abzutreiben, weil man dadurch theils urkunden der grentzen hat, theils auch das wild sich stecken kan allgem. haushalt.-lexicon 2, 589ᵃ.
c)
in sprichwörtlicher rede eines unter die bank stecken, es darunter verbergen und so seine wirkung aufheben, gewisz ursprünglich von büchern, die man nicht mehr zu lesen lust hat: sondern dagegen so viel grewlicher rotten und secten auff komen, als die stifft und klöster sind, dadurch die christliche kirche gar unterdruckt gewest, glaube verlosschen, liebe ynn zanck und krieg verwandelt, euangelion unter die banck gesteckt Luther 26, 197 Weim.; man mus ... dasselbige (wort) nicht faren lassen oder unter die banck stecken 28, 726 Weim. (vgl. auch s. 760); die selbstredende warheit, die sich nicht unter die bank stekken läszt Neumarck neuspross. teutsch. palmbaum 8. auch von personen, doch durchaus bildlich und in anlehnung an das vorige:
die pracht wirdt wehren nicht gar lang,
steckt man schon baurn vnder die banck,
so gehn jm doch die schu herfür
Gilhusius grammatica (1597) 4, 2, 96.
9)
einen in kleider stecken ihn mit kleidern versehen, ihn bekleiden. dasz der vergleich mit einem dolch, einem degen, welcher in seine scheide gesteckt wird, für das zustandekommen unserer wendung nicht zu ferne liegt, lehrt: die gnädige frau (hat) unrecht ..., ihre weissen hände in ein paar handschuhe zu stecken Gerstenberg recensionen 340, 32.
a)
ein kind zum ersten mal in kleider stecken Kramer dict. 2 (1702), 923ᶜ. besonders gerne soldaten in uniform stecken, sie in dienst stellen; ähnlich in den bunten rock gesteckt werden: hier werden elegants mit regenschirmen und strohhüten und bauernbengel in blaue jacken gesteckt und binnen vier wochen so zugestutzt, dasz sie aussehen wie soldaten Moltke schriften 4, 41;
'herr, es sind Gascogner,
mit schlechten röcken zwar, doch biedern herzen.'
'gut, gut! marsch fort! steck' sie in kleider!'
Bauernfeld schriften 3, 63;
'diese reime klingen schändlich, ohne metrum und cäsuren!'
wollt in uniform ihr stecken litterarische Panduren?
Heine 3, 125.
b)
mit dem nebensinn der verkleidung, vermummung u. s. w.: werden doch unsere christliche helden in römischen ornat gesteckt, wenn man sie aufhängen, aufstellen, und also der ewigkeit zubringen will Hippel lebensläufe (1778) 3, 1, 48; es würde mich nicht sehr überraschen, wenn er in ein fell gesteckt würde und auf allen vieren gehen müsste Hauff (1890) 4, 154. neben verkleiden: larven und fratzen, in welche er (Erasmus Alberus) seine feinde und widersacher auf die boshafteste, unverschämteste und ausgelassenste art steckte und verkleidete, um sie so der deutschen nation vor augen ihre affensprünge machen zu lassen Raabe unseres herrgotts canzlei 1, 53.
c)
reflexiv gewendet (entsprechend a): meiner selbst und des lebens überdrüssig, steckt' ich mich in diese kleider, in fremde dienste Göthe 11, 169 Weim. (Stella); er hat im sinn, sich hier im haus' in die livree zu stecken Müllner 5, 320;
kämst du aus Enacks lenden her,
und könntest dich in purpur stecken
König gedichte (1745) 359;
sie will sich nun in trauerkleider stecken
Hagedorn poet. werke (1769) 2, 281.
(entsprechend b): nichts aber ist widerwärtiger, als wenn der platte charakter sich einfallen läszt, liebenswürdig und naiv seyn zu wollen; er, der sich in alle hüllen der kunst stecken sollte, um seine eckelhafte natur zu verbergen Schiller 10, 497; ich steckte mich in einen wamms von rauhen fellen Klinger werke (1809) 3, 160 (Fausts leben); er (der fuchs) steckt sich in pilgertracht Jak. Grimm vorrede zu Reinhart Fuchs (1834) 128;
ich stecke mich in arme, niedre kleidung,
und streiche mein gesicht mit oker an
Shakespeare 4, 187 (wie es euch gefällt 1, 3).
seltsam klingt: ich muszte lachen, wie sein ganzer leib sich in zauberpositur steckte Pückler briefwechsel und tageb. (1873) 1, 125.
d)
in einer seltsamen übertragung bietet sich die wendung einen in den harnisch stecken (vgl. in einen uralten rostigen harnisch mit fest geschlossenem helme gesteckt, wartete ich seiner in einem abgelegenen thale Fouqué zauberring [1812] 1, 15):
mit buntem rock der lentz, der sommer reich mit gold,
der herbst mit roht und weiss kan berg und thal bedöcken;
jedoch der winter starck mit silberreichem sold
kan (mächtiger) sie all gar in den harnisch stöcken
Weckherlin gedichte 2, 394, 104.
wo nicht, wie oben th. 4, 2 sp. 489 (unter harnisch 1 c) angenommen wird, der sinn der wendung entspricht: einen in die tasche stecken (s. oben unter 6 c β), sondern vielmehr die von eis und schnee starrende winterliche landschaft einem harnisch verglichen scheint, welcher die erde fest umschliesze. (sie all bezieht sich auf berg und thal; in den harnisch stecken gilt hier aber als steigerung des mit buntem rock bedecken.)
10)
einen ins gefängnisz stecken aliquem in carcerem mittere Steinbach (1734) 2, 715. die gedankenfügung wird deutlicher durch das folgende: wenn sie (die frau) zur riesin würde und ihren mann in den kasten steckte Göthe 25, 145 Weim. auch wendungen wie die folgende sind in betracht zu ziehen: ob wir ihm gleich den einen (fusz) in einen schweren kasten gesteckt hatten 43, 144 Weim., wo das 'festlegen, und so an der freien bewegung unter seinen mitmenschen hindern' auf eine durchsichtigere art zum ausdruck gebracht wird.
a)
siehe Clawert, was machstu hie? hab ich dich nit lassen in den thurm stecken Krüger Clawerts werckl. hist. 61 neudr.; an verhungerten betteljungen ins loch stecken Hauptmann weber 64 (3);
so hat man dich gesteckt in dieses hundeloch
Reuter Harlequins hochzeit- und kindbetterinschmaus 59;
ich krieg' ihn, dasz er jüngst mich einen bengel hiesz,
und gar ins loch mich stecken liesz
Ramler fabellese (1783) 2, 347;
einstweilen wirst du in prison gesteckt Bettine dies buch gehört dem könig (1843) 1, 56. harmloser ist: in den schulkarzer gesteckt werden vgl. Holtei vierzig jahre (1843) 1, 85. — ähnlich gedacht: ist eine tochter ohne ihren willen und neigung ins kloster stecken Kramer dict. 2 (1702), 923ᶜ; ein weib, welchs weder schön noch fromm ist, wem ist sie nutz? ins kloster zu stecken, antwort Gurgelstrozza Gargantua 437 neudr.; so steckt man den junker unter die soldaten und das fräulein ins kloster Lenz 1, 14 (hofmeister 1, 6); vgl. in den kerker (gemeint ist das kloster) bin ich gesteckt. unselig ist die hand, die das rauchfasz schwingt statt des eisens Freytag werke 9, 16. auch sonst 'einen zum widerwilligen aufsuchen einer unerwünschten stätte zwingen': (es wurden aus diesen unterjochten nationen) viele der weiber in die harems des königs und der grossen gesteckt Ritter erdkunde (1822) 4, 1239; dann schien er noch jahrelang mit einer guitarre auf dem rücken sich beholfen zu haben ..., bis er unlängst als ein alternder mensch in das dorf heimgeschoben und in das armenhäuslein gesteckt wurde Keller 2, 94; damals, als ihn papa in das comptoir steckte — da hat der mensch (der Robert) gelitten — furchtbar Hirschfeld mütter (1896) 13;
ein junger sklave war zuerst auf wilder see,
und schrie und bebt' und wimmerte:
'steckt, sprach der könig, ihn ins nasse wellenhaus!'
Herder 26, 435;
so würde er (Joh. Kasimir) hundert jahre krieg führen und lieber mit ruhm und ehren um die krone kommen, als Polen durch den verlust Preussens 'in perpetuam servitutem gesteckt' sehen Prutz preusz. gesch. 2, 35; in eine unterbeamtenstellung bei der verwaltung hat man ihn gesteckt Söhle musikantengeschichten 17.
b)
das grab als gefängnisz gedacht; dementsprechend in das grab gesteckt werden 'sterben':
der ungeheure schusz mit heissem gift befleckt
hat unsern obristen bald in ein grab gesteckt
Rist neuer teutscher Parnasz (1652) 28;
du hast vor uns verirrte schaffe
den hirten selbst ins grab gesteckt
Günther gedichte (1735) 9;
auch sonst in ähnlichen fügungen:
bald ist dem leibe weh, bald wird der geist erschreckt,
diss weret, bis man uns gar in die erde stekt
Grob versuchg. 42 neudr.;
wilchen er wil lebendig machen, den steckt er dem tod ynn rachen Luther 19, 154 Weim.;
da steckest du dein weib inn todt
an deine stat
Dähnhardt griechische dramen 1, 119 (Euripides, Alcest. 1458).
c)
von unsinnlicheren verhältnissen: einen in sorg stecken, eim zesorgen gäben curam praebere Maaler 385ᵈ; biss sie zuletst jhr vatterlandt haben inn grosses vngefell gesteckt Xylander Polybius (1574) 215;
o wie habt ir mich armes weib
mit den heffting worten erschreckt
und in die höchsten sorg gesteckt!
Hans Sachs 6, 145 Keller-Götze;
du hast mich in die noth gesteckt
Spreng Ilias (1610) 76ᵇ;
in den last hab ich den könig gesteckt,
viel gemüther wider ihn (nämlich wider den winterkönig)
erweckt
Opel-Cohn dreiszigjähr. krieg (1862) 109;
ach sohn, in wie grossen kummer steckest du mich!
Petrasch 1, 647;
fürs vaterland nur mannlich fecht,
welchs jetzt der papst will stecken
durchs kaisers gwalt in schwere noth
Arnim 13, 111;
diabolus stegket sie (die mönche) in dehn wahn, ut cogitent sua esse recta Luther 14, 133 Weim.; ein mehrers begehren, ist sich selbst in unnöthige scrupel stecken Leibniz deutsche schriften (1838) 1, 272; es ist auch in der that eine schlechte kunst, die verwirrung, darein man seinen held gestecket, durch eine göttliche hülfe zurecht zu bringen Gottsched versuch einer crit. dichtkunst (1751) 31;
lest mich vor angst vnd sorge nicht schlaffen,
steckt mich in zweiffel vnd in zagen,
das ich auff hoffnung nichts darff wagen
Hayneccius Hans Pfriem 24, 477 neudr.;
da ligens in sunde gestegkt, was blut und fleisch ist, omnis posteritas Adae Luther 14, 134 Weim.; wenn sie zugleich nicht allein in intriguen, sondern auch in pracht, kostbarkeit und luxum gesteckt werden Leibniz deutsche schriften (1838) 1, 240 und entsprechend der beliebten reflex. wendung 'sich in schulden stecken' (s. unter d) auch ein seltneres: seine freund für sich in schulden stecken aere alieno amicos suos obstringere Maaler 385ᵈ.
d)
reflexiv gewendet: sich in schulden stecken, sich gegen eim verschreyben vnd verbinden vmb ein summ gälts nomina facere, incidere in aes alienum, conflare aes alienum Maaler 385ᵈ; er hatte sich in eine drückende last von schulden gesteckt Rabener werke 5, 170; dasz er sich nicht in schulden stecke, um seiner wollust vergnügen genug zu verschaffen Joh. E. Schlegel werke (1761) 5, 138 (vgl. Ludwig schriften 1, 211); in unkosten will ich mich ihrethalb nicht stecken Holtei erzählende schriften 11, 58; mit weiterer angabe einer geldsumme: Cäsar steckte sich in schulden von einer million goldes mehr, als sein vermögen betrug, um Cäsar zu werden Bode Montaignes gedanken und meinungen (1793) 2, 248. hinübergespielt auf geistiges gebiet: desshalb er sich gegen got in newe verschuldung steckt. dadurch des sünders geist stirbt Berth. von Chiemsee tewtsche theologey 564 Reithmeyer; sich für ... ein objekt mit einem so imposanten wort (nämlich für eine gewisse art von klugheit) in unkosten zu stecken, lohnt ... der mühe nicht Schleiermacher im Athenäum 1 (12), 107; man sagt damit zu seinem gegner: 'mein sehr gelehrter critiker! stecken sie sich nicht in kosten!' Justi Winckelmann (1866) 1, 448. — sich in eine unnötige sach stecken admiscere alicui negotio Maaler 385ᵈ; sich in viel unnöthige händel stecken Kramer dict. 2 (1702), 923ᶜ; mein kind stecke dich nicht in mancherley hendel, denn wo du dir mancherley fürnimpst, wirstu nicht viel dran gewinnen Jes. Sir. 11, 10 (vgl. auch H. Sachs 19, 44 Keller-Götze); hierwider wendete ich ein, der h. obr. werde sich in schwere verantwortung stecken Harsdörffer teutscher secretarius (1656) 1, Xx 1ᵃ; weil ein rechtschaffener kerls, der etwas redliches studirt hat, sich in eine solche servitur (servitut in der ausgabe von 1701) nicht stecken wird Schupp schriften 644; sich ins unglück stecken conjicere se in malum Steinbach 2, 715; wer sich in gefahr steckt, kommt in gefahr um qui periculum subit, periculo perit ebenda; man wollte sich sicherheit geben, und steckte sich aller orten in zweifel Prutz preusz. gesch. 2, 16;
wie kann gott dulden,
worin ich mich gesteckt?
S. Dach 148 Österley;
sich so in schweisz zu stecken,
mit staub sich zu bedecken,
o raserey!
Gottl. Stephanie singspiele (1792) 3, 14.
11)
einen unter die soldaten stecken: unter die reiter gesteckt werden vgl. Holtei erz. schriften 6, 84. in älterer sprache aber zunächst einen unter ein regiment stecken, ihn einreihen: zu den soldaten, so sich in der kirche befunden, gieng er selber, sie zu besichtigen, hinein ... befahl, sie hernach mahls unter die regimenter zu stecken, vnd zu vertheilen Chemnitz schwedischer krieg (1648) 1, 160; doch davor musz als noch deutlicher vorausgesetzt werden: einen unter das fähnlein stecken (vgl. Raabe unseres herrgotts canzlei 2, 213), wo 'fähnlein' noch durchaus als das (entfaltete) feldzeichen anzusehen ist, unter welches der neugeworbene soldat gestellt wird. ja für die entwicklung zu der bedeutung 'kriegshaufen' werden gerade aus unserm falle werthvolle momente gewonnen. wer würde den könig anjetzo verdenken, wenn er Teutsche und Ungarn auf seine ... kosten unter die cronarmee stecken ... würde? Leibniz deutsche schriften 1, 184; das erträglichste für sie war noch, dasz man sie unter die römischen legionen steckte Schmidt gesch. der Deutschen (1778) 1, 43; zwar versuchte Wrangel, nachdem er sich von Schwaben nach Franken gewendet, Schweinfurt erobert, und die dortige kaiserliche besatzung unter seine armee gesteckt hatte, für sich selbst in Böhmen einzudringen Schiller 8, 409; er wird doch wohl nicht festgenommen und unter die miliz gesteckt? Tieck schriften (1828) 3, 394.
a)
von hier aus auch auf andere verhältnisse übertragen: wir ... muszten fürchten, das es ihm einfallen könnte, uns wieder unter die andern gefangenen zu stecken Gellert 4, 290; wenn ich könig wäre, so nähme ich meinen herrn obersten ohne barmherzigkeit von der infanterie weg, und steckte ihn unter die minister Kretschmann werke (1784) 3, 2, 6; laszt uns an jenem alten heidnischen gott Jupiter, der zuletzt als invalide unter die planeten gesteckt worden war, ein warnendes beispiel nehmen Brentano 5, 333.
b)
selten reflexiv gewendet: sich unter sechs oder sieben ungezogene kinder stecken cioè sposando un vedouo ò una vedoua che gli hà Kramer dict. 2 (1702), 924ᵃ.
12)
sein geld in ein geschäft stecken, es darin arbeiten lassen, u. ä.: der das capital, welches seine voreltern durch gottes segen im schweisz ihres angesichts erworben haben, in häuser gesteckt hat Schuppius 185; ihr geld in staatspapiere stecken vgl. Börne 8, 75;
die steckt ihr vatertheil in spitzen, seid' und band
Günther gedichte (1735) 467;
verkauft, verpfändet eure bauerhöfe,
versilbert alles, steckts in pferd und rüstung!
Schiller 15, 2, 469 (Demetrius).
von geistigen werthen: fleiss, intelligenz, die kenntnisse, die sie täglich und stündlich in das geschäft (die landwirthschaft) stecken Polenz Grabenhäger 2, 191; auch: in einen aufsatz material stecken.
a)
hier finde auch platz die redewendung: sein geld aufs profitchen stecken, es sparhaft und verzinslich anlegen, mit zugrundelegung des bildes vom profitchen, dem lichtsparer, welcher einen kerzenstumpf bis zuletzt ausnutzt (s. profit th. 7 sp. 2162); ich fing erst gegen das ende meines lebens an zu arbeiten, und mein bisgen witz aufs profitchen zu stecken Lichtenberg verm. schriften 1, 42.
13)
seine nase fleiszig in die bücher stecken, mit eifer und ausdauer sich den studien widmen: die ältere (tochter) thut den gantzen tag anders nichts, als dass sie die nase in die bücher steckt Stranitzky ollapatrida 301 Wien. neudr. seltener dafür: selbst in philosophische systeme steckte sie den kopf — nur gegen physiologie wehrte sie sich hartnäckig Stifter werke (1901) 1, 114.
a)
entsprechend: seine nase in eine angelegenheit stecken, sich dafür interessieren, sich darum kümmern: wer seine nase in die politik steckte, den hiessen wir einen kannegiesser Storm 2, 310; im judendeutsch (eine charakteristische erweiterung): hätt' er gesteckt sei nas' mehr in die leut, mehr in die welt, wäre ihm nit gepassirt der strach maler Müller 2, 33.
der (d' Arçon) steckte seine habichtsnas
nun in den handel (die belagerung von Gibraltar) tiefer
Lichtenberg verm. schriften 5, 121;
doch seine nase in eine (fremde) angelegenheit stecken, sich um dinge kümmern, die einen nichts angehen, oft auch in grobes gewand gekleidet: was geheyts dich, du heilloser pfaff, kann dann niemand vor dir scheissen, du wilt deine nase darinnen stecken? Mäynhincklers sack (1612) E 1ᵇ; die nase in allen dreck stecken voler ficcar 'il naso in ogni merda; voler fiutar ogni sterco, dar del naso da per tutto Kramer dict. 2 (1702), 923ᵇ; auch sollst du, maul, künftig nichts genieszen, worin nicht nase vorher ihre nase stecke maler Müller 1, 170; in was steckt der mann seine nase nicht alles Hauptmann biberpelz 79 (3);
wer steckt die nase gern zu faulen pomeranzen?
Hoffmannswaldau gedichte (1697) 2, 65;
wenn aufgeblasne junge gecken
beständig landesfehler sehn,
die nas' in allen unrath stecken
Lichtwer äsopische fabeln (1748) 81;
ich mag
nicht fein seyn; mag nicht überreden;
mag mein näschen nicht in alles stecken
Lessing³ 3, 110 (Nathan 4, 1);
herr nachbar Naseweisz, steckt eure nase
wo anders hin
Schiller 13, 417 (Turandot 3, 4).
b)
eine andere prägung des gleichen gedankens bietet: die klauen in etwas stecken ficcare le unghie, gli artigli in qualche cosa Kramer dict. 2 (1702), 923ᶜ; er verbleibt in den grentzen seiner eignen geschäffte, und stekket seinen finger nicht in fremdes feuer Harsdörffer gesprechspiele (1641) 6, 237; kein englischer könig würde glauben, so ungestraft seine finger in die maschine des staates stecken zu dürfen, wie dies Louis Philipp thut Gutzkow werke (1872) 8, 203; wenn ein solcher gesetzgeber ausserdem die hand in seine (des künftigen rentenempfängers) tasche steckt, ihm zehn procent seines bisherigen einkommens heraus nimmt und baar verschenkt (durch gründung der rentenbanken) Bismarck reden 1, 186 Kohl; um das monarchische ausland abzuschrecken von versuchen, die finger in unsre nationale omelette zu stecken ebenda 2, 78.
c)
zwischen thür und angel, zwischen baum und rinde soll man keine finger stecken Kramer dict. 2 (1702), 923ᶜ; d. h. unparteilich bleiben und mit der eigenen meinung zurückhalten, besonders im eigenen interesse, um nicht selbst schaden dabei zu leiden: der redacteur darf seinen finger nicht zwischen den baum und die rinde stecken, das heisst: er darf sich nicht zwischen den leser und die mitarbeiter stellen Börne schriften 4, 31. eine solche sprichwörtliche redensart setzt auch voraus: nu will ich meine finger nicht stecken zwischen die irrigen händel Luther briefe 1, 314. ungefährlicher scheint: ich steckte auch nicht gern meine füsze zwischen thür und angel Freytag bilder (1859) 1, 291. eine verblassung bietet aber die reflexive fügung des gedankens: hierin sich mischen ist so viel als in aufgezuckte schwerter greifen, zwischen thür und angel sich stecken Leibniz deutsche schriften (1838) 1, 171;
zwischen thür und angel sich z' steckn
geschicht nicht ohn gfähr vnd grossen schreckn
Gilhusius grammatica (1597) 4 (6), 123,
die weiter fortschreitet: der könig sah wohl, dasz le Notre sich nicht zwischen ihn und den minister stecken wollte Herder 23, 110, ohne dasz doch der grund der redensart völlig verschleiert würde. eine rückkehr jedoch zu dem gebrauch unter a und b bedeutet wohl: es ist keine sache, welche nicht vor die obrigkeit komme, die sich darein legen und stecken, und also den unlust ausführen musz Hennenberger preuszische landtafel, vorrede.
