Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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stenke, m.

stenke, m.,
s. stank teil 10, 2, 822.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 15 (1935), Bd. X,II,II (1941), Sp. 2368, Z. 20.

stinken, vb.

stinken, vb.,
'üblen geruch verbreiten'.
herkunft und verbreitung. ahd. stincan, mhd. stinken 'geruch, duft verbreiten; geruch wahrnehmen'; altsächs. stincan, mnd. mnl. nl. stinken, fries. (wanger., saterl.) stiunk(ə) 'üblen geruch verbreiten' (E. Siebs in: Pauls grundr. 1², 1312; auch stjonke Jensen nordfries. 576); ags. stincan 'geruch, duft verbreiten; geruch wahrnehmen; stieben, dampfen, aufwirbeln', engl. stink 'üblen geruch verbreiten'; altisl. støkkua 'spritzen, bersten, springen, zusammenschrecken, prallen', norw. støkka in ähnlicher bedeutung; altgutn. stinqua 'prallen', altschwed. stionka, stiunka, stinka 'spritzen, springen, auffahren', älter dän. stynke, schwed. dial. stinka noch in ähnlicher bedeutung; got. stigqan 'stoszen'. das nordgerm. hat die bedeutung 'stinken' nur in einer spur: norw. stokka, s. Torp nynorsk et. ordb. 720; dagegen stammen schwed. dän. stinka, norw. stinke aus mnd. stinken, s. Hellquist svensk et. ordb. 871. die andere bedeutung, deren kern etwa 'stieben' ist, bezeugt für das westgerm. auszer dem ags. auch noch das nl.: dial. 'ziehen' (vom luftzug), im 17. jh. een stinkende storm 'starker wind', s. Franckvan Wijk etym. wb. 667; hierher stammt: fliegender sturm; stinkender sturm ... holl. een vliegende of stinkende storm. der heftigste grad des sturmwindes Bobrik seewb. (1850) 676ᵃ; ebenso Hoyer-Kreuter technol. wb. 1, 749. die bedeutung 'geruch verbreiten' ist aus der bedeutung 'stoszen' oder der der raschen, stiebenden bewegung entwickelt; parallelen zu dieser bedeutungsentwicklung s. bei Walde-Pokorny 2, 617; für das slav. bei O. Grünenthal arch. f. slav. phil. 38, 138. — auszerhalb des germ. fehlen dem vb. sichere entsprechungen; meist wird got. stigqan u. s. w., mit ablautentgleisung von einem nas. präsens *stungu̯ṓ, zu altind. tuñjáti 'drängt, stöszt, schlägt, treibt an' gestellt, s. Walde-Pokorny a. a. o. — stinken, md. stenken, ist in allen mundarten verbreitet. vereinzelt finden sich schwache präteritalformen: stinckte Lohenstein Armin. 1 (1689) 1098.
bedeutung und gebrauch.
I.
im ahd. und frühmhd. ist, wie im altengl., neben der später im deutschen allein lebenden bedeutung II auch 'geruch wahrnehmen' gut bezeugt, vgl. auch riechen in diesen beiden bedeutungen: stanc odoratus est (Gen. 8, 21) ahd. gl. 1, 285, 50;
er tet an dem antlutze
siben locher nutze,
zwei an den oren
daz er müge horen ...
zwei an der nase
daz er stincken müge
Wiener Genesis 244 Dollmayr;
von ime (haben wir) daz wir gehôren,
sehen unte rûren,
stinchen unte smechen,
slaven unte wachen
Diemer ged. d. 11. u. 12. jhs. 356, 9;
habent ougen unde negesehent ... nasa unde nestinchent (nares habent et non odorabunt) Notker 2, 487 Piper; (die fünf sinne) sehendo, horendo, stinchendo, smechendo, crifendo ebda 1, 436.
II.
'geruch ausströmen, an sich haben'; schon seit ahd. zeit, und so bis heute unverändert.
A.
in früher zeit, ebenso wie im ags., auch von angenehmem geruch, jedenfalls ohne den sinn des unangenehmen, heutigem duften und riechen entsprechend, vgl. auch s. v. stank (teil 10, 2, 823):
do brahte Noe
gote sin oppher,
daz oppher stanch suͦzze
Wiener Genesis 1431 Dollmayr;
thar blyent thir io   lilia inti rosa,
suazo sie thir stinkent   joh elichor nirwelkent
Otfrid V 23, 274 Erdmann;
desde drâhor stinkent sîne pîmenton (fluent aromata) Williram hoh. lied 72 Seemüller; do begonda mîn salbwurz mêr unte mêr zestinkene (odorem dedit) ebda 19; daz galagan ... machet den munt vil siuze stinkent unte bringet den man unte daz wib ze michelen minnen hs. d. 12. jhs. in: Germania 8, 301. übertragen: siu (resurrectio) stinchet also suozo per totum mundum Williram hohes lied 21 Seemüller. mundartlich vereinzelt noch erhalten: nicht übel stinken 'gut riechen' Schmeller-Fr. bair. 2, 772; es stinkt gut 'es duftet' Bacher Lusern 394. auch in dän. und norw. dialekten, sieh Nyrop-Vogt leben d. wörter 64. vielleicht noch zu vergleichen, wenn auch zeitlich vereinzelt: odorabilis ... dasz wol oder übel stincket Alberus (1540) n 3ᵇ.
B.
in späterer zeit ausschlieszlich, und auch im ahd. schon neben A, 'unangenehmen geruch ausströmen'.
1)
in eigentlicher anwendung. im verlauf des nhd. ist der gebrauch von stinken fortschreitend zugunsten von riechen eingeschränkt worden, da riechen als weniger grob gilt.
a)
stinken 'geruch ausströmen' gilt von allen verfaulenden, verwesenden, verderbenden stoffen: foetida stinchantin (11. jh.) ahd. gl. 2, 433, 19; olentes stinchindun (11. jh.) 2, 710, 13; squalentibus stinchenten (11. jh.) 2, 462, 7; squalere unrein werden oder stincken gemma gemm. (1508) a 2ᵃ; olere, fetere styncken oder ryechen ebda r 5ᵇ; zu dem soll man inen stinckende ding zuriechen schaffen Sebiz feldbau (1579) 85; putrefieri ful oder stynckend werden gemma gemm. (1508) v 4ᵇ; sordere i. putrere, fetere, stincken oder fulen ebda z 8ᵇ.
α)
im bereich des menschlichen und tierischen körpers. vom leichnam:
si legent dih under di erde.
dâ mûstu in der cûlen
stinken unde vûlen
Hartmann credo 2527 Massm.;
und fande man den leichnam so stinckend und erfault in des edelmanns haus Prätorius glückstopf (1669) 171;
in unsern tagen ists also ne rühmliche mode,
... dasz nun niemand mehr in die erde sinkt
bis er salva venia ... faul ist und stinkt
Kortum Jobsiade 2, 11;
mos, ut ungantur homines, quando mortui, ut non stinken und verwesen Luther 34, 1, 194 W.; da musz er der leib faulen und zergehen mit würmen, stinckend, unsauber und gar ungestalt Paracelsus op. (1616) 2, 381 Huser; das charakterisiren eines stinkenden, zerflieszenden leichnams etc. Wilh. Grimm an Jacob, in briefw. aus d. jugendzeit (1881) 53;
wär ich blind,
ich könnt es riechen, denn die leiche stinkt schon.
wir wollen uns dran niedersetzen, komm,
wie geier ums aas
H. v. Kleist w. 1, 153 E. Schmidt;
den fürstlichen leibern gleichen, die ebenfalls zweimal begraben werden, das erste mal heimlich, wenn sie stinken, das zweite mal öffentlich in einem ... paradesarg Jean Paul 1/3, 18 Hempel;
welch ein triumph, dem todten, welcher ringt
ein edler mensch zu seyn, zu weisen — wie er stinkt
Lenz ged. 100 Weinhold;
daher geschicht es, dasz die meisten menschen den todt dermaszen und mehr als einer verständigen creatur gebürt fürchten, nit wenig auch wünscheten, dasz die edle und unsterbliche seel in ihren unreinen geutigen, unkeuschen, versoffenen, vollen, stinckenden leib ewig gefangen Guarinonius grewel d. verwüstung (1610) 10; nach Joh. 11, 39: spricht zu im Martha, die schwester desz verstorbnen: herr, er stinckt schon Zür. bibel (1531) hh 3ᵇ. stinkendes aas:
der hiute rich ist und gar ahper,
des lip ist morgen ein stinkendez as
Hugo v. Trimberg renner 17291 Ehr.;
die vogel vallent niht auf ain âs, daz stinkend ist, ez hab denn guoten smack Konr. v. Megenberg buch d. natur 165, 17 Pf.; ich stynckendes asz, man mus mich zu scharren Luther 29, 329 W.;
ihr stinckend aasz wirdt allermeist
die hund und vogel machen feiszt
Spreng Ilias (1610) 102ᵇ;
er konnte gut schmecken brandewein und schinken; roch aber das stinkendste ass nicht Heinse s. w. 7, 3 Schüdd.von krankheitserscheinungen:
wann er wurd inwendig so kranck,
das er so unmenschlichen stanck,
sein eygne diener von im flohen
Hans Sachs 1, 288 Keller;
der stirbt in eim jor oder wurt hirnwütig, blind, kretzig, schebig oder stinckend schweiszig Gersdorf wundarzney (1517) 17ᵇ; weil derselbige insonderheit in der pestzeit die stinckende schweisz mit groszen nutzen häuffig aus des patienten leib treibet Hohberg georg. cur. 3 (1715) 184ᵇ; ein semlich grüwenlicher grosser ungeschmack und stinken von dem ussetzigen gieng, dass das kum ieman mocht liden Stretlinger chron. 1, 19 Bächtold; blattern so lang und gross als die eichelen uss her hangen, mit stinckendem ussfluss Th. Murner bei U. v. Hutten op. 5, 402 Böcking; dadurch der magen ... erfaule und stincke Ryff confectb. u. haussapot. (1548) 176ᵇ; den unleidlichen gestanck seines lebendigen leibes ... zu lindern, wie dann mit solchen stinckenden zufällen, die da ungewöhnlich sind, verschiedene menschen sind heimgesuchet worden E. G. Happel relat. cur. (1685) 2, 107;
ir stinkenden speichen,
die fuͦlen und die weichen,
spuͦwen sie im in sin augen
Heinrich v. Neustadt gottes zukunft 2537 Singer;
hier lag ... die grosze polis, wo der auswurf dreier welttheile stinkend zusammenrann Treitschke dtsche gesch. im 19. jh. 5, 69. stinkende wunde: als aber alle ertznei ym umsunst und unnutz waren, ... und die wunden seer faulen und stincken, das nyemand bey ym beleiben mocht Tristrant und Isalde 17 Pfaff; weyche ärtzt machen stinckend wunden B. Waldis Esopus 1, 327 Kurz; bis sie die stinkenden eiternden wunden ohne scheu und ekel mit der zunge berühren könnte Jung-Stilling s. schr. 6, 16. — von den exkrementen:
der humbel der sol stechen.
