Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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stadel, m.

stadel, m.
vorratsraum für die verschiedenartigsten dinge, zumeist aber für getreide und viehfutter. das wort ist heute eigentlich nur in Oberdeutschland lebendig; die wortsippe jedoch ist gemeingerm. vgl. ahd. stadal Graff 6, 653 (mhd. stadel); ags. stađol, stađel; an. sto̜đull Fritzner² 3, 592; letzteres im besonderen in der bedeutung 'stall' und 'melkplatz'. so wird denn stadel, zu stehen, verb. gehörig, wol ursprünglich allgemein 'standort' bedeutet haben, vgl. Heyne deutsche hausaltert. 1, 43 und unten die ähnliche etymologie von stall m., sowie das zu lat. stare gehörige stabulum. zum geschlecht des wortes bemerkt Adelung, dasz weibliches geschlecht des wortes gangbarer sei als das männliche, eine durch nichts zu erweisende behauptung. stadel, horreum Dief. 280ᵇ; cella ein stadel Trochus O 4ᵇ; scheuer, stadel, horreum. Frischlin nomencl. 265; der stadel, tugurium, nubilar, suffugium, it. horreum, horreolum. Stieler 2114; stadel, stalla (mà non per bestiame) cioè fondaco, magazeno, ripositorio, granaio à terra. Kramer dict. 2 (1702), 900ᵇ; stadel, horreum Frisch 2, 314ᶜ; stadel, pro scheune, horreum Steinbach 2, 652; stadel Adelung. in oberdeutschen dialectwörterbüchern wird das wort reichlich verzeichnet: stadel Tobler 405ᵇ; stad'l, scheune Lexer kärnt. wb. 238; staͦdel Schöpf 696; stadel Schmid schwäb. wb. 505. Stalder 2, 389. Zingerle 52ᵇ. Schm. cimbr. wb. 235ᵇ; staͦd'l Hügel 154ᵇ; schdaͦdl Castelli 232. der plural lautet städel, stedel, vgl. Weigand⁴ 2, 790: die (die vögel) ensêgent nit, die ensnident niht und samenont niht in die stedel. Grieshaber predigten 1, 105; es was also haisz, das das lieb getraid Margarethe alles in stedln ward. deutsche städtechron. 15, 161, 25; (aus einer grenzbeschreibung:) hinab auf Lungawer felt zwischen vier städl. österr. weisth. 6, 451, 24, vgl. 452, 17; schlechte behausung, städl und ställ. 500, 45; in den städeln. Hohberg 2, 52ᵇ; andere fielen in der jungen herren dorf Frauenbreitungen, verbrennten darinnen das schenkhaus und zwen städel, desgleichen auch einen stadel auf dem hof Bussa. Glaser in Spangenberg henneb. chron. 163; wir kommen zunächst durch eine doppelreihe von städeln und wissen nun schon, Luckenbach gehört zu jenen städtchen, in deren thätigkeit sich ackerbau und gewerbe teilt. Ludwig 2, 28; an den äuszersten städeln. ebenda. den plural stadel hat unten Freytag unter 3.
1)
besondere arten: ein stadel, der mit einem feuerherd versehen ist, also wohnzwecken dient: von einem herthaws, daʒ ein stuben hat, oder von eim geherten stadel von idleichem anderthalb guld., und von eim haws oder stadel, die niht gehertt sein, von idleichem ein guld. deutsche städtechron. 1, 29, 19. 22. doch im allgemeinen treffen wol erklärungen zu wie: sie hatten (während des gewitters) ihre zuflucht in einem stadel, wie sie hier (in der Schweiz) die unbewohnten schuppen nennen, genommen. Hegner ges. schriften 2, 101.
2)
collective bezeichnungen wie haus und stadel:
ich main, der krieg fel dein auch nicht,
so man dir nempt ros, ku und hennen,
duet haus un stadel dir abrennen.
H. Sachs fastn. sp. 2, 31, 164 Götze;
und helt sich ruͦmretig und prechtig
und kan das prenck beyn lewten wol,
samb hab sie hausz und stadel vol.
fabeln 1, 24 Götze.
im plural häuser und stedel: in der zeit branten unser feint unserr armen leut heuser und stedel ab allenthalben. deutsche städtechron. 2, 200, 20; also brenten die unsern vor Lauff etlich heuser und stedel ab. 216, 15; (ein wetterschauer), das erschluͦg das trait gar vast und warff heusser und städel darnider. 4, 114, 22; er (der sturm) warf heuser und städel ernider. 117, 1; ain sölicher grosser wind, das er etlich heusser und städel nider warff. 313, 27; (ein groszer wind) warf an vil enden paum, heuser und stedel umb. 10, 340, 13; ein wind, der viel gebäuw, heusser, stedel ... einwarff. Franck chronica 210ᵇ; lehen oder zinszkauff auff weinberg, gerten, ecker, wisen, welde, vischwasser, heuser, stedel oder wie solche ligende güter genant werden. H. Sachs 22, 57, 27 Keller-Götze. als entsprechend ist wol zu vergleichen hof und stadel, wo aber wol bei stadel mehr an den in der feldmark allein liegenden schuppen zu denken ist; höfe und städel: dann daʒ sie .. etlich höff und stedel unter wegen abprenten. deutsche städtechron. 2, 226, 12; (einem) sein weib, kinder, hausgeräth, viech und thier, hoff und städel helfen nach besstem vermögen bewahren. Minderer kriegsartznei (1634) 24. anders:
zu zweifeln schien man nicht an deinem adel,
schien nicht zu ahnden oder nicht zu ahnen,
dasz du gekommen seist von hürd' und stadel.
Rückert ged. (1839) 2, 91.
3)
tautologische zusammenstellungen sind scheuer und stadel, stall und stadel u. ä.: (fuszsoldaten) brenten daʒ haus ab zu dem Atzelperg und waʒ umb daʒ haus was, stedel und ander scheurn. deutsche städtechron. 2, 198, 3; umweit der stadtmauern stehn scheuern und stadel. Freytag 18, 122. in deutlicherer tautologie: dein stedel oder scheurn sein gesegent und dein andere ding. bibel von 1483 96ᵃ; und den weissen samlent in mein scheuren oder stadel. Keirersberg evangelia 32ᵃ; mit den nachpuren richt man städel oder schüren uff. S. Franck sprichwörter 2, 131ᵃ; Fridericus herzog in Österreich hat gar oft in der scheur oder stadel gedroschen. Abr. a S. Clara 1, 95. stall oder stadel: sintemahl wahr, dasz er (Jesus) ... zu Bethlehem im wirthshausz in einem stall oder stadel ist geborn worden. Ayrer processus 533.
4)
früchte, getreide, futter in den stadel thun, bringen u. s. w.: er fürbet den tenne und sammet den waitzen in sinen stadel. quelle um 1400 bei Schm.² 2, 732; in dem dorff Stantz zuͦ Underwalden da wolt ein bawr im hewmonat auff ein sonnen scheinenden tag sein hewe trucken machen und in den stadel thuͦn. Frey gartenges. 53, 12 Bolte, vgl.: wenn die stadel sich gefüllt haben. Rosegger waldheimat 1, 324; hierher die bauernregel: liechte metten, finstre städel; finstre metten, liechte städel. Schm.² 2, 732, d. h. wenn die christnacht hell und klar ist, giebt es im kommenden jahr eine gute ernte. wol allgemeiner 'vorratsraum' überhaupt: (der reiche mann im evangelium,) der sînen stadel wîtete, daʒ er deste mêr möhte bevâhen guotes und êren und irdisches gemaches. deutsche mystiker 1, 314, 33 Pfeiffer; dein mann aber hat bewiesen seinen adel — und es trifft nicht ihn, sondern die zeit der tadel, — dasz ohne einfuhr ist sein stadel. Rückert (1882) 11, 513; deshalb einen mann nach seinem stadel abschätzen, d. h. nach seinem wirklichen werte: ich habe versucht meine schwinge — und geprobt meine klinge — und geprüft die menschlichen dinge, — habe schätzen lernen den mann nach seinem stadel, — nicht nach seinem adel. 548. sonstige belege: (der bubenvater) hette ein panier ausz gereckt in einem stadel bei der Weydenmüel. deutsche städtechron. 2, 315, 1; wisz dasz ich das haupt mit sampt den füssen des bilgrams in den sack gelegt hab, das ander theil hab ich in den stadel vergraben. buch d. liebe 302ᵃ;
nimb heindt vergut in meinem stadel,
an hew und stro hab keinen zadel,
da grab dich ein und hab dein rw.
H. Sachs 14, 113, 27 Keller-Götze;
(will) mich legen in den stadel nider.
114, 30;
thust ir (der magd) auch daheim stets nachlauffen
in deinen stadel auff das hew.
17, 158, 7;
der edelman schwur im (dem bauern) bey gott,
er wolt sein stadl im zünden an:
drauff setzen im ein roten han.
372, 32;
gleich dem hund, der im stadel sasz
und doch das hew selbert nit frasz,
hüet sein und lies nymant darzwe.
404, 32;
Heintz, führ mich, dasz ich nit umfall,
und hilff mir hindern stadel ball!
21, 73, 14;
setz dich heint zöberst auff dein stadel
mit deinem sack.
216, 14,
d. h. auf das dach des stadels. vgl. auch 216, 31. 217, 9. 25. 218, 1;
faule hurn und jung starck buben ...
nemen im stadel die ayr ausz.
Ayrer dramen 2949, 18 Keller;
wir stehen gleich auf nadeln,
das hertze bebet uns als etwan in den stadeln
die zitterbilder thun.
Scherffer ged. 602.
5)
stadel im bergwerksbetrieb ein viereckig ummauerter raum, in welchem die metalle geröstet, d. h. durch glühen zur weiteren verarbeitung vorbereitet werden. Jacobsson 4, 245ᵇ. Scheuchenstuel 197. Karmarsch-Heeren³ 3, 4.
6)
stadel bei den salzsiedern 'vier haspler am salzbrunnen, zween und zween gegeneinander über, oder auch zwey zober, deren auf jeder seite des troges oder kahns einer vollgezapft wird, die man dann mit einander fortträgt'. Jacobsson 4, 245ᵃ.
7)
stadel in der seltenen bedeutung 'hospitium': der Samariter fürt in in sin stadel, und gab die zwen pfenning dem stadelmaister. quelle bei Schm.² 2, 732; vgl.got hatte den menschen dar zu geschafen, ob er sin gebote be halden hette, .. daʒ er den tode nimmer dorfte gevorchten und immer mer wer gesunt und in eime stadele und daʒ er solde gebruchen der geselleschaft der heiligen engele Schönbach altdeutsche predigten 1, 53, 15. über die möglichkeit dieser bedeutungsentwicklung vgl. oben unter 1.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1906), Bd. X,II,I (1919), Sp. 416, Z. 72.