14)
seinen kopf aus dem fenster stecken, aus neugier oder anderem grunde: die nachbarn steckten die köpfe aus den fenstern Keller 2, 34. in älterer sprache:
noch in d' fenster den kopff zu steckn,
ein jungen gesellen anzublecken
Gilhusius grammatica (1597) 1 (3), 33.
allgemeiner: ich bemerkte, wie er den kopf in die freie luft steckte Storm 1, 271. ähnlich aus neugierde: den kopf ins zimmer stecken (Storm 1, 179), um sich darin umzublicken und durch einen schnellen ersten blick zu vergewissern; ein schönes blondes mädchen ... steckte neugierig den kopf in die küche ebenda 3, 26. insbesondere: Vocherat steckt den kopf durch die thür Hauptmann einsame menschen (1891) 32 (akt 1); er steckte den kopf zur thür herein Ebner-Eschenbach 1, 121.
a)
entsprechend stecken frösche ihren kopf aus dem wasser, aus neugier oder um ihren gesang anzustimmen: wie sie (die königstochter) so klagte, steckte ein frosch seinen kopf aus dem wasser und sprach brüder Grimm kinder- und hausmärchen 1, 1. schön geschaut ist auch: eine tiefe stille trat ein, und die fremden gäste steckten eben die köpfe zum schluszgebet in den hut Fontane I, 5, 110. in sprichwörtlicher redewendung: todtschlag, dieberey oder rauberey ist nit so ein grosse sünde, als mit den wercken das haupt in himel wöllen stecken Luther 10, 3, 376 Weim.
b)
selten reflexiv: aus den fenstern steckten sich die köpfe und schauten ihm nach Stifter werke (1901) 3, 35.
c)
die köpfe zusammenstecken, um über einen gegenstand sich heimlich zu bereden, ein complott zu schmieden u. dergl.: die köpfe zusammen stecken capita conferre Steinbach (1734) 2, 715; man steckt die köpfe zusammen, rottiert sich zu hauf Schiller 3, 51 (Fiesko 2, 4);
wo den kopf zusammenstecken rüstern,
um von staatsgeheimnissen zu flüstern
Rückert werke (1867) 1, 241.
15)
sich hinter jemanden stecken, um seine hülfe zu gebrauchen, eigentlich sich hülfesuchend hinter ihm verbergen (vgl. oben unter 8 und unten vorschützen): (der) junge marggraf Wilhelm von Jülich, der sich hinter seine tante die königinn Philippa steckte, und durch sie den Eduard auf andere gedanken zu bringen suchte Schmidt geschichte der Deutschen (1778) 3, 564; um sie (die neuerungen) also der regentin abzunöthigen, steckte man sich hinter einige von den vornehmsten officieren der armee Schiller 7, 145 (vgl. auch Bismarck briefe an seine braut 33); (die mühe), sich hinter einen aristokratischen kammerdiener zu stecken, um zu erfahren, ob ihre herren, je nach ihrer politischen gesinnung, auf der rechten oder auf der linken seite im bette liegen Börne 5, 220; auf paschen und wildern hast du mich erzogen, und wenn's dann schief geht und du's mit der angst kriegst, dann steckst du dich hinter Siebenhaar und jammerst ihm was vor Fontane werke I 6, 4. ähnlich auch: sich hinter eine sache stecken Adelung lehrgebäude der deutschen sprache 2, 167. — hinter diese steckte sich der muthwille, und spielte wider den willen der komödie in ihrem hause die lüderlichsten streiche unter ihrem namen Joh. E. Schlegel werke (1761) 5, 49.
16)
mit einem wandel des objectbegriffes einem die tasche voll nüsse stecken, sie ganz mit nüssen anfüllen: die dame ... bracht eine silberne schale vol macronen ... hergetragen, steckte Ellensteinen alle taschen voll der im irrgarten der liebe herumtaumelnde cavalier 63; auch seine finger steckte ich voll ringe Göthe 43, 79 Weim.; und wenn sie meine stube voll gold steckten, so brech' ich meine gelübde nicht La Roche fräulein von Sternheim (1771) 2, 119; ein tuch voll nadeln stecken. — mit der nebenform voller: und warent alle hüser, die dahin sehen mochtend, gestekt voller lüt Richental chronik des Constanzer conzils 104; es stunden eyserne kisten von ... schwerem gewicht daselbsten auff ein ander, ... und fande ich sie gesteckt voller ducaten Simpl. 4, 639 Keller; thut nicht wie etliche Strassburger weiber, welche dass hauss voller haussrath stecken Moscherosch insomnis cura parentum 124 neudr.
17)
in brand stecken; dasz es sich eigentlich um das anheften der brandfackel an ein gebäude dabei handele, ist nicht auszumachen. das neben unserer wendung sich findende in den brand stoszen (s. unten) spricht sogar dagegen; der ausgangspunkt würde dann vielmehr oben unter 10 c einen in die not stecken u. dergl. liegen. merkwürdig bleibt dann aber die schon so frühe zu belegende verwendung des simplex stecken ohne weiteren zusatz in dem sinne von anstecken, anzünden, anbrennen: ie aine (kerze) von der andren gesteckt als zwen finger brait sind Richental chronik des Constanzer conzils 85; solten solche schöne prächtige ansehliche kirchenordnungen vnd ceremonien ausz dem teuffel sein, dem man doch kein kertz stecket Fischart bienenkorb (1588) 8ᵇ; vgl. zu der redensart kerze 4 a (th. 5 sp. 616); dafür auch: doch auff das der frome gott fur solchen richtern bleyben müge und seyn urteyl recht und reyn erfunden werde, wollen wyr seyn wort widder solche frevele meuler vertretten und ursache anzeygen seyns gottlichen willens, auff das wyr auch dem teuffel zwo kertzen auff stecken Luther 11, 317 Weim. vgl. auch noch unsere redensart: einem ein licht aufstecken, das heiszt doch anzünden, damit er ordentlich sehen kann (schon bei Pauli schimpf und ernst 746) —
darnach die Griechen haben fort ...
das rohe fleisch mit schmer bedeckt,
darunder dürres holtz gesteckt
Spreng Ilias (1610) 10ᵃ.
a)
die vestung in brand gesteckt Stumpf Schwytzerchronik (1606) 47ᵃ; etlich heuser in brandt gesteckt Guarinonius grewel der verwüstung (1610) 293; ob wol der könig mit seiner armée noch auf der andern seite der Oder sich befand, ... lies doch der von Schaumburg auch alsbald die stadt Gartz, nebenst dem magasin vnd vorrath an getreide ... in brand stecken Chemnitz schwedischer krieg (1648) 1, 95ᵃ; sie steckten die stadt in brand subjiciebant urbi ignem Steinbach (1734) 2, 715; die kerl flogen wie pfeile, steckten die stadt an drey und dreyssig ecken zumal in brand Schiller 2, 91 (räuber 2, 3); es gelang ihm, Leutschau in brand zu stecken Ranke 3, 148 (reformation); volkshaufen und berauschte soldaten plünderten die öffentlichen gebäude und steckten sogar ein pulvermagazin in brand Moltke schriften (1892) 3, 172;
einst steckt ihm eines buben hand
sein armes kleines haus in brand
Ramler fabellese (1783) 1, 29;
ach, sie stecken das haus oben und unten in brand
Göthe 5, 275 Weim.;
(er) steckt mit rascher hand
das ganze schlossquartier in brand
Pfeffel poet. versuche (1812) 1, 153.
mit einer angabe des werkzeuges: und (er) bewaffnete Alexanders faust mit der mordfackel, womit er Persepolis in brand steckte Schubart ästhetik der tonkunst 23. — brand adjectivisch weiter ergänzt:
so ward auch Agamemnons pfeil
manch aufgespürtes wild zu theil,
bevor er Troja noch in lichten brand gesteckt
Gottsched gedichte (1751) 42.
mehr an der stelle von in brand setzen und eine steigerung von anzünden: er hatte ruhig ein hölzchen in brand gesteckt Ludwig werke 2, 375; dann bemühte er sich seine cigarre aufs neue in brand zu stecken Marlitt zweite frau 118; eine pfeife tabak in brand stecken vgl. Hauptmann bahnwärter Thiel (1892) 14.
α)
als hyperbel erscheint: ein unhold, der die welt in brand gesteckt hätte Klinger werke 3, 278; wehe dem, der Europa in brand steckt, der zuerst die lunte in das pulverfasz schleudert Moltke schriften (1892) 7, 139.
β)
bildlich: die liebe, so mein hertz in brand gestecket, ist meine allerhefftigste pein Stranitzky ollapatrida (1886) 271, 6; sie sollen bald sehen, dasz es mir etwas leichtes ist, ein herz in brand zu stecken Gellert werke 3, 273; indem er unser herz empfindlich machen will, es in brand steckt Lichtenberg nachlasz 46.
γ)
selten mit dem bestimmten artikel: eine überwundene sichere königsstadt wehrlos in den brand zu stecken Herder 15, 161 Suphan; bildlich wie unter β:
zwey augen hatten ihm sein hertze gantz benommen
vnd in den brand gesteckt
Zinkgref auserles. gedichte 26 neudr.
b)
vereinzelt dafür in älterer sprache: ein hauss, zwey oder mehr in ein brunst stecken Guarinonius grewel der verwüstung (1610) 98. auch: die zerbrachen diesz hausz, vnd stecktens in die asche biblia von 1662 (3. Esra 6, 16).
c)
in flammen stecken:
verhindre seinen rath, steck seine schiff in flammen
Joh. E. Schlegel (1761) 1, 106 (Dido 3, 3);
ihr höllenflammen, unter mir
steckt diese natterhöhle hier;
mein bette steckt in flammen
Schubart gedichte (1825) 1, 235.
bildlich:
die liebe steckt mein hertz, ich diese fluth in flammen
Lohenstein Arminius (1689) 1, 388ᵃ;
wie sol diss auge dich nicht gantz in flammen stecken!
Hoffmannswaldau gedichte (1697) 2, 150.
d)
mit einem wandel des objects:
wie vieler frauen trieb,
wie mancher jahre reitz bey uns ohnmächtig blieb,
nur einen süssen brand in unser hertz zu stecken
Lohenstein (1680) 1, 7 (Ibrahim);
wahr ist es, Crummus hat das feld mit mord beflecket,
und flammen in die saat, glut in die stadt gestecket
A. Gryphius werke 44 Palm;
nicht anders, wie ein feur, das bey entstandnem wind
man in die wälder steckt, erst eintzelweiss beginnt
Besser schriften (1782) 1, 47.
18)
einem eine nachricht stecken, ihm heimlich mittheilen, eigentlich sie ihm hinterrücks heimlich zustecken, insbesondere in die tasche stecken u. s. w.: von meiner liebhaberei, nach nestern zu klettern, hatte er der mutter, und von meinen versuchen, aus den baumschulen mir reitgerten zu schneiden, dem vater heimliche nachrichten gesteckt Hauff werke 3, 253;
die nachricht wird dem fuchs gesteckt
Pfeffel poet. versuche (1812) 3, 82;
auch:
ohn' uns ein wort vorher gesteckt zu haben
Kleist 1, 328 (zerbr. krug 1).
a)
verblaszter: weiln mir von einer guten freundin gestecket worden Salinde 13; ja es ist mir gesteckt worden, wenn ich es gerne thäte, so solte eine vornehme einladung an mich ergehen Lichtenberg briefe 2, 110 (verm. schriften 8, 272); es war ihm von einem freunde gesteckt worden, das beste und wirksamste mittel, sich bey den damen beliebt zu machen, würde seyn, wenn er seinen verstand ausbildete, und seinen geist durch schöne schriften aufzuklären suchte Bode geschichte des Thomas Jones (1786) 4, 22; wird er euch fragen, wer's euch gesteckt hat, woher ihr es wissen könnt, dasz er eine memme sey Göthe 36, 62; meine schwester bringt heimlich Genovefen diesen abend serenate, Adam hat mir's gesteckt maler Müller 3, 103; ich wills ihnen gerne stecken, warum wir am montage die diamanten so gewisz bekommen, als das vaterunser im amen ist J. Paul 27—29, 165; morgen nachmittag ist eine grosze partie zu esel ... die andern wollten den voigt nicht mit haben, ich habs ihm aber doch gesteckt Bettine die Günderode (1840) 1, 93; 'warte nur', steckte mir meine frau, 'du wirst ihn bald haben' Rosegger sünderglöckl (1904) 158. mit beiordnung eines entsprechenden begriffes: er hat es dem stadtschreiber so gar stekken und ihn dabei warnen lassen, dasz er auf seiner hut seyn möchte Bahrdt geschichte seines lebens (1790) 4, 47.
b)
mit einer genaueren bestimmung des begriffes: ich werde dir die mittel zeigen, durch welche du zum geisterkönig gelangst. du muszt vorher einen hohen berg ersteigen, und das weitere werde ich dir schon noch heimlich stecken Raimund werke 1, 139; wenn wir ihm nun das geld abgenommen haben, will ich dem grafen oder baron heimlich stecken, des marquis vater sey hier Klinger werke 1, 131 (falsche spieler 3, 1);
wills euch geheim erst vorher stecken,
und, was ich bringe, euch entdecken
Ludwig schriften 3, 612;
und überdies hat mir der onkel im vertrauen gesteckt, dasz er mich gern zur schwiegertochter hätte Bretzner räuschgen (1786) 2, 2; eben der hat mir's ja im vertrauen gesteckt, dasz sie ein herr hauptmann seyen Schiller 14, 173 (neffe als onkel 3, 3).
c)
eine vergröberung des vorigen begriffes bietet: bestellt uns groszartigst herein, und ist dann nicht da. so machen's diese grandseigneurs. ich werd's ihm aber stecken Polenz Grabenhäger 1, 178, d. h. es ihm gehörig sagen. hieraus flosz dann weiter: einem eine ohrfeige stecken (Bauer-Collitz waldecksches wörterb. 193ᵃ): blox! steckte ich ihm eine ohrfeige Laukhard leben und schicksale 2 (1792), 185. über die gerade hier besonders häufig bei niederdeutschen schriftstellern sich findende verwechslung mit stechen verb. s. dort die einleitung.
19)
stecken in der bedeutung 'ins stecken bringen, stocken machen' eine versteinerung entsprechend dem intrans. ²stecken (unten unter 19) und gewisz in seinem zustandekommen nicht unbeeinfluszt durch dieses. eine unerhörte confusion anrichten, die justiz in solchem fürstenthume stecken verhandlung der schlesischen fürsten und stände 1618 s. 240; es ist endlich vmb unsern catholischen glauben zu thun, dessen freyen lauff dieser ketzerische hauffe zu stecken vnd zu hemmen sich unterwindet Chemnitz schwedischer krieg 208. reflex. gewendet und so nur ein wenig persönlicher als unten ²stecken 19: mit solichem rauschenden treffen steckten sich freünt und veint gar hart under ein ander Wilwolt von Schaumburg 39; massen er ... seinen vorrath hieher holen wollen, dasz sichs aber gesteckt Simpl. 1, 469; aber vor lauter eifer, weil alles auf einmal hinausmöchte, steckt sich's dann oft und übersprudelt Meyer-Merian Mareili 32;
die arbeit stecket sich; der wunderbau zerfällt
Drollinger gedichte 85.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1912), Bd. X,II,I (1919), Sp. 1298, Z. 38.

2stecken, verb.

²stecken, verb.
haerere, ausschlieszlich intransitiven gebrauchs, eine dauer- und zustandsbildung zu stechen (s. oben): ahd. stecchôn, mhd. stecken (stecchen), zeigt seit der frühnhd. zeit starkes schwanken in der flexion, indem die schwachen formen mit verschiednem erfolge durch entsprechende starke eingeschränkt werden; so braucht schon Luther zu den präsensformen ich stecke, du steckest, er steckt fast mit einer art vorliebe du stickest (sihe, nu stickestu in deinem unglück 2. Sam. 16, 8 u. ö. s. die belege immer unten), er stickt (wie ein nagel in der mauren zwischen zween steinen stickt, also stickt auch sünde zwischen kauffer und verkauffer Jes. Sir. 27, 3 u. ö.) und er sticket (9, 539 Weim.; Jes. Sir. 23, 22). das gleiche nach den starken formen sich sehr hinüberneigende schwanken findet sich bei Goethe (vgl. 38, 58; 202. IV 4, 197; 248. 22, 223. 33, 238 Weim. sowie die belege unten). diese erscheinung läszt sich auch sonst belegen: du stickest Hutten 2, 187; so stickstu doch voller anfechtung und trübsal Alberus widder Jörg Witzeln mammeluken H 8ᵇ; der widdertauff stickt ihm noch im kopff H 4ᵇ; Lindener katzipori 180 u. s. w. und findet ihre mundartlichen entsprechungen, so belegt Rudolf Hildebrand aus Leipzig als volksthümliche formen durchaus ich sticke, du stickst, er stickt. doch Luthers sprachgebrauch ging in der vorliebe für die formen im präsens so weit, dasz er auch einen plur. bildete wir sticken (29, 576 Weim.) und sie sticken (30, 2, 31 Weim.); während die neuere sprache diese präsensformen wieder aufgegeben hat, wird das praeteritum neben dem bis heute lebendig gebliebenen schwachen steckte (mhd. stekte, steckete) jetzt in der edlen gewählten sprache hauptsächlich von der starken form ich stak, du stakest, er stak, wir staken zum ausdruck gebracht:
und ir stackt so voll klag und leyd
Hans Sachs 17, 5, 12 Keller-Götze.
der kopf stack jnen vol red Keisersberg postille (1512) 2, 88ᵃ; diese schreibung mit ck, ohne dasz sie aber noch mit sicherheit einen vorausgehenden kurzen vocal bezeichnen müszte, findet sich noch bis in das 19. jahrh.: es war eine bitterkalte nacht, der arme tölpel stack zusammengeschrumpft wie ein taschenmesser maler Müller 1, 313. (vgl. auch den beleg bei Stelzhamer unter 2 c.) auch (aus dem sing. gedrungen) im plural: das nemliche thaten leute, die in schulden stacken, oder sich verbürgt hatten Schmidt geschichte der Deutschen 4, 13; die heutige schreibung ist seit Göthe und Gellert (s. die belege unten) ich stak, wir staken; der optativ stäke: wenn wirklich etwas tüchtiges in mir stäke Keller 1, 224. für die frage nach dem aufkommen dieser starken formen liegt die annahme eines einflusses der starken flexion des verbums stechen, zu dem unser wort ja das eigentliche intransitivum ist, nahe genug; doch mag auch das mhd. umlautlose schwache praet. stacte dabei fördernd zur seite gestanden haben:
Meljanz ein sper ouch muose tragn,
daʒ stacte dem helden durch den arm
Wolfram Parzival 385, 21;
noch frühnhd.: lag Sissera tod, und der nagel stackt in seinem schlaf richter 4, 22; vgl. auch Wickram 2, 186 Bolte, sowie im rollwagenbüchlein 120, 20: da der pfaff in der hurst stackt — das partic. wird heute ausschlieszlich schwach verwendet; nur die norddeutsche haussprache kennt noch allgemeiner die frage: wo hast du gestochen? vgl. auch die vielleicht hierher gehörenden belege in der einleitung von ¹stecken, verb.; ein (noch mundartlich für Baiern von Schmeller) belegtes partic. gestocken findet sich in der älteren sprache vereinzelt: denn er fragte, wo er die vergangen nacht gestocken hette? zweyhundert neue historien durch Boccatium (1646) 338; so in Scheits Grobianus 2223 neudr.; es ... könne auch keiner den andern urtheilen oder richten, er sei dann in ihm gestocken, das ist er sei dann ein herzenskündiger Zinkgref 1, 313; das part. gestecken (z. b. in Leipzig); gestickt (15, 631 Weim.) neben dem infinitiv sticken (27, 507. 34, 2, 332 Weim. und danach wohl Carpzow leichpredigten [1698] 72) braucht wieder Luther. das umschriebene präteritum wird mit bin und haben gleicherweis gebildet:
und das all um ein stückchen brot,
das, trocken, aus den schönsten händen schmeckt,
als hätt es in ambrosia gesteckt
Göthe 2, 88 Weim.;
und doch wäre ich ihnen lieber in seiner haut gesteckt als in der des fräuleins, so schön die war Ebner-Eschenbach 4, 171.