ouch ist reht daz der mist
stinke swâ der ist
Hartmann v. Aue Iwein 208;
Maria diz rutel was,
Jhesu Cristi sie genas
sam der boum von reine tut
brengende ein clare blut
sunder stinkenden mist
Daniel 4071 Hübner;
der herrn scheysz stinckt nit S. Franck sprüchw. (1545) 1, 19ᵇ; in summa dafür halten, dein (eines hochgekommenen schufts) dreck stincke nun mehr als zuvor, und dasz du auch ein herr seyst Moscherosch gesichte (1650) 1, 515. sprichwörtlich: je mehr man den dreck rhürt, je mehr er stinckt Eyering proverb. cop. (1601 ff.) 3, 88; man soll den dreck ungerüttelt lassen, er stincket sunst Tappius adag. cent. septem (1545) x 6ᵃ; wie man dann sagt, das stinckende kot solle man nicht rüren, und einen schlaffenden hund solle man nicht auffwecken Gretter erkl. d. ep. Pauli an d. Römer (1566) 255; den dreck, der so gerne stincken wollt, weydlich rüren, bis sie das maul und nasen vol kriegen Luther 19, 43 W.; wen dr drak gût werd, fëngtr ôn zu štinkn Göpfert sächs. Erzgeb. 94. — vom atem:
sein atem als ain harm stanck:
er was gar unsuesse
Heinrich v. Neustadt Appollonius 9092 Strobl;
o wie thut dir dein atem stincken
Hans Sachs 9, 28 Keller;
uber das alles gieng von seinen fulenden glidern und stinckendem athem ein herter unleidlicher geschmack Casp. Hedio chron. Germ. (1530) a 5ᵃ; der weibische kerl musz einen stinckenden athem haben, weil er sich so starck balsamiret Gottsched vernünft. tadlerinnen (1725) 1, 117. ebenso auf den mund bezogen:
ess ist gar ein snede gebet zu gote,
wanne der mund stincket vor quate
van obergem trancke unnd spise
glich eines swines wise
Joh. Rothe lob d. keuschheit 3471 Neumann;
dasz dein mund
von gestrigem rausch noch solt stincken
Weckherlin ged. 2, 425 Fischer;
sô dem menschen der mund stinch zwei altdtsche artzneibücher 12ᵇ Pfeiffer; wie Nicostrato sein atem so gar stark schmecket und sein mund stunck Arigo dec. 457 Keller; wer ez dick kewt, dem macht ez seinen stinkenden munt wolsmeckend Konrad v. Megenberg buch d. natur 362 Pfeiffer;
zerbisz den stinkenden und eitervollen mund
v. König ged. (1745) 13;
von den juden (vgl. u. sp. 3157): o ihr undanckbare gesellen und stinckende knoblauchmäuler, sollen euch die zwiffel angenehmer seyn als das liebliche manna? Abr. a s. Clara Judas (1686) 1, 22. — allgemein von einem menschen: her stanc sô ubele, daz ime niman mochte genêhen dtsche myst. 1, 40 Pfeiffer;
allez daz uz dem menschen get,
daz man grifet und siht,
daz ist hor und anders niht.
wirt ez in der sere wunt,
da beginnet er stinken sazestunt.
sint der stinkent harsack
sin hochvart niht lazzen mack
cod. pal. germ. 341, 83 Rosenhagen;
mancher will nicht riechen, wie er stinckt Lehman floril. polit. (1662) 1, 718; du jämmerlicher, stinkender bärenwärter, riecht mein athem übel? Tieck schr. 12, 268; auszerdem stanken die Neuseeländerinnen auch dermaszen, dasz man sie gemeiniglich schon von weitem riechen konnte J. G. Forster s. schr. 1, 186. — von tieren: putorius haizt ain eltes oder ain iltis und ist gar ain ser stinkend tier, allermaist wenne ez zürnt Konrad v. Megenberg buch d. natur 157 Pfeiffer; die schmutzige kuchen- und stinckende stallkatzen Grimmelshausen 2, 10 Keller; den stünkenden, nagenden maden Ph. Zesen helikon. rosentahl (1669) 24; du must nicht sein ein stinckender wiedehopff, welcher ein unflätiger vogel ist und im miste und kothe seine nahrung sucht, auch von selbigem sein nest auffbauet und dahero greulich stincket P. Fr. Sperling Nicodemus quaerens 2 (1719) 509; o du böser gott Mahon, du bist nicht eines stinckenden hundts wehrt buch d. liebe (1587) 22ᵇ; wenn man stinckende ziegenböcke in den pferdeställen hat. denn von dem geruch sollen sie (pferde) wohl zunehmen Joh. Walther pferde- u. viehzucht (1658) 14;
die böcke zur rechten,
die ziegen zur lincken.
die ziegen sie riechen,
die böcke sie stinken
Göthe 14, 306 W.;
mein mann aber hat den geiszbock nicht schmecken können. 'er stinkt mir zu scharf', hat er alleweil gesagt Hans Watzlik pfarrer v. Dornloh (1930) 31; der teuffel müst seyne stinckende böck alle zu samen brengen, die ynn seynen bockstall gehörten Luther 15, 130 W.
β)
von verdorbenen nahrungsmitteln: was nicht saltz hat, das wird faul und stinckend Lehman floril. polit. (1662) 1, 365; faule, stinckende eyer Luther 16, 515 W.; stinkends öl zu essen Zwingli dtsche schr. 1, 140; oder nimm ziegenmilch, lasz die ein wenig stinckend werden fischbüchlein 28; dasz er so wenig als seine leute den hunger stillen könnte; wobei er zugleich ein stück von dem verfaulten und stinkenden zwieback vorzeigte J. G. Forster s. schr. 1, 426. vom fisch und fleisch: stinckender fisch Kramer 2 (1702) 977ᶜ; auch euch, ihr fischer, die ihr dem volke stinkende fische feil biethet, ... die durch gestank alle pflastertreter von der basilica auf den markt verjagen Lessing 4, 118 M.; sprichwörtlich: der fisch fahet am kopff an zustincken sprichw., schöne weise klugr. (1548) 145ᵇ; der fisch stinkt zuerst am kopf Lüpkes seemannsspr. (1900) 163. putida caro stinckend fleisch Frisius dict. (1556) 193ᵇ;
das saltz erhält das fleisch für faulen und für stincken
Logau sinnged. 338 Eitner;
welche (töchter) ihre ehre zu bewahren, stinckendes fleisch zwischen die brüste gelegt S. v. Birken verm. Donaustrand (1684) 127. von der butter: das fleisch, die butter etc. stinckt Kramer 2 (1702) 977ᵇ; sprichwörtlich im sinne von 'gleichartiges gehört zusammen': fauler käsz, stinkende butter A. Schellhorn sprichw. (1797) 10; wie kan stinckende butter und garstiger speck so leicht zusammen finden Chr. Weise grünend. jugend überfl. ged. 235 ndr.; faule eyer und stinckende botter hoͤren zuͦsammen Tappius adag. cent. septem (1545) b 5ᵃ; achte deckel wie hafen, zapfen wie die fläschen, faule aier wie stinkenden botter Fischart w. 3, 78 Hauffen; stinckender speck und stinckend schmaltz gehören zusammen Dentzler clavis ling. (1713) 1, 376ᵃ. käse: so soll man auch nichts stinckends in die keller beschlieszen, als da ist käsz, knoblauch, öl (damit der wein nicht verderbe) Mich. Herr feldbau (1551) 96ᵃ; ein fauler käsz kan nur stincken Lehman floril. polit. (1662) 1, 114; dem schlechten brot und stinkenden käse W. Alexis Roland v. Berlin (1840) 1, 22.
γ)
vom wasser: in harwigen wazzern diu stinchent unde diu truobe sint arzneibuch bei Benecke-Müller-Zarncke mhd. wb. 2, 2, 641; daz selb wazzer vleuzt durch prinnend swebligez ertreich, dâ von daz wazzer haiz wirt und stinkend Konrad v. Megenberg buch d. natur 103 Pfeiffer; wenn ihre lagunen sich nach und nach ausfüllen und stincken Göthe III 1, 246 W.; das (wasser) in dem näpfchen war schon sehr warm und auch etwas stinkend geworden A. Stifter s. w. 3, 29 Sauer;
daz wazzer begunde bluͦten,
vil harte begundez stinchen.
si ne mohten ez niht getrinchen
Vorauer bücher Mosis 38, 8 Diemer;
aqua foetida stinckend oder faul wasser Frisius dict. (1556) 110ᵃ; (die bäche) faulen und werden stinkend, wann sie stehen und faulenzen S. v. Birken ostländ. lorbeerhäyn (1657) 3; das (wasser) ruht nicht eher, dachte ich, als bis es im meere ist; und dann fängt es seinen weg von vorn an. — und doch — wenn es still steht, wie in dieser pfütze, so verfault es und stinkt H. v. Kleist 5, 100 E. Schmidt;
so wird das leben, wie ein stehend wasser,
in fäulnisz übergehn und stinkend werden
E. Raupach dram. w. ernster gattung 11, 330.
δ)
ohne die voraussetzung der verdorbenheit, von dingen, die von natur aus unangenehmen geruch haben:
ein heimlich anfechtung ich han:
dasz du in der werckstat all stund
das stinckend leder mit deim mund ...
offt must zancken, reissen und denen
Hans Sachs 21, 273 K.-G.;
dieweil man auch alldo ein sondere art stinckender steinkolen pflegt zugraben Sebiz feldbau (1579) 5; auch nit itel letth, noch stinckende sändlin, oder wüster leym, oder mit vil steynen Petrus de Crescentiis v. d. nutz d. ding d. in äckern gebuwt werden (1518) 25ᵃ;
an einer büchsen rand auf stinkender pomade
Dusch verm. w. (1754) 143;
das tutende, stinkende automobil hatte hier glücklicherweise noch nicht seinen einzug gehalten Ernst v. Hesse-Wartegg zw. Anden u. Amazonas ²216; beide kröttenkrüter eins stincken ist, das ander kein geschmack hat H. Brunschwig d. buch d. rechten kunst zu distilieren (1500) 36; stingkende worcz als klobelauch md. voc. d. 15. jhs. bei Diefenbach 10ᶜ; von allen seiten wird der knoblauch stincken P. Winckler 2000 gutte gedanken (1685) j 10ᵃ; tabak! tabak! du stinkendes kraut! A. v. Arnim (1853) 17, 208; dazwischen rauchte er, heftig dampfend, stinkenden taback aus einer kurzen ungarischen pfeife Eichendorff s. w. (1864) 2, 550. von verbranntem u. ä.:
da liegt ein alter hader in der asche
und dampft und stinkt
Göthe 12, 148 W.;
dasz nur von einem stinckenden liechtbutzen die frucht der muͦter abgetriben wirt Heyden Plinius (1565) 18; die helle sonne hat sich in einen erdklosz verliebet, der helle morgenstern in eine stinckende lampe Chr. Scriver seelenschatz (1737) 1, 361ᵃ; viel dank für deinen brief, ... ich las ihn unter einer stinkenden lampe Bismarck br. an s. braut 124;
dann werd ich, wie ein sterbend licht,
noch einmahl plötzlich aufwärts blinken;
um plötzlich wiederum zu sinken
und zu verlöschen und zu — stinken
Joh. Arn. Ebert episteln (1789) 23;
iz ist komen ein dunre ungehure
mit eime stinkenden vure
Katharinenspiel 479 Beckers;
fand den zwerg bey einem fusz an ein grosse seul gebunden, und ein ubelriechend und stinckend fewer under ihm Amadis 1, 210 Keller; sahe das vermaint schlos und alle vorige schönheit, eitl feir mit stinkendem schwebel und bech, hört auch das aller kläglichst geschrai und wainen zimmer. chron.² 1, 112 Barack; das wasser im Sodomihischen meer ... wirfft stinckent bech aus Matth. Hammer hist. rosengarten (1654) 371; stinckende kugeln werden in der artillerie diejenigen genennet, wodurch man die lufft mit einem garstigen gestanck inficieren kan Wolff mathem. lex. (1747) 1261; s. auch Jacobsson technol. wb. 4, 299ᵇ.