stendel, n.

stendel, n.,
s. ständel teil 10, 2, 737f. zu ständel 1, deminutivum zu stande (s. d.): 'hohe, nach oben sich erweiternde kufe, die man sowohl auf dem rücken tragen als auf den boden stellen kann' Schmidt elsäss. 339ᵃ: bütten und stendel und ander geschirre der kübeler (1495) 339ᵇ; stendel eine wanne in ungarischen hütten bergmänn. wb. (1778) 526, vgl. Jacobsson 4, 287ᵃ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 15 (1935), Bd. X,II,II (1941), Sp. 2351, Z. 1.

stendel, m.

stendel, m.
1)
aufrechtstehender pfahl, der etwas zu stützen oder halten hat, vgl. stendel sustentaculum, sustentamentum Diefenbach 569ᶜ, s. ständel 3 (teil 10, 2, 738): ain stendell mit ainer uff genagelten schissel ... allmuosen dar in zu legen (1512) bei Fischer schwäb. 5, 1632; 'ständer': nimmt sein rock vom stindel Egler us'm Zollerländle 134; dann überhaupt ein stützender pfahl oder balken auch in waagrechter lage, so für den 'firstbaum' am dach: underslag, stendel festum Diefenbach 232ᵇ; anders: stendel, ein an der runge befestigter starker hölzerner pfahl, der dazu dient, vermittelst eines weidengeflechts die leitern des ackerwagens weiter aus einander zu halten Schambach Götting. ma. 209ᵇ; zweifelhaft bleibt die zugehörigkeit von deck uber ein scheff o. wannen, hobeldeck, stendel pabo (tectura curri bige et navis) Diefenbach 404ᵃ, das nicht sicher zu deuten ist.
2)
name der pflanze orchis, knabenkraut, s. ständel 2 und ständelkraut, ständelwurz; dazu duftender stendel nigritella suaveolans Schlechtendal flora v. Dtschl. 4, 147. —
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 15 (1935), Bd. X,II,II (1941), Sp. 2351, Z. 8.

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Zitationshilfe
„stendel“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/stendel>.

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