1)
durch den vorgang des steckens befestigt sein, die deutliche intransitive entsprechung zu ¹stecken verb. 1.
a)
am spiesz stecken u. ä. wendungen stehen auch hier dem ausgangspunkt der ganzen entwicklung besonders nahe: ein schwarzer käfer, der mit aufgesperrten kiefern an der nadel steckte Storm 1, 148;
vnd geschicht vns wie den geylen fischen,
wann sie das süsze aass erwischen,
das vornen an dem angel steckt
Scheit frölich heimfart E 3ᵇ;
ein vorher geschlachtetes thier steckt am spiesz, um gebraten zu werden (vgl. auch spiesz I 1 k γ th. 10, 1 sp. 2445); dasz ein huͦn am spiss steckt Eulenspiegel 16 neudr.besonders beliebt geblieben in der heutigen sprache durch den vergleich schreien, kreischen, als wenn man am spiesze stäke, als steckte man am spiesze (Campe, der aber mit unrecht eine beziehung der redewendung auf den bratspiesz vermuthet). es spiegelt sich darin der widerliche kriegsbrauch plündernder soldateska, besonders kinder an spiesze zu stecken, und hoch über der schulter zu tragen; einem langsamen, aber qualvollen tode preisgegeben, werden die so gemarterten jämmerlich genug geschrieen haben: er schrye, als wann er an einem spisz steckete Kramer dict. 2 (1702), 924ᵃ; er hat schrecklich geschrieen ... als ob er am spiess stäk Bettine dies buch gehört dem könig (1843) 2, 491; schrei nur nicht, als ob du am spiesze stecktest Holtei schriften 18, 148; und frau von Trompetta ... schrie, als ob sie stäke am spiesz Gutzkow ritter vom geist 1, 351; auch niederd.: he schrijet as wen he am spete steke brem. wörterbuch 4, 947 (Danneil 203ᵃ; Bauer-Collitz 97ᵇ); für die richtigkeit der oben ausgesprochenen vermuthung spricht auch: (sie) jammern, als ob sie am spiesse stäken Keller 4, 216, nicht etwa nur eine verblassung des vorigen, sondern aus dem vorgang selbständig geschöpft.
b)
auch sonst in entsprechung zu ¹stecken verb. 1: auf der lanze stecken u. s. w. einen pfahl ..., auf welchem ein geschundener eselskopff stack Happel akadem. roman (1690) 376.
2)
umgekehrt auch
a)
der pfeil steckt in der wunde u. ä. wendungen: wenn ein wort im narren steckt, so ists eben, als wenn ein pfeil in der hufft steckt Jes. Syr. 19, 12; ob ainer geschossen wer ... vnd das eysen noch in jm steckte Braunschweig chirurgia (1539) 2ᵃ; die ärzt brauchen diese wurtz ..., wo die waafen noch im fleisch gesteckt Gesner-Forer thierbuch (1563) 20; stich oder schüsz, darinn noch die pfeile oder sonst andere geschosz stecken Sebiz feldbau (1579) 209; der dolch stak in seinem bauch wie ein pfahl in dem weinberg Schiller 2, 87 (räuber 2, 3);
der spiesz noch stecket in dem fusz
Spreng Ilias (1610) 65ᵃ;
entsprechend mhd.:
doch stecket in dem arme sîn
diu Gahmuretes lanze
Wolfram Parzival 38, 4;
(bildlich): darumb ists vmb sonst, was ich rede. denn die pfeile des almechtigen stecken in mir Hiob 6, 4;
da steckt der pfeyl mitten im hertzen
H. Sachs 2, 115, 30 Keller-Götze;
der liebe pfeyl steckt in dem hertzen
Spreng Aeneis 63ᵇ;
und eh ich mir's versahe,
stack mir der pfeil im herzen
E. v. Kleist 1, 53, 30 Sauer;
wenn gottes pfeile in mir stecken
Schubart gedichte (1825) 1, 258 (vgl. leben und gesinnungen 2, 157);
auch die kugel steckt in der wunde: indem er die kugel, welche in der wunde stak, herauszuziehen anstalt machte Göthe 22, 46 Weim.
b)
ein pfahl steckt in der erde (vgl. oben unter a den vergleich bei Schiller): Saul lag vnd schlieff in der wagenburg, vnd sein spies steckt in der erden zu seinen heubten 1 Sam. 26, 7; an einem daselbst steckenden pfal Guarinonius grewel der verwüstung (1610) 158; der stock steckt neben der pflanze u. s. w.
c)
im vergleich als weitere ausführung der sprichwörtlichen redewendung er ist ihm ein dorn im auge (vgl. dorn 4 th. 2 sp. 1291): Reisel, der dem jäger, seines oft verwegenen wildfrevels wegen, schon längst wie ein dorn im auge stack Stelzhamer 4, 187, 12.
3)
in mannigfacher berührung mit dem vorigen gebrauche (vgl. oben ¹stecken verb. 3).
a)
die fahne steckt auf dem dache: wie ... die alten kirmessfanen auff den kirchenthürnen stecken Mathesius Sarepta (1571) 72ᵇ; er solle dem könige melden, dasz er gestorben sei und ein kreuz auf seinem grabe stecke Jak. Grimm Reinhart Fuchs (vorr.) 137;
und ein hut mit grünem band,
goldne fransen an dem rand;
spielhahnfeder, gemsenbart
stecket drauf, nichts ist gespart
Brentano 5, 118;
über der fürstlichen bahre ist ein geschiedel gestanden, darauf haben 200 wachslichter gestecket und die predigt durch gebrannt Schweinichen denkwürdigkeiten 33 (doch steckt die unschlittkerze wirklich auf einem lichterstachel in dem sinne von oben 1); ein talglicht, welches in einem messingenen leuchter stak Stifter 5, 1, 80; der brief steckt an dem spiegel u. s. w.
b)
der schlüssel steckt in dem schlüsselloch; dann auch schon stak der schlüssel drinnen (im kästchen) Göthe 25, 293 Weim.; der schlüssel steckt von innen in der thür des kinderzimmers Stifter 5, 1, 327; (bemühung), von auszen die thür aufzuschlieszen, in der jedoch von innen der schlüssel steckt Hauptmann biberpelz (1893) 5, 1. — dann das yszen, das do steckt in dem ronden holtz, das got umb, also dasz du mit zeug vff alle ort, nebent, vnden oder oben hinfahren magst Gersdorff wundarzney (1517) 46, 1ᵃ; der nagel steckt fest und tief in der wand Kramer dict. 2 (1702), 924ᵃ. (im vergleich): wie ein nagel in der mauren zwischen zween steinen stickt, also stickt auch sünde zwischen kauffer und verkauffer Jes. Syr. 27, 2; stecken sie wie der nagel in der wand, ... was können sie thun Herder 24, 69. — in dem einen falle steckten nur die wurzeln in der felsenspalte Ratzeburg standortgewächse (1859) 19;
es erneuen sich völker auch,
deren wurzeln im boden stecken
Rückert 1, 253.
(zähne), die so fornen im maul, vnd auch hinden wie die stockzän im kifel stecken Gesner-Forer thierbuch (1563) 1.
c)
eine genaue locale angabe fehlt: zu ihrer rechtern hand steckten zwey fahnen, in welchen ein adeler gemachet Rist friedewünschendes Teutschland (1648) 51; auch Luthers sprichwörtliche redewendung es steckt noch los haftet noch nicht fest (etwa wie von einem nagel in der wand, doch auch einem pfahl in der erde) gehört hierher: docemus quidem talia, sed lauffen uber hin. insta opportune, quia non satis semel docuisse, legisse, es steck noch los, es ist noch nicht tieff Luther 25, 67, 15 Weim. in heutiger sprache besonders der schlüssel steckt: „gebt den schlüssel!“ wiederholte der gastherr, und merkte jetzt erst, dasz der schlüssel steckte A. von Droste-Hülshoff 2, 300 (judenbuche); die geistesgegenwart, den schlüssel, der auszen steckte, umzudrehen Ebner-Eschenbach 4, 319.
4)
gegenüber der überaus reichen entwicklung von ¹stecken verb. 4 hier nur ganz vereinzelt das ziel steckt ferne u. ä.;
dem losszt das armbrust, so ers ruͤrt,
das schafft der wyndfad ist geschmyert,
dem staͤckt das zyl nit glich alls ee
Brant narrenschiff 75, 18 Zarncke;
ha feinde der freyheit! warum schon zurücke?
das ziel eurer rache steckt diesseits der brücke!
ähnlich:
an fernem eck steckt oft der zweck
Zinkgref auserl. gedichte 12 neudr.;
hierher gehört wohl auch und nicht zu dem begriff verstecken:
was ich guͦts hab, ich mit dir theil,
wer weiszt, wo noch steckt vnser heil!
Fischart flöhhaz 26 neudr.
5)
in einem behältnis stecken.
a)
ein messer, ein schwert steckt in der scheide, bis es zum gebrauch herausgezogen wird, entsprechend ¹stecken verb. 6ᵃ: der degen steckt in der scheiden Steinbach (1734) 2, 406. sprichwörtlich: meynt ir, das in solcher sauberer herberg könn ein wüster wirt oder gast hausen? oder in einer helffenbeynen scheiden ein bleien messer stecken? Gargantua 77ᵃ; denn es ward wohl schon eher eine ǘble scheide gefunden, darin ein gúter degen steckte Simrock 8907.
α)
durch die besonderheit der ausrüstung bedingt sind die folgenden wendungen: er grub sie (die kugel) mit dem messer, welches an der scheide seines hirschfängers steckte, eifrig heraus Holtei erz. schriften 2, 272, d. h. in einer besonderen kleineren scheide, welche mit der scheide des hirschfängers in eins gearbeitet ist. so auch:
köng Agamemnon lobesam,
vom groszen schwert das messer nam,
so stecket auff der schayden zwar
Spreng Ilias (1610) 35ᵃ.
β)
mit weiterer bestimmung: yhr messer stickt fest; aber müssen sie es zucken, so kumpts nicht on blut widder ynn die scheiden Luther 19, 646 Weim.;
meine streiche stecken
in dieser scheide schmalen raum gepresst
Müllner dramat. werke (1828) 3, 103.
γ)
im vergleich: kürze aber ist wie ein köcher, darin gar viele pfeile stecken Zimmermann 1, 11 Hempel.
δ)
bildlich: die sprachen sind die scheyden, darynn dis messer des geysts (die evangelien sind gemeint) stickt Luther 15, 38 Weim., vgl. Quenstedt ethica pastoralis (1678) 4. allgemeiner:
die alten sprachen sind die scheiden
darin das messer des geistes steckt
Göthe 5, 117 Weim.
b)
entsprechend ¹stecken verb. 6 c; in einem sack stecken u. ä. wendungen: in der seitentasche dieses rockes stecken tausend pfund Nestroy 1, 25;
hundert zuckerbröckelchen
stecken in den taschen
unsrer zuckerdöckelchen
Rückert 2, 15;
wie steht ihn so der busen offen,
vnd stecken etlich bücher drinn
Fischart nachtrab 865 Kurz;
sie wust nit was darinnen stack,
bis dasz der Eulenspiegel sprach:
'mutter, du hast viel wort gemacht,
wie dasz du gar kein brot nit weist
jetzunder billich dich erfrewst,
dann komm nur, kuck in diesen sack!'
Eulenspiegel 626 Hauffen.
6)
in kleidern stecken, 'ein kleid tragen'; die umschreibung 'eingekleidet sein' gibt am besten den sinn des begriffes, entsprechend oben ¹stecken verb. 9: wie ein bawr ynn wammes und hosen steckt, da wammes und hosen ausgedenet werden, das sie den leib und die schenckel umgeben Luther 26, 333 Weim.; das alles auf das trefflichste gerieth, obgleich ein paar neue ungeschickte bedienten in der livree staken Göthe 17, 113 Weim.; wenn wir im priesterrock stecken Klinger werke 3, 230; politiker, die im priesterrock, auch in einem evangelischen, stecken Bismarck gedanken und erinnerungen 2, 183; er ... stak in einem weiten grossblumigen schlafrocke Stifter 3, 327;
ynn der farb war keyn unterscheyd,
nur keyn fromer nicht steckt ym kleyd
Luther 19, 11 Weim.;
wann schon gar in der kutten steckst,
noch dannoch nicht dein bossheit deckst
Fischart Eulenspiegel 12277 Hauffen;
folgents, der bartecht, der dort steht, ...
ist aus der Chiaciner sect,
die gern warm in den hosen steckt
barfüszer sekten und kuttenstreit 412, 48 Hauffen;
was sich in pelz und häute schlägt,
und was im blanken harnisch stecket, ...
das alles brennt, das alles glimmt,
wenn es der liebe glut belebet
Gottsched gedichte (1751) 222;
stämme wollen gegen stämme pochen,
kann doch einer was der andere kann!
steckt doch mark in jedem knochen,
und in jedem hemde steckt ein mann
Göthe 3, 240 Weim.;
der ganze unterschied ist in den röcken,
und ich ganz gern mag in meinem stecken
Schiller 12, 23 (Wallensteins lager 6).
a)
im gegensatz z. b. zu ein kleid tragen (was auch unten das subst. tracht spiegelt) wird das fehlen einer inneren, d. h. wirklichen beziehung zwischen dem kleid und seinem träger durch die verwendung unseres ausdruckes gerne hervorgehoben: um unerkannt zu seyn, steckte der könig unter einer perücke in einem schlechten braunen rock Herder 23, 421; und gegen die neumodische pariser kleidung muste ich in steifer uniform mit puder und zopf stecken Jakob Grimm kleine schriften 1, 9 (selbstbiographie);
das schaffskleid jhr gar wol anblickt,
ob auch ein wolf darinnen stickt
postreutter (1591) F 2ᵃ;
bald stekkt ein geiler bokk,
ein junger Clodius, in einem frauenrokk
Rachel satyr. ged. 82 neudr.;
ein kahles kleid,
und steckt' auch Socrates darinnen
Goekingk gedichte (1780) 2, 63;
deshalb: und ein ehrlicher mann mag stecken, in welchem kleide er will, man musz ihn lieben Lessing 1, 600 (Minna von Barnhelm 5, 13).
b)
in der älteren sprache steckt auch der kopf im hute: dort hanget sein beltzhauben. secht ob der kopff darinnen stecke! Schumann nachtbüchlein 31 Bolte; vgl.:
derhalben auch der Lucifer
da er sah auszgemacht so ferr
disz hütlein sampt dem, was drin stack,
vor forchten selber er erschrack
Fischart jesuiterhütlein 969 Hauffen;
noch mundartlich:
föst in huet stöckt da' kopf,
wier in eisstock da' stiel
Stelzhamer dichtungen 1, 128.
einen weiteren schritt aber thut das sprichwort: im langen haar stecken auch fechter Gargantua 22 neudr.
c)
heute ganz gewöhnlich: die füsze stecken in derben, festen lederstiefeln u. ä. unwinterlich gekleidet. nur seine füsze steckten in hohen filzstiefeln Fontane 6, 171 (vor dem sturm 1); bis an die schuhe, und in diesen stecken die füsse bloss Adelung magazin für die deutsche sprache (1783) 2, 1, 107. ebenso: die hände des männleins steckten in zerrissenen, weiszen, waschledernen handschuhen, aus denen die mageren fingerspitzen schmutzig hervorsahen Raabe kinder von Finkenrode 72; lasset nur meine hand los; sie steckt nicht im panzerhandschuh unseres herrgotts canzlei 2, 198.
d)
mit gewandeltem subject in älterem sprachgebrauch: weisse händschuch an händen stecken Paracelsus (1616) 1, 906;
Mars träget stiefeln, die als schuh was fester stecken
Logau 1, 114, 84.
e)
im sprichwort heiszt: in schlechten stiefeln stecken nicht gesund sein (wie gleich unten in einer schlechten haut stecken) oder in schlechten verhältnissen leben, eigentlich zum erdenwandel schlecht gerüstet sein.
f)
entsprechend dem ursprünglichen sinne von leichnam (ahd. lîhhamo u. s. w. oben th. 6 sp. 625) steckt der (innere) mensch, die seele des menschen, in dem leibe wie in einer kleiderhülle: war ists, das wir alsamen sünder seind und pleiben, so lang wir in disem fleyschlichen cörper stecken Sleidanus reden 38 Böhmer; wenn du mir im leibe gesteckt hättest, so hättest du es nicht anders machen können als ich's sehe Göthe 43, 130 Weim.; einer, dem immer noch die bürgercanaille im leibe steckte Schubart briefe 1, 150 Strausz; in diesem leibe steckte ... ein echter Wiener Arndt werke (1892) 1, 116; besonders beliebt ist in der haut stecken, wo auch zugleich ein theil des körpers zu dem inneren menschen gezogen wird: der körper des menschen steckt in seiner haut; als sprichwörtlicher wunsch: ich möchte nicht in der haut des verfassers stecken Göthe IV 15, 202 Weim. (vgl. Holtei erz. schriften 3, 77); (wünschen,) ich steckte nicht in diesem wamms, diesen hosen, dieser haut Raabe unseres herrgotts canzlei 1, 90; 'o himmel und hölle, ich wollte ..., du stecktest in meiner haut!' rief der schauspieler kinder von Finkenrode 44; ja, ja, sie lächeln, groszer künstler, sie müssten nur mal einen tag in meiner haut stecken Hirschfeld die mütter (1896) 28; auch: ihr solltet nur manchmal in meiner haut stecken, ihr würd's bald genug satt kriegen Hauptmann weber (1892) 18 (akt 1), wo immer die ganzen lebensverhältnisse und umstände eines menschen von der redensart umschlossen werden, wie im folgenden: sie (die grafen) sind nun einmal da ... und können aus ihrer haut nich 'raus. un wenn einer mal raus will, so leiden es die andern nich un ruhen nich eher, als bis er wieder drin steckt Fontane I 5, 58; in dem sinne von 'lebenselement' bietet sich auch: dasz er also voll von liebesgedancken seines hertzens, wie eine mauss im schmaltzkübel oder wie ein käfer im kühfladen, in seiner haut steckte Simpl. 1, 477; dieses gewand kann man aber in diesem leben nicht ablegen, deshalb der folgende vergleich: sie lassen jedem gern seine meinung, wenn er nur fest darin steckt, wie in seiner haut Börne 1, 11 (vorr.).
α)
mit weiterer adjectivbestimmung: in kleiner haut stecken auch leut Dentzler 1, 356ᵃ:
dasz ihr so hoch euch beide streckt
und in so dicken häuten steckt
Mörike 1, 128;
in keiner guten haut stecken, in dem sinne wie oben unter e in schlechten stiefeln stecken, nicht gesund sein (dann auch 'in schlechten verhältnissen leben' entsprechend der auffassung in den obigen belegen): er steckt übrigens in keiner guten haut, nach allem, was man hört Schnitzler freiwild 23; auch: der gesell sei ... ein zarter bursche und scheine in keiner festen haut zu stecken Speck zwei seelen 321.
β)
eine auffällige erweiterung des vorigen bietet Keller: aber trotz der blässe, die ohne den rötlichen greis alle überzog, steckten sie in einer unverwüstlichen gesundheit, wie die fische im wasser 2, 149.
γ)
so können denn dämonische wesen zugleich mit uns in unserer haut stecken: der teufel stecket uns in der haut Luther 28, 566 Weim.;
der tüfel stäckt jr gwüsz im lyb!
Manuel weinspiel 164 neudr.;
was die neuere zeit einfach ausdrückt:
ihr wahrlich schaut
nicht so, als stäkt in sündger haut
Tieck 1, 104;
doch vgl.: jedenfalls steckt der teufel in ihr, und habe ich ein schlimmes stück arbeit übernommen Keller 1, 50.