ε)
von rauch, dampf, luft: aber schon jagte der stinkende rauch ... mich Thümmel reise in d. mitt. prov. 10, 142; verschwanden im stinkenden dampf, der wie aus den wänden quoll, die lichter verlöschend E. T. A. Hoffmann s. w. 1, 278 Grisebach; mit dergleichen stinckenden dampff hat der teuffel die augen der frommen jederzeit betrübet Harsdörffer teutsche secret. (1656) 1, 30; in den schmutzigen, wüst überheizten stuben ihrer quartierwirte liegen (die soldaten), dasz sich die stinkende luft schlieszlich in den körpern der stubenbewohner verzehrt Fr. Meinecke leben d. generalfeldm. v. Boyen 1, 59; vgl.
wo sonst durch holen grund ein stinkend athem zeucht
Logau sinnged. 9 Eitner.
besonders stinkender nebel: vil grôzer nebel wurden sêr prünseln und stinken in den herbsten und in den wintern Konrad v. Megenberg buch d. natur 111 Pfeiffer;
mit priendem pech und schbebel,
mit vinsterem und stinckendem nebel
und mit aller grossen pein,
dye indert in der helle mag gesein
altdt. passionsspiele a. Tirol 203 Wackernell;
in diesem jahr ist die sonne von einem stinckenden dicken nebel gar verfinstert worden Binhardus thüring. chron. (1613) 117; so werden auch die stinkende nebel beschuldiget, als ob sie die pest verkünden Abr. a s. Clara mercks Wien (1680) 20; ewiger chaotischer stinkender nebel (verschlinge) die heilige quelle des lichts! Gerstenberg Ugolino 262 Hamel; wir sind bisher immer in stinkende und ungesunde nebel eingehüllt gewesen J. M. Miller Siegwart (1777) 2, 427; stinkender nebel ist drauszen, wies dämmerig wird Laistner nebelsagen (1878) 152.
ζ)
das adjektivisch gewandte part. präs. erscheint öfter in der benennung von pflanzen, vgl. Röhling Deutschl. flora (1823 ff.) 1, 186 sowie die composita mit stink-: eines starcken ubelriechenden geruchs ... lateinisch urtica labeo, urtica foetida, und teutsch stinckende nessel, und bynsang, und brauner hanenkopff Chr. Wirsung artzneybuch (1584) h 2ᵇ; ein taube, stinckende nessel Bas. Faber thes. (1654) 508ᵃ; s. auch Chomel öc. lex. 8, 1669. chamaemilon foetidum, cotula stinckencamill, krettendill Alberus novum dict. (1540) d d 2ᵃ; die stinckende bitter chamillen oder magdblum, von etlichen krottendyll, hundsdyl und hundscamillen genannt Chr. Wirsung artzneybuch (1584) g 6ᵇ; vgl. Chomel a. a. o.; Marzell wb. d. pflanzenn. 319. acopos, herba quae et anagyros dicitur ein frömder stinckender boum Frisius dict. (1556) 25ᵇ; anagyris, acopus stinckend speykraut, ein stinckender baum in den tridentinischen wäldern Corvinus fons lat. (1646) 54; stinckender andorn ballote Frisius dict. (1556) 151ᵃ; stinckende hur lutenta dicitur meretrix fetida voc. inc. teut. a. lat. (1495) x 1ᵃ; vgl.: stinkende hure chenopodium vulvaria L. Pritzel-Jessen 92; schamkraut, stinckende melte ... der geruch des krauts dienet wider den grind, faule schäden und wunden haushalt.-lex. (1740) 2, 185. mundartlich: stinkende hoffart tagetes patula Fischer schwäb. 5, 1775; da war ein gewächs mit zinnoberroten bündeln kleiner blüten, das hiesz brennende liebe ... und ein anderer strauch hiesz die stinkende hoffart Herm. Hesse schön ist die jugend (1916) 13.
b)
charakteristisches der anwendung.
α)
auf einen raum oder ein gefäsz bezogen: gleichwie die frösche, welche sich in einem stinckenden pfuhl auffhalten P. Fr. Sperling Nicodemus quaerens 1 (1718) 1311; sonnenschein, während welchem die sümpfe um das holde städtchen anfingen zu stinken Wilh. Raabe hungerpastor (1864) 2, 58; so schätzte er sich glückselig, dasz er noch in einem stinckenden schweinestalle seinen auffenthalt antreffen kunte Chr. Weise polit. redner (1677) 32; die hundstuben, die stanck fast ubel Pauli schimpf u. ernst 51 Österley; wie ein gefangner in einem stinckenden, kaltten thurn Eberlin v. Günzburg 3, 262 ndr.; in diesem gottverdammten schiffsraume, dem schwärzesten, stinkendsten loche, das je auf dem wasser schwamm Wilh. Raabe z. wilden mann (1885) 52; dasz Paris, das so weltberühmte, das so oft gepriesene, ... so viel enge und stinkende gassen ... hat d. neueste aus d. anmuth. gelehrs. 1 (1751) 450 Gottsched; nun sind wir wieder hier in dem lärmenden, schmutzigen, stinkenden Breslau Göthe IV 9, 224 W.; er sach ouch ein stinckenden galgbrunnen, darin waren vil selen summerteil d. heyl. leben (1472) 7ᵇ; als einem guten wein in einem unsauberen, stinckenden garstigen gefäsz Dannhawer catechismusmilch (1657) 1, 52;
hier hab ich eine flasche,
aus der ich selbst zuweilen nasche,
die auch nicht mehr im mindsten stinkt
Göthe 14, 123 W.
β)
in fester wendung es stinkt irgendwo, es stinkt 'es ist geruch wahrnehmbar': man solt wol liegen wie Leupolt, der hoffierte hinder den offen und sprach, es stuͤncke in der stuben Scheit Grobianus 90 ndr.;
stinckts nicht immer
noch ärger hier in unserm zimmer
als in dem völlsten schweinestall?
Lichtwer äsopische fabeln (1748) 127;
es stinckt so trefflich ubel hie,
in der speluncken möcht ich nicht
hauszhalten, das ist auszgericht
Er. Alberus fabeln 156 ndr.;
alle wetter, es stinkt hier abscheulich! maler Müller w. (1811) 2, 96; brich nur die dielen auf, wenn es um dich wo stinkt, die tote maus wird sich finden Mörike 3, 49 Göschen; für das rotlauffen. binde eine schleie unter die fuszsole, ... wann du sie hinweg thust, so wirffs in ein eimer vol wassers, dann es stinckt onleidenlich Gäbelkover artzneybuch (1595) 2, 176;
de winde lath flegen,
darmits nicht stincke, do ein wenich entflehen
Husemann spruchsamml. (1575) 122 Weinkauff;
denn mancher volle kammertopf
flog uns als Griechen auf den kopf,
das stank ganz bestialisch
Blumauer ged. (1782) 201.
γ)
älter - nhd. häufig übel stinken 'schlecht riechen'; heute statt dessen nur übel riechen oder stinken, da stinken allein schon die bedeutung 'schlecht riechen' hat, doch besteht kein direkter zusammenhang mit dem ahd. gebrauch (o. A): und wirt der bisem darinnen gantz geschmack ..., wie übel er darvor stinckt Herold-Forer Gesners thierbuch (1563) 29; das der sich wiesche von seinem kot ... damit er nit so übel stencke? Montanus schwankb. 159 Bolte; welches im feuwer rechter lautter schwefel ist, dann es ist das gemösz daselbst zu rings umbher roth und stincket sehr ubel Thurneysser magna alchymia (1583) 68; wie eine wantzke, welche von yhr selbs ubel stinckt, aber yhe mehr man sie zu reibet, yhe erger sie stinckt Luther 23, 376 W.; übel, abscheulich, erschrecklich, garstig etc. stincken Kramer 2 (1702) 977ᵇ.
δ)
stinkender geruch u. ä. im sinn von 'gestank': kleider ... nehmen, sobald sie längere zeit mit übelriechenden luftarten umgeben sind, einen stinkenden geruch an Sprengel chemie f. landwirthe (1831) 1, 27; sie selbst sehnen sich noch darnach, stinkende wohlgerüche (beim rauchen) zu verbreiten Holtei erz. schr. 7, 141; roch er ein greunlichen gestanck, der war je lenger je mehr stinckendt pfaffensack in: A. Tabeus Mäynhincklers sack (1612) k 3ᵇ; vgl.: et sua (des toten) gerucht gestuncken coram omnibus nasis quando unser corper mit seim stanck Luther 29, 332 W.; älter stinkender geschmack im gleichen sinne: der pisem ist guot für den swintel ... wenne der unflât gedorret und den stinkenden smack verlæzt Konrad v. Megenberg buch der natur 151 Pfeiffer; coriandersamen wol im mund gekäuwet und darnach hinab geschluckt, vertreibet den unlieblichen stinkenden geschmack des knoblauchs Tabernämontanus neues kreuterbuch (1588) 219ᵃ.