7)
widerwillig oder sonst zu seinem schaden festsitzen, festhaften, an der freien bewegung gehindert sein.
a)
im schlamm, im morast stecken, festsitzen, so dasz man nicht von der stelle kann, noch deutlicher mit hervorhebung der dauer durch stecken bleiben (s. unten): im kaat stäcken haesitare in luto Maaler 383ᵇ; unterst zu oberst stürzt' ihn mein herr vom pferd, dasz der federbusch im koth stak Göthe 8, 95 Weim. (Götz 3);
Antilochus Mydoni gab
ein harten streich von oben ab,
das er gleich von dem wagen sanck,
hernider vff die erden kranck,
im kot er stecket mit dem kopff
Spreng Ilias (1610) 63ᵇ;
da die gemahlin noch im pfuhle stecket
Ramler fabellese (1783) 1, 94;
entlich stöst er auff einen fuhrman, der mit pferd und wagen im tieffsten schlam in einem pfuel steckete, kondte weder hinter sich noch vor sich Hayneccius Hans Pfriem 4 neudr.;
in jenem sumpff steck ich nicht mehe
35;
hat der sich gewircket aus dem dreck
darinnen er nur newlich steck,
so musz er jo der teuffel sein
31;
die einleitung des zustandes wird geschildert: ehe sie sich es versahen, kamen sie in einem morast zu stecken Happel akad. roman (1690) 536. bildlich: dasz sie ... im sündenschlam, ja allerdings schon gar der höllen im rachen steckt Simpl. 2, 48 Keller; sie sind dazumal noch tieff ym schlam gestickt, das gesetz lag yhn noch auff dem halse Luther 15, 613, 31 Weim.; mein seel stäckt im kaat Zürcher bibel 1531 psalm 118, 7; die fürsten seien uneinig, die städte weder gerüstet noch entschlossen, die ganze nation stecke — so drückte er sich aus — bis an den hals im moor Ranke 4, 131 (zeitalter der reformation);
wer über die oren im kat steckt
vnd reinigt sich mit anderm dreck
vnd kat mit kat wil dannen tryben,
der muͦsz von not dreckig belyben
Murner narrenbeschwörung 179 neudr.;
bei meiner treu! ich wette!
er hat im hasenfette (feigheit, vgl. th. 4, 2, sp. 536)
bis übers knie gesteckt,
nun ist kein hund im lande,
der ihm die grosze schande
von seinen strümpffen leckt
Stranitzky ollapatrida 44, 17 Wiener neudr.;
hierher gehört die noch heute gebräuchliche redewendung in der sprache des alltags in der patsche stecken: denn stecken wir man all ooch in de patsche Hauptmann biberpelz 67 (akt 3), vgl. dazu patsche 4 und 5 (th. 7 sp. 1507).
b)
im gefängnis stecken, als gefangener festgesetzt sein, entsprechend oben ¹stecken verb. 10: wollt ihr im schuldturm stecken? Schiller 2, 40 (räuber 1, 2); er hatte vier monden unter strolchen im kerker gesteckt Justi Winckelmann 2, 2, 16; von der studierstube:
weh! steck' ich in dem kerker noch?
verfluchtes dumpfes mauerloch,
wo selbst das liebe himmelslicht
trüb durch gemalte scheiben bricht!
Göthe 14, 28 Weim. (Faust 1).
dementsprechend auch zu hause stecken müssen, nicht von haus fortkönnen, an das haus gebunden sein: zu hause musz ich stecken und das fest dieser tage versäumen Göthe IV 20, 17 Weim.;
im hause must sie stecken
vnd stets bey Myrto sein
Zinkgref auserles. gedichte 49 neudr.;
stecken sie den ganzen tag da zu haus? Schnitzler liebelei 113. auch: bis dahin steckten sie (die beiden buben) in der schule Thümmel reise 6, 137.
α)
den ausdruck erläutert: ach so ist dem armen mennschen rechtt also ob er zwischen zwaien wenden stecke Tauler sermones (1508) 103ᵃ.
β)
mit bezug auf den aufenthalt der toten vor dem tag des jüngsten gerichts; von den seelen im fegefeuer u. s. w.:
wenn gottes trompte wird erklingen
von oben aus der lufft,
und mächtig durch die grufft
der tieffen gräber selber dringen,
und alle menschen, wo sie stecken,
wird aufferwecken
Dach gedichte 212 Österley;
da wird sie (die königin) ... erinnert, dasz ihr verstorbener herr könig im ... Hörselberge ... stecke und vor seine sünde büsse Prätorius Blockesberges verrichtung (1668) 13. als wunsch für einen miszliebigen: ich wolt dasz sie beide mitten in der Elb, oder mitten im loch des fewrigen bergs Aethna in Sicilia steckten Vogelgesang tragedia Johannis Hussen 14 neudr.
c)
einem in den klauen stecken, sich von ihm nicht befreien können: was will er machen? er steckt dem in den klauen ganz und gar maler Müller 1, 275. im (fang)netz stecken, als jägerausdruck, wenn thiere in den ausgestellten netzen sich gefangen haben:
heut, da man seine füchs thut kennen,
vnd will den fuchs ausz der hell brennen,
da wüt er vnd wehrt sich zu letz
wie ein wild, das schon steckt im netz
Fischart thierbilder 426, 100 Hauffen;
auch für die fischweide wird er vorausgesetzt:
st. Anton hat den fischen gepredigt, aber ich wette,
kamen sie vor aus dem meer, staken sie sämmtlich im netz
Waiblinger gedichte aus Italien 2, 88.
ähnlich: in den dornen stecken: ich stecke in dornen Göthe 17, 77 Weim. (vögel). von dem widder, welcher Abraham zur opferung gesandt wurde: wo du wie eine unke im sumpfe, oder wie Abrahams widder in den dornen gesteckt hast Droste-Hülshoff 2, 366; hierauf bezieht sich die redensart: do geth die schrifft am meisten wider, do sticket der bockh in den dornen Luther 9, 539, 31 Weim., d. h. da liegt der schinken im salze, hier findet sich der hauptsächlichste streitpunkt. eine umbildung davon ist: in summa da stecket der baur in der hegken, dasz closter hetend sy geren gar gehabt chronik von Kaisheim 169.
d)
als mythisches bild: dem tod, der hellen schon im rachen stecken Kramer dict. 2 (1702), 924ᵇ; ach got, ich sihe, das der ein sünder ist, steckt dem teuffel im rachen Luther 10, 3, 302 Weim.; (angst,) dass er allbereit dem höllischen schlund beginne im rachen zu stecken Simplic. 4, 507 Keller; ist der nechste gottlose und stecket dahero dem satan im rachen, so musz man aus hertzlicher barmhertzigkeit ihn suchen zu bekehren Sperling Nicodemus quaerens 2 (1719), 569. vgl. er steckt im abgrunde in voraginibus haeret Steinbach (1734) 2, 714.
e)
in der nacht stecken, besonders bildlich: wer in der nacht steckt, hält die dämmerung schon für tag Göthe IV 8, 121 Weim. ähnlich: es ist wahr, dasz zu Homers zeiten, die lehre von gott noch in dicken finsternissen gestecket hat Gottsched critische dichtkunst (1751) 202.
f)
in reicher übertragung
α)
auf schwierige lebenslagen u. ä., aus denen man nicht herauskann, die einen gefangen halten; wie man im morast steckt, so dasz man nicht von der stelle kann, ja zuletzt leicht darin elend zu grunde geht (vgl. dazu oben unter grund): in schwären schulden stäcken aere alieno premi, opprimi aere alieno Maaler 383ᵇ;
dieser hat ein böses kind; jener steckt in grossen schulden
Neumark fortgepfl. musik. poet. lustwäldchen (1657) 2, 48;
die vornehmste ursache, dasz die ansehnlichsten häuser am meisten in schulden stecken Rabener 5, 180; jeder verwaltungszweig steckte in schulden Dahlmann geschichte der franz. revolution (1845) 32; ich steckte in schulden bei schneidern, modisten Ebner-Eschenbach 4, 313;
ein armer schiffer stak in schulden
Gellert 1, 119;
sie haben stol zgenug, doch stecken sie in schulden
Göthe 16, 23 Weim. (jahrmarktsfest von Plundersweilern).
auch: ich stecke noch in alten quälenden briefschulden Chamisso 5, 333. subst.: vnd dass es die ellendeste arbeitseligkeit sey, in schulden stecken vnd vor gericht zancken Heyden Plinius (1565) 48. wie der ausdruck in schulden stecken sich aus dem wirklichen bilde genährt hat, wird deutlich, wenn der hofmeister von Schweinichen angesichts der schulden, für welche er dem Herzog Heinrich aufzukommen hat, klagt: wie ich in so groszer vertiefung vor herzog Heinrich stecket denkwürdigk. 171 Österley.
β)
in groszer not stecken u. ähnl. wendungen: nu hat der herr das reich gegeben in die hand deines sons Absalom, und sihe, nu stickestu in deinem unglück, denn du bist ein bluthund 2 Sam. 16, 8; vnnd ist dieses nichts anders gesagt, als das es wegerer sey von fernem ein vnglück anzusehen, als darinnen selbs stecken Fischart discours (1589) A 2ᵃ; da sie in vngemach steckten Xylander Polybius (1574) 25 vgl. auch s. 228; so gross das unheil war, in welchem wir staken, ... konnten wir doch nicht unterlassen zu scherzen Göthe 33, 93 Weim.;
doch tawrt er mich, dasz er zur frist
in solchem unfall steckt mit klagen
Dähnhardt griech. dramen 2, 69 (Ajax 2234);
denn wer ynn nödten stickt, der ist schier gleich wie ym tod Luther 19, 426 Weim.;
in grösser noth ich niemals stack
Ayrer dramen 413, 19 (historien Roms);
ach Jupiter, du grosser gott,
hastu jemahls in solcher noth
gelassen einen fürsten keck,
darinnen ich mit vnfall steck
Spreng Ilias (1610) 99ᵇ;
dasz ich in kurtzem von der angst, in der ich stecke, mich frey befinde schauspiele englischer comödianten 263, 9 (unzeitiger vorwitz 1, 2) Creizenach; wie helfen wir uns aus der verwirrung, in der wir stecken? Göthe 11, 165 Weim. (Clavigo); nun steck ich in einer zweifelhaftigen unbequemlichkeit Bettine dies buch gehört dem könig 1, 16; da ist ja den leuten lange genug klar gemacht worden, in welchem entsetzlichen elend sie drin stecken Hauptmann weber 83 (4);
ich, ewr vatter, und ihr albeidt
stecken in grossem hertzenleid
Dähnhardt griech. dramen 1, 99 (Eurip. Alcest 876);
in so schweren sorgen stecken, ...
ist es nicht ein lauter quehlen?
Königsberger dichterkreis 43 neudr.;
auch wer schier besser, du wärst ein zeyt lang in weltlicher gefengknuss, das du deine sünde erkendtest unnd dich darvon besserest, dann also in täglicher sorg unnd angst steckest Schumann nachtbüchlein 227; weil er viler ... leut weib und kind sihet in not vnd schuld stecken Mathesius Sarepta (1571) 25ᵃ; viel männer, die in noth und schulden stacken, und betrübtes herzens waren Sperling Nicodemus quaerens 2 (1719), 562;
noch stecken wir in not und qual
Spreng Aeneis 14ᵇ.
aus einem andern bilde schöpft aber wohl er suchte ... gottes ehre zu befördern, vnnd seine bedrängte religionsverwandten ... von dem tyrannischen zwang, worunter sie eine geraume zeit gestecket, zu erretten Chemnitz schwed. krieg (1648) 61ᵃ, wie etwa ein gefangener vogel unter dem schlagnetz des vogelherdes steckt.
γ)
in einer ansicht stecken, darin befangen sein, nicht von ihr loskönnen: dass menschliche hertzen vnnd sinn in viel irrthumb stecken Amadis 1, 228; aus allem irrthum, worin alle menschen von natur stecken Arnold ketzerhistorie vorr. 42; diejenigen so in den irrsamsten meinungen stecken Butschky Pathmos 204; ganz Rom in dieser meinung steckte Anton Ulrich von Braunschweig Octavia (1677) 1, 82; ein schwärmender verehrer, der einmal in seinem system ohne hoffnung zu einem zurückzug steckt, ist allemal verdächtig Lichtenberg vermischte schriften 4, 17;
wir steckten in abgötterei,
der bapst fürt uns in schaden
lied auf die gefangennahme herzog Heinrichs von Braunschweig i. j. 1545 (bei Liliencron histor. volksl. 4, 270).
δ)
in einer gewohnheit stecken u. ä.: der leser, welcher in der langen gewohnheit steckt Kant 3, 229 Hartenstein; auch er stickt in dem seichten dilettantismus der zeit Göthe IV 37, 190 Weim.; das zurückgehen musz dein hauptbegriff sein; denn du stickst nun einmal drin an Herder am 22. sept. 1788 (des letzteren nachlasz 1, 97). — freilich färben halt die verhältnisse gar so ab auf die menschen, die in ihnen stecken! Ebner-Eschenbach 4, 404.
ε)
in einer stimmung oder charakteranlage stecken: wenn er in seiner melancholey stecket Amadis 1, 160, vgl. Guarinonius grewel der verwüstung (1610) 33; es gibt nichts, was du ... mehr perhorreszierst als sentimentalitäten, und doch, fürcht' ich, steckst du selber drin Fontane I 5, 220; die so in diesem laster stecken Pape bettel- und garteteuffel (1586) C 7ᵇ; förchten sollen sich diejenigen vor dem todt, welche da stecken in viel tausend todtsünden Albertinus zeitkürtzer (1603) 40ᵇ; in gleycher begyrd stäcket auch der papst Stumpf Schwytzerchron. (1606) 224ᵇ; wer aber gegen das siebente (gebot) verstöszt, der steckt nicht blosz in des fleisches schwäche, der steckt in der seele niedrigkeit Fontane I 5, 274; wer in der brunst sticket, der ist wie ein brennend fewr, und höret nicht auff, bis er sich selbs verbrenne Jes. Syr. 23, 22; auffs aller lustlichst in wolllust stecken Hutten 1, 394; und hoffart treibet zu allen sünden, und wer darin steckt der richtet viel grewel an Jes. Syr. 10, 15;
wo in hoffart steckt ein mann,
richt er vil grewl und unglücks an
H. Sachs 19, 40, 27 Keller-Götze;
in ungerechtigkeit stäcken und bleyben haerere in iniquitatibus Maaler 383ᵇ; wann ihr aber in hasz und uneinigkeit stecket, so machet ihr unlust der heyligen hochgelobten dreyfaltigkeit Schuppius 282;
sunst steck ich hy in hass vnd neyd
Schwarzenberg der teutsch Cicero (1535) 140;
vergebens äugelt der, der noch in freveln steckt,
auf freundschaft, die sein herz nicht einst im traume schmeckt
Withof bei Kinderling reinigkeit der deutschen sprache (1795) 360.
ζ)
mit einer aus dem bilde entspringenden adverbiellen bestimmung: und (er) stak tief in den französischen übeln Göthe 43, 88 Weim. (Cellini 1); Aurel gestand ... offen ein, dasz er tief in schulden stecke Holtei erzähl. schriften 21, 99; sie sind zu entschuldigen, wenn sie, tief in jüdischen vorurtheilen steckend, solche äuszere stützen ... bedurften Strausz 3, 13 (leben Jesu);
ach ja, tieff stackstu in gefahr,
weil du beströcket warst so gar
mit falschen, bösen leuten
Zeiszold bei Fischer-Tümpel kirchenlied 2, 50;
der pfarrer von Assmannshausen sprach:
'die welt steckt tief in sünden,
doch wo der meister Josephus steckt,
weisz keiner mir zu künden.'
Scheffel 6, 247 (gaudeamus 137);
doch steckt er auch noch viel zu tief in der verehrung, als dasz er sobald zum urtheil gelangen sollte Göthe IV 17, 268 Weim.; die nationen steckten zu tief in ihrer eigenen unordnung Grimm Michelangelo (1890) 1, 16. auch: grewel, darin wir auffs dieffst stecken Cronberg 12 neudr. so ist denn hier auch möglich: die dreissigtausend gulden brautschatz, die das kaufmannstöchterchen meinem sohne ... ins haus brachte — die haben mich herausgerissen. ich stack verteufelt tief Kretschmann 4, 2, 6 (hauskabale 1, 1).
η)
die bildlichkeit des ausdrucks findet weitere verstärkung: ich stecke momentan bis an den hals in tausenderlei fatalitäten Pückler briefwechsel 5, 65. noch beliebter aber ist bis an die ohren worin stecken: er stecket in aller unsauberkeit bis an die ohren (vitiis erat immersus altissime) Sleidanus zwei reden 204 Böhmer, wo das zugrunde liegende bild ganz deutlich gefühlt ist. kein wunder, dasz sie bis an die ohren in schulden stecken Albertinus der welt tummel- und schauplatz 158; übrigens trauten's mir nur wenige von meinen nachbarn und nächsten gefreundten zu, dasz ich so gar bis an die ohren in schulden stecke Bräker der arme mann im Tockenburg 200; sie werden doch meiner base keinen bruder lüderlich zur frau geben wollen, der bis an die ohren in schulden steckt Schiller 14, 146 (neffe als onkel 1, 10);
ja wohl zu matt, dich aus dem schlamme — nein,
der liebe wollt' ich sagen — dich zu ziehn,
worin du leider steckst bis an die ohren
Shakespeare 9, 203 (Romeo 1, 4).
in weiterer begrifflicher steigerung: es stickt des bapsts seiten ob dissem stuck biss ubir die oren yn der manicheorum ketzerey Luther 7, 644 Weim.; das wir in sünden sticken bis uber die ohren ebenda 29, 576 Weim.; diss gegenwertige vnglück, darinnen wir bis vber die ohren stecken Musculus hosenteuffel 7 neudr.; sie stecken biss über die ohren in allen vorurtheilen die vernünft. tadlerinnen (1725) 1, 182; unter allen briefschulden, in welchen ich bis über die ohren stecke, liegt mir keine schwerer auf dem herzen, als die, in welche ich bey dem herrn hofrath Kästner gerathen bin Lessing³ 17, 282; er steckt ... bis über die ohren in dünkel und standesvorurteilen Fontane I 5, 65;
mancher steckt drinn (im grobianertum) biss vber d'oren,
der es noch lang zeit hat verschworen
Scheit Grobianus 4881 neudr.;
du steckst ja über kopf und ohren in der liebe Schroeder 1, 8 (heiml. heirath 1, 5); vgl. auch ohr II 5 g β (th. 7 sp. 1232).
8)
ohne diesen beisinn des widerwilligen in einer sache stecken, sich eifrig mit ihr beschäftigen, in seiner thätigkeit ganz von ihr in anspruch genommen sein u. s. w.; besonders in solchem sinne in den büchern stecken: der alte kerl ist nicht dumm, steckt immer in seinen büchern Ayrenhoff 3, 248; er ist ein träumer, der mehr in den büchern steckt Bauernfeld 5, 111;
man sieht doch recht, dasz du ein schüler bist,
ein guter zwar, doch der zu viel allein
in seinen büchern steckt
Göthe 11, 364;
und sein geselle wohlbedächtig
steckt in den büchern übernächtig
16, 286 Weim. (maskenzug 615);
ist keiner der solch bücher hasst,
er sey dann viel ein grösser geck,
dann der so in den büchern steckt
Fischart Eulenspiegel 26, 415 Hauffen.
dementsprechend auch: mein voriger herr, der herr baron Süszmund, steckte beständig in romanen Petrasch 1, 158; niemand gab auf ihn acht — man steckte im testamente, ausgenommen Knol J. Paul 26, 80 (flegeljahre 1). — die auch hierher gehörende wendung tief in der arbeit stecken zeigt durchaus, wie der ausgangspunkt für diesen gebrauch unter 7 zu suchen ist: wenn sie über viele arbeit klagen, so stecke ich auch in vieler und groszentheils so unerfreulicher, dasz ich gern drei stunden der ihrigen für eine der meinigen hinnehmen wollte Jakob Grimm in den briefen an Benecke 34; wisst ihr denn nicht, wie tief ich in geschäften stecke? Kretschmann 4, 2, 80 (hauskabale 3, 4).
9)
oft mit dem beisinn des verborgenseins, als intransitiv. zu oben ¹stecken verb. 8 und verstecken verb.: als solches der mann höret, fraget er: 'wo ist der pfaff?' dem das knäblein bald antwort: 'er steckt im kachelofen' Lindener rastbüchlein 28 Bolte; die Franzosen stecken zwar in Tyrol und haben Trient und Roveredo, doch hat Wurmser in der Lombardei grosse vortheile erhalten Göthe IV 11, 227 Weim.; ich habe ... solide menschen kennen lernen, dergleichen noch manche hier in der abgeschiedenheit stecken mögen IV 8, 155; und in kurzem steckten wir wieder zwischen so hohen und wilden bergen als jemals Nicolai reise durch Deutschland und die Schweiz (1783) 2, 537; das fuszvolk steckte zum theil in jenem bewaldeten gebirge und schoss sich ein wenig mit dem feinde umher Ritter erdkunde 15, 1014;
die keuschheit macht, dasz weiber werden
zu klaren engeln auf der erden,
doch ist es so gar seltsam nie,
manch Lucifer steckt auch allhie
Logau 1, 229, 56;
ausreisser, memme! liefest du so mir fort?
in welchem busche steckst du? sprich ein wort!
Shakespeare 1, 249 (sommernachtstraum 3, 2).
in der jägersprache: das edelwild steckt in einem teile der wildbahn, hält sich verborgen Brehm thierleben 3, 464 Pechuel-Lösche; auch sonst:
als wann ein taub thut fliegen aus
von jhrem nest vnd tuncklen haus,
die lang in einem felsen hart
gestecket ist nach jhrer art
Spreng Aeneis 88ᵇ;
die eul in ihrer höhlen steckt
Arnim 21, 280;
das ort, da die läuss stecken Sebiz feldbau (1579) 96; in diesem wammes stecken so viel läuse und flöhe, das zehn bauern ein jahr davon zu fressen hetten schauspiele engl. comödianten 77, 19 (tugend- und liebesstreit 1, 2) Creizenach;
sächt, tas jrs recht eräckt,
tan noch ein schlang ta hinten stäkt
Gargantua 46 neudr.;
weil schlang und natter auch in paradiesen steckt
Neukirch gedichte (1744) 40;
o weh! statt des glühenden fünkleins steckt
im kelche der rose ein kaltes insekt
Heine 2, 66;
(die kurzen ohren) stäcken im haar als ob sie abgeschnitten seyen Stumpf Schwytzerchronik (1606) 609ᵇ; auf dem bücherbrette an der thüre meines wohnzimmers stecken noch von denen blättchen, die ich in erwiderung meiner geburtstagsfeyer ausgehen liesz Göthe IV 33, 271 Weim.;
wie eine rose blüht, die noch in knospen stecket
König gedichte 50;
das alte haupt der felsen, das, tief mit eis bedeckt,
sich für den donner sichert, und in den wolken steckt
Dusch 69;
allein lass sehn, was unten steckt.
er räumt die hülse (der mandel) weg und kömmt nun auf die schaale
Pfeffel poet. versuche 4, 97;
item, die frommen blicken schnell
in die schatzkammer gottes hell
vnd schauen alles unvordeckt,
was hoch vnd tieffes darinn steckt!
Ringwaldt christliche warnung D 7ᵇ;
es stecket 'ja' im lincken, im rechten backen 'nein';
'ja—nein', das wil bey hofe vermischet immer seyn
Logau 277 (nr. 1340).
a)
darunter stecken sich befinden, anzutreffen sein u. s. w.: sollte nicht unter den tellern etwas von majolika stecken? Göthe IV 28, 149 Weim.; vgl.: seine bibel, die unter anderen büchern im bücherschrank steckte Kerner bilderbuch 17;
pronomen est vox, qua utimur
in demonstranda aut repetenda re:
drunder stecken zu hülff vnd rathn
neuntzehen wol versucht soldatn
Gilhusius grammatica (1597) 4 (4), 112;
(wo) bücherhaufen in den ecken
unter bücherhaufen stecken
Kästner verm. schriften (1755) 1, 171.
in der sprichwörtlichen redewendung unter der bank stecken (entsprechend oben ¹stecken verb. 8 c) an einem unwürdigen orte sich befinden, keine rechte werthschätzung erfahren, nicht rechte wirkung thun können, denn beim ofen unter der bank wird nur für werthlos gehaltenes und überflüssiges geräth aufbewahrt, vgl.: unter der banck stak ein grosses pack schlechter tücher und zeuge für gelehrte, kaufleute, künstler und andere niedere geschöpfe Rabener 4, 60; die liebe biblia, die etwan vnter der bank stacke, vnd gar steubicht, tunckel vnd angeloffen war Mathesius Sarepta (1571) 199ᵇ; die ursachen, welcher wegen sie (die deutsche sprache) viel jahre unter der bancke gestecket, und mit dem liecht dess evangelii wieder hervorgezogen worden, könten viel angeführet werden Harsdörffer teutscher secretarius (1656) 1, Hh 7ᵇ; es stecken offt die herrlichsten ingenia under der bank saepe summa ingenia in occulto latent Dentzler 1, 356ᵃ.
b)
im bette stecken u. ä: so hat er kein ritterspyl gelernet, dan huren, iagen, vnd stecken in pflaumfedern Eberlin von Günzburg 3, 154 neudr.; der stack aber noch in den federn bisz über die ohren Simpl. 544 Keller: (zu einer stunde), wo jeder ehrliche diener in den federn steckt Gaudy 13, 126;
er fand jn nit, dess er erschrack,
dann Tyll sehr tieff in fellen stack
Fischart Eulenspiegel 254 v. 6968 Hauffen;
des nachtes, da schlemmt er, so viel er vermag,
des tages, da steckt er im bette verkrochen
Logau 150 (nr. 656).
c)
in der frage wo steckst du? u. s. w., wo hältst du dich auf: Theseus! wo steckst du? heda! komm, ich bin erwacht Kotzebue dramat. werke (1827) 3, 292; wo steckst du denn? (Bettine briefe 2, 218); gewöhnlich an die sich schon wiedereinstellende person gerichtet gleichsam aus controllierender neugier:
der vater fragt ihn, wo er stickt —
ich war im stern, der dorten blickt
Göthe 38, 58 Weim.;
wo stecken sie denn, Adrast? man hat schon zwanzigmal nach ihnen gefragt Lessing³ 2, 90 (freigeist 3, 8); wo stickst du? hast du geschlafen? Göthe 8, 9 Weim. (Götz); nun hauptmann, wo stickst du? Schiller 2, 147 (räuber 4, 3); mensch, wo steckst du, begann sogleich Dankmar Gutzkow ritter vom geiste 1, 55;
he! Friz! wo steckst du denn? komm doch her!
was machst du dort?
Miller gedichte (1783) 427;
wo um des himmels willen stecken sie denn, sie lassen sich ja garnicht sehen E. Th. A. Hoffmann 1, 230 ; mit adverb. bestimmung: wo steckt ihr so lang? Kramer dict. 2 (1702), 924ᵃ; wu steckst alle wil? und darauf die scherzhafte antwort: in der hut bitz üwer d ohreⁿ! Martin-Lienhart 2, 580ᵃ. — deutlicher: 'wo hast du gesteckt?' fragte Wilhelm freundlich Göthe 21, 166 Weim.; 'nun Meta', sagte er, 'wo hast du denn gesteckt?' Storm 1, 218;
wo stackst du? rief ein groszsultan
einst seinem hofnarrn zu
Pfeffel poet. versuche 5, 134;
wo habt ihr denn
die ganze zeit gesteckt?
Lessing 1, 6, 723;
wo bist du gesteckt? wo seyd ihr so lang gesteckt, dasz ... Kramer dict. 2 (1702), 924ᶜ. als ausdruck des noch erfolglosen suchens dienen aber nicht wissen, wo einer steckt und ähnliche wendungen: wo musz denn der vogel stecken, dass er sich nicht einmal blicken lässt Reuter Schlamp. krankheit und tod 133 (3, 15); hätte ich gewusst, wo er anzutreffen wäre, so würde ich ihn um erlaubnis hierzu gebeten haben. aber der himmel mag wissen, unter welchem dache er steckt Rabener 5, 46; ich weisz auch nicht, wo der major immer steckt Lenz 1, 30 (hofmeister 2, 6); wo teufel kann der Romeo stecken? kam er heute nacht nicht zu hause? Shakespeare 1, 66 (Romeo 2, 4); was weiss ich, wo sie steckt! Iffland 8, 6 (aussteuer 1, 6);
seyn diss all juden auff dieser rhey,
wo stecken dann jetzund die pfaffen?
Mangold marckschiff (1596) A 2;
wer kan nur forschen die galee? ...
ob sie mag umb Egyptens ecken,
umb Cypern oder sonst wo stecken?
Dach 916;
sagt mir doch, wo steckt mein kind?
Günther gedichte (1735) 282.
d)
dahinter stecken, sich wohinter verbergen, so dasz man es nicht erkennen kann: ja auch ein einfältiger schuster unterstunde sich dem bilde bald hier, bald da einen tadel zu geben, welches aber den Apellem, der hinter dem bilde stack, verdrosz, und daher voll eiffers herfür sprang und sagte: ne sutor ultra crepidam! Sperling Nicodemus quaerens (1718) 1, 1387; auch: das mädchen hat mit ihm hinter dem laternenpfahl gesteckt Kotzebue dramat. werke (1828) 18, 103 (kleinstädter 4, 12); dann aber hinter einer wand, einem vorhang u. dergl. sich verstecken, so dasz man nicht dahinter kommen (vgl. kommen verb. II 35 d th. 5 sp. 1675) oder ihm nicht beikommen kann (vgl. auch beikommen verb. 4 th. 1 sp. 1375); in reicher bildlicher verwendung.
α)
zunächst von personen, welche im hintergrunde heimlich ihre wirkung thun: zuletst fahet er an jm selbs nimmer zu trawen, vnd glaubt nit das er glaubt, ob er gleich glaubt, alzeit besorgend, es steck ein heimlicher abgot darhinder Franck sprüchwörter (1541) 2, 135ᵇ; es sei dann, das ein schalk darhinter stecke Henisch 653; o wenn sich doch jemand einmal in meinem namen mit dem teufel zanken wollte: denn dem gebe ich schuld, dasz er hinter dem ganzen kriege stecke Rabener 6, 186; diese technik, vorausgesetzt, dass ein proportionirter künstler dahinter steckt, ist fähig alles zu leisten Göthe IV 21, 53 Weim.; Lord Spieker wird wohl dahinter stecken Pückler briefwechsel und tageb. 6, 40; was man in Deutschland teufelsmauer nennt, soll immer vom bösen feind, hinter dem ein alter gott steckt, über nacht aufgeworfen sein Jak. Grimm kleine schriften 2, 54; dass hinter allen diesen masken (Prometheus, Ödipus u. s. w.) eine gottheit steckt, das ist der eine wesentliche grund für die so oft angestaunte typische 'idealität' jener berühmten figuren Nietzsche 1, 73;
doch steckt hinter diesem schönbart
ein gesicht von ganz andrer art
Göthe 13, 1, 304 Weim.
β)
dementsprechend auch von dem mittel, welches solchem zwecke dient, häufig in einem gewissen grade von personification: es stäcket ein beschisz oder trug darhinter aliquid monstri alunt Maaler 383ᵇ (vgl. dahinter stekt irgend ein verderbenschwangeres ungeheuer Schiller 2, 133 [räuber 4, 2]); ob ein kranckheit ... darhinder stecke Sebiz feldbau (1579) 39; (der glaube,) es stecke ein arglistiger auffsatz darhinder Stumpf Schwytzerchronik (1606) 161ᵇ; aber es stack ein ander que (ein etwas) darhinter Simplic. 535 neudr.; wofern ein unglück darhinter steckt Weise kluge leute 286; es stackte eine ursache dahinter latebat causa quaedam Steinbach (1734) 2, 714; es steckt was böses dahinter latet anguis in herba ebenda; ich sage dir, dass gewisz etwas gefährliches dahinter steckt Cronegk schriften (1771) 1, 36; mag aber hinter seinen (Harduins) gelehrten narrheiten auch so viel jesuiterei stecken, als da will Herder 3, 321; ich vermuthe, es stickt eine schelmerey darhinter Göthe IV 36, 89 Weim. (vgl. schausp. engl. comödianten 95, 28 Creizenach und Schiller 1, 202); es steckt ein verrath dahinter! ja wohl! ein verräther ist im spiele 24, 167 Weim.; ich fürchte, es steckt zauberei dahinter 17, 52 Weim.; hinter allem diesen steckt doch eigentlich nur die falsche sucht, original seyn zu wollen IV 24, 31 Weim.; dahinter steckt auch die eitelkeit Brentanos frühlingskranz (1844) 254; Jakob, sag' mir, was es gegeben hat; da steckt sicher mehr trotz und miszverständnis als böser streit dahinter W. Sommer geschichten aus dem kleinleben (1894) 144;
es steckt ein böses gifft darhinder
Spreng Aeneis 23ᵃ;
ich weisz schon, was dahinter steckt —
und was denn weiter? — ein project
Göthe 15, 14 Weim. (Faust 2, 1);
ich sehe weiter als ihr alle,
dahinter steckt eine böse falle
Schiller 12, 44 (Wallensteins lager 11);
hinter solchem blanken glanz
steckt der ganze katzenschwanz
Arndt werke 5, 348;
so entkommst du nicht.
dahinter steckt mir von verkappung was,
und meuterei, was weisz ich?
H. v. Kleist 1, 411 (zerb. krug 11);
dahinter, fürcht' ich sehr, steckt eine meuterei,
die ich sogleich ans tageslicht will ziehn!
ebd. 2, 424 (Hermannsschlacht 5, 8);
gar oft sich solche männer stellen
als einfältige schöps' und rinder,
steckt aber dann ein pfiff dahinter,
verborgne weisheit
Tieck 1, 340 (Octavian 2, 4).
γ)
der verborgene begriff bleibt in seiner völligen unbestimmtheit: der edelmann ... gedacht: es wird etwas darhinder stecken Schumann nachtbüchlein 292; da steckt etwas darhinter Petrasch lustspiele (1765) 1, 111, d. h. ein geheimnisz, wie im folgenden: dahinter steckt ganz gewisz etwas; ganz gewisz steckt etwas dahinter! Lessing 2, 163 (schatz 2); (der herzog stutzig:) Glattenbach? wie kommen sie mir denn vor? sie sprechen so umwunden. dahinter steckt etwas Kretschmann 3, 100; diesz betragen ist nicht natürlich, was auch dahinter stecke, wir müssen es ... erfahren Göthe 24, 101 Weim.; dahinter steckt was, das ich nicht begreife Pfeffel pros. versuche 7, 18; da steckt etwas dahinter; doch man musz discret sein Bauernfeld 3, 300;
es steckt traun dahinter etwas
Hollonius somnium vitae humanae 95 neudr.;
dahinter steckt was anders, die wahre ursache verbirgt sich: dasz einer nicht argwohnen soll, dahinter müsse was anders stecken, wenn eins mit sieben gulden hinreicht, wo man den aufwand von zweymal soviel sieht Göthe 16, 53; hinter seinem anpreisen der ausgelassenen stellen des Cellini, fürcht ich, steckt was anders IV 11, 237 Weim.
δ)
in besonderer sphäre bewegt sich dahinter steckt eine geschichte u. s. w.: 'doctor', rief die jugendliche hausfrau, 'ich merke schon, dahinter steckt wieder eine geschichte' Storm 2, 51; mutmaszungen darüber, welche bewandtnis es mit dieser etwas sonderbaren und überraschenden ehe haben möge: 'dahinter steckt ein roman' Fontane I 4, 243. auch: empfindsame schnörkel, bey denen es wenig darauf ankömmt, ob ein gedanke dahinter steckt oder nicht Gerstenberg recensionen 327; wie mögen sich die leser (des Wilhelm Meister) beym schlusz ... getäuscht fühlen, da hinter allen diesen zufällen ... nichts steckt als die erhabenste poesie Friedr. Schlegel im Athenäum 1, 12, 175.
ε)
der begriff 'im hintergrunde' wird deutlicher herausgearbeitet von wendungen wie: es steckt ein schalck dahinten Kramer dict. 2 (1702), 924ᵇ;
vnd noch eins das muͦsz ich verjähen:
das aller böst stäckt noch dahinden
Manuel weinspiel 2788 neudr.;
es ist hierin verlohren werck,
kein artzney hülfft auss apoteckn,
ein anders thut dahinden steckn
Gilhusius grammatica (1597) 2 (3), 54.
ζ)
darunter stecken, in solchem sinne seltener gebraucht als das vorige:
dieweil unter schönem klarem schein
offt stecket gifft vnd schwere pein
Sebiz feldbau (1579) 19;
es steckt eine andere absicht unter meinem verfahren Kant 8, 55 Hartenstein; hirunter stickt etwas anders verborgen Göthe 38, 202 Weim.; für die erklärung des ausdrucks vgl. eine maske, was steckt darunter? 17, 52 Weim. (triumph der empfindsamkeit); er steckt unter einer larve Bauernfeld 2, 97.
e)
in dem gleichen sinne wie unter d, doch nur allgemeiner bewegt sich der ausdruck in den folgenden wendungen: sage ihm, dass ich den hauptpunckt, wo der keim stickt, ganz klar ... habe Göthe IV 8, 232 Weim.; wo steckt ... die unmöglichkeit? H. L. Wagner theaterstücke (1779) 60; hier steckt der knoten Gerstenberg recensionen 398; wo stickt dann nun das heilige Schiller 2, 27 (räuber 1, 1); sie glauben, dasz in der 'deutschen öffentlichen meinung' ... etwas steckt, was uns helfen könnte Bismarck gedanken und erinnerungen 2, 20; irgendwo musz die schuld stecken Hauptmann einsame menschen 118 (4), vgl. Fontane 6, 244;
die glut, so hier verborgen stecket,
scheint von den thränen matt zu seyn
Gottsched gedichte (1751) 123;
wenn eine spur mich leitet, will ich finden,
wo wahrheit steckt, und steckte sie auch recht
im mittelpunkt
Shakespeare 3, 202 (Hamlet 2, 2);
o büberey! — ha! lasst die thüren schliessen.
verrath! sucht, wo er steckt!
3, 353 (Hamlet 5, 2).
f)
zum beschlusz der ausruf da steckt es! darum handelt es sich, das ist der springende punkt u. s. w.: nun murreten sie ja nicht widder des geists verstand, sondern wieder das leiblich essen. da steckts Luther 26, 367 Weim., vgl. auch Zach. Werner M. Luther (1807) 101; (Werner): o über den alten narren! (der wirth): da steckts eben! wenn wir alt werden, ist es mit unserer gefährlichkeit aus Lessing 1, 549 (Minna v. Barnhelm 3, 4); das, herr gevatter, macht aufsehen; da, da steckt's! maler Müller 1, 256;
und namlich im text (2 Thess. 3) stat es also dahar:
etlich under üch nun wonend,
die ir selber mit werken schonend;
den selben bietend wir durch gott,
dass sie arbeitind umb täglichs brot.
da steckt's, da blibt's ewig bi
Manuel 158, 674 Bächtold (Barbali);
eigentlich ein ausruf des armbrustschützen, wenn er den zweckschusz (vgl. unten zweck) auf die scheibe gethan hat. dieser zusammenhang ist noch deutlich im folgenden: und wenn er die sehnen klappen höret, das armbrust herumb würffe und spreche: da steckts, der nagel ist entzwey Luther 26, 304 Weim.
10)
bei einem stecken, dauernd mit ihm zusammen sein, steten umgang mit ihm pflegen: er steckt stets bey seinem bruder semper cum fratre est Steinbach (1734) 2, 714; mein nachbar Jäckel stack immer bey sie (bei dem mädchen, welches der sprecher nachher selber heirathete) Stranitzky ollapatrida 181 Wien. neudr.; ihr stacket dennoch beständig bey ihnen Petrasch lustspiele (1765) 1, 800; in begrifflicher kreuzung mit dem gebrauch unter 9: er vermuthet immer noch, der hofmeister habe drinn gesteckt, vielleicht deine tochter bei ihm Lenz 1, 48 (hofmeister 4, 1);
also wolt jhr bei weibern stecken
in beltzen, hembden vnd in röcken
Fischart flöhhaz 29 neudr.;
ja der fantastisch grosz poet
hat sich gewünschet all zuͦ schnöd
zuͦ einem floh, das er mit fuͦg
bey seinem buͦlen steck genuͦg
65;
mit hinüberführung in den gebrauch unter 7 f η:
die gelerten wendt nit narren syn,
vnd steckent doch by andern thoren,
by geschwornem eidt, biss über die oren!
Murner narrenbeschwörung 119 neudr.
a)
nur selten nicht in beziehung auf personen gebraucht:
der siebent spricht: mein mensch der wil
tag und nacht stecken bey dem spiel
H. Sachs 9, 362, 20 Keller-Götze.
b)
zusammen stecken u. ä.: obschon er praeceptor geurlaubet ward, so stacken wir jedoch ein als den andern weg tag und nacht beyeinander Simpl. 349 (4, 19) neudr.; sie stecken immerdar beysammen Kramer dict. 2 (1702), 924ᵃ; Wieland ist gar lieb, wir stecken immer zusammen Göthe IV 3, 1, 17 Weim.; zu dem folgenden (unter 11) leitet schon hinüber: (Daniel) der graf hat mir nichts gegeben. (Franz) nichts? und was staket ihr denn so beysammen? er und du und Amalia? Schiller 2, 135 (räuber 4, 2).
c)
scherzhaft erscheint: wirdt dannoch schon ein ehe seyn, ob du schon nicht stets deinem weib an der seiten steckest Guarinonius grewel der verwüstung (1610) 1137; etwa wie ein dolch, der einem an der seite steckt, den man immer mit sich herumträgt.