ε)
in fester verbindung von, nach, wie etwas stinken. die verbindung mit von ist heute fast erloschen: dar zu stanc her zu male sêre von ûzsetzikeit, also daz nimant bi om bliben mochte leben d. heil. Ludwig 87 Rückert; fleuzt daz wazzer wider ein ... und stinkt ez dann vast von den erdischen gepranten dünsten, die ez in dem luft gelâzen hât Konrad v. Megenberg buch d. natur 102 Pf.;
so stinckt er wie ein suw vom wyn,
er schyszt und furtzet wie ein schwyn
H. R. Manuel weinspiel v. 2650 ndr.;
seine kleider stancken von toback und brandtewein Zend. a Zendoriis teutsche winternächte (1682) 108; es stank abscheulich von den hier begrabnen todten Heinse 10, 239 Schüddekopf; wir muszten uns daher in das kleine handelstrabacolo (schonerartiges fahrzeug) einpferchen lassen, das von käse und thran stank Grillparzer s. w. (1887) 15, 86. — stinken nach 'infolge von' und 'ebenso wie': und als manic schade lît an der sünde, wande dû dem tôde dâ mite næher wirst, sô stinkest dû rehte nâch den tôten, swenne dû die selbe sünde getuost, ... sô smacket ez ein kiuscher mensche wol an dir Berthold v. Regensburg 1, 178 Pfeiffer; die pfaffen stincken frü nach wein und bier Karlstadt bei Luther 18, 206 W.;
letzlich als ich ihr thät beywohnen
stanck ich nach knoblauch und nach bonen
... sie aber roch nach bisem gut
Fröreisen griech. dramen 2, 170 Dähnhardt;
sie leisteten ... nichts besonderes, auszer dasz sie lebhaft nach thran stanken Holtei erz. schr. 11, 124; ein jeder hat etwas, darnach er stinckt Lehman floril. polit. (1662) 2, 524; drum stank auch die luft so nach schwefel Schiller 2, 94 G.; nach schwitz, nach den uchsen, nach füszen etc. stincken Kramer 2 (1702) 977ᵇ; er mechte nit mehr im frawenzimmer ligen, es stünk übel nach den salben und schmürben, er mecht ie den gestank nit erleiden zimmer. chron. ²3, 317 Barack; es stank so nach fischen, nun wird die luft rein W. Alexis Roland v. Berlin (1840) 2, 266. — stinken wie u. s. w.:
thia winistrun ni bewenkent,   thie selb so zigun stinkent
Otfrid V 20, 58 Erdmann;
ein salb noch grüener denn der klê
streich man mir in mînen munt:
diu salbe stanc als ein fûler hunt
Ulrich v. Lichtenstein 28, 4 Lachmann;
indesz sein federbusch mit feuer wischt,
dasz in der stuben stank, wie ein gesengter ochse
v. Schweinichen denkwürd. 451 Österley;
er ... stanck wie ein widhopff Jac. Frey gartenges. 92 Bolte; wann der hirsch im september auf die brunst tritt, stinckt er wie ein bock Chr. Lehmann hist. schauplatz (1699) 582; das sprüchwort ... er stinckt wie ein bock Herold-Forer Gesners thierbuch (1563) 61;
sie stinckt als ein ziegenbock
Voigtländer oden u. lieder (1642) 45;
er stinckt wie ein bock, er stinckt wie ein hund Kramer 2 (1702) 977ᵇ; so schwäb., s. Fischer 5, 1775; in niederer umgangssprache auch: das stinkt wie bock, vgl.: hircosus stinckende obd. voc. d. 15. jhs. bei Diefenbach gloss. 278ᵇ; es stinckt wie die pest Kramer 2 (1702) 191ᵃ;
des stromes wut gewehrt,
der, stinkend wie die pest, der hölle wie entronnen
H. v. Kleist 4, 36 E. Schmidt;
die mir helfen baz, den mir die ungetriuwen gunden,
die von laster wunden
stinken, also ein as unrein
minnesinger 3, 61ᵇ v. d. Hagen;
ain hat ze vil getrunken,
das im die leber ist erstunken.
der ander stink als ain as
und ist von natur ain rechter fras
fastnachtsp. 473 Keller;
gott, rief er, das die rose noch,
die gestern so den text mir las,
heut stinkend, wie ein faulend aas?
Blumauer ged. (1782) 32;
das stinkt wie oos K. Rother schles. sprichw. 164ᵇ.
ζ)
in verbindung mit präpositionen der richtung und herkunft: da stancke im der treck under augen Till Eulenspiegel 22 ndr.; dess Augei stall ... durch die gantze welt stinckt Grimmelshausen Simpl. 218 Scholte; schwäb.: wer de dreck im hemd trägt, der stinkt über d strass Fischer 5, 1775; du stinkest sieben stunden gege de wind ebda; ebenso anstinken, s. teil 1, 485; Lexer mhd. hwb. 2, 1200; in verbindung mit aus: er seye vor Tiefsinns wohnung vorbeygegangen, da hätten die teufel so heraus gestunken, dasz er für schwefelgeruch nicht hätte bleiben können v. Petrasch s. lustsp. (1765) 1, 161; der stinket ausm hemdkrage Fischer schwäb. 5, 1775;
und die hat einen holen zahn,
drum stinckts ihr ausz dem loche
Chr. Weise grünend. jugend überfl. ged. 131 ndr.
in fester anwendung aus dem halse oder mund stinken wie aus dem hals riechen (vgl. stinkender mund, o. sp. 3148):
was wilt der rättich, lieber myn? ...
sie gend die aller süwrsten koppen ...
stinkend eim usz dem halsz dry tag
H. R. Manuel weinspiel v. 222 ndr.;
stincket ihm das futter aus dem halse J. Walther pferde- u. viehzucht (1658) 30; so aber stunck ihrs so lästerlich aus dem halse Chr. Reuter Schelmuffsky 112 ndr.;
mein leben wurf ich weg
für einen kusz auf ihre lippen! —
wenn sie nun aber aus dem halse stänke?
Grabbe w. 1, 180 Blumenthal;
wenn der tod einem so unverschämt nahe kommt und so aus dem halse stinkt und immer zudringlicher wird? G. Büchner nachgel. schr. (1850) 128; nichts in der welt macht mehr ausz dem mundt stincken, alsz falsche zähn Elis.-Charl. v. Orleans br. 3, 93 Holland.
2)
bildhaft. in übertragung des gesamten bildes: da jn das gefeilet und der kurfurst zu Sachsen der aller erste erschein, hilf gott, wie begonsten jn die hosen zu stincken, wie war da alle solche jre zuversicht verirret Luther 30, 3, 286 W.; (der) alleyne die ehre sucht, das er wirdig gewesen ist, mit uns zu reden, und lust hat, das seyn mist auch stinckt 18, 549 W.; als ausdruck für 'wertlos sein', 'verdorben sein'; von dingen, die gegebenenfalls im eigentlichen sinne stinken können: die frucht, die dy papisten machen usz dem bichten, ... schynen von ussen schön, lieblich und guͦt, aber innwendig stecken sy vol wuͦst und stincken bei O. Clemen reformat. flugschr. 2, 164; über welches (compendium) er sich eigne hefte gemacht, ... welche die sose über dieses stinkende fleisch enthielten Bahrdt gesch. seines lebens (1790) 1, 93; der abscheuliche bigot Zoglio, ein stinkendes exkrement ihro päbstlichen heiligkeit, hat dieses verbot veranlaszt Schubart br. 2, 260 Strausz; wenn sie die religion weggeräumt haben wie alten schutt und gezwungen sind, aus dem stinkenden überbleibsel ein neues ungeheures gemisch von menschenweisheit und aberglauben ... zusammenzugieszen Klinger w. (1809 ff.) 3, 26; das stinkende fett, womit diese herren ihre kritischen wassersuppen zurichten Lessing 10, 435 Muncker; von abstrakten, doch unter wahrung konkreter bilder:
mein son, hab gemeinschafft keiner zeit
mit dem, welcher die heimlicgkeit
offenbart, wann ein solch waschmaul
macht eim sein gut grücht stinckend faul
Hans Sachs 19, 315 K.-G.;
ordnungen zu machen. dasz sie aber nicht faulen und stinckend werden, musz man sie stets im frischen saltz halten Lehman floril. polit. (1662) 2, 603; (weil) du das geheimnis so tapfer eingeschlossen hast. aber jetzt — fault es in seiner truhe, und es stinkt Peter Dörfler d. lampe d. törichten jungfrau (1930) 361; man riecht jeder neuigkeit den hintern ... und es stinkt die eine immer ärger als die andre nach teufelsdreck Görres ges. br. 3, 391; dein rath riecht mir nach unrath, er stinkt famos Holtei erz. schr. 20, 142; er stinkt auch nicht wie der gemeine dilettantismus, sondern er hat parfum mod. dichtercharakt. vi Arent. von personen, indem man sie mit tieren vergleicht: schäme dich im hertz, du alter stinckender geilheitsbock! Ziegler asiat. Banise (1689) 696; solcher schmutzigen und stinkenden aasraben, die ... auf das aas des leichenmoders der tagesgeschichte, welcher besser im verborgenen verfaulte, gierig ausfliegen, zählt unser schriftwesen jetzt nur zu viele E. M. Arndt schr. f. u. an s. l. Deutschen 3, 246; nun verschwand zwar das gerücht allmählich, so wie ein stinkendes ungeheuer wegschleicht Jung-Stilling s. schr. 1, 350. ähnlich:
der teuffel, wann er weicht, so stinckt er desto mehr
Logau sinnged. 160 Eitner;
nicht wahr, der teufel stinkt nicht und hat keine hörner, und ehebrechen und ehebrechen ist zweierlei? Eichendorff s. w. (1864) 2, 209. vom menschen im hinblick auf die vergänglichkeit seines leibes:
o werlt, daz ich so sere dir
gedienet han! wer hilfet mir?
verworhter lip, vil leider gul,
du stinkest noch sam du sist vul!
ob mich diu helle biz her twanc,
da zuo so müejet mich din stanc
von dem jungesten tage 55 Willoughby;
der mensch ist von ainer faulen materi stinckend und verdorben Joh. Tauler sermones (1508) 40ᵇ; also ist unser tauff nichts anders dann ain begebnusz des stinckenden Adams Luther 7, 255 W.; wie keme denn ich armer stinckender madensack datzu, das man die kynder Christi solt mit meynem heyloszen namen nennen? 8, 685 W.; die seele kann also in dem menschen als ein recht stinkender kadaver liegen Klinger w. (1809 ff.) 11, 299; der wirdt zu schanden werden, welcher nicht erkennet, dasz ... alles was stinckend, heszlich, unflätig und sündhafftig vorhanden, seiner eygen natur zugehöre R. Lorichius paedag. principum (1595) 79. — in böswilliger oder übertriebener behauptung stinkenden mund, atem haben (vgl. o. sp. 3148): die rechten schälck ... ire rotzige nasen ... die nidische stinckende mäuler, die bleiche neidige lefftzen, und die miszgünstige pleckende hundzän Fischart w. 2, 20 Hauffen; in dem ein andrer seiner mitgsellen ausz groszem hochmuͦt anfieng zu reden; ... als nun diser seinen stinckenden mund zuͦschlosz Wickram w. 1, 67 Bolte; deine mutter verachten, heiszt einen stinkenden othem haben Hippel lebensläufe (1778) 1, 297;
ich was sô voller scheltens daz mîn âten stanc
wir haben als lang und vil gefastet, das unser münd darvon stinckent Keisersberg predigen teutsch (1508) 44ᵃ; unser geistlichen ... haben keüscheit gelobt, hären hembde an getragen, ubel geschlaffen, gefastet, das yhn der odem gestuncken hat Luther 16, 399 W.; dem gemeinen pöfel stinckt sein adem nach dem geitz ebda 33, 7;
wären köpf und schöpf gesund,
stunk nach untreu nit der mund,
konnt man viel seif ersparen
an sonst gekolbten narren
(1685) v. Ditfurth volkslieder d. bayr. heeres 32;
ein hoverdich, upgeblasen minsche, deme de adell uth dem munde stanck (1563) chron. d. herren v. Hövel 32 Fahne.
... de sik leten veel dünken,
de rime en ut dem hals als brösich knuflock stünken
Joh. Lauremberg scherzged. 65 Lappenberg.
— stinkender pfuhl, abgrund u. s. w.: Rom, als eynen stinckenden pfudel aller laster und buberey U. v. Hutten opera 2, 187 Böcking; ich schwöre bey dem glühenden, stinkenden pfuhl der verdammten Klinger w. (1809 ff.) 3, 47; wir wären schon viel weiter, wenn unsere justiz nicht ein stinkender pfuhl wäre briefw. d. gen. v. Gerlach mit Bismarck 84; dieser witz ist wirklich einer, aber recht aus der stinkenden grube der tiefsten depravation gestiegen E. T. A. Hoffmann s. w. 14, 170 Grisebach; in den stinkenden sumpf der heterodoxie geführet worden Nicolai Seb. Nothanker 1 (1773) 47; in den wirbel des grundlosen pfuhls hinab stürzt, welcher alles gut und schöne Europas in seinen stinkenden abgrund verschlingt Fr. v. Gentz schr. 4, 222 Schlesier. ähnlich: darzuo ist ez im guot, daz er der stinckenden helle überic wirt Berthold v. Regensburg 2, 10 Pfeiffer.
3)
jemandem stinkt der atem, das maul nach etwas 'jemand ist begierig', im 16. und 17. jh. eine grobe bildhafte redensart, die möglicherweise mit wendungen, wie sie oben unter 2 (vgl. Keisersberg, Ditfurt, chron. d. herren v. Hövel) aufgeführt sind, in zusammenhang steht. vgl. damit bei Frisius die übersetzung von anhelare scelus (anhelare 'nach etwas lechzen' übertragen aus 'atmen, hervorschnauben') durch auf etwas bösz gon, underston ein bösen tuck zethun, von laster riechen oder stincken dict. (1556) 92ᵇ. zur erklärung vgl. auch O. Brenner in Bayerns maa. 1, 212 sowie in ähnlicher bildhaftigkeit das gleichbedeutende das maul wird jemandem nach etwas wässerig, wässert ihm teil 6, 1784. — meistens mit maul: der richter will die drey thaler (da stinckt im das maul nach) nur haben M. Lindener rastb. 140 lit. ver.;
dir stinckt das maul nach rendt und zinst.
ich hielt dich für fromb und rechtgschaffen
Hans Sachs 10, 473 K.;
es stinckt mir mein maul nit nach dem hymmel, sonder nach ducaten M. Lindener rastb. 109 lit. ver.; dem einen stinckt das maul nach dem cardinalat, dem andern nach des papsts dreyfachen cronen Dannhawer catech.-milch (1657) 1, 133; undt stuncke ihnen das maul wider nach Egipten Luther 33, 41 W.; hernacher als ihme das maul nach dem fruchtbaren landt Österreich gestuncken ... wardt er ... in das ertzhertzogthumb Österreich eingelassen Heinr. Abermann hist. beschr. d. hauptstadt Wienn (1619) 3, 28;
ich wil dier den weg nicht rahten,
den du izt betreten wilt;
stinket dier das maul nach braten?
Knittel poet. sinnenfrüchte (1677) 153;
ich weisz, dasz dir (einem mädchen) das maul nach dem narrenfresser, dem auffschneider, capitain lügner von der bernhäuterey stincke. ... ich sehe nicht, warum ich ihm nicht günstig seyn solle Gryphius lustspiele 72 Palm; asz hat mar ohne dem s maull scho langi zeit nach an statt (stattlichen) menschen gestuncka altbair. a. d. 18. jh. in: Bayerns maa. 1, 212. seltener jem. stinkt der atem nach etwas: hertzog Albrechten stanck der atem nach dem reich, alle die weil Adolf regieret Seb. Franck Germ. chron. (1538) 191ᵃ; da sihestu offenberlich den mördisschen, aufrurisschen, rachgirigen geist, dem der odem nach dem schwert stinckt Luther 30, 2, 213 W.; wie sehr nun dem feinde der othem nach dem Wirtenbergischen stanck, so wenig war dem feldmarschalck zugedulden, das er daselbst einnisteln solte v. Chemnitz schwed. krieg 2 (1658) 42. — in gleichem sinn, aber anderem bild jemandem stinkt die nase nach etwas: leute, welchen die nase nach guter besoldung stincket, die wollen wir balde bekommen H. Roth catech.-pred. (1573) 2, 636ᵇ; so wil man imerdar ein andere lere haben und stincket den leuten die nase nach newerung Luther 28, 623 W.; so noch in Gera: das näschen stinkt ihm nach etwas. — nur vereinzelt direkt auf den begehrenden bezogen, im gleichen sinn: der (geistliche mensch) ist luter, einfaltig, stinkt nit nach üppiger eer, nit nach gyt H. Zwingli dtsche schr. 1, 80; hierher wohl auch, im sinne von 'dafür bestimmt sein', doch vgl. auch u. 4 c: jedoch ... musz dennoch disz war pleiben, dasz sie ketzer sind, und stincken nach dem fewr und den brandpfälen Fischart binenkorb (1588) 2ᵃ. in wieder anderer bildhaftigkeit, im sinne von 'sie sind voll begehren dazu': die auffrur stinckt in zum halse heraus Luther 30, 3, 570 W.
4)
übertragener gebrauch.
a)
'im hohen grade verächtlich sein, sich übel bemerkbar machen'; vom menschen, seinen taten und seiner gesinnung.
α)
von personen, in allgemeiner beschimpfung, etwa im sinne von 'verdorben, von übler art sein': die in der sünden also verhafft sind ... komen in ein gewonheit, welche in eine natur wird gewandelt, wissen nicht anders denn sündigen, stincken und sind vergraben in der sünde Luther 1, 274 W.; blinden und tauben kan ich nit gesundt machen, ich befelh sie Christo dem gerechten richter, wer stinckt, der stincke immerdar M. Ambach von tantzen (1543) d 3ᵃ; stinckstu, szo rich ich nit wol, bistu bosz, szo bin ich nit from Luther 12, 655 W.; wie wol der selb von einem durchleüchtigesten vatter geboren was, so stanck er doch in übrigen lastern und bösen wercken H. Stainhöwel spiegel menschl. lebens (1479) 27ᵃ; de vul schanden is unde stinkende an den eren (1383) Lüb. urk. 4, 464. mehr 'schlechten ruf haben', vgl. u. 5 c: was haben sie aber damit ausgericht, denn das itzt die lieben propheten ... in aller welt ehre ... haben ... jhene aber auffs aller schendlichste stincken und verflucht werden? Luther 32, 342 W. ähnlich: thut er das nicht, so wird er schlimm angesehen, ausgefiltzt ... und darff er nur leichte was versehen, so wird er ausgemacht, dasz er stinckt d. wohlgeplagte priester (1695) 128; so wohl auch:
waz solde mir eines schalkes gabe? ...
den schilte ich, daz er stinket wirs dan ein vuler rabe
der Meiszner in: minnesinger 3, 104ᵇ v. d. Hagen.
auch auf das herz, gemüt u. s. w. bezogen: so du yne (gott) nymmest wissentlich in eyner dotsunde in dyn uszeczig ubelriechen und stinckenden hertz Joh. Wolff beichtbüchl. 32 Battenberg; die schwärze ihres verrats, die aus der pfütze ihrer stinkenden herzen flosz, um sich in den Pariser kloak zu vereinen, hat den damm der öffentlichen sicherheit durchbrochen K. Fr. Cramer Neseggab (1791) 1, 169; ein billicher todt eim lesterlichen stinckenden gmütt Casp. Hedio chron. Germ. (1530) o 4ᵇ. in fester anwendung von den juden, an eigentlichen gebrauch (vgl. auch oben sp. 3149) anknüpfend: die juden bruchen das cristen blut fur den gesmacke, als si ubel stincken Endinger judenspiel 97 ndr.;
wê iu, verfluochte juden, wê!
wie iuwer heil verklucket!
ir stinket unde bucket,
verfluochte juden, umbe daz,
der wârheit sît ir læriu vaz
Seifried Helbling 2, 1142 Seemüller;
so nun die unflethigen, stinckenden iuden unsrem milten herren syn mynigklichs angesicht ... verspiet haben mit irem stinckenden wust Stephan Fridolin dtsche pred. 28 Schmidt; sie (schmutzige menschen) stinken als ein jud oder als ein hund Keisersberg brösamlin (1517) 55ᵃ; mundartlich: stinken wie e jud Fischer schwäb. 5, 1775. stinkend als attribut von personen im sinne von 'widerwärtig': hencke sie viel eher an den liechten galgen unter die stinckenden diebe Luther 32, 84 W.; o der omechtigen pälge, der stinckenden münch- und pfaffenhurn Vogelgesang-Cochläus gespr. v. d. trag. Joh. Hussen 35 ndr.; du bist ein elender krippel, ein müheseliger tropf, ein armer dalcken, ein wüster limmel, ein stinckender maulaff Albr. Jos. Conlin glückl. narrencur (1725) 8; das ist der hund, der kleine geizige priester, der stinkende wuchrer, der ursache ist an meinem unglück Göthe 45, 89 W.; die verbindung mit der treulosen und stinkendesten nation der Langobarden M. I. Schmidt gesch. d. Deutschen (1778) 1, 397; auf der sonnenwelt ist mir nichts so sehr verhaszt, als er und sein stinkender anhang Fr. M. Klinger Otto 12 dt. lit.-denkm.; dasz die Philister länger als ein halbes jahrhundert die geburtsstätte unsrer philosophie mit ihrer stinkenden gegenwart besudeln konnten A. Ruge briefw. u. tageb. 2, 171 Nerrlich; dasz er gott versuchen würde, wenn er lieber zu den stinkenden ketzern, den kollegianten, gehen wollte, als nach Batavia Nicolai Seb. Nothanker (1773 ff.) 3, 41. anders mit dem nebensinn von 'auszerordentlich, ausbündig, unverkennbar': alle welt spreche dort von Savonarola und erkläre ihn für einen stinkenden ketzer Herman Grimm Michelangelo (1890) 1, 169; übrigens sind hier die einwohner stinkende aristokraten, und man verweilt keine viertelstunde hier, ohne einen fluch über die revolution zu hören G. Fr. Rebmann d. neue schildwache (1798) 42.