11)
mit einem unter einer decke stecken, mit ihm insgeheim gemeinschaftliche sache machen. gemeint ist eigentlich die decke des bettes wie im folgenden:
morgen war's und lieblich zu seh'n,
doch ich stack noch unter den decken
Stelzhamer 3, 362.
und schon bildhaft in dem sinne unserer wendung: erst wuszte er ... nicht, aus wessen händen er (der liebesbrief) käme — er zweifelte keineswegs, dasz irgend eine mitleidige seele in seiner gemeine unter der decke stecke, die von ihrem (der damen) elend gerührt, sich würde erboten haben, ihnen beistand zu leisten Schiller 3, 562. insbesondere die decke des ehebettes, welche nach dem rechtssprichwort (Simrock 1516) mann und frau gleich reich macht und des einen sache auch die des andern sein läszt (vgl. auch Jacob Grimm rechtsalterthümer 840 sowie die entsprechende wendung mit einem unter einer decke liegen unter decke 6 th. 2 sp. 885): aber sie musz mit dem lumpenzeug nicht unter einer decke stecken Lichtenberg briefe 2, 4; das volk will doch nur spioniren und steckt mit allen juden unter einer decke Arnim 16, 16; mit der frau wirthschaftsräthin, herr, können sie doch nicht unter einer decke stecken Gutzkow ritter vom geiste 2, 291; gegen diese art von raub werden keine gesetze geschrieben, weil die räuber mit den gesetzgebern unter einer decke stecken Polenz Grabenhäger 2, 311;
du und die saubre jungfer Eve dort,
wie ihr auch vor gericht euch stellt, ihr steckt
doch unter einer decke noch
Kleist 1, 394 (zerbr. krug 9).
wenn er nicht gar selber im complotte steckt und sich zu guter zeit auf und davon gemacht hat Stifter 1, 77.
12)
stecken, enthalten sein, als eigenthümlichkeit ihm angehören, innewohnen, eignen. eigentlich wie geld in einem beutel steckt, nun aber in mannigfacher übertragung und verbildlichung; zunächst in mehr kaufmännischer sprache: kommen und prangen daher mit vielen kleinen plätlin von muckenlädlin, inn deren keim vber ein pfund steckt Gargantua 58; kapital, ... welches in der buchhandlung steckte Göckingk im leben Nicolais 22; das holz, worin mein ganzer reichthum steckt Arnim 5, 286; es sind so alte schriften; werth steckt nicht darin Storm 3, 211. heute im reinen händlerjargon auch einfach: es steckt nichts drin! von waren, die nur geringen einkaufswerth haben.
a)
in einem buche steckt viel arbeit u. s. w.: feststellen, wieviel von vorarbeiten des barons selbst ... darin steckt Justi Winckelmann (1866) 2, 1, 253; dennoch kann in der aus dem ärmel geschüttelten skizze zehnmal mehr fleisz stecken W. H. Riehl deutsche arbeit (1861) 204; auch: sie glauben wohl nicht, dass in diesem buche viel gutes stecken könnte Abbt 6, 3, 57; wenigstens ist es ein buch, worin etwas steckt Chamisso 5, 134. von dem musenalmanach auf das kommende jahr: ob ich das jahr durchleben werde, das noch in diesem büchlein steckt? Göckingk 4, 38. in dieser begriffssphäre liegen auch die folgenden wendungen: o welch eine tieffe theologische weiszheit steckt in diesen wenigen worten Schupp 207; er würde mit verwunderung sehen, ... wie viel stammwörter in dem alten sächsischen stecken Morhof unterricht von der deutschen sprache (1682) 50; wie es bei solchem werck hergegangen, das sticket alles in diesem einigen hebräischen worte, welches sich im lateinischen und teutschen so kurtz nicht aussprechen lässet, sondern umschrieben werden musz Carpzov leichpredigten (1698) 158; die philosophie steckt nicht in dem compendio, sondern in der untersuchungsbegierde eines freyen und beobachtenden geistes Gerstenberg recensionen 172, 29; es steckt in der sprache ein naturprincip, dem das gesetz geistiger fortbildung entgegenwirkt Jak. Grimm kleine schriften 4, 195; dann der zweite teil meiner grammatik, der wie der dick genug wird und sich also nicht alles gute, was in dem stoff steckt, entschlüpfen läszt Görres briefe 3, 191; (das eingeständnisz) dass in diesen epen ein gut teil volkspoesie steckt Brunn 2, 123;
der reden zier vnd geschicklichkeit
in verbis stecket jederzeit
Gilhusius grammatica (1597) 4 (3), 104.
b)
auch sonst von kräften und eigenschaften der dinge: dieser wunderbarlichen kräfften halben, so in den metallen, die mit der hand vorbereit seind, stecken Paracelsus (1616) 2, 544; die wundersame zusammenneigung zweyer an sich selbst unterschiedener dinge stecket nicht allein in steinen, sondern auch in den seelen der menschen Lohenstein Arminius (1689) 1, 505ᵃ; nach der Newtonischen lehre sollen ja die farben im lichte stecken Göthe II 2, 48 Weim. (vgl. auch 153); dasz im licht verschieden gefärbte ... lichtstrahlen gesteckt haben Schopenhauer 1, 127; auch in der materiellen arbeit steckt nämlich ein gutes bruchtheil geistiger cultur W. H. Riehl deutsche arbeit 73; in solchen päckchen steckte ein stück leibhaftigen weihnachtens Storm 1, 178; auch:
wahrheit steckt in dir, o wein!
wie wil der denn scheltbar seyn,
der die warheit zu ergründen
sich beim Bacchus viel läst finden?
Logau sinngedichte 33 (101);
vgl.:
in weinfässern vnd gauckelsäcken
sollen grosze freuden stecken
Fischart aller praktik groszmutter 21 neudr.;
weltliche frewd, allerley spiel,
stecken darinnen (in dem sack), kurtzweil viel
Gilhusius grammatica (1597) 13 prol.
c)
mit bezug auf charakteräuszerung und willensthätigkeit des menschen: was darinn für schande steckt, dasz ein dichter ein lied vorlieset? Dusch schriften (1758) 40; es steckt viel vermessenheit in den worten Kant 8, 50 Hartenstein; die kühnheit, die in der forderung stecket 82; darin steckt eben die stärkste beleidigung, seinen leiblichen vater als einen dummkopf zu behandeln Klinger werke (1809) 1, 154 (falsche spieler 4, 2); hierin stack eine doppelte ungerechtigkeit beiträge zur statistik von Göttingen (1785) 91;
in der ruh vergnügter sinnen
steckt das höchste guth der welt
Günther gedichte (1735) 212;
du, Sigmar, bist es nur, der so genau entdeckt,
was hassenswürdiges in Varus thaten steckt
Gottsched deutsche schaubühne 4, 22;
nein, ich begreif es nicht,
worinn mein hochmuth steckt
4, 246;
(der unverstand:) in der geschwindigkeit steckt meine gröszte stärke
Cronegk 1, 10 (verfolgte comödie 3).
d)
unter stärkerem einflusz des gebrauchs von ²stecken verb. 9: diss sind schedliche aberglauben, in welchen allezeit steckt die abwendung von gott Nigrinus von zäuberern (1592) 98; in welchem letztern doch der kern der vernunfft steckte Lohenstein Arminius (1689) 1, 609ᵇ; und nun sagen sie mir, wo der trost und die beruhigung stecken sol, welchen sie in der versöhnungslehre zu finden wähnen? Bahrdt geschichte seines lebens (1790) 2, 215; der materialismus steckt jedoch darin, dasz nicht nur die lebenskraft als lebensstoff gefaszt wird Lange geschichte des materialismus (1866) 11;
sonderlich im reichthumb und gut
steckt oft die höchste armut
H. Sachs 7, 384, 32 Keller-Götze;
des geistes wuchersucht steckt nicht in kramerhänden,
und rabulisten nur: sie herrscht in allen ständen
Neukirch gedichte (1744) 123.
durch die gewählten begriffe wird diese verknüpfung mit dem gebrauche unter 9 deutlicher gemacht: derohalben stecken andeutungen oder vorzeichen in den sachen insunt omina rebus Comenius janua aurea (1644) 314; es erzehlen die juden, dasz in den schamhamphoras grosse und wundersthätige geheimnisse stecken mediz. maulaffe (1719) 299; schon in sollicitus könnte gelinde anspielung auf das dem pabst widerfahrne leid stecken Jak. Grimm kleine schriften 3, 183;
aus der red' erhellt, was im gemühte steket
Grob dichter. versuchgabe (1678) 56.
so wenig eine wahrheit, die im mark
des stoffs, von kurzsichtigen
lang unbemerket steckt
Mastalier gedichte (1774) 91.
vgl. auch: alles irdische gehet wie ein gewitter dahin ... aber in den sprachen stekket ein weit anders, und ein gantz überirdisches verborgen Schottel teutsche hauptsprache 74.
13)
anlagen, talente, triebkräfte u. s. w. stecken im menschen und suchen sich zu entfalten und wirksam zu sein: in allem und jedem stecket alles Leibniz deutsche schriften 1, 412; du kommst und sagst, es stecke alles in mir, und ich könne wunder verrichten Brentanos frühlingskranz (1844) 140.
a)
und solchs gewissen stickt leyder ynn aller wellt im gemeynen mann Luther 10, 1, 727 Weim.; summa, der enthusiasmus sticket in Adam vnd seinen kindern, von anfang bis zu ende der welt, von dem alten trachen in sie gestifftet, vnd gegifftet 6, 520ᵇ; dass allerley leychtfertigkeit ... in jm stäcket Stumpf Schwytzerchron. (1606) 526ᵇ; ein solch falsch gemüth steckt in keinem rechtschaffenen christen Schupp 320; so ist es ganz allein das talent, das in mir steckt, was mir durch alle die zustände durchhilft Göthe IV 26, 313 Weim.; du hast durch die that bewiesen, dasz noch einige jugend in dir stickt IV 33, 238 Weim.; ich habe ja immer gesagt: 'in dem jungen steckt was groszes' Tieck 5, 579 (Phantasus 2); dass in keinem seiner kinder ein ausserordentliches unternehmen stecke Arnim 8, 176; der trieb stak in mir Bettine dies buch gehört dem könig (1843) 1, 60; in ihm (dem geistlichen) steckt die sünde wider den heiligen geist Bismarck gedanken und erinnerungen 2, 153: der schönheitssinn steckt in unserer familie Bauernfeld 1, 71 (leichtsinn aus liebe 4, 2);
zuͦ den ziten keiner lacht,
sie waren all erschrocken ser,
in in steckt kein rechte wer
lied auf den Würzburger städtekrieg 1397—1400 bei Liliencron histor. volksl. 1, 170, 438,
d. h. sie haben keinen muth (sich zu wehren); ebenso im folgenden:
auch die find, die vor uns stan
gegenwertig uf dem plan,
der durfen wir nicht forchten ser,
in in steckt kein rechte wer
1, 183, 1376;
fürwar kein witz nit in dir steckt
Fischart Eulenspiegel 2581 Hauffen;
ist das nit doch ein doller schütz,
in dem steckt weder ehr noch wütz
1, 11 Kurz (nachtrab 298);
o wee, allererst ich vernym
den mörtlichen grossen list,
der in dem pfarrer stecken ist
pfarrer von Kalenberg 33 neudr.;
als viel tugent in dreyen stickt,
das ist nit auszusprechen,
der wer gelert und wol geschickt,
ders all wist auszurechen
Zinkgref auserles. gedichte 48 neudr.;
die zeiten sind vorbey, die noch die dichter ehrten,
itzt steckt die ganze kraft nur in den schriftgelehrten
Neukirch gedichte (1744) 120.
b)
in einem menschen steckt eine persönlichkeit, womit charakter, anlage, talente u. s. w. schneller und umfänglicher geschildert werden. den übergang von dem vorigen machen wendungen deutlich wie:
ein dervis hat mir das in Bagdad einst entdecket,
in dem Abdallahs geist und kraft zu wundern stecket
Hagedorn 2, 22.
α)
der ganze Carlos steckt darin (in Friedrich dem groszen), es fehlt nur das motiv der verliebtheit in die mutter Ludwig 5, 339; an diesen (begegnungen) nahm graf Harry Arnim ... in der rolle theil, dasz er auf die anwesenden den eindruck machte, den mir Roon selbst mit den worten wiedergab: 'in dem steckt doch ein tüchtiger junker!' Bismarck gedanken und erinnerungen 2, 179. — hierher gehört auch die redewendung ein kerl steckt in dem andern, wo kerl ganz der muthige mann, der held ist (vgl. kerl II 2, a th. 5 sp. 575); in der anrede an geldprotzen, die andere für nichts achten: (die ihr) nit glaubet dasz ein kerlesz im andern steck Gargantua 191ᵇ; der sinn wird deutlich durch: im unsterblichen menschen steckt ein unsterblicher mensch, es steckt noch ein kerl in dem kerl Lehmann florileg. 1, 770 und bleibt es, trotz Dedekinds seltsamer skepsis:
und wil mir nicht in meinen sin,
das ein kerl in dem andern steck
christl. ritter (1590) 84ᵃ (5, 4).
auch zwei personen können so in einem menschen stecken: es stecken ... zwei ganz verschiedene personen in diesem Franz (Moor in Schillers räubern) Ludwig 5, 96; meine herren, es stecken zwei menschen in mir, ein bettler und ein könig Gutzkow ritter vom geiste 4, 217.
β)
als ein entwickelbares charakterisiert:
ein könig von Münster (d. h. ein wiedertäufer) steckt in dir
erwiderung auf ein gedicht wider herzog Heinrich von Braunschweig 1541 bei Liliencron 4, 181, 159;
ein höchst geniales, liebenswürdiges mädchen von zwanzig jahren, in der eine tüchtige malerin und gesangscomponistin steckt Droste - Hülshoff briefe an L. Schücking 282; in jedem tüchtigen menschen steckt ein poet Ebner-Eschenbach 1, 15; ahnt denn irgend einer, was für ein künstler in mir steckt? Schnitzler der grüne kakadu (1899) 127;
ey schweigt! ihr sagt mir alle noch zu wenig:
in diesem hirtenkind steckt schon ein groszer könig
König gedichte (1745) 73;
ähnlich von der entwicklung einer feinen sanften jungfrau zur keifenden ehefrau: wer hätt' wissen und ahnen können, dasz in dem hübschen feinen bild solch ein drach', solch' eine giftige katze stecke? W. Raabe unseres herrgotts canzlei 1, 120.
γ)
das abwägen und messen verschiedener menschengrösze wird herausgestellt: in Shakespear steckt auch Sophokles, aber in Sophokles nicht Shakespear J. Paul 15—18, 425 (Titan 4).
c)
in einem steckt etwas, d. h. ein entwicklungsfähiges im guten sinne, ein tüchtiger gehalt usw.: in dem steckt doch noch etwas Arnim 9, 155; vgl.: nun wird der deutsche gelehrte hitzig, und er will zeigen, dasz etwas in ihm steckt Börne 5, 2. entsprechend: wo's nich drin steckt, da kommt es auch nich (die bildung ist gemeint) Fontane I 5, 136.
d)
einem steckt etwas im blute u. ä., er kann davon als von den vorfahren ererbtem nicht lassen, es musz in ihm wirksam sein: weil du von ansprüchen sprichst, die mir im blute stecken sollen Fontane I 5, 97; ihr steckt noch so was polnisches im blut I 6, 33. die wendung, einem geht etwas in fleisch und blut über, er beherrscht es völlig, in einer verstärkung: alls tiff alls di schrifft im fleysch und blut stickt, alls tiff ist sie in geist gezogen Luther 9, 544 Weim.
α)
in verbindung mit anderen begriffen des körpers: nun ist noch der andre fall zu betrachten übrig, dass der glaube an gott dem menschen ... nicht in seinem marke stecke Abbt 6, 1, 90;
und in meinen innern knochen
stickt das mark von euren ahnherrn
Göthe 4, 321 Weim.;
ich kenne euch und weisz, dasz euch allen der pascher und wilddieb von kindheit an im leibe steckt Fontane I 6, 10;
man sieht wohl ...
dasz im das hirtenblut noch in den adern steckt
Neukirch gedichte (1744) 117.
β)
die menschliche natur als zusammenfassender begriff: es stecket in der menschen natur ein fürwitz Xylander Polybius (1574) vorrede 2ᵇ; was einmal in der natur stickt, zwingt den menschen zu handeln Göthe IV 4, 248 Weim.; mein gott, das steckt so in der menschennatur! Stelzhamer 4, 239.
14)
hinter einem steckt etwas, es ist ein mensch von bedeutung, als eine unter dem einflusz von 13 stehende weiterentwicklung des gebrauchs unter 9 d:
a)
den übergang machen noch einige ältere belege deutlich: unnd man kann nit wissen, was hynder yhm stickt, dieweyl seyn meyster ubir yhm hellt Luther 10, 1, 1, 450 Weim.; den herrn war sölchs auch nütze, das sie erfüren, was hynder dem poffel steckte und wie yhm zu vertrawen were 18, 394 Weim.; doch wolte sie hören, was hinder dem ritter stacke und sprach: wie darffstu so kühn seyn, ein solchen starcken vnnd mächtigen könig anzugreiffen buch der liebe (1587) 13ᵇ, denn die menschliche tüchtigkeit liegt oft verborgen im hintergrunde und zeigt sich nicht auf den ersten blick.
b)
ich will ein wenig forschen, was hinter ihm steckt voglio investigare, spiare un poco il di lui talento essere, genio Kramer dict. 2 (1702), 924ᵇ; dann hierinn man eine gewisse ... prob hat, was hinder einem obersten steckt Xylander Polybius (1574) 426; ich hette recht, und damit an tag gelegt, dass noch mehr als nur dises hinder mir stecke Simpl. 2, 19 Keller; du seyest ein eingebildeter aufgeblasener junger mensch, hinter dem nichts stecke Miller briefwechsel dreier akad. freunde (1778) 1, 81; sondern man muss die menschen ... selbst darauf kommen lassen, dass doch wohl etwas mehr hinter uns stecke, als bey dem ersten anblicke hervorschimmert Knigge umgang mit menschen (1796) 1, 40; sie mag es wohl fühlen, dass hinter dem pedantischen krame, wie sie ihn nennt, wohl mehr stecke, als sie ahnte Stifter 1, 106; schon war er (Bruneleschi) auf dem sprunge wieder nach Rom ..., als den leuten das verständnis kam, es könne doch etwas hinter dem manne stecken Grimm Michelangelo (1890) 1, 34.
c)
selten mit einer genaueren angabe: fürwar, ritter, es stecket mehr mannheit hinter euch Amadis 203 Keller; nun sahe er auch wohl, dass ... was grosses hinter mir stecken musste Reuter Schelmuffsky 38.