β)
von menschlicher haltung und tat, im sinne von 'übel sein, übel von sich reden machen': denn wo man die leute daran solt gewehnen, und solcher stinckender handel solt einreissen Luther 26, 541 W.; und sey nicht raus kommen (aus dem gefängnis), bisz er einen urphed übergeben, dasz er sich hinfüro zu solchen faulen stinckenden händeln nicht mehr wolle gebrauchen lassen Schupp schr. (1663) 580; der herrn thun stinckt nicht, thet es ein armer, so were es sünd Petri d. Teutschen weiszheit (1604 ff.) 2, o 2ᵃ;
meiner sünden wunden stincken,
es stinckt meine missethat.
hilff doch, sonst musz ich versincken,
schaffe meiner seelen raht
bei Fischer-Tümpel ev. kirchenlied 5, 127;
dasz das werk den meister rühmen müszte, aber ... die meister sind die einzigen die sich loben, wenn auch ihre werke stinken prinzess. Amalie v. Preuszen bei O. Jahn Mozart 3, 367; kleinigkeiten rauben, nur arme pilger und kaufleute überfallen und ausplündern, nun freilich, das ist stinkend H. Zschokke s. ausg. schr. 26, 153. auch mit dem besonderen beisinn 'verächtlich': (die pfaffen) berauben das christlich volk umb ires stinkenden gewins und schantlichen nutzes willen des sacraments bei Schade sat. u. pasquille 2, 34; wehe denen, welche wegen desz stinckenden sauffens das ewige wolleben im himlischen Jerusalem verlieren J. M. Meyfart himml. Jerusalem (1630) 2, 346. besonders von wollust, unkeuschheit u. s. w.:
swaz ich der unkuscheit
mit kunst han an in geleit,
die dunket in gar stinken
väterbuch 1037 Reissenberger;
verliebte leuth ... immerdar dichten und trachten, damit sie erfüllen mögen ihre stinckende geilheiten Albertinus zeitkürtzer (1603) 51; um einer stinckenden, augenblicklichen wollust willen verleuret ein sünder die gnade seines gottes, und die ewigen freuden! Kramer teutschital. 2 (1702) 977ᶜ;
er ist ein schlammbewohner,
von faulem wasser
stinkender sinnlichkeit träufend
Schubart s. ged. (1825) 1, 67;
daz es bezeichent die stinkende suͦnde, die wurme bezeichent die bosen ingehenede die da kuͦmende ist von den suͦnden altdt. pred. 1, 37 Schönbach;
die busze rüchet wol, die sünden alle stincken
A. Silesius cherub. wandersm. 113 ndr.
im sinne von 'ruchbar sein', vgl. u. 5 c:
deine sünde, deine schande
stincket in dem gantzen lande
Benj. Schmolck s. trost- u. geistr. schr. 1 (1740) 131.
mit anderem subjekt (vgl. o. α) von, nach sünden stinken: du stinckest vor sunden, ultra hoc demonium habes. du stynckst hynden und forne Luther 29, 107 W.;
von sünden sie (welt) sehr grewlich stinckt
und gott zur straffe zwinget
bei Wackernagel kirchenlied 3, 196;
ich gesteh es, er ist blutgierig ... und stinkt nach jeder namhaften sünde Bürger w. 307 Bohtz. in mannigfacher anwendung von menschlichen haltungen, äuszerungen u. s. w.: in ihrem stinckenden irthum Luther 18, 422 W.; dise subtiligkeit bringen die artisten herfür und wöllen die medicin wie ihr stinckende logic distinguiren Paracelsus chirurg. (1618) 253ᶜ Huser; die doch teils aus faulheit, teils aus stinkender köpfischen verachtung noch zu dieser, noch zu anderen freien künsten beliebung tragen Ph. Zesen verm. Helikon (1656) 2, a 3ᵃ; stinkender neid derer, die ewiglich in ihrer tiefe bleiben müssen Eberh. König legende v. verzaub. könig 10. schicke hiemit ein abschrifft des obgenanten stinckenden brieffes Luther 26, 541 W.; wir wollen von der stinckenden materie (gesprächsthema) ablassen Chr. Weise drey klügsten leut (1675) 79;
keins wegs eim mann geziemet sich,
dasz er guts auf der zungen hat
und bösz beweyset mit der that ...
hat er dann böse ding verricht
so stinckt sein red und gilt auch nicht
W. Spangenberg bei Dähnhart griech. dramen 1, 253 lit. ver.
von scherzen u. s. w.: das buch der tischreden des gailsüchtigen münchs Martini Lutheri, so voller unflättiger stinckender bossen, unzüchtiger wort und lahmer fratzen Joh. Bapt. Fickler traktat d. Gabr. von Thuron (1581) vorr. 4ᵃ; wann einer unter euch einen groben zoten und stinkenden possen vorbringt Reinicke fuchs (1650) 266;
ein stinkender roman vom rasenden Chrysettchen,
ein geiles myrrthenlied
B. Neukirch ged. (1744) 143;
die werden euch verstehen, und stinkt der witz, so wird auch das gelächter stinken W. Weigand Lorenzino (1910) 6.
γ)
von einigen niedrigen verhaltungsweisen des menschen ist die vorstellung, dasz sie 'stinken', fest geworden und findet ausdruck in stehenden redensarten; besonders von faulheit, lüge und eigenlob.
αα)
vom geiz: sein alter hat wol anzeigt sein stinckende grausamkeit und geitzigkeit Joh. Pinicianus Scanderbeg thaten (1561) 132ᵃ; das es alles von geytz stinckt, ja ym geytz erseufft und verteufft ist Luther 15, 304 W.; er stinckt nach geitz Alberus dict. (1540) l 1ᵇ; der vater ... ein ... stinkender geitzhals Lichtenberg hogarth. kupferstiche (1794 ff.) 3, 8; er trug sein halbes vermögen nicht an seinem halse ... gleichwol aber liesz er wie Vespasian nirgend eine stinckende kargheit blicken Lohenstein lobschrifft (1676) f 4ᵃ.
ββ)
auf den trägen beziehen sich redensarten, die stinken mit faul 'träge' verbinden, wofür dessen verhältnis zu faul 'verdorben, stinkend' grundlage ist, vgl. teil 3, 1370. seit dem 16. jh.; meist jemand stinkt vor faulheit, ist so faul, dasz er stinkt, stinkend faul, vgl. auch stinkfaul: (so faule, lose, unlustige leut) stincken vor faulkeyt und unlust sprichw., schöne weise klugr. (1548) 113ᵃ;
ein aaszfauler mensch,
vor faulheit stinckend
Treuer dtscher Dädalus (1675 ff.) 4, 6;
(er) trotz allem büffeln und ochsen ... behauptet hat, ich stänke vor faulheit Wilh. Raabe Horacker (1876) 4; er ist so faul das er stinckt, er ist so faul als grosz er ist Eyering proverb. copia (1601 ff.) 2, 343; ich sehe, der junge wird faul, dasz er stinkt; sonst las er doch noch Lenz ges. schr. (1828) 1, 150 Tieck; der gemeine mann ... nennt den erzfaullenzer so faul, dasz er stinkt und fauler träg noch als mist W. H. Riehl d. dt. arbeit (1861) 114; und stinckend faul seyn Guarinonius grewel d. verwüstung (1610) 824; stinkendfaul murcus, rancidus Stieler stammbaum (1691) 445; stinkendfaul 'sehr faul' Castelli Österr. u. d. Enns 235; desidiosissimum ocium stinckende faulheit Bas. Faber thes. (1587) 240ᵃ; unsern alten hat man ehr, ruhm und mannhafftigkeit nachgeschrieben, ... jetz müssen die geschichtschreiber von uns schreiben hoch stinckende faulkeit J. H. Schill ehrenkranz (1644) 7; und setzt seine stinkende faulheit noch im grabe fort, unter der nase des gutwilligen narren, dem er seine abgeschüttelte arbeit aufgehalst hat M. A. Thümmel s. w. (1853 ff.) 4, 80; ohne diese übungen würde ... die jugend wie stehendes wasser faul und stinckend werden Lohenstein Arminius (1689 ff.) 2, 517ᵃ.
γγ)
vom lügen: er leuget, das stinckt Luther 7, 272 anm. 1 W.; wie klug die kinder dieser welt sein, das sie ... liegen, das es hinter ihnen stincket A. Pape bettel- u. garteteuffel (1586) m 3ᵇ;
eyner hatt küng Salomons ringkt
und lügt, das vor den leüten stinckt
Murner narrenbeschw. 26 ndr.;
die advocaten stincken für list und lügen zalen Seb. Brant v. d. bösen füchsen (1546) a 3ᵇ; secht durch gott, wie stüncken die wort vor lugen Luther 15, 767 W.; denen mehr zu glauben, dann der legenden Sylvestri, die für so groben lügen starret und stincket Nigrinus papist. inquis. (1582) 98. bis heute erhalten stinkende lüge: alle lutherische schrifft und lere ... auszerhalb der schrifft, als lauter stinckende lugen, erfunden werden Joh. Diettemberger wider d. unchristl. buch Lutheri (1526) c 1ᵇ; stinckende lügen Kramer teutsch-ital. 2 (1702) 978ᵃ; was hab ich diesen morgen nicht fantasirt! dummes erlogenes zeug, ja, stinkende lügen Friedr. Arndt bei E. M. Arndt schr. f. u. an s. l. Deutschen 1, 27; mecklenb. stinken laegen korresp.-bl. d. ver. f. nd. sprachforschung (1890) 14, 14; der feige bösewicht, der eitle narr und schändliche betrüger soll uns nicht mehr mit redensarten berücken, stinkender lug geht aus seinem maul! Varnhagen v. Ense tageb. 5, 284; nichts als schändliche, stinkende verläumdung! J. J. Chr. Bode Thomas Jones (1786 ff.) 3, 582. in einigen zeugnissen bezieht sich stinken stärker als sonst auf eine tätigkeit, etwa 'lügen', vgl. auch u. d (sp. 3162), in gleicher anwendung wie erstunken und erlogen (s. teil 3, 1023): auff d. Luthern mutwillig unnd lugenhafftig erdichtet, dasz er weiszt, dasz es gestunken und erlogen ist Jac. Andreas gründtl. bericht an Jac. Sturm (1581) 72; heist disz nicht ohne aufhören gestuncken und gelogen? Joh. Scheffler ecclesiol. 1, 298ᵃ; mundartlich: gstunke und verloge Fischer schwäb. 5, 1775; vgl. auch utestunkene lügen 'erstunkene lügen' Bauer-Collitz waldeck. 68ᵃ.