15)
einem steckt etwas im kopfe, sitzt fest und will nicht aus seinem gedächtnisz: aber da ist der feil, das ein jglicher wil wehnen, es sticke das natürliche recht in seinem kopfe Luther 6, 141ᵃ; da gab der schmid Ulenspiegeln etwas zuͦ essen, wann er het den tag gefastet, vnd im steckt das im kopf, das er in het zuͦm prophei gewissen Eulenspiegel 65 neudr.; man sollte es kaum denken, was in dem grauen köpfchen für schelmereyen stecken müssen! Lessing³ 2, 32, 28 (misogyn 2, 6); gelt da stecken dir wieder deine neuen lauslieder im kopf maler Müller 1, 229;
weil jm im kopff die gdancken stecken,
dieweil so geht er auss seim flecken
Fischart Eulenspiegel 559 Hauffen;
was hilft es, das in meinem hirn
der Zenon und Platon selbs stecket
Weckerlin gedichte 1, 183, 32.
es ist gegenstand seiner absichten, ja seines wunsches: weil aber allbereit in meinem haupte das hofwesen ... steckte, hatte ich nur mehr lust zur reiterei Schweinichen denkwürdigkeiten 21; dabey hatten sie (die Griechen) eine ungemeine liebe zu ihrem vaterlande, sonderlich stack ihnen die freyheit in den köpffen Fleming teutscher soldat (1726) 86; steckt dir noch das mädchen im kopfe Ayrenhoff 3, 59, 17; dem guten weibe stak auch wohl der adel noch im kopfe — der fürst versprach ein diplom für sie Kotzebue 6, 100 (verläumder 4, 7).
a)
entsprechend auch im hertzen stecken als dem sitze des gefühls und der empfindungen, nach älterer auffassung auch der gedanken: also wirt ... geoffenbart verkerter menschen neyd vnd haimliche poszhait, die lang verporgen in jren hertzen ist gesteckht Berthold von Chiemsee tewtsche theologey 4; ich thar auch wol darauff schweren, das dieser spruch Christi ... ynn yhrem hertzen stickt, wie ein ewiger stefft, des sie nirgend mugen los werden Luther 23, 88, 8 Weim.: sic etiam christiani facti, tamen vix kunnens fassen prae ratione, quia semper stickt im grund cordis: man mus doch etwas guts thun 34, 2, 28 Weim.; allda erhub sich die abgötterey, so durch eigne lieb im hertzen stack Nas warnungsengel 51; es möchte hervorkommen, was ihm schon lange im herzen stecke: eine allgemeine meuterei zu besorgen Ranke 1, 144 (reformation);
und nicht ein tag vergeht, so ist gewisz entdecket,
ob meyneid oder treu in seinem herzen stecket
J. E. Schlegel 1, 85 (Dido 1, 4);
vielleicht vertreibt die see, die neuen länder,
sammt wandelbaren gegenständen ihm
diess etwas, das in seinem herzen steckt,
worauf sein kopf beständig hinarbeitend,
ihn so sich selbst entzieht
Shakespeare 3, 238 (Hamlet 3, 1).
b)
seltener: das stickt yn unser vernunft, quae clamat Luther 34, 2, 38 Weim.; die comödie, das gepriesene charakterstück 'der geselligkeit' ..., welches dem kunstrichter im auge steckt, ist ... nicht die hohe und edle comödie, wie er sie nennet Herder 2, 222.
den Troianern fürbass,
steckt jetzt im busen auch der hass
Spreng Ilias (1610) 30ᵇ.
c)
mit adverbieller bestimmung des grades: hie zeigt er an, wie tieff solche verstockung ynn yhren hertzen stickt und wie fest sie sitzt, das sie schlechts nicht sind zu bekeren Luther 19, 606 Weim.; dennoch ist dieser bäbstische wohn disem mann unnd seinen nachbarn sehr tieff im hertzen gesteckt Sandrub hist.-poetische kurzweil 10 neudr.; eine solche wahrheit ... ist stärker und siegreicher als vorurtheile, wenn diese auch noch so tief in den gemüthern stecken Gutzkow werke (1872) 8, 214.
16)
eine krankheit steckt in einem, hindert das wohlbefinden, ohne doch im augenblick sich sonst stärker zu äuszern: ich habe mit dem schlaf curirt und hoffe durch den lauf noch mehr, es stickt aber wieder etwas irgendwo, das ich nicht kenne Göthe an frau von Stein 1, 292; es steckt mir in allen gliedern, wie zerschlagen bin ich Hauptmann einsame menschen (1891) 87 (3);
es sind des franzthums seuchen,
die noch im blut euch stecken
Rückert 1, 102.
auch von seelischen leiden, von verstimmung u. s. w.: so scheint ihm noch der gram zu stekken in der stirne Lohenstein Arminius (1689) 1, 86ᵇ; sintemal ... alle gemächte äuserlich entweder dieselbe anmuth oder verdrüszlichkeit zeugen, die dem künstler in seinem gehirne gesteckt ebenda; was die unruhe ist, die in mir stickt, mag ich nicht untersuchen, auch nicht untersucht haben Göthe an frau von Stein 1, 136; auch:
ein schöner süsser zeitvertreib!
dir steckt der doctor noch im leib
14, 165 Weim. (Faust 1),
ganz spöttisch gemeint, wie sonst die nachwehen einer krankheit noch in den gliedern stecken.
17)
als ausdruck der längeren dauer des zustandes dient stecken bleiben, häufig aber mit inchoativem beisinn (vgl. bleiben 2 th. 2 sp. 91).
a)
im eigentlichen sinne (entsprechend oben 1): und wolt das ross uber ein zaun springen, zohe den jungen herren so streng und starck vber den zaun, welcher blieb an einem eychen pfal stecken, auch hangen Schumann nachtbüchlein 350; das einhorn aber ... mit dem horn in baum lieff und also darinn unverwendt stecken blyb Montanus schwankbücher 22; ein stachelschwein, das sich unter bäumen herumgewälzt hat, damit früchte an den stacheln stecken bleiben Kästner 2, 149;
an dorn und busch bleibt hut und ärmel stecken,
sie fliehn hindurch, berupft an allen ecken
Shakespeare 1, 230 (sommernachtstraum 3, 2);
(entsprechend oben 2): vnd sprang ein spelter von der lantzen, so in seinem schilt stecken blieben Amadis 203 Keller; die kugeln fuhren dann in die pfeiler der halle, wo sie stecken blieben Moltke schriften und denkwürdigkeiten (1892) 1, 61;
dann so gehts gwiszlich alle denen,
die sich wölln wider gott auflenen
und widern scharpffen stachel lecken:
den bleibt er in der fersen stecken
B. Waldis streitged. 38 neudr. (der wilde mann von Wolffenbüttel 419);
derselb (spiesz) in Pyro stecken blib,
vnd hafftet an der lungen sein
Spreng Ilias (1610) 50ᵇ;
dieses bildnis selber trafen
die geschosse der indianer;
sechs geschosse blieben stecken
just im herzen
Heine 1, 379;
(entsprechend oben 3): des andern tages blieb die weisse fahne ... noch auf des fürsten zelt stecken Buchholtz Herculiscus (1665) 26; der schlüssel bleibt an der thür stecken u. s. w.; (entsprechend 5): das schwert bleibt in der scheide stecken u. s. w.besonders beliebt in der sphäre von 7: er bleibet stecken in luto haeret, haesitat, expedire se non potest Stieler 2158; als er nun bey Medenblick über das gefrorne wasser setzen wollte, brach das eis unter ihm, so dasz er im morast stecken blieb Schmidt geschichte der Deutschen (1778) 3, 71; so hätte ich ... gewünscht, dass sie bis an die achsen wären im kothe stecken blieben Rabener 6, 110; wir fuhren mit acht pferden, dennoch blieben wir auf der ersten post schon im koth stecken Moltke schriften und denkwürdigk. (1892) 1, 131; ein stück geschütz hervorzuarbeiten, das im schlamme stecken geblieben war Ranke 3, 82; die stelle, an welcher während der ersten reise nach Grunzenow der wagen im schlamm stecken blieb, und wo der erzürnte vorspannbauer erst den juden durchprügelte Raabe hungerpastor 358. — einige male blieben wir fest im sande stecken, die pferde waren zu schwach Holtei erz. schriften 13, 213; jetzt macht euch auf den heimweg, die junge frau ängstigt sich sonst, ihr könntet im schnee stecken geblieben sein 4, 98; wo haben sie denn den postverwalter, er ist wohl gar im schnee stecken geblieben? Söhle musikantengeschichten 12; unbestimmter: auf den schlimmsten wegen ... waren mehrere (brot)— wagen stecken geblieben Göthe 33, 92 Weim.; in einem hohlen tief ausgefahrenen engen wege ... blieben die pferde wirklich stecken Caroline 1, 154 Waitz; einem bleibt der bissen im munde stecken u. s. w.: hat der ain burger ein bain von dem han abnemen wöllen, wölchs er vnfürsichtigklich bald verschlunden hatte, vnd ist im hals stecken bliben Nas antipap. eins und hundert (1567) 1, 62ᵃ; wenn ich dir so gegenübersitze und habe dein langes gesicht vor mir, da bleibt mir der bissen im munde stecken Holtei erz. schriften 3, 38;
auch so dir etwas bliben ist
in zänen stecken, wo du bist,
so nimb ein messer, stich und grübel
in zänen fort, das steht nicht übel
Scheit Grobianus 858 neudr.
es ist doch eine drollige idee, sich zu denken, dasz es eine zeit war, da man einem den Alexander (als embryo) auf einem butterbrod hätte können beybringen, ohne dasz man es gemerkt hätte, wenn er einem nicht wie ein kümmelkörnchen zwischen den zähnen stecken geblieben ... wäre Lichtenberg briefe 3, 22. — selten: ainem so schlechten dichter vil bass zu rathen, er bleib hinder dem offen steckhen, dan er herfür krüech Montanus schwankbücher 474, 8.
sie bleibt im winkel stekken,
ist keiner freuden hold, sucht stetig einsamkeit
Rachel gedichte 16 neudr.
b)
im übertragenen gebrauch: ein wort bleibt zwischen den zähnen stecken, läszt sich schwer aussprechen, ist dem gedächtnisz entfallen, besonders infolge einer überraschung, eines schreckens u. s. w.: ey! warum bleibt er (der name) auch einem zwischen den zähnen stecken Lessing 1, 497 (schatz 11); auch: des bawren son saget wol, allein die stücke vom kalender seind mir im halse stecken blieben Hertzog schiltwache H 4; dem alten einarmigen hochbootsmann Steffen Groote blieb das malaiische lied, das er eben einem kleineren zirkel von kennern zum besten gab, zur hälfte in der kehle stecken Raabe hungerpastor 383.
c)
in reicher bildlicher verwendung zur charakterisierung der erfolglosigkeit von bemühungen jeder art (zunächst mit stärkerer beibehaltung des bildes): die verzagten und feigen memmen bleiben in ihrem unflat stecken Praetorius vom Katzenveite (1665) A 7ᵇ; die arme christenheit empfand die grimmigkeiten des wüterichs so hart, als nie vor diesen zeiten, biss der verfolger in dem sumpffe stecken blieb Treuer deutscher Dädalus (1675) 1, 372; wohin ich gehe ist der wie von einem landregen aufgeweichte pfad der langeweile, in dem man leicht mit dem schuh stecken bleibt Brentanos frühlingskranz (1844) 318; da mag einer noch so ein weisser schimmel sein, er muss im morast stecken bleiben Bettine die Günderode (1840) 1, 70; aber er bleibt auf halbem wege stecken Strauss leben Jesu (1877) 3, 179; auch: wenn ich was mahlen will, so bleibt mir's im halse stecken Göthe IV 1, 213 Weim.
α)
ist dir grosslich zu besorgen, got werde dich mit yhnen straffen vnd werdest dich eyn mal vertieffen so vast, das du müssest bleyben stecken Eberlin von Günzburg 3, 133 neudr.; dern music zwar lustig, aber neben der künstlichen nicht fort kan, sondern stecken bleibt Guarinonius grewel der verwüstung (1610) 189; wer sie (die quellen) nur aus übersetzungen kennt, findet alles fremde miszfällig, beschwerlich; jeden augenblick bleibt er stecken Gerstenberg br. über merkwürdigk. d. lit. 96, 28; ich habe etwas geschrieben, um nicht stecken zu bleiben Göthe IV 5, 9 Weim.; indessen will ich die sache schon so führen und verwirren, dasz der domher allein stecken bleibt 17, 147 Weim. (groszcophta 2, 2); es ist ihm immer so gegangen; wo es darauf ankam, hat er gezaudert und ist stecken geblieben Freytag 4, 258.
β)
in einer schwierigen lage stecken bleiben: Christiani semper manent sticken in ferlichkeit Luther 27, 507, 6 Weim.; in jeder gefahr, aus der der fuchs entrinnt, bleibt er (der wolf) stecken Jak. Grimm Reinhart Fuchs (1834) xxxviii; auch: hier blieb er in der angst stecken Miller briefwechsel dreier akad. freunde (1778) 1, 22; für mich, für einen menschen, der in persönlicher eigenthümlichkeit stecken blieb und es nimmer bis zur vollen gegenständlichkeit brachte, d. h. zu dem ruhigen, sichern bewuszten stande den sachen gegenüber Arndt leben 327; seit er im jüngling stecken geblieben und geschlecht um geschlecht an ihm vorüber in die reihen der männer gerückt war Ludwig 2, 110; gar mancher bleibt lebenslang im dramatischen handwerk stecken 5, 35.
γ)
im vortrag einer rede stecken bleiben, den faden verlieren, nicht weiter können: Demosthenes apud Philippum regem orans excidit sibi, es entpfiel ihm, er bleyb stecken Alberus novum dictionarii genus (1540) 29ᵃ; ja es fehlt manchmahl wol dem gelehrsten, dasz er mitten in der rede stecken bleibt Reuter der frau Schlampampe krankheit und tod 141 (3, 21) neudr.; so bleibt er stecken, und kann nicht worte finden, seine gedanken auszudrücken Wolff vernünftige gedanken 2, 162; die schmach, in meiner ersten predigt stekken geblieben zu seyn Bahrdt gesch. seines lebens (1790) 1, 141; der bekannte special Zilling ... wollte da den herzog mit einer langen rede empfangen, blieb aber schon am eingange stecken Kerner bilderbuch (1849) 25; sie hatte ihn einmal, als er in der probe stecken blieb, so boshaft ausgelacht Storm 7, 71; ich wollte etwas sagen, blieb aber in dem ersten worte stecken, aus verwunderung über die verwandlung des gesichtchens der cousine Raabe kinder von Finkenrode 49;
und blieb, weil er den spruch verlohr,
in seiner leichenrede stecken
Lichtwer fabeln (1748) 45;
ihr anblick so den Franz betäubt,
dass er im ave stecken bleibt
Pfeffel poet. versuche (1812) 1, 146.
d)
in einer sache stecken bleiben, in ihr beharren, nicht davon lassen (entsprechend oben 8):
wie er dann vor oft viel und mehr
gelogen hat on alle bschwer
und noch in lügen stecken bleibt
erwiderung auf ein schandgedicht wider herzog Heinrich von Braunschweig im Jahre 1541 bei Liliencron hist. volksl. 4, 182, 211.
e)
von einer pflanze, welche nicht weiter wächst und zuletzt verdorrt, doch bleibt zweifelhaft, ob sich wirklich ein ausdruck der wirthschaftssprache hinter den folgenden bildern verbirgt:
vnd als auffging das edle korn,
da must es bleiben stecken
Ringwaldt evangelia K 5ᵃ;
nun hat der liebe mann nicht würklich können schmekken
die früchte seiner müh', es bleibet offtmahls stekken
die hoffnung unsers thuns
Rist Parnasz 499.
doch die bedeutung geht hier wohl ganz allgemein auf den begriff 'aufhören' aus, wie im folgenden:
es prasselt stets an diesem ohrt (der hölle),
die winde brausen fohrt und fohrt,
der hagel bleibt nicht stekken
Rist himl. lied. 5, 273.
18)
stecken lassen, eines von seinem ort nicht entfernen.
a)
in eigentlicher bedeutung den pfeil in der wunde stecken lassen u. s. w.: warf der ander dem künig synen byhel in das houpt und liess den in im stecken Stainhöwel de claris mulieribus 164; lasset die nadel also darin stecken mit dem umbgewunden faden Braunschweig chirurgia (1539) 14ᵃ;
vnd lass in mir dein grimmig pfeil
biss in den tod nicht stecken
Ringwaldt handbüchlein A 9ᵇ;
so sticht ein bienchen uns, und lässt den stachel stecken
und martert sich, und stirbt
Lessing 1, 4, 5
den degen in der scheide stecken lassen: lassen sie ihn (den degen) stecken, es friert ihn ohnehin an ihrer seite Bäuerle 1, 27. vgl. nicht doch, guter herr pfarrer, laszt die klinge stecken Gerstenberg br. über merkw. d. lit. 151. den schlüssel in der thür stecken lassen. entsprechend oben ¹stecken verb. 3 c: hat sie mir doch einen brief geschrieben, den ich nicht hinter den spiegel stecken lasse W. Sommer aus dem kleinleben (1894) 106. oben ¹stecken verb. 6ᵃ entspricht die redewendung lasz dein geld stecken! nämlich in der verwahrenden tasche, brauchst es nicht auszugeben, wenn man etwa selbst dafür bezahlen will; im umgangsjargon: (Martin) lasz einmal sehen, wer die vergangene woche das meiste trinkgeld gekriegt hat (er greift in die tasche) du bist ein lüderlicher teufel, du versäufst alles — (Johann) lasz stecken! Lessing 1, 412 (freigeist 2, 5). in sprichwörtlicher redensart 'sich nicht so breit machen, sich nicht aufspielen können': wäre aber das pulver noch nicht erfunden gewesen, so hätte ich die pfeiffe wol im sack müssen stecken lassen Simplicissimus 1, 3 (12), 294.
α)
einen im morast stecken lassen: also den arczte mit dem haubt in den unflat stecken liesse Arigo 530, 36 Keller; doch hat sich der reichthum dieses ausdrucks auf den bildlichen gebrauch durchaus zurückgezogen (vgl. unter c). auch in der erweiterung: da das seine diener sahen, wichen sie vonn jhm, vnnd liessen jhn vnter den meusen stecken Heyden Plinius (1565) 289. sprichwörtlich entsprechend ²stecken verb. 9 a: das ich meine reisebeschreibung ... so lange unter der banck stecken lassen Reuter Schelmuffsky 5, d. h. sie nicht an das licht gebracht.
b)
übertragen seine augen worin stecken lassen, von dem anblick nicht wieder loskönnen: er und andere sollen dafür auch nicht murren, wenn ich ... gern die augen in lieben, feinen, jungen weiblichen gesichtchen stecken lasse Stifter 1, 43.
c)
bildlich einen in der not stecken lassen, ihm nicht zur hülfe kommen, ihm nicht forthelfen. zunächst noch in starker bildlichkeit: deine tröster haben dich uberredt und verfürt, und in schlam gefurt, und lassen dich nu stecken Jerem. 38, 22;
du läszt mich nicht im schlamm der bleichen sorgen stecken
Hoffmannswaldau ged. (1697) 1, 5;
aber wie dan, wann die verscherzte gesundhait nicht wider zupringen, ... soll man jne (den kranken) darumb hilflos im kat der maulhengkolie verzweifelter gestalt da stecken lasen? nain warlich, das wer vnmenschlich Fischart podagr. trostbüchlein 15, 2 Hauffen. in der patsche (eigentlich im morast, vgl. oben patsche 4 th. 7 sp. 1507) stecken lassen: dasz man ihn in der patschke stecken lasse Weise erznarren 98. als sprichwort: der teufel kehrt oft seinen freunden den rücken zu und läszt sie in der patsche stecken Bode Thomas Jones 6, 334.
α)
solten sie nit eh da gepliben sein auff dem wasen, als jren könig in nöten stecken lassen, vnnd an jhm zu Judas werden Gargantua 385 neudr.; als seit ihr hierdurch dessen desto mehr von mir versichert, dasz ich von euch nicht absetzen, noch in der noth ... euch stecken lassen werde Chemnitz schwedischer krieg (1648) 226; lasset uns nicht in der gefar stecken Heilmann geschichte des pelopon. krieges (1760) 326;
der landesvater lässt ihn nicht in mangel stecken
Drollinger gedichte 87;
sed suum officium lest er ynn der schand nicht stecken Luther 34, 2, 332 Weim.; dei verbum soll ich ynn der schmach und schand nicht sticken lassen ebenda; soll ich euch in diesen dingen (d. h. lastern) stecken lassen? Ambach vom zusauffen D 3ᵃ; dieweyl die keyser von Constantinopel Rom in sollicher zwitracht stecken lieszen Franck chronic. (1538) 74ᵃ; lass die angefochtenen nicht in der versuchung stecken Schmolcke trost- und geistreiche schriften (1740) 1, 16;
gott lest mich fast untersinken,
und im unglückssee ertrinken,
lest mich stekken in der pein,
und wil nicht genädig sein
Neumark musik.-poet. lustwäldchen (1652) 13;
der zustand, worinnen sich die schöne Leonore befindet, ist zu gefährlich. man musz sie nicht darinnen stecken lassen Petrasch 1, 51.
β)
in einer falschen meinung stecken lassen, sie nicht berichtigen, keine aufklärung geben wollen: ee wolten sie vnss für vnd für jm irrsal lassen stecken Eberlin von Günzburg 1, 10 neudr.; ich kann dich aber bey dem allen unmöglich in dergleichen aberglauben stecken lassen Lessing 1, 414 (freigeist 2, 5); ich komme nur zurück, sie keinen augenblick länger in einem irrthume von mir stecken zu lassen, der mich, selbst in ihren augen verächtlich machen musz 2, 28 (Sara Sampson 2, 6); (die frage,) ob er uns in der empirischen verwirrung einer nicht genug durchdachten erfahrung stecken läszt Göthe 47, 24 Weim.;
thu mich gewehren meiner bitt,
lass mich im zweyfel stecken nit
Spreng Ilias (1610) 11ᵃ.
γ)
einen im vortrag stecken lassen, ihm durch zuflüstern nicht wieder auf die sprünge helfen: so wie er (der souffleur) mich ... an einer sehr gefährlichen stelle stecken liesz Göthe 22, 170 Weim.