δδ)
von hoffart, eigendünkel, eigenlob: er ist so hoffertig, das er stinckt Seb. Franck sprüchw. (1545) 1, 11ᵇ; so flieht der heil. geist von uns, weil wir vor hoffart stinken M. Boos pred. 2, 177 Goszner; und stinkt vor lauta houffart A. Hartmann volksschausp. 215; so doch unser leben nüt anders anzeigt, weder die üppigen stinkenden hochfart Lucifers H. Zwingli dtsche schr. 1, 98; die stinkende hoffart musz weg, sonst kann die edle pflanze des glaubens nicht gedeihen K. Gerok pred. auf alle fest-, sonn- u. feiert. (1861) 851; der bapst, der stinckt doch von eyttelem eygen guttdunckel unnd selbs wolgefallenn ynn aller wellt Luther 10, 1, 1, 636 W.; nur stincken sie von schändlichem hochmuht A. H. Bucholz Herkuliskus u. Herkuladisla (1665) 616; stinken vor hochmut Fischer schwäb. 5, 1775;
o hoffart, o stinckender übermuth
Zinkgref-Weidner weish. 3 (1653) 79;
seine oft stinkende eitelkeit E. V. Zenker ein mann im sterbenden Österreich (1935) 110. bis heute lebendig eigenlob stinkt: gleich wie man sprichet: 'eichen loub stinckt' da man sagen wil: eigen lob stinckt Luther 19, 409 W.; eigen lob stinckt Nürnberger wb. (1713) 40; und wurd das proverbium auch war: propria laus sordet, aygens lob stinckt gern Val. Schumann nachtbüchlein 174 Bolte; man sagt: eitles eigenlob stinket; das mag sein Göthe 42, 2, 122 W.; denn hier steht ein mann, der — eigenlob stinkt, aber was that ich ... Hebbel w. 2, 37 Werner; ich bin alles, wann sie wollen, auch mahler und anstreicher, wenn ich nur was davon hätt, doch eigenes lob stinkt Bäuerle kom. theater (1820 ff.) 2, 55;
eigenlob stinkt,
freundes lob hinkt,
fremdes lob klingt
Wilh. Binder sprichwörterschatz 42.
δ)
es stinkt, ohne weitere bezugnahme, im sinne von 'es ist etwas nicht in ordnung, etwas stimmt nicht', vgl. (da) ist etwas faul in demselben sinne: weil der mensch ohne seele nicht viel ist. es hinkt und stinkt mit ihm, pflegte meine mutter zu sagen Hippel lebensläufe (1778) 3, 1, 33; mit n rechne, da stinkts bei unsem Karl 'es geht nicht vorwärts' Hügel Wiener dial. 157ᵇ; da wirds stinken das wird schwer halten Spiess Henneberg. 244;
und sye alles gerecht, was sie machen;
der närrischen antwurt muͦss ich lachen.
das stinkt und ist ein fuler braten
N. Manuel 79 J. Bächtold;
s stinkt mer 'wenn etwas im anzuge ist, alarm u. s. w.' H. Bächtold aus leben u. sprache d. Schweizer soldaten 62;
es stinkt!
sie futtert zwei, wenn sie nun iszt und trinkt
Göthe 14, 179 W.;
freilich der herr vom haus
weisz meistens, wo es stinkt
ebda 17, 37;
wahnsinn, weils da am Balkan stinkt, sich zwischen anständigen leuten zu schieszen H. Fr. Blunck volkswende (1930) 112.
ich will nicht ehrlich sein,
wenn es nicht stinkt in der registratur.
wenn meine rechnungen, wie ich nicht zweifle,
verwirrt befunden werden sollten
H. v. Kleist 1, 418 E. Schmidt;
es stinkt in der fechtschule 'steht übel um etwas, ist nicht sauber'; der bildliche bezug der redensart liegt nicht offen, vgl. auch teil 3, 1392; mundartlich, s. Gangler luxemburg. 432; Fischer schwäb. 5, 1775; Schmeller-Frommann bair. 2, 772: wann ich den N. frag, wo er sein geld hinthen had, da stinkts in der fechtschul 'da kommt er in verlegenheit' Hügel Wiener dial. 157ᵇ; itzt stinkts in der fechtschule A. Schellhorn sprichwörter (1797) 69; stinkts owwer in de fechtschuhl, so hot dei vadda aach e fei noos! Niebergall dram. w. 137 Fuchs; (ruft die hexe) ob die luft rein sei? so antwortet ... nein, es stinkt noch nicht in der fechtschul ... (die luft ist) ganz rein, es stinkt herrlich in der fechtschul! G. Keller ges. w. (1889) 4, 306.
ε)
mit richtungsangabe, wie o. 1 b ζ, vgl. auch anstinken, teil 1, 485. etwas stinkt in jemandes nase eigentlich 'macht sich ihm übelriechend bemerkbar', im sinne von 'miszfallen erregen': hunger und harren stinckt ubel in die nase fames et mora bilem in nares conciunt Tappius adag. cent. septem (1545) m 4ᵇ; ebenso Lehman floril. polit. (1662) 3, 152;
jenes volk, das seinen glauben schminkt
und ganz vor heuchelei in gottes nase stinkt
Fleming dtsche ged. 1, 197 lit. ver.;
und wo ihr die schöne frage
irgend in die nase stinckt,
so verzeih sie
Chr. Weise grünend. jugend überfl. ged. 145 ndr.
etwas stinkt zum himmel im gleichen sinn wie zum himmel schreien: gräuliche frevel, die bis zum himmel hinauf stinken Schiller 2, 264 G.;
o meine that ist faul, sie stinkt zum himmel,
sie trägt den ersten, ältesten der flüche,
mord eines bruders!
Shakespeare (1797 ff.) 3, 265;
zu sehen, wie auch hier unter idealer etikette allerlei unsaubere menschlichkeiten zum himmel stanken Herm. Hesse Peter Camenzind (1930) 120.
b)
in geringer, nur gelegentlicher abwandlung von a, stinkend auch 'gering zu achten, verächtlich': es were eyne stynckende macht, in Cesare alio homine confidere Luther 34, 2, 423 W.; wann sie sind nit, wie andere völcker, von stinckenden oder unachtparn anfängen zu so grossem stand und wesen kommen Hier. Boner Justini hist. (1532) 9ᵃ;
was geht mich an dein stinckents recht?
du fosz, meinst ich solt mit dir rechten,
weil du kanst mit der feder fechten?
ey ich kan fechten mit der klingen
Hans Sachs w. 6, 171 Keller;
ich mein, dass er (Jesus) nieman verschmach.
die armen stinkenden ellenden lüt,
sie hend doch kein gelt und gend im gar nüt
N. Manuel 104 Bächtold;
ebenso: wa nu da etwas gehet, das unser ist, das soll untergehen und stincken, wenn es gleich eyn schon und gros ansehn hat Luther 17, 1, 429 W.; hierher wohl auch, im sinne von 'in miszlicher, elender lage oder stimmung sein': und hatt die christlich gemein, jetzundt stinckende, wider in ein hoffnung auffgericht S. Franck chronica, zeytb. (1531) 183ᵃ.
c)
nach etwas stinken 'ihm gleichen, ebenso aussehen, seine herkunft dorther verraten', vgl. die gleiche wendung in eigentlicher bedeutung (o. sp. 3153): sagt myr ..., ob diser artikel ... nach ketzerey oder ob ewer verdamnis nach euch lugnerischen, ungelerten und gottlosen narren stinck Luther 15, 135 W.; diese invention stinkt nach einem rebellen Chr. Weise Masaniello 11 Petsch; solche frefele reden alle stincken zu vil nach der weltlichkeyt, die nur den zeitlichen nuz und wollust betrachtet Fischart w. 3, 268 Hauffen; es müste einer gar eine dicke nase haben und hefftig mit dem schnupffen beladen seyn, der nicht riechen wolle, wornach diese meynung stincke oder woher sie entstanden wäre J. G. Schmidt rockenphil. (1706) 1, 147; ich main, ir stinckt nach Mantuano, dem ketzer mit dem heyligen geyst Hans Sachs 22, 15 K.-G.; lesst es sich nicht ansehen, dass der kopff selber, und die augbrauen, gantz kahl und gleich abgeschoren, stincken nach bossheit Nigrinus v. zäuberern (1592) 302; die bäurische art stincket nach der unflätigen grobheit Comenius janua IV ling. (1644) 272; mer mag d nasn in ein buech steckn, wo mer nur wil: so schmeckt und stinckts nach dem herr Idem J. J. Schwabe volleingesch. tintenfässl (1745) c 2ᵇ; einmal wieder wahrhafte leidenschaften an mir vorüber gehn zu sehn, die nicht nach der sogenannten tugend stinken Göthe an Zelter briefw. 2, 10 Riemer.ironisch von adel stinken 'in besonders hohem grade adelig sein': mit silber, gold und edlem gestein behenckt, als ob sy von adel stinck Fr. Riederer spiegel d. waren rhetoric (1493) t 1ᵇ, doch vgl. die gruppe a γ δδ, sp. 3159.
d)
bei Luther, der den gebrauch des wortes auch sonst besonders stark ausbildet, gilt stinken auch als bezeichnung der unangenehmen tätigkeit zänkischer, verleumderischer und lügnerischer menschen: nit als etlich thun, die da wöllen erzaigen, wie fromm sy seind, wenn sy nur wol stincken künden über die sünder 10, 3, 240 W.; da durch man sie uberzeugen kan, wie sie als die weltlichen hendler recht und redlich verkaufft haben irer münchs tauffe werck; ... da widder hilfft kein rotzen noch husten, kein köcken noch speyen, kein stincken noch stancken 38, 152; wie soltistu wiethen und stincken, wen du mit einem buchstaben (deiner schmähschrift) mich szo tapffer ergriffen hettist, wie ich dich in diser lugen ergriffen hab? 7, 273. vielleicht ist ein ausgangspunkt für diesen sprachgebrauch die redeweise, dasz der lügner stinkt (o. sp. 3160): den ich schreyb nit gerne widder die, sso ich weiss durch yhr eygen gewissen beschlossen sein und wissentlich stincken und liegen 7, 272. auch der gebrauch von stinken mit richtungspräpositionen (o. sp. 3154) kehrt hier wieder: wer hett yhe lesterlicher, gifftiger, hellischer, ketzrischer, wüttrischer, unsynniger wort gehört, denn hie Emsser auss seynem gifftigen hellrachen yn den hymel treybt unnd stinckt? 7, 668.