δ)
ohne weitere bestimmung nähert sich einen stecken lassen der wendung einen im stich lassen (s. unten unter stich): so wil ich die obligation unterschreiben, allein ihr müsset credit halten und mich nicht stecken lassen Schuppius 582; wo dir etwas von itzt an bisz zu morgen begegnen solte, versichere ich dich, dasz ich dich nicht stecken lassen will A. Gryphius (1698) 1, 917; da Otto inzwischen auch mit den herzogen von Pommern in einen krieg verwickelt ward, liess ihn Karl ebenfalls stecken Schmidt geschichte der Deutschen (1778) 3, 611; er (Christus) wird euch auch jetzt nicht stecken lassen, sondern euch retten; denn er hat bisher überwunden, und wird auch ferner überwinden Jung-Stilling 3, 117; führt ihr mich an, so lass ich euch künftig stecken Göthe 20, 23 Weim.; (ich) bin gleichsam für deine redlichkeit bürge geworden. antworte bald! willst du mich stecken lassen: so suche dir sodann einen andern, der sich deiner annimmt Petrasch 1, 537; (uns aushelfen,) wenn der verstand uns stecken lassen will Klinger werke 2, 356;
kompstu darüber in ein schrecken,
so wirdt dich gott nicht lassen stecken
Alberus fabeln 90, 170 neudr.;
weil wir dan dich verlassen han,
so hast du vns auch stecken lan
Bitner Jephthes (1569) G 7ᵃ;
wen hat gott jemal lassen stecken
Grob versuchgabe (1678) 110;
was lässt er denn so tief in noth mich drin?
er lässt mich steck'n und mag mich wohl nicht leiden
Tieck 2, 217 (Genoveva).
zappeln und stecken lassen bei Luther und werde dich auch lassen zappeln und stecken 28, 645, 15 Weim.
d)
sprichwörtlich einen gedanken in der feder stecken lassen, ihn nicht durch niederschreiben von sich geben: wil ich das vbrig so ich noch wyter dir geschriben haben wolt, in der fädern stecken lassen Niclas von Wyle translationen 12 Keller; die vrsach lassen die mönch in den fäderen stäcken Stumpf Schwytzerchron. (1606) 357ᵃ;
die warheit schwygen, deller schlecken,
vil lassen in der feder stecken:
wann die der todt würt strecken bass,
vor gott muͦst alles sagen das
Murner narrenbeschw. 119 neudr.
e)
verblaszt ist schon die wendung eine sache stecken lassen sie unterlassen, von ihrer weiteren behandlung absehen u. s. w.: kan man es nicht nach wunsche ausführen, sondern musz es stecken lassen, so erwächst nebenst dem schaden der spott üm so vil mehr Butschky Pathmos 622;
als die mordt wurden offenbar
nachvolgent bey der bürger schar,
da kam in sie ein solcher schrecken,
lissen ohn rach die sach gar stecken
H. Sachs 15, 238 Keller-Götze.
19)
als eine art von sprachlicher versteinerung (entsprechend oben ¹stecken verb. 19 sp. 1319) ohne eine weitere bestimmung 'in hemmung gerathen, nicht von der stelle können'. die herleitung aus dem gebrauche unter 7 zeigt noch deutlich: Augustinus non kan antworten, sed steckt ynn der antwort Luther 34, 1, 415 Weim.; auch (das schiff) hart in den sant stecket Arigo 107, 12 Keller; ward ein gross gedreng darauss, also dass das volck für grossem gedreng in einander stecket Nas antipap. eins und hundert (1567) 171ᵃ; inwieweit für unsere bildung ein nicht ableugbarer einflusz von stocken verb. in frage kommt, mag dabei unentschieden bleiben. in der sphäre des handels- und wirthschaftsjargons scheint diese syntaktische 'kurzform' besonders beliebt gewesen zu sein: alssdann wirdts inen zwyfeltig eingedrenckt, so der handel steckt H. Sachs 22, 55, 34 Keller-Götze; wenn die arbeit klein ist und die bergwerck stecken Mathesius Sarepta 144ᵇ; es müssen alle geschäfte stecken Schupp 105; die handlung steckt sehr, ist sehr ins stecken gerahten Kramer dict. 2 (1702), 924ᵇ; sogar: der mann stecket ietzo gar sehr in angustiis versatur, inopia cogitur, rerum indigentia impeditur impraesentiarum vir iste Stieler 2158. wie: steckende schulden debiti non pagati, e forse da non pagarsi mai Kramer dict. 2 (1702), 924ᶜ ist wohl aufzufassen: mit den städten ... sol ein mitleiden vnd vernehmen gehalten werden, wofern sie erweislich machen werden, das dieselben stewerreste nicht bey den rahtheusern, sondern solchen privatpersonen stecken, welche erduldeten brandschadens vnd vnvermögenheit halber dieselben nicht wol zu erlegen haben acta publica 1, 27 Palm, d. h. deren auszahlung in stockung gerathen.
a)
von einem mechanismus: wann nun die probirwag ... also zugerichtet, dass sie ihre schnelligkeit recht hat, vnd nicht steckt Ercker mineral. ertzt (1580) 38ᵇ;
ein uhrwerck das oft steckt, oft zu geschwinde geht
Hoffmannswaldau begräbnisgedichte 52.
b)
in einer weiteren bedeutung 'stocken, stutzen, nicht weiter kommen, aufhören', aber gewisz unter dem einflusz des vorigen zustandegekommen: welche ... von wegen der schwere der schiff, vnnd vnerfahrung der schiffleuth steckten vnd in gefahr stuͦnden Xylander Polybius (1574) 41; vnd so baldt ein kleiner schweiss kompt, so stecket jhr, vnd wisset nicht wo daran Paracelsus opera 1, 231ᵇ;
wer sich zu weyt darein (in das scharmützel) begeyt
dy har gewönlich niderleyt.
sie rennen für, und stägken helt,
des mancher solcher hat entgelt
Schwartzenberg Cicero 152ᵈ,
wo an die wendung einen halt stecken (ein lager abstecken s. halt 4 th. 4, 2 sp. 271) zu denken, von dem sinn der stelle verboten wird. hierher gehört wohl auch: lachen ist wohl an und für sich ein gar schönes ding, aber wo höhnisches gelächter steckt, verliert die liebe welt nichts Fouqué altsächs. bildersaal 4, 138;
die welt ist nichts als träume, die uns triegen,
diss seh' ich nun, nachdem mich gott erweckt:
ihr gantzes thun ist list, betrug und liegen.
das auge schläfft, die arme seele steckt
Opitz ged. 1, 424;
20)
mit begrifflichem wechsel eines steckt eines dinges voll u. s. w.
a)
im eigentlichen sinne 'ist damit angefüllt, findet sich in groszer menge und auswahl': gleich als wenn ein strosack vol stro stecket und oben und unden dennoch ausraget Luther 26, 339 Weim.; wie dan auch die gantz gegenheit do selbst herümb vol ertzt, und besunder vol eysen steckt Münster cosmogr. 791; (boden,) der ... voll wurtzeln vnd grosser kräuter steckt Sebiz feldbau (1579) 49; jre gebirg stäcken voll metall Stumpf Schwytzerchronik (1606) 290ᵃ; das ganze künstliche flechtwerk des goldenen nestes hing und stak voll tausenderlei geschmeide, ringen, ketten, spangen, agraffen, amuletten, talismanen, perlen und bernsteinschnüren Brentano 5, 104; der ganze boden stecke voll von solchen sachen Keller 3, 113;
das har (der mägde) zerzöbelt und zerzausst,
als wärs in ein jar nicht gelausst,
o liebe mägd, es ist gewiss,
es steckt vol maden, leuss vnd niss
Scheit Grobianus 80 neudr.;
steckt dann dein hauss der meuss so vol, so wöllen wir des eysens vergessen (das die mäuse gefressen haben sollen) Schumann nachtbüchlein 38; die statt Venusia, welche woll bemauret war, vnd voll allerley zeugs stecket Xylander Polybius (1574) 175; in den bequemen postkutschen in England, die immer voll schöner, wohlgekleideter frauenzimmer stecken Lichtenberg verm. schriften (1800) 1, 87; das haus stak voll von verschiedenen dingen unserer vorfahren Stifter 2, 129
b)
übertragen, um ein charakteristisches und wesentliches hervorzuheben.
α)
von menschen, welche von einem inneren zustande, einer anlage, einem laster u. s. w. ganz beherrscht werden (voll mit deutlichem genetiv verbunden): darumb sollen wyr uns hutten vor ursach yhrer lesterung, der sye voll, voll, voll stecken Luther 8, 682 Weim.; ob aber yemand so vol argwons stickt und mich wolt verdencken, dass ich d. Carlstad alzubald gleube 18, 437 Weim.; (mein herz), das gesteckt voll guͦter guͦter gedäncken vnd freuntlicher guͦtwilligkeit Hutten 1449, 20 Böcking; dan du steckst aller weissheyt voll Frey gartengesellschaft 196 Bolte; was ist ein heylig gescheiden von mir oder andern, als allein in dem, das er glorificiert ist? das ist, er hat nichts natürlichs mehr an jhm, so ich der natur aller voll steck Paracelsus opera 1, 106ᵃ; wie ein han aller unkeuschheit vnnd hoffart voll steckt 2, 608; sie haben sich um so mehr zu hüten, da leute wie der fürst immer, von ihren günstlingen angetrieben, voll fataler pläne für diese stecken Droste-Hülshoff briefe 128;
ir (mönche) steckend aller sünden voll
Manuel todtentanz 26 Bächtold;
er steckt aller untugent vol
H. Sachs 1, 58, 2 Keller-Götze;
wie steck ich hertzenleids so vol!
9, 31, 1;
kein guͦte ader in üch ist,
jr stecken vol der bösen list
schweiz. schauspiele des 16. jhs. 2, 30, 228 Bächtold;
der schlosser aber wust gar wol,
dass derselb mann steck geitzes voll
Sandrub hist. und polit. kurzweil 124, 10 neudr.
(voll mit von und dem dativ): so voll von volksmeinungen und aberglauben steckt Lenette Solger nachgel. schriften (1826) 1, 8; dieser Nabob ... gehört unter die menschen, die immer voll von plänen stecken Stifter 1, 94;
Amor steckt von schalkheit voll,
macht die armen weiblein toll
Shakespeare 1, 251 (sommernachtstraum 3, 2).
(voll verbunden mit unbestimmt gelassenem casus): darauff will ich hie mit geantwortet haben, das er myr unrecht thut, und wie er sonst voll lügen sticket, hie auch nicht war sagt Luther 18, 550 Weim.; der mensch steckt voll eigensinn Bauernfeld 1, 59;
wo ein mensch steckt vol neyd und hass
Hans Sachs 8, 105, 2 Keller-Götze;
weil all ir nachbaurn in dem landt
bezwungen sindt unter dein handt
und noch all vol verlust und schrecken
und armut des kriegss halber stecken
13, 556, 35;
wann er stecket vol phantasey
21, 104, 20;
ich glaub, du meinst ich steck vol gifft
Scheit Grobianus 326 neudr.
β)
verbunden mit sammelbegriffen: aber des künigs räthe stupfften den schwäbischen bund, so vol krieg steckt, zuͦ dem krieg Franck chron. (1538) 217ᵇ; wie er vol luͦg und truͦg steckt, also verdenckt der böfel auch ander also sprüchwörter (1545) 1, 35ᵇ; dasz concilium zu Nicea steckt zweiffels on voll solcher hiezu füglicher schriften Fischart bienenkorb (1588) 152ᵃ; besonders:
die welt steckt voll beschysz vnd lyst
Brant narrenschiff 36 Zarncke;
d'welt steckt vol üppigkeyt vnd list
schweiz. schausp. des 16. jhs. 1, 75, 498 Bächtold.
γ)
das charakteristische eines buches u. ä. soll hervorgehoben werden: es heisst: hütt dich fur des Luthers heimlichen brieffen, die sticken vol fuseissen und stricke Luther 30, 2, 31 Weim.; dieses aber, weil es voll lächerlicher possen und fantasien stekkt, muss bei manchem ... ein gut carmen sein und heissen Neumark fortgepfl. musik. poet. lustwäldchen (1657) 3 (zuschrift).
δ)
von mehr abstracten begriffen:
nur spitzfündige menschenfünd,
das als vol lüg und arglist steckt
Hans Sachs 18, 125, 15 Keller-Götze;
sie (die liebe) steckt vol yfer, forcht, angst und sorgen
2, 38, 26;
sogar:
der jüngst tag wirt stecken
vol trübsal, angst, forcht, pein und schrecken
1, 303, 31,
wo freilich die mit dem leib nun wieder verbundenen seelen der abgeschiedenen zuletzt gemeint sind.
c)
besondere erwähnung verdient die verbindung mit der erstarrten form voller (eigentlich die flectierte form des adjectivs in prädicativer stellung; vgl. dazu unten voll adj.).
α)
entsprechend oben a: die landtschafft der Eleer ist treffenlich wolbewonet vnnd stecket mehr dann das ander Peloponnesus voller menschen vnnd rüstung Xylander Polybius (1547) 249; in Sicilia fiel ein tempel, als die kirch voller leut stecket, von einem erdpidem ein Franck chron. (1538) 132ᵃ; daher denn alle häuser dieses bezirks voller menschen stecken Archenholz England und Italien (1785) 1, 2, 354; wald, der voller mörder ... steckt Tieck 1, 99;
ein kauz ...
ward in dem nest ertappt; das steckte voller mäuse
Hagedorn werke (1769) 2, 324.
β)
entsprechend oben b: das ottern gezicht wil lieb, friede und messickeit rhümen und stickt so voller gifft wie ein bundter molch Luther 26, 402 Weim.; steckest du so voller kunst, so gang ins bad vnd lass herausz schwitzen Franck sprüchwörter (1541) 1, 114ᵃ; der aff stecket voller schimpffs Gesner-Forer thierbuch (1563) 3; Homerus ... steckt voller fabeln Xylander Polybius (1574) 3 a (vorrede); ein jämmerliches wehklagen der sterbenden, und ein lustiges geschrey derjenigen, die noch voller muth stacken Simpl. 177 neudr.; ich gestehe ein, dasz ich voller vorurtheile stecke Bismarck reden 1, 25;
den gwalt nit yeder haben soll,
er steck dann voller leckerei
Wickram 4, 39;
von forn sich mancher freundlich stellt, ...
vnd doch hinder dem berge helt,
steckt voller hundesmücken
Ringwaldt handbüchlein B 5ᵇ;
du steckest voller bösen list
Spreng Ilias (1610) 4ᵇ (vgl. 11ᵇ);
ein geist, der tugend liebt, der voller flamme steckt
Opitz teutsche poemata 234 neudr.;
ein gelehrter narr, der voller mängel steckt
Neukirch gedichte (1744) 116;
er ist ein taugenichts, der voller thorheit steckt
Göthe 9, 41, 9 Weim.;
weil meines herrn schriften voller sittenlehren stecken Simplic. 2, 26, 9 Keller;
ja sein gedicht im gantzen lauff
steckt voller sünd von jugend auff
Ringwaldt lauter warheit 8;
wenn die prahlende gemühter
stekken voller büberey
Neumark fortgepfl. musik. poet. lustwäldchen (1657) 1, 399.
d)
voll stecken, ohne weiteren zusatz 'angefüllt sein':
(der mönch) stecket vol gleich wie ein zeck,
hat in seiner zelln ein gut geschleck
Hans Sachs 9, 18, 1 Keller-Götze;
der zu ergänzende begriff ist aus dem vorhergehenden zu entnehmen:
do sach man volckes ane zal
inn allen gassen uberal;
auch stacken alle heuser vol
2, 389, 4;
Hans Worst must Ulrich singen
und lachen uber den bart
vom speck, den er vorschlungen
nach grober sechsischer art;
des kan er nicht genieszen,
sein mage steckt im zu voll
lied aus der umgebung herzogs Heinrichs von Braunschweig wider die ewangelischen (nach 1542) bei Liliencron histor. volksl. 4, 267, 15.
21)
der infinitiv stecken in substantiv. verwendung in dem sinne von stecken bleiben, nicht mehr von der stelle kommen, gebraucht, um den stillstand von allerlei menschlichen unternehmungen zu bezeichnen (über eine fragliche beziehung zu stocken s. dort).
a)
in älterer sprache ein stecken bekommen: oder wenn die bergwerck ein stecken oder fallen bekommen Mathesius Sarepta 24ᵃ; gemeltes bergwerk hat ein stecken bekommen durch der Tartaren einfall Henel Silesiographia 1, 308; auch: vom Schneberg sind nachmals, da es allda ein stecken gewan, etlich ander bergwerck vorm walde auffkommen Mathesius Sarepta 17ᵇ; beides der heutigen sprache fremd gewordene ausdrücke.
b)
auch für das heute gewöhnliche ins stocken bringen: er berichtete darauf ... wie des Drusus tod alle genommene anschläge ins stecken gebracht Anton Ulrich von Braunschweig Octavia 4, 2, 45.
c)
ins stecken kommen: die sache kommt ins stecken haeret haec res Steinbach (1734) 2, 715; bey der äusersten und grösten (brücke) aber kam unser glück ins stecken Lohenstein Arminius (1689) 1, 627ᵇ.
d)
heute gewöhnlich ins stecken gerathen (neben ins stocken gerathen s. u.): (es ist) bekannt, durch was revolution ... dasjenige güttliche mittel, welches man zu abhelffung ... am zulänglichsten zu seyn erachtet, ins stecken gerathen Harsdörffer teutscher secretarius 2, 290; also gerathen bey dieser alten person die liebesgedancken trefflich ins stecken Weise liebesalliance 2; denn zu einem zwecke, es sey worinne es sey, zu gelangen, werden die mittel erfordert, ohne welche das vornehmen entweder gar ins stecken geräth, oder doch nicht so wohl fortgetrieben wird der wohlgeplagte priester (1695) 39; dasz heutzutage die nahrung allenthalben ins stecken gerathen, darüber darff sich niemand wundern Sperling Nicodemus quaerens 2 (1719), 223; denn es träget solches (athemholen) sehr viel zum umlauf ins geblüte und auch zu dessen abkühlung bey, damit es nicht verderben oder ins stecken gerathen möge allgem. haushalt. lexic. (1749) 1, 137ᵃ; die ganze sache mochte ins stecken gerathen sein Möser 7, 2, 101 Abeken; eigentlich gerathen wir dadurch (durch Newtons experimentum crucis) ganz in's stecken und werden um nichts weiter gebracht Göthe II 2, 113 Weim.;
seit der Leipziger fatalität
wollt' es eben nirgends mehr flecken,
alles bey uns gerieth ins stecken
Schiller 12, 26 (Wallensteins lager 6);
von litterarischen unternehmungen: man wird es hoffentlich nicht ohne vergnügen bemerken, dasz dieses journal nicht ins stecken gerathen ist, dasz es wirklich, obgleich ein wenig langsam, auf eine art fortgesetzt wird, welche die leser zufrieden stellen kann Lessing 4, 488; die welt verliert nichts, dass ich, anstatt fünf und sechs bände dramaturgie nur zwey an das licht bringen kann. aber sie könnte verlieren, wenn einmal ein nützlicheres werk eines besseren schriftstellers eben so ins stecken geriethe 10, 218; meine übersetzung des Shaftesbury ist seit einigen wochen ins stecken gerathen Abbt 6, 3, 51.
α)
neben stocken: meine schönen ... vorsätze sind freylich sehr ins stocken und stecken gerathen Göthe IV 19, 92 Weim.
β)
vereinzelt ohne artikel: wenn die bearbeitung (einer erkenntnis) in stecken geräth Kant 2, 12 Hartenstein; (ich) erhielt aber so wenig theilnehmer, dass ... das ganze project ... in stecken gerieth Bahrdt leben 2, 52; diese arbeit gerieth auch in stecken 2, 191, doch derselbe hat daneben: da eben das gespräch auf einen augenblick ins stecken gerathen war 2, 104.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1912), Bd. X,II,I (1919), Sp. 1319, Z. 30.

stenken, m.

stenken, m.,
im österr. lebendes dialektwort, 'dürrer ast, dürrer stamm stärkerer feldpflanzen, stück eines dürren holzstammes' Unger-Khull 574ᵇ; 'abgebrochenes, abgestorbenes holz, das noch in der erde steckt' Mareta österr. volksspr. 2, 67ᵇ; übertragen 'klein gewachsenes mädchen': daͦs mensch is a rechter stenkn, a klaͦana stenkn ebda.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 15 (1935), Bd. X,II,II (1941), Sp. 2368, Z. 21.

1stenken, vb.

¹stenken, vb.,
'gestank erregen', s. stänken 2 teil 10, 2, 831; hierzu noch im sinne von 'verunreinigen': da du hailig stet geunsaubert und gestencket hast Schmeller-Fr. 2, 772; wie stänkern im sinne 'zänkisch sein': stencken affectare rixas, esse rixosum Schottel 1422.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 15 (1935), Bd. X,II,II (1941), Sp. 2368, Z. 27.

2stenken, vb.

²stenken, vb.,
'vieh in fremdes gut zur weide treiben', s. stänken 4 a teil 10, 2, 832.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 15 (1935), Bd. X,II,II (1941), Sp. 2368, Z. 32.

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Zitationshilfe
„stenken“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/stenken>.

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