5)
übertragungen, in denen die vorstellung zu grunde liegt, dasz etwas nicht eigentlich stinkt, sondern nur dem betrachtenden, beurteilenden u. s. w., oft im vergleich zu etwas anderem, als stinkend erscheint.
a)
stinken im vergleich zu etwas anderem; meist von abstrakten, im sinne von 'wertlos sein', vgl. auch o. 4 b. stinken gegen etwas 'im vergleich dazu': das ist eyn freude über alle freude, die weltlich freude stingkt gegen der Luther 34, 2, 506 W.; virginitas Mariae ist ein stinckent ding erga misericordiam Christi ebda 11, 204;
hier zeigen sich mit ruhm die edlesten essentzen,
vor derer krafft jaszmin, zibeth und ambra stinckt
Joh. Christ. Hallmann bei Butschky Pathmos (1677) vorw. 3ᵃ.
ebenso, unter voraussetzung des vergleichs: er sach jener flecken an und seyne gaben dargegen, do mussen jhene stincken Luther 32, 235 W.; da ein iglicher sein thun im allein lesst gefallen, und des andern alles stincken mus ebda 473; darumb er den ehelosen geistlichen stand dafur zum gottes dienst angericht hat, das der ehestand, gottes werck und hochgesegenet geschepffe, hat müssen stincken, nichts sein 30, 3, 482. in stärkerer bildhaftigkeit: es scheinet nichts ungereimter zu seyn, als dasz dis, was in eines bürgers hause stincket, auf der burg den geruch des ambra vertreten ... soll Lohenstein Arminius (1689) 1, 15ᵃ; und rhümist deyn unerhörete und unvorweyszete keuscheyt hochlich, unnd deyn bock stinckt ynn deyner naszen eyttel balsam Luther 7, 674 W.
b)
etwas stinkt jemandem 'miszfällt, findet keine achtung und anerkennung bei ihm', ebenso jemanden, jemandem anstinken 'anwidern', s. teil 1, 485. im älter-nhd. in fester anwendung: diz sterbin sal di sele habin an deme bekentnisse godis, daz si an ir selber fule und daz ur alle dinc stinkinde werdin di got nicht insint paradisus an. intell. 105 Strauch.; ach, gedenckt dieser narr, wolt gott, das ich an seiner (des reicheren) stete alda sitzen solte, und mus ime alles stincken, was in seinem hause ist Luther 16, 292 W.; denn auch das evangelion den gottlosen stinckt Hennenberger preusz. landtaffel (1595) 35; hie seind die bäpst mitt den keysern nit seer eins, und fieng in an, der nam imperator zuͦ stincken Seb. Franck Germ. chron. (1538) 64ᵃ; von yederman ... übel zereden und alles das zeschelten, das ir nicht liebet, und das mit krumem maul ansahe, in geleichem forme, als ob es ir stüncke Stainhöwel decam. 396 Keller;
mir stinkt die erd
und ist unwerth
mit allen ihrn schätzen
Ang. Silesius heil. seelenlust 119 ndr.;
leute ... die sich ihres vatterlands schämen, wan sie bey den wahlen sind, denen nichts stincket und eckelt als nur das arme vatterland Moscherosch gesichte 2 (1650) 182. noch in junger sprache:
selbstlob! nur dem neide stinkts,
wohlgeruch freunden,
und eignem schmack
Göthe 6, 159 W.;
in anderer form: für mich aber hatte die gegründete hoffnung, auf einem solchen posten in nicht zu langer zeit ein artiges vermögen zu machen, durchaus nichts stinkendes Wilh. Raabe Abu Telfan (1870) 1, 34. in stärkerer bildhaftigkeit:
aber im hat es (das geld) nicht gestuncken
Fischart Eulenspiegel 4692 Hauffen;
die welt würde sodenn auf ihn (Marbod), wie auf die verfinsterte sonne, mehr augen wenden, als da er in vollem lichte gestanden. denen itzt sein schweisz stinckte, würde seine leiche köstlicher als ambra rüchen Lohenstein Arminius 1 (1689) 1098; der uberflusz macht, dasz uns zuckerrosen stincken J. G. Neukirch anfangsgr. z. teutsch. poesie (1724) 41;
die sonn ist finsternisz, sieht man die füchse (münzen) blinken,
wer den geruch (des geldes) gewöhnt, dem wird die rose stinken
Deinhardstein ges. dram. w. (1848 ff.) 7, 70.
c)
von personen 'in schlechtem rufe, geringer achtung stehen', anders als 4 a α; im älteren nhd. in reicher ausbildung.
α)
jemand stinkt vor, bei jemanden u. s. w. 'steht dort in schlechtem ansehen', ebenso stinkend werden 'schlechten ruf bekommen': also das sie (die juden) noch veracht sind und stincken ynn aller welt Luther 24, 435 W.; zuͦ abstellung viler falscher gotzgeberden, dar inn wir layder vil jar unss und andern gestuncken haben Eberlin v. Günzburg s. schr. 1, 69 ndr.; sonst ist gott unbekant bey den menschen, er taug nichts bey inen und stincket bey inen Luther 16, 196 W.; durch diese unverantwortliche bosheit wurde Boleslaus bey seinen eigenen unterthanen stinckend, und von ihnen verjaget S. Fr. Hahn teutsche staatshistorie 2 (1721) 178. meistens vor jemandem stinken: ir habt mir unglück zugericht, das ich stincke fur den einwonern dieses lands 1. Mos. 30: worumb sei wir geacht als die tier, und wir unseubern (var.: stuncken, stincken) vor dir? (reputati sumus ut iumenta et sorduimus coram vobis? Hiob 18, 3) erste dt. bibel 7, 184 Kurrelm.; do aber die kinder Ammon sahend, das sy vor David stinckend warend wordenn Züricher bibel (1531) t 8ᵃ; (Simon) rumpffet die nasen uber die frawen, sie stanck für seinen augen Luther 16, 451 W.;
vor ihrem man ein Türck und Thrax
musz zittern, stincken und bald beüchten
Weckherlin ged. 1, 516 Fischer.
seltener auch mit dinglichem subjekt etwas stinkt vor jemandem 'steht in niedrigem ansehen':
was ohne lieb ist, stinkt.
mensch, komstu ohne lieb, so steh nur bald von ferrn:
was nicht nach liebe reucht, dasz stinkt für gott dem herrn
Ang. Silesius cherub. wandersm. 104 Ellinger;
hab ich euch angezeiget ... wie die sünd der unkeuschheit vor gott dem herrn stincket buch d. liebe (1587) 295ᵇ; eigen lob stinckt vor gott und den menschen Albertinus Lucifers königreich 115 Liliencron; gewalt ist stinkend geworden vor der welt durch die herrschaft Napoleons Görres ges. schr. 2, 80.
β)
ebenso jemanden vor, bei jemandem u. s. w. stinkend oder stinken machen 'in schlechtes ansehen bringen': darumb wolte dieser hessige gleiszner Christum stincken machen vor dem volck Luther 20, 508 W.; es ist eine schande, seinen collegen vor der gemeine verhaszt und stinkend machen wollen Matth. Claudius w. (1775) 1, 134;
wann David hat sich stinckend gmacht
vor Saul, seinem herren, so sehr,
das er im trawet nimmermehr
Hans Sachs 10, 272 Keller;
musz sie (charakterseite) mich notwendig vor den augen gottes und meiner eigenen vernunft abscheulich und stinkend machen Lavater verm. schr. (1774) 1, 121; ich sehe, dasz der teuffel durch ihn und seinen anhang mich bey meiner gemeine wolle stinckend machen, dasz ich meinen stab ferner fortsetzen soll. ja es ist diesen leuten nicht genug, dasz sie mich bey meiner kirchen wollen unwerth machen Schupp schr. (1663) 636; und entfernte sich der ganz gerne, nun er sich in Medien also stinkend gemacht hatte A. U. v. Braunschweig Octavia (1677) 3, 191; die mir empfohlene nachtigall Slavik hat sich durch ihren abscheulichen gesang hier stinkend gemacht Schubart br. 2, 289 Strausz.den gleichen sinn hat jemanden stinkend machen auch ohne die nähere lokale bestimmung:
du habst dein vatter stinckent gmacht,
das zwischen euch mer sey kein versönung
Hans Sachs 6, 100 Keller;
stehet seinem leiblichen vater nach dem leben, macht ihn stinckend durch schändung seiner kebsweiber Dannhawer catech.-milch (1657) 1, 162; ich habe für deine politische klugheit in geistlichen dingen gut gesagt, ... und da haben die Bahrdte euer geschlecht stinckend gemacht Göthe IV 3, 13 W.; die Schweden haben einen wechsel ... protestirt, das hat sie mehr als alles stinkend gemacht B. G. Niebuhr in: lebensnachrichten (1838) 1, 307.
γ)
ebenso vom namen, ruf u. s. w.: wer des bapsts pfaffe ist, heyst nicht christen, denn der christliche name stinckt fur dem allerhochsten vatter Luther 8, 540 W.; weil sich Ephraim ... sehr schlecht aufführte, und daher sein name vor dem herrn stinkend geworden war Jung-Stilling w. 3, 162 Grollmann; es stinckt itzt übel des romischen hoffis namen ynn aller welt Luther 7, 8 W.; ist es denn nicht genug, den namen im leben stinkend zu machen? Fr. L. Jahn w. 1, 214 Euler; eine unwissenheit, wie nur immer eine den namen eines lutherschen prädikanten bei gelehrten katholiken stinkend gemacht Lessing 11, 527 M.; sind die alten soldaten abzogen unnd haben ein sehr stinckenden nammen hinder inen gelassen Stumpf Schweizerchron. (1606) 132ᵇ;
geh, werd ein schinderknecht,
... doch weil von dieser kunst der blosze name stinkt
B. Neukirch ged. (1744) 129;
der herr sehe auf euch und richte es, das ir unser lob habend stincken gemachet vor Pharao (exod. 5, 21) Züricher bibel (1531) d 5ᵃ; sein lob stinckend machen Kramer 2 (1702) 978ᵃ;
o Spanien, so ist durch deine schuld
dein ruhm vor dieser einfalt stinkend worden!
Rückert w. (1867 ff.) 10, 508.
auch vom geruch im sinne von 'ruf, leumund': der herr sehe auff euch, und richte es, das ir unsern geruch habt stincken gemacht fur Pharao exod. 5, 21; sie seinen namen und gut gerucht haben stinckendt gemacht unter den heyden J. Agricola 750 teutscher sprichw. (1534) b 5ᵇ; sie stoszen in unmuht worte heraus, die erschrecklich sind, und machen dadurch ihren geruch bey den unparteyischen ... noch stinkender Liscow sat. u. ernsth. schr. (1739) 484; ebenso: ir habt gemachet zestincken unsern geschmack vor Pharaon und vor seinen knechten erste dtsche bibel 3, 235 Kurrelmeyer.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 20 (1941), Bd. X,II,II (1941), Sp. 3146, Z. 1.

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Zitationshilfe
„stenke“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/stenke>.